Zum Inhalt der Seite

Glücklich sein

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Verwirrte Gefühle

Ciel stieg müde aus dem Auto und trottete eher lustlos Richtung Eingang des großen Anwesens seiner Familie. Er hatte die große Tür noch nicht erreicht, da wurde diese schon aufgerissen und jemand stürmte raus und riss ihn von den Füßen. Kurz wurde er durch die Luft gewirbelt, dann wieder abgesetzt und so stark gedrückt, dass er kaum Luft bekam. „Ciel! Oh man ist das lange her! Ich freu mich so dich endlich wieder zu sehen!“, strahlte sein Gegenüber. Unweigerlich schlich sich ein freudiges Grinsen auf seine Lippen und er erwiderte die Umarmung und sog kurz den vertrauten Geruch seines Zwillingsbruders ein. „Celest!“ Sie lösten sich voneinander. Ciel freute sich sehr, seinen, um wenige Minuten älteren, Bruder wieder zu sehen. Dieser ging auf eine teure Privatschule weiter weg und kam nur in den Ferien nach Hause. Als Kinder waren sie unzertrennlich gewesen und glichen sich wie ein Ei dem anderen, doch mittlerweile war Celest fast einen Kopf größer als er. Noch dazu war er nicht so schmächtig wie Ciel und seit fast einem Jahr mit ihrer gemeinsamen Cousine Elizabeth fest zusammen. Die beiden passten seiner Meinung nach wirklich gut zusammen. Auch wenn Lizzys mädchenhaftes Gehabe manchmal wirklich nervend sein konnte, so war sie trotzdem auf dem Weg die perfekte Frau für ihn zu werden. Sie war klug, stark und konnte wirklich gut fechten.

„Lass uns rein gehen, Mittagessen ist gleich fertig!“, sagte Celest, nahm seinen Bruder an der Hand zog ihn mit sich ins Haus. „Wann bist du eigentlich angekommen?“, fragte Ciel. „Gestern Abend, nur um festzustellen, dass du gar nicht da bist“, antwortete Celest und schürzte die Lippen. „Ich war auf einer Party …“ „Hab ich schon gehört, du musst mir später alles erzählen!“, sagte der Größere. Ciel lächelte leicht. Er freute sich, dass sein Zwillingsbruder wieder zu Hause war.

Im Speisesaal warteten schon ihre Eltern auf sie. „Hallo Ciel, schön dass du wieder da bist“, lächelte seine Mutter liebevoll. „Wie war es denn?“, fragte sein Vater. Kurz überlegte Ciel was er sagen sollte, dann antwortete er: „Es waren ziemlich viele Leute da, das Haus war voll. Es war ganz gut.“ Danach wechselte das Gesprächsthema zu Celest und seiner Schule.
 

Nach dem Essen ging Ciel erst einmal duschen. Er fühlte sich schmutzig und nicht wirklich ausgeruht. Während er unter dem warmen Wasser stand schloss er seine Augen, ließ seine Gedanken schweifen und dachte in Ruhe über die Geschehnisse nach. Er hatte zum ersten Mal Alkohol getrunken, war noch dazu total betrunken gewesen. Alois hatte gesagt, Sebastian sei schwul. Er hatte sich von seinem Lehrer abholen lassen und dieser hatte ihn sogar geküsst! Sofort schoss ihm das Blut in die Wangen. Das war so peinlich! Sein betrunkenes Gehirn hatte wissen wollen, ob das stimmte, ob er tatsächlich auf Männer stand. Ciel senkte seinen Kopf und ließ seinen Blick über seinen Körper schweifen. Er stieß ein leises, fast schon frustriertes Seufzen aus. Sonderlich männlich sah er nicht aus. Und das hatte er auch noch zu Sebastian gesagt! Bestimmt hatte er ihn nur aus Mitleid geküsst. Ganz sicher! Doch warum machte sich dann Enttäuschung in ihm breit? Weil er seinen ersten Kuss nicht aus Mitleid hatte bekommen wollen! Und schon gar nicht von seinem Lehrer! Auch wenn dieser Lehrer jung und gutaussehend war. Heftig schüttelte Ciel seinen Kopf. Was war denn auf einmal los mit ihm? Hatte der Kuss irgendwelche Teenagerhormone in ihm geweckt, die nun verrücktspielten? Bisher hatte er gedacht davon verschont zu werden. Ein wenig genervt stellte er das Wasser ab, trat aus der Dusche und trocknete sich ab.

