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Glücklich sein

von

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Neues Zuhause

Als Ciel vor der Wohnung seines Lehrers abgesetzt wurde, stand er zögernd vor der Tür. Er würde ab nun also bei seinem Lehrer wohnen. Er atmete noch einmal tief durch, dann drückte er auf den Klingelknopf. Es dauerte nicht lange, bis ihm die Tür geöffnet wurde. „Hallo Ciel, komm rein“, lächelte Sebastian. Bevor der Kleinere den Gruß erwidern konnte, brach er in Lachen aus. Sein Lehrer stand vor ihm, eine Kochschürze umgebunden und einen Kochlöffel in der Hand. Sebastian zog eine seiner feingeschwungenen Augenbrauen nach oben. Wurde er gerade wirklich von seinem Schüler, den er selbstlos aufgenommen hatte, ausgelacht? Unfassbar.

Sebastian trat zur Seite: „Du hast doch bestimmt Hunger, oder? So schnell wie du wieder hier warst wirst du wohl kaum schon zu Mittag gegessen haben.“ Als Antwort grummelte Ciels Magen. Wobei schnell relativ war, schließlich war es eine recht lange Fahrt von der Innenstadt Londons bis raus zu ihrem Anwesen und wieder zurück. Noch dazu hatte es unterwegs zu schneien begonnen. Dicke Flocken fielen vom Himmel und bedeckten langsam die Erde. Sebastian lachte leise und bedeutete Ciel ihm zu folgen. Er führte seinen Gast in sein eigentliches, jetzt ehemaliges, Arbeitszimmer. Dort stand an der linken Wand ein großes Regal, das fast bis zur Decke reichte, voll mit Büchern. Gegenüber, unter dem Fenster, stand ein Schreibtisch, auf dem verschiedene Mappen und ein zugeklappter Laptop lagen. Auf der rechten Seite lag ein Futon mit Decke und Kissen. „Das wird dein Zimmer sein, hier kannst du dich zurück ziehen. Ich habe leider nur einen Gästefuton, aber dein Vater sagte, morgen würde man ein Bett für dich bringen.“ „Ähm, danke …“, sagte Ciel leise. Sein Lehrer machte sich so viel Mühe für einen Schüler? Das war doch nicht normal, oder? Wären sie in einem Kitschroman, wäre Ciel ein Mädchen und sein Lehrer hätte sich in ihn verliebt. Mit der Zeit würde er sich dann auch in ihn verlieben und es gäbe ein Happy End, nach einem kurzen Drama. Innerlich rollte er mit den Augen bei diesen Gedanken.

Ciel schüttelte seinen Kopf. Als ob Sebastian sich in ihn verlieben würde! Schließlich war sein Lehrer groß, gutaussehend und ein Mann! Wieso sollte er sich in einen kleinen, schmächtigen Jungen wie ihn verlieben? Ciel dachte unwillkürlich an seinen älteren Zwillingsbruder Celest. Als Kinder sahen sie absolut identisch aus, doch als sie älter wurden, wurde Celest größer und kräftiger als er. Er durfte auch im Gegensatz zu Ciel schon vor einigen Jahren auf eine richtige Schule. Er war auf einer elitären Privatschule und wohnte dort in einem Wohnheim. Ciel hingegen hatte bisher, aufgrund seiner schwachen Gesundheit, nur Privatunterricht zu Hause gehabt. Oft hatte er seinen Bruder beneidet. Dieser war mit ihrer Cousine Elizabeth verlobt und beide mochten sich sehr. Auch wenn sie manchmal zu aufgedreht und mädchenhaft war in Ciels Augen, wobei sich das mit der Zeit schon etwas gelegt hatte, war sie trotzdem sehr hübsch, außerdem konnte sie eine sehr gute Fechterin. Immer wenn Celest zu Hause war, kam sie zu Besuch. Die beiden so glücklich zu sehen machte Ciel traurig, obwohl er sich ehrlich für seinen Bruder freute. Oft hatte er sich gefragt, ob er auch jemals ein Mädchen finden würde. Seine Eltern hatten keine hohen Erwartungen an ihn, was das Thema betraf, schließlich würde Celest den Titel des Earls erben. Doch da Ciel nun auch zur Schule gehen durfte, hatte er neue Hoffnungen geschöpft, sich auch endlich zu verlieben.
 

