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Unter den Schwingen des Horusfalken 2

Die Gefahren des Delta
von

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Einzug des Horus


 

M

eruka war nicht überrascht als er nur eine Schüssel mit Obst und Brot samt dem Dattelbier in seinem Zimmer hingestellt bekam. Es würde kein offizielles, gemeinsames Frühstück geben. Zum einen war die Küche sicher schon mit dem Festbankett am Abend beschäftigt, zum Anderen würde auch kaum jemand üppig zugreifen wollen, wenn es später ein wahrhaft königliches Mahl gab. Es wäre, zumal für die hohen Beamten, äußerst unschicklich gewesen bei einer Einladung des Herrn der beiden Länder nicht herzhaft zuzugreifen. Und, zum Dritten, waren wohl auch alle beschäftigt sich für den Empfang des Lebenden Horus zurecht zu machen. Auch Meruka saß noch völlig unbekleidet auf dem Bett und rieb in seiner Schminkpalette. Heute würde er nicht wie gewöhnlich vermischtes Malachit in grün auf die Augen auftragen, sondern das deutlich wertvollere Lapislazuli in blau. Diese Steine wurden über retenu von weit her eingetauscht und man erhielt sie nur als Geschenk des Herrn der beiden Länder. Schon aus diesem Grund war es höflich das zu zeigen. Zunächst jedoch trug er die Schicht aus fein geriebenem Ocker auf das Gesicht auf, wie es jede Frau und jeder Mann in ganz kemet tat. Es schützte die Haut vor der erbarmungslosen Sonne und sorgte zugleich dafür, dass man interessant und blass aussah. Mit geübten Pinselstrichen umrahmte er die Augen mit angefeuchteter Holzkohle. Auch das diente dem magischen Schutz. Nur zu viele Menschen wurden fast oder ganz blind und selbst die fähigen und hochspezialisierten Augenärzte vermochten wenig dagegen zu unternehmen.

Als Brustschmuck wählte er neben der Kette mit der ma´at als Zeichen des Schreibers nur den zweiten Anhänger, der ihn als sab-Beamten auswies. Die höfische Mode mit den drei Ketten empfand er heute, im Unterschied zu Sau, als unpassend für sich – zumal, wenn er immer noch nicht wusste ob und was Merimaat in der Nacht herausgefunden hatte. Überdies würde jeder Gast heute Abend auch Blumenketten umgehängt bekommen. Auch auf die, noch vor wenigen Jahren bei Hofe üblichen, Fußreifen verzichtete er. Heutzutage galt es nur noch für Frauen als modisch und er wollte ja nicht wie ein Landtölpel wirken. So streifte er sich breite Oberarmringe über, die er ebenfalls als Geschenk für geleistete Dienste vom Lebenden Gott erhalten hatte. Sie bestanden aus Goldblech mit Karneol und Türkisen besetzt, hergestellt von den Hofjuwelieren.

Sollte er Merimaat suchen? Aber der Palastleiter war gewiss schon mit den Vorbereitungen für den Empfang des Herrn der beiden Länder und des Hofstaates beschäftigt. Er musste sich wohl gedulden, bis er ihn kurz vor dem Eintreffen der Flottille sah. Neugierig war er in jedem Falle, was der Palastleiter bei dem stellvertretenden Bäcker noch im Zimmer gefunden hatte. Hinweise auf die Unterschlagung von königlichen Gütern? Seine Verbindung zu den Männern der „Mins Stolz“? Aber da Menkauchnum bestimmt nicht lesen und schreiben gelernt hatte, gab es wohl keine schriftlichen Nachweise, zumal sicher auch die Schiffer das nicht beherrschten.

Gleich, beschloss er energisch. Sobald die höfischen Pflichten erledigt waren, vermutlich nach dem Abendessen, würde er sich zu Hekaptah begeben und diesem seinen Bericht abliefern, samt allen Vermutungen. Dann musste der Siegler entscheiden ob er weiter ermitteln sollte oder abgezogen wurde – letzteres mit sicher unschönem Ergebnis für ihn.

