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Zwei neue Freunde

Meinen Vorsatz musste ich bereits in dem Moment aufgeben, als ich zu einem verliebt dreinschauenden Joey in die Limo stieg. Yugi gluckste und setzte sich links von mir hin. Automatisch wanderte meine Hand zu der des Blondschopfs und legte sie in meinen Schoß, wo wir sie miteinander verwoben. Ich stahl mir einen Kuss und schnallte mich dann an. „Na? Genug Techniken und Strategien ausgefeilt?“, neckte ich Joey, während der Chauffeur den Wagen anließ und losfuhr. Mokuba und Serenity beschäftigten sich inzwischen mit Yugi.
 

„Natürlich. Ich habe hundertprozentig eine Möglichkeit gefunden, wie ich es mit Kaiba aufnehmen kann“, grinste mein Freund und zog mich ein wenig näher an sich heran. Zumindest vor Yugi, Mokuba und seiner Schwester schien er die übliche Scheu abgelegt zu haben. Wahrscheinlich hatte er mich genauso vermisst wie ich ihn. „Du hast mich also gar nicht vermisst?“, fragte ich und schob meine Unterlippe nach vorne. Der Blondschopf schrägte den Kopf ein wenig und schien zu überlegen: „Vielleicht ein wenig.“ Ich seufzte gespielt und wollte mich aufrichten, als er mich sanft zurückhielt und mir durch die Haare strich. Sein warmer Atem an meinem Ohr ließ mich eine Gänsehaut verspüren. „Mehr als du dir vorstellen kannst“, hauchte er mir leise zu und strich mit den Lippen flüchtig über meinen Nacken.
 

„Was wollen wir uns überhaupt ansehen?“, riss Mokuba uns unserem innigen Moment. Wir hatten gar nicht bemerkt, dass der Blick der restlichen Insassen auf uns ruhte. Joey räusperte sich und ich richtete mich verlegen auf. „Ich habe gehört der neue Actionfilm mit den Superhelden soll ziemlich gut sein“, lächelte Serenity. Schlagartig hatte Joeys kleine Schwester die gesamte Aufmerksamkeit der Runde. Mädchen und Actionfilme? Das sollte wohl ein schlechter Scherz sein. „Was denn?“, kicherte die Braunhaarige. „Ihr tut ja fast so, als hätte ich vorgeschlagen, eine Bank zu überfallen.“ Schmunzelnd sah ich zu Joey: „Das hat sie eindeutig von dir.“
 

Als wir am Kino angekommen waren, hatten wir uns schlussendlich auf Serenitys Filmvorschlag geeinigt. Mokuba zog sie natürlich gleich an der Hand hinter sich her und ließ es sich auch nicht nehmen, ihre Karte zu bezahlen. Lächelnd beobachtete ich die beiden, wie sie ins Gebäude stürmten und sich bereits über die Auswahl des Knabbergebäcks stritten. „Warst du bei deiner ersten Freundin auch so?“, wollte ich von Joey wissen, der nur die Schultern hob. „Ist schon eine Weile her.“ Ich warf meinem Freund einen fragenden Blick zu. Er wirkte ein wenig mürrisch, und das von einer Sekunde auf die Andere. „Passt es dir nicht, dass sie sich mögen?“, hakte ich nach.
 

„Joeys erste Freundin war Mei“, flüsterte mir Yugi zu, der sich als Nächster einreihte um seine Karte zu besorgen. Natürlich, was war ich für ein Trampeltier? „Tut mir leid“, murmelte ich. Mein Freund hob erneut die Schultern: „Schon okay.“ Sonderlich überzeugt klang er zwar nicht, aber ich ließ es dabei beruhen. Nachbohren war etwas, dass Joey hasste. Wenn er darüber sprechen wollte, würde er schon zu mir kommen, oder zu Tristan, über den ich es dann wieder erfahren würde.
 

Ich zahlte, unter heftigem Protest seitens Joey, unsere Karten und auch Getränke samt Popcorn. „Du musst nicht – “ fing er an, wurde aber sogleich von mir abgewürgt. „Ich weiß, dass ich nicht muss, aber es ist nichts dabei, einem meiner Freunde den Kinobesuch zu zahlen, oder?“ Die Mundwinkel des Blondschopfs wanderten ein wenig nach oben; subtile Zustimmung. Mir fiel bei der Gelegenheit ein, dass ich mich ja um seine Garderobe kümmern wollte. Wenn er es von jemandem annahm, dann von mir und Serenity. Joeys kleine Schwester würde zu einem Shopping-Trip sicher nicht nein sagen, und sie kannte den Geschmack ihres Bruders wahrscheinlich ein wenig besser als ich.
 

