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Brothers

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So, dieses Mal wieder pünktlich zum Sonntag, nachdem mein Rechner mich erst ärgern und mein Word nicht aufrufen wollte. Jetzt läuft's allerdings, also kriegt ihr auch gleich das nächste Kapitel.
:)

Dieses Mal gibt's auch wieder eine Widmung: Für  night-blue-dragon - einfach dafür, dass du in deinem letzten Kommentar etwas aufgedeckt hast, von dem ich gehofft hatte, dass es jemandem auffällt. Stichwort Noah.
;)

Ich hoffe, das Kapitel gefällt dir - und natürlich auch allen anderen Lesern.
:)

Und jetzt: enjoy!

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Stress

Meine Fresse, ich kann nicht mehr! Ächzend ließ Ryuuji sich am Mittwochabend auf die Couch im Wohnzimmer fallen. Inzwischen war er einfach nur noch vollkommen erledigt. Er hatte ja keine Ahnung gehabt, was für einen Rattenschwanz an – zumindest in seinen Augen größtenteils überflüssiger – Bürokratie so ein Sterbefall nach sich zog. Während der letzten paar Tage hatte er eigentlich kaum mal überhaupt wirklich Zeit zum Verschnaufen gehabt. Es war einfach so verdammt viel zu tun gewesen.
 

Zum Glück ist Max geblieben. Ohne ihn, dessen war Ryuuji sich hundertprozentig sicher, hätte er irgendwann in dem ganzen Chaos den Überblick verloren und ganz bestimmt irgendetwas Wichtiges vergessen. Ihm schwirrte auch noch nachträglich der Kopf bei dem Gedanken an die ganzen Ämter und Bürokraten, mit denen er sich hatte herumschlagen müssen. Und wenn Max ihn nicht am Morgen noch daran erinnert hätte, dann hätte er es sicher auch vollkommen verschwitzt, seine Familie über seine geplante Rückkehr zu informieren.
 

So aber hatte er direkt nach dem Frühstück angerufen und, sehr zu seinem Erstaunen, nicht mit Isono-san, sondern tatsächlich direkt mit Gozaburo-san gesprochen, der, seinen eigenen Worten zufolge, in den kommenden Wochen zumindest zeitweilig von zu Hause aus zu arbeiten gedachte. Dankenswerterweise, erinnerte Ryuuji sich, hatte Gozaburo-san allerdings keinerlei Fragen nach seinem Befinden gestellt, sondern ihm lediglich versichert, dass er sich wie schon am Sonntag um die Reisevorbereitungen für den Donnerstag kümmern würde.
 

"Deine Mutter wird sich freuen, dich endlich wieder zu Hause zu haben. Und damit ist sie nicht alleine", hatte er sich schließlich verabschiedet und die Worte hatten Ryuuji ein unerwartet warmes Gefühl verschafft. Er wusste, er hatte seiner Mutter dadurch, dass er ihr zwischendurch nur mit einer knappen SMS mitgeteilt hatte, dass Max bei ihm war, ihre Sorgen um ihn sicher nicht vollständig nehmen können. Höchste Zeit also, sie persönlich davon zu überzeugen, dass es ihm inzwischen ein ganzes Stück besser ging als am vergangenen Sonntag. Von Zeit zu Zeit erwischten ihn die Erinnerungen zwar immer noch kalt, aber mittlerweile war er dafür wesentlich besser gewappnet. Daher war die Aussicht, seiner Mutter und auch Katsuya gegenüberzutreten, nicht mehr so schreckbehaftet wie sie es noch am Anfang der Woche gewesen war.
 

Seufzend fuhr Ryuuji sich durch die Haare. Gerade Katsuya würde ihn sicher erst einmal ordentlich durchschütteln, weil er ihm nicht selbst erzählt hatte, was passiert war, und würde ihn dann halb erdrücken in dem Versuch, ihn so zu trösten. Und er war ganz sicher ziemlich angepisst, dass es ausgerechnet Seto gewesen war, von dem er alles erfahren hatte – falls Seto denn sein Wort gehalten und Katsuya informiert hatte. Immerhin, das wusste Ryuuji ganz genau, lagen sein bester Freund und sein Stiefbruder schon miteinander im Clinch, seit sie sich kannten.
 

Aber darum, Katsuyas gesträubtes Gefieder zu glätten, würde er sich kümmern, wenn er erst mal zurück in Japan war. Er hatte mit seinem Stiefvater abgemacht, dass er am morgigen Donnerstag um 11:30 Uhr hier in Frisco abfliegen würde. In Tokio wäre es dann 4:30 Uhr am Freitagmorgen. Wenn alles glatt ging und der Flug wie beim letzten Mal neuneinhalb Stunden dauern würde, dann wäre er also gegen 14 Uhr wieder in Tokio. Vielleicht sogar noch früh genug, um kurz an der Schule vorbeizufahren und gleich mit Kats zu sprechen. Das wär sicher nicht verkehrt. So wäre das dann auch schon mal erledigt, grübelte Ryuuji und zwirbelte abwesend eine seiner schwarzen Strähnen um seinen Zeigefinger. Dann kann er mich direkt anpflaumen und ich hab's schneller hinter mir.
 

Und, erinnerte ihn seine innere Stimme ungebeten, er würde auch Seto früher wiedersehen als den Rest seiner Familie. Vielleicht doch keine so gute Idee. Ryuuji seufzte. Scheiß drauf. Ich kann mir immer noch überlegen, was ich mache, wenn ich erst mal gelandet bin. Das war wahrscheinlich ohnehin die beste Lösung. Warum sich jetzt schon den Kopf zerbrechen über etwas, das noch wenigstens einen halben Tag, wenn nicht sogar noch länger, in der Zukunft lag?
 

"Alles in Ordnung?", holte Maximilians Stimme Ryuuji wieder aus seinen Gedanken. Der besorgte Unterton entging ihm nicht, daher blickte er auf und bedachte seinen Gast mit einem matten Lächeln. "Abgesehen davon, dass ich für den Rest meines Lebens am liebsten keine Bürokraten mehr sehen möchte, geht's mir blendend", gab er zurück und Maximilian lachte leise. "Das Gefühl kenne ich. Aber ich fürchte, du wirst dich leider noch des Öfteren mit irgendwelchen Behörden herumschlagen müssen", erwiderte er und Ryuuji zog eine Grimasse. "Das hatte ich fast schon befürchtet."
 

"Stell dir mal vor, du müsstest dich beruflich damit auseinandersetzen." Maximilian machte es sich in einem der Sessel bequem und streckte seine Beine aus. Auch er hatte nichts gegen ein bisschen Ruhe nach der Hektik der letzten Tage. "Das hast du dir selbst so ausgesucht, Max", erinnerte ihn sein Patensohn und der Angesprochene nickte schmunzelnd. "Und genau deshalb will ich definitiv nicht Jura studieren." Ryuuji seufzte. Seine Zukunftspläne waren auch einer von unzähligen Reibungspunkten zwischen seinem Vater und ihm gewesen. Sein Vater hätte ihn gerne als Anwalt gesehen, aber schon der Gedanke an all die Paragraphen und die trockene Theorie, die so ein Jurastudium mit sich brachte, war ihm ungemein zuwider.
 

"Ich könnte mir dich ehrlich gesagt auch nicht als Anwalt vorstellen", unterbrach Maximilian die Erinnerungen seines Patensohnes und schüttelte den Kopf, als dieser ihn ansah. "Das bedeutet nicht, dass ich dich nicht für klug genug für ein Jurastudium halte." Denn das war Duke zweifelsohne. Aber er war einfach nicht der Typ Mensch, der damit zufrieden sein würde, Gesetzbücher zu wälzen und in Gerichtssälen zu stehen. Nein, das war definitiv nicht seine Welt. "Aber ich glaube einfach nicht, dass das das Richtige für dich wäre."
 

