Zum Inhalt der Seite

Kontrolle

Urban Fantasy Thriller
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
CN für dieses Kapitel:
Folter, Gewalt, Andeutung Vergewaltigung Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Gefangen

Pakhet wachte in einem seltsamen Zwielicht auf. Nein, falsch. Es war nicht dämmrig, jemand hatte ihr nur dunklen Stoff – wahrscheinlich einen Sack – über den Kopf gezogen. Das hieß, sie war gefangen.

Mühsam kämpfte sie den ersten Anflug der Panik hinab. Sie war schon einmal gefangen genommen worden, nein, zwei Mal sogar, und war mehr oder minder heil rausgekommen. Ihr Job war schief gegangen, aber es gab noch mindestens einen Ausweg. Es musste einen Ausweg geben.

Doch wenn sie den Job nicht zu Ende brachte, hätte sie es sich vielleicht endgültig mit Michael verscherzt. Etwas, dass sie sich nicht erlauben konnte.

Sie bevorzugte die Triaden gegenüber dem US Militär. Zumindest würde man sie hier nicht auf ewig einsperren, in einem Loch verschwinden lassen. Das schlimmste, was passierte, war, dass man sie tötete. Folterte und dann tötete.

Ihr Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken.

Jemand hatte ihr den Mantel abgenommen, doch dem Gefühl nach trug sie zumindest noch ihr Kleid. Allerdings war auch die Perücke verschwunden. Zu ihrer Überraschung hatte man ihr jedoch die Prothese gelassen. Vielleicht nur, um so ihr Handgelenk einfacher auf der Rückseite des Stuhls zu befestigen. Ja. Sie war an einen Stuhl gefesselt. Handschellen für die Handgelenke, Seil für die Beine. Wahrscheinlich kam das Licht von einer Lampe.

Theoretisch wusste sie, wie diese Dinge abliefen. Sie würde rauskommen.

Vorsichtig lauschte sie. Da war Geraschel. Ein geflüstertes Gespräch von drei oder vier Personen. Zwei oder drei Männer, eine Frau. Sie sprachen Mandarin, so dass sie nichts verstand. Jemand lachte.

Verdammt.

Sie musste hier herauskommen.

Handschellen. Vielleicht konnte sie sich daraus befreien.

Vorsichtig darum bemüht keine Geräusche zu machen bewegte sie die rechte Hand. Ein wenig Energie ließ sie in die Gelenke fließen im Versuch sie flexibler zu machen. Doch es war mit einer Hand schwerer, als mit zwei. Die Hand der Prothese war nicht beweglich. Sie konnte weder der rechten assistieren, noch konnte sie die Prothese selbst den Fesseln entwinden. Mist. Würde sie es schaffen die Prothese von der Schulter zu lösen, könnte sie sie zumindest als Waffe verwenden. Es wäre nicht optimal, doch sie könnte sich aus der Situation befreien.

Nein. Selbst wenn es funktionierte, könnte sie nicht schnell genug die Fesseln an ihren Beinen lösen, solang ihre eine nutzbare Hand von der Prothese verlangsamt wurde.

Die Arschlöcher waren gewitzt. Sie mussten gewusst haben, dass sie sich so leichter befreien konnte. Verflucht.

Was konnte sie machen?

Sie musste irgendwie die Kontrolle über die Situation erlangen. Waren die Typen wohl bestechlich? Immerhin: Sie war nur Söldnerin. Sie hatte keine persönlichen Probleme mit einem von ihnen. Sie hatte nur ihren Job gemacht. Vielleicht konnte man dem ganzen mit etwas Geld oder dem Angebot für Arbeit entkommen.

Ja. Das war wahrscheinlich ihre beste Chance.

Sie musste sich fangen. Sie durfte keine Angst zeigen, keine Schwäche. Zwei Mal, drei Mal atmete sie durch, dann erhob sie die Stimme: „Hey!“

Das Gespräch wurde unterbrochen. Gut. Sie hatte sie auf dem falschen Fuß erwischt. Sie würde keine brave Gefangene sein.

Sie würde für einige Sekunden warten. Vier. Fünf. Sechs. Sieben. Acht. Zehn. Noch immer sagte niemand etwas. Also waren sie unsicher? Vielleicht konnte sie das ausnutzen. „Ich weiß, dass ihr da seid!“

Jetzt wurden Worte auf Mandarin getauscht. Gut. Sie besprachen, was sie mit ihr tun sollten. Sie konnte sie weiter drängen.