Nachdem er sich frische Kleidung angezogen hatte ging er zurück in sein Zimmer und warf einen Blick auf sein Smartphone. Wie erwartet hatte er keine neue Nachricht. Aber wer sollte ihm auch schreiben? Freunde hatte er keine, Celest war zu Hause und Sebastian war bestimmt froh, dass er nicht da war. In diesem Moment klopfte es an seiner Tür. Ehe Ciel seinen Besucher hereinbitten konnte wurde seine Zimmertür schon geöffnet und Celest kam herein. „Hey Kleiner“, lächelte er. Als Antwort bekam er einen bösen Blick. Er wusste, dass Ciel es hasste, so genannt zu werden. Er konnte schließlich nichts für seine geringe Körpergröße.

Celest schloss die Tür leise hinter sich, dann ließ er sich auf das Bett seines Bruders fallen. „Also erzähl, wie war deine erste richtige Party?“, fragte er neugierig. Ciel ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl sinken. Er wusste, er konnte ihm alles erzählen. Sie waren nicht nur Zwillinge, sondern auch beste Freunde. Also begann er von der Party zu erzählen, wie Soma verschwunden war, wie Alois ihn zum Schnapstrinken animiert hatte. Wie er betrunken Sebastian angerufen hatte und dieser ihn abgeholt hatte. Dann stoppte er mit roten Wangen. Celest hob neugierig beide Augenbrauen: „Und was ist dann passiert?“ Er kannte ihn mehr als gut genug um zu wissen, dass nun etwas wirklich Interessantes kommen würde. „Naja … ich, ähm …“, begann Ciel rumzudrucksen. Wie sollte er das nun sagen? „Du?“, drängte Celest, nun wirklich neugierig. „Ich hab meinen ersten Kuss bekommen“, flüsterte Ciel und senkte peinlich berührt seinen Blick gen Boden. „Was? Wie? Von wem?“ Mit großen Augen schaute Celest seinen Bruder an. Dieser zögerte noch kurz, doch er wusste, dass er früher oder später sowieso mit der Sprache rausrücken müsste. „Von Sebastian …“, war seine leise Antwort. „Sebastian? Etwa dein Lehrer?!“, fragte Celest überrascht. Er nickte. „Und wie kam es dazu?“ Ciel erzählte, dass Alois behauptet hatte Sebastian wäre schwul und sein betrunkenes Ich das wohl testen wollte. Bevor sein Bruder etwas sagen konnte, hob er abwehrend die Hände: „Aber das hatte gar nichts zu bedeuten! Der Kuss war nur aus Mitleid!“ Er konnte die Enttäuschung, die in seiner Stimme mitschwang, nicht unterdrücken. „Was macht dich so sicher, dass es aus Mitleid war?“, fragte Celest. Ciel sprang auf und rief: „Schau mich doch an! Ich bin zu klein und schmächtig noch dazu! Wer sollte so etwas begehrenswert finden? Ich sehe aus wie ein kleiner Junge!“ Bevor sein Bruder noch etwas darauf erwidern konnte war er schon aus seinem Zimmer gestürmt und rannte den Gang entlang, nach unten in das Erdgeschoss und dann aus einem Hintereingang raus in den großen Garten. Dort rannte er weiter zu seinem Lieblingsplatz. Ein Fleck am Rand des Gartens, umgeben von weißen Rosen. An diesem Ort hatten sie sich als Kinder oft versteckt, wenn sie traurig waren oder allein sein wollten.
 

Es dauerte nicht lange bis Celest ihm hinterher kam. Natürlich wusste er wohin sein Bruder gerannt war. „Ciel“, sagte er sanft und setze sich neben ihn. Er legte einen Arm um die schmalen Schultern und zog den Jüngeren näher zu sich. Dieser war offensichtlich mit der ganzen Situation überfordert und kauerte da wie ein Häufchen Elend. So kannte er ihn gar nicht. Nach einer Weile, in der sie einfach nur schweigend nebeneinander saßen, fragte Celest leise: „Kann es sein, dass du ihn magst?“ „Was?!“, erschrocken riss Ciel seine blauen Augen auf. Unmöglich! „Er ist ein Mann! Und noch dazu mein Lehrer!“ „Das stimmt, aber das ist kein Grund. Weißt du, Gefühle interessieren sich nicht für so etwas. Aber vielleicht bist du auch nur von dem Kuss verwirrt, schließlich war es dein erster.“ Celest versuchte ihn zu beruhigen. Ja, vielleicht hatte ihn das nur verwirrt. Morgen würde er vielleicht schon ein wenig darüber lachen können.
 