"Wäre es auch nicht." Nur schade, dachte Ryuuji, dass sein Dad das partout nicht hatte einsehen wollen. Seine Neigungen und Talente gingen nun mal in eine völlig andere Richtung als Jura. Aber das war noch Zukunftsmusik. Erst einmal musste er seinen Schulabschluss schaffen und sich dann eine Uni aussuchen, an der er studieren wollte. Ob er das allerdings in Japan oder doch hier in den Staaten tun wollte, wusste Ryuuji beim besten Willen noch nicht. Aber noch, beruhigte er sich selbst, hatte er ja auch noch eine ganze Weile Zeit zum Nachdenken. Er musste jetzt also noch nichts überstürzen.
 

"Ich glaube, ich sollte auch noch den Rest packen. Immerhin geht's morgen früh ja schon los." Gesagt, getan. Ryuuji hievte sich von der Couch hoch und verschwand in seinem Zimmer. Allzu viel gab es zwar nicht mehr einzupacken, aber, dachte er bei sich, es wäre sicher nicht verkehrt, das jetzt schon hinter sich zu bringen. So konnte er dann auch gleich sichergehen, dass er nichts vergaß. Ryuuji holte also auch noch seine letzten Sachen aus seinem Kleiderschrank, faltete sie ebenso wie den Anzug, den er am Montag getragen hatte, ordentlich zusammen und verstaute alles in seinem Koffer. Ganz obendrauf legte er äußerst vorsichtig die Lederjacke seines Vaters. Dabei lag ein melancholisches Lächeln auf seinen Lippen. Sein Vater hatte diese Jacke wirklich geliebt. Und auch für ihn selbst hingen so viele Erinnerungen daran, dass er sie einfach mitnehmen musste.
 

Die Kartons, die er an den letzten Abenden gemeinsam mit Max gepackt hatte, standen bereits fein säuberlich gestapelt neben der Haustür. Max hatte, nachdem er selbst am Morgen auch noch kurz mit Gozaburo-san gesprochen hatte, einen größeren Wagen für den morgigen Vormittag gemietet, um die Sachen zum Flughafen transportieren zu können. Laut seiner Aussage hatte Gozaburo-san bereits veranlasst, dass das Zimmer neben seinem, das bisher leer gestanden hatte, vorbereitet wurde für die Dinge, die er aus San Francisco mitzubringen gedachte – eine Geste, die Ryuuji seinem Stiefvater hoch anrechnete. Selbstverständlich war das sicher nicht.
 

Noch ein Grund mehr, warum ich wirklich dringend mit ihm reden sollte, nahm Ryuuji sich nicht zum ersten Mal in den letzten Tagen vor. Einerseits hatte er es seiner Mutter am Samstagabend fest versprochen und andererseits hatte Gozaburo-san nach allem, was er jetzt schon für ihn getan hatte, die Ehrlichkeit wirklich verdient. Blieb nur zu hoffen, dass seine Reaktion auf das, was er zu hören bekommen würde, nicht allzu negativ ausfiel.
 

Noch was, worüber ich mir morgen Sorgen machen kann, wenn ich wieder in Japan bin, sinnierte Ryuuji, schloss seinen Koffer und wuchtete ihn in den Flur zu den Kartons. Dann ging er wieder zurück ins Wohnzimmer, wo Maximilian noch immer auf ihn wartete. "Heute was bestellen?", schlug er vor und Max schmunzelte. "Von mir aus gerne", gab er zurück, stand auf und folgte seinem Patensohn in die Küche, wo James immer die Flyer sämtlicher Lieferdienste in der Umgebung aufbewahrt hatte. Zwar war er auch ein recht passabler Koch gewesen, allerdings bei weitem kein so guter wie sein Sohn. Und da er, im Gegensatz zu Duke, auch nicht viel Spaß am Kochen gehabt hatte, hatte er sich, wenn er alleine zu Hause gewesen war, doch meistens mit dem über Wasser gehalten, was er sich hatte liefern lassen können.
 

Nach kurzer Überlegung entschieden die beiden sich für einen indischen Imbiss in der Nähe und während Max per Handy die Bestellung aufgab, schnappte Ryuuji sich das Telefon aus dem Wohnzimmer, um sich noch eben von Alister und Valon zu verabschieden. Er erklärte den beiden jedoch nur, dass er am nächsten Morgen wieder nach Tokio zurückfliegen würde. Warum er überhaupt da gewesen war, behielt er auch jetzt für sich, denn er wollte den beiden weder die gute Laune verderben noch wollte er sich selbst jetzt mit Fragen nach seinem Befinden und seinen Gefühlen auseinandersetzen. Jetzt wollte er einfach nur den letzten Abend, den er fürs Erste hier verbringen würde, irgendwie überstehen, ohne wieder zu sehr in Grübeleien oder Erinnerungen zu versinken. Aus diesem Grund machte er es sich auch, sobald das Essen erst mal da war, gemeinsam mit Maximilian auf der Terrasse bequem. So – mit dem Sonnenuntergang und dem Ozean direkt vor Augen – ließ es sich eindeutig aushalten.
 

oOo
 

Nachdem er am späten Nachmittag kurz mit seinem Stiefsohn telefoniert und von diesem erfahren hatte, dass dieser schon am nächsten Tag zurückkehren würde, hatte Gozaburo sich erst einmal wieder seiner Arbeit gewidmet. Zwischendurch hatte er seinen persönlichen Assistenten instruiert, sich wie schon am Sonntag um die Reisevorbereitungen für Ryuuji zu kümmern. Bei Isono waren solche Dinge in den besten Händen, das wusste er aus eigener Erfahrung.
 

Und während Isono damit beschäftigt gewesen war, mit dem Team in San Francisco Kontakt aufzunehmen und alles in die Wege zu leiten, hatte Gozaburo selbst irgendwann seine Arbeit Arbeit sein lassen und war vom Arbeitszimmer aus in den Flügel der Villa gegangen, in dem die Privaträume seiner Familie lagen. Er hatte Pegasus-san, der sich ihm bei dem Telefonat als der Anwalt von Ryuujis verstorbenem Vater vorgestellt hatte, zugesichert, dass er für die Dinge, die Ryuuji aus den Staaten mitbringen wollte, Platz schaffen würde. Und genau das würde er auch tun.
 

Das Zimmer, das neben Ryuujis Schlafzimmer lag, war ohnehin bisher ein ungenutztes Gästezimmer gewesen, also gab es nicht allzu viel, was hier zu tun war. Wie sämtliche anderen ungenutzten Räume wurde auch dieser regelmäßig gereinigt. Stauraum, sinnierte Gozaburo, während er sich in dem leeren Zimmer umsah und dieses inspizierte, gab es hier in den Schränken und Regalen hoffentlich genug. Und wenn Ryuuji doch noch irgendetwas brauchen sollte, dann konnte er ja Bescheid sagen. Sie würden dann schon eine Lösung finden.
 

Da im Moment nicht mehr viel zu tun blieb und der Bericht der Lohnbuchhaltung auch problemlos bis nach dem Abendessen oder notfalls auch bis morgen warten konnte, machte Gozaburo sich schließlich nach einem letzten Rundblick durch den Raum und einem knappen Blick auf die Uhr auf den Weg ins Esszimmer. Seine Söhne, das hatte er gehört, waren schon vor einer Weile nach Hause gekommen und warteten, wie er es sich gedacht hatte, mit seiner Frau bereits auf ihn.
 

Einen Moment lang war Gozaburo versucht, die Drei gleich über das Telefonat mit Ryuuji und dessen Heimreisepläne in Kenntnis zu setzen, aber als Mokuba noch vor dem ersten Bissen freudestrahlend verkündete, dass er sich für den nächsten Nachmittag mit seinen beiden besten Freunden verabredetet hatte, unterließ Gozaburo das lieber. Der Junge hatte in der vergangenen Woche immer mal regelrecht geknickt gewirkt und da wollte er ganz sicher nicht, dass er das Treffen mit seinen Freunden, auf das er sich so offensichtlich freute, absagte, um für Ryuuji da zu sein. Wenn er abends nach Hause kam, wäre es dafür sicher immer noch früh genug. Immerhin hatten ihre drei Jungs ja dann ein ganzes Wochenende vor sich, um miteinander zu reden.
 

