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Angelo

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Eine kleine Anmerkung noch, damit das nicht falsch ankommt: Ich hab nix gegen BDSM oder dessen Anhänger und weiß sehr wohl, dass das im Normalfall nichts mit Folter zu tun hat. Es lag allerdings nahe, Instrumente aus dieser Spielart für das in diesem Kapitel vorkommende Szenario herzunehmen, also nehmt es mir bitte nicht übel, dass ich das ein bisschen „dämonisiert“ habe. Es liegt mir fern, da irgendetwas zu be- oder verurteilen. Komplett anzeigen

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Das Tor zur Hölle

„Bye, Honey, bis bald mal wieder!“

Crystal warf ihrem letzten, zufriedenen Kunden noch eine Kusshand zu, bevor sie die Tür des Motels hinter sich zuzog. Entgegen dem, was Marcus vermutlich von ihr annahm, war es nämlich nicht so, dass sie alle ihre Opfer betäubte. Im Gegenteil. Die meisten lieferten durchaus freiwillig ab, was sie von ihnen wollte. Dementsprechend gut war ihre Ausbeute, die sie wie üblich in ihrer kleinen Handtasche spazieren trug.

Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, noch einmal in die Festung zurückzukehren, nachdem sie ihren Telefonanruf erledigt hatte. Dieses blonde Engelchen hatte ihr jedoch geraten, sich möglichst unauffällig zu verhalten. Also hatte sie einfach weiter ihren Job gemacht und das hieß, dass sie ihre Ausbeute jetzt ins Heiligtum zurückbringen musste, egal ob sie wollte oder nicht. Andernfalls würde sie wohl damit rechnen müssen, an ihrem Schwanz zurückgeschleift zu werden und der war empfindlich.

Mit spitzen Fingern angelte sie ihr Handy aus der Tasche und drückte einige Nummern. Es tutete, jemand nahm ab und eine kratzige Stimme pampte sie wortkarg an.

„Ja?“

„Ernie, ich bin's. Einmal Rücktransport bitte.

„Crystal?“

„Nee, die Zahnfee. Natürlich ich. Als los, es guckt grad keiner.“

Es knisterte und fiepte in der Leitung. Crystal hielt das Handy vom Ohr weg und bohrte sich den kleinen Finger in das klingelnde Organ.

„Scheißinterferenzen! Ernie?“

„Der Boss sagt, wir brauchen das Zeug nicht mehr. Kannst es selber trinken.“

„Was? Wie kommt das denn?“

„Muss an Alejandro liegen. Es heißt, er habe dem Boss einen Halbengel angeschleppt. Weiß Asmodai, wo er den herhat.“

„Was?“ Crystal wurde ein bisschen blass um die Nase. „Sagtest du Halbengel? Und jetzt? Was machen die mit ihm?“

„Keine Ahnung. Delilah ist darauf angesetzt worden.“

„Delilah? Oh.“ Crystal kannte den anderen Sukkubus. Eine große, dünne Rothaarige, die das Interesse des Big Boss geweckt hatte und deswegen vom Straßengeschäft ausgenommen worden war. Stattdessen residierte sie jetzt in Belials Privatgemächern und bediente dessen persönliche Vorlieben. Dass jetzt ausgerechnet die ihre Krallen an Marcus wetzen durfte, passte Crystal gar nicht. Der kleine Cop war schließlich ihr Spielzeug.

Sie überlegte.

„Er~niiiee?“

„Was willst du denn noch?“

„Och nichts. Ich hab nur keine Bleibe für heute Nacht und keinen Bock, mir noch eine aufzureißen. Kannst du mich nicht doch zurückbeschwören? Mir tun die Füße weh.“ Sie grinste, als sie zum finalen Schlag ansetzte. „Hier um die Ecke ist übrigens ein In-n-Out Burger.“

Der grauhäutige Dämon auf der anderen Seite der Leitung grunzte. „Bring mir ein Dutzend Cheeseburger mit und wir sind im Geschäft.“

„Deal.“
 


 

Crystal spähte um die Ecke und erblickte, was sie gehofft hatte zu sehen. Delilah machte sich gerade im großen Badezimmer des Herrenhauses frisch, das den oberen Teil der Festung bildete. Der Raum wirkte wie aus erstarrter Lava gegossen. Die schwarzen Wände, in denen hier und dort Ringe eingelassen waren, um die Sklaven daran festzumachen, schluckten das Licht, das an anderer Stelle die silbernen Armaturen zum Glänzen brachte. Delilah stand vor einem großen Spiegel und kontrollierte ihr Make-up. Sie sah gut aus mit den streng zurückgebundenen, roten Haaren und der nietenbesetzten Ledercorsage, die ihre Brüste nach oben quetschte und ihre Taille noch dünner wirken ließ. Untenrum trug sie einen quasi nicht existenten schwarzen Rock und schwarze Seidenstrümpfe, die von Strapsen in der gleichen Farbe gehalten wurden. Ihre Füße, die verrieten, dass dies hier nicht ihre wahre Gestalt war, steckten in schwindelnd hohen Stiefeletten, deren Absätze messerscharf geschliffene Metallstifte waren.

Auf den ersten Blick ein wunderschöner, sexy Dämon. Wenn man allerdings genauer hinsah, konnte man die Risse in der Fassade erkennen. Delilah hatte Ringe unter den Augen, die sie gerade gekonnt überschminkte, ihre Haut wirkte trocken, die Lippen unter der knallroten Farbe aufgesprungen und spröde, und ihre Haare glänzten nicht so, wie sie es gesollt hätten, wenn sie in Top-Form gewesen wäre. Allein die Tatsache, dass sie auf so menschliche Tricks wie Concealer zurückgriff, statt die Spuren mit einer einfachen Verwandlung auszugleichen, sagte Crystal alles, was sie wissen musste.

Sie atmete noch einmal tief durch, warf sich in Positur und schwebte hüftwackelnd in den Raum.

„Ah, Delilah, welche Freude. Küsschen, Küsschen!“

Der andere Sukkubus richtete seine leicht schrägstehenden, grünen Augen auf sie.

„Crystal?“, fragte sie und das anschließende, falsche Lächeln ließ ihre Wangenknochen noch stärker hervortreten. „Was führt dich hierher? Ich dachte, du bist draußen unterwegs.“

„Och, ja. War aber so viel los, dass ich mal ne Pause brauchte. Irgendwas scheint heute in der Luft zu liegen. Die waren wie die Tiere. Ich hab kaum die Beine zusammenbekommen.“

„Ach.“ Delilah war anzumerken, dass sie nicht unbedingt vor Begeisterung überschäumte.

