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Der Detektiv, der mich liebte

von

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Das Problem mit dem chemischen Defekt

Als die schwarze Limousine in einem gewaltigen orangeroten Feuerball explodierte, erschütterte der dadurch hervorgerufene Knall ganz London; es würde sicher an ein Wunder grenzen, wenn zumindest die Bewohner im näheren Umkreis des Towers nicht kerzengerade in ihren Betten sitzen würden. Dank Sherlocks schneller Reaktion hatte Katie Bekanntschaft mit dem harten Asphaltboden gemacht, dafür war sie jedoch der enormen Druckwelle der Explosion entgangen, die über sie hinweg fegte, kaum dass sie mit dem Boden in Berührung gekommen war. Einen Moment blieb die Braunhaarige regungslos liegen, aus Angst, dass gleich noch etwas in die Luft fliegen würde, doch alles, was auf diese markerschütternde Explosion folgte, war eine unheimliche Stille.
 

Weitere Minuten verstrichen und als Katie sicher war, dass nun offenbar keine Gefahr mehr drohte, setzte sie sich langsam auf. Sofort bot sich ihr ein Bild der totalen Verwüstung. Überall lagen Wrackteile der ausgebrannten Limousine verstreut, teilweise brannten sie immer noch. Von dem Luxuswagen selbst war lediglich das verkohlte Gestell übrig geblieben und auch die Umgebung hatte einiges abbekommen, da es die kleinen Bäume, die die Auffahrt zum Tower säumten, aus ihren Beeten gerissen hatte.
 

„Oh mein Gott…“, murmelte Katie, als sie das Ausmaß der Explosion überblickte. „Das kannst du laut sagen“, stimmte Sherlock ihr zu, als er sich ebenfalls wieder aufsetzte, ehe er sich an John wandte. „Geht es Ihnen gut?“ „Ja, alles noch dran“, antwortete dieser. „War das etwa Moriarty? Hat er sich als Chauffeur ausgegeben?“, fragte Katie, der der Schreck immer noch tief in den Knochen saß.
 

„Nein, das war nicht Moriarty. Das war sicher einer seiner Handlanger, die er so gerne vorschickt. Dieser verdammte Bastard hat uns an der Nase herumgeführt!“ Mit einem Mal klang Sherlock richtig wütend. „Beruhige dich, das konnte doch niemand ahnen“, versuchte Katie ihn zu beschwichtigen. „Katie hat Recht. Er hat uns mal wieder alle hinters Licht geführt. Sollten wir uns nicht lieber mal den Tatort ansehen? Vielleicht können wir ja etwas Nützliches herausfinden, bevor Lestrade eintrifft“, schlug John vor. „Sie haben Recht. Gehen wir“, stimmte Sherlock zu und setzte sich in Bewegung. Katie schüttelte seufzend den Kopf; es war wirklich erstaunlich, wie schnell seine Stimmung umschlagen konnte. „Kommen Sie, wir sollten ihm nachgehen.“ Johns Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Ja, ich komme“, antwortete sie und folgte ihm schließlich.
 

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis Lestrade und seine Leute eintrafen. Nachdem sich Sherlock wie so oft ein Wortgefecht mit Anderson geliefert hatte, wandte er sich an den Inspector und erklärte ihm, was er bis jetzt herausgefunden hatte. Anschließend mussten sie dem Team von Scotland Yard noch einige Fragen beantworten, ehe sie zu dem Schluss kamen, dass sie wohl vorerst nicht zu neuen Erkenntnissen kommen würden. Nach einer geschlagenen Stunde konnten sie endlich ein Taxi rufen und kehrten schließlich in die Baker Street zurück, als es gerade sechs Uhr schlug. In der Wohnung angekommen beschlossen sie, sich wenigstens ein bisschen hinzulegen, bevor sie später weitere Nachforschungen im Fall der explodierten Limousine anstellen würden.
 

So lag Katie kurz darauf neben Sherlock in dessen Bett und versuchte, wenigstens ein bisschen zu schlafen, doch sie machte kein Auge zu. Zu viele Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf und immer wieder tauchte die explodierende Limousine vor ihrem geistigen Auge auf, sodass an Schlaf überhaupt nicht zu denken war.
 

