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Unter den Schwingen des Horusfalken 2

Die Gefahren des Delta
von

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Der Empfang


 

M

eruka sah sich unwillkürlich um, als er hörte, dass die Türmatte vor dem Gästezimmer bewegt wurde. Ptahnacht kam herein und er entspannte sich.

„Hast du etwas?“

„Nichts besonderes zu unserem Thema. Es wurde sozusagen das Übliche gegessen. Und ich weiß, dass alle Wachen aufgepasst haben, dass auch der letzte Gast die Residenz verließ, ehe das große Tor geschlossen wurde. Ich habe übrigens Nefer getroffen mit einer Frau aus diesem Haus, sie kamen mit Dienern, die die Kisten trugen. Merit will wohl heute Abend hübsch aussehen.“

„Davon gehe ich aus. Ich hoffe nur, dass sie sich zurücknehmen kann. Baunefer scheint sehr stolz auf ihren Rang zu sein.“ Und das Allerletzte, was man bei solchen Ermittlungen brauchte, wäre ein Skandal. Beide Damen trugen den Titel „Königsbekannte“, aber Baunefer hielt sich wohl für ranghöher, zumindest, solange Merit nicht mit einem Königssohn verheiratet war oder gar die Gemahlin des Horus.

„Naja, unser Gastgeber ist ja auch ziemlich weit oben, oder?“ Ptahnacht ließ sich ohne weiteres auf dem Bett nieder.

„Ja. Und sie ist die Schwester von Chummose, eines der Großen. Ihre Mutter war eine Schwester des letzten Herrn der beiden Länder. Darum hat sie auch Merigeb geheiratet, auch er ist entfernt mit dem Königshaus verwandt.“

„Um es mal so zu sagen, viele der hohen Beamten, irgendwie, oder? Du auch.“

„Nun ja, meine Mutter ist mit einem Königsbruder verheiratet, ja. Und Merits Vater war ein Milchbruder des Horus. Ja, irgendwie wohl schon.“ Meruka setzte sich wieder an das Tischchen, wo er seine Schminkpalette ausgebreitet hatte und nahm das feine Röhrchen auf, ehe er es durch die angefeuchtete Holzkohle zog, um sich die Augen zu umrahmen. Auch er wollte bei dem Empfang sich seiner Stellung entsprechend zeigen und schminkte sich neu. Für die Lider hatte er fein gemahlenen Malachit gewählt, sicher, dass auch der Hausherr zu Halbedelsteinen greifen würde. „Morgen hast du frei und kannst dich am Hafen umhören.“

„Sobald Nefer frei hat. Ich habe mich erkundigt, am Hafen gibt es auch Marktstände, da kann ich mich ein bisschen umhören. Und es wird kaum auffallen, wenn ich nach dem fremden Schiff frage. Das sieht man ja nicht alle Tage.“

„Ja, was die Leute aus keftiu hier verkauft haben. Ich werde später Merigeb auch danach fragen, vielleicht kam von dort etwas hier an Land, was giftig war, und wurde weiter verteilt. Soweit wir wissen gab es bei allen Todesfällen Lieferungen aus dem Palast des Harpunierenden Horus. Schiffe aus keftiu sind selten – auch das könnte erklären, warum es so viele Tote so verbreitet gab. Die Lieferungen brauchten eben Monate.“ Der Vorsteher der Schreiber stand auf und sah sich nach seinem Strick um. Ptahnacht warf ihm ihn zu und er verknotete ihn um die Taille, ehe er zu einem blütenweißen Stück Stoff griff, es geübt umschlang und zwischen den Beinen hindurchzog, um es über der Schnur vorn hinabhängen zu lassen. Damit wurde auch Wohlstand demonstriert. Einfache Bauern trugen oft nur zwei Tücher vorn und hinten, bei schmutzigen Arbeiten zumal im Sommer auch gar nichts.