Seto, der die ganze Woche auf eine Nachricht von seinem Stiefbruder gewartet hatte, brannte wie jeden Abend die Frage auf der Zunge, ob Ryuuji sich gemeldet hatte, doch er sprach sie nicht aus. Auch ihm war nicht entgangen, dass Mokuba in den letzten Tagen immer mal wieder in Grübeleien über Ryuuji versunken war. Dass er sich jetzt so auf die Verabredung mit Ryou und Yuugi freute, erschien Seto daher wie ein gutes Zeichen. Außerdem würde Ryuuji wahrscheinlich ohnehin nicht vor dem Wochenende nach Hause kommen, also würde Mokuba die Ablenkung sicher gut tun.
 

Nur er selbst, dachte Seto mit einem innerlichen Seufzen, hatte nicht viel, was ihn ablenken konnte. Er hatte sich zwar am Dienstag und auch am Mittwoch nach der Schule mit Yami getroffen und war mit diesem gemeinsam im Museum gewesen, aber er hatte sich des Gefühls nicht erwehren können, dass er dort eigentlich eher gestört hatte. Zwar hatten weder Malik noch Ishizu Ishtar, mit denen Yami offenbar inzwischen eine Menge Zeit verbracht hatte, irgendetwas in dieser Richtung gesagt, aber gerade die Blicke, die Malik hin und wieder in seine Richtung geworfen hatte, waren doch recht deutlich gewesen.
 

Aus diesem Grund hatte Seto auch die meiste Zeit mit Gesprächen mit Maliks Schwester Ishizu verbracht, aber trotzdem war er sich wie ein Eindringling vorgekommen. Aus diesem Grund hatte er auch Yamis Einladung, ihn Donnerstag und Freitag wieder zu begleiten, dankend abgelehnt. Selbst jemandem wie ihm, der von so etwas eigentlich überhaupt keine Ahnung hatte, war nicht entgangen, dass Yami und Malik meistens schon innerhalb von fünf Minuten in ihrer eigenen kleinen Welt waren, in der nicht einmal Ishizu Zutritt hatte. Und da wollte er nun wirklich nicht stören. Also, hatte er sich vorgenommen, würde er in den nächsten Tagen wohl einfach mal wieder ein bisschen lesen oder ein paar Bahnen extra schwimmen. Seinen Grübeleien konnte er auf die Art zwar auch nicht entkommen, aber so tat er wenigstens trotzdem noch etwas Produktives und war für niemanden das fünfte Rad am Wagen.
 

Mokuba, der in der vergangenen Woche so viel Zeit wie möglich damit verbracht hatte, sich irgendwie abzulenken, um nicht ständig über Ryuuji und seinen Vater nachzugrübeln, freute sich tatsächlich unbändig auf den Nachmittag, der morgen vor ihm lag. Die letzten paar Tage hatte er fast ausschließlich alleine mit Ryou verbracht und das war, auch wenn er sich das nicht gerne eingestand, ganz schön anstrengend gewesen. Er hatte einfach nicht so recht gewusst, ob er Ryou auf die Sache mit der Klassenfahrt ansprechen sollte oder nicht, also hatte er es lieber gelassen.
 

Und Ryou schien seinerseits im Moment auch nicht über das reden zu wollen, was zwischen ihnen vorgefallen war. Mokuba konnte nur vermuten, dass sein eigener kurzer Zusammenbruch am Montagmorgen vor der Schule der Grund dafür war, aber er hatte sicherheitshalber lieber nicht nachgebohrt. Trotzdem war er dankbar, dass Ryou sich ihm gegenüber im Moment nicht anders verhielt als er es vor der Klassenfahrt auch getan hatte. Ganz bestimmt war das nicht leicht für ihn, aber da Mokuba nicht wusste, wie er es für seinen weißhaarigen Freund einfacher machen konnte, hatte er einfach nur geschwiegen und war froh darüber gewesen, dass er nicht allzu sehr zum Grübeln gekommen war.
 

Zwar war die Gewissheit dessen, was mit Ryuujis Vater passiert war, spätestens abends beim Heimkommen immer wieder da gewesen, aber es war inzwischen doch etwas einfacher geworden, damit umzugehen. Und das, das wusste Mokuba, verdankte er zu einem nicht geringen Teil Ryou. Ryou war schon immer richtig gut im Zuhören und Trösten gewesen. Und die gemeinsame Planung für das Treffen mit Yuugi und Rebecca, das sie für den Freitagnachmittag festgemacht hatten, hatte ihm auch dabei geholfen, sich abzulenken.
 

Mokuba schmunzelte ein wenig. Er war wirklich schon unglaublich gespannt auf das Mädchen, das Yuugi so tierisch den Kopf verdreht hatte. Denn dass es so war, leugnete mittlerweile nicht mal mehr Yuugi selbst. Es war aber auch einfach nur offensichtlich. Wann immer der Name ›Rebecca‹ fiel, wurde Yuugi knallrot und begann zu stottern. Und wenn er erst mal anfing, über sie zu reden, konnte er sich kaum bremsen und überbot sich selbst immer wieder mit Beschreibungen davon, wie toll sie war und wie wundervoll er sie doch fand.
 

Noch immer bestens gelaunt beendete Mokuba schließlich das Abendessen, stand auf und drückte Yukiko einen Kuss auf die Wange – etwas, das er sich nach dem katastrophalen Sonntag einfach angewöhnt hatte. Und da es sie ganz offensichtlich nicht störte, hatte er auch nicht vor, damit wieder aufzuhören. Anfangs war er manchmal noch etwas nervös gewesen, aber das hatte sich inzwischen gelegt. So, sinnierte er, während er sich gemeinsam mit seinem Bruder auf den Weg nach oben machte, musste es sich wohl anfühlen, wenn man wirklich eine Mutter hatte, die man liebte. Jetzt verstand er auch, warum es Seto anfangs so schwer gefallen war, sich für ihren Vater zu freuen, dass dieser wieder hatte heiraten wollen. Immerhin erinnerte er sich ja doch noch an ihre gemeinsame Mutter.
 

Allerdings schien Seto inzwischen wirklich kein Problem mehr mit Yukiko zu haben, denn immer öfter lächelte er auch in ihrem Beisein. Meistens war es nur ein knappes, schmales Lächeln, aber dass sein Bruder es überhaupt tat, sagte für Mokuba eigentlich schon genug. Immerhin lächelte Seto nun wirklich nicht besonders oft. Meistens tat er das nur, wenn er unter Menschen war, die er mochte. Also bedeutete das ja wohl im Umkehrschluss, dass Seto auch Yukiko mochte. Sie war zwar nicht ihre leibliche Mutter, aber wenigstens hatte Seto akzeptiert, dass es sie gab und dass ihr Vater glücklich mit ihr war. Und das war doch die Hauptsache, nicht wahr?
 

"Du bist aber heute sehr gut gelaunt, otouto", sprach Seto seinen Bruder auf dem Weg nach oben an. Mokuba nickte heftig und grinste ihn dann so breit an, dass Seto sich kurzzeitig etwas geblendet fühlte. "Bin ich auch, Nii-san. Yuugi bringt nämlich morgen Rebecca mit. Sie ist die Enkelin von einem von Sugoroku-sans Freunden und im Moment mit ihrem Großvater bei Sugoroku-san zu Besuch. Und Yuugi ist Hals über Kopf verliebt in sie!", verkündete der Fünfzehnjährige und kicherte. "Morgen will er sie Ryou und mir endlich vorstellen." Wenn das kein Grund für gute Laune war, was war es dann?
 

Beinahe gegen seinen Willen musste Seto auch ein wenig schmunzeln über die Begeisterung, die Mokuba förmlich aus jeder Pore drang. Es tat gut, seinen kleinen Bruder so ausgelassen zu sehen. Und noch besser war es, dass er solche Dinge jetzt wieder aus erster Hand erfuhr und nicht mehr irgendwann später oder durch einen Zufall. Es war wirklich eine Wohltat, wieder einer von Mokubas ersten Ansprechpartnern zu sein, wenn er etwas auf dem Herzen hatte – egal, ob es sich um etwas Schlechtes handelte oder um etwas Gutes, so wie jetzt gerade.
 