„Und bei dir?“, fragte Crystal. Sie trat ebenfalls vor den Spiegel und imitierte Delilahs Geste, mit der sie sich über den Mundwinkel fuhr, als würde dort Lippenstift an unpassender Stelle kleben. „Ist der Boss noch zufrieden mit dir?“

„Oh ja. Er hat mir sogar …“ Delilah verstummte.

„Was?“ Crystal riss die Augen auf und schlug sich die Hand vor den Mund. „Nein! Sag bloß, an den Gerüchten ist was dran. Hat er wirklich einen Nephilim? Und du darfst ihn dir zur Brust nehmen? Ist ja krass.“

Delilah lächelte geschmeichelt. „Ja, es ist wahr. Ich hab ihn vollkommen unter Kontrolle. Er ist quasi ganz gefesselt von mir.“

Sie lachte laut auf, wobei das Geräusch Crystal ein bisschen an ein tollwütiges Eichhörnchen erinnerte. Zum Glück hatte Delilah ja bei ihrer Tätigkeit meist eh nicht viel zu lachen. Die Männer wären in Scharen geflohen, wenn sie sie nicht festgebunden hätte.

Crystal rückte noch ein Stück näher und senkte die Stimme. „Uuuund? Wie ist er so? Ich meine untenrum. Gut bestückt?“

Das war natürlich eine dämliche Frage, denn immerhin hatte sie Marcus’ Schwanz schon aus nächster Nähe begutachten können. Er war nicht gerade klein, aber auch nicht übermäßig umfangreich. Gutes Mittelfeld etwa. Delilah hingegen tat so, als habe sie nie etwas Besseres gesehen.

„Ja, total. Die reinste Zuckerstange. Ich werd schon ganz kribbelig, wenn ich nur daran denke, dass ich ihn gleich wieder für mich habe.“

Crystal leckte sich über die Lippen. „Echt? Und wie … schmeckt er?“

Delilahs Begeisterung erhielt einen deutlichen Dämpfer.

„Ähm, ja gut“, behauptete sie und wandte sich wieder dem Spiegel zu. „Wirklich ganz großartig.“

„Du durftest nicht kosten, oder?“

Der andere Sukkubus ließ den Kohlestift sinken. Ihr eigentlich hübsches Gesicht verformte sich zu einer wütenden Fratze.

„Nein, durfte ich nicht. Belial will alles für sich haben. Nicht einen Tropfen habe ich gekriegt. Außerdem hasst mich dieser Scheißkerl von einem Nephilim. Keine Dankbarkeit, keine Bewunderung, nichts. Im Gegenteil beschimpft er mich jedes Mal, wenn ich den Knebel entferne. Als wenn ich was dafür könnte, dass Belial ihn nicht zum Höhepunkt kommen lässt.“

Sie fuhr herum und funkelte Crystal an. In ihrer Wut hatte sie anscheinend vergessen, was sie da von sich gab.

„Weißt du, was Belial gemacht hat? Er hat eine Weinkaraffe geleert und zu diesem Nephilim gesagt, dass er kommen dürfte, wenn er die diese Nacht vollmacht. Natürlich hat er das nicht mal ansatzweise geschafft und an wem lässt der blöde Engelsbastard seinen Frust darüber aus? An mir! Als wenn ich unfähig wäre, ihm den besten Orgasmus aller Zeiten zu verschaffen. Dabei ist es verdammt viel schwieriger, ihn nicht kommen zu lassen. Aber würdigt dieser Cretin das? Nein, natürlich nicht. Ich hab so die Schnauze voll. Ich bin Künstlerin, keine Bäuerin. Soll Belial sich doch ne Melkmaschine kaufen.“

„Oh, arme Delilah. Das ist hart.“ Crystal heuchelte den verständnisvollen Ton perfekt, dabei rollte sie innerlich mit den Augen. „So viel Arbeit und nicht das kleinste Kompliment? Das ist wirklich ungerecht. Du solltest mal eine Pause machen und was essen.“

„Kann ich nicht“, knurrte Delilah. „Ich muss noch alles vorbereiten. In einer Stunde steht wieder eine Session an. Belial erwartet, dass ich gleichzeitig noch eine Show abliefere, die ihn unterhält. Dabei hab ich schon das komplette Arsenal ausprobiert. Paddle, Peitschen, Gerte, Flogger, Wachs, Nippelklemmen, Strappado, Elektroschocks, Spanischer Bock, Bastonade. Ich hab ihn angespuckt, geschlagen, ihm alle erdenklichen Arten von Schmerzen zugefügt und wollte ihn sogar meine Füße sauber lecken lassen. Aber weißt du, was dieses Arschloch gemacht hat? Er hat mich gebissen. Ich hätte fast einen Zehn verloren.“

Crystal musste an sich halten, um nicht laut loszulachen. „Vielleicht solltest du es mal mit Kitzeln versuchen. Wenn der Kerl so verbissen ist, kann er das bestimmt nur schwer aushalten.“

Delilah schnaubte. „Wahrscheinlich. Aber Belial will richtige Schmerzen. Du kennst ihn. Vielleicht verpasse ich seinem Arsch mal einen Einlauf. Aber auf Kamillentee kann er da nicht hoffen. Am besten tu ich Tabasco rein.“

Crystals Finger fuhren über den Stoff ihrer Handtasche. „Weißt du, ich könnte dich ja vielleicht mal vertreten, damit du ein bisschen ausspannen kannst.“

Delilah seufzte. „Das ist nett von dir, aber ich kann nicht. Wenn ich nicht tue, was Belial sagt, kriege ich nichts zu essen. Ich warte schon seit drei Tagen auf die nächste Ration.“

„Und wenn ich dir meine Lieferung von dieser Nacht überlasse?“, fragte Crystal scheinheilig. „Ich hab heute wirklich schon mehr als genug gehabt und es wäre doch schade, wenn das Zeug umkommt.“

Delilahs Augen glommen auf. „Das ist … verlockend. Aber Belial wird es merken, dass du nicht ich bist.“

„Ach, ich werd einfach so tun, als wenn das Nicht-Sprechen mit zur Show gehört und was das Äußere angeht …“

Crystal konzentrierte sich und nahm eine ihrer Gestalten an. Sie hätte es nie zugegeben, aber die milchhäutige Schönheit mit den roten Locken, die sie auch Marcus schon mal vorgeführt hatte, beruhte ein wenig auf Delilahs Äußerem, auch wenn sie das den anderen Sukkubus eigentlich nie hatte wissen lassen wollen.

