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Decision

von

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Ende einer Ära

Shibuya war im Ausnahmezustand. Überall war Rauch, überall kämpften die Truppen von Tenri Hiragi gegen die von Kureto, doch obwohl letztere ihnen unterlegen waren, durch den Dämon des Abgrunds konnten sie ihre Unterzahl ausgleichen. Aoi und Kureto näherten sich langsam dem Hauptgebäude, der Zentrale der japanischen, kaiserlichen Dämonenarmee. Sie hatten sich bis hierher durchgekämpft, aber der schwierigste Teil stand ihnen noch bevor. Tenri Hiragi selbst, Gerüchten zufolge ein absolutes Monster im Kampf. Niemand hatte ihn bisher im Kampf wirklich gesehen, bis auf seine eigenen Leute. Die ließen jedoch kein Wort darüber verlauten. Deshalb waren die Informationen, die sie hatten, begrenzt. Es würde sich zeigen, was sie mit ihren Kräften gegen ihn ausrichten konnte. Bisher hatte sie jedenfalls keine Probleme gehabt. Die Soldaten, auf die sie getroffen waren, hatten ihr nichts entgegen zu setzen. Sie kamen Aoi plötzlich so träge und schwächlich vor, es war fast schon unrealistisch. Da diese Soldaten um ihr wahres Wesen nicht Bescheid wussten, griffen sie Aoi auch nicht in den üblichen Formationen an, die normalerweise gegen Vampire eingesetzt wurden. Sie forderten sie größtenteils frontal und direkt im Einzelkampf heraus, da hatte ein Mensch natürlich keine Chance, auch wenn Aoi noch nicht mal 24 Stunden ein Vampir war. Ihr Schwert machte einen guten Job, auch wenn sie bisher noch kein einziges Mal auf seine Fähigkeit, ihr Blut zu absorbieren zugegriffen hatte. Sie hatte es einfach nicht hinbekommen, allein zu sagen „Schwert, trink mein Blut!“ reichte wohl nicht. `Dein Schwert beugt sich deinem Willen. Das kann ich dir nicht beibringen, du musst selbst herausfinden wie du es am besten machst.` Das hatte Urd zu ihr gesagt, kurz bevor sie aufgebrochen war. Sie brauchte wohl noch eine Menge Übung, bevor sie wirklich richtig damit kämpfen konnte. Im Moment kam sie auch ohne diesen Effekt noch gut klar. Aber gegen Tenri wäre es dann doch von Vorteil, wenn sie darauf zugreifen könnte.
 

Sie hatten es geschafft, sie waren in das Gebäude vorgedrungen. Nur noch wenige Meter trennten sie von Tenri Hiragi. Jetzt wurde es ernst, das Aufwärmen war vorbei. „Meister Kureto!“, rief einer der Soldaten, „Sieben Bezirke Shibuyas haben bereits kapituliert. Höchstens ein Drittel der Truppen leistet noch Widerstand.“ „Tötet alle, die sich widersetzen“, befahl Kureto ohne stehen zu bleiben, „Wer in dieser Situation noch Widerstand leistet, ist nicht auf der Seite der Menschheit!“ Damit zogen sich die Soldaten zurück und nur noch Kureto und sein Team waren auf dem Weg zum Einsatzort, einschließlich Aoi. Die Tür zum Thronsaal war schon in Sichtweite. „Meister Kureto, wir sind fast im Thronsaal!“, bemerkte Aoi. „Hm“, murmelte Kureto bevor er rief, „Aoi!“ „Ja?“, antwortete sie ihm. „Mein Vater ist stark!“, bemerkte Kureto. Aoi bestätigte: „Jawohl.