Sebastian ließ sich mit einem tiefen Seufzen auf seine Couch fallen, nachdem Ciel gegangen war. Wieso nur hatte er ihn geküsst? Aus Mitleid? Aus einer Laune heraus? Er wusste es nicht. Tatsache war, er hatte es getan und Ciel erinnerte sich daran. Er könnte sich ohrfeigen dafür, doch was geschehen war, war geschehen und nicht mehr rückgängig zu machen.

Sebastian beschloss seine Wohnung zu putzen, um sich abzulenken. Da es Samstag war, war sowieso Putztag für ihn. Also raffte er sich lustlos auf und begann erst einmal alles abzustauben. Danach saugte er die Wohnung, putzte die Fenster und wischte feucht durch. Anschließend machte er im Bad weiter. Als dort auch die Fliesen an den Wänden glänzten und er die Badschränke ausgewaschen hatte, ging er in die Küche. Dort machte er mit seinem vorgezogenen Frühjahrsputz weiter und wischte alle Schränke und den Kühlschrank aus. Als auch die Küche aussah wie nie benutzt ließ er sich erschöpft auf das große Sofa fallen. Ein Blick auf die Uhr seines Smartphone verriet ihm, dass er gerade einmal gute fünf Stunden dafür gebraucht hatte.

Lustlos schaltete Sebastian den Fernseher ein und zappte durch die vielen Kanäle. Irgendwann blieb er an einem Film hängen, in dem ein Lehrer mit seiner Schülerin eine verbotene Beziehung führte. Wie ironisch. Genervt schaltete er das Gerät wieder aus. In diesem Moment kündigte sein Handy eine neue Nachricht an. Für einen kurzen Augenblick hatte er gehofft, Ciel hätte ihm geschrieben, aber das war äußerst unwahrscheinlich. Tatsächlich war sie von seinem besten Freund Claude, der fragte, ob er heute Abend Zeit hätte. Schnell tippte er eine Antwort, in der er zusagte. Sie verabredeten, sich in ihrem Stammlokal zu treffen. Sebastian freute sich schon darauf. Er kannte Claude noch von der High School. Dieser war seit zwei Jahren Butler bei der Familie Trancy und hatte daher selten Zeit am Wochenende.
 

Als es endlich Abend war stand Sebastian pünktlich am verabredeten Treffpunkt. Es dauerte keine halbe Minute, da kam Claude um die Ecke gebogen. „Hallo Claude, schön dass du mal wieder ein freies Wochenende hast.“ Der Angesprochene seufzte: „Du sagst es! Ich brauch jetzt erst einmal einen starken Drink.“ Sebastian hob eine überrascht Augenbraue und folgte dem anderen in das Lokal. Dort suchten sie sich einen Tisch in einer Ecke, in der sie sich ungestört unterhalten konnten. Die Einrichtung war weitestgehend aus Holz und leise Musik klang aus mehreren Lautsprechern.

Kaum hatten sie sich gesetzt kam auch schon eine Bedienung und nahm ihre Bestellung auf. Claude bestellte einen doppelten Whiskey und Sebastian eine Cola, da er mit dem Auto da war und später wieder zu seiner Wohnung fahren würde. Als die Bedienung ihre Getränke brachte leerte Claude sein Glas in einem Zug. Sebastian schaute ihn überrascht an und fragte: „War die Woche so schlimm?“ „Du hast ja keine Ahnung!“, stöhnte Claude und richtete seine Brille. „Dieser Trancy Junge treibt mich eines Tages noch in den Wahnsinn!“ „Was hat er denn dieses Mal gemacht?“, fragte Sebastian neugierig. Da Alois einer seiner Schüler war, konnte er sich wirklich gut vorstellen, wie Claudes Arbeitsalltag aussah. Er war nicht nur sein Butler, sondern auch die einzige, erwachsene Bezugsperson für den Jungen. Alois Eltern waren schon früh verstorben und so lebte er bei seinem Onkel. Doch dieser interessierte sich nicht sonderlich für ihn, ließ ihn in seinem Stadthaus wohnen, versorgte ihn mit mehr als genug Geld und schickte ihm ein paar Angestellte, sowie einen persönlichen Butler. Diesen Job hatte Claude inne. Alois hatte einen Butler nach dem anderen vertrieben, keiner hatte es lange bei ihm ausgehalten. Doch Claude hatte Nerven wie Drahtseile und war daher wie geschaffen für diese Aufgabe, auch wenn Alois immer wieder neue Dinge fand mit denen er seinen Butler zur Weißglut treiben konnte.

