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Glücklich sein

von

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Rettung

„Shit!“, fluchte Alois laut. Er und Soma rannten zu der Stelle, an der sie Ciel zuletzt gesehen hatten. Dieser lag ein paar Meter tiefer auf dem matschigen Boden und regte sich nicht. „Oh nein! Ciel!“, heulte Soma los. Die ersten Tränen stiegen ihm schon in die Augen. „Er atmet noch!“, rief Alois erleichtert. Ganz schwach konnte er aus dieser Entfernung das Heben und Senken von Ciels schmaler Brust ausmachen. „Los Soma, wir müssen Hilfe holen! Es ist viel zu gefährlich, wenn wir da selbst runter steigen!“ „Du hast recht!“, nickte Soma entschlossen. So schnell es bei dem Regen und dem rutschigen Boden ging liefen sie zurück. Nach halber Strecke blieb Soma stehen und sagte: „Ich warte hier, damit wir den Weg zu Ciel auch sicher wieder finden!“ „Ist gut“, nickte Alois und eilte weiter. Zehn Minuten später kam er außer Puste am Zeltplatz an. Der erste, den er sah, war Sebastian. „Mr. Michaelis! Ciel ist-!“, er versuchte tief Luft zu holen. „Was ist mit Ciel?“, forderte der Ältere besorgt zu wissen. „Er ist- er ist einen Hang hinunter gestürzt!“ Erschrocken riss Sebastian seine rotbraunen Augen auf und sein Herz setzte für einen Moment aus. „Bring mich hin!“, forderte er mit ernstem Gesichtsausdruck.

Als sie bei Soma ankamen fiel Alois auf die Knie. Er stützte sich mit den Händen auf dem matschigen Boden ab und rang nach Luft. „Kommen Sie!“, rief Soma und lief schon los. Alois deutete ihnen, ohne ihn weiter zu gehen. Noch nie hatte er sich körperlich so verausgabt. Soma und Sebastian rannten, so gut es auf dem rutschigen Untergrund ging, weiter. Nach einigen Minuten hatten sie endlich die Stelle erreicht. „Hier ist es“, sagte Soma und deutete nach unten. Dort lag Ciel, unverändert und regungslos. „Hör zu, Soma. Du gehst mit Alois zurück zu den anderen und sagst Mr. Sutcliffe Bescheid, er soll im nächsten Krankenhaus anrufen, dass wir einen Schüler bringen. Ob und wie er verletzt ist wissen wir nicht. Ich hole Ciel.“ „Mach ich“, nickte Soma ernst und warf noch einmal einen besorgten Blick nach unten. Dann ging er schnell zurück um Alois einzusammeln und seinen Auftrag auszuführen.
 

Am Camp angekommen fiel Grell aus allen Wolken. Besorgt rief er beim Krankenhaus an und wies Soma und Alois an sich umzuziehen und dann ins Gemeinschaftszelt zu begeben, dort war es wenigstens warm. Er gab beiden Schülern eine Tasse mit heißem Tee, dann hieß es nur noch abwarten. Zum Glück hatten sie für solche Fälle ein Auto hier.
 

In der Zwischenzeit kletterte Sebastian vorsichtig den rutschigen Hang hinunter. Als er nach einigen Minuten bei Ciel angekommen war, kniete er sich besorgt neben ihn. „Ciel? Hörst du mich?“ Es folgte keine Reaktion. Vorsichtig hob Sebastian ihn hoch und auf seine Arme. Er schien bewusstlos zu sein, seine Atmung war schwach, aber ruhig und gleichmäßig. Er drückte den bewusstlosen Jungen eng an sich, in der Hoffnung ihn so zumindest etwas zu wärmen, seine Haut war eiskalt. Nach einem Blick nach oben musste Sebastian feststellen, dass dieser Weg eindeutig keine Option war. Der Hang war viel zu steil, um auch nur alleine da wieder hoch zu klettern. Ein Wunder, dass er es unbeschadet nach unten geschafft hatte. Also folgte er dem matschigen Weg in die Richtung, in der der Zeltplatz lag.