„Hat euer Boss gesagt, ihr sollt auf ihn warten oder was?“

Schritte erklangen. Eine Tür wurde geöffnet und geschlossen. Für einen Moment war ferne Musik zu hören.

Sie atmete tief durch. Sie durfte sich nichts anmerken lassen. Irgendwann würde jemand den Sack von ihrem Kopf reißen. Wozu war der überhaupt da? Normal war das etwas, das man tat, damit Gefangene einen Weg nicht sahen. Aber sie war ohnmächtig gewesen. Es sei denn sie hatten dem nicht getraut.

Noch einmal bewegte sie vorsichtig die rechte Hand, doch aus der Handschelle gab es kein Entkommen.

„Worauf wartet ihr?“, fragte sie in den Raum hinein.

Jemand antwortete auf Mandarin. Die Stimme war erhoben, die Worte deutlich an sie gerichtet. Natürlich verstand sie nichts. Allerdings klang der Tonfall abwertend.

„Oh, Bitte, ich wisst, dass ich euch nicht verstehe. Zu feige mich richtig zu beleidigen?“

Ein wütender Laut. Dann: „Ich habe gesagt, du sollst die Klappe halten, Hure.“

„Das ist eine furchtbar kreative Beleidigung“, erwiderte sie. „Mal ehrlich. Was habt ihr mit mir vor?“

Doch keine Antwort erklang.

Sie verkniff sich ein Seufzen. Es hätte zu angespannt geklungen. Also sollte sie wirklich warten? Das war nicht gut. Sie brauchte Kontrolle. Also musste sie ihn weiter reizen. Es war zumindest ein Typ.

„Ach komm, machst du dir in die Hosen wegen deinem Boss oder mir?“, meinte sie.

Stille.

„Ich beiße, das kann ich garantieren“, knurrte sie.

Zu ihrer Überraschung antwortete die Stimme einer Frau, selbst wenn der Dialekt sehr dick war. „Wenn du beißt, verpassen wir dir einen Maulkorb.“

„Kinky“, antwortete Pakhet.

Schritte näherten sich. Schritte von Füßen in hochhackigen Schuhen. Jemand war nahe. Die Nähe war spürbar. „Ich weiß, was du machst, Gweimui“, meinte die Frau. „Du versuchst die Kontrolle zu behalten, hmm?“

Durchschaut.

„Ich kann dir garantieren, dass es nicht funktioniert, Gweimui.“

Pakhet hatte keine Ahnung, was Gweimui heißen sollte, aber es klang wie eine Beleidigung. Die Frau musste eine dieser Sicherheitsdamen oder irgendwer, der tatsächlich mit den Triaden arbeitete, sein. Sie war jedenfalls mehr als einfach nur eine Gespielin. Ihre Art passte nicht dazu.

„Ich bin nur der Meinung, dass wir darüber reden können“, erwiderte Pakhet. „Denn sicher gibt es hier eine Lösung für die Situation.“

„Natürlich gibt es die. Sie endet mit deinem Tod.“

„Wenn ihr mich töten wolltet: Warum bin ich noch nicht tot?“

„Weil der Heung Chu es dir nicht so leicht machen wird, Gweimui“, zischte die Frau. Dann traf etwas Hartes, Schweres Pakhets Schienbein, ließ sie aufkeuchen.

Ja, das war Antwort genug. Leider die Antwort die sie gefürchtet hatte. Sie wollten sie foltern. Wie konnte sie entkommen?

Sie presste die Augen zusammen, versuchte den Schmerz aus ihrem Geist zu verdrängen. Zumindest vorerst war nichts gebrochen. Doch wenn sie sie wirklich foltern wollten, würde dieser Zustand nicht zulange anhalten.

„Verstehst du mich, Gweimui?“, zischte die Frau.

Pakhet antwortete nicht. Was konnte die antworten. Sie war zu stolz, um „ja“ zu erwidern. Wie lange würde es dauern, bis ihr Stolz brach?

Wieder wurde die Tür geöffnet.

„Meili“, raunzte eine vage bekannte Stimme. Die folgenden Worte waren Mandarin.

