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Die letzte Chance

von

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4. Was ist in der Nacht passiert?

Po verspürte einen Hauch der Erleichterung, als er und Mantis die ersten Häuser der Stadt Gongmen im Morgenlicht erblickten. Po wollte keine Zeit verlieren und steuerte geradewegs, nach einer kleinen Pause in einem Nudelrestaurant, auf das Haus der zwei Kung-Fu-Meister zu. Diese waren recht überrascht den Drachenkrieger früher als erwartet wiederzusehen.

Nach einer reichlichen Begrüßung, kam Po sofort auf den Grund seines Besuches zu sprechen.

„Ich habe gehört, dass ihr Shen gefunden habt.“

Das Gesicht des Ochsen verfinsterte sich. „In der Tat, das haben wir. Ich weiß nicht wie, aber es scheint als habe er einen Pakt mit den dunklen Mächten geschlossen.“

Po lächelte nervös. „Äh, ja. Wie geht es ihm?“

Meister Kroko nahm sich die Freiheit zu antworten und räusperte sich. „Nun, er lebt noch, aber…“

„... aber nicht mehr lange“, beendete Meister Tosender Ochse seinen Satz. „Seine Zeit ist abgelaufen. Wir werden mit der Bestrafung in weniger als einer Stunde anfangen.“

Po schluckte. Der Gedanke den ehemaligen Herrscher auf diese Art und Weise zu bestrafen behagte ihn nicht. Natürlich hatte er eine Menge schlimme Dinge getan. Inklusive des Mordes an seinen Eltern. Doch als er ihn nach dem unglaublichen Sieg so auf dem zerstörten Schiff liegen gesehen hatte, brachte er es nicht über sich ihn zu töten. Er hatte ihm die Chance gegeben sein Leben zu ändern. Doch…

„Warum fragst du?“, riefen ihn die Worte des Meister Ochsen wieder zurück. „Falls du vorhast ihn eigenhändig zu foltern, dann sorry, wir haben bereits einen guten Folterer engagiert.“

Nervös wedelte Po mit der Tatze. „Nein, nein. Ich bin hierhergekommen, um mit ihm zu sprechen.”

„Du willst ihm eine Standpauke erteilen? Die Idee gefällt mir. In diesem Fall wird es mir ein Vergnügen sein dich zu ihm zu bringen.“

Mit diesen Worten nahm der Ochse den Drachenkrieger beiseite und schob ihn zum Ausgang.

„Du hast außerdem die Ehre die ganze Show live mitzuerleben.“

„Show?“ Ängstlich rieb der Panda seinen Nacken.

„Wenn du willst bekommt du einen Platz ganz vorne“, fuhr Meister Ochse fort, während sie zum Gefängnis rüber marschierten.

„Oh, das ist sehr nett… aber ich kann doch nicht…“

„Natürlich kannst du. Doch wir sollten uns beeilen. Wir starten in 55 Minuten.“

Meister Kroko seufzte und trottete hinter den beiden her. „Er kann es einfach nicht abwarten.“
 

Po fühlte sich ein wenig unbehaglich, nachdem er die Gefängnishalle betreten hatte. Meister Ochse ging voraus, dicht gefolgt von Po. Zuvor hatte Po Mantis darum gebeten vor dem Gefängnis draußen auf ihn zu warten.

Ein Schauer durchzog den Panda, während sie immer tiefer durch die steinigen Korridore des Kerkers gingen. Ein paar Fackeln erhellten die Wände. In diesem Moment hielt der Ochse an. Po schaute an ihm vorbei nach vorne, wo ein gigantisch großes Nashorn vor einer metallenen Tür stand, die wiederum in einen weiteren Korridor führte. Sie wechselten ein paar Worte und das Nashorn öffnete die Türe, sodass sie ihren Gang fortsetzen konnten.

„Da wären wir.“

Eine Zellentür wurde geöffnet und Meister Ochse winkte mit einer einladenden Geste hinein. „Darf ich vorstellen, der als-bald-zu-Tode verurteilte Gefangene.“

Prüfend betrachtete Po die fast völlig dunkle Zelle.

„Oh, ja. Danke.“

Er trat ein und blieb kurz nach der Türschwelle wieder stehen.

Schweigend und fassungslos starrte er auf den weißen gebrochenen Vogel vor ihm. Die Wunden des Lords waren nicht behandelt worden. Sie waren immer noch dreckig und die ehemals silberne Robe hing zerfetzt und angesenkt an ihm herunter. Sie hatten ihn nicht mal wenigstens was Sauberes zum Anziehen gegeben. Ketten streckten den Pfauenkörper an Flügeln und Füßen. Shen hatte die Augen geschlossen und erweckte den Eindruck als würde er meditieren. Von Zeit zu Zeit bewegte er kaum sichtbar den Schnabel.