“ „Und er dürfte nichts menschliches mehr in sich haben“, stellte er fest, „Ich glaube sogar, dass die Familie schon seit Jahrhunderten von Monstern beherrscht wird.“ Gut, dass er das anmerkte, jetzt wo seine Assistentin ein Vampir war. Stellte sich die Frage: was war schlimmer? Ein Vampir oder Tenri Hiragi? Sie würden es wahrscheinlich gleich herausfinden, ob sie wollten oder nicht. „Aoi!“, rief Kureto erneut. Sie antwortete wieder: „Ja?“ „Glaubst du,…“, er brach mitten im Satz ab und schwieg kurz bevor er weiter sprach, „…dass ich eine Chance habe?“ Natürlich! Er durfte heute nicht zögern: „Meister Kureto! Wenn ihr nicht siegt, hat die Menschheit keine Zukunft. Es ist nur gerecht, dass wir siegen!“ Kureto antwortete ihr nicht, doch sie konnte seine Unsicherheit spüren. Er musste mehr auf sich selbst vertrauen, sonst würde er auch nicht siegen. Aoi legte eine Hand auf seinen Rücken: „Selbst wenn Euer Schicksal besiegelt sein sollte,…“ Verdammt, sie wollte ihn doch motivieren: „…werde ich….“ Was gab sie da eigentlich von sich? „Nein“, brachte sie schließlich hervor, „Werden wir bis zum bitteren Ende an Eurer Seite bleiben!“ Waren das die richtigen Worte? Kureto sah sie von der Seite her an: „Okay! Dann mal los.“Kureto zertrümmerte mit Raimeiki die schwere Metalltür zum Thronsaal. Da war er, er erwartete sie bereits. Tenri Hiragi, General der japanischen, kaiserlichen Dämonenarmee und Oberhaupt der Familie Hiragi. Noch. Schon bald würde Kureto seinen Platz einnehmen. „Da bist du ja, Kureto“, seine raue Stimme drang an Aois Ohr. Sie spürte etwas, etwas Seltsames. Sie war schon öfters in Tenri Hiragis Nähe gewesen, doch noch nie hatte sie diese gigantische Aura gespürt, die sie fast zu erdrücken drohte. Was war das? Sie konnte selbst nicht fassen, was danach passierte. Aus dem Körper von Tenri schossen mehrere Ketten hervor, deren Enden die Form von Schlangenköpfen annahmen. „Du bist wirklich kein Mensch mehr“, damit sprach er aus, was vermutlich alle in diesem Raum dachten. Aber Kureto zögerte keine Sekunde: „Erhebe deine Stimme, Raimeiki!“ Die Macht des Dämons breitete sich im Raum aus. Kureto stürmte auf seine Vater zu: „Ich werde dich töten, Vater!“ Tenri ließ seine Ketten auf Kureto los, aber der wich geschickt aus. Kureto holte zum Schlag aus, doch Tenri zog die in seinem Stock verborgene Waffe und parierte den Angriff. „Ganz schön flott, Sohnemann“, stellte Tenri fest. „Dafür bist du langsam!“, entgegnete Kureto, „Gib den Thron frei!“ Tenri lachte einmal hohl: „Werde ich, aber du musst ihn dir verdienen.“Aoi holte mehrere Talismane hervor: „Ich errichte einen Bannkreis!“ Der diente als Ziel für den Engel. Doch mehr konnte sie nicht tun, um Kureto direkt zu unterstützen, denn einer von Tenris Leuten hatte sie bereits ins Visier genommen. Sie musste Kureto den Rücken freihalten. Sie zog ihr Schwert und umklammerte fest seinen Griff. „Aus dem Weg, Kleine!“, sagte er zu ihr. „Oh nein, das werde ich nicht tun!