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Die letzte Chance

von

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5. Langsame Demütigung

Das Nashorn löste die Eisenkette von der Wand, während diese weiterhin mit Shen verbunden blieb. Doch der Pfau nahm es gelassen hin. Oder er hatte sich schon längst mit seinem Vermächtnis abgefunden. Anschließend nahm das Nashorn die Enden der Ketten und zerrte den Verurteilten hinter sich her.

Po folgte ihnen mit den Augen. Als der Pfau an ihm vorbeiging, warf dieser ihm einen letzten schadenfrohen Blick zu, sichtlich zufrieden den Panda mit offenen Fragen einfach stehen lassen zu können. Dann ließ er sich ohne Widerstand vom Wächter abführen. Po ging ihnen hinterher und beobachtete den Pfau genau, doch dieser schien überhaupt keine Angst vor seinem schrecklichen Schicksal zu haben. Er flehte weder um Gnade oder um mehr Zeit, noch sträubte er sich oder sagte ein Wort. Er stolzierte einfach den Weg entlang, als wäre es das Normalste auf der Welt. Po jedoch konnte nicht glauben, dass der Lord nichts lieber wollte als hier herauszukommen. Doch andererseits gab es hier keine Möglichkeit zur Flucht. Nicht einmal er konnte das Kommende verhindern. Es war so wie Shifu gesagt hatte: es war beschlossene Sache.

Zusammen marschierten sie durch den Korridor, immer dem Wärter folgend, wo sie anschließend durch eine dicke Eisentür in einen Seitenraum abbogen. Mit Schaudern sah Po sich im Raum um. Neben den kahlen, kalten üblichen Steinwänden hingen Ketten von der Decke und einige Instrumente aus Holz und Metall standen herum. Shen hingegen zeigte sich merklich unbeeindruckt und betrachtete alles mit neuralem Blick.

Meister Tosender Ochse und Meister Kroko standen bereits in der Mitte des Raumes und unterhielten sich mit einem anderen Ochsen, der noch kräftiger und muskulöser gebaut war als Meister Ochse. Mit großen Augen betrachtete Po den gigantischen Ochsen.

„Wow, bist du nicht Wei, der dunkle Ochse von den Bergen der Angst?“

Der größere Ochse stieß ein stolzes Schnauben aus. „Ich bin von weit hergekommen, nachdem mir jemand gesagt hatte, dass man einen speziellen Job für mich hier hätte.“

„Sind Sie mit ihm verwandt?“, fragte Po neugierig und deutete auf Meister Ochse.

„Um ein paar Ecken herum.“

Po war beeindruckt. „Wow. Es ist mir eine Ehre Sie kennenzulernen.“

Damit verbeugte er sich ehrfürchtig.

„Also das ist dein Kandidat“, unterbrach Meister Ochse die Begrüßung und deutete mit abwertender Geste auf Shen. „Er ist ebenfalls erfreut dich zu sehen.“

Der große Ochse beschaute den stolz dastehenden Pfau. Mit schweren Schritten kam er näher und knackte mit seinen Huf-Fingern.

Shen lächelte. „Nettes Outfit. Bist du seine Großmutter?“

Und sah dabei auf Meister Ochse.

Po kicherte insgeheim.

Plötzlich schlug wie aus dem Nichts eine zentnerschwere Axt auf den Boden und verfehlte um Haaresbreite den Schnabel des Pfaus und blieb wenige Millimeter vor Shens Zehen im Steinboden stecken.

Po war so geschockt, dass er schwankend von Meister Kroko aufgefangen werden musste.

Shen hingegen bewegte keinen einzigen Muskel. Nur sein Lächeln war ihm gewichen.

„So, hast du vor mich zu zerteilen?“, fragte der Lord mit geschäftiger Stimme. „Wie fantasielos.“

Ein fieses Grinsen umspielte das Gesicht des Folter-Ochsen.

„Ich frage mich, ob du immer noch deine Witze reißt, wenn ich dir jede Feder einzeln rausreiße.“

Damit bewegte er drohend seine Huf-Finger. Shen beobachtete ihn mit mahnendem Blick.

Eine schnelle Bewegung...

„Au!“

Grinsend hielt der Ochse eine Feder in seinem Huf, die er ihm aus dem Flügel gezogen hatte.

„Mach das nicht nochmal!“, zischte Shen.

„Oh, hat das wehgetan?“, spottete der Ochse.

Der Pfau seufzte verärgert.

„Autsch!“

Wieder hatte der Ochse ihm eine Feder herausgerissen.