Knapp 20 Minuten später kam Sebastian endlich dort an. Mittlerweile waren alle Schüler wieder versammelt und alle atmeten erleichtert auf, als sie sahen, dass ihr Lehrer den vermissten Schüler gefunden hatte. Grell eilte sofort besorgt zu ihm: „Ich habe im Krankenhaus Bescheid gegeben und das Auto steht bereit. Aber du solltest wenigstens trockene Kleidung anziehen, bevor du fährst.“ Kurz zögerte er, doch dann nickte er. Es war nur sinnvoll, sonst würde er vielleicht noch ernsthaft krank werden. Vorsichtig reichte er Ciel an Grell weiter, damit dieser ihm trockene Kleidung anziehen konnte. Soma hatte schon vorausschauend Sachen von Ciel geholt.

Ein paar Minuten später setzte Grell den trockenen, aber immer noch kalten und bewusstlosen Ciel auf den Beifahrersitz des Autos. Sebastian wickelte ihn in eine dicke Decke, dann stieg er selbst ein und fuhr los. Zum Glück war das nächste Krankenhaus nicht weit entfernt. Die Heizung drehte er auf Anschlag und knapp zehn Minuten später parkte er das Auto in der Nähe des Eingangs zur Notaufnahme. Vorsichtig hob er Ciel aus dem Auto und betrat das große Gebäude. Dort standen schon zwei Schwestern und ein Arzt bereit. „Was ist genau passiert?“, fragte der Arzt sogleich, während sie in ein Behandlungszimmer gingen. „Er ist einen Hang hinuntergestürzt und seit dem bewusstlos. Mehr weiß ich auch nicht.“

Während der Untersuchung musste Sebastian das Zimmer verlassen. Eine junge Schwester kam mit roten Wangen auf ihn zu und bat ihn in ein zweites Behandlungszimmer. Obwohl er sagte, ihm würde es gut gehen, wollte ihn ein weiterer Arzt trotzdem untersuchen, um sicher zu gehen. Danach musste er im Wartezimmer warten. Er bekam noch einen heißen Tee, um sich aufzuwärmen und ein Anmeldeformular, das er ausfüllen sollte. Die Zeit schien unglaublich langsam zu vergehen, doch dann endlich öffnete sich die Tür, hinter der Ciel war, und der Arzt kam heraus. „Es geht ihm soweit gut, er ist auch wieder aufgewacht. Er murmelt ständig ‚Sebastian‘ und reagiert kaum darauf, wenn man ihn anspricht. Aber das wird sich bald gelegt haben. Sie können zu ihm, wenn Sie möchten.“

Sofort stand Sebastian auf und betrat den Raum. Dort lag Ciel in einem viel zu großen Bett, die weiße Bettwäsche ließ ihn noch blasser aussehen, als er sowieso schon war, doch er schaute ihn an. Unglaubliche Erleichterung breitete sich in Sebastian aus. Ohne weiter darüber nachzudenken ließ er sich auf die Kante des Krankenhausbettes sinken und strich ihm ein paar aschblaue Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Oh Ciel, was machst du nur für Sachen?“ „Se-Sebastian?“, flüsterte er mit brüchiger Stimme. „Ich bin da“, lächelte der Angesprochene und drückte die kleine Hand unter der Bettdecke. „Du hast mir wirklich einen gehörigen Schrecken eingejagt.“ „Sebastian …“, flüsterte Ciel und Tränen rannen über seine blassen Wangen. Vorsichtig wischte der Ältere sie weg. „Keine Sorge, ich bleibe bei dir“, lächelte er sanft. „Sebastian“, Ciels Stimme war nicht mehr als ein Hauchen. Er wollte scheinbar etwas sagen, doch kein weiteres Wort verließ seine blassen Lippen. Der Angesprochene runzelte nachdenklich die Stirn, dann fragte er: „Soll ich mich zu dir legen?“ Etwas anderes fiel ihm nicht ein, was Ciel von ihm nun wollen könnte. Er glaubte nicht, dass der Junge ihn nun wegschicken würde. Ein schwaches Nicken war die Antwort. Erstaunt weiteten sich Sebastian rotbraune Augen ein wenig, dann zog er schnell seine Schuhe aus, hob die weiße Decke ein wenig an und schlüpfte darunter. Vorsichtig, als könnte er zerbrechen, zog er Ciel in seine Arme. Dieser gab ein wohliges Geräusch von sich und schloss erschöpft seine blauen Augen. Er war zwar nicht mehr so eiskalt, aber seine Haut war immer noch kühl. Eng drückte er den kleineren Körper an seinen eigenen, um ihn mit seiner Körperwärme zu wärmen. Es dauerte nicht lange, dann war Ciel schon eingeschlafen. Sebastian betrachtete das entspannte Gesicht, die sanften Gesichtszüge und streichelte ihm sachte durch die aschblauen Haare. Er hauchte einen Kuss auf die Stirn und flüsterte so leise, dass er es selbst kaum hörte: „Ich liebe dich.“
 