„Wow, der Hammer. Du siehst mir echt ähnlich.“ Delilah ging um sie herum. „Wie hast du das gemacht?“

Crystal lächelte. „Du weißt doch. Neid ist die ehrlichste Form der Bewunderung. Ich fand dich halt schon immer scharf.“

Sie trat zu dem anderen Sukkubus, strich ihr zärtlich über die Wange und flüsterte:

„Wenn wir mal mehr Zeit haben, sollten wie ausprobieren, ob wir nicht noch anderweitig kompatibel sind. Ich kenne da ein paar nette Spielzeuge, die ich uns besorgen könnte und mit denen wir bestimmt viel Spaß hätten.“

Sie überbrückte den Abstand zwischen sich und Delilah und verwickelte sie in einen leidenschaftlichen Kuss, der den Lippenstift des anderen Sukkubus vollkommen verschmierte.

„Na los“, sagte sie atemlos, als sie den Kuss wieder löste. „Du ruhst dich ein bisschen aus, ich mach diesen Nephilim fertig und danach treffen wir uns bei dir im Zimmer. Wer weiß, vielleicht krieg ich ja auch einen der Popobawa dazu, sich zu uns zu gesellen. Du stehst doch immer noch auf die kleinen Scheißer, oder?“

Delilah entkam ein erregtes Grollen. „Oh ja. Ich hab noch nie so einen großen dringehabt wie von denen. Selbst Belial könnte sich da noch eine Scheibe anschneiden und der ist nicht gerade klein ausgestattet.“

Crystal grinste. „Gut. Dann stärk dich und warte auf mich. Wir haben eine Menge Spaß vor uns.“

Sie küsste Delilah noch einmal tief und gründlich, bevor sie ihr den Saft aushändigte, den sie heute Nacht gesammelt hatte. Die Gier, die bei dem Geruch in Delilahs Augen aufglomm, war ihr Antwort genug. Der andere Sukkubus würde beschäftigt sein und anschließend vermutlich vollgefressen in ihrem Bett einschlafen. Somit war sie schon mal aus dem Spiel und Crystal hatte nur noch Belial selbst vor sich.

Ich beeile mich besser, bevor er Wind von der Sache kriegt, dachte Crystal und griff sich die mit Strasssteinen besetzte, schwarze Halbmaske, die Delilah hatte liegen lassen.

„Perfekt, damit erkennt mich niemand so schnell. Jetzt muss ich mir nur noch überlegen, wie ich Marcus hier rauskriege. Das wird definitiv nicht einfach werden.“
 


 

Das Spielzimmer war zum Glück leer, als Crystal hineinschlüpfte. Sie schloss leise die Tür und drehte den Schlüssel herum. Das würde die meisten Bewohner der Festung zwar nicht aufhalten, ihr aber immerhin im Fall der Fälle einen kurzen Augenblick geben, um sich zurück in Delilah zu verwandeln. Jetzt jedoch legte sie die rothaarige Gestalt ab und wurde wieder zu sich selbst inklusive Hufen und Schwanz. Neugierig sah sie sich um.

Sie entdeckte Marcus sofort. Er war geknebelt und an ein Andreaskreuz gebunden worden und harrte dort der Dinge, die auf ihn zukamen. Was das sein würde, konnte er jedoch weder sehen noch hören, denn Delilah hatte ihm zusätzlich noch die Augen verbunden und einen Gehörschutz verpasst. Er war somit blind und taub, konnte sich weder rühren noch irgendetwas von sich geben, das über Knurr- und Grunzlaute hinausging. Die jedoch gab er von sich und die Tonlage dieser Laute ließ Crystal aufhorchen. Dieses Gegrunze klang eindeutig nicht nur gequält.

Ihr Blick glitt zwischen seine Beine, wo seine Erektion sich ihr freimütig entgegenstreckte. Mhm, das sah wirklich lecker aus. Auch wenn sie natürlich bereits satt war, aber für Dessert war ja immer noch Platz, nicht wahr?

Langsam schlich sie näher.

Für einen Moment hielt er inne und schien zu lauschen, obwohl er mit dem Teil auf seinen Ohren natürlich nichts hören konnte. Als er sich sicher zu sein schien, dass er allein war, begann er wieder sich zu bewegen. Viel Platz hatte er dafür nicht. Trotzdem drückte er sich immer wieder mit dem Unterleib gegen die Balken in seinem Rücken, als würde er … ja was eigentlich?

Crystal legte den Kopf schief.

„Was treibst du da nur?“, fragte sie leise. Das sah fast aus, als würde er … Sie biss sich auf die Lippen und hätte beinahe gelacht.

„Oh du unartiger Junge“, schimpfte sie in spielerischem Tonfall. „Das wird dem Boss aber gar nicht gefallen.“

Sie ging noch ein wenig näher heran und wollte sich das Treiben genauer ansehen, als Marcus sich plötzlich versteifte. Seine Nasenflügel blähten sich auf und sein Kopf ruckte in ihre Richtung. Er stieß ein warnendes Knurren aus.

Er wittert mich, schoss es Crystal durch den Kopf. Der Wahnsinn. Aber wahrscheinlich hält er mich für Delilah. Ich sollte ihm besser die Augenbinde abnehmen.

Sie ging noch näher, bis sie ganz nahe vor Marcus stand. Von hier aus konnte sie ihn ebenfalls riechen. Er roch nach Sex und Schweiß und nach Erregung. Großer Erregung. Sein erigiertes Glied war prall gefüllt, die Adern traten deutlich hervor und die gespannte, bereits leicht bläuliche Haut wies darauf hin, dass er schon sehr, sehr lange in diesem Zustand war.

„Autsch, das sieht aber nicht nett aus.“ Crystal rümpfte die Nase. „Da sollten wir dringend was dagegen tun. Mit deiner Methode warst du ja anscheinend nicht erfolgreich.“

Sie trat neben ihn und begutachtete seine Kehrseite. Wie sie sich gedacht hatte, steckte da ein Dildo in seinem Hintern. Anscheinend hatte er gerade versucht, sich dadurch selbst zum Orgasmus zu bringen. Sie streckte den Zeigefinger aus und fuhr langsam seine Wirbelsäule entlang. Er zuckte unter ihrer Berührung zusammen und knurrte, als ihre Kralle seinen Steiß erreichte. Sie schnippte leicht gegen den Ansatz des schwarzen Teils zwischen Marcus’ Hinterbacken und entlockte ihm so ein scharfes Einatmen.

