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Enemy mine - geliebter Feind

von

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Kapitel 5

Alle fuhren erstaunt herum und sahen die weißhaarige überrascht an.

„Wow, holla Snow. Ruhig. Wir haben sie zum Essen eingeladen.“ Colt lächelte die Wütende an und hoffte, es war charmant genug um sie zu besänftigen. „Möchtest du auch etwas?“ bot er ihr an und zwinkerte ihr zu. An der Bar letzten Abend schien ihr das gefallen zu haben. Doch es verfehlte seine Wirkung diesmal vollkommen. Snow ging darauf nicht an, stattdessen fuhr sie ihn an. „Sie hat gar nicht hier zu sein.“ Dann richtete sich ihre Wut auf den Grund dafür. Die junge Frau mit dem blass lila Haar war regelrecht zusammen gezuckt, als Snow aufgetaucht war. Unter dem fauchenden Wortschwall zuckte sie gleich noch einmal zusammen. „Bist du wahnsinnig geworden? Du weißt, was er gesagt hat!“

„Ich hab nur einen …“, begann sie sich zu erklären, brach aber ab, da sie wusste, dass es ungehört bleiben würde.

„Keine Sorge. Wir haben uns zufällig beim Tennisspielen getroffen. Danach sind wir hier her essen gegangen. Es ist nichts passiert“, sprang Saber für sie ein. Er wollte lieber nicht fragen, wer ER war. Das kleine Wort hatte einen Knoten in seinem Magen verursacht, sehr viel schneller, als er geglaubt hatte.

Seine Worte trugen auch nicht gerade zur Beruhigung der Schnaubenden bei. Tatsächlich verdüsterte sich deren Miene noch mehr.

„Tennis spielen?“, rief sie aufgebracht aus. „Du vertrödelst Zeit mit Spielen? Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?“ Sie packte die Gescholtene am Arm und zerrte sie vom Stuhl. „Ab nach Hause mit dir, Beth. Für so einen Quatsch haben wir keine Zeit.“

„Kann ich wenigstens noch auf essen?“ brachte diese hervor und griff nach dem zweiten Sandwich. „BETH?“, echote es im Chor.

„Hey, Moment! Wieso Beth? Hast du uns angelogen?“ Saber würgte die Fragen hervor. Enttäuschung lang in jeder von ihnen gleichermaßen wie der Wunsch nach einer klärenden Antwort.

Das Sandwich fiel auf den Teller zurück. Mit großen Augen starrte sie ihn an und suchte nach Worten.

„Ich hab ... Es tut mir leid, Saber. Ich ... Saber, ich ...“

Snow neben ihr rollte mit den Augen

„Ja, Beth ist verdammt noch mal ihr Name“, herrschte Snow die Freunde an. Dann zerrte sie Beth mit sich und zeterte weiter. „Siehst du, wenn sie nicht mal das wissen, wenn sie sich nicht mal dafür interessieren, kannst du deine Studien woanders fortsetzen und musst dich ihm nicht widersetzen. So ein Blödsinn. Echt, man."

Beth hätte sich zur Wehr gesetzt, würde nicht ein schmerzhaftes Ziehen in der Herzgegend und ein eisiges Gefühl im Magen sie verwirren. Mit fragend, großen Augen sah sie zum Schotten, der vom Stuhl aufsprang und ihnen folgte.

Er handelte nur, er dachte nicht nach. „Welche Studien? Snow, Beth!“ verlangte er zu wissen. Snows Worte stachen, stachen tief. Er interessierte sich für Bee, Beth, was auch immer ihr Name war, er interessierte sich für sie, er wollte sie kennen lernen.

Snow schubste Beth zur Tür hinaus und fuhr zu Saber herum. Sie versperrte ihm mit den Armen den Weg und fuhr ihn an. „Lass sie in Ruhe! Lasst uns in Ruhe! Verstanden! Er hat es verboten und das nicht ohne Grund. Mit eurem ... Was weiß ich, was das ist - das ist vorbei. Kapiert?“

Genauso schwungvoll wandte sie sich ab und zerrte Beth mit sich.
 