"Und was habt ihr Vier morgen vor?" Die interessierte Nachfrage seines großen Bruders brachte Mokuba dazu, ebendiesen Bruder am Arm zu packen und mit in sein Zimmer zu schleifen. "Wir wollen morgen erst ein bisschen in die Arkade und dann mal schauen, was uns noch so einfällt", plapperte er dabei munter auf Seto ein und dieser wuschelte ihm lächelnd durch die Haare. "Ein Mädchen, das gerne in der Arkade spielt?", erkundigte er sich amüsiert und Mokuba nickte heftig.
 

"Ja, allerdings. Sie war bisher fast die ganze Woche nachmittags mit Yuugi da, damit sie ihn endlich auch mal schlagen kann. Yuugi sagte, er hätte erst etwas Schiss gehabt, dass sie vielleicht doch keinen Spaß daran hat, aber nach seinen Erzählungen hat sie eine Menge Spaß. Wir – also Ryou und ich – wollen morgen bloß rausfinden, ob das wirklich an den Spielen liegt oder nicht vielleicht doch mehr an Yuugi", erklärte er den Plan, den Ryou und er gemeinsam gefasst hatten. "Wir wollen uns mal ein bisschen einmischen und schauen, was dann passiert", fuhr er mit leuchtenden Augen fort und begann wieder zu kichern. "Ich bin so gespannt auf morgen, Nii-san!"
 

"Dann wünsche ich euch viel Erfolg. Ryou und dir mit eurem Plan und Yuugi mit seiner Herzdame." Seto schmunzelte wieder. Scheint ganz so, als wäre Yami nicht der Einzige der Mutos, dessen Liebesleben derzeit in Aufruhr ist, dachte er bei sich, sprach das aber nicht laut aus. Das, was er Anfang der Woche beobachtet hatte, war immerhin eindeutig noch nicht spruchreif. Und zu hundert Prozent war er sich auch nicht sicher, ob er sich nicht vielleicht doch nur etwas einbildete. Allerdings, erinnerte Seto sich, waren Ishizus Blicke, wenn sie zwischen Yami und Malik hin und her gewandert waren, auch sehr beredt gewesen. Er konnte zwar nur vermuten, dass sie das Gleiche gesehen hatte wie er, aber so komplett falsch liegen konnte er doch nicht, oder?
 

Mit einem innerlichen Achselzucken schob Seto diese Fragen für den Moment erst mal beiseite. Er würde Yami einfach bei Gelegenheit selbst darauf ansprechen. Dann würde er schon erfahren, was es genau war, das zwischen seinem besten Freund und diesem Ägypter in der Luft zu liegen schien. Allerdings war das jetzt nebensächlich, also richtete Seto seine Konzentration erst mal wieder auf das Gespräch mit seinem Bruder. Seine Grübeleien über Yami konnten auch bis morgen warten.
 

oOo
 

Sobald seine beiden Söhne gemeinsam nach oben gegangen waren, schob auch Gozaburo seinen Stuhl zurück und half Yukiko auf. "Ryuuji hat vor einer Weile angerufen", teilte er ihr dabei mit und lächelte sanft, als sie ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Sorge ansah. "Er kommt morgen wieder nach Hause. Er sollte gegen Nachmittag da sein", ließ er sie weiter wissen und zog sie an sich, als sie mit einem zittrigen Seufzen die Augen schloss. Er wusste, sie machte sich schon die ganze Woche Vorwürfe, weil sie hier geblieben war, anstatt ihren Sohn zu begleiten.
 

"Wie … wie geht es ihm?", fragte Yukiko leise, ohne sich von ihrem Ehemann zu lösen. Es tat gut, von ihm gehalten zu werden, aber ein Teil von ihr wollte jetzt trotzdem am liebsten bei ihrem Sohn sein und sicher gehen, dass es ihm – zumindest den Umständen entsprechend – gut ging. Zwar hatte er ihr am Dienstag eine kurze Nachricht geschickt, dass sein Patenonkel bei ihm war und auch ein paar Tage bleiben würde, aber auch das hatte sie nur marginal beruhigen können. Ja, es war gut zu wissen, dass ihr Junge nicht mehr ganz alleine war, aber trotzdem wäre es eigentlich ihre Aufgabe gewesen, sich um ihn zu kümmern.
 

Und was hatte sie stattdessen getan? Sie war hier geblieben, bei ihrer neuen Familie, und hatte ihren Jungen ganz sich selbst überlassen. Wie hatte sie nur so gewissenlos handeln können? Was war sie nur für eine furchtbare Mutter, die es ihrem siebzehnjährigen Sohn aufbürdete, so etwas Schreckliches alleine durchzustehen? Sie hätte für ihn da sein müssen. Sie hätte sich um ihn kümmern müssen. Sie hätte mit ihm gemeinsam nach San Francisco fliegen müssen. Sie hätte …
 

"Er klang, als ginge es ihm inzwischen deutlich besser als am Sonntag", unterbrach Gozaburos Stimme ihre gedankliche Selbstgeißelung. "Ich habe auch noch kurz mit dem Anwalt deines Exmannes gesprochen. Er hat mir versichert, dass er noch bis morgen bei Ryuuji bleiben und ihn zum Flughafen bringen wird", fügte er hinzu und Yukiko nickte matt. Sie kannte Maximilian schon fast so lange, wie sie James gekannt hatte, und wusste, dass man sich auf ihn verlassen konnte. Ihr Junge hatte also zumindest einen Menschen bei sich gehabt, der für ihn da gewesen war – so, wie sie es nicht gekonnt hatte.
 

Noch immer schämte Yukiko sich unsäglich dafür, dass sie am Sonntag nicht stärker gewesen war. Sie hätte Ryuuji nicht alleine fliegen lassen dürfen – ganz egal, was er gesagt hatte. Sie war seine Mutter. Es war ihre Aufgabe, sich um ihn zu kümmern, ihn zu trösten und für ihn da zu sein. Und was hatte sie stattdessen getan? Sie hatte sich um ihre neue Familie gekümmert und war bei ihrem neuen Ehemann und ihren Stiefsöhnen geblieben, anstatt sich um ihren leiblichen Sohn zu kümmern. Wie hatte sie nur so herzlos sein können?
 

"Ich bin eine schreckliche Mutter." Yukiko bemerkte erst, dass sie diesen Gedanken laut ausgesprochen hatte, als Gozaburo ihr eine Hand unter das Kinn legte und sie so mit sanfter Gewalt dazu zwang, ihn anzusehen. "Das bist du nicht", widersprach er. "Dein Sohn ist ein sehr willensstarker junger Mann. Und ich bin mir sicher, wenn er jetzt hier wäre, würde er dir ebenso widersprechen wie ich. Du bist keine schlechte Mutter. Du bist ein warmherziger, liebevoller Mensch. Und du hast dir nichts vorzuwerfen. Ryuuji ist kein kleines Kind mehr. Aber er wird dich trotzdem brauchen, wenn er wiederkommt. Und ich weiß ganz genau, dass du dann für ihn da sein wirst. Das werden wir alle", versicherte er ihr und in Yukikos Augen traten Tränen.
 

"Trotzdem schäme ich mich. Ich hätte ihn nicht alleine lassen dürfen", murmelte sie leise und seufzte zittrig, als Gozaburo sie an sich zog und die Arme um sie legte. "Darüber habe ich in der letzten Woche auch oft nachgedacht", gab er zu und verkniff sich ein Seufzen. Er hatte sich in der Tat des Öfteren Vorwürfe gemacht, dass er seinen Stiefsohn einfach so ohne Begleitung hatte ziehen lassen. Aber der Junge hatte nicht den Eindruck gemacht, als hätte er mit sich selbst ins Reine kommen können, wenn jemand bei ihm gewesen wäre.
 

Und zumindest in den letzten Tagen war er ja auch gar nicht mehr alleine gewesen, wenn man den Worten von Pegasus-san Glauben schenken konnte. Allerdings hatte dieser, zumindest in Gozaburos Ohren, durchaus glaubwürdig und aufrichtig geklungen. Es war nicht zu überhören gewesen, dass Ryuuji, den er während des Gesprächs wohl aus Gewohnheit immer Duke genannt hatte, obwohl er ansonsten, sehr zu Gozaburos Verwunderung, fast fließendes Japanisch gesprochen hatte, ihm sehr am Herzen lag. Bei ihm, dessen war Gozaburo sich recht sicher, war sein Stiefsohn bestimmt in guten Händen.
 