Pakhet atmete bewusst. War das Li? Es musste Li sein. Die Frau hatte was von „Heung Chu“ gesagt. War das nicht eine Position bei den Triaden? Genau wusste sie es nicht. Wieso hatte sie nicht alle Informationen gehabt?

Laut Michael war Li ein Gangboss. Ein Gangboss, der irgendwas mit Drogen und Waffenhandel machte. Hohe Position? Nicht niedrig, doch auch kein Chef. Etwas ließ sie daran zweifeln – vielleicht auch, dass er eindeutig Magier war.

Noch immer wurden Worte in Mandarin gewechselt. Dann schon jemand einen Stuhl über den Boden. Zu ihr. Natürlich. Machtspiele. Als hätte sie davon noch nicht genug gehabt.

„Ich höre, Sie sind wach, Ms Kirby“, meinte die Männerstimme wieder.

„Wach und schwer enttäuscht von Ihrer Gastfreundlichkeit.“

„Sie wollen unbedingt die Starke spielen?“, fragte er.

Es war nicht sonderlich schwer zu erraten. Doch was blieb ihr für eine Wahl? Betteln würde wenig bringen – und sie war noch immer zu stolz dafür. „Nein, was ich unbedingt will, ist, dass Sie mich losbinden.“

„Das kann ich mir vorstellen“, erwiderte er ruhig. „Da gibt es allerdings das kleine Problem, dass sie versucht haben mich zu töten. Mit einer Überdosis Heroin, wenn ich nicht irre. Das ist … außergewöhnlich.“

„Ich gebe zu, das ist ein Problem“, murmelte sie.

Er atmete aus. Selbst durch den Stoff über ihrem Kopf konnte sie den Zigarettenrauch riechen. Mit einer Hand schob er den unteren Bund ihres Kleides hoch. „Deswegen würde ich vorschlagen, wir schauen, was Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen haben und beschließen dann, was wir mit Ihnen machen.“

Sie biss die Zähne zusammen, wohl ahnend, was er als nächstes tun würde. So machte sie keinen Laut, als er die Zigarette auf der Innenseite ihres Oberschenkels ausdrückte.

„Ich sehe schon, Sie sind … Wie sagt man auf Englisch?“ Er überlegte kurz. „Dickköpfig.“

Pakhet atmete tief durch. Sie durfte nicht der Angst nachgeben. So biss sie sich auf die Unterlippe. „Wir können das Ganze abkürzen“, sagte sie bemüht den Schmerz nicht durch ihre Stimme klingen zu lassen. „Ich bin eine Söldnerin aus Südafrika. Jemand war bereit mit 2500 Dollar plus Umkosten zu zahlen, damit ich Sie mit einer Überdosis Heroin umbringe. Ich arbeite in einem professionellen Umfeld, was bedeutet, dass ich nichts über meinen Auftraggeber weiß. Von allem was ich weiß, könnte er irgendwo hier im Raum sein.“

Ein schweres Seufzen erklang. „Das ist aber langweilig, finden Sie nicht? Zumal ich Ihnen noch keine Fragen gestellt habe.“ Er stand auf. Ein Klacken verriet, dass etwas von einem Tisch oder dergleichen genommen wurde. „Und jetzt sind Sie erst einmal besser still.“

Für einige Momente geschah nichts, selbst wenn es nur eine Taktik war, um ihr eine Reaktion zu entlocken. Dann aber wurde etwas gegen ihren Schenkel gedrückt. Ein ratterndes Geräusch erklang und einen Moment später durchzuckte der Schmerz Pakhets Körper.

Elektroschocker. Taser. Der Schmerz brannte sich in ihr Bein, zuckte dann durch ihren Körper. Wie wütende Insekten rauschte der Schmerz mit tausenden Stichen ihren Körper hinauf, wollte ihr die Sinne rauben. Vollkommen unwillkürlich begann sie zu zittern. Ein Keuchen kam über ihre Lippen, doch kein Schrei.

Endlich – es fühlte sich wie eine Ewigkeit an – nahm er den Taser weg.

Noch immer zitterte Pakhet. Zu viel Speichel hatte sich in ihrem Mund gebildet, zwang sie trotz des Stoffs davor auszuspucken. Sie atmete tief durch. Scheiße. Sie wollte das hier nicht.

„Dickköpfig, wirklich …“, murmelte Li.

Ein Klacken. Dann traf der Taser erneut ihr Knie. Dasselbe noch einmal. Schmerzen. Zittern. Brennen. Wütende Insekten. Ein Keuchen. Schwerer Atmen. Sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, selbst als er den Taser entfernte.

Was konnte sie nur tun?

Nichts, außer zu versuchen einen Fehler zu provozieren. „Und was ist der Sinn dahinter?“, flüsterte sie.

„Wohinter?“

„Mich zu foltern.“

„Ein Exempel zu statuieren“, erwiderte Li. „Sie können es vielleicht nicht sehen, aber Sie werden gefilmt. Nur für den Fall, dass noch jemand auf solche Ideen kommt.“

„Gilt es bei Ihnen nicht als unprofessionell?“ Eigentlich riet sie nur. Aber es war eine Möglichkeit. „Ich dachte Tote sind okay, aber …“

„Leute wie Sie lassen sich nicht vom Tod abschrecken, oder?“ Ein metallener Klang verriet, dass er den Taser zurücklegte. „Schmerz dagegen …“ Er stand auf. Stoff rutschte. Zog er sein Jacket aus? Dann wurde wieder etwas bewegt. Er kam zu ihr. „Oder fürchten Sie sich davor, wenn ich Ihre Kehle durchschneiden würden?“ Etwas Kühles drückte gegen ihren Hals. Fraglos ein Messer.

„Sie wissen, dass ich Ihnen diese Genugtuung nicht geben werde.“

„Ja, so viel habe ich bereits mitbekommen“, erwiderte er. „Sie haben Training. Militärische Ausbildung? Anti-Terror vielleicht?“

Erstaunlich nahe dran. Natürlich schwieg sie. Das schlimmste, was ihr passieren konnte, war, dass jemand herausfand, wer sie eigentlich war.

Das Messer wanderte tiefer, wanderte zu ihrer linken Schulter. Würde er sie stechen? Stechen oder Schneiden wahrscheinlich. Oberflächlich. Immerhin wollte er nicht riskieren, dass sie starb, so viel hatte er klar gemacht. „Wir werden schon etwas finden, wovor Sie Angst haben“, meinte er schließlich und trennte den linken Träger des Kleides durch. Als sie nichts erwiderte fuhr er mit dem zweiten Träger fort.

Ihre Position sorgte dafür, dass das Kleid nicht rutschte, doch er schob es mit dem Messer hinab. Es war kein Zufall, dass die Spitze des Messer dabei immer wieder unter ihre Haut drang.

Sie aber presste sie Lippen aufeinander. Es war alles Taktik. Scham würde sie angreifbarer machen. Doch es machte praktisch keinen Unterschied. Das Kleid hatte ihr ohnehin nie Schutz geboten.

Einer der anderen Männer, die wohl noch immer im Raum waren, sagte etwas auf Mandarin. Ein anderer lachte abfällig. Wahrscheinlich eine Anmerkung über ihr Aussehen. Vielleicht über die mangelnde Größe ihrer Brüste oder darüber, dass sie zu viel Muskulatur hatte.

Weiter konzentrierte sie sich auf ihre Atmung. Nur nicht nachgeben.

„Wissen Sie“, meinte Li, „es wäre leicht Sie zu töten.“ Die Spitze des Messers stach unterhalb ihrer Brust in ihr Fleisch.

Pakhet machte einen verächtlichen Laut. „Und deswegen werden Sie es nicht tun?“

„Jedenfalls nicht auf die einfache Art“, erwiderte er und zog das Messer weg.

Das war wirklich keine gute Entwicklung. Und es gab wenig, was sie tun könnte. Verflucht, wenn sie nur irgendwie aus den verdammten Fesseln rauskäme. Vielleicht, wenn sie versuchte die Handschellen über die weichere Außenschale der Prothese zu ziehen … Eine neue Prothese kaufen wäre es wert!

Für einen Moment war Li ruhig. Er sagte nichts, tat nichts. Dann traf seine Faust ihren Kopf. Sie hätte es wissen müssen.

Wieder verkniff sie sich einen Laut. Sie schloss die Augen, konzentrierte sich auf die Handschelle. Mit der Rechten griff sie nach dem Ring, der um die Prothese lag, bewegte ihn ein Stück, ehe der nächste Schlag sie traf.

Ihr Kopf dröhnte. Eine Gehirnerschütterung würde alles noch schlimmer machen.

Sie musste sich fangen. Sie musste gefasst bleiben. Bis sie hier draußen war. Nur bis dann. Um Verletzungen konnte sie sich später kümmern.

Ein weiterer Schlag, ein weiteres Stück. Sie sollte sich in Zukunft angewöhnen einen Ersatzschlüssel unter der Haut der Prothese zu tragen. Ob sie damit durchkäme? Es wäre einen Versuch wert. Wäre die Hand der Prothese nur beweglicher …

Noch ein Schlag, dieses Mal auf ihren Magen. Sie kam nicht umher zu keuchen, als der Alkohol von zuvor drohte, ihr wieder hochzukommen.

Nein. Nein. Irgendwie würde sie hier herauskommen. Sie war noch immer in Kontrolle der Situation. Sie hatte die Kontrolle.

Mit der rechten drückte sie gegen den Daumen der Prothese. Ihn zu Brechen würde ihr keine Schmerzen bereiten, also wartete sie den nächsten Schlag ab, sammelte ihre Kraft und drückte zu. Ein leises Knacken erklang, nicht gänzlich zur selben Zeit, wie der Schlag, doch Li hatte es offenbar nicht bemerkt.

Ja, die Handschelle ließ sich weiter bewegen. Gut.

Der nächste Schlag traf sie in die Seite, doch sie schaffte es, die Handschelle zu lösen. Sie schärfte ihre Sinne, wartete den nächsten Schlag ab, um sich kurz vorher mit einem Ruck nach hinten zu werfen. Unsanft landete sie samt Stuhl auf dem Boden, streckte sofort die Beine aus, um die Fesseln dort zu lösen.

Mit der nun freien Hand riss sie sich den Sack vom Kopf, wollte aufstehen, wurde jedoch von den Fesseln ihres rechten Beines gestoppt, die noch immer am Stuhlbein festhingen..

Sie rollte zur Seite, versuchte sich zu befreien, als Li fluchte und sich auf sie warf. Was auch immer er sagte, war Mandarin. Er versuchte ihren rechten Arm zu fassen.

Pakhet entging seinem Griff, versuchte ihn ihrerseits in die Rippen zu treffen, während sie noch immer mit dem Stuhl kämpfte. Doch auch er hatte Training, rutschte ein Stück nach hinten. Derweil hasteten die Frau und ein anderer Mann zu ihnen hinüber.

Gerade hatte Pakhet ihr rechtes Bein befreit, als jemand danach griff, es versuchte zu halten. Die Frau. Verdammt.

Pakhet trat mit dem linken Bein aus, traf die Frau gegen die Schulter. Schon wollte sie aufspringen, als Li sie von hinten griff und ihre Schultern umklammerte.

Der andere Mann warf sich nun auf beide Beine.

Egal. Sie hatte magische Kräfte. Magische Kräfte, die zu wenig gut waren, ihr jedoch mehr Stärke gaben. Sie sammelte ihre Energie, legte sie in die Beine, zog diese erneut an, als ein seltsames Gefühl der Taubheit durch ihren Körper ging.

Li. Verdammt. Was auch immer seine magische Begabung war, so hatte sie offenbar damit zu tun. Damit anderen die Kraft zu rauben. Und jetzt?

Sie versuchte dagegen anzukämpfen, ihre Energie in die Beine zu leiten, sich zu befreien, doch sie war wie gelähmt. Schon rechnete sie mit der Ohnmacht, die dieses Mal jedoch ausblieb.

Li atmete schwer, obwohl es nur ein kurzer Kampf gewesen war. „Glaubtest du wirklich, dass es so leicht ist?“

Eigentlich schon. Meistens war es so leicht. Die wenigsten waren auf ihre Kräfte vorbereitet.

Ihr Blick wanderte durch den Raum. Es musste irgendetwas geben, was ihr helfen konnte. Doch viel war hier nicht. Der Stuhl, ein Tisch mit zwei weiteren Stühlen, ein Haken in der Decke, ein weiterer Tisch, auf denen einige Dinge lagen. Eine Kommode an der Wand, auf der Seil lag. An der Wand, von der sie die Stimmen gehört hatte, ein Sofa. Außerdem nur zwei Fenster. Bei beiden waren die Jalousien heruntergelassen.

Wofür Li den Raum nutzte, war nicht schwer zu erraten. Er war also ein Sadist?

Fuck. Vielleicht war das auch, warum man sie geschickt hatte.

Im Befehlston sagte er nun etwas zu der Frau, die aufstand, ihr Kleid zurechtzupfte und zur Kommode ging. Sie nahm das Seil, brachte es Li, der Pakhet zu Boden warf. Er legte sein Knie zwischen ihre Schultern, während er sich an ihrem linken Arm zu schaffen machte. Warum machte er es sich eigentlich selbst schwer?

Doch sie ahnte weshalb. Ihr nun die Prothese zu nehmen hätte gleich zwei Vorteile für ihn. Es würde sie verunsichern. Und er hätte eine bessere Übersicht, was sie tat.

Jetzt löste er das Siegel der Prothese, ließ Luft unter den Sockel gleiten und zog sie dann unsanft ab. Wäre ihr Körper nicht so taub gewesen, hätte es wahrscheinlich geschmerzt.

Scheiße. Pakhet legte die Stirn gegen den Linoleumboden. Sie musste hier fort. Sie musste entkommen. Sie wollte echt nicht seine kleine Sammlung an Folterinstrumenten ausprobieren. Doch im Moment war sie ihm hilflos ausgeliefert. Sie konnte keine Muskel unterhalb ihres Nacken rühren.

Arschloch. Verficktes Arschloch.

Jetzt zog er ihren rechten Arm hinter ihren Rücken, wickelte das Seil um das Handgelenk. Sie spürte es, wie von weit her, als würde er sie durch Watte berühren. Ihre Augen brannten, aber sie weigerte sich zu weinen. Die Genugtuung würde sie ihm nicht geben.

Er sagte etwas zu dem anderen Mann, der hinüberkam. Dann ging Li von ihr runter, erlaubte es dem Mann sie anzuheben, und wickelte das Seil um ihren Bauch – nicht ohne das Kleid noch ein Stück tiefer zu schieben.

Wenn er sie so fesselte, war sie gearscht. Sie musste ankämpfen. Gegen diesen Zauber. Gegen was auch immer. Energie. Irgendwo in ihr musste noch ihre Energie sein. Sie versuchte sie zu erspüren, sie zu lenken. In den Arm. Sie musste den Arm spüren. Sie musste Lis Zauber blocken.

Tatsächlich kam ein Kribbeln in ihre Hand zurück, erlaubte es ihr die Finger zu bewegen. Gut so. Noch mehr Energie – doch da versetzte Li ihr einen Schlag gegen den Hinterkopf, der auch ihr Gesicht unsanft auf den Boden schlagen ließ. Dann hob der andere ihren Körper wieder an und Li machte weiter damit, sie zu fesseln.

Blut lief ihre Nase hinab. Sie kämpfte gegen den Drang an es hochzuziehen. Das würde nichts besser machen.

Wie sollte sie hier nur lebend rauskommen?

Scheiße.

Als Li endlich von ihr abließ, hatte er ihren Körper im Äquivalent einer Boxfessel gebunden, die Hand verdreht und gegen ihre Schulter gedrückt.

Erst dann hob er den Zauber, ließ sie den Schmerz des verdrehten Arms spüren und rollte sie unsanft auf den Rücken. In seinem Blick lag eine Mischung aus Verachtung und einer sadistischen Freude.

Sie trat nach seinem Gesicht, doch er fing ihr Bein ab. „Wie viel muss ich noch machen, damit du aufgibst?“

„Ich werde gar nicht aufgeben“, erwiderte sie. Dabei war ihre Stimme bei weitem nicht so fest, wie sie es sich gewünscht hätte. „Am Ende bin ich hier draußen und du bist tot.“

„Das glaubst du nicht wirklich.“ Er lächelte, nahm dann das Messer von seinem Gürtel, klappte es auf und zerschliss damit das Kleid. „Willst du nackt davon laufen?“

Sie antwortete nichts, versuchte ihre Beine zu befreien. Er würde sie vergewaltigen. Das wusste sie. Sie kannte Männer wie ihn. Sie waren alle gleichermaßen ekelhaft. Doch verflucht, sie würde es ihm nicht leicht machen.