Der Folterer kicherte. „Jetzt stell dir mal vor wie es sich anfühlt, wenn sich das über deinen ganzen Körper so weiterzieht. Feder für Feder.“

Shens Gesicht wurde wie Stein. Jeder im Raum wusste nun, dass der Spaß vorbei war. Sachte faltete der Pfau seine Flügel etwas zusammen. Dieser Bastard wagte ihm das zu nehmen, was sein ganzer Stolz war.

Po schluckte. „Ähm… äh… interessante Methode. Aber denken Sie nicht, dass sie etwas ein wenig zu… hart ist?“

„Halt den Mund, Panda!“, fauchte Shen ihn an. „Dumme Einwände von jemanden wie dich, kann ich nicht gebrauchen. Das alles macht mir gar nichts aus.“

Der Folterer lachte. „Natürlich nicht.“

Po seufzte erleichtert.

„Das Nächste wird sogar schmerzhafter. Nur keine Sorge. Wir haben ein nettes Programm vorbereitet.“

Wieder wurde Po bleich unterm Fell. Nur Shen sagte kein Wort. Sein Körper schien wie zu Eis geworden zu sein. Nur seine Augen waren jetzt auf dem Boden gerichtet. Po beobachtete ihn mit hilflosem Blick. Noch hatte der Pfau eine kleine Chance seine Taten zu bereuen. Nur vielleicht. Doch Po ahnte, dass Shen sowas niemals tun würde. Er war stolz wie ein… ein Pfau.

„Mach doch was du willst“, waren die einzigen Worte, die der ehemalige Herrscher äußerte.

Im nächsten Moment umzingelten ihn zwei Nashörner rechts und links, während der Folterer sich selber vor Shen bedrohlich aufbäumte. Der Pfau sah zu ihm auf. Sein Gesicht zeigte weder Angst noch Emotionen. Wei griff einen Zipfel von Shens verbliebener Robe und ließ sie wieder fallen.

„Zieht es ihm aus. Du wirst den Lumpen eh nicht mehr brachen.“

Nur widerwillig ließ Shen sich von den beiden Nashörnern an den Flügeln packen. Der Ochse Wei hingegen zog ein Messer hervor und zerschnitt die schon bereits zerfetzte Robe mehr und mehr. Der Pfau protestierte laut, als er ihm anschließend die zerschnittene Robe vom Leib riss, das Letzte was ihm noch die Würde bewahrt hatte. Doch die Wärter waren viel stärker als der noch etwas geschwächte Albino und hatten keine Probleme ihn unten zu halten und dem Ochsen beim unfreiwilligen Entkleiden des Gefangenen zu verhelfen.

„Wie kannst du es wagen?!“, schrie Shen vor Wut.

Po wusste einfach nicht, ob er wegschauen sollte oder nicht. Die Federn bedeckten zwar immer noch den Pfauenkörper, aber was man mit ihm machte war schlicht eine Demütigung. Schließlich entschied sich der Panda nur einen Teil seines Gesichts mit der Tatze abzudecken, um wenigstens Shens hasserfülltem Blick auszuweichen.

„DAFÜR WIRST DU STERBEN!“, schrie Shen den Ochsen an.

Doch dem imponierte die Drohung überhaupt nicht und warf die Robe einfach irgendwo in eine Ecke.

„Nett.“ Er packe den Pfau am Nacken und hob ihn etwas hoch, während die beiden Wärter immer noch den Rest des Körpers unten hielten. „Besser du schonst deine laute Stimme. Du wirst sie später noch oft genug brauchen.“

„Ähm“, meldete sich Po schüttern zu Wort. „Also in diesem Fall werde ich jetzt wohl besser gehen. Ich hab sehr empfindliche Ohren müssen Sie wissen. Sehr empfindliche sogar.“

Mittlerweile hatte sich Shen wieder gefasst und sich seinen Stolz zurückgerufen.

„Was solls“, meinte er mit ruhigerer aufsässiger Stimme. „Die war sowieso schon alt gewesen.“

Trotz seiner Lage schaffte er ein unheimliches Lächeln aufzusetzen und schaute dabei auf Po. „Na, genießt du es, Panda?“

Po nahm seine Tatze runter und sah ihn mit traurigen Augen an. „Nein, es tut mir leid...“

Der Pfau warf den Kopf zurück und lachte. „Es tut dir leid? Warum so beschämt? Ich hoffe doch sehr, dass du es nie vergisst. Ich werde dich jagen in deinen Träumen bis du deinen letzten Atemzug auf dieser dummen verdammten Erde aushauchst.“

Po konnte nicht sagen wieso, doch er meinte Angst in der Stimme zu hören. Als ob der Pfau versuchte sich auf das vorzubereiten was als Nächstes kommen würde.