Wie vor den Kopf geschlagen blieb der Schotte stehen. Einige Augenblicke lang starrte er den beiden Frauen nach, sah wie Beth zu Protest ansetzte, den Snow ignorierte.

Als die beiden aus seinem Blickfeld verschwanden, schaffte er es sich zu bewegen und zu seinen Freunden an den Tisch zurück zukehren. Dumpf sah er auf den Teller, auf dem noch das zweite Sandwich lag. Er starrte einen Moment lang darauf, dann setzte er sich auf ihren Stuhl.

Bedrücktes Schweigen legte sich über sie. Jeder versuchte zu begreifen, was geschehen war.

Colt starrte noch auf die Tür durch die Snow verschwunden war. Sie hatte ihn kaum beachtet, ja so behandelt, als hätten sie sich nicht gut unterhalten, an dem Abend in der Bar. Heute war er für sie wohl einer… irgendeiner.

„Weiß jemand, wen Snow mit er gemeint hat?“, fragte April schließlich in die Ruhe nach dem Sturm.

„Ihr Freund?“, mutmaßte der Rennfahrer ruhig. „Ihr Vater? Ihr Bruder? Ihr Onkel?“

„Ich denke, es war ihr Bruder“, hörte Saber sich tonlos sagen. Nach allem, was er bisher wusste, lag das am nächsten. Es erleichterte ihn doch ein wenig.

„Wie kommst du darauf?“, wollte April wissen.

„Sie hat mir gestern erzählt, sie sei mit ihrem Bruder und ihren Schwestern geflüchtet. Ich denke, dabei hat sie nicht gelogen“, erwiderte er.

„Und was denkst du, bei was hat sie gelogen?“, hakte Colt nach.

„Ganz offensichtlich bei ihrem Namen“, presste er hervor, während er versuchte herauszufinden, ob sie ihn irgendwann belogen haben könnte. Er versuchte sich an ihre Worte zu erinnern und prüfte, ob sie wohl wahr sein mochten.

„Da hat sie sich wohl nur bei der Hälfte verschluckt. Bee ... Beth. Das muss noch nicht gelogen sein, so seltsam das alles auch ist und das ist es, kein Zweifel“, versuchte Fireball positiv darauf zu schauen, damit der Schotte nicht in Trübsinn versank. Es schien zu wirken, denn er nickte ohne zu zögern.

„Vielleicht. Ich würde diesem Geheimnis zu gerne auf den Grund gehen. Ihr Bruder ist ein seltsamer Typ, hat sich nur im Schatten rumgedrückt, so als wollte er sich verstecken, als hätte er etwas zu verbergen“, berichtete er.

„Du hast ihn gesehen? Hast du ihn erkannt?“, erkundigte sich Colt.

„Sie sind geflohen? Vielleicht liegt darin der Grund, dass er sich verbirgt. Wo kommen sie her? Hat sie dir das auch gesagt?“ April gewann ihre Fassung über diese Sachlichkeit zurück.

„Nein, ich hab ihn nicht erkannt.“ Er dachte einen Moment lang nach, dann begann er zu erzählen, was er von Beth erfahren hatte. „Sie waren in einer Siedlung nahe Pecos zuhause und sind vor den Outridern hier her geflohen. Auf der Flucht wurde eine Schwester wohl getötet. Be..th hat darüber nicht viel gesprochen, aber ich vermute Outrider. Die sind schließlich oft auf Pecos.“

„Von Pecos hierher. Das ist immer noch umkämpftes Gebiet. Kein Wunder stellt sie solche Fragen. Sie hat wahrscheinlich ein ganz anderes Leben geführt, als wir uns vorstellen können“, überlegte April laut.