„Du trägst auch zwei, nein, drei Ketten?“ Ptahnacht musterte neugierig die bunten Halbedelsteine, die von grünen Fayenceperlen aus Distanz gehalten wurden. Er kam selten dazu so etwas zu tragen, wenn, dann nur bei einem Auftrag. Gewöhnlich zierte seine Brust nur das Amulett des Upauut, des schakalähnlichen Wegöffners des Horus – und Zeichen seiner „Getreuen“. Upauut war auch ihr Schutzgott und sie vergaßen nie seiner Statue, die vor dem Haus der Wachen stand, Wasser zu spenden.

„Ja. Dreierketten sind die Mode am Hof. Und die Damen verbinden sie sogar, dass es fast wie ein breiter Kragen aussieht.“ Männer trugen weitaus weniger Armreifen, aber auch davon einige, die Fußkettchen der Frauen waren für Herren dagegen aus der Mode gekommen. Augenschminke allerdings würde für Männer wie Frauen, arm und reich nie aus der Mode kommen. Es gab zu viele Blinde, den fähigen Augenärzten zum Trotz, und es half eigentlich nur die Magie. Er streifte sich die unterste und längste Kette über. An ihr zeigte sich unten die Göttin Seschat, die Schutzpatronin der Schreiber, und ein hundeartiges Wesen, das seinen Rang als sab-Beamter, als Ermittler und Richter im Namen des Lebenden Gottes anzeigte. Warum sollte er damit hinter dem Berg halten. Merigeb wusste sicher, dass er im engsten Umfeld des Horus arbeitete. Schließlich galt der als einer der wenigen Vertrauten. Nun, sie beide, wenn man es so sehen wollte, neben den Halbbrüdern des Königs. Einziger Freund des Königs war eben auch ein sehr seltener Titel. „Hast du Gelegenheit vor dem Empfang noch Nefer oder besser noch Merit zu sehen?“

„Nefer, eher. Was soll ich ihr sagen?“

„Wir wissen noch immer nicht woran die Leute starben. Sie sollte sich nur Lebensmittel nehmen, die sicher nicht vergiftet sein können, wie einen Teil eines Fisches oder Brot. Ich werde mich auch daran halten. Rahotep werde ich selbst informieren. Lieber hungrig vom Bankett aufstehen als tot.“ Und er verspürte nicht die mindeste Lust herauszufinden, was ein lebender Gott für überaus wirksame Flüche im Dies- und Jenseits ausstoßen konnte, stürbe ihm die künftige Schwiegertochter.

 

Merigeb setzte sich auf seinen Hocker und musterte zufrieden seine Halle. Alles war vorbereitet, duftende Blüten auf den Boden gestreut, in den Kohlepfannen verglühten Lotosblüten, die Diner stapelten im Hintergrund die kleinen Tischchen, die vor jedem Gast aufgestellt werden würden, Kissen wurden ausgelegt. Und seine Frau sah bezaubernd aus. Baunefer trug ein eng anliegendes Etuikleid aus feinstem Leinen, dessen breite Träger ihre Brüste bedeckten. Darüber lagen die modischen drei Ketten, wertvoll und eine davon sogar vom lebenden Horus geschenkt. Um ihre dunkle Perücke spannte sich ein kupfernes Diadem, dessen Blüten aus Alabaster nachgebildet worden waren. Über ihren Hinterkopf rann dunkelrot ein besticktes Band. „Du machst diesem Haus alle Ehre,“ sagte er, wohl wissend, dass sie auf dieses Lob wartete.

Sie lächelte auch und schob die fünf Armbänder an ihrem linken Handgelenk unwillkürlich nach oben. „Man sollte zeigen, was die Familie bringt, nicht wahr?“

„Du möchtest gern Meresanch ausstechen.“

„Verständlich, nicht wahr? Sie ist zwar die Tochter eines Stadtvorstehers und aus guter Familie, aber ich bin höher geboren. Meine Mutter war die Tochter eines Lebenden Gottes.“