„Fein“, schaltete sich Ochse Wei wieder ein. „Nachdem wir uns etwas amüsiert haben, kommen wir jetzt zu unserem Programm.“

Mit verkrampfter Haltung ließ Shen sich von den beiden Wachen wegzerren. Dabei spannte er seine Muskeln so stark an, als ob er versuche jede Art von Gefühl und Nerven seines Körpers abzutöten. Er wusste, dass er jetzt alle Kraft aufwenden musste. Dennoch war er sich nicht sicher, ob er dies lange durchstehen würde, da er immer noch ziemlich geschwächt war, um eine komplette innere Stärke aufzubauen.

Er wurde ausgestreckt mit Ketten an beiden Flügeln und Füßen wie vorhin in seiner Zelle, doch diesmal etwas mehr als normal. Shen nahm einen tiefen Atemzug, als der Ochse seine Gliedmaßen weit genug gestreckt hatte, dass es ihn beinahe schmerzte.

„Warum auf einmal so verkrampft?“, fragte Wei mit gespielter Verwunderung. „Du solltest dich entspannen, wenn du es genießen willst.“

Damit holte er eine lange Zange hervor. Shen betrachtete sie flüchtig und schaute dann weg. Seine Krallen gruben sich eisern in den Steinboden, während seine Augen auf den Panda fokussiert waren. Um jeden Preis wollte er seinem Feind beweisen wie stark er war. Diese schwarz-weiße Kreatur, die sein Fluch geworden war, sollte nicht in den Genuss des Triumphes kommen seinen Willen gebrochen zu haben. Auch nicht seinen Körper, der ihn von Anbeginn seiner Geburt zum Verhängnis geworden war.

Inzwischen hielt der Ochse die Zange dicht neben Shens Kopf und klapperte damit spielerisch in der Luft herum bevor er damit zur Seite schwenkte und eine von Shens Fingerfedern packte. Ein schneller Zug…

Shen wollte nicht schreien. Er presste die Schnabellippen zusammen, als er ihm die Feder mit einem Ruck herauszog. Er war nahe daran die ganzen Narren um sich herum zu verfluchen, die ihm mehr und mehr seine majestätische Würde nahmen.

„Ach, keine Einwände?“, fragte der Ochse theatralisch reuevoll. „Vielleicht war das die falsche Stelle.“

Sein Blick wanderte hinter Shen, was dem Pfau nicht entging und verengte warnend die Augen.

Wag es ja nicht.

Doch der Ochse wagte es. Er trat hinter den Pfau und griff nach einer der langen rot-weißen Schwanzfedern.

„Nette Dinger. Sowas würde ich mir auch gern in meinem Zimmer aufhängen.“

Shen knurrte, sein Blick immer noch fest geradeaus auf den Panda gerichtet.

Der Ochse kicherte kehlig, während er an der langen Feder rüttelte.

„Erlaubst du mir?“

Der Lord schloss für mehrere Sekunden lang die Augen.

„Ich deute das mal als ein “Ja“.“

Er verstärkte das Ziehen und Shens Körper krampfte nur noch mehr zusammen. Ein dumpfer unterdrückter Schrei entglitt dem Pfau, als ihm einer seiner schönen Federn seinem Gefieder entrissen wurde.

Meister Ochse wurde langsam ungeduldig. Er wollte endlich Schmerzensschreie von dem Mörder hören.

„Zieh ihm alles raus!“, befahl er.

„Aber...“ Doch Pos “Abers” wurden gehörig ignoriert, als der Ochse Wei eine lange Feder nach der anderen herauszog. Mit jeder gezogenen Feder erkannte Po eine kleine Träne in den Augen des Pfaus. Die Atmung des Lords wurde immer heftiger und lauter, zuckte mehrere Male zusammen, doch immer wieder bekam er sich wieder unter Kontrolle. Ignorierte jeden Schmerz und betäubte alle seine Sinne.

Po war tief beeindruckt von Shens Selbstbeherrschung. Hatte er das vorher trainiert? Doch der Pfau hatte große Mühe seine Schreie zu unterdrücken und ließ stattdessen all seinen Ärger und Wut durch den Blickkontakt an den Panda aus. Die Blicke des Herrschers verursachten dem Panda immer mehr und mehr Schuldgefühle. Er konnte den Blick nicht mehr länger ertragen. Wenn er schon nichts tun konnte, so wollte er dem Lord wenigstens die Chance geben sich frei zu fühlen das Ganze alleine durchzustehen ohne seine Gegenwart.

Und ohne ein Wort rannte der Panda nach draußen.



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