„Ganz bestimmt sogar. Sie hatten keine Zeit für solche Banalitäten wie Spaß und Freizeit“, nickte der Schotte.

„Ich kann mir auch vorstellen, dass eine Flucht von Pecos hierher kein Zuckerschlecken ist. Seine Heimat verlassen zu müssen, alles zurücklassen zu müssen. So etwas prägt“, stimmte Fireball zu. Darüber waren sie sich einig.

„Wahrscheinlich will ihr Bruder deshalb weitere Treffen zwischen euch verbieten. Und Snow hat wohl auch genug mitbekommen und versucht ihre Schwester zu beschützen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie gelernt haben, Fremden zu vertrauen“, mutmaßte April weiter. An der Verwandtschaft hatte niemand mehr einen Zweifel. Die lag nach Snows Auftritt auf der Hand.

„Das kann sein. Sie hat auch viele Fragen über das Kämpfen gestellt, es war irgendwie... seltsam. So wie eben, als sie wegen der Hierarchie in unserem Team so verwirrt war“, sagte Saber und kratzte sich am Kopf.

„Vielleicht studiert sie? Eine Freundin von mir studiert Soziologie. Die stellt manchmal Fragen ... puh, das kann dein Weltbild ganz schön durcheinander bringen. Sie stellt einfach alles in Frage. Vielleicht studiert Beth das auch“, grübelte die Navigatorin weiter.

„Hm. Vielleicht. Sie scheint wissbegierig zu sein. Interessiert ist sie auf alle Fälle.“ Saber fuhr sich mit beiden durchs Haar, stützte die Ellenbogen auf die Knie und verflocht seine Hände mit einander. Er hoffte sehr, dass er sie noch einmal sah. Er hoffte es inständig, was irgendwie absurd war, da er sie kaum kannte. Doch schon jetzt hatte sie ihn so fasziniert, begeistert und neugierig auf mehr gemacht, wie er nicht für möglich gehalten hatte. Er war vielmehr derjenige gewesen, der dies als unwahrscheinlich wegargumentiert hätte. Jetzt war er es, der sich mitten in einer unwahrscheinlichen Lage. Er fasste es nicht.

„ Man könnte ja bei ihr Zuhause vorbei schlendern. Vielleicht kann man dann auch ein, zwei Vokabeln mit ihrem Bruder tauschen?“, schlug Colt vor und der Blonde hob den Kopf und sah ihn überrascht an.

Warum war er nicht darauf gekommen? Aber es war möglich. Er wusste wenigstens die Richtung, in der er nach ihrer Wohnung suchen konnte. Damit war es nicht ausgeschlossen, dass er ihr in dem Gebiet begegnete, wenn auch die Wahrscheinlichkeit bestand, dass es eine Weile dauert. Aber, Teufel noch mal, das war es wert, wenn er dafür Antworten bekam und wusste, woran er war.
 

Sie kehrte auf Ramrod zurück und verstauten ihre Sachen. Colt und Saber zogen sich nach einer kurzen Dusche um und verschwanden zügig von Bord. Seit der Cowboy seinen Vorschlag unterbreitet hatte, hatte er ihre Gedanken beherrscht.

Fireball und April ließen sie zurück. Das Ganze war weniger ihre Angelegenheit, sie betraf mehr die beiden.

Es war bereits früher Abend, weshalb sie sich ein Taxi nahmen, dass nach Sabers Erinnerungen an den Vorabend zu der von ihm beschriebenen Kreuzung brachte. Sie wussten nicht, wie lange sie suchen mussten. Es lag allerdings auf der Hand, dass es mit Einbruch der Nacht schwieriger werden würde. Die Fahrt hatte ihnen etwas Zeit gespart.

Saber gab dem Fahrer sein Geld und sah ihm nach, als er fort fuhr. Dann sah er sich um.