„Kannst du nicht schlafen?“ Als sie Sherlocks tiefe Stimme neben sich hörte, zuckte sie erschrocken zusammen; sie hatte eigentlich angenommen, dass er längst schlafen würde. „Nein, ehrlich gesagt nicht. Es geht mir nicht aus dem Kopf…“, antwortete die Braunhaarige leise. „Kann ich verstehen, damit hat auch niemand gerechnet…komm her.“ Katie schaute ihn etwas überrascht an als er das sagte, doch dann kam sie seiner Aufforderung nach und kuschelte sich an ihn. Sofort fühlte sie sich wohler und ihr wurde zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit bewusst, wie sehr sie den Detektiv mittlerweile liebte. „Ist es so besser?“, fragte er leise, während er ihr sanft durch die Haare streichelte. „Ja, viel besser“, gab sie ebenso leise zurück. Dann herrschte kurz Stille, ehe Katie erneut die Stimme erhob.
 

„Sherlock, passiert das alles meinetwegen…? Moriarty bringt all diese Leute nur um, weil ich den Mord an Mary Parker beobachtet habe, nicht wahr…?“, fragte sie leise. „Das ist doch nicht deine Schuld. Du darfst dir deswegen auf keinen Fall irgendwelche Vorwürfe machen, hörst du? Moriarty ist ein Wahnsinniger, der keinerlei Skrupel kennt. Ich weiß, dass er dich denken lässt, dass du an allem Schuld bist. Er versucht, seine Gegner psychisch fertig zu machen. Aber das darfst du nicht zulassen. Du trägst keine Schuld an diesen Morden, sondern nur er. Also hör auf, so etwas zu denken“, erwiderte Sherlock und zog sie noch näher zu sich.
 

Katie schaute ihn einen Moment wortlos an, doch dann lächelte sie. „Danke, Sherlock…“ „Schon gut und jetzt versuch zu schlafen“, gab er zurück, worauf sie nur nickte und sich näher an ihn schmiegte. Dann herrschte wieder Stille, bis Sherlock spürte, dass Katie in seinen Armen eingeschlafen war. Er strich ihr noch einmal sanft durch die Haare, ehe auch er die Augen schloss und kurz darauf eingeschlafen war.
 

Seit dem Vorfall mit der brennenden bzw. explodierten Limousine waren drei Tage vergangen. An einem regnerischen Nachmittag saß Katie im Wohnzimmer der Baker Street und war in eines der Bücher vertieft, die John ihr freundlicherweise aus der Bücherei mitgebracht hatte, da sie sich dank Moriarty nicht mehr auf die Straße trauen konnte; man konnte ja nie wissen, was dieser Irre als nächstes vorhatte. Mrs. Hudson hatte eine Schüssel ihrer vorzüglichen Kekse vorbeigebracht, die Katie ganz für sich allein hatte, da John von Sherlock zu Scotland Yard geschickt worden war, um bei Inspector Lestrade nachzufragen, ob es bereits irgendwelche neuen Informationen gab. Sherlock selbst hatte kein Interesse an den Keksen, die Katie ihm angeboten hatte; er war viel zu sehr damit beschäftigt, vor dem Sofa auf und ab zu laufen, während er immer wieder einen nachdenklichen Blick zur Wand warf, an die er Bilder der bisherigen Opfer, Tatorte und Nachrichten von Moriarty gehängt hatte.
 

„Was machst du da eigentlich?“, erkundigte sich Katie nach einer Weile, in der sie ihn bei seinem Furchenlauf beobachtet hatte. Sherlock hielt inne und drehte sich zu ihr um. „Ich versuche herauszufinden, ob es irgendeine Verbindung zwischen den Opfern gibt und warum es gerade sie getroffen hat. Es wäre doch viel naheliegender, die Personen zu bedrohen, die dir nahe stehen, immerhin bist du sein eigentliches Ziel. Wieso bringt er dann ausgerechnet diese beiden Männer um?“ Wieder warf der Dunkelhaarige einen nachdenklichen Blick zur Wand. „Vielleicht weil beide zur Regierung gehört haben?“, mutmaßte Katie. „Das spielt sicher mitunter eine Rolle, aber ich glaube, dass da noch mehr dahinter steckt“, erwiderte Sherlock. „Und was denkst du?“ Fragend schaute Katie ihn an. „Das ist es ja gerade…ich habe keine Ahnung, was Moriarty sich dabei gedacht hat. Ich sage es nicht gerne und ich kann es auch kaum glauben, aber irgendwie kann ich mich nicht richtig konzentrieren…ich muss wohl doch auf John warten.“ Sherlock seufzte resigniert und ließ sich in seinen Sessel fallen.
 