"Aber das sind alles Dinge, über die wir wohl besser morgen in Ruhe sprechen sollten, wenn Ryuuji erst mal wieder zu Hause ist." Vielleicht, so hoffte Gozaburo, konnte der Junge seiner Mutter ja besser klarmachen, dass sie nichts Falsches getan hatte, als er es konnte. Ihm würde Yukiko diese Versicherungen bestimmt nicht glauben, aber wenn Ryuuji ihr sagte, dass er ihr nicht böse war, weil sie nicht mit ihm geflogen war, dann würde das ihr schlechtes Gewissen hoffentlich doch noch beruhigen.
 

Yukiko seufzte leise und nickte dann schwach. "Wahrscheinlich hast du Recht", murmelte sie, löste sich wieder ein wenig von ihrem Ehemann und lächelte, als dieser ihr zärtlich die Tränen von den Wangen wischte. Gozaburo war eindeutig das Beste, was ihr hatte passieren können. Und dass er sich, ebenso wie sie, um ihren Jungen sorgte, bestärkte sie nur noch mehr darin, dass er der richtige Mann für sie war. Welcher andere Mann tat schon, was Gozaburo bisher für sie und Ryuuji getan hatte – und das auch noch dann, wenn es um ein Kind ging, das nicht einmal sein eigenes war?
 

"Vielleicht sollten wir mal nach Seto und Mokuba sehen", schlug Yukiko vor, um sich selbst ein bisschen abzulenken. Gozaburo hatte wirklich Recht. Für Ryuuji konnte sie jetzt im Moment nichts tun, aber sie konnte ab morgen, wenn er endlich wieder zu Hause bei ihr war, für ihn da sein. Aber ihr Sohn war schließlich nicht der Einzige, dem ein bisschen Aufmerksamkeit gut tun würde. Mokuba und auch Seto waren in der vergangenen Woche schließlich ebenfalls mit Dingen konfrontiert worden, die für die beiden nicht leicht zu bewältigen waren.
 

Zwar hatte sich besonders Mokuba bemüht, stark zu sein, aber es war hin und wieder doch nicht zu übersehen gewesen, dass er sehr oft die Nähe und den Trost seines großen Bruders gesucht hatte. Vielleicht, überlegte Yukiko auf dem Weg nach oben, war es an der Zeit, dass sie auch Seto unterstützten und sich an seiner Stelle um Mokuba kümmerten. Und vielleicht konnten Gozaburo oder sie ja auch Seto selbst zumindest ein wenig helfen. Immerhin hatte er sich in den ganzen letzten Tagen immer wieder Zeit für seinen Bruder genommen.
 

Aber hatte er sich auch mal etwas Zeit für sich selbst genommen? Irgendwie bezweifelte Yukiko das. Seto war, wie auch ihr Ryuuji, eher der Typ Mensch, der alles mit sich selbst ausmachte und nur ungern Hilfe annahm. Aber nur, weil jemand nicht um Hilfe bitten wollte, bedeutete das ja nicht automatisch, dass dieser Jemand auch wirklich keine Hilfe brauchte.
 

"Siehst du nach Mokuba? Ich würde gerne mit Seto reden." Die Worte seiner Frau überraschten Gozaburo zugegebenermaßen schon etwas, aber er hakte nicht nach, sondern nickte einfach nur, hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen und klopfte dann an die Zimmertür seines Jüngsten. Dieser wirkte reichlich verdutzt, als er die Tür öffnete und seinen Vater vor sich sah, trat aber gleich zur Seite und ließ ihn eintreten. "Ist was, Vater?", war das Letzte, was Yukiko hörte, bevor die Tür hinter den beiden wieder ins Schloss fiel und sie alleine im Flur zurückließ.
 

Seto, der inzwischen bereits wieder in sein Zimmer zurückgegangen war, nachdem sein Bruder sich all seine Aufregung wegen des bevorstehenden Kennenlernens von Yuugis Schwarm von der Seele geredet hatte, blinzelte erstaunt, als es an seine Tür klopfte und er sich nach dem Öffnen seiner Stiefmutter gegenüber sah. "Ist irgendetwas?", erkundigte er sich höflich und sein Erstaunen wandelte sich in Verwirrung, als Yukiko den Kopf schüttelte.
 

"Nicht wirklich, nein. Ich wollte nur mal nach dir sehen", gestand sie und überraschte Seto damit vollends. Es war eindeutig … ungewohnt, dass außer seinem Vater, seinem Bruder und Isono noch jemand in der Villa offensichtlich Interesse an seinem Befinden hegte. Allerdings konnte Seto nicht leugnen, dass es auf eine vertraut-schmerzhafte Art und Weise schön war. Seine eigene Mutter, daran erinnerte er sich noch sehr gut, war auch jeden Abend vor dem Schlafengehen noch mal zu ihm ins Zimmer gekommen, um nach ihm zu sehen und zu fragen, ob er noch etwas brauchte oder ob es etwas gab, was er ihr erzählen wollte. Yukiko war zwar nicht seine Mutter, aber, sinnierte Seto, man merkte, dass sie dennoch eine Mutter war. Und sie musste eindeutig eine tolle Mutter sein, wenn man danach ging, was für ein außergewöhnlicher Mensch ihr Sohn war.
 

Unwillig schüttelte Seto diesen Gedanken ab und lud seine Stiefmutter mit einer Geste ein, einzutreten. Sobald sie dieser Einladung gefolgt war, schob er die Tür hinter ihr zu und trat zu seinem Schreibtisch, um ihr einen Stuhl anzubieten. Yukiko lächelte leicht, nahm Platz und klopfte einladend auf den zweiten Stuhl, der neben dem Schreibtisch stand. "Wie geht es dir?", erkundigte sie sich, sobald er sich gesetzt hatte, und Seto haderte einen Moment lang mit sich selbst, dann beschloss er, ehrlich zu sein. So viel hatte Yukiko verdient.
 

"Nicht besonders", gab er daher zu und seufzte. "Ich … mache mir Sorgen um Ryuuji." Das einzugestehen war nicht leicht, besonders nicht gegenüber seiner Mutter, aber zu Setos Erleichterung vermutete Yukiko scheinbar keinen anderen Grund als den offensichtlichen für seine Sorge. Sie sagte jedenfalls nichts in dieser Richtung, sondern nickte nur und im nächsten Moment spürte Seto, wie sich eine warme Hand auf seine legte. "Das verstehe ich nur zu gut", erwiderte Yukiko und schüttelte kurz den Kopf, wie um einen lästigen Gedanken loszuwerden.
 

"Ich mache mir auch Sorgen", gestand sie und lächelte schwach. Aber das war nicht der Grund, aus dem sie hergekommen war, also schob sie diese Gedanken fürs Erste beiseite. Um ihren Jungen konnte sie sich morgen kümmern, wenn er wieder da war. "Aber deshalb bin ich nicht hier", ließ sie Seto wissen und sah ihn fragend an. "Du hast dich die ganze Woche um deinen Bruder gekümmert, aber was ist mit dir?", erkundigte sie sich und Seto verkniff sich ein Seufzen. Irgendwie hatte er nicht mit dieser Frage gerechnet.
 

Allerdings konnte er nicht leugnen, dass ihn das Wissen, dass Yukiko und auch sein Vater sich offensichtlich Sorgen um Mokuba und ihn machten – warum sonst sollte ihr Vater jetzt bei Mokuba sein, während Yukiko hier bei ihm war? –, irgendwie rührte. Sicher, er wusste schon seit seiner Kindheit, dass sein Vater Mokuba und ihn liebte, aber dass seine Stiefmutter offenbar aus freien Stücken zu ihm kam, war dennoch unerwartet.
 

Seto fühlte sich ein wenig befangen. Anfangs war er zugegebenermaßen doch sehr gegen die Heirat seines Vaters gewesen, auch wenn er nach dem Gespräch am Abend nach der Eröffnung dieser Pläne nichts weiter dazu gesagt hatte. Jetzt jedoch musste er sich eingestehen, dass diese neue Ehe definitiv mehr Gutes als Schlechtes mit sich gebracht hatte. Sein Vater war unübersehbar glücklich, Mokuba und er redeten endlich wieder richtig miteinander und Yukiko selbst war eine angenehm ruhige, beständige Präsenz, die ihr Familienleben nicht störte, wie Seto es zu Beginn befürchtet hatte, sondern stattdessen eindeutig eine Bereicherung darstellte.
 