Es war Nacht gewesen. Die Beleuchtung durch die Laternen war eher spärlich gewesen. Das hatte ihm, schon den ersten Hinweis auf die Gegend gegeben, auch wenn er sehr in das Gespräch mit Beth vertieft gewesen war und der Umgebung in dem Moment weniger Beachtung geschenkt hatte.

Nun sah er jene schmale Straße hinunter, in der Beth und ihr Bruder verschwunden waren. Die beiden Häuser, die sie säumten waren vor vielen Jahren wohl mal Lagerräume gewesen, die nun leer standen. Sie waren renovierungsbedürftig und schäbig, aber noch an einem Stück, wenn man einige kaputte Fensterscheiben ignorierte.

Am Ende der Straße machten er und Colt einen Park aus. So weit sie sahen, war Park ein hochtrabendes Wort für die Handvoll Baumgruppen, zwischen die man Bänke gestellt hatte und etwas, das aus der Entfernung wohl eine steinerne Tischtennisplatte sein mochte.

„Du hast sie hierher begleitet?“, fragte Colt, doch etwas überrascht. „Das hat dich nicht stutzig gemacht?“

„Es war dunkel. Ich habe nicht viel von der Umgebung gesehen“, erwiderte Saber.

„Ja, ja, möchte ich wetten.“ Colt grinste verstehend und bog auf die Straße ab. Zielstrebig steuerte er auf den Park zu und ahnte bereits, was ihn am Ende der Straße noch erwartete.

Kleine Häuser, die alle schon mal bessere Zeiten gesehen hatten, und in denen die verkrachten Existenzen einer Gesellschaft meist ihr Obdach fanden, die sozial Schwachen, denen es aus eigener Kraft und aus eigenem Antrieb nicht gelang Fuß zu fassen.

Hier wohnten Alte und Arbeitslose und einige, die sich vor dem Leben in Rauschmittel flüchteten. Natürlich fehlten hier auch die nicht, die nicht gefunden werden wollten, egal von wem. Die Tramps und Streuner, die vorübergehend einen Unterschlupf brauchten, ehe sie weiter zogen.

Colt kannte solche Gegenden aus seiner Zeit als Kopfgeldjäger.

Vor dem Park am Ende der Straße blieb er stehen und sah sich um. „Von hier aus kann's überall und nirgends sein“, murmelte er vor sich hin und spähte prüfend umher.

„ Was meinst du, ist uns Fortuna hold?“, fragte der Schotte und versuchte zu erkennen, in welche Richtung Beth und ihr Bruder vergangene Nacht wohl gegangen sein mochten.

Colt betrat den Park, oder das, was mal einer sein sollte. Ein sandiger Weg teilte ihn beinahe mittig. Mehrere Trampelpfade zogen sich über das Gras. Nur einer davon schien etwas frischer zu sein und vermochte nicht, wie die anderen, die Richtung zu verbergen, aus der jemand kam oder in die jemand ging.

Saber folgte ihm und staunte einmal mehr über die Fähigkeiten seines Scouts scheinbar problemlos einen Ort zu finden von dem er nur vage wusste, wo er sein mochte.

Colt sah sich nach seinem Boss um und winkte ihn heran. „Keine Großsuchaktion“, sagte er grinsend und wies mit dem Finger den jungen Trampelpfad entlang.

„Na, wenn du das sagst.“ Saber setzte einmal mehr sein Vertrauen in ihn.

Sie folgten den Pfad bis zum Ende. Er mündete auf einem Fußweg, führte zwischen zwei alten Mauern vorbei, die Grundstücke begrenzten. Dann traten sie auf einen kreuzenden Fußweg. Sie schauten in beide Richtungen.

Auf der Straße fuhr ein klappriger Kleintransporter. Er hopste scheppernd über ein Meer aus Schlaglöchern.

Rechts von ihnen entdeckten sie ein Schild, welches auf eine Unterführung hinwies. Davor warb eine Reklametafel für einen Urlaub auf Futurama.