„Hat er keine medizinische Behandlung bekommen?“, fragte Po.

„Der kann sich entspannen, wenn er tot ist“, kommentierte der Ochse und lachte.

Po seufzte mitleidig. „Oh, okay. Kann ich jetzt mit ihm allein sprechen?“

Meister Ochse schnaubte. „Aber denk dran. Wir starten pünktlich auf die Minute.“

Er schloss die Tür und Po blieb allein zurück.

Shen bewegte sich nicht. Er schien weder was zu fühlen noch was zu hören.

Vorsichtig trat der Panda näher an den Pfau heran.

„Shen?“

Shens Gesichtsmuskeln verkrampften sich und ignorierte den Panda. Stattdessen bewegte er den Schnabel nur noch schneller.

„Äh… Shen?“

Po streckte seine Tatze aus und berührte die rechte Schulter des Herrschers, woraufhin Shen ein lautes Knurren von sich gab.

„Grrrggghh! Könnt ihr nicht...!“

Der Satz bleib ihm im Halse stecken, als er den Panda vor sich stehen sah. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er seinen Rivalen an. Doch dann kniff er sie zornig zusammen. „Du!“

Zögernd winkte Po ihm zu. „Äh, hi.“

Plötzlich sprang der Pfau nach vorne. Doch im nächsten Moment stieß er einen schrillen Schmerzensschrei aus und sank verkrampf zu Boden, als die Nähte seine Haut bei jeder Bewegung mehr und mehr verletzten. Doch so schnell diese Reaktion bekommen war, so schnell war sie auch schon wieder vorbei. Er schaffte es seine Schmerzen zu kontrollieren und fand seine Selbstbeherrschung zurück.

„Was willst du, Panda?”, fragte er erschöpft. „Es würde mich nicht wundern, wenn du derjenige bist, der dazu auserwählt wurde an mir die Folter zu vollstrecken.“

Noch immer hallten ihm die Worte der Wahrsagerin durch den Kopf.

„Äh, nein. Ich möchte nur reden.“

„Das ist eine sehr schlechte Folter für mich.“

Er warf ihm einen abfälligen Blick zu.

„Nein, es ist nicht so wie du denkst. Ich… wenn ich könnte… Ich wünschte, ich könnte das verhindern.“

„Verhindern was?”, fragte Shen im abfälligen Tonfall.

„Ich hab gehört, was sie mit dir vorhaben.“

Für einen Moment war Shen sprachlos, dann lächelte er. „Mpmf. Und du bist jetzt gekommen, um dich darüber zu amüsieren? Für einen Drachenkrieger bist du mehr als grausam.“

Po verengte die Augen. Es war sinnlos den Lord vom Gegenteil zu überzeugen. Er schluckte seinen Ärger hinunter und startete mit seiner Frage.

„Was ist in der Nacht passiert?“

Shen horchte auf und starrte ihn streng an.

„In welcher Nacht?“

„Du weißt ganz genau welche Nacht. Die Nacht von dem Tag, an dem du das Panda-Dorf angegriffen hast.“

„Da gibt es nichts mehr zu sagen.“

„Ja, wir haben schon neulich darüber gesprochen, aber ich möchte noch mehr wissen. Zum Beispiel, hast du meine Eltern getötet oder jemand von deinen Soldaten? Haben sie noch irgendetwas gesagt?“

Mit emotionslosem Blick schaute Shen ihn an. Ein grässliches Lächeln umspielte seinen Schnabel. „Wenn du nur deswegen gekommen bist, dann war dein Weg umsonst. Ich werde all mein Wissen mit mir ins Grab nehmen. Soweit ich überhaupt eins bekomme.“

Seine Augen sprühten vor bösartiger Schadenfreude. Und Po wusste, dass er solange Schweigen würde bis zu seinem letzten Atemzug.

Betrüb senkte er den Blick.

„Kann ich irgendetwas für dich tun?“

Shen kicherte bevor er mit heiserer, dunkler Stimme antwortete. „Bring dich selber um.“

Traurig sah der Panda ihn an. Es schmerzte ihn den Pfau so verbittert zu sehen, ohne eine Zukunft im Leben. Mühsam versuchte er etwas in den Augen zu lesen, doch Shen verstand es sehr gut seine inneren Gefühle vor anderen zu verbergen.

In diesem Moment öffnete ein Nashorn die Tür mit einem breiten Grinsen.

„So, die Besuchszeit ist vorbei.“



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