Eine Hand, die vor seinen Augen wedelte, riss ihn aus seinen Gedanken. Überrascht blinzelte Ciel und sah sich um. Ein leises Lachen lenkte seine Aufmerksamkeit auf Sebastian. „Hast du endlich den Weg zurück in die Realität gefunden? Das Essen ist fertig, aber auf mein Rufen hast du nicht reagiert.“ Augenblicklich färbten sich Ciels Wangen rot. War er so weggetreten gewesen? Ausgerechnet vor Sebastian! Schweigend folgte er diesem in die Küche. Schon im Flur duftete es herrlich. Ciel spürte, wie sein Magen sich vor Hunger zusammenzog. Der Tisch war schon gedeckt und so setzten sie sich. „Guten Appetit“, lächelte Sebastian. Ciel erwiderte leise und nahm den ersten Bissen. Überrascht weiteten sich seine Augen ein wenig. Das Essen war wirklich köstlich! „Schmeckt es? Als Nachtisch gibt es noch Schokomuffins.“ Als Antwort brachte Ciel nur ein Nicken zustande. Wenn er jeden Tag so etwas Köstliches hier zu essen bekäme, würde er gar nicht mehr nach Hause wollen. Ihr Koch war zwar auch sehr begabt, aber es war nicht so lecker wie das Essen von Sebastian.

Nach dem Essen war Ciel eigentlich schon satt, aber als er einen noch dampfenden Schokomuffin vor die Nase gestellt bekam, konnte er nicht anders. Er liebte Süßes nun mal. Vorsichtig trennte er mit einer Kuchengabel ein Stück des Gebäcks ab und schob es sich in den Mund. Seine Geschmacksnerven führten einen Freudentanz auf. Als er das nächste Stück abtrennte, floss flüssige Schokolade aus dem Inneren. Während er aß bekam Ciel nicht mit, wie er von Sebastian beobachtet wurde. Dieser hatte noch nie gesehen wie jemand mit so viel Genuss aß. Da mochte wohl jemand Süßspeisen. Er musste zugeben, es war ein schönes Gefühl, nicht allein zu essen.

Nach dem Nachtisch half Ciel sogar beim Abwasch. Etwas, das er noch nie gemacht hatte. Zu Hause gab es schließlich Bedienstete, die dafür bezahlt wurden. Sebastian beobachtete Ciel amüsiert, wie dieser umständlich die Teller abtrocknete. Da sie nicht so recht wussten über was sie sich unterhalten sollten, schwiegen sie. Ciel wusste nicht wie er sich verhalten sollte. Schließlich war er hier zu Gast, aber Sebastian hatte gesagt, er solle sich wie zu Hause fühlen. Ciel war, außer bei seinen Tanten, nie bei jemandem alleine und über Nacht zu Besuch gewesen. Außerdem wusste er nicht, wie er Sebastian ansprechen sollte, schließlich war dieser auch immer noch sein Lehrer. Unsicher kaute Ciel auf seiner Unterlippe.
 

Sebastian, dem seine Unsicherheit auffiel, lächelte: „Kannst du Schach?“ Der Angesprochene schaute ihn überrascht an, dann nickte er mit einem kleinen Lächeln. Nachdem die Küche wieder aufgeräumt war saßen sie sich im Wohnzimmer gegenüber, zwischen ihnen ein aufgebautes Schachspiel. Die Zeit verging wie im Flug. Ciel freute sich, einen würdigen Gegner zu haben und Sebastian war erstaunt, wie gut er war. „Woher kannst du so gut Schach?“, fragte der Ältere, nachdem er die erste Partie tatsächlich verloren hatte. Ein kleines, arrogantes Lächeln lag auf Ciels Lippen. „Mein Vater hat es mir beigebracht. Du, äh Sie sind aber auch nicht schlecht.“ Sebastian lachte leise: „Du kannst mich privat gerne duzen und Sebastian nennen.“ Ciels Wangen färbten sich rosa. Irgendwie hatte er sich während des Spiels so entspannt, dass er vergessen hatte, wer ihm gegenüber saß. Sebastian stellte die Figuren wieder auf und sagte: „Bereit für meine Revanche? Dieses Mal werde ich es dir nicht so leicht machen.“

Die zweite Runde gewann Sebastian, obwohl Ciel es ihm nicht leicht gemacht hatte. Da es schon nach 19 Uhr war, beschloss er, dass es Zeit für das Abendessen war. Während dem Essen kam langsam eine Unterhaltung zwischen ihnen auf und Ciel fühlte sich immer wohler und wurde dadurch auch offener. Nach dem Essen ließ Sebastian ihn zuerst ins Bad. Ciel ging danach in sein Zimmer, er wollte sich noch auf den nächsten Tag vorbereiten, schließlich musste er dann wieder Schule.
 

