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Bend, not Broken

von

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Und am Ende war es dunkel

„So hat es also mit uns begonnen“, flüsterte Shinya nachdenklich. Den Blick gesenkt, nahm er sich die Zeit, um alles erst einmal zu verarbeiten, zu begreifen.

„Ja, so hat es angefangen.“ Seufzend legte sich Kyo quer über das Bett, um seinen Kopf auf dem Oberschenkel des Bassisten ablegen zu können, welchem er zärtlich über die Wange strich. Ihm und seinem Mut hatten sie es zu verdanken, dass sie alle am Ende von ihren Gefühlen füreinander wussten.

„Wie ging es weiter?“ fragend sah der Jüngste seine Liebsten an. „Was... haben Daisuke und Kaoru dazu gesagt, dass wir...?“

Toshiya begann zu Lachen. „Gar nichts. Erstmal zumindest. Die waren so baff von dieser Nachricht, dass es denen die Sprache verschlagen hat.“

Kyo schmunzelte, während er sich daran erinnerte. Sie hatten so schön blöd aus der Wäsche geguckt. „Wir haben es ihnen aber auch erst etwa einen Monat später erzählt.“ Seine Augen gingen zu Shinya, während seine Hand sich in den schwarzen Haaransatz des Anderen verirrte und begann ihn im Nacken zu kraulen. „Diese Zeit nahmen wir uns, um selbst erst einmal mit allem zurecht zu kommen. Um uns auf diese Weise aneinander zu gewöhnen und wirklich zu erkennen, dass wir nicht träumten, sondern wirklich dieses unglaubliche Glück gefunden hatten.“

„Ich kann es kaum erwarten nach Hause zu kommen und es erneut kennen zu lernen.“ Wenngleich er nicht viel wusste, aber das Herzklopfen und das Verlangen nach Nähe war eindeutig Liebe. „Ich mag vergessen haben, doch ich fühle mich immer noch zu euch hingezogen.“ Kurz erwiderte er den Blick, ehe ein leichter Schmerz dafür sorgte, dass er das Gesicht ein wenig verzog und er sich nach hinten in seine Kissen fallen ließ. „Doofer Rücken.“

„Der wird auch wieder“, versuchte Kyo zu beruhigen. Mit dem Kraulen musste er leider aufhören, weil der Arm so schwer wurde. Was Toshiya zwar ein wenig schmollen ließ, aber nach einem Luftkuss war auch das schon wieder vergessen.

„Ich hoffe doch. Ich will nämlich auch so bald wie möglich an mein Schlagzeug und all die Songs lernen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben.“ Seine Stimme klang fest und entschlossen. Sein Blick zeugte von Willenskraft und Tatendrang. Um nur Sekunden später wieder ein wenig nachdenklich und betrübt zu werden. „Was- was habt ihr denn bei dem Treffen mit den anderen Beiden besprochen?“

Seufzend setzte der Sänger sich auf. „Dies und das.“

„Der ein oder andere Termin in irgendeiner Show steht an. Wir haben abgeklärt, wer hin gehen und was erzählt werden soll.“

„Und weiter?“ Shinya spürte, dass da noch was größeres war.

„Weiter“, setzte der Älteste an, suchte nach weiteren Worten, „haben wir beschlossen uns nach anderen Aktivitäten umzusehen. Es gibt zwar noch Einnahmen und alles, aber derzeit eben nicht wirklich viel. Weswegen es schlau wäre sich nach weiteren Einnahmequellen umzusehen. Und das nicht unbedingt als Band.“

„Natürlich nur, bis du wieder fit bist“, ergänzte Toshiya auch gleich und erhob sich, allerdings nur, um sich gleich darauf neben den jüngeren Freund zu setzen und ihn in den Arm zu nehmen. „Bei den Fortschritten, die du im Moment machst, sollte es nicht mehr lange dauern. Es wird ja auch nur vorübergehend sein.“

Dennoch war der Jüngste nun ein wenig niedergeschlagen. Natürlich war es nicht seine Schuld. Das Erdbeben und sein Unfall waren einfach eine unglückliche Kombination von Katastrophen gewesen, gegen die niemand und er selbst schon gar nichts hätten ausrichten können. Das wusste sein Kopf. Sein Musikerherz hatte dennoch ein schlechtes Gewissen.

„Habt-“ Das Sprechen fiel ihm schwer mit dem Kloß im Hals. „Habt ihr schon Ideen?“

„Eto, ich bis jetzt noch nicht“, gestand der Mann, der ihn hielt, weswegen sein Blick fragend zu dem Sänger weiter ging.

„Ich denke, ich werde ein paar der Texte, die ich neulich geschrieben habe und die sich nicht für Dir en Grey eignen, zusammen fassen und als einen neuen Gedichtband herausbringen. Wobei ich auch ein paar habe, zu denen ich gerne Musik hätte.“ Schulter zuckend seufzte er. „Aber dafür muss ich sie noch mal durchgehen. Ansonsten habe ich noch immer ein paar Ansätze für Ideen von damals, wo die Sache mit meiner Stimme war.“

„Deine Stimme?“ Neugierig und hektisch sah Shinya von einem zum Anderen.

„Ach ja. Das haben wir dir bisher auch noch nicht erzählt.“ Toshiya rieb sich die Stirn. Sie redeten nicht gerne darüber, aber wenn sie es schon mal angeschnitten hatten, konnten sie es auch ganz ausführen. „Das war so:“
 

Wieder so viele Informationen, die er verarbeiten musste. So konnte er sich gar nicht mehr wirklich darüber freuen, dass eine Erinnerung von allein wieder zurück gekehrt war.