„Ja, ich weiß.“ Und das hatte ihm durchaus in den Anfängen seiner Karriere geholfen. Später allerdings war er aus eigenen Erfolgen aufgestiegen, was wiederum Baunefer nicht so gern hörte. Ihr Bruder war ja nun auch der Sprecher von Nechen, ein Titel, der früher nur Königssöhnen zugestanden hatte. Aber die Zeiten änderten sich eben. Und er persönlich würde Meresanch höflich behandeln. Falls etwas schief lief in der Zukunft, was die Götter verhindern mochten, wäre sie Regentin. Allerdings auch als Königinmutter in der Lage sich an Leute zu erinnern, die ihr schräg gekommen waren. Und Königsmütter trugen nicht umsonst gern den Titel „Alles, was sie sagt, wird ihr getan“. Man sollte vorsichtig sein. Aber Baunefer würde das kaum gern hören. Nun, was sollte es. Sie wüsste sich zu benehmen. Merigeb lächelte, als er seine beiden noch lebenden Söhne in lebhaftem Gespräch eintreten sah. Rahotep, der Arzt, und Cheprihotep, sein Nachfolger. Mit ihnen kam sogar Sesheshet, der er es freigestellt hatte hier teilzunehmen. Die Geburt ihres ersten Kindes, seines ersten Enkels, näherte sich, man hatte schon auf dem Dach die Geburtslaube errichtet, für den Fall der Fälle. Bis auf die Tatsache, dass sein Bruder in den Westen gegangen war und seine Schwägerin noch immer sehr darunter litt, waren sie doch eine glückliche, von den Göttern gesegnete, Familie. „Oh, Baunefer, Meritneith bleibt in ihrem Zimmer?“

„Ja. Ihr geht es noch nicht gut genug zum feiern. Rahotep hat sie allerdings besucht, hörte ich.“

Das Ehepaar begrüßte höflich und sichtlich erfreut Söhne und Schwiegertochter, die Baunefer möglichst unauffällig sofort auf die Seite schob und auf ein Kissen drückte. „Setz dich nur. Niemand wird es dir verübeln. Dir geht es doch gut genug?“

„Ja, danke.“ Die junge Frau, unter deren Kleid sich deutlich eine Wölbung abzeichnete, griff jedoch unwillkürlich nach dem Amulett, das sie an einem Gürtel trug – die Flusspferdgöttin Tausret, die Schwangere und Gebärende schützte. Sesheshet wusste wie jede Frau in kemet um die Gefahren dieser Zeit, aber bislang war alles gut verlaufen. „Oh, das ist wohl der Ehrengast? Der Vorsteher der königlichen Schreiber?“

Baunefer wandte sich um. Mit anderen Gästen kam auch Meruka. Ja, der trug die ihm zustehenden Amulette und teuren Schmuck, hatte für heute Abend auch bereits auf die Oberbekleidung verzichtet. Als Gastgeberin sah sie zufrieden, wie er tief einatmete. Ja, die Düfte der Blumen des Delta waren durchaus anders als auch nur in Ibenu-hedj oder noch weiter im Süden, zumal um diese Jahreszeit. Er ging sofort zu Merigeb um den zu begrüßen. Gut. Das lief. Wo blieb denn nur Meresanch? Es war kaum davon auszugehen, dass die Schreiberin der maat-hor allzu viel an Schmuck auf diese Reise mitgenommen hatte, zumal kostbaren. Aber, selbst wenn. so würden ihre Ehrengeschenke doch stets höher rangieren als die ihren. Noch war diese mit keinem Königssohn verheiratet, hatte kein Kind geboren. Warum also sollte der mächtige Horus ihr seine Gunst zuwenden. Oh, da kam sie ja. Automatisch glitt der Blick der Königsbekannten an ihrem jungen Gast entlang, sah zufrieden, dass diese zwar fünf Armreifen am linken Arm trug, aber nur einen einzigen am rechten. Drei Halsketten, nun ja, und ein Diadem, das neben der Kohlepfanne fast silbern leuchtete. Aber natürlich war es auch aus Kupfer, wie das Meresanch auch schon zuvor getragen hatte und auch sie selbst. Das stand einer Frau, die der König kennt, zu.