“, nie im Leben würde sie das. Was sich zwischen Kureto und seinem Vater abspielte bekam sie nur noch am Rande mit. Auch wenn ihr Gegner ihr nichts entgegensetzen könnte, sie musste aufpassen, dass sie sich nicht verriet. Es war als könnte sie jede seiner Bewegungen sehen, bevor er sie überhaupt tat. Ein falscher Schritt und ihre Identität könnte auffliegen. Sie sprang zurück und konnte sehen wie Kureto Tenris Kopf abtrennte. „Geschafft!“, hörte sie Kureto sagen. Aber irgendwie bezweifelte sie, dass es das schon war. Sie sollte Recht behalten, denn mehrere dieser Ketten kamen aus seinem Hals und verbanden seinen Kopf wieder mit seinem Körper. Wo kamen die nur her? Was war Tenri? Er schien über die Regenerationskraft eines Vampirs zu verfügen, doch Aoi war sich sicher, dass er keiner war. Auch Kureto schien jetzt besorgt: „Shit. Nicht mal das bringt ihn um?“ Er hatte es erfasst. Doch Kureto gab nicht auf. Es gelang ihm Tenri zurückzustoßen. Während sie sich mit dem Soldat duellierte konnte sie die Worte klar vernehmen, die gesprochen wurden. „Hör zu, mein Sohn. Ein König braucht keine Freunde“, seine Stimme kratzte in Aois Ohren. „Sei still!“, rief Kureto ihm zu. Doch Tenri schien sich davon nicht beirren zu lassen: „Du erbst das Schicksal der Hiragis. Ihr Schicksal ist auch dein Schicksal!“ Das Schicksal der Hiragis? Was hatte er damit gemeint? Kureto verengte seine Augen: „Seit still du Monstrum!“ „Du solltest still sein.“, entgegnete Tenri ihm, „ Keiner, der als Hiragi geboren wurde, hat es nötig, sich auf irgendwen einzulassen.“ „Und wen sollen wir dann führen?!“, antwortete Kureto ihm und griff erneut an, „Über wem stehen wir dann? Welchen Sinn hat ein König, der niemanden hat, den er beschützen könnte?“ Gut gesprochen, Kureto. Tenri lachte erneut: „Ein schwacher König hat auch keinen Sinn. Es ist deine Schwäche, die dich töten wird.“
 

Ein seltsames Geräusch drang an ihr Ohr, sie spürte wie etwas auf sie zukam. „Aoi!“, rief Kureto warnend. Aoi setzte zum Sprung an, die Schlangenartigen Wesen waren ihr schon sehr nahe. Sie würden sie treffen, zumindest wenn sie sich selbst nicht offenbarte. Sie bereitete sich darauf vor, ihre Maske fallen zu lassen, doch Kureto stellte sich vor sie. Sie konnte sein Blut riechen, sie erkannte diesen Geruch. „Kure…“, ihre Stimme stockte, die Ketten hatten Kuretos Bein und seine Schwerthand abgetrennt. Raimeiki landete mit seiner Hand auf dem Boden. „Neeeiiin!“, schrie sie. Der Wächter von Tenri näherte sich ihr: „Game over, Kleine. Zu dumm, dass ihr es gewagt habt, Meister Hiragi herauszufordern!“ Er holte mit seiner Waffe aus und zielte auf sie. Sie hob ihr Schwert: „Oh…Schwert, bitte! Lass mich jetzt nicht im Stich!“ Sie musste Kureto retten! All ihre Gedanken kreisten nur darum. Sie brauchte noch mehr Stärke! Sie nahm wahr, wie Tenri sich Kureto näherte, er war momentan völlig Schutzlos! Plötzlich spürte sie wie ein beißender Schmerz sich in ihrem Arm ausbreitete. Was war das? Dieses Kribbeln. Ihr Blick fiel auf ihre Hand. Aus dem Griff des Schwertes war ein Stachel gefahren, der sich um ihr Handgelenk geschlungen hatte und ihre Haut durchbrochen hatte. Die Klinge hatte sich blutrot gefärbt. Sie wusste nicht wie sie es gemacht hatte, aber sie schien ihre Klinge aktiviert zu haben. „Wa…Ist das etwa…“, stammelte der Wächter und taumelte einen Schritt zurück. Aoi stellte sich wieder auf ihre Füße und richtete ihr Schwert auf ihn: „Steh mir nicht im Weg!