Wir saßen in der vorletzten Reihe, gleich wie im Auto: Ich zwischen Yugi und Joey, während Mokuba und Serenity links außen das Schlusslicht bildeten. Es war erstaunlich wenig los im Kino. Die Vorstellung war zwar etwas früh, es war immerhin erst Nachmittag, dennoch hatte ich mit deutlich mehr Besuchern gerechnet. Alle saßen in den vorderen Reihen, und als das Licht ausging, ertappte ich mich dabei, wie ich nach Joeys Hand fischen wollte. Es war einigermaßen dunkel, und die Gefahr, entdeckt zu werden, dementsprechend gering. Andererseits hatte ich ihm versprochen, nichts zu riskieren, und seine Entscheidung zu respektieren. So lehnte ich mich innerlich murrend im Sessel zurück und konzentrierte mich auf den Film.
 

Ein typischer Actionstreifen, mit seichter Handlung, vielen Prügelszenen und flachem Humor. Genau mein Ding, wie auch das der Anderen. Als die Lichter wiederangingen, diskutierte Joey bereits mit Yugi und mir, dass Thor, der Gott des Donners, keine Hilfe benötigt hätte. „Hör mal, niemand kann Spiderman und Ironman in die Schranken weisen“, entgegneten wir im Duo, was mein Freund aber nicht gelten lassen wollte. „Das ist ein Gott!“ Manchmal, da war er einfach extrem stur. „Und? Hast du gesehen, wie Spiderman ihn vermöbelt hat?“ Der Blondschopf schnaubte verächtlich. „Joey, sieh es ein, Thor ist einfach die Nummer drei“, gluckste Yugi.
 

Wir setzten unsere Diskussion auch noch im Restaurant fort, in das uns Mokuba und Serenity geschliffen hatten. „Ihr zwei habt ja keine Ahnung“, brauste Joey auf und gestikulierte wild mit seinen Essenstäbchen umher. „Oder wer?“, antwortete ich trocken und verschluckte mich fast an einem Riesenbrocken Reis, als Yugi etwas von „Sturkopf“ murmelte. „Ihr zwei scheint ja richtig gute Freunde geworden zu sein“, grinste Mokuba und nickte mir und Yugi zu. „Sind sie“, murrte Joey und machte sich über sein restliches Essen her.
 

Ich sah Yugi an und musste lächeln. Mokuba hatte Recht. Mir war gar nicht aufgefallen, wie gern ich den kleinen Punk um mich hatte. Er war so ruhig, schüchtern, aber blühte in seinem vertrauten Umfeld so richtig auf. In der Schule wirkte er eher zurückhaltend, bestach aber durch großes Wissen. Beim Sport schwächelte er zwar ein wenig, was aber in den Teamwettbewerben meist durch Joey, Tristan und nun auch mich ausgeglichen wurde. Ich mochte beide Yugis irgendwie. Hing das mit unserer früheren Freundschaft zusammen? Eine Verbindung, die unauflöslich zu sein schien, wie die zwischen mir und Joey?
 

„Manche Freundschaften sind so stark, dass sie über ein Leben hinaus halten“, hörte ich Mahads Stimme in meinem Kopf. Yugi lächelte – wahrscheinlich hatte ihm sein Geist gerade das Gleiche gesagt. „Scheint so“, grinste ich und legte meinen Arm um den König der Spiele. „Yugi muss man aber auch einfach mögen“, legte ich nach und zog ihn mitsamt Stuhl näher an mich heran. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass wir uns sehr gut ergänzen würden. Natürlich würden wir das, schließlich war ich bereits einmal für ihn gestorben. „Ist ja widerlich“, krächzte Joey gespielt genervt und wollte bereits mit seinen Stäbchen in meine Schale fahren, was ich aber gekonnt abzuwehren wusste. „Eifersüchtig?“, grinste ich und lieferte mir mit meinem Freund einen Esstäbchenkampf. Gerade als ich zu verlieren drohte, mischte Yugi mit, der uns, wie konnte man es vom König der Spiele auch anders erwarten, schlussendlich haushoch besiegte und die salomonische Lösung traf, dass ich Joey die Hälfte abgeben sollte.
 