 

Meruka wandte sich von Merigeb ab, als dieser an ihm vorbei blickte und sichtlich erstaunt war. Gut, dachte er. Er hätte sich denken können, dass Merit auf die kleinen Sticheleien einstieg. Frauen waren da in der Rangordnung fast rigoroser als Männer, die das über ihre Titel klärten. Bei Frauen war es Kleid und Schmuck, das dominierend wirkte. Im ersten Moment war auch er überrascht, dass Merit am rechten Arm nur ein Armband trug. Als sie näherkam erkannte er, dass ihn zumindest der erste Eindruck nicht getäuscht hatte – sie trug nicht mehr das kupferne Diadem der letzten Tage. Das, was sie da auf dem Kopf hatte, konnte nur, musste, ein persönliches Geschenk des Lebenden Gottes sein: ziseliertes Silber, besetzt mit Blüten, in denen Lapislazuli schimmerten. Silber. Viel kostbarer als Gold, da es stets von außerhalb kemets als Tribut dem Horus gegeben wurde. Das würde Baunefer kaum freuen. Und jetzt sah er auch, warum nur ein Armband Merits Rechte zierte – weiße Fayenceperlen hielten blau unterlegte Plaketten in Abstand, auf denen sich der Horusfalke duckte, gemeinsam mit dem Namenszug. Kein anderer Schmuck wäre daneben würdig gewesen. So etwas trug neben dem Herrn der beiden Länder gewiss nur die maat-hor und war ein überaus persönliches Geschenk, das große Wertschätzung zeigte. Unwillkürlich warf der Ermittler einen Blick auf seinen Gastgeber, aber Merigeb war erfahren genug – ahnungslos wohl kaum – um nur höflich den Kopf zu neigen.

Baunefer dagegen schluckte etwas. Das war nichts, mit dem sie mithalten konnte. Aber sie konnte und musste sich zusammennehmen. So meinte sie: „Ah, Meresanch. Ich darf dir meine Schwiegertochter Sesheshet vorstellen?“

„Gern, ja.“ Merit unterdrückte ihre Heiterkeit und wandte sich freundlich an die junge hoffende Mutter. „Die Götter haben dich gesegnet, Sesheshet. Ich hoffe, dir geht es gut.“

Höfisch erzogen. Dachten alle, die sie hörten prompt. Das kam so selbstverständlich. Nun ja. Der Lebende Horus hatte gewusst, warum er die Ehe seines ältesten Sohnes mit ihr anbefahl. Sie ließ sich auch auf ein Kissen neben Sesheshet nieder und die beiden jungen Frauen begannen zu plaudern.

 

Weitere Gäste aus Sau selbst kamen, die die Gelegenheit nutzen wollten, einmal Personen des königlichen Umfeldes zu sehen. Natürlich gab es den adjmer und seine Frau, aber solch hochrangige Fremde kamen doch recht selten her. Und der lebende Gott bevorzugte Pe und Dep, befand sich dort doch der alte, ehrwürdige Palast des Harpunierenden Horus. Dennoch hatte es die Schreiber des Neith-Gaus gefreut, als der Herr der beiden Länder beschlossen hatte, in ihrem Gebiet eine Domäne als Totenstiftung zu gründen. Noch stand nicht genau fest, wer diese betreuen würde, aber als Priester eines verstorbenen Königs hatte ein Beamter stets auch Anteil an den Opfergaben, war wohl versorgt. So versuchte der Eine oder Andere Meruka auszuhorchen, aber dieser beteuerte wahrheitsgemäß, dass dies nicht zu seinem Amtsbereich gehörte.