“ „Das kann nicht sein! Sie ist ein Va…Argh!“, bevor er seinen Satz beendet hatte, durchschnitt Aois Schwert seine Kehle. Er fiel zu Boden, das wars. Tenri Hiragi hatte seinen Kopf zu ihr gedreht und starrte sie direkt an. Aoi ging in Kampfstellung und hielt ihre rote Waffe vor sich. „Sieh einer an, was haben wir denn da? Das ist ja äußerst interessant. Ein Vampirschwert. Wie bist du…“, diese Worte waren nun eindeutig an Aoi gerichtet. Kureto stöhnte kurz auf: „Du redest zu viel, Vater!“ „Hä?“, Tenri war sichtlich verwirrt. Das war das Zeichen, sie musste jetzt weg. Sie schnappte sich Kuretos abgetrennte Körperteile, nahm Anlauf und sprang aus einem der Fenster. Ihr Schwert war wieder normal geworden, sie steckte es schnell wieder zurück. Das war also die Macht eines Vampirschwertes. Keine Sekunde später schlug der Energiestoß des Engels in das Gebäude. Den Rest musste Kureto erledigen, jetzt sollte er auch keine Probleme mehr haben. Sie konnte sich an einem der Fensterbretter festhalten und sich dann zu Boden lassen. Ihr Blick fiel nach oben. Hatte er ihn? Es sah so aus. Eine Welle der Erleichterung fuhr durch ihren Körper. Sie hatten es geschafft. Sie hatten es wirklich hinter sich gebracht. Zwar waren ein paar von diesen Leuten hinter ihr Geheimnis gekommen, doch die waren nun alle tot und konnten nichts mehr ausplaudern. Sie wollte sich schon entspannen, als sie erneut Kampfgeräusche wahrnahm. Sie schaute erneut nach oben. Kureto hatte Raimeiki erneut gezogen und schien gegen etwas zu kämpfen, aber Aoi konnte nicht erkennen was. „Das Signal!“, rief ein Soldat in einiger Entfernung, der ein Fernglas in der Hand hielt, „Vorbereiten zum Abschuss!“ Bitte? Hatten die den Verstand verloren? Sie rannte schnell zu ihm, auch wenn der Talisman nicht mehr zu wirken schien, er durfte nicht feuern! „Da…Das geht nicht!“, schrie sie förmlich, „Meister Kureto ist viel zu nah dran!“ Er drehte sich zu ihr, war aber offenbar so auf Kureto und den Engel fokussiert, dass er Aois rote Augen und spitze Ohren nicht wirklich zu bemerken schien: „Sei Befehl lautet ausdrücklich trotzdem zu schießen. Befehl ist Befehl.“ „Was?“, brüllte Aoi ihm ins Gesicht. Was dachte sich Kureto dabei? Urd Geales Punkte zur menschlichen Gesellschaft waren nicht unbedingt falsch, die machten wirklich alles was ihre Herrscher von ihnen verlangten. Das sie Kureto damit auch in Lebensgefahr bringen würden war ihnen wohl egal. Der Seraph of the End regte sich: „Feuer!“ „Nein!“, Aoi klemmte Kuretos Körperteile fest unter ihren linken Arm und zog ihr Schwert. Sie musste den Engel aufhalten, er durfte nicht feuern! „Schwert! Komm, wir müssen ihn stoppen!