Natürlich mussten seine Freunde sich nach neuen Möglichkeiten umsehen Geld zu verdienen. Es war nun einmal trauriges Schicksal eines jeden Musikers, dass er präsent sein und auch abliefern musste. Sofern er denn von dieser Arbeit allein leben wollte.

Für Kyo und Toshiya kam dann auch noch die Doppelbelastung mit seinem langen, kostspieligen Krankenhausaufenthalt hinzu. Rund drei Monate lebte er immerhin schon in welchen.

Seufzend zog er die Knie unters Kinn, schlang seine Arme um die Beine. Wenn er doch nur mehr beitragen könnte als nur 'wieder gesund werden'. Derzeit war er einfach nur ein unnützer Krüppel.

Wieder wanderten seine Gedanken zu den beiden Männern, die ihn liebten. Welchen er nach seiner Amnesie erneut sein Herz geschenkt hatte. Sie taten so viel, waren ständig hier an seiner Seite und taten, was sie konnten. Leider war da ein kleines Stimmchen in seinem Inneren, dass der Meinung war, dass sie sich ihm gegenüber ein wenig verstellten. Sich anders verhielten, als wenn er seine Erinnerungen noch besitzen würde. Eine dumme Stimme. Allerdings auch hartnäckig.

Wie aber könnten sie sich sonst verhalten? Bereits jetzt, küssten sie sich immer wieder, suchten den Kontakt zueinander. Und durch das, was die Beiden ihm in den letzten Wochen so erzählten, wüsste er nicht, dass es anders sein müsste. Dumme Zweifel. Sie konnte er so gar nicht gebrauchen.

Seufzend löste Shinya nach einigen weiteren Minuten die Umarmung. Er musste ins Badezimmer. Er schwang die Beine aus dem Bett und angelte nach seinem Rollstuhl. Für Krücken waren seine Arme leider noch nicht kräftig genug. Leider musste er feststellen, dass vorhin die Bremsen nicht angezogen worden waren, denn sein Gefährt rollte ein Stück von ihm weg.

„Kuso!“, fluchte er leise. Das hatte ihm jetzt echt noch gefehlt. Er musste doch ins Badezimmer. Und wenn er vorsichtig...? Üben sollte er schließlich. Langsam rutschte er vom Bett herunter, bis seine Füße den Boden berührten. Bereits jetzt merkte er, wie seine Muskeln zitterten, ob der Anstrengung. Dabei mussten sie noch längst nicht sein ganzes Gewicht tragen.

„Reißt euch zusammen!“, zischte er und sah böse auf seine Beine. Stückchen für Stückchen richtete er sich weiter auf, eine Hand an dem Beistelltisch, bis er schließlich stand. Zittrig zwar, aber er stand. Seine ganze Kraft kostete es auch. Shinya konnte nicht anders, als ein wenig zu Lächeln, sich zu freuen, dass es soweit bereits klappte. Jedoch wurde er nun auch übermütig. Seinen linken Fuß schob er vor. Um ihn anzuheben fehlte schlichtweg der sichere Stand. Er wollte versuchen, ob er nicht bis zum Badezimmer gehen konnte.

Seine Freude wurde größer. Das hatte auch geklappt. Wenn er allerdings weiter wollte, musste er seinen Griff an dem Tisch lösen. Tat er es? Bis zum Rollstuhl war es ja nicht weit. Nur ein Schritt entfernte sie voneinander.

„Du schaffst das. Trau dich“, sprach er sich Mut zu. Der schlanke Japaner verlagerte sein Gewicht auf das vordere Bein, während er das andere hinterher zog. Noch während er den rechten Fuß an dem anderen vorbei schob, ließ er von seinem Halt ab, reichte die Länge seines Armes doch nicht mehr. Für den kurzen Moment würde es auch ohne gehen.

Es blieb bei einem kurzen Moment. Im nächsten gaben seine Beine auf. Ihnen fehlte einfach noch die nötige Kraft, um sein weniges Gewicht halten zu können. Und sein Gleichgewicht war auch noch wackelig dabei. Mit einem überraschten Aufschrei fiel der Musiker auf den Boden, konnte sich nur dürftig abfangen.

Reglos blieb er für einige Sekunden liegen. Ein wenig geschockt von dem, was gerade geschehen war. Dann sammelten sich die ersten Tränen in seinen Augen.

Zu unfähig, um zu stehen.

Das war er.

Dieser dumme, nichtsnutzige Körper.

„Shinya!“

Ruckartig sah er hoch.

Da hatte doch jemand geschrien. Nein, nicht jemand. Kyo. Es war seine entsetzte, panisch klingende Stimme.

Und als würde sich eine Schleuse öffnen, strömte eine Flut an Bildern auf ihn ein. Er sah die volle Halle, hörte die Musik, den Jubel und spürte, wie die Erde zu beben anfing. Noch einmal fühlte er den Schmerz, als er zu seinen Freunden gehen wollte, sein Fuß aber entschied, dass er das nicht durfte. Kyos und Toshiyas ängstliche Gesichter und wie sie ihn holen wollten. Als nächstes sah er nur noch, wie dieses Monstrum von oben auf ihn zugerast kam.

Danach alles schwarz, als Shinya, überwältigt von der traumatischen Erinnerung, sein Bewusstsein verlor.



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