„Mhm, ich würde dir ja gerne mal zeigen, wie man das richtig macht, Süßer, als die Zeit haben wir jetzt nicht. Außerdem drückt das bestimmt inzwischen ganz schön. Also los. Sehen wir mal zu, dass wir dich da rauskriegen.“

Crystal hob die Hand, um Marcus die Augenbinde abzunehmen, doch dann zögerte sie. Ihr Blick glitt erneut zu seinem prall gefüllten Schwanz. Es war ziemlich offensichtlich, dass er dort Erleichterung brauchte, aber wenn sie ihn jetzt losmachte, würde sein Stolz ihm vermutlich verbieten, sich von ihr dabei helfen zu lassen. Bestimmt würde er nicht mal selbst Hand anlegen, solange sie zusah, und das würde sie wertvolle Zeit kosten. Zeit, die sie nicht hatten. Sie mussten hier verschwunden sein, bevor Belial auf der Bildfläche erschien und sie Marcus womöglich wirklich wehtun musste.

Mit einem Aufseufzen ließ Crystal ihre Hand wieder sinken.

„Das hier ist nur zu deinem Besten, Schnucki. Ich will, dass du das weißt.“
 

Sie trat noch ein Stückchen näher, sodass ihre Körper sich jetzt berührten. Sofort wollte er anfangen, sich zu wehren, aber Crystal setzte eine Klaue an seine Halsschlagader, was seine Bewegungen sofort erlahmen ließen. Zitternd wie ein Rennpferd in der Box stand er da, während ihr Finger langsam tiefer wanderte, seine Brust und seinen Bauch überquerte und sich schließlich seinem Schwanz näherte. An seiner steigenden Atemfrequenz merkte sie, wie angespannt er war.

„Keine Angst, Süßer, ich tu dir nicht weh“, wisperte sie, obwohl sie wusste, dass er sie nicht hören. Sie bewegte ein paar Mal den Mund, um genügend Speichel zu sammeln, spuckte sie in ihre Hand und griff zu.

Marcus bäumte sich auf, stemmtet sich gegen die Fesseln und versuchte, ihrem Griff zu entkommen, aber Crystal massierte einfach weiter, bis seine Gegenwehr erlahmte und nur noch sein schneller werdender Atem davon zeugte, das sich bei ihm sehr wohl etwas tat.

Crystal hörte ein Wimmern, einen mitleiderregenden Laut, der ihr das Herz zusammenzog, und dann kam Marcus. All die angestaute Lust, die Belial über Stunden in ihm kultiviert und konzentriert hatte, entluden sich in einem überwältigendem Orgasmus, dessen explosionsartig freiwerdende Energie Crystal förmlich spüren konnte. Sie lehnte sich an Marcus, versuchte ihm Halt zu geben, während die Wellen des Höhepunkts über ihm zusammenschlugen und versuchten ihn zu ertränken.

Als es vorbei war, brach er halb ohnmächtig in den Fesseln zusammen.

„Na ein Glück, dass ich dich nicht losgemacht habe“, urteilte Crystal. „Du hättest dir womöglich den Kopf aufgeschlagen bei dem Sturz.“

Sie spuckte noch einmal auf ihren Hand und verteilte den Speichel, dem sie ein bisschen was von ihrem betäubenden Gift beigemischt hatte, auf seinem endlich wieder auf Normalgröße schrumpfenden Schwanz.

„So, siehst du, jetzt muss die Tante nur nochmal pusten und alles ist wieder gut.“

Sie lachte und nahm Marcus nun endlich den Gehörschutz und die Augenbinde ab. Als sie schließlich auch noch den Knebel entfernte, wollte er schon wieder auffahren. Sobald er allerdings sah, wer da vor ihm stand, blieb ihm trotz allem die Worte im Halse stecken.

Crystal grinste ihn an.

„Hey Darling, hattest du Spaß während ich wegwar?“

Marcus öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es kam kein Ton über seine aufgesprungenen Lippen. Er sah sie an und atmete und dann begannen plötzlich Tränen in seinen Augen schimmern. Weinte er jetzt etwa?

„Och, Mäuschen, ich bin ja da“, sagte sie und reckte sich, damit sie die Arme um ihn schlingen konnte. „Keine Angst. Ich hol dich hier raus.

„Crystal“, flüsterte er und seine Stimme klang heiser und rau. „Du …“

„Bist gekommen um mich zu retten? Aber sowas von. Und jetzt halt mal still, ich muss dich aus dieser Foltermaschine befreien. Da kriegt man ja Augenkrebs, wenn man dich darin sieht. Also nur, weil du gefesselt bist. Ansonsten gefällt mir das, was ich da sehe, schon recht gut.“

Sie zwinkerte ihm zu und begann die Lederriemen zu lösen, die ihn an Ort und Stelle hielten. Sie befreite zuerst seine Füße, um ihm einen festen Stand zu ermöglichen, und band erst danach die Hände los. Er versuchte sofort, sich von dem Kreuz zu entfernen, doch schon beim ersten Schritt wäre er fast umgekippt. Crystal konnte ihn gerade noch auffangen.

„Woah, langsam Schnucki. Du musst nicht gleich wieder volle Kanne loslegen. Gib dir Zeit.“

„Ich will …“ Er sprach nicht weiter, aber sein schmerzverzerrtes Gesicht erinnerte Crystal daran, dass sich da ja noch eine gewisse Kleinigkeit an Orten befand, wo sie Marcus immer noch quälen konnte.

„Ach ja, der Dildo. Dreh dich mal um, ich mach den raus.“

„Was?“ Marcus riss die Augen auf und lief im nächsten Augenblick rot an. „Das … das weißt .. das warst … Fuck!“

Crystal schnaubte bloß. „Glaub mir, ich hab schon Schlimmeres gesehen. Weißt du, was Kerle sich dahinten alles reinstecken für einen kleinen Kick? Ich könnte dir da Sachen erzählen …“

Sie verstummte, als sie sein Gesicht sah. Das war möglicherweise gerade nicht die Zeit für solche Anekdoten. Sie versuchte es mit einem freundlichen Lächeln.

„Na los, lass mich das mal ansehen. Das zwackt doch bestimmt ganz schön, oder?“

Sie versuchte, sich ihm zu nähern, aber Marcus wehrte ihre Hände ab.

„Finger weg. Ich kann das selbst.“

Sie lachte und stemmte die Hand in die Hüfte. „Ach ja? Na dann mach mal. Aber ich sage dir, es ist angenehmer, wenn ich das übernehme mit den ganzen Schnallen und so. Ich bin auch ganz vorsichtig.“

Er sah sie unsicher an.