Claude seufzte tief und genervt. „Seine neuste Idee ist es, mich in sein Bett zu bekommen.“ Sebastian, der gerade einen Schluck seines Getränks genommen hatte, verschluckte sich prompt. „Was?“, hustete er. „Du hast schon richtig gehört. Es hat recht harmlos angefangen. Erst hat er sich immer wieder gegen mich gelehnt und mir schöne Augen gemacht. Als ich darauf aber nicht reagiert habe, hat er mich immer wieder ins Bad gerufen, wenn er gerade in der Wanne saß. Er wollte, dass ich ihm Gesellschaft leiste, doch ich habe immer abgelehnt. Dann hat er begonnen in Unterwäsche durch das Haus zu tanzen und immer wieder ‚Olè‘ zu rufen. Natürlich immer in den Räumen, in denen ich gerade war. Es macht ihm scheinbar Spaß, mich bei der Arbeit zu stören.“ Er machte eine kurze Pause und fuhr sich genervt durch die schwarzen Haare, dann erzählte er weiter: „Als ich auf all das aber nicht so reagiert habe wie er wollte, kam er abends nur mit einem Kimono bekleidet, der nur das Nötigste verdeckte, in mein Zimmer und auf mein Bett gekrabbelt. Ich habe ihn dann zurück in sein eigenes Schlafzimmer getragen. Aber heute hat er endgültig den Vogel abgeschossen! Er weiß genau, wann wir allein im Haus sind und wann ich ihn zum Abendessen hole. Ich habe wie immer angeklopft, er hat mich herein gebeten während er nackt auf seinem Bett liegt und …!“ Claude wollte es gar nicht aussprechen. Er fuhr sich wieder durch die schwarzen Haare, diesmal aber eher verzweifelt. Sebastian sah ihn mitleidig an. „Ich weiß wirklich nicht, wie lange ich dieses Spiel noch mitmachen kann. Ich bin doch auch nur ein Mann!“ „Hast du denn schon mit ihm darüber gesprochen?“, fragte Sebastian besorgt. Claude schnaubte: „Natürlich! Ich habe versucht ihm klar zu machen, dass das nicht geht, schon allein weil er minderjährig ist und ich mich damit strafbar machen würde. Aber das ist ihm, wie zu erwarten war, herzlich egal.“

Claude bestellte noch einen doppelten Whiskey und leerte diesen auch in einem Zug. „Und wie läuft es bei dir?“, fragte er. Ehe Sebastian darüber nachdenken konnte, was er sagen sollte, platzte das, was ihn schon seit dem Vortag beschäftigte, einfach heraus: „Ich habe Ciel geküsst!“ „Du hast was?!“ Claude schaffte es nur gerade so seine Stimme gedämpft zu halten. Musste schließlich nicht jeder mitbekommen. Also erzählte Sebastian ihm wie Ciel ihn in der Nacht angerufen hatte, dass er total betrunken war und ihn gefragt hatte, ob er schwul wäre. Wie es zu dem Kuss kam und dass der Junge sich offensichtlich noch daran erinnern konnte. „Oweia“, sagte Claude. „Ich weiß, dass es falsch war!“, sagte Sebastian ernst. „Aber ich weiß nicht, warum ich es getan habe. Ich hatte nie auch nur das geringste Bedürfnis ihn, oder einen anderen meiner Schüler, zu küssen. Einerseits möchte ich die Sache klarstellen, doch andererseits weiß ich nicht was ich sagen soll. Dass es ein Unfall war? Ein Versehen? Ich will ihn nicht verletzen. Wie soll ich mich denn nun verhalten? Als ob nichts gewesen wäre?“ „Ich weiß es nicht. Aber die Frage, die du zuerst beantworten solltest, ist die, warum du es überhaupt getan hast“, sagte Claude und schaute ihn ernst an. Eine kleine Stimme in Sebastian flüsterte ihm zu, dass er es in diesem Moment gewollt hatte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück