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Die letzte Chance

von

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26. Alternative Wege

„Deine Eltern sind keines natürlichen Todes gestorben“, begann die Ziege.

Shen zeigte sich völlig unbeeindruckt. „Sicher, durch Trauer zu sterben ist nie natürlich.“

„Das ist nicht das, was ich meine.“

„Und wie meinst du es stattdessen?“

„Nach deiner Verbannung, nachdem du die Stadt verlassen hattest, wurde es ziemlich still im Palast.“

Shen hob die Nase hoch. „Na und?“

„Deine Mutter… deine Mutter bekam Depressionen. Nichts und niemand konnte sie mehr zum Lachen bringen. Und für neue Kinder, konnten sie sich nicht überwinden. Fünf Jahre vergingen. Deine Mutter fand keinen Sinn mehr im Leben, bis sie sich dazu entschied nach dir zu suchen.“

Jetzt hob Shen doch ein bisschen die Augenbrauen hoch, doch er behielt seinen gefühlskalten Gesichtsausdruck bei. „So, hat sie das?“

„Ja, trotz allem, dass es ihr streng verboten war dich irgendwie zu sehen, verließ sie die Stadt, ohne, dass dein Vater davon wusste. Doch wie du dir vorstellen kannst, war sie nicht auf Gefahren da draußen vorbereitet.“

Die Ziege legte einen Moment eine Pause ein.

„Nach einer langen Zeit, erhielt sie den Hinweis, dass dich jemand in den Bergen gesehen hat. Doch unglücklicherweise… erlitt dort sie einen Unfall.“

Die Wahrsagerin blickte zu Shen hoch. Aber der zeigte keine Spur von Trauer. Aber sie wusste, er verbarg seine Gefühle tief in seiner Seele.

„Nach dem Unfall“, fuhr die Ziege fort, „fanden ein paar Bergleute sie viele Tage später. Zwar schafften sie es, sie zurück nach Gongmen zu bringen, doch ihr Zustand besserte sich nicht. Dann kam der Tag an dem sie starb. Aber bevor sie unsere Welt verließ, hatte dein Vater noch die Gelegenheit mit ihr zu reden.“

„Da ist immer noch etwas Gutes in ihm“, flüsterte die Pfauenhenne, während sie den Flügel ihres Gatten hielt. „Ich weiß es. Versprich mir, dass du dich gut um ihn kümmerst.“

Der Herrscher sah sie mit warmem Blick an. „Ich werde sehen was ich tun kann.“

„Nach der Beerdigung wurde dein Vater nur noch stiller. Doch er war fest entschlossen sein Versprechen zu halten. Eines Tages verließ er die Stadt und ging hinaus in die weite Welt.“

Shen zeigte Gleichgültigkeit. „Und weswegen? Er wird niemals wieder gutmachen nach all dem was er mir angetan hat.“

Die Ziege seufzte. „Es war nur zu deinem Schutz.“

„Na toll!“, zischte Shen. „Wenn er nur zu mir kommen wollte, um sich bei mir zu entschuldigen, dann kam das zu spät.“

Die Ziege schüttelte den Kopf. „Deswegen hatte er die Stadt nicht verlassen. Hör zu, nach deiner Verbannung, hattest du kein Anspruch mehr auf das Erbe deiner Familie. Doch es war der Wunsch von deinem Vater dir nach seinem Tod was zu hinterlassen. Und aus diesem Grund, arbeitete er.“

„Arbeiten?“ Shen sah sie ungläubig an.

„Ja. Er arbeitete. Jahr für Jahr sah er sich nach einer Arbeit um, um Geld zu verdienen. Doch unglücklicherweise geriet er unter kriminelle Banden und stahl Gold.“

Shens Augen weiteren sich. Das war eine Seite, die er von seinem Vater gar nicht kannte. Beschämt bedeckte die Wahrsagerin ihr Gesicht.

„Natürlich war es ein Fehler gewesen, den er später auch nach einer Weile bereute. Er gab das Gold zurück und entschied sich stattdessen in Goldminen zu arbeiten. Über 10 Jahre tat er nichts anderes als Goldnuggets zu sammeln, doch er gab es niemals aus und lebte von der Hand in den Mund.“ Sie seufzte tief. „Nach so vielen Jahren war er am Ende seiner Kräfte. Doch bevor er starb, kam er zurück in die Stadt Gongmen, wo er mich traf. Er war ein erschöpfter, ausgelaugter, müder alter Mann. Er erzählte mir was er getan hatte. Und ich sollte seinen Sohn erzählen, dass sollte er jemals seine Missetaten bereuen, dass er dann das gesammelte Vermögen bekommen soll, um ihm einen Neustart zu ermöglichen. Es würde genug für dich sein, um eine neue Existenz aufbauen zu können. Jedoch nur wenn du deinen Weg änderst.“

Shen sah sie schweigend an. Dann lächelte er.

„Na gut, ich bereue es“, sagte er mit ruhiger, sanfter Stimme.

Mit tiefem Bedauern schüttelte die Ziege den Kopf. „Du kannst mich nicht anlügen, Shen. Ich werde dir erst den Lagerort preisgeben, wenn du deine Taten ehrlich bereust.“

Das Gesicht des Lords verfinsterte sich.

„Nun, in dem Fall lässt du mir keine andere Wahl als meinen Weg zu vollenden.“

Die Augen der Ziege weiteten sich. „Shen, wenn du denkst, dass er dir was antun wird, dann bist du zutiefst im Irrtum.“

„Oh, ich denke eher, du wirst diejenige sein, die im Irrtum ist. Er wird mich töten. Er muss mich töten. Dazu hat er immer noch einen guten Grund.“

Vorwurfsvoll schüttelte die Ziege den Kopf. „Wie kann man nur so blind sein?“

Shen schnaubte. „Ich werde es dir beweisen. Du wirst schon sehen. Noch diese Nacht wird er mich töten.“

Die Ziege seufzte tief. Dann wandte sie sich ab und verließ ihn.

„Du glaubst mir nicht, oder?!“, rief Shen ihr nach. „Ich werde es dir beweisen! Ich werde dir beweisen, dass du falsch liegst!“

Doch die Wahrsagerin ging nicht darauf ein und schritt weiter in den Wald hinein. Verbittert sah Shen ihr nach, aber er rannte ihr nicht hinterher.

„Ich kann es beweisen.“

Ich werde es beweisen.



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