Es half nichts, er musste agieren. So nahm er seine Hofperücke und streifte sie sich über das eigene kurz geschnittene Haar. Der Hof war sicher schon unterwegs, nach der „Mundwaschung“ in Dep abgefahren, und würde gegen Mittag hier eintreffen. Danach, er kannte den Ablauf nur zu gut, würde der lebende Gott das Kronenheiligtum des Palastes besuchen, seinen und kemets Schutzgöttinen opfern, ehe er sich zurückzog, umzog, und dann bei dem abendlichen Bankett erscheinen würde – nicht als Lebender Gott mit Kronen und allen Insignien, sondern als Herr der beiden Länder, sicher mit dem nemes-Kopftuch, blau-weiß gestreift. So konnte er als Mensch essen ohne den Gott in sich zu beschämen. Allerdings würde ihm einer der Geheimräte des Morgenzimmers die Speisen vorlegen, kein gewöhnlicher Diener. „Der mit den reinen Händen“, wie der Titel dieses Beamten lautete, war ein überaus enger vertrauter Horus Quahedts, nun, verständlicherweise. Dieser Mann war dafür verantwortlich, dass keine Speise, kein Getränk verunreinigt war oder gar dem örtlichen Gott missfallen würde. Es gab gewisse Tabus, und gerade der Lebende Gott kemets war daran gebunden, wollte er seiner Vermittlerrolle zwischen den Menschen und den Göttern gerecht werden.

 

Meruka stand auf und knotete sich den Strick um die Taille, ehe er ein neues Leinentuch nahm. Das, was er heute morgen bereits getragen hatte, war sicher nicht zum Empfang geeignet. Schneeweiß, glatt, kein Fleck, so sollte es sein.

Den Geräuschen im Palast nach begaben sich zumindest die Diener schon hinaus. Sie durften selbstverständlich den Hof nicht direkt empfangen, aber sie würden abseits der Landestellen stehen und doch den einen oder anderen Blick riskieren.

Er ging hinaus auf den Flur, dann durch die Empfangshalle, die noch leer war, aber deren Boden bereits mit duftenden Blüten bestreut worden war. Djedefhor verstand offenbar ihre Sache als Herrin des Hauses. Vor dem Palast blieb er im Schatten der Türen stehen, die Getreue vor ihm öffneten. Ptahnacht war nicht zu sehen, aber der sollte ja auch unauffällig sein und musste sich fügen, wo auch immer er eingeteilt wurde.

Den Göttern sei dank war es gutes Wetter, leicht bedeckt, so dass die Sonne nicht so erbarmungslos auf die Köpfe scheinen würde, wenn sie vor dem Palast warteten. Vielleicht würde es sogar ein wenig regnen, auch, wenn mit jedem Tag die Hitze selbst hier im Norden immer deutlicher zu spüren war.

„Oh, Meruka.“

Er wandte sich höflich um. „Meresanch….“ Sie trug das übliche weiße Kleid, darüber allerdings heute ein netzartiges Teil, das an seinen Knoten in roten Karneolstückchen glitzerte. Um ihren Hals und ihren Armen lag der gleiche, wertvolle Schmuck, den sie auch schon bei dem Empfang in Sau getragen hatte – sichtbare Zeichen ihrer Stellung als Königsbekannte. Auch der silberne Reif mit den Lapislazuli um ihre Stirn bewies dies. Kurz hinter ihr stand Nefer, ganz in ihrer Stellung als persönliche Dienerin. Allerdings hätte eine gewöhnliche Frau in dieser Stellung nicht ein rotes Band um den Kopf getragen, dazu ein Amulett des Apis-Stieres. Sie war Priesterin dieses Stiers und zeigte es auch. „Ihr seht bezaubernd aus,“ sagte er, allerdings nicht mehr, schließlich gab es Zuhörer. „Gehen wir vor den Palast.“

„Ja, ich denke, Dejdefhor und ihr Mann und auch der Palastleiter befinden sich bereits draußen.“ Merit lächelte ein wenig. Es würde anstrengend werden zu stehen und zu warten, aber das war sie gewohnt. Das Hofzeremoniell war auch in Ibenu-Hedj stets zu beachten.

 

So gingen sie zu dritt über den nun leeren Hof. Die beiden riesigen Flügel des hölzernen Portals in der Außenmauer waren geöffnet und man konnte die Hauptmole sehen mit den Landepflöcken, wo das Königsschiff anlegen sollte. Etwas abseits lag die zweite Mole, die heute für die Begleitschiffe reserviert war und wo auch sie angelegt hatten. Der schräge Aufweg zum Palast war aus Lehmziegeln gefertigt und seit der letzten Überschwemmung auch wieder repariert worden. Er mündete in einer Plattform vor den Toren, wo sich die Familie des Palastleiters bereits befand.

 

Djedefhor begrüßte Merit mit einem Lächeln, Merimaat nickte Meruka zu, der zu ihm trat.