Einen Moment herrschte Stille, ehe Katie von ihrem Sessel aufstand, auf dem eigentlich immer John saß, und zu ihm rüber kam. Ohne zu zögern setzte sie sich auf seinen Schoß und lehnte sich an ihn. Sherlock ließ es zu; er war diese Nähe zu ihr mittlerweile längst gewohnt und seit sie zusammen auf dieser Abendveranstaltung im Tower getanzt hatten, schienen sie sich ohnehin noch näher gekommen zu sein, ohne dass es beiden richtig aufgefallen war. Eine Weile herrschte Stille zwischen ihnen; Katie blieb einfach nah bei ihm und genoss es, wie Sherlock ihr sanft durch die Haare streichelte.
 

„Wieso kannst du dich eigentlich nicht konzentrieren? Stimmt etwas nicht? Geht es dir nicht gut?“ Fragend schaute sie ihn an, wobei ein besorgter Unterton in ihrer Stimme mitschwang. „Doch, es geht mir gut. Wieso ich mich nicht konzentrieren kann, kann ich dir auch nicht sagen. Es ist mir selbst ein Rätsel, da ich so etwas überhaupt nicht von mir kenne. Meine Arbeit bedeutet mir alles, aber heute kann ich einfach keinen klaren Gedanken fassen. Seit einigen Tagen fühle ich mich sowieso irgendwie merkwürdig…nicht krank, aber da ist so ein Gefühl, das ich irgendwie nicht deuten kann“, antwortete Sherlock leise, während er ihr weiterhin durch die Haare streichelte. Katie hatte ihm aufmerksam zugehört und war bei seinem letzten Satz hellhörig geworden.
 

„Ein Gefühl, das du nicht deuten kannst? Was für ein Gefühl?“, fragte sie nach einer kurzen Stille. „Das ist es ja…ich weiß es nicht“, gab er mit einem resignierten Seufzen zurück. „Kannst du es ungefähr beschreiben?“ Fragend schaute Katie ihn an. „Eigentlich halte ich von solchem Gefühlskram gar nichts, aber dir zuliebe werde ich es versuchen“, antwortete Sherlock. „Dann schieß mal los“, forderte Katie ihn auf. Der Dunkelhaarige schwieg einen Moment, als ob er zuerst darüber nachdenken müsste, wie er am besten anfangen sollte.
 

„Du solltest nicht zu sehr darüber nachdenken. Erzähl mir einfach, was dir spontan einfällt“, meinte Katie, als sie seine nachdenkliche Miene bemerkte. „Also gut…ich kann mich in den letzten Tagen irgendwie nicht richtig konzentrieren. Immer wenn ich versuche, mit dem Fall irgendwie weiterzukommen, schweife ich mit meinen Gedanken ab und kann nicht klar denken. Nachts liege ich wach und grübel über tausend Dinge nach. Gut, das habe ich früher auch schon getan, aber in den letzten drei Tagen ist es irgendwie schlimmer geworden. Es fühlt sich an, als ob ich total durcheinander wäre und ich weiß einfach nicht wieso…es kann daran liegen, dass ich Moriartys Absichten immer noch nicht wirklich durchschaut habe, aber da ist noch mehr…mir ist nur nicht klar, was es ist…und etwas nicht zu durchschauen ist etwas, das ich ganz und gar nicht gewöhnt bin“, endete Sherlock.
 

Katie hatte ihm aufmerksam zugehört, schwieg jedoch zunächst und ließ sich seine Worte noch einmal genau durch den Kopf gehen. Ihr war nicht entgangen, dass er gesagt hatte, dass er seit drei Tagen total durch den Wind war; das entsprach genau der Zeitspanne, die seit der Veranstaltung im Tower vergangen war. Ihre Gedanken rasten, als sie sich fragte, ob er insgeheim doch mehr in ihr sah, als eine Klientin, die seinen Schutz benötigte und ihm nur rein zufällig näher gekommen war. War es denn wirklich möglich, dass Sherlock Holmes, der gefühlskalte Eisklotz schlechthin, auch in sie verliebt war und bisher nur noch keine passende Gelegenheit gefunden hatte, um es ihr zu sagen?
 