Sie lächelte. „Na los, Großer. Dreh dich um, ich zieh’s raus und dann sehen wir zu, dass wir hier verschwinden. Es sei denn, du möchtest lieber warten, bis Belial kommt und es selber macht.“

„Ich muss vollkommen bescheuert sein“, murmelte Marcus, drehe sich aber gehorsam um und streckte ihr tatsächlich seinen Hintern entgegen. Crystal genoss für einen Moment die Aussicht, bevor sie sich zusammenriss und anfing, Marcus aus seiner misslichen Lage zu befreien.

„Beug dich mal weiter vor“, wies sie ihn an, als sie immerhin schon mal den Harness abgeschnallt hatte. „Ich brauch ein bisschen mehr Platz.

Er grunzte zustimmend und murmelte etwas, das sich verdächtig nach „Ich bringe ihn um“ anhörte, bevor er sich tatsächlich gehorsam nach vorne lehnte und auf dem Tisch abstützte, auf dem Delilah ihre Instrumente ausgebreitet hatte. Crystal ließ sich auf die Knie sinken, ging ganz nahe an Marcus Po heran und streichelte ihn beruhigend.

„Also schön, wir machen das jetzt ganz langsam, ja? Eins … Zwei …“

Bevor sie zu „Drei“ kam, zog sie den Dildo so plötzlich aus Marcus Hintern, dass der erschrocken aufjaulte. Schnell lehnte Crystal sich vor und versenkte ihre Zunge tief an der Stelle, an der gerade noch das schwarze Gummiteil gesteckt hatte. Marcus keuchte und stand einen Augenblick lang wie gelähmt da, bevor er anfing zu schimpfen und eilig vor ihr zurückwich. Sie grinste ihn von unten herauf an.

„Sag mal spinnst du?“, fauchte er. „Ich dachte, du wolltest das langsam machen. Und überhaupt, was sollte das … das andere?“

„Sukkubus-Speichel“, antwortete sie und wischte sich den Mund ab. „Betäubt auch ein bisschen. Ich benutz das manchmal, wenn die Kerle schon kurz vorm Abspritzen sind, bevor wir überhaupt angefangen haben. Es geht ja schließlich nicht nur ums Ergebnis. Ein bisschen Spaß muss schließlich auch dabei sein.“

Marcus blinzelte und sah aus, als würde er an ihrem Verstand zweifeln. Prüfend bewegte er seine hübsche Kehrseite und auf seinem Gesicht zeigte sich ein ganz kleines bisschen Verblüffung. Er grollte leise.

„Du hättest mich vorwarnen können.

„Als wenn du mich das dann hättest machen lassen.“

Er sah sie finster an, sagte aber nichts darauf. Vermutlich weil er wusste, dass sie recht hatte. Stattdessen ging er zum einem Stuhl, auf dem einige Kleidungsstücke lagen. Er schlüpfte hinein und sie konnte erkennen, dass er sich merklich wohler fühlte damit.

„Und jetzt?“, fragte er. „Ich dachte, du wolltest meinen Vater anrufen und dich dann nie wieder hier blicken lassen.“

Sie zuckte mit den Achseln. „Tja, ist leider nichts geworden. Ne Jorō-Gumo hat deinen Vater vor mir erwischt. Aber keine Sorge, Angelo hat sie dafür plattgemacht.“

„Was?“ Marcus sah sie vollkommen entgeistert an.

Crystal zog die Nase kraus. „Oh, tut mir leid, das mit deinem Vater hätte ich dir vielleicht ein wenig taktvoller beibringen sollen. Aber die gute Nachricht ist, dass der Engel und die beiden Menschen auf dem Weg hierher sind um dich zu retten.“

Marcus Kopf ruckte nach oben. Er war kreidebleich geworden.

„Angelo ist auf dem Weg hierher?“

Crystal nickte vorsichtig. Seine Reaktion sah jetzt irgendwie nicht nach Hip-Hip-Hurra aus.

„Verdammt. Das müssen wir um jeden Preis verhindern.“

„Warum?“

„Wenn Belial ihn in die Finger bekommt, ist alles zu spät.“

„Aber …“

Sie wollte noch etwas erwidern, aber Marcus hörte ihr schon nicht mehr zu. Wie vom wilden Wendigo gehetzt raste er auf die Tür zu. Crystal holte ihn gerade noch rechtzeitig ein. Sie stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor ihn und versperrte ihm so den Weg.

„Ja bist du denn vollkommen wahnsinnig geworden?“, schimpfte sie. „Du kannst doch da nicht einfach rausrennen. Da kriegen die dich in Nullkommanichts und dann werden sie noch ganz andere Spielchen mit dir veranstalten. Schon mal was von Amputations-Fetisch gehört? Die lassen von dir nur noch die Teile übrig, die sie brauchen können, und verfüttern den Rest an die Fische.“

Marcus verzog das Gesicht. „Aber ich muss sie aufhalten. Angelo darf nicht hierherkommen. Wenn Belial sein … Sperma bekommt, wird er damit eine Armee von Wechseldämonen züchten. Wir müssen das verhindern.“

Crystal blies die Backen auf und ließ geräuschvoll die Luft entweichen. „Ach dafür braucht er die ganze Suppe. Ich hab mich schon gefragt, was er damit macht.“

Ihr Blick glitt an Marcus vorbei zu dem Tisch, auf dem in einem blauen Lichtkreis eine kristallene Karaffe stand. Sie war eine gute Handbreit mit einer weißlichen Flüssigkeit gefüllt. Crystal ignorierte den Impuls, sich das Zeug hinter die Binde zu kippen, und überlegte.

„Weißt du was?“, meinte sie schließlich. „Ich denke, ich weiß, wo wir dich und das da am besten verstecken.“

Marcus sah zu der Karaffe und verzog erneut das Gesicht. Anscheinend war ihm Belials Versprechen noch gut in Erinnerung.

„Aber du musst dich nochmal nackig machen“, fuhr Crystal fort.

„Was?“ Marcus starrte sie an. „Kommt nicht in Frage.“

Crystal stöhnte innerlich auf. Konnte der auch einfach mal mitmachen?

„Na schön. Nicht ganz nackt. Aber das Hemd muss weg und du kriegst ne andere Hose. Außerdem müssen hier doch noch irgendwo ein paar Kostüme fürs Petplay rumfliegen.“

Sie ging zu einer Kiste und fing an darin herumzuwühlen. Als sie das Passende gefunden hatte, nahm sie die Stücke aus der Truhe und ging damit zu Marcus zurück. Es waren zwei schwarze, lederne Vollmasken. An einer davon war eine lange, wallende Mähne befestigt, die andere zierten ein Paar spitzer Ohren.