Jetzt schälte er den Stoff des Kleides zur Seite, beugte sich vor, um ihre Unterhose ebenfalls zu zerschneiden, verlagerte dabei das Gewicht. Mit aller Macht riss sie die Beine zurück, schaffte es sie irgendwie seinem Griff zu entwinden, und trat gegen seinen Körper, traf seine Schulter. Er fiel rückwärts, fluchte, rief etwas, während sie sich wieder auf den Bauch drehte. Wie sie es gelernt hatte, brachte sie die Beine unter sich, stand auf, ehe es erneut die verfluchte Frau war, die sie griff, nach hinten riss.

„Du weißt nicht, wann du aufgibst, Gweiwu, eh?“, zischte sie und versuchte sie zu halten.

Pakhet warf sich nach vorne, aber dann war auch der andere Mann bei ihr, packte sie. Noch kämpfte sie, doch die beiden drängten sie zu dem freien Tisch hinüber. Egal wie sehr sie versuchte, sich zu befreien: Sie kam nicht gegen drei Leute an. Nicht halb gefesselt und ohne Waffe.

Jemand nahm ein weiteres Paar Handschellen, machte ihr Fußgelenk am Bein des Tisches fest. Dann folgte mehr Seil.

„Du weißt wirklich nicht, was gut für dich ist“, murmelte Li.

Sie schnaubte nur. So leicht würde sie sich ihre Verzweiflung nicht anmerken lassen.

Seine Hand schlug auf ihren Hintern. Er wollte sie erniedrigen. Doch verdammt, sie würde es nicht zulassen. Sie würde sich nicht erniedrigen lassen. Sie durfte nicht.

Ein weiterer Schlag, dann noch einer, während sich Li über sie beugte. „Würdest du betteln, lasse ich dich vielleicht gehen.“

„Fick dich, Li“, erwiderte sie.

Er machte einen verächtlichen Laut. „Du weißt, dass dieses Spiel anders läuft.“ Damit griff er in ihren Schritt.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Thrawni
2021-04-04T13:15:29+00:00 04.04.2021 15:15
Uff. Das war heftig.

Also, erneut war das Kapitel wirklich sehr spannend und ich habe so gehofft, dass sie es schafft, zu entkommen, aber ... Ja. Du hast echt nicht übertrieben, als du sagtest, dass es noch sehr düster wird (ich habe etwas Angst, was noch vielleicht kommt). Deswegen ist es jetzt natürlich in gewisser Hinsicht schwer zu sagen, dass mir das Kapitel gefallen hat, aber ich hoffe, du weißt, dass ich damit jetzt nicht meine, dass ich es toll finde, was Pakhet passiert. Allerdings finde ich es hier wieder mal gut, wie du ihre Gedanken und ihr Vorgehen während der Situation schilderst, weil sich hier wieder gut ihr Charakter zeigt: Trotz der Situation handelt sie nicht panisch, sondern geht immer noch überlegt und taktisch vor. Außerdem merkt man, dass sie sehr entschlossen und willensstark ist - auch wenn sie nicht die Kontrolle über die Situation hat und ihre Lage sich mehr verschlechtert, kämpft sie weiter, statt aufzugeben. Dadurch kommt ihr Charakter wie gesagt gut zur Geltung - auch wenn es gleichzeitig aufgrund der Ereignisse eben wehtut, das zu lesen.
Antwort von:  Alaiya
04.04.2021 15:33
Ja, dieses Kapitel und das folgende sind der Hauptgrund, warum ich diese Geschichte wohl nicht auf dem Bisaboard posten werde. Sie ist halt einfach nicht wirklich jugendfrei und auch wenn der FF-Bereich vorrangig von Volljährigen benutzt wird, möchte ich dafür dann doch nicht verantwortlich sein.

Man merkt halt auf jeden Fall ihr militärisches Training dabei. Wobei auch sie bewusst die Panik kontrollieren muss, die sonst halt irgendwann hochkommt. Weil an sich ist Panik die natürliche Reaktion auf so etwas.
Von:  Taroru
2020-04-07T19:51:00+00:00 07.04.2020 21:51
autsch o.o
sie muss ganz schön einstecken o.o
und dann lässt du mich auch noch mit einem cliffhänger so zurück o.o

Antwort von:  Alaiya
07.04.2020 21:52
Ja, du kennst mich und meine Cliffhanger ja.
Antwort von:  Taroru
07.04.2020 21:56
das ist wohl wahr.... ich übe mich halt einfach weiter in geduld :-D


Zurück