Ihr Herz fing sofort an, schneller zu schlagen, als sie mit dem Gedanken spielte, ihn einfach danach zu fragen. Doch was war, wenn er sie zurückweisen und sich über sie lustig machen würde? Sofort ließ ihre Euphorie wieder nach, doch dann fiel ihr ein, dass sie andernfalls vielleicht nie erfahren würde, was er für sie empfand. Hier und jetzt bot sich ihr die perfekte Gelegenheit, um endlich Klarheit zu schaffen; wer wusste schon, ob sich noch einmal eine solche Chance ergeben würde, wenn sie diese hier verstreichen ließ. Also nahm sie all ihren Mut zusammen und setzte zur alles entscheidenden Frage an…
 

Doch plötzlich ging die Tür auf und John betrat das Wohnzimmer, womit er Katies Chancen von jetzt auf gleich zunichtemachte. „Bin wieder da und ich habe Neuigkeiten mitgebracht“, verkündete er, während er den tropfnassen Regenschirm zur Seite stellte, damit dieser wieder trocknen würde. „Was für Neuigkeiten? Erzählen Sie schon“, drängte Sherlock; er war wieder ganz der Alte und weit davon entfernt, auch nur ansatzweise durcheinander zu sein. Katie seufzte innerlich und hoffte, dass sie zu gegebener Zeit noch einmal auf das Thema zurückkommen könnte.
 

„Immer mit der Ruhe. Wie wäre es, wenn Sie mich erst einmal reinkommen lassen?“, gab John zurück, während er sich seiner Jacke entledigte, die ebenfalls triefnass war. „Dann beeilen Sie sich. Wenn es wichtige Informationen sind, sollten wir keine Zeit verlieren“, erwiderte Sherlock ungeduldig; Katie befürchtete schon, er würde jeden Moment auf seinem Sessel auf – und abspringen, weil er es kaum erwarten konnte, dass John mit den Neuigkeiten herausrückte. Doch der Detektiv hielt sich zurück und begnügte sich damit, ungeduldig mit den Fingern auf die Sessellehne zu trommeln. Endlich setzte sich John in seinen Sessel, nachdem Katie immer noch auf Sherlocks Schoß saß. „Schießen Sie los. Was haben Sie herausgefunden?“, forderte der Dunkelhaarige seinen Mitbewohner erneut auf. John seufzte ergeben; er wusste, dass er jetzt nicht locker lassen würde, bis er die Neuigkeiten erfahren hatte.
 

„Also schön, Sie werden ja doch keine Ruhe geben“, gab er nach. „Sehr richtig“, erwiderte Sherlock. „Würden Sie mich dann freundlicherweise auch zu Wort kommen lassen?“, fragte John mit einem leicht genervten Unterton in der Stimme. „Ja, worauf warten Sie denn noch?“, stellte Sherlock die Gegenfrage; es war ja immerhin nicht seine Schuld, wenn sein Mitbewohner nicht einfach mit der Sprache rausrückte. Katie hatte den Wortwechsel schweigend verfolgt und musste sich ein Grinsen verkneifen. Die beiden diskutierten wirklich wie ein altes Ehepaar, doch sie sagte lieber nichts dazu, immerhin wollte sie auch wissen, was John herausgefunden hatte.
 

Eben dieser räusperte sich jetzt. „Ich war zuerst im Krankenhaus bei Molly. Bei unserem zweiten Opfer handelt es sich um Edward Stone. Er war ein Regierungsbeauftragter, wie wir schon vermutet haben. Die Todesursache war ganz klar die Explosion; seine Leiche konnte nur noch anhand seines Gebisses identifiziert werden. Als man den Tatort untersucht hat, fand man neben der Leiche einen kleinen Zettel, auf dem eine ‚4‘ stand. Es war also ganz eindeutig Moriartys Werk, nur dass er diesmal jemanden als Handlanger hatte. Der vermeintliche Chauffeur, der die Bombe gezündet hat, befindet sich immer noch auf der Flucht, seine Identität ist bislang ungeklärt“, fing John an.
 

Sherlock hatte ihm aufmerksam zugehört. „Es war klar, dass Moriarty dahintersteckt. Er hat uns an der Nase herumgeführt, indem er uns in Sicherheit gewiegt hat, bevor er seinen netten kleinen Countdown fortgesetzt hat. Aber ist das schon alles? Haben Sie nicht noch mehr Informationen? Das hilft mir nicht sonderlich viel weiter…“, antwortete er schließlich. „Doch, ich habe noch mehr herausgefunden…“ John machte eine kurze Pause. Es schien, als ob ihn die neugewonnenen Informationen in irgendeiner Weise beunruhigen würden.
 