Der nächste Morgen kam für Ciels Geschmack viel zu früh. Die halbe Nacht hatte er wach gelegen und sich von einer Seite auf die andere gedreht. Seine Gedanken wollten einfach nicht zur Ruhe kommen. Als er aufwachte und sich im Zimmer umschaute, brauchte er einen Moment, um sich wieder daran zu erinnern, wo er war und warum er dort war. Seufzend schlug er die Decke zurück, kroch aus dem noch warmen Bett und tauschte seinen Pyjama gegen seine Schuluniform.

Gähnend schlurfte Ciel ins Badezimmer. Nach seiner Morgentoilette spritzte er sich kaltes Wasser ins Gesicht, um die Müdigkeit zu verscheuchen. Viel brachte es allerdings nicht. Ihm blickten immer noch müde, blaue Augen, mit dunklen Rändern darunter, entgegen. Sein Gesicht war auch ungewöhnlich blass. Seufzend kämmte er seine Haare und verließ das Badezimmer. Im Flur roch es nach frischem Tee und warmen Brötchen.

„Guten Morgen Ciel, möchtest du Tee?“ „Morgen. Ja bitte.“ Die Frage, ob er gut geschlafen hatte, konnte sich Sebastian nach einem Blick in Ciels Gesicht selbst beantworten. Dieser setzte sich an den Tisch und unterdrückte ein Gähnen. „Soll ich dich mit zur Schule nehmen?“, fragte Sebastian mit seinem nichtssagenden Lächeln und stellte Ciel eine Tasse mit dampfendem Tee hin. „Danke. Nein, das ist nicht nötig. Ich werde den Bus nehmen. Nicht, dass unnötige Gerüchte den Umlauf machen.“ Sebastian nickte verstehend. Auch wenn ihm solche Gerüchte egal wären, Ciel könnte darunter leiden.

„Dann musst du jetzt aber los, sonst wirst du nicht mehr rechtzeitig an der Haltestelle sein“, sagte Sebastian mit Blick auf die Uhr, die über der Küchentür hing. Ciel folgte seinem Blick, riss entsetzt seine Augen auf, sprang auf und eilte in sein Zimmer, um seine Schultasche zu holen. Dann rannte er in den Flur und zog sich seine Schuhe an. Währenddessen wurde er belustigt von Sebastian beobachtet, der am Türrahmen lehnte. Bevor Ciel jedoch aus der Tür stürzen konnte drückte sein Lehrer ihm noch ein geschmiertes Brötchen in die Hand. Aufs Ciels verwirrten Blick entgegnete er lächelnd: „Damit du später nicht hungrig im Unterricht sitzt.“ „Danke“, murmelte Ciel, nahm das Brötchen und seine Schultasche, riss die Wohnungstür auf und rannte nach draußen. Sebastian wandte sich schmunzelnd ab und räumte noch schnell die Küche auf, dann nahm er auch seine Tasche und verließ seine Wohnung. Mit dem Auto brauchte er nur rund 10 Minuten bis zur Schule, der Bus brauchte dagegen fast 20 Minuten, da er an vielen Haltestellen hielt, um Schüler mitzunehmen.
 

In der Schule angekommen hörte Ciel seinen Namen. Kurz darauf wurde er von hinten umarmt. Erschrocken zuckte er zusammen und drehte seinen Kopf so weit nach hinten wie möglich. „Hallo Soma“, sagte er ein wenig genervt. Dieser löste sich von ihm und lief stattdessen nun neben ihm. „Geht es dir gut, Ciel? Ich habe gehört was passiert ist und mir große Sorgen um dich gemacht!“ „Mir geht es gut, Soma.“ „Musst du jetzt jeden Tag von eurem Anwesen zur Schule fahren und wieder zurück?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Nein, ich wohne, äh, bei, ehm, einem Freund der Familie“, antwortete Ciel. Er hoffte, der andere würde nicht weiter nachfragen, schließlich konnte er schlecht sagen, dass er bei Sebastian wohnte. „Da bin ich aber froh!“ Während sie das Schulgebäude betraten plapperte Soma fröhlich weiter und Ciel hörte ihm nicht wirklich zu. Was interessierte es ihn, was der Inder am Wochenende gemacht hatte? Müde ließ er sich auf seinen Platz fallen und wartete darauf, dass der Unterricht anfing. Als erstes hatten sie Mathe bei Mr. Spears. Auch wenn Ciel in Mathe ganz gut war, allein der Gedanke daran, die Woche damit zu beginnen, weckte in ihm den Wunsch sich zu übergeben. Mr. Spears war viel zu streng und sein Unterricht viel zu trocken. Mathe bei seinem Privatlehrer Ash war auch immer recht langweilig gewesen, doch Mr. Spears hob das Ganze auf ein neues Level.
 