Am nächsten Morgen wurde Sebastian von einer jungen Schwester geweckt. Diese brachte kichernd das Frühstück. Es dauerte einen Moment, bis er den Grund für dieses Verhalten herausfand. Sanft lächelnd fiel sein rotbrauner Blick auf den kleinen Körper in seinen Armen. „Ciel, es ist Zeit aufzuwachen“, sagte er leise. Es dauerte einen Moment, dann begann dieser sich zu regen. „Mmnn …“ „Das Frühstück ist schon da“, versuchte Sebastian es erneut, doch dieses Mal kuschelte Ciel sich nur noch enger an ihn und gab ein glückliches Geräusch von sich. Tief und geräuschvoll atmete er den Duft des Größeren ein. Dieser hob eine Augenbraue und fragte belustigt: „Was soll das denn werden?“ „… riechst so gut …“, murmelte es an seiner Brust. Scheinbar war Ciel noch nicht ganz wach. „Ich rieche also gut“, stellte Sebastian mit belustigtem Unterton fest. „Mmhmmm …“

„Kein Wunder dass ich mich in dich verliebt habe, wenn du so niedlich bist“, schmunzelte Sebastian und sprach unbewusst und ungewollt seine Gedanken laut aus. Ciel riss seine blauen Augen erschrocken auf und setzte sich ruckartig auf: „Was??!!“ Mit einem Schlag war er hellwach. Der Größere zögerte. Wie sollte er sich da nun rausreden? „Jetzt bist du endlich wach“, sagte er mit einem schwachen, schiefen Lächeln. „Du … du … warum?“, fragte Ciel, ihm fehlten die Worte. Sein Herz schlug so schnell und heftig gegen seinen Brustkorb, dass er sich sicher war, Sebastian würde es hören. Dieser schwieg kurz um sich zu sammeln, dann sagte er: „Warum ich mich in dich verliebt habe, obwohl es verboten ist? Weil du, du bist.“ „Aber ich bin klein und schmächtig, ich sehe aus wie ein Kind! Außerdem bist du doch viel älter als ich! Und“, Sebastian legte seinen Zeigefinger auf Ciels Lippen und brachte ihn damit zum Schweigen. „Ist schon gut. Ich habe das bestimmt nicht geplant, Gefühle machen, was sie wollen. Du musst mir darauf auch jetzt keine Antwort geben. Keine Sorge, ich werde dich nicht anders behandeln als vorher auch.“

Vorsichtig löste Sebastian sich von ihm und stieg aus dem Bett. „Du solltest erst einmal etwas essen“, sagte er und stellt ihm ein Tablett auf die Oberschenkel. Während des Frühstücks herrschte Stille zwischen ihnen. Keiner wusste so recht was er sagen sollte. Sebastian könnte sich ohrfeigen dafür, dass er seine Gedanken laut ausgesprochen hatte. Aber nun war es zu spät und ungeschehen machen konnte er es nicht.
 

Kaum hatten sie aufgegessen kamen Ciels Eltern, um ihn abzuholen. Grell hatte sie am Morgen informiert und erzählt was passiert war. Durch den heftigen Regen in der Nacht wurde das Campingwochenende vorzeitig beendet und die Schüler wurden am Morgen mit dem Bus wieder abgeholt. Soma wollte zwar lieber zu Ciel, um zu sehen wie es diesem ging, doch er musste auch mit nach Hause fahren.

„Ciel mein Schatz, wie geht es dir?“, fragte seine Mutter, kaum dass sie das Zimmer betreten hatte und zog ihn in ihre Arme. „Es geht mir gut, du kannst mich loslassen!“, murrte er mit roten Wangen. Es war ihm peinlich, dass seine Mutter ihn immer noch wie ein kleines Kind behandelte. Sebastian schmunzelte bei dem Anblick. „Mr. Michaelis“, wandte Vincent sich an diesen, „wie ich hörte waren Sie wieder einmal der Retter in der Not. Haben Sie vielen Dank, dass Sie sich um unseren Jungen so gut gekümmert haben.“ Er griff in die Innentasche seines Jacketts um sein Scheckheft herauszuholen, doch Sebastian winkte ab: „Das ist schon in Ordnung.“
 

Da Sebastian Nichts fehlte, durfte er kurz darauf gehen. Ciel hingegen wurde von einem Arzt noch einmal untersucht, und nachdem sein Vater die Formalitäten geklärt hatte, wurde auch er entlassen. Während der Fahrt ließ Ciel seine Gedanken schweifen. Sebastian hatte ihn gerettet, wieder einmal. Und er hatte ihm seine Gefühle gestanden. Wie sollte er nun damit umgehen? Was sollte er davon halten? Ihm schwirrte der Kopf. Der Einzige, der ihm helfen konnte, dem er sich anvertrauen konnte, war sein Bruder Celest. Doch da sein Handy zu Hause lag, sie durften keine technischen Geräte mitnehmen, konnte er ihm nicht gleich schreiben. Müde schloss er seine Augen und wünschte sich die wohlige Wärme und den angenehmen Duft, die ihn in der Nacht umgeben hatten, wieder zurück. Ciel konnte nicht beschreiben nach was es roch, doch Sebastians ganz eigener Geruch vermittelte ihm ein Gefühl von Frieden und Geborgenheit. Und er hatte gesagt er sei in ihn verliebt. In seinem Bauch zog es sich angenehm unangenehm zusammen und ein Schauder rann über seinen Rücken. Was hatte das nun zu bedeuten? Aber es hatte sich nicht schlecht angefühlt. Vielleicht hatte Sebastian ihn nach Alois Party deshalb geküsst? Nicht aus Mitleid, sondern weil er ihn tatsächlich mochte? Sein Herz machte bei diesem Gedanken einen kleinen Hüpfer und ein Glücksgefühl breitete sich in ihm aus. Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen.
 

Als sie endlich zu Hause angekommen waren stürmte Ciel direkt in sein Zimmer um Celest zu schreiben, was passiert war. Es dauerte nicht lange, dann klingelte sein Smartphone auch schon und auf dem Display stand der Name seines Zwillings. „Hallo?“, meldete er sich und versuchte ein Grinsen zu unterdrücken. „Mein Gott Ciel, geht es dir gut?“ Fragte Celest besorgt. „Ja, mir geht es gut, es war nicht so schlimm“, versuchte er ihn zu beruhigen. „Deine Nachricht hat mir einen gehörigen Schrecken eingejagt!“ Ciel lachte leise: „Aber ich habe doch geschrieben, dass es mir gut geht! Viel wichtiger, was sagst du zu dem zweiten Teil?“ Kurz herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Das kam ziemlich unerwartet, oder? Was denkst du darüber?“, fragte Celest. Er wollte Ciels Meinung zu Sebastians Geständnis nicht beeinflussen. „Ich … weiß nicht. Irgendwie macht es mich glücklich“, sagte Ciel leise. Er dachte an die letzten Ferien, als Celest ihn gefragt hatte, ob er Sebastian mögen würde, im romantischen Sinn. Kurz herrschte Stille zwischen ihnen, dann fragte Ciel: „Wie fühlt es sich an jemanden zu lieben?“ Celest zögerte kurz, dann lächelte er, auch wenn es der andere nicht sehen konnte, und sagte: „Wenn man an die Person denkt, dann wird man ganz ruhig. Man fühlt sich in ihrer Nähe wohl und geborgen. Und wenn man verliebt ist bekommt man Herzklopfen und Schmetterlinge im Bauch wenn man nur an den anderen denkt.“ „Danke, Celest! Ich muss darüber nachdenken“, sagte Ciel und verabschiedete sich. Zum Glück war erst Samstag, somit hatte er genug Zeit sich über das Geständnis und seine Gefühle in Ruhe Gedanken zu machen.

Sebastian derzeit fragte sich immer wieder was ihn in diesem Moment überkommen hatte. Wie sollte er sich nun Ciel gegenüber verhalten? Wenn dieser ihn ablehnen würde könnte er diese Gefühle begraben und sie könnten zur Normalität zurückkehren. Doch was, wenn er seine Gefühle erwiderte? Sie waren Lehrer und Schüler, Ciel noch dazu minderjährig, Sebastian würde sich also doppelt strafbar machen. Dieser Gedanke bereitete ihm am meisten Kopfschmerzen. Natürlich würde er sich auch freuen, doch so lange Ciel sein Schüler und nicht mindestens 18 Jahre alt war, konnten sie nicht zusammen sein. Das Schlimmste an der ganzen Situation war wohl die Ungewissheit, die stetig an ihm nagte, sowie die Frage ‚was wäre wenn‘.



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