„Du hast also eine heiße Spur“, grinste Saber.

„Immer doch, wenn's um ein hübsches Mädel geht“, gab er zurück und schlug aufs Geratewohl den Weg zur Unterführung ein.

Die Häuser am Rand hatten, wie alle hier, mal eine schöne Zeit gesehen. Die war nur längst vorbei.

Auf Höhe der Reklametafel weckte ein weißes Häuschen Sabers Aufmerksamkeit. Er konnte nicht sagen, warum. Vielleicht, weil seine Scheiben nicht zerbrochen und mit Pappe geflickt worden waren, vielleicht, weil sie sauber waren. Das Haus war niedrig, trotz seiner zwei Etagen, und schmal. Die Wand, welche die Fenster umrahmten, ließ kein allzu großes Zimmer dahinter vermuten.

Auch Colt lenkte seinen Blick auf das Haus. Eine schmale Einfahrt mündete neben ihm auf ein kleines bisschen Grundstück, das an einer Treppe endete. Sie führte auf einen kleinen Balkon. Sie erkannten eine Tür, wahrscheinlich der Eingang.

„Aua.“

Colt fuhr überrascht einen Schritt zurück.

„Deine Trefferquote ist makellos, Kumpel“, bemerkte Saber und trat näher auf Beth zu, die sich den Kopf rieb. Sie musste aus der Unterführung gekommen sein, hielt in der anderen Hand eine Tüte mit Lebensmitteln.

„Hallo Beth", grüßte Saber warm.

Überrascht sah sie auf, von der Reklametafel zu den beiden. Ihr Gesicht verriet, dass sie nicht erwartet hatte sie wiederzusehen, schon gar nicht so bald.

„Saber… Hallo.“ Mehr brachte sie nicht hervor.

„Ich... Wir... wollten mit dir und deiner Schwester reden.“ Saber warf einen kurzen Blick auf seinen Scharfschützen. Der schob sich den Hut zurecht und nickte ihr zu.

„Warum? Es wurde doch alles gesagt. Er wird furchtbar wütend, wenn er euch hier sieht und wir“ Sie lebten noch nicht so lange hier und sie wollte nicht wieder umziehen müssen. „ Geht einfach.“ Jetzt klang ihre Stimme fester als zuvor, aber nicht überzeugend.

„Wir möchten euch helfen, wenn das möglich ist. Aber dafür müssen wir etwas über euch wissen. Ich frage mich zum Beispiel, weshalb dein Bruder nicht will, dass wir uns treffen“, führte Saber ihr aufrichtig aus.

„Das ist nicht wichtig“, wich sie aus. „Saber, wieso wollt ihr uns überhaupt helfen? Ihr kennt uns nicht. Ist das wieder so ein ... Verantwortung und Gesellschaftsding ...wie dein Job?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, es ist, weil ich dich mag. Es sind persönliche Gründe. Das hat nichts mit der Verantwortung der Gesellschaft gegenüber zu tun.“

Sie wich einen Schritt zurück. „Du magst mich?“, echote sie, als hielte sie seine Worte für eine Lüge.

„Ja, das tue ich“, erwiderte er schlicht.

„Wieso?“ Sie schien Mühe zuhaben ihn zu verstehen.

„Es ist ein Gefühl. Wir haben uns bisher gut unterhalten, uns gut verstanden und auch Spaß zusammen gehabt, oder nicht? Weshalb also sollte ich dich nicht mögen?“, erwiderte er und irritierte sie einmal mehr.

„Dir haben unsere Gespräche gefallen?“, hakte sie nach.

Er nickte nur. „Ja. Es ist schön, sich mit dir zu unterhalten.“

„Hört mal, das ist ja ein nettes Pläuschchen und so, aber es bringt gerade nicht weiter“, unterbrach Colt die beiden. „Bee, kann ich hier irgendwo etwas zu trinken her bekommen?“

Es war ein Vorwand, ein plumper, aber in irgendeine Richtung würde er führen. Beth sah sich um, als prüfe sie die Umgebung.