Und Ryuuji … Nun, das war etwas ganz, ganz anderes. Seto schluckte unmerklich. Nach allem, was am Sonntag vorgefallen war, fühlte er sich noch sehr viel mieser, als er sich nach dem Streit am Donnerstag schon gefühlt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Ryuuji bereits Halbwaise gewesen, ohne dass irgendjemand von ihnen auch nur etwas davon geahnt hatte. Wenn er gekonnt hätte, dann hätte Seto jedes der hässlichen Worte, die er seinem Stiefbruder an den Kopf geworfen hatte, zurückgenommen. Aber dafür war es zu spät.
 

"Dein Vater vermutet, dass das, was passiert ist, für dich eine Menge Erinnerungen wieder aufgewühlt hat", schreckte die Stimme seiner Stiefmutter Seto wieder aus seinen Gedanken. Im ersten Moment wusste er nicht, was sie gemeint hatte, doch dann nickte er langsam. Es zu leugnen brachte ja nichts. Ja, der Tod von Ryuujis Vater hatte viele Erinnerungen geweckt, aber diese Erinnerungen waren nicht das, was ihn in den letzten Tagen so beschäftigt hatte. Aber wie, fragte Seto sich, sollte er seiner Stiefmutter oder auch seinem Vater das erklären, ohne zu viel von dem preiszugeben, was niemand erfahren sollte?
 

"Das hat es in der Tat", murmelte Seto, lächelte aber gleich darauf ganz leicht, um Yukiko zu zeigen, dass es ihm keinesfalls so schlecht ging, wie sie zu glauben schien. Sicher, er vermisste seine Mutter mitunter auch heute noch, aber im Augenblick war sie in seinen Gedanken nicht so präsent, wie sie es unter anderen Umständen vielleicht gewesen wäre. "Aber es geht mir gut", versicherte er seiner Stiefmutter auch noch einmal verbal. Yukiko blickte ihn zweifelnd an. "Bist du sicher?", hakte sie nach und Seto nickte. Es war ja nun wirklich nicht so, dass es ihm schlecht ging. Er war einfach nur halb wahnsinnig vor Sorge um Ryuuji. Aber das war nun wirklich nichts, was er ausgerechnet mit Ryuujis Mutter besprechen wollte. Immerhin wollte er ihre eigenen Sorgen nicht noch zusätzlich verstärken.
 

"Ja. Du musst dir meinetwegen wirklich keine Sorgen machen. Und Vater auch nicht." Die Antwort ihres Stiefsohns entlockte Yukiko ein winziges Schmunzeln. "Und trotzdem werden wir das auch weiterhin tun. Dafür sind Eltern schließlich da", erwiderte sie. "Und Eltern machen sich immer Sorgen um ihre Kinder – ganz egal, wie erwachsen diese Kinder auch sein mögen", fügte sie noch hinzu und nun musste auch Seto beinahe gegen seinen Willen schmunzeln.
 

Yukiko, stellte er wieder einmal fest, war ganz anders als seine Mutter gewesen war. Aber es tat auf eine verquere Art gut, dass sie da war. Aus diesem Grund legte Seto seine Hand auf ihre und drückte sie ganz leicht. "Danke", sagte er dabei, zögerte noch einmal kurz und tat dann etwas, was auch sein kleiner Bruder seit Neuestem immer tat: er drückte Yukiko einen zaghaften, fast schon fragenden Kuss auf die Wange. "Dafür, dass du da bist – für Vater, für Mokuba und für mich. Und willkommen in unserer Familie." Das war vielleicht ein bisschen spät, aber, sinnierte Seto, besser spät als nie, nicht wahr?
 

"Ich bin auch sehr glücklich, dass wir jetzt eine Familie sind, Seto." Yukiko fiel es schwer, ihre Rührung zu verbergen. Sie hatte auch nach der Hochzeit immer wieder das Gefühl gehabt, dass Seto Ryuuji und sie als Eindringlinge in seine Familie wahrnahm. Jetzt von ihm zu hören, dass dem offenbar doch nicht so war – oder zumindest nicht mehr –, tat ungemein gut. Zu wissen, dass auch ihr älterer Stiefsohn sie und ihren Sohn akzeptierte und als Teil seiner Familie sah, gab ihr das Gefühl, wirklich dazuzugehören.
 

Seto fuhr sich mit einem leisen Seufzen durch die Haare und wich dem Blick seiner Stiefmutter kurz aus, ehe er sie wieder ansah. "Als Vater uns erzählt hat, dass er wieder heiraten wollte, war das ein Schock für mich", bekannte er und lächelte entschuldigend. "Es fühlte sich an wie … wie ein Verrat an meiner Mutter", fuhr er fort und seufzte erneut. Wenn er jedoch erwartet hatte, dass Yukiko ihm diese Worte übelnahm, so sah er sich getäuscht. Sie nickte einfach nur.
 

"Dein Vater hat mich gewarnt, dass das schwer für dich sein würde", erwiderte sie und schenkte ihrem Stiefsohn ein aufmunterndes Lächeln. "Glaub mir, Ryuuji war anfangs auch nicht unbedingt erbaut davon, als ich ihm von unseren Hochzeitsplänen erzählt habe", gab sie zu. "Deshalb freue ich mich umso mehr, dass ihr uns beiden eine Chance gegeben habt. Ich würde niemals versuchen, eure Mutter ersetzen zu wollen", nutzte sie dann fast die gleichen Worte, die auch sein Vater benutzt hatte, als er seinen Söhnen von seinen Plänen erzählt hatte.
 

"Das könnte ich auch gar nicht. Eure Mutter wird immer eure Mutter bleiben – genauso, wie James immer Ryuujis Vater bleiben wird. Aber Familie hat nicht immer nur mit Blutsverwandtschaft zu tun." Immerhin war Maximilian Pegasus, James' ältester und bester Freund und Ryuujis Patenonkel, für James auch mehr ein Bruder gewesen als ein einfacher Freund. Familie, das hatte ihr Exmann sie gelehrt, konnte aus mehr als nur den Menschen bestehen, mit denen man einen Namen und das Blut gemeinsam hatte. Als jemand, der recht früh Vollwaise geworden und in einem Heim aufgewachsen war, hatte James wohl besser als jeder andere gewusst, dass man sich seine Familie manchmal auch einfach selbst aussuchte, indem man nämlich seine Freunde als Familie ansah.
 

Seto nickte nur auf die Worte seiner Stiefmutter. Auch wenn er sich anfangs noch so sehr dagegen gesträubt hatte, inzwischen musste er zugeben, dass es sich wirklich deutlich mehr nach ›Familie‹ anfühlte, seit Yukiko und Ryuuji bei ihnen lebten. Sein Vater war ausgeglichener und, gerade in der vergangenen Woche, deutlich öfter früh zu Hause gewesen. Zwar arbeitete er auch von zu Hause aus hin und wieder noch eine Weile, aber trotzdem war er hier und nicht in seinem Büro in der Firma. Und das war schon ein gewaltiger Unterschied. Aber das war noch längst nicht alles. Auch zwischen Mokuba und ihm hatte sich, nach ein paar anfänglichen Startschwierigkeiten, so vieles zum Besseren gewendet – nicht zuletzt durch Ryuuji, durch den er selbst erst gesehen hatte, was Mokuba und auch ihm gefehlt hatte.
 

Einzig die Tatsache, dass das, was er selbst sich wünschte, wohl nie in Erfüllung gehen würde, nagte an Seto. Aber das war etwas, womit er sich wohl oder übel abfinden musste. Ryuuji hatte ihm immerhin am Samstagabend mehr als deutlich klargemacht, wie es seiner Meinung nach weitergehen sollte. Und, sinnierte Seto, nach allem, was inzwischen passiert war, war er es Ryuuji wohl schuldig, sich an die vorgeschlagene Abmachung zu halten und wenigstens zu versuchen, die Geschehnisse von Himura-sans Geburtstagsparty auch wirklich zu vergessen. Oder zumindest sollte er wohl so tun, denn Seto war sich absolut sicher, dass es ihm nicht gelingen würde, wirklich zu vergessen, was vorgefallen war. Er hatte es bisher nicht geschafft und konnte sich nicht vorstellen, dass sich das doch noch ändern würde.
 