Als die Diener die Tischchen vor den Gästen aufbauten und die mit Gerichten beladenen Platten hereintrugen, beobachteten die drei Ermittler aufmerksam was geschah. Leider, das mussten sie so feststellen, gab es keine Gelegenheit bewusst eine Person im Raum zu vergiften. Brot wurde ebenso auf Platten herumgereicht, wie gebratene Tauben und Enten, gesottenes Rindfleisch, Käse. Jede Platte wurde von den Dienern der Reihe nach serviert, die nächste genommen. Unmöglich, dass Meritnut zielgerichtet vergiftet worden war. Doch nicht das Essen, sondern war die Todesursache wie Meruka bereits vermutet ein Parfüm? In Chem war es ja das Gleiche gewesen. Käse wurde gereicht, als Abschluss in Traubenwein eingelegte Datteln aus den Vorräten des Lebenden Horus. Nur, das bedeutete leider, dachte der Vorsteher der Schreiber dass es entweder sich um Versehen, Unfälle, handelte, Fehler mit fatalen Folgen – oder jemand bewusst wahllos Menschen tötete. Was es war, das lag nun an ihm und seinen Mitarbeitern. Hoffentlich würde Ptahnacht morgen im Hafen zumindest das Schiff von keftiu ausschließen können. Mit diesen Ausländern war immer schlecht reden. Auch, wenn sie vernünftig sprechen konnten, vergaßen sie die zivile Sprache sobald es Probleme gab. Das kannte er ja auch von den Leuten aus kanan oder retenu und er bezweifelte, dass die Menschen von Inseln inmitten des Meeres anders wären.

Aber dieser Empfang war anscheinend nicht sonderlich weiter führend. Sie machten nur negative Ausschlüsse, wie die Tode nicht passiert sein konnten. Dass Menschen mit nahezu identischen Symptomen in den Westen gegangen warne, war jedoch ein Fakt. Und er sollte ausschließen, dass der Dämon der Sachmet, der da zugeschlagen hatte, kein menschliches Gesicht trug.

 

Die Nacht war schon lange hereingebrochen als die Residenz des Statthalters still wurde, selbst die Wachen verschwanden. Meruka setzte sich auf sein Bett und wartete geduldig. Nach einer Weile huschte Nefer herein und meinte leise:

„Merit schminkt sich selbst ab. Die Anderen?“

„kommen gleich.“

Tatsächlich hoben kurz darauf auch Ptahnacht und Rahotep die Türmatte. Die drei Mitarbeiter ließen sich einfach auf dem Boden nieder, knapp vor dem Bett, so dass sie leise miteinander reden konnten.

Meruka sah zu Nefer: „Sie kommt aber?“

„Ja. Sie meinte nur, ich solle schon mal gehen. Hast du ihren Schmuck gesehen? Ich dachte ja, mit verschlägt es den Atem, als ich das Armband in der Hand hielt!“

„Ich wusste auch nichts davon. Mal hören, was sie erzählt. - Ah, Merit.“

Denn die kam auch heran, nur noch in dem leichten Leinenkleid, ohne Schmuck und Perücke, das Gesicht ebenso wie Meruka und Nefer bereits frei von magischen Zeichen oder auch nur dem Ockerpuder, der die Haut vor dem stetigen Sand und der Sonne schützte. Sie setzte sich neben ihre Kollegin und alle sahen zu ihrem Vorsteher.

So begann Meruka: „ich vermute einmal, dass ihr das Gleiche erfahren habt wie ich: so ähnlich wie heute Abend ließ auch der Empfang ab, den Merinut vor seinem Tod gab. Er war der Stadtvorsteher und hatte einige Leute, Schreiber und wichtige Mitarbeiter eingeladen, darunter natürlich auch seinen Bruder als adjmer. Das Fest fand in der halle statt und zu essen gab es ähnlich wie heute. Fangen wir mit die an, Rahotep. Hast du etwas anderes in Erfahrung bringen können?“

„Nein,“ gab der Arzt zu. „Dejhutimose steht und stand vor einem Rätsel, als er gerufen wurde, ging es Onkel bereits sehr schlecht und er rang nur mehr nach Atem. Er verwendete alle anerkannten Heilungsmethoden, oder auch nur zur Linderung, aber nichts half. Er meinte, sie hätten ihn auch erst im Morgengrauen gerufen, aber, wenn der Empfang so lange dauerte wie heute, wäre das auch kein Wunder. Es wird in wenigen Stunden bereits wieder hell. Jedenfalls bekam Onkel da schon keine Luft mehr und vermochte nicht mehr zu sprechen, obwohl meine Tante zum Arzt meinte, er habe es noch versucht.“

„Verzeih, wenn ich dich unterbreche, Rahotep,“ meinte Merit. „Deine Tante erzählte mir, dein Onkel habe noch gesagt, dass es so sehr schmerze, es fühle sich an, als ob er von innen aufgefressen würde. Sie glaubte, an einen Wurm, ähnlich dem, der Zähne von innen heraus frisst. Kannst du damit etwas anfangen?“

„Im Moment, nein.“ Aber Rahotep begann nachzudenken.