Leise meinte der Palastleiter: „Ich habe das Zimmer durchsucht. Natürlich keine schriftlichen Nachweise, aber Schmuck, deutlich mehr und teurer als er sich das leisten könnte. Dazu reines Silber, wie ein Block. Das kann er nicht mit rechten Dingen erworben haben.“ Silber war stets königlicher Besitz und nur der Lebende Gott verschenkte es. Ganz sicher nicht barrenweise an subalterne Beamte.

„Kaum,“ gab Meruka erleichtert zu. Immerhin war ein Fall erfolgreich abgeschlossen. „So wirst du ihn dem tjati melden.“

„Natürlich. Chamaat ist deswegen auch noch nicht hier. Er war ziemlich erschüttert, aber er muss ja nun die Aufgaben von Menkauchnum mit übernehmen, bis ein neuer Stellvertreter für die Bäckereien gefunden ist.“

„Natürlich. - Ach, Anchka.“ Der sab-Beamte grüßte seinen ehemaligen Mitarbeiter, der in seiner hölzernen Sänfte herangetragen wurde. Die beiden Träger blieben abseits stehen.

„Merimaat, Meruka ...Seneb wird auch gleich kommen, ich sah ihn mit Senebib schon über den Hof kommen. Chamaat ist noch nicht hier?“

„Er kommt sicher noch,“ sagte der Palastleiter eilig, der nichts von seinen Unannehmlichkeiten verlauten lassen wollte. Nun, die anderen Beamten würden es mitbekommen, das ließ sich nicht verhüten, aber zumindest nicht vor dem Empfang des Herrn der beiden Länder.

 

Tatsächlich fanden sich alle Beamten und – fast - alle Stellvertreter in den nächsten Minuten ein. Kanefer, der Vorsteher der Kleidung, und Djedi, der Domänenvorsteher, würden mit dem Hof erst aus Ibenu-Hedj anreisen, da sie fast die Hälfte ihrer Zeit im Stab des Sieglers verbrachten. Das Gespräch drehte sich denn auch um die Wasserwege, Fahrten nach Ibenu-hedj, Aufgaben und gemeinsame Bekannte.

 

Es dauerte, aber Merimaat der Jüngere sagte plötzlich: „Sie kommen.“

Alle Gespräche brachen ab und alle sahen nach Süden.

Zuerst erschien ein kleines, schmales Boot, angetrieben von Ruderern. Darin saß ein Priester, der nun nur mehr die Hände auf dem Schoss hielt. Unterwegs, vor allem, wenn das Papyrusdickicht nahe an die Schiffslinie herankam, hatte er Teile eines geopferten Rindes in die uneinsehbaren Halmdschungel geworfen, Ablenkung und Opfer zugleich für die Flusspferde und Krokodile.

Es folgten mehrere Ruderboote ähnlicher Größe, die das eigentliche Königsschiff zogen, das grün angestrichen und mit einem goldenen Band geschmückt war.

Der Herr der beiden Länder saß auf einem Sitz mit Rückenlehne, dem man so nicht ansehen konnte, dass es sich um eine Sänfte handelte, unter einem schattenspendenden Baldachin. Er war allein und Merit spürte ihre Sorge um die maat-hor wachsen. Niemand außer der Frau, die den Horus sehen konnte, würde es unbeschadet über Stunden in der Nähe der Macht eines Gottes aushalten. Dies war der Grund, warum sich keine Ruderer an Bord dieses Schiffes befanden, sondern es gezogen wurde. Allerdings auch der Grund, warum der Lebende Gott wie eine Staue saß. Jede Handbewegung konnte Segen oder Fluch für die Äcker und Menschen an den Flussrändern bedeuten, gar eine unabsichtliche Bewegung. Und es handelte sich um die göttliche Erscheinungsform. Er trug die beiden Kronen, die seine Herrschaft über ganz kemet bedeuteten, die uralten Machtzeichen aus Krumstab und Geißel in den Händen. Und jeder wusste, dass, sollte er sich erheben, auch ein Tierschwanz, genauer, der Schwanz eines Stiers, von seinem Gürtel hinter ihm hinabfallen würde – Zeichen, dass er allein das Ka der Lebenden war, die Zeugungskraft des ganzen Landes. Viele Namen, die Kinder erhielten, beinhalteten das Ka, Sinnbild der Fruchtbarkeit. Über seinem Schurz würden Medaillons mit dem Symbol der Himmelsgöttin Hathor hängen, ihn schützend.

Dahinter folgte ein größeres,ebenfalls hölzernes, Schiff, größer als die „Wildstier“, mit der Meruka und seine Leute von Ibenu-Hedj bis hier gereist waren. Dort standen dicht an dicht Menschen, Höflinge und Beamte.