Yukiko entging die seltsam grüblerische Stimmung ihres Stiefsohnes nicht. Einen Moment zögerte sie, dann drückte sie sanft seine Hand und als er sie daraufhin doch wieder ansah, bedachte sie ihn mit einem weiteren Lächeln. "Ist alles in Ordnung, Seto?", fragte sie, ohne wirklich mit einer Antwort zu rechnen. Seto war nun mal, ähnlich wie Ryuuji, niemand, dem es leicht fiel, Hilfe anzunehmen. Aber das bedeutete ja nicht, dass man ihm diese Hilfe nicht trotzdem anbieten konnte. "Wenn etwas ist und du reden möchtest, bin ich gerne für dich da. Oder wenn du lieber mit deinem Vater sprechen willst, dann schicke ich ihn zu dir", bot sie daher an und wurde dafür mit einem der seltenen Lächeln ihres Stiefsohnes belohnt.
 

"Das ist nett gemeint, aber nicht nötig", wiegelte Seto ab. Es war auf eine seltsame Art gut zu wissen, dass Yukiko tatsächlich nicht bloß aus reiner Verpflichtung heraus nach ihm sah, sondern weil sie es wirklich wollte. Dass das so war, war für Seto nicht zu übersehen. Er mochte zwar vielleicht kein Experte im Erkennen von Gefühlen sein, aber dafür wusste er ganz genau, wann sich jemand wirklich für ihn interessierte und wann es nur um seinen Namen ging. Aber das war hier eindeutig nicht der Fall. Nein, Yukiko war wirklich seinetwegen hier.
 

"Die Woche war einfach nur sehr anstrengend." Die Erklärung, fand Seto, war genauso gut wie jede andere. Und sie war nicht einmal gelogen. Die Woche war wirklich unheimlich anstrengend gewesen, denn was er auch versucht hatte, seinen Gedanken hatte er, wenn überhaupt, immer nur für eine Weile entkommen können. Aber früher oder später waren sie immer wieder zu Ryuuji zurückgekehrt und er hatte sich wieder gefragt, wie es ihm wohl ging und wann er wieder nach Hause kommen würde.
 

"Das stimmt", gab Yukiko ihrem Stiefsohn Recht, stand auf und zog ihre Hand langsam zurück. "Du solltest schlafen gehen. Immerhin ist morgen wieder Schule", fügte sie hinzu und im nächsten Moment blinzelte Seto perplex, denn Yukiko beugte sich ein wenig vor und drückte ihm nun ihrerseits einen Kuss auf die Stirn. "Gute Nacht, Seto. Schlaf gut", wünschte sie ihm dabei, doch er konnte nur stumm nicken.
 

Diese kleine Geste, die für Yukiko ganz natürlich, ja, fast schon ein Reflex gewesen zu sein schien, erschütterte Seto tiefer, als er es sich hätte träumen lassen. Seit dem Tod seiner Mutter war ihm niemand mehr auf diese Weise nahe gekommen. Seine Mutter, erinnerte Seto sich unwillkürlich, hatte ihm jeden Abend, nachdem sie ihn ins Bett gebracht und zugedeckt hatte, noch einen solchen Kuss auf die Stirn gegeben – ›um die Alpträume fernzuhalten‹, wie sie es immer genannt hatte.
 

Es dauerte eine ganze Weile, bis Seto seine Erinnerungen und seine Starre abschütteln konnte. Noch immer mit einem seltsamen Gefühl in der Magengegend rappelte er sich trotzdem irgendwann auf, verschwand in seinem Bad und kehrte genau rechtzeitig zurück, um ein weiteres Klopfen an seiner Zimmertür zu hören. "Herein", beantwortete er dieses und lächelte schmal, als dieses Mal sein Vater den Raum betrat. "Yukiko ist drüben bei deinem Bruder", informierte Gozaburo seinen Ältesten, der mittlerweile schon so gut wie bettfertig zu sein schien. "Und ich wollte die Gelegenheit nutzen, um dir auch noch eben eine gute Nacht zu wünschen", erklärte er sein Hiersein und sah zu seiner Zufriedenheit, wie sich das Lächeln seines Sohnes vertiefte.
 

"Verheiratet zu sein bekommt dir, Vater", konnte Seto sich nicht verkneifen, seinen Vater zu necken. Und als dieser ihn erstaunt ansah, wurde aus seinem Lächeln ein kurzes Grinsen. "Das ist mein Ernst, Vater. Yukiko tut dir gut. Und nicht nur dir", gab er zu und lächelte nun doch wieder. "Es tut mir leid, dass ich anfangs so dagegen war", entschuldigte er sich dann und nun begann auch sein Vater zu lächeln. "Vergeben und vergessen", murmelte Gozaburo, legte seinem Ältesten eine Hand auf die Schulter und drückte diese leicht – eine Geste, die Seto ungemein vertraut war.
 

"Morgen werde ich den ganzen Tag von zu Hause aus arbeiten", ließ Gozaburo seinen Sohn wissen und als dieser ihn daraufhin fragend anblickte, zog er seine Hand zurück. "Ich möchte einfach da sein", erklärte er und seufzte leise. Mokuba gegenüber hatte er sich bisher in Schweigen gehüllt, um die Pläne des Jungen nicht durcheinander zu bringen. "Ryuuji hat heute Nachmittag angerufen", teilte Gozaburo seinem Ältesten mit und sah, wie dessen Augen sich vor Überraschung weiteten. "Er kommt morgen wieder nach Hause. Und ich denke, er wird seine Familie dringend brauchen", fuhr er fort.
 

Seto nickte nur, denn er war sich sicher, er würde keinen einzigen Ton herausbringen. Ryuuji würde morgen schon wieder nach Hause kommen? Bei dem Gedanken daran, ihn nach der ewig lang anmutenden Woche endlich wiederzusehen, beschleunigte sich Setos Herzschlag so sehr, dass er für einen Moment fürchtete, sein Vater könnte ihm ansehen, was er dachte. Zu seiner Erleichterung bemerkte dieser jedoch nichts. "Er wird wohl am Nachmittag wieder da sein. Aber ich wollte nicht, dass Mokuba seine Pläne cancelt, deshalb habe ich beim Essen noch nichts davon erwähnt."
 

Gozaburo sah seinen Ältesten eindringlich an. "Bitte behalte das für dich, Seto", bat er ihn und lächelte erleichtert, als dieser ein weiteres Mal nickte. "Selbstverständlich, Vater", versprach Seto, nachdem er sich geräuspert hatte. Trotzdem klang seine Stimme belegt, aber glücklicherweise schien seinem Vater das nicht aufzufallen. "Gut. Du solltest aber jetzt auch langsam schlafen gehen." Erneut nickte Seto, wünschte seinem Vater murmelnd eine gute Nacht und sobald er wieder alleine in seinem Zimmer war, ließ er sich auf sein Bett sinken und vergrub mit einem leisen Ächzen sein Gesicht in seinen Händen.
 

Die ganze vergangene Woche über hatte er sich Sorgen gemacht, hatte sich gewünscht, bei Ryuuji sein zu können, aber jetzt plötzlich war die Gewissheit, dass er seinen Stiefbruder irgendwann im Laufe des morgigen Tages schon wiedersehen würde, fast zu viel für ihn. Sein Herz raste und so sehr er sich auch darum bemühte, es wollte sich einfach nicht wieder beruhigen. So hatte er bisher noch nie empfunden. Als Seto nach einer gefühlten Ewigkeit seine Hände zurückzog und nach unten blickte, sah er, dass seine Finger zitterten.
 