„Er ist nicht da, also kommt mit“, gab sie für einen Moment nach. „Aber danach verschwindet ihr und kommt nie wieder“, fügte sie an, damit sie nicht auf noch mehr Ideen kamen. Sie führte sie zu dem weißen Haus, die Treppe hinauf und öffnete die Tür. Vor ihnen breitete sich eine kleine Wohnküche aus. Eine Treppe führte auf der anderen Seite auf einen kleine Dachboden und ins Erdgeschoss.

Sie stellte die Tüte auf die schmale Arbeitsplatte und holte ein Glas aus dem Schrank. Dann schenkte sie Colt Wasser ein und reichte es ihm.

Sie sahen sich inzwischen in dem Zimmer um. Die Möbel waren zweckmäßig, wiesen schon Gebrauchspuren auf. So klein der Raum auch war, er war sauber und aufgeräumt. Auf den wenigen Quadratmetern herrschte Ordnung, aber es war zweifellos klein, wenn man sich vorstellte, dass hier drei Erwachsene zusammen lebten. Alle Sauberkeit und Ordnung vermochten nicht über die Tristes zu täuschen.

„Ich möchte wissen, weshalb dein Bruder uns für schlechten Umgang hält, Beth. Er kennt uns doch gar nicht“, nahm Saber den Gesprächsfaden von zuvor auf.

„Oh, doch er kennt euch. Genau das ist das Problem“, versicherte Beth ihm und strich sich eine Strähne hinters Ohr. „Ihr würdet nicht hier stehen und mit mir reden, ihr würdet weder mich noch meine Schwester mögen, wenn ihr es wüsstet.“ Ihre Stimme klang überzeugt.

„Mann, dem müssen wir aber mächtig in die Parade gefahren sein“, mutmaßte Colt und nahm einen kräftigen Schluck.

„Woher willst du das wissen?“, bohrte Saber nach.

„Ich weiß es, das reicht. Darum hat er auch Recht. Es ist nicht gut wenn wir uns sehen.“ Sie schaute Saber an. Einverstanden schien sie mit dem Verbot nicht zu sein und sie mied es tunlichst, näher auf seine Fragen einzugehen. Aber so schnell wollte er sich nicht abwimmeln lassen.

„Warum soll es nicht gut sein? Nur weil dein Bruder das sagt? Was denkst du denn, was so schreckliches passiert, wenn wir uns sehen?“, hakte er nach.

„Oh, das wird ... explosiv.“ Sie schaute zur Seite und strich sich über den Arm. Dann richtete sie ihre großen Augen wieder auf den Schotten. „Saber, ich finde dich interessant und es ist mir ernst, wenn ich dir sage: wenn Colt fertig ist, geht.“ Ihre Augen waren unverwandt auf ihn gerichtet, als wollte sie ihn davon überzeugen, zu tun, was sie sagte.

Interessant konnte er nicht sein. Das Wort täuschte über das hinweg, was sie wohl eigentlich hatte sagen wollen. Warum sonst warnte sie ihn so eindringlich? Ein Schauer der Zuneigung durchfuhr ihn. Er trat ihr näher und beugte sich leicht zu ihr hinunter.

„Können wir uns alleine noch einmal treffen? Ich will es verstehen. Auch, warum uns dein Bruder nicht mag“, bat er sie sanft. Sie schüttelte den Kopf, aber sie zögerte merklich.

Ein Poltern von der Tür her ließ die drei zusammen fahren.

Ein leerer Wäschekorb lag am Boden, daneben stand eine erschrockene Snow.