Sherlock beobachtete seinen Mitbewohner aufmerksam; er bemerkte dessen Unbehagen und hatte plötzlich selbst ein ungutes Gefühl, ließ sich jedoch nichts anmerken. Lediglich Katie bemerkte seine Anspannung, als er sie näher zu sich zog und noch fester hielt als vorher. „Erzählen Sie’s mir“, forderte er John schließlich auf. „Also gut…nachdem ich bei Molly war, bin ich zu Scotland Yard gefahren, wie Sie es gesagt haben. Lestrade hat mir berichtet, dass nun auch die Identität des ersten Opfers, das wir im Regent’s Park gefunden haben, geklärt ist. Bei dem Mann, der ebenfalls der Regierung angehörte, handelt es sich um William Smith. Aber das ist nicht das, was mich so beunruhigt…“, berichtete John und machte wieder eine kurze Pause.
 

„Was dann? Nun sagen Sie es schon.“ Sherlock wurde langsam ungeduldig. „Beide Opfer und auch Henry Parker standen in direkter Verbindung mit Moriarty“, sprach John es schließlich aus. „Wie meinen Sie das…?“ Sherlocks Griff um Katie wurde noch fester, was diese nun auch nervös werden ließ.
 

„Alle drei Männer machten mit Moriarty gemeinsame Sache. Dass sie für die Regierung tätig waren, wobei Henry Parker es ja immer noch ist, ist kein Zufall. Sie wollten mehr Einfluss und Ansehen, doch da sie sehr niedrige Posten bekleideten, waren ihre Aufstiegschancen relativ gering. Moriarty bot ihnen daraufhin an, mit ihm zusammenzuarbeiten. Sie sollten die Regierung ausspionieren und nach Sicherheitslücken suchen, die Moriarty für seine Verbrechen nutzen konnte, um das gesamte politische System Englands unter seine Kontrolle zu bringen. Im Gegenzug würde er ihnen zu mehr Ansehen verhelfen. Henry Parker war der einzige der drei, der auch finanzielle Sorgen hatte. Da Moriarty ihm offensichtlich mehr Ruhm einbringen konnte, beschloss er ihn zu fragen, ob er ihm nicht auch eine gewisse Summe Geld leihen konnte, eine beachtliche Summe wohl gemerkt. Moriarty, der sich als Wohltäter ausgab, tat ihm den Gefallen. Als Henry Parker das Geld jedoch nicht zurückzahlen konnte, nahm Moriarty ihm das einzige, das ihm außer Ruhm und Ansehen am wichtigsten war – seine Frau Mary. Als Edward Stone und William Smith erfuhren, wie skrupellos er sein konnte, bekamen sie Angst und verweigerten eine weitere Zusammenarbeit, da sie befürchteten, dass auch ihren Ehefrauen etwas passieren könnte. Doch Moriarty den Dienst zu verweigern, war ihr größter Fehler. Sie hatten Recht, dass er Sie mit dem Mord an Mary Parker herausgefordert hat und Katie wurde zwangsläufig zu seiner Gejagten. Es war die perfekte Gelegenheit für ihn, auch noch die anderen beiden Störenfriede zu beseitigen, die jetzt nutzlos geworden waren und so hat er diesen Countdown gestartet“, endete John.
 

Sherlock hatte ihm aufmerksam zugehört und ließ sich seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen. „Alle drei waren also sozusagen Maulwürfe…“, sagte er schließlich. „So kann man es auch ausdrücken“, stimmte John ihm zu. „Das erklärt natürlich, wieso es gerade diese beiden Männer und Mary Parker getroffen hat. Gibt es noch mehr Regierungsbeauftragte, die mit ihm unter einer Decke stecken und ihm ein Dorn im Auge sein könnten?“ Fragend schaute Sherlock seinen Mitbewohner an.
 

„Als das herauskam, wurden sofort sämtliche Mitglieder der Regierung überprüft, doch keiner schien Kontakt zu Moriarty zu haben“, antwortete John. „Verstehe…diese Schachfiguren haben also ausgedient und jetzt wird er sich neue suchen, immerhin ist sein Countdown noch unvollständig. Es liegt auf der Hand, wen er jetzt bedrohen wird, nicht wahr?“ Abwartend schaute Sherlock den Arzt an.
 