"Verdammt!", fluchte er ganz uncharakteristisch für seine Verhältnisse, aber dennoch leise genug, dass man ihn auf dem Flur definitiv nicht hören konnte. Er hatte das Gefühl, sein ganzer Körper stünde unter Strom. Wie, fragte er sich unwillkürlich, sollte er denn mit dem Wissen, dass Ryuuji bald wieder zu Hause sein würde, in dieser Nacht überhaupt ein Auge zu tun? Unmöglich! Das würde eine lange, lange Nacht werden, so viel stand fest.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das war's auch schon wieder für diese Woche.
:)
Feedback ist immer gern gesehen, also nur immer her damit.
;)

Man liest sich!

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Soichiro
2020-02-02T19:29:16+00:00 02.02.2020 20:29
Wieder ein sehr berührendes, aber auch schönes Kapitel!

Es tut einfach gut zu wissen, dass Ryuuji nicht allein ist.
Die Situation ist so oder so schwer, aber mit Maximilian ist es zumindest etwas leichter.
Und auch wenn es für seine Mutter vielleicht schwer ist, war in diesem Moment Ryuujis Patenonkel der bessere Begleiter.
Wobei es vollkommen verständlich ist, dass sie sich Vorwürfe macht. Aber zum Gück ist Gozaburo ja auch für sie da :)
Und wer weiß, vielleicht ist Ryuuji nun auch in der Lage sie und eben auch Katsuya an sich ran zu lassen.

Und ich fand es einfach schön sozusagen auch mal eine andere Seite von Seto zu sehen.
Denn in diesem Kapitel sieht man ihm zum ersten Mal so richtig in der Rolle des Sohns. Ich hoffe du verstehst was ich meine, irgendwie weiß ich gerade nicht, wie es ansonsten ausdrücken soll :D
Auch wenn die Umstände sehr traurig sind, bin ich froh, dass er den Schritt gehen konnte.
Aber es macht mich verrückt zu lesen, wie sehr er sich wegen Ryuuji quält.
Die Zwei geben dem Spruch "sich das Leben schwer machen", wirklich eine ganz neue Dimension ><
Antwort von: Karma
02.02.2020 20:35
*plüsch*
Danke für den Kommentar - und fürs Mitleiden.
;)

Ja, mit deiner Vermutung hast du durchaus Recht. Ryuuji brauchte jemanden, bei dem er sich mal anlehnen konnte. Das hätte seine Mutter ihm - zumindest anfangs - definitiv nicht bieten können; dafür hat sie das Ganze selbst zu tief getroffen. Aber Max und Ryuuji konnten sich gegenseitig ein bisschen helfen und aufbauen. Und ich muss gestehen, ich mag die Dynamik zwischen den beiden sehr.
:)

Was ich übrigens klasse finde, ist, dass du gemerkt hast, dass man jetzt mal eine ganz andere Seite an Seto sieht. Nicht der beherrschte Mitschüler, nicht der beschützerische große Bruder, sondern einfach mal der Sohn, der ein paar Probleme hatte, sich mit der neuen Situation zu arrangieren und seinen Platz in seiner "neuen" Familie zu finden. Er hatte, was vielleicht so ein bisschen durchgeschienen hat, einfach Angst, dass er nach einer Heirat seinem Vater nicht mehr so wichtig sein würde. Zu sehen und zu merken, dass eher das Gegenteil der Fall ist und dass Gozaburo sich jetzt deutlich mehr auf seine Familie besinnt, tat Seto schon ganz gut.

Und ja, die beiden machen sich selbst und auch einander echt das Leben schwer. Und das wird wohl auch noch eine Weile so bleiben, fürchte ich.
^^°
Aber iiiiiirgendwann krieg ich sie hoffentlich auch mal endlich zusammen.
;D

Danke noch mal!

Karma
Von:  night-blue-dragon
2020-02-02T17:18:47+00:00 02.02.2020 18:18
Vielen Dank für die Widmung. *sich riesig freut*

Ja... so traurig wie der Grund auch war, aber jetzt sind sie eine Familie. Hoffentlich nimmt Mokuba seinem Bruder nicht
übel, dass dieser schon wieder mehr wusste als er selbst. Aber Mokuba hätte sicher die Verabredung sausen lassen, nur um
für seinen Stiefbruder da zu sein.
Es wird in jedem Fall ein sehr interessantes aufeinandertreffen von Seto und Ryuuji werden. Hoffentlich nicht vor der Schule, denn wenn Katsuya - und mit ihm natürlich auch Bakura - dabei ist, wird es eine Katastrophe geben. Ist zumindest meine Befürchtung.
Und wieder einmal tut mir Seto leid, der ja nun eindeutig in seinen Stiefbruder verschossen ist. Und ich befürchte langsam, dass die beiden niemals von allein aufeinander zu gehen können, ich denke, sie brauchen jemanden von aussen, der ihnen die Augen öffnet.

Jedenfalls bin ich gespannt auf das kommende Kapitel. Du machst es aber auch immer spannend.

bis dahin night-blue-dragon

Antwort von: Karma
02.02.2020 18:27
Gern geschehen.
;)
Freut mich, dass du dich gefreut hast.
^___^

Ich muss ehrlich gestehen, es hat mir eine Menge Spaß gemacht, das Gespräch zwischen Seto und Yukiko und auch das zwischen Seto und Gozaburo zu schreiben. Vor allem, dass er inzwischen halt wirklich seine ablehnende Haltung aufgegeben und eingesehen hat, dass die Hochzeit einen positiven Effekt nicht nur auf seinen Vater hatte, sondern auch auf sein eigenes Leben. Immerhin steht er Mokuba jetzt wieder so nah wie früher. Manchmal braucht man halt wirklich einen Impuls von außen um zu erkennen, was im eigenen Leben nicht rund läuft.
:)

Ein bisschen tut mir Seto zugegebenermaßen auch leid. Ihm geht das Ganze ja wirklich ziemlich nahe. Und das nicht aus dem Grund, den jeder vermutet - seine Mutter -, sondern eben wegen Ryuuji.
*Seto knuddel*
Aber iiiiiirgendwann werd ich's ja auch wiedergutmachen. Iiiiiiiirgendwann. Wann genau ... keine Ahnung.
^^°

Was Mokuba betrifft, hast du natürlich völlig Recht. Wenn er wüsste, was Seto jetzt weiß, würde er das Treffen auf jeden Fall absagen. Genau deshalb hat Gozaburo seinem Jüngsten ja nichts davon erzählt. Er kennt Mokuba schließlich gut genug, um das zu wissen.

Bezüglich des Aufeinandertreffens von Seto und Ryuuji werd ich jetzt mal noch nicht spoilern. Aber ich denke, das entsprechende Kapitel wird dir gefallen. Ich hab's ja schon geschrieben und weiß, was passieren wird. Und ich hatte meinen Spaß, das kann ich dir sagen.
;)
Was ich wohl verraten kann, ist, dass das Ganze für Seto natürlich nicht leicht ist. Aber da ist er nicht der Einzige.

So, und jetzt mach ich mich wieder ans Überarbeiten, damit ich nächste Woche fleißig weiter hochladen kann.
;)

Bis zum nächsten Mal!

Karma
Antwort von:  night-blue-dragon
02.02.2020 18:38
War mir klar, dass es für die beiden nicht leicht wird, so gut kenn ich dich inzwischen.
Aber es wäre auch unrealistisch, wenn die beiden sich gleich um den Hals fielen und alles
Friede, Freude, Eierkuchen wäre.

Ich hoffe, dass deine Wiedergutmachung wirklich für alles, was die beiden durchmachen müssen, entschädigt.
Ich werde es genauestens überprüfen. *nick, nick*

Bis dann

night-blue
Antwort von: Karma
02.02.2020 20:21
Nein, Friede, Freude, Eierkuchen wird's bei den beiden so schnell definitiv nicht geben. Das wäre einfach viel zu realitätsfern. Und außerdem quäle ich meine Jungs viel zu gerne, um es ihnen so leicht zu machen.
*hust*
^^°

Wie genau die Wiedergutmachung wird, kann ich dir noch nicht sagen; so weit bin ich beim Schreiben noch nicht.
^^°
Bin gerade beim Überarbeiten von Kapitel 34, aber da sind wir noch längst nicht da, wo ich hin muss. Ich hab vorher noch ein paar Dinge abzuhandeln. Mal kucken, wann und wo und wie ich das einbringen kann.
;)


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