Grinsend hielt sie ihm ihren Fund entgegen.

„Siehst du, ich wusste doch, dass hier noch welche sind. Ich habe Pferd oder Hund. Wenn du willst, kann ich auch noch nach der Schweinemaske suchen, aber die hier sind eigentlich besser geeignet, um dich an einer Leine herumzuführen. Also, welche davon willst du?“

Das Stöhnen, das Marcus daraufhin von sich gab, klang in Crystals Ohren zwar alles andere als lustvoll, aber sie war sich sicher, er würde trotzdem von ihrem Plan begeistert sein. Immerhin hing sein Leben davon ab und da, das wusste sie sicher, würde sie ganz bestimmt keine Kompromisse eingehen.
 


 

„Mir gefällt das nicht“, murmelte Gabriella, während sie sich auf dem leerstehenden Gehöft umsah. Michael war zwar gerade erst hinter der großen Tür verschwunden, aber der Drang ihm einfach zu folgen, war bereits übermächtig.

Sie blickte zu Angelo hinüber, der ebenfalls angespannt schien. Allerdings kam es ihr so vor, als wenn da noch mehr wäre. Er wirkte irgendwie … unentschlossen.

„Angelo? Ist alles in Ordnung?“

„Ja, ich … ich mache mir nur Sorgen um Michael.“ Er schwieg und starrte wieder auf das Scheunentor, bevor er plötzlich hörbar durchatmete. „Gabriella?“

„Ja?“

„Ist es … ist es normal, dass man manchmal … na ja … von anderen träumt. Also auch, wenn man jemanden liebt?“

Gabriella runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?“

Angelo wies mit dem Kopf auf die Scheune. „Na ja, Michael ist da drinnen und ich … ich sollte mir nur um ihn Sorgen machen, nicht wahr? Aber gleichzeitig überlege ich auch, wie es Rafael wohl geht. Dabei ist es doch ziemlich wahrscheinlich, dass er derjenige ist, der uns hier in eine Falle gelockt hat. Obwohl ich nicht verstehe, warum er das getan haben sollte. Ich weiß einfach nicht, was ich von ihm halten soll. Und wenn ich versuche, mir ein Urteil zu bilden, muss ich immer wieder an das denken, was ich heute Nacht geträumt habe. Ich … es waren ziemlich eindeutige Träume.“ Er blickte zu Boden. „Träume über Rafael.“

Unter anderen Umständen hätte Gabriella vielleicht gelacht und versucht Angelo davon zu überzeugen, dass das ganz normal war und dass man Träume eben nicht beeinflussen konnte. Aber noch während sie das dachte, wurde sie plötzlich stutzig.

„Erzähl mir von deinem Traum“, bat sie ihn.

Angelos Wagen wurden dunkel. „Ich … das kann ich dir nicht erzählen.“

„Bitte. Ich habe das Gefühl, dass es wichtig ist.“

Angelo räusperte sich und schluckte. „Nun ja, er und ich, wir … wir waren in einem Garten. Es war dunkel, man konnte fast nichts sehen. Wir haben uns getroffen und geküsst und … noch mehr.“

Er verstummte und wandte den Blick ab, aber Gabriella ließ nicht locker.

„Dieser Garten, erzähl mir davon. Beschreib ihn.“

Angelo zog die Brauen zusammen. „Ich … keine Ahnung. Wie gesagt, es war sehr dunkel. Ich habe kaum etwas gesehen. Aber da waren diese Büsche mit den großen, gelben Blüten. Sie haben geduftet. Süß und schwer wie …“

„Wie Honig“, beendete Gabriella den Satz. Angelo sah sie erstaunt an.

„Ja, woher weißt du das?“

„Weil ich auch von ihnen geträumt habe. Und auch von Rafael. Es war ebenfalls ein sehr erregender Traum. Ich hatte ein ziemlich schlechtes Gewissen deswegen, obwohl wir nicht allein waren. Du und Michael, ihr wart auch mit dabei und …“ Sie räusperte sich. „Nun ja, sagen wir mal, es war ein sehr schöner Traum.“

Angelo schenkte ihr ein schmales Lächeln.

„Was ich damit sagen will, ist, dass es doch seltsam ist, dass wir beide, mal unabhängig vom restlichen Inhalt der Träume, von diesen Blüten geträumt haben. Vor allem habe ich das Gefühl, ich müsste sie kennen. Wenn mir nur einfallen würde, woher.“

Sie schloss die Augen und versuchte sich die Blüten noch einmal vorzustellen. Ihr Aussehen, den Geruch … Plötzlich meinte sie das Meer rauschen zu hören, ihre Großmutter, die in der Küche sang, Vogelgezwitscher, das durch das geöffnete Fenster hereindrang. Mit dem Gesang wallte der Geruch herein. Er machte, dass ihr Kopf wehtat und sie nicht atmen konnte.

„Und nachts kamen die Träume.“ Sie öffnete die Augen wieder. „Ich weiß es. Es ist mir eingefallen. Als ich klein war, hatten meine Großeltern so einen Busch in ihrem Garten stehen. Er stand direkt unter dem Fenster des Zimmers, in dem ich schlief, wenn ich zu Besuch war. Und immer, wenn er blühte, konnte ich nachts nicht schlafen. Ich hatte Albträume, wachte schweißgebadet auf, in meinem Kopf drehte sich alles. Mein Großvater hat den Busch irgendwann entfernt, auch wenn meine Großmutter nicht eben glücklich darüber war. Sie hatten ihn so liebgewonnen, weil er den Namen 'Engelstrompete' trug.“

Angelos Augen wurden schmal. „Das sagt mir etwas. Diese Pflanzen wurden seit je her zur Herstellung von Rauschgiften verwendet. Manchmal werden ihre Blätter geraucht oder der Saft aus verschiedenen Pflanzenteilen verwendet. Es heißt jedoch, dass bereits der Duft komatöse Zustände auslösen kann … und erotische Träume.“

„Du meinst so wie heute Nacht?“

Angelo antwortete nicht. Er sah Gabriella nur noch einen Augenblick lang an, bevor er herumwirbelte und zu der Scheune stürmte, in der Michael verschwunden war.

„Angelo, warte!“, rief Gabriella ihm nach, doch es war bereits zu spät. Er hatte das Tor erreicht.

Die beiden hölzernen Flügel wurden fast aus den Angeln gerissen unter der Wucht, mit der Angelo sie aufstieß.