“, ihr Schwert gehorchte tatsächlich. Anscheinend musste sie ein festes Ziel vor Augen haben um es ihr Blut trinken zu lassen. Sie sprang auf die Überdachung der Eingangshalle, dass die Soldaten es sahen kümmerte sie gerade wenig. Doch in dem Moment erstarrte der Engel. Er blieb stehen, er bewegte sich nicht mehr, er hörte auf, Energie zu sammeln. Wieso das? Auch die anderen hatten es bemerkt. Hatte der Engel sich ihrer Kontrolle entzogen, genau wie Urd es vorhergesagt hatte? Würde er sie gleich alle vernichten? Aber nichts geschah, der Engel blieb still. Erneut fiel ihr Blick zu Kureto. Er schien nicht mehr zu kämpfen. Sie konnte seine Stimme hören: „Lass los, du Monster!“ Monster? Was für ein Monster? Sie konnte keines sehen. Was passierte hier eigentlich gerade? Kureto gab einen Schmerzenslaut von sich: „Wer oder was bist du überhaupt?“ Wenige Sekunden später fiel Kureto in die Tiefe. „Ist er ohnmächtig?“, rief einer der Soldaten. Es schien so: „Meister Kureto!“ Doch Kureto schlug sein Schwert in die Hauswand und konnte so seinen Fall bremsen. „Hey, Shikama Doji…Hast du von mir Besitz ergriffen? Was willst du von mir? Warum tust du das?“
 

Aoi sprang nach oben und es gelang ihr, Kureto aufzufangen. Sein Gewicht bremste ihren Sprung etwas. Sie musste allerdings feststellen, dass sie sich bei dem Sprung etwas verkalkuliert hatte. Sie landete recht weit weg von den Truppen. Ihre Beine knickten stark ein, aber zumindest hatte sie sich nicht die Beine gebrochen. Das war schwieriger als es aussah. Bei Urd hatte es so einfach ausgesehen, einfach hüpfen. Aber wahrscheinlich sollte sie in Zukunft vorher genauer berechnen wo sie hinwollte und vor allem wo sie landen wollte. „Schnell, holt Sanitäter für Meister Kureto!“, brüllte sie in Richtung der Soldaten und legte Kureto ab. Der Geruch nach seinem Blut stieg ihr noch immer in die Nase, aber sie versuchte den natürlichen Instinkt zu unterdrücken, was ihr recht gut gelang, obwohl ihr Körper schon wieder nach Nahrung schrie. Seine Körperteile platzierte sie an den richtigen Stellen. Hoffentlich kamen die Sanitäter schnell um die schweren Verletzungen zu versorgen. Ohne seine Dämonenwaffe wäre er nun wohl nicht mehr am Leben. Der Idiot! Warum war er vor sie gesprungen? Sie selbst hätte ihre Körperteile wieder anwachsen lassen können. Kureto machte heute echt was mit. Erst musste er schlucken dass Aoi ein Vampir war, dann hatte sie sein Blut gesaugt und jetzt noch das hier. Aoi legte zwei Finger an seinen Hals: „Bitte kommt wieder zu euch, Meister Kureto!“ Sie fühlte seinen Puls, sein Herz schlug also noch. Doch dann verschwand sein Blutgeruch. „Aoi…“, murmelte er leise. „Meister Kureto!“, über ihre Wangen liefen Tränen der Erleichterung. Moment, Tränen? Vampire können weinen? Wirklich? Kureto atmete tief ein und aus: „Wie sieht`s aus?“ „Der Sieg ist unser, Meister Kureto!“, sie wischte die Tränen weg, „Eure Armee hat Shibuya besetzt!