„Oh mein Gott, was hast du jetzt wieder getan?“

„Nichts. Sie hat gar nichts getan“, erwiderte Colt. Er kam ihr entgegen und hob den Korb auf. „Snow, keine Bange. Wir wollen nur mit euch reden.“ Dabei stellte er den Korb auf den Esstisch.

„Was an ‚Lasst uns in Ruhe‘ habt ihr nicht verstanden?“, fuhr sie ihn an. „Und du? Wieso bringst du sie ausgerechnet hier her? Bist du dumm?“, herrschte sie ihre Schwester an.

„Sie waren in der Gegend. Und er ist ja nicht da. Sie wollten auch gleich wieder gehen“, versuchte sie sie zu beschwichtigen.

„Das stimmt. Beth kann nichts dafür“, versicherte der Schotte prompt.

„Mich persönlich stachelt "Lasst uns in Ruhe" ziemlich an. Vor allem, wenn es nicht von derjenigen welchen selbst kommt. Fremdbestimmt ist doof“, versetzte der Scharfschütze unbeeindruckt.

„Du bist offensichtlich doof, sonst hättest du auf das gehört, was dir gesagt worden ist. Warum seid ihr noch hier? Ich wette, sogar Beth war klug genug euch zu sagen, dass ihr gehen sollt“, parierte die weißhaarige aufgeregt.

„Weshalb putzt du Beth so runter?“ Saber baute sich vor der Gescholtenen auf. „Sie ist nicht dumm“, verteidigte er sie.

„Weil sie nun mal etwas dummes getan hat“, erklärte Snow streng. „Dafür gibt es keine Entschuldigung. Wenn ihr uns helfen wollt, dann geht und lasst uns in Ruhe. Noch ist Zeit. Noch ist er nicht da.“ Ihre Hand wies zur Tür, forderte sie auf zu gehen.

„Echt, jedes Mal, wenn ihr von ‚Ihm‘“ Er betonte das letzte Wort deutlich. „sprecht, werde ich neugierig, wer das wohl ist. Ich bin eigentlich nur da, um den Typen kennen zu lernen.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und signalisierte deutlich, dass er nicht vorhatte irgendwohin zu gehen.

Die Schwestern seufzten frustriert. Wieso taten die beiden nicht endlich, was sie ihnen sagten? Diese unsinnige Weigerung von Fremdbestimmung war gerade einfach nicht nachvollziehbar. War auch klar, dass es fraglich war ausnahmslos jedem Befehl zu gehorchen, war es hin und wieder doch notwendig einfach genau das zu tun, was einem gesagt worden war. Jetzt war ein solcher Moment. Aber wie sollte sie das den beiden Starrköpfen klar machen? Ohne sie aus der Tür zu treten?

Diese Tür öffnete sich nun knarrend und langsam traten schwere Schritte ein.

„Wie oft müssen euch die beiden jetzt noch sagen, dass ihr gehen sollt? Soll ich euch persönlich zur Tür raus treten?“ Kühl und entschlossen klangen die Worte. Ihr Sprecher war bereit, sie umzusetzen, wenn es sein musste.

„Ach du Scheiße.“ Beth und Snow stöhnten auf. Jetzt war es zu spät.

Saber und Colt richteten sich auf und musterten den Neuankömmling. Ohne Zweifel war es der gleiche Mann, den der Schotte in der Nacht zuvor gesehen hatte. Seine kühle, ruhige Stimme kam ihnen bekannt vor.

Ruhig, nicht so kühl wie beim Eintreten forderte ihr Bruder die Mädchen auf: „Snow. Beth. Lasst uns allein.“

Wortlos huschte Snow an ihm vorbei aus der Tür. Beth folgte ihr, blieb aber einen Moment lang stehen.

„Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich.

„Schon okay.“ Der raue Klang überdeckte den Hauch von Wärme in seinen Worten. „Raus jetzt!“

Sie nickte und folgte ihrer Schwester.

„Wir sind allein, dann könne wir reden“, stellte Saber nüchtern fest.



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