„Hm,“ machte Meruka. „Weiter, Nefer?“

Die dachte kurz nach, um es möglichst genau zu formulieren. Berichte erstatten hatte sie erst bei Meruka gelernt. „Diese Empfänge, sagte mir Tij, aber auch andere, laufen immer gleich ab. Ziemlich aufwendiges Essen, Brot aus der großen Bäckerei in der Stadt, mehrere Sorten, Datteln und Obst aus den Gärten vor der Stadt, die Merinut oder Merigeb gehören, Wein entweder aus ihren eigenen Domänen oder als Geschenk des Lebenden Horus, er lebe, sei heil und gesund, Rinder von den Weiden im Umfeld der Stadt, manchmal auch Wild aus der westlichen Wüste, schließlich ist der adjmer ja auch der Schützer der westlichen Grenze und damit dafür zuständig. Das Wild wird auch nach Ibenu-hedj an den königlichen Hof geliefert, übrigens. Der Fisch, getrocknet oder nicht, wird von Fischern aus dem Umfeld geliefert, oder auch mal aus Pe und Dep oder dem Palast des Harpunierenden Horus.“

„War irgendetwas heute dabei oder auch damals, was als Besonderheit galt, weil es aus keftiu gekommen war?“

„Da hat mir niemand etwas gesagt. Du denkst an das Schiff im Hafen?“

„Ja.“ Meruka sah zu Ptahnacht. „Die Wachen?“

„Auch,“ gab der Wächter des Horus zu. „Nichts besonderes. Alles wie immer. Auch heute wurden die Tore des Palastes geschlossen, sobald alle Gäste da waren, nur das Haupttor blieb offen und bewacht. Durch die anderen kommt man nicht, die sind massiv aus Holz und schließen oben in der Mauer ab. Also mehr als drei Männer hoch. Das Essen und Trinken war ähnlich wie heute. Als alle weg waren, wurden alle Gänge noch einmal abgelaufen, um zu sehen, ob auch wirklich alle Gäste weg oder in ihrem Zimmer waren, ehe auch das Haupttor verriegelt wurde und sich die Wachen hinlegen. Momentan sind nur zwei Männer am Tor stationiert. Morgen werden die Bauern und so übrigens nach Hause geschickt, auch die Männer der Festung Schrecken vor den beiden Ländern. - Eigentlich ist es unmöglich hier jemanden zu vergiften, das muss ich sagen.“

„Und doch ist es nicht nur hier passiert,“ gab Meruka prompt zurück.

„Ja, natürlich, das meinte ich auch nicht. Ich dachte mir vorher nur bei dem Gespräch mit den Kollegen, dass es vielleicht irgendetwas ganz anderes ist, etwas so alltägliches, an das keiner denkt. Wären wir am Meer – es gibt zum Beispiel auch Magenschmerzen oder Ärgeres, wenn man Muscheln isst, die schon zu lange aus dem Wasser sind.“

„Aber das weiß jeder. Und so viele Köche können sich nicht im gesamten Delta irren.“

„Ja, ich weiß. - Schön, Nefer, Schwester, gehen wir morgen zum Hafen. Ich habe den ganzen Tag frei, wenn du gehen kannst, treffen wir uns im Schatten der Sykomore gleich am vordersten Tor. Ich werde auf dich warten.“

Meruka und Rahotep sahen sich an. Muscheln, ja. Die waren im Delta unbekannt, wenn man nicht gerade direkt am Großen Grün wohnte. Ptahnacht stammte ja von dem östlichen Meer, das auch ganz andere Tiere und Pflanzen bot – und eine Möglichkeit der Schifffahrt, man sagte bis nach Punt. Aber Fische und ähnliches kamen nicht durch die engen Wüstentäler bis in das Kernland von kemet, sondern wurde dort gegessen.

 
 



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