“ „Besetzt…“. sagte er, „Sieg…“ Er war wieder bei Bewusstsein, das war gut. Wo blieben bloß die Sanitäter? Das konnte doch nicht so lange dauern oder hatten die anderen sie nicht gehört? Sie ließ ihren Blick über den Platz schweifen und spitzte ihre Ohren, aber sie konnte nicht hören, dass sich jemand näherte. „Aoi! Sieh“, Kuretos Stimme war überrascht. Aoi drehte sich zu ihm um. Sein Arm! Und auch sein Bein, beides war wieder angewachsen! Irgendwie…Aber Kureto war doch kein Vampir, wie konnte das sein? Doch Kureto gab ihr keine Antwort darauf: „Aoi…“ Vielleicht war es auch egal, sie hatten gesiegt und das war alles was zählte: „Jawohl!“ Dann passierte etwas, womit Aoi nie im Leben gerechnet hätte. Kureto nahm sie erneut am Hinterkopf und zog sie zu sich. „Ähm, Meister Kureto?“, ihr gesamtes Gesicht wurde röter, „Ich habe gerade gar keinen Durst.“ Doch Kureto führte ihren Mund gar nicht zu seinem Hals, sondern zu seinen Lippen. Was hatte er vor, doch nicht etwa… „Oh…Ähm…“, stammelte sie, „Das…“ Doch als sich ihre Lippen berührten wurde ihr Satz unterbrochen. Das war nah, noch näher als beim Blut trinken. Sie schloss langsam die Augen, ein wahres Gefühlschaos schien in ihre zu entbrennen. Hatte Urd Geales nicht gesagt, dass Vampire ihre Gefühle nicht mehr so intensiv wahrnahmen? Oder war das ein schleichender Prozess und es würde über kurz oder lang passieren? Doch sie liebte Kureto immer noch, nicht Kureto Hiragi, den General der japanischen, kaiserlichen Dämonenarmee, sondern Kureto, den Menschen. Schon kurz danach löste er sich wieder von ihr, sein Blick schien in die Ferne gerichtet. „meister Kureto. Was hat das...?“, fragte sie. Doch Kureto schaute sie ernst an, sagte jedoch: „reicht das, Raimeiki?“ „Hä?“, das war an seinen Dämon gerichtet gewesen. Was war los? Er sagte eine Zeit lang nichts, dann jedoch schien er seine Zähne zusammen zu beißen: „Shit…Zehn Stunden?“ Aoi ballte eine Hand vor ihrer Brust: „Ähm…ich…finde Euch schon sehr lange…“ Doch Kureto legte eine Hand auf ihre: „Ich habe versagt. Ich bin es nicht wert König zu sein! Ein Monster ist von meinem Vater auf mich übergegangen und versucht, von mir Besitz zu ergreifen.“ Ein Monster? War es das, wogegen Kureto vorhin noch gekämpft hatte? Das, was sie nicht hatte sehen können: „Hä? D…Das ist ja…“ „Ich kann nichts dagegen tun. Wenn ich meinen Dämon nicht ständig mit starken Begierden füttere gewinnt es die Oberhand!“, Kureto schaute auf seinen Schoß. „Be…Begierden? Dann war der Kuss nur…“, dabei schnürte sich ihr Herz förmlich zusammen. Es wäre wahrscheinlich fast stehengeblieben, wenn es noch schlagen würde. Aber was dachte sie da eigentlich? Das war jetzt nicht die Zeit, ihren Gefühlen das Ruder zu überlassen. Sie gab sich innerlich einen Ordnungsgong und sagte schließlich: „Verzeiht! Ich darf mich nicht gehen lassen…“ Kureto wirkte nach wie vor konzentriert: „Ich brauche viel stärkere Begierden…“ „Begierden…“, wiederholte sie, „Begierden…Was sollen wir jetzt tun?“ „Ich…weiß es nicht“, er schaute wieder nach oben und schien kurz zu überlegen, „Aoi, dieses Wesen…es nannte sich Shikama Doji. Er hat behauptet der erste Vampir gewesen zu sein.“ „Der erste Vampir? Aber wie kommt er hier her? Wieso war er in Eurem Vater? Warum sollte er die Vampire…das ergibt keinen Sinn“, das war es, was ihr als erstes in den Kopf kam.