Es war sehr ehrenvoll auf diesem Schiff zu sein, dachte Meruka, aber auch sehr unbequem und eng. Nun, das war eben so, und auch, wenn er froh war, nicht dort an Bord zu sein – wer es dorthin geschafft hatte, konnte sich auf die Nähe des Horus berufen. Nicht zu unterschätzen in Rang und Ehre, in dieser wie in der anderen Welt. Das Schiff dahinter war ebenfalls dicht bevölkert, aber eben mit rangniederen Beamten und Wachen. Die folgenden zwei Schiffe enthielten mehr Gepäck und Vorräte.

 

Das Boot mit dem Priester legte an der hinteren Seite der Mole an, hastig gehalten von Knechten die das Boot auch aus dem Wasser zogen, nachdem alle Personen darin ausgestiegen waren und es abseits trugen. Die Ruderboote, die das Königsschiff gezogen hatten, hielten in geübtem Manöver kurz vor der flussaufwärts gelegenen Mole und ließen das Boot mit dem noch immer still sitzenden Herrn der beiden Länder weitergleiten.

Merimaat und sein Sohn eilten hinzu und fassten an, banden es fest an die Landepflöcke, ehe sie sich wieder zurückzogen. Das Hauptschiff des Hofes wurde etwas uneleganter an die zweite Mole gebracht, wo Knechte es an die Landepflöcke befestigten. Dann stiegen die ranghöchsten Beamten aus – Sobeknacht, der tjati und damit der Mann unter dem Kopf des Königs, der zweite Mann in kemet, Hekaptah, der Siegler, beides Halbbrüder des Königs, danach Menhekat, der Königssohn, dessen Blick wie absichtslos die wartende Gruppe am Tor streifte.

Merit lächelte. Sie freute sich wirklich auf ihn. Sie waren seit Kindertagen befreundet und eine Heirat mit ihm bot ihr die Aussicht auf die höchsten Ehren, die eine Frau nur erreichen konnte. Nur eine Frau mit äußerst verstiegenen Ansichten wäre gegen eine derartige Ehe.

 

Die sechs ranghöchsten Beamten traten zu dem Königsboot, während aus dem Schiff nun sechs Männer mit Holzstangen traten, auf deren Querstangen oben uralte Symbole der Königsmacht befestigt waren – die Herren, Horus und Seth, die beiden Herrinnen, die Schlangengöttin Uto und Nechbet, die Geiergöttin, Schützerinnen des Königtums, Upauut, der schakalartige Schutzpatron der Getreuen des Horus, der jeden Weg für diesen öffnen würde. Und ein Symbol, das so alt war, dass niemand mehr wusste, was es eigentlich bedeuten sollte, aber man wusste, es war wichtig.

Die sechs Standartenträger traten zu der Mole und wandten sich um, gleichartig, in lang eingeübtem Ritus. Wie auch der Beamte, der die Kronen hütete, waren sie Priester, denn nur solche konnten mit den machtgeladenen Symbolen umgehen ohne Schaden zu erleiden. Zumindest entfernt verwandt mit der Königsfamilie sollten sie sein. Nun kamen auch die anderen Beamten und Höflinge von Bord, sortierten sich nach Rang auf der Nebenmole.

Unterdessen hatten die ranghöchsten Beamten den Baldachin über dem Herrn der beiden Länder abgebaut und auf die Mole gelegt. Vier stiegen nun behutsam in das schwankende Boot und fassten die Stangen der Sänfte, hoben sie mit dem sitzenden Horus darin auf. Jetzt fassten die beiden auf festem Grund Stehenden zu, so dass nacheinander die Träger aus dem Boot steigen konnten und sie zu sechst sicher den lebenden Gott trugen.

Der tjati, der einer der beiden vorderen Sänftenträger war, rief in der tiefen Stille die uralte Warnung: „Hüte dich, Erde, es naht der Gott!“

Für die wartende Grippe oben am Tor war dies das Zeichen niederzuknien und sich auf die warmen Ziegel zu legen. Sie alle wussten, dass nun erst die Standartenträger den Aufweg empor kommen würden, dann die Sänfte mit dem Horus darin, dann würden sie aufstehen und sich anschließen, danach der Rest des Hofes.