„Manchmal frage ich mich, wer hier die Kinder sind“, seufzte Mokuba, was Serenity zu einem Kichern bewog. „Nicht frech werden“, sagten Joey und ich im Chor, und schnappten uns die Reste unserer Geschwister. „Fressäcke“, war alles, was wir zu hören bekamen, bevor wir das Essen in uns hineinschaufelten. Ich war glücklich, Zeit mit meinen Freunden und meiner Liebe verbringen zu dürfen. Wären meine Großeltern noch dabei gewesen… Der Gedanke an die Beiden versetzte mir einen Stich. Hatte ich sie vernachlässigt? War ich zu egoistisch gewesen? Wann hatte ich mich das letzte Mal bei ihnen gemeldet? Würde Pegasus sein Wort halten und die Therapie auch weiterführen? Was, wenn er auch so ein krankes Spiel wie mit Yugis Großvater trieb?
 

„Du machst dir zu viele Gedanken“, versuchte mich Mahad zu beruhigen. „Du hast leicht reden“, entgegnete ich aufgebracht. Wie konnte ich nur so selbstsüchtig sein, und nicht regelmäßig zuhause anrufen? Sie waren sicher bereits ganz krank vor Sorge. „Sind sie nicht, vertraue mir“, sagte der Geist, und obwohl ich ihn derzeit nicht sehen konnte, so spürte ich sein beruhigendes Lächeln. Ich spürte Yugis Hand an meinem Arm, den er sanft drückte. „Freunde“, ging es mir durch den Kopf. Ich sah in die Runde und atmete tief durch. Wie sich alle lachend unterhielten, so unbeschwert. „Wir sind alle bei dir“, machte Mahad erneut auf sich aufmerksam. „Rufe doch einfach morgen an? Der Zeitunterschied lässt nahtlose Kommunikation nicht so einfach zu.“ Ich nickte und lächelte Yugi dankbar zu.
 

Auf dem Nachhauseweg setzte sich die Diskussion um Thor und Spiderman fort, wobei ich schlussendlich meinen Dickschädel durchsetzen konnte. Wir alle waren erstaunt, dass Joey, wenn auch nur widerwillig, einmal klein beigegeben hatte. Höchst ungewöhnlich. Der Fahrer ließ Yugi beim Laden seines Großvaters aussteigen. Wir verabschiedeten uns herzlich, und ich lud ihn morgen zu mir, oder besser gesagt, zu Kaiba ein. „Du kommst aber wirklich, ja?“, lächelte ich, was mit einem Nicken bestätigt wurde.
 

„Muss ich eifersüchtig werden?“, schmunzelte Joey, als wir uns auf den Weg zur Kaibavilla machten. Ich grinste und kuschelte mich an ihn: „Natürlich.“ Interessanterweise tat es Serenity mir gleich, was bei Mokuba zu einem fast schon panischen Hilfeblick führte. Wortlos deutete ich auf Joey, der den Arm um mich gelegt hatte, und aus dem Fenster schaute. Verstehend nickte mein kleiner Bruder und tat es meinem Freund gleich. Wir würden wahrscheinlich noch sinnlos zocken, dann etwas essen, und ins Bett gehen. Morgen würde ich in Joeys Armen aufwachen, und alle Sorgen und Zweifel, die mich plagten, sei es wegen Zuhause, wegen des anstehenden Duells oder der Schule, würden verschwunden sein. Mir fielen langsam die Augen zu und ich dämmerte weg, den Geruch von Joey in der Nase. „Liebe dich“, murmelte ich noch, bevor ich ins Land der Träume entschwand.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wem das Zitat bekannt vorkommt: Avatar Roku hat die gleichen Worte gegenüber Aang benutzt, als er auf ihre gemeinsame Freundschaft zu Mönch Gyazo hingewiesen hat. Ich finde, die Worte passen ganz gut, denn Atem und Mahad sind beide mehr als nur Freunde, und sie schienen sogar bereit gewesen zu sein, ihr Leben für den jeweils anderen zu geben. Komplett anzeigen

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