Der sagte einen Moment nichts, als er darüber nachdachte, wen der Dunkelhaarige meinen könnte. Doch plötzlich wich alle Farbe aus seinem Gesicht, als ihm klar wurde, worauf Sherlock hinaus wollte. „Oh mein Gott…jetzt wird er sich sicher die Personen holen wollen, die Katie nahe stehen…“, sagte er dann. „So ist es…ihm ist bewusst, dass er dort angreifen muss, wo es am meisten wehtut. Mit der Ermordung der ersten beiden Opfer wollte er seine Spuren innerhalb der Regierung verwischen, damit nicht gänzlich aufgedeckt wird, dass er sich dort einschleusen wollte. Da ihm dort nun die Opfer sozusagen ausgegangen sind, ist er gezwungen, sich neue zu suchen, die auch eine gewisse Bedeutung haben müssen. Was wäre da besser, als diejenigen ins Visier zu nehmen, die Katie nahe stehen und die ihr etwas bedeuten“, gab Sherlock zurück.

„Dieser Mistkerl…wir müssen ihn irgendwie aufhalten“, sagte John bestimmt und ballte die Hand zu einer Faust. „Vielleicht können wir das auch, wenn wir wissen, wen er bedroht“, überlegte Sherlock. „Da haben Sie Recht. Wer steht Ihnen denn besonders nah, Katie?“ Fragend schaute John die Braunhaarige an. „Naja, meine Eltern natürlich. Und dann wäre da noch meine Freundin Sarah, die mit mir in der Cocktailbar arbeitet. Ansonsten habe ich keine Verwandtschaft oder besondere Beziehungen in London“, antwortete Katie.
 

„Drei Personen…das könnte Moriarty perfekt in die Hände spielen. Wenn man davon mal eine kurze Rangliste erstellt, stehen deine Eltern an oberster Stelle und danach kommt Sarah. Da Moriartys Opfer immer mehr an Wichtigkeit zunehmen, dürften deine Eltern noch eine Weile in Sicherheit sein, da der Countdown bislang bei ‚4‘ stehen geblieben ist. Das bedeutet, dass jetzt vermutlich Sarah in seine Schusslinie geraten wird“, schlussfolgerte Sherlock.
 

„Was…? Oh Gott…wenn er ihr etwas antut, könnte ich mir das niemals verzeihen…“ Auch Katie war nun blass geworden und schmiegte sich instinktiv näher an den Detektiv. „Ganz ruhig, wir werden alles dafür tun, dass ihr nichts passiert“, antwortete Sherlock sanft und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Wirklich…? Und wie willst du das machen?“, fragte Katie und wischte sich kurz über die Augen; sie wollte sich jetzt auf keinen Fall hinsetzen und weinen.
 

„Ich werde die besten Leute meines Obdachlosennetzwerkes damit beauftragen, Sarah rund um die Uhr im Auge zu behalten. Sie werden mich dann umgehend benachrichtigen, wenn ihnen etwas Verdächtiges auffällt. Außerdem bin ich mir sicher, dass uns auch Lestrade einige seiner Leute zur Verfügung stellen wird“, antwortete Sherlock. „Danke, Sherlock…ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Katie umarmte ihn dankbar und konnte ein paar Tränen doch nicht zurückhalten.
 

Sherlock erwiderte die Umarmung. „Ist schon gut. Aber jetzt sollten wir uns an die Arbeit machen. John, rufen Sie Lestrade an und erklären Sie ihm alles. Er soll umgehend seine besten Leute schicken, um Sarahs Schutz zu gewährleisten.“ Der Dunkelhaarige ließ Katie wieder los und schaute seinen Mitbewohner abwartend an. „Natürlich, wird sofort erledigt. Und was machen Sie in der Zwischenzeit?“, fragte John, während er aus seinem Sessel aufstand. Ich werde einige meiner eigenen Leute aufsuchen und sie ebenfalls damit betrauen, auf Sarah aufzupassen. Sie passen auf Katie auf, bis ich wieder da bin“, erwiderte Sherlock. Der Arzt nickte zustimmend, ehe er zu seinem Handy griff, um Lestrade zu kontaktieren.
 

„Du bist doch bald wieder da, oder?“, fragte Katie hoffnungsvoll, während sie sich von Sherlocks Schoß erhob. Sie wusste, dass ihr hier in der Baker Street nichts passieren konnte, aber dennoch fühlte sie sich sicherer, wenn sie wusste, dass Sherlock bei ihr war. „Keine Sorge, ich werde nicht lange