 

Kureto griff sich an die Stirn: „Das ergibt es wirklich nicht. Er ist der Schöpfer der Vampire, warum sollte er wollen, dass wir seine Nachfahren vernichten? Seine Nachfahren…dieser Urd Geales ist ein Urahn zweiten Ranges. Er muss also direkt von ihm abstammen. Er kennt ihn also. Aoi, wenn wir nichts tun, dann wird er mich übernehmen. Du musst…Aoi?“ Sie spürte auf einmal einen Blick im Nacken, wie ein Stromschlag fuhr er durch sie. Jemand beobachtete sie, es bohrte sich förmlich in sie. „Was ist? Antworte doch!“, Kureto hatte ihre Hand zwischen seine genommen. Sie drehte ihren Kopf und schaute über ihre Schulter. Zuerst konnte sie nichts erkennen, doch dann erblickte sie eine Gestalt auf einem kleineren Gebäude gegenüber. Sie konnte die Person nicht genau erkennen, doch sie wusste irgendwie trotzdem instinktiv wer es war. Urd Geales, er war also doch mitgekommen. Sie hätte es sich vielleicht denken können. Wenn seine Sinne wirklich so scharf waren, wie sie vermutete, dann hatte er vermutlich auch ihr gesamtes Gespräch mitgehört, er wusste also nun bestens über Kuretos Zustand Bescheid. Das ist keine gute Situation. „Meister Kureto…“, sie konnte ihre Nervosität kaum verbergen, „Er ist hier. Er hat bestimmt alles gehört.“ „Wer?“, fragte Kureto, doch dann schien er es auch zu begreifen, „Verdammt, wie ist der hier reingekommen und das ungesehen? Da ist schlecht. Nachdem was du erzählt hast, wird ihm das bestimmt nicht gefallen haben.“ „Ich glaube, wenn er nicht entdeckt werden will, dann wird er auch nicht entdeckt. Ich habe ihn bei unserem ersten Treffen auch erst bemerkt, als ich quasi schon mit der Nase auf ihn gestoßen war. Außerdem ist ganz Shibuya im Chaos, da hat bestimmt niemand so genau aufgepasst“, folgerte Aoi, „Er kommt, er springt, ich höre ihn!“ Urd war von dem Gebäude abgesprungen und kam schnell näher. Kureto und Aoi sprangen auf ihre Beine. Beinahe völlig lautlos landete er vor den beiden. Sie konnte hören, wie sich Kuretos Herzschlag beschleunigte. Bis jetzt schien er nie wirklich Furcht vor Vampiren gehabt zu haben, aber die Gegenwart von Urd Geales schien selbst ihn nervös zu machen. Verdenken konnte sie es ihm nicht. Aber Urd Geales stand einfach nur ruhig vor ihnen, er schien keine Anstalten zu machen Kureto töten zu wollen, doch seine roten Augen waren ganz auf ihn gerichtet. „Das war keine schlechte Vorstellung“, begann Urd, „Ich gebe zu, ich bin durchaus…beeindruckt. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich es gut heiße.“ „Spiel dich nicht so auf, Blutsauger“, Kureto schien sich wieder etwas gefangen zu haben, „Für dich wäre das bestimmt ein Spaziergang gewesen oder etwa nicht?“ Urd schloss seine Augen: „Spaziergang? Nun, tatsächlich habe ich das vor nicht allzu langer Zeit schon mal gesehen. Kam ganz gut damit zurecht, aber mein Gegner war auch schon vorher kein Mensch gewesen.“ Er öffnete seine Augen wieder und schaute Aoi an: „Ich begrüße es zwar dass du zumindest versuchst dich an unsre Regeln zu halten, aber…“ Kureto lief schnell auf ihn zu und blieb nur wenige Zentimeter vor ihm stehen: „Hör auf zu jammern. Sie hat nichts getan. Sie hat sogar…“ „Ich jammere nicht“, sagte Urd kühl, „Ich stelle nur fest, dass sie sich in eine Grauzone bewegt hat, das ist alles.“ Na, das hatte ja gut begonnen, die beiden würden bestimmt beste Freunde werden...



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