„Michael!“, brüllte er. Seine Gestalt glühte und das Schwert in seiner Hand blitze im Sonnenlicht. „Michael!“

Er verschwand auf ihrem Sichtfeld und Gabriella erwachte endlich aus ihrer Starre. So schnell sie konnte, lief sie ebenfalls zu der Scheune. Als sie das Tor erreichte, erblickte sie Angelo, der sich nach allen Seiten in dem düsteren Gebäude umsah. Er hatte das Schwert hoch erhoben und suchte nach unsichtbaren Gegnern. Dabei näherte er sich immer weiter dem freien Platz in der Mitte der Scheune.

Etwas daran ließ Gabriella misstrauisch werden. Wenn der Hof verlassen war, hätte sie erwartet, dass die Scheune voller Gerümpel stand. Alte Werkzeuge, schrottreife Landmaschinen, etwas in der Art. Stattdessen herrschte trotz der Größe des Hofes beinahe gähnende Leere und dieser Platz wirkte sauber gefegt, als hätte man dort …

„Angelo, pass auf!“

Zu spät! Angelo machte noch einen Schritt nach hinten und im gleichen Augenblick flammte der Boden unter ihm auf. Dunkelglühende Linien offenbarten sich und bildeten ein kompliziertes Muster auf dem Fußboden. Schattententakel schossen daraus hervor, legten sich um Angelos Glieder und banden ihn an Ort und Stelle. Eine Engelsfalle.

Angelo raste. Er zog und wehrte sich gegen die Falle und rief dabei immer wieder nach Michael. Das tat er solange, bis er endlich eine Antwort erhielt.

„Er kann dich nicht hören.“

Angelo brachte es trotz seiner Fesseln fertig, sich zu der Gestalt herumzudrehen, die jetzt langsam aus den Schatten auf sie zukam. Es war Rafael. Er wischte sich mit dem Daumen über die Mundwinkel. Dabei schnalzte er missbilligend mit der Zunge.

„Also wirklich, Angelo, ich muss schon sagen. Hat dir niemand gesagt, dass es unhöflich ist, andere Leute beim Essen zu stören? Ich hatte dich für zivilisierter gehalten.

„Wo ist Michael?“, knurrte Angelo. Er zog erneut an den Schattententakeln und erreichte damit nur, dass diese umso stärker zurückzogen. Auf Angelos Stirn erschienen Schweißtropfen.

„Oh, sei versichert, dass es ihm gut geht“, kicherte Rafael. „Sehr gut sogar. Er schwebt sozusagen im siebten Himmel. Möglicherweise ist er ein wenig ausgelaugt, aber das wird schon wieder.“

„Du … du …“ Angelo fehlten anscheinend die Worte.

„Victor mein Name, angenehm. Aber ich staune, dass du mich noch immer nicht erkannt hast. Alejandro hatte wirklich recht. Du bist erstaunlich blind für einen Engel. Erkennst nicht mal einen Dämon, wenn er direkt vor deiner Nase sitzt. Aber das hat es mir nur umso einfacher gemacht, dich und deine Freunde hierherzubringen.“

„Was willst du von uns?“

Gabriella hatte es nicht mehr ausgehalten, sich zu verstecken. Mit entschlossenem Gesicht trat sie zu Angelo. Sie spürte die bösartige Magie, die ihn gefangen hielt, auf ihrer Haut prickeln.

Rafael, der eigentlich Victor hieß, setzte ein strahlendes Lächeln auf, das ihr jetzt, da sie um seinen Verrat wusste, nur noch falsch und hinterhältig vorkam.

„Von dir, liebste Gabriella, möchte ich gar nichts. Obwohl ich mir vorstellen könnte, dass mein Herr auch für dich eine Verwendung finden wird. Wir brauchen immerhin Rohmaterial, um seine Armee zu erschaffen. Wer weiß, vielleicht kommen wir beide ja doch noch dazu, deinen Traum wahrzumachen.“

Er zwinkerte ihr zu und Gabriella fühlte das Verlangen in sich aufsteigen, ihm vor die Füße zu spucken. Oder ins Gesicht. Oder vielleicht nahm sie auch einen eisernen Schürhaken und schlug ihm seine perfekten Zähne ein.

Victor lachte erneut. „Oh, ihr solltet euch sehen. Als wolltet ihr mich ermorden. Dabei hätten wir so viel Spaß zusammen haben können.“

„Spaß?“, fauchte Gabriella. „Ich geb dir gleich Spaß.“

Sie wollte schon auf diesen Victor zustürmen, als der plötzlich eine Pistole auf sie richtete. Sie hörte es leise Klicken.

„Damit wäre ich ganz vorsichtig. Nur, weil ein Inkubus keine natürlichen Waffen besitzt, bin ich noch lange nicht wehrlos. Es wäre ein Fehler, mich zu unterschätzen. Also los, schön wieder zurück zu unserem blonden Bengelchen und keine Mätzchen.“

Widerwillig wich Gabriella zurück, bis sie wieder auf gleicher Höhe mit Angelo stand. Victor richtete weiter die Waffe auf sie, während er langsam rückwärts ging. Er lächelte leicht.

„Ich werde jetzt das Portal öffnen, das uns auf die andere Seite bringt. Dort werde ich euch an meinen Herrn übergeben und meine Belohnung kassieren. Ganz allein ohne diesen dämlichen Köter.“

Victor warf noch einen, letzten, warnenden Blick auf Gabriella, bevor er sich umdrehte und auf das hintere Tor der Scheune zuging. Etwa zwei Meter davor blieb er stehen, streckte die Hand danach aus und begann etwas zu murmeln. Die Ränder des Scheunentors glühten auf.
 

Gabriella sah zu Angelo. Der kämpfte immer noch mit der Engelsfalle, deren Tentakel bereits rote Striemen auf seiner Haut hinterlassen hatten. Sie öffnete den Mund, um ihn zu fragen, warum er seine Engelskräfte nicht einfach deaktivierte, als er ihr kurz den Kopf zuwandte und ihr zuzwinkerte. Beinahe hätte sie nach der ersten Verblüffung laut aufgelacht. Das war eine Falle? Er hatte die Falle in eine Falle verwandelt. Leise lachend schüttelte sie den Kopf.

„Du bist unglaublich“, flüsterte sie.

„Ich lerne eben schnell“, gab er mit einem kurzen Grinsen zurück, bevor er sich wieder Victor zuwandte, der inzwischen seinen Zauber fast beendet hatte.

Die hölzernen Torflügel bebten und erzitterten unter der Macht des Zaubers.Wind fegte durch die Ritzen des löcherigen Gebäudes und irgendwie hatte Gabriella das Gefühl, dass sie sich im Kreis drehte, obwohl sie fest auf dem Boden stand. Es gab einen Donnerschlag, die Torflügel flogen auf und gaben den Blick auf eine dunkle Ebene frei.