 

Die hohen Beamten trugen die göttliche Sänfte bis zu einer Tür im Empfangsraum, ehe sie sie behutsam ansetzten. Merimaat und sein Sohn eilten hastig voraus und stellten sich an die hölzernen Türen. Von hier aus würde der Lebende Gott zu Fuß weitergehen, zunächst in das Kronenheiligtum, um den Schutzgöttinnen der beiden Länder zu opfern, dann in den Schrein des Harpunierenden Horus, dessen Verkörperung er für die Zeit seines Hierseins wäre. Die eigentlichen Hofbeamten hatten nun frei, denn zu solchen kultischen Handlungen folgte nur das „Gefolge des Horus“ und das war durchaus nicht immer deckungsgleich mit den engsten Vertrauten der beiden Länder.

Meruka sah sich, wie er hoffte, unauffällig um, als Horus Quahedjet aus der Sänfte stieg, damit buchstäblich die Feinde kemets mit seinen Füßen trat, denn die Neun-Bogen-Völker, also, alle Nachbarn, waren auf den Sohlen der Sandalen eingezeichnet. Jeder Schritt, jede Bewegung des Garanten der Weltordnung war vorgegeben, musste überwacht sein, damit die unglaubliche göttliche Macht nicht aus Versehen den eigenen Hofstaat schädigte. Wenn er in seiner Rolle als Herr der beiden Länder als Mensch auftrat, wurde ebenso Vorsicht walten gelassen, aber bei weitem nicht dermaßen. Leider, wie Meruka erwartet hatte, reihten sich auch der tjati und vor allem Hekaptah in das Horusgefolge ein. Natürlich hatte er es gewusst, aber … Nun ja. So könnte er wirklich erst nach dem Abendessen mit seinem Vorgesetzten sprechen. Immerhin würde das dann auch Merimaat mit dem tjati tun. Tja. Ein Fall bereinigt, aber, wie sollte er nur Senebib überführen? Natürlich gab es jedes Mal die Möglichkeit einen Verdächtigen durch Schläge zu einem Geständnis zu bringen, aber das erschien ihm immer keine klare Lösung. So allerdings konnte er nur Vermutungen bieten. Zum Glück war Hekaptah ein gerechter und lebenserfahrener Mann.

 

Als sich die Türen hinter dem Lebenden Gott und dem Horusgefolge geschlossen hatten, beeilten sich Merimaat, dessen engste Vertraute und sein Sohn, den Hofstaat in die einzelnen Zimmer und Trakte des Hauses zu weisen. Wie immer bei solchen Besuchen würde es eng zugehen und kaum jemand bekam ein Einzelzimmer.

Die Beamten des Palastes waren draußen bereits dabei die mitgebrachten Vorräte und Möbel aufzulisten und zu verteilen.

Meruka suchte Rahotep, der ihm diesbezüglich ja zugeteilt war, in der Menge, aber er konnte den Arzt nicht finden, ebenso wie einige andere Hofärzte, die er kannte. So war die maat-hor wohl noch immer schwer krank. Als er den Obersten der königlichen Ärzte erkannte, trat er zu ihm. „Ramose, ich grüße dich. Soweit ich sehe hat dein Schüler noch eine andere Aufgabe …?“

„Er wird morgen mit den anderen eintreffen,“ sagte der alte Arzt schlicht.

Meruka nickte. Dann hatte die maat-hor im Sterben gelegen, als der Hof abreiste. Diese Zeremonien, die Befriedigung der Mächte des Chaos, was allein der Lebende Gott vermochte, durften nicht verzögert werden, nur um eines Menschen willen. „Das werde ich Meresanch verschweigen. Nun, da auch Menhekat und gar der Herr der beiden Länder, er lebe, sei heil und gesund, hier sind, bin ich dieser Verantwortung ledig.“

„Ja, das wird ihr wohl Menhekat sagen. Wir sehen uns ja beim Abendessen, Meruka.“ Ramose ging, durch nichts zeigend, dass er eine gewisse Ahnung hatte, dass der Vorsteher der königlichen Schreiber nicht ganz zufällig mit dem Mädchen aus dem ipet nach Norden gereist war.

 

Meruka seufzte fast ein wenig, sah sich aber gezwungen in sein Zimmer zurück zu kehren. Er konnte nichts unternehmen, ehe er nicht mit Hekaptah gesprochen hatte. Merit und Nefer waren auch bereits verschwunden, Pathnacht würde irgendwo Wache stehen. Nein, es gab nichts zu tun bis zum Abendessen.

 
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel bietet ein Abendessen - und eine Beichte.


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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sanguisdeci
2022-03-30T20:11:06+00:00 30.03.2022 22:11
Ich bin sehr gespannt, wie es weitergehen wird! Und ob und wie sich alles übrige auflösen wird!

Wunderbar geschrieben! Fesselnd und spannend. Perfekt, um mir den Abend zu verschönern. Vielen Dank <3


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