Während er so darüber nachdachte, fielen ihm langsam die Augen zu. Jedoch wurde ihm der Schlaf nicht vergönnt, denn kurz darauf ertönte die strenge Stimme von Mr. Spears, die ihnen einen schönen guten Morgen wünschte. An diesem Morgen gab es weder etwas Schönes, noch etwas Gutes bisher, dachte Ciel.

Als er die zwei Stunden endlich überstanden hatte, seufzte er erleichtert. Danach hatte er Englisch bei Sebastian, das war wenigstens recht angenehm. Zu seiner großen Freude fiel der Sportunterricht am Nachmittag aus. Der Tag wurde also doch noch besser. Nach dem Unterricht rief Sebastian ihn jedoch noch einmal zu sich. Was wollte er denn jetzt? Sie würden sich später doch sowieso in seiner Wohnung wieder sehen. Nachdem alle Schüler den Raum verlassen hatten drückte Sebastian Ciel einen Schlüssel in die Hand. „Das ist mein Hausschlüssel, damit du später nicht auf mich warten musst.“ Ciel schaute seinen Lehrer erstaunt an. Er vertraute ihm einfach so seine Wohnung an? Nicht, dass er etwas anstellen oder dort herumschnüffeln würde. „Okay, uhm danke.“ Allerdings bemerkten sie nicht, dass Alois an der Tür stand und sie beobachtete. Es hatte ihn interessiert, was der Lehrer noch von dem Neuen wollte. Mit einem kleinen, boshaften Grinsen wendete er sich ab und ging zum nächsten Klassenraum. Das war wirklich interessant.
 

Unschlüssig stand Ciel mit dem Schlüssel in der Hand vor Sebastians Wohnungstür. War es wirklich in Ordnung für ihn, einfach in die Wohnung zu gehen? Er hatte zwar den Schlüssel bekommen, aber es fühlte sich seltsam an. Nicht falsch, aber auch nicht richtig. Leise seufzend steckte Ciel dann doch den Schlüssel ins Schloss, öffnete die Tür und betrat die Wohnung. Nachdem er seine Schuhe und seine Jacke ausgezogen und seine Schultasche in sein Zimmer gestellt hatte, stand Ciel ein wenig unschlüssig im Flur. Was sollte er nun tun? Theoretisch hatte er Narrenfreiheit, so lange Sebastian nicht da war. Andererseits traute er sich kaum etwas anzufassen, um nicht in die Privatsphäre seines Lehrers zu dringen.
 

Da Ciel Hunger hatte, ging er in die Küche. Sollte er sich jetzt einfach etwas nehmen? Sebastian würde später bestimmt noch kochen, aber so lange warten wollte er auch nicht. Er hatte bestimmt auch Hunger, wenn er nach Hause kam nach einem langen Tag. Also beschloss Ciel selbst etwas zu kochen, so schwer konnte das schließlich nicht sein! Er nahm sein Smartphone zur Hand und suchte ein leckeres Rezept im Internet, das nicht allzu schwer war.

Ciel entschied sich für einen Pie, das Rezept klang doch recht einfach. Zuerst inspizierte er den Kühlschrank, ob alles da war, was er brauchte. Nachdem er alle Zutaten auf der Arbeitsplatte platziert hatte, öffnete er verschieden Schränke, bis er die Pfannen und Töpfe gefunden hatte. Er nahm eine Pfanne, stellte sie auf den Herd, goss ein wenig Öl hinein, und legte das Hackfleisch darüber. Dann schaltete er die Herdplatte ein. Im Rezept stand krümeligbraun anbraten, also ließ er die Pfanne erst einmal stehen und wandte sich dem nächsten Punkt zu. Das Hackfleisch würde schon krümelig werden.

Ciel widmete sich den Kartoffeln, da das Hackfleisch erst noch braten musste. Also nahm er einen Topf, füllte ihn mit Wasser und stellte ihn auf die zweite Herdplatte und schaltete auch diese ein. Dann suchte er nach einem Messer um die Kartoffeln zu schälen. Da er nicht wusste, wie viele Kartoffeln er brauchte, schälte er einfach drauf los. Irgendwann begann es seltsam zu riechen und Ciel musste erschrocken feststellen, dass das Hackfleisch in der Pfanne klebte. Was sollte er nun tun? Ciel nahm einen Löffel aus der Besteckschublade und versuchte das Fleisch von der Pfanne zu lösen. Währenddessen hatte das Wasser für die Kartoffeln zu kochen begonnen und sprudelte schon über. Es begann schon seltsam zu riechen, also nahm Ciel die Pfanne vom Herd und schaltete die Platte aus. In diesem Moment hörte er wie die Haustür ins Schloss fiel. „Ciel? Bist du da?“
 

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Da wird Sebastian sich bestimmt freuen, wenn er die Küche betritt.



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