Die Landschaft schien dieselbe zu sein wie die, durch die sie hierher gekommen waren. In der Ferne jedoch erhob sich ein Gebäude, von dem sich Gabriella sicher war, dass sie es auf dem Weg hätten bemerken müssen. Die schwarze Silhouette erhob sich drohend gegen den dunklen Nachthimmel und fast schien es, als strahle das Gebäude selbst eine tiefe Bösartigkeit aus.

Gabriella fröstelte.

„Ah, Home sweet Home, so sagt man doch, nicht wahr? Obwohl ich schon an vielen Orten auf dieser Welt zu Hause war. Allerdings hat es mir an keinem so gut gefallen wie hier. Mein Herr hat einen wahrhaft exzellenten Geschmack, müsst ihr wissen. Von allem nur das Beste. Es wird euch gefallen. Nun, vermutlich nicht, aber wen interessiert das schon. Ihr seid schließlich nicht zum Vergnügen hier.“

Victor drehte sich zu ihnen herum und grinste. „Noch irgendwelche letzten Worte?“

Angelo bleckte die Zähne. „Eine Frage hätte ich noch. Welchem Herrn dienst du?“

Victors Grinsen wurde breiter. „Ach, wenn ich das jetzt verraten würde, wäre es doch nur noch halb so lustig, nicht wahr? Wo bliebe denn da der Spaß? Für mich, versteht sich. Er wird sich euch am besten selbst vorstellen, wenn ihr ihn trefft. Sonst noch einen Wunsch?“

„Nur noch einen“, knirschte Angelo. „Stirb!“

Victor kam nicht mehr dazu, darauf zu reagieren. Im nächsten Moment starrte er fassungslos auf die blutbesudelte Metallspitze, die aus seiner Brust ragte. Sie gehörte zu Angelos Schwert, der hinter ihm stand und ihn mit einem einzigen Stoß durchbohrt hatte.

„Was …? Wie …?" Die Waffe aus seiner Hand polterte zu Boden.

„Eure Fallen halten mich nicht auf.“ Angelo stieß noch einmal nach und ein Zittern ging durch Victors Körper. Sein Gesicht begann plötzlich zu brodeln, als hätte jemand heißes Wasser darüber gegossen. Seine Gestalt veränderte sich und aus dem hübschen Jungen wurde auf einmal …

„Josè“, hauchte Gabriella. Sie starrte den Inkubus an, der bereits erneut begonnen hatte, sich zu verwandeln, kaum dass die Transformation in den älteren Mexikaner abgeschlossen war. Wieder verformte sich sein Gesicht, sein Körper wurde kleiner, seine Züge weiblicher. Gabriella schlug die Hände vor den Mund.

„Maria!“, presste sie zwischen den Fingern hervor, aber noch immer war der Todeskampf des Inkubus nicht vorbei. Wieder wechselte sein Äußeres. Er wurde zu einem großen, dunkelhaarigen Mann und gerade, als Gabriella dachte, dass es vorbei war, nahm er noch eine weitere Gestalt an. Der Mann, der vor ihren staunenden Augen erschien, war nahezu überirdisch schön. Sein Gesicht gleichmäßig und edel, die dunklen Haare leicht gewellt, die Statur schlank und gleichzeitig kraftvoll. Er erinnerte sie auf perfide Weise an Angelo.

Der trat jetzt zurück und zog sein Schwert aus dem sterbenden Dämon. Seines Halts beraubt, sackte der engelsgleiche Mann in sich zusammen. Blut floss aus der Wunde in seiner Brust und besudelte seine perfekte Form. Mit kalten Augen trat Angelo vor ihn und blickte auf ihn herab. Der sterbende Inkubus sah zu ihm auf, bevor er sich ein letztes Mal zu verändern begann. Seine Haut wurde plötzlich grau und warzig, seine Gestalt klein und gekrümmt, die Hände mit den langen, schlanken Fingern wurden zu verkrüppelten Klauen und ein dünner, rattenähnlicher Schwanz ringelte sich hinter ihm unter Qualen im Sand. Er versuchte noch etwas zu sagen, aber die einst so melodiöse Stimme, war zu einem hässlichen Zischen und Fauchen geworden.

Gabriella war erleichtert, als er endlich vorne über kippte und reglos liegenblieb.

Angelo warf noch einen letzten Blick auf die Leiche, bevor er sich umdrehte und auf sie zukam. Er sah besorgt aus.

„Was ist los?“

Seine Brauen zogen sich zusammen und er atmete hörbar aus. „Diese letzte Gestalt, die Victor angenommen hat. Ich habe sie wiedererkannt. Ich weiß jetzt, mit wem wir es zu tun haben. Sein Name ist Belial und er ist ein sehr, sehr mächtiger Höllenfürst.“

Gabriellas Brust wurde eng. „Und jetzt?“

Angelo versuchte ein Lächeln. „Jetzt sehen wir erst einmal nach Michael und dann … dann werden wir uns auf den Weg in Belials Festung machen.“

Gabriella nickte und folgte Angelo, der zielsicher auf einen kleinen Verschlag zuging, der sich am hinteren Ende der Scheune befand. Dabei fiel ihr Blick unweigerlich auf das geöffnete Tor, hinter dem sie die schwarzes Festung erwartete. Sie fühlte erneut einen Schauer über ihren Rücken laufen. Dort hineinzugelangen würde mit Sicherheit nicht einfach werden. So überhaupt nicht einfach.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Asmodai: Höllenfürst und Inkarnation der Wollust; er unterrichtet seinen Beschwörer in allerlei Wissenschaften wie Astronomie und Geometrie, gibt ehrliche und vollständige Antwort auf alle Fragen und kann dabei helfen, Schätze zu finden oder zu bewachen.

Popobawa: Fledermausartiger Gestaltwandler aus Afrika mit nur einem Auge und einem sehr großen Penis.

Wendigo: Ein nach Verwesung stinkendes, kannibalistisches Wesen, das als böser Geist bei vielen Ureinwohnern Nordamerikas bekannt ist. Es heißt, ein Wendigo können einen kilometerweit verfolgen, ohne das man es merkt, und habe einen unstillbaren Hunger auf Menschenfleisch. Er wird oft als Hirschmensch dargestellt, war aber ursprünglich nur ein mit einer fahlen, fleckigen Haut überspanntes Skelett mit einem lippenlosen Mund und spitzen, gelben Zähnen. Zudem soll er ein Herz aus Eis besitzen und blutige Fußabdrücke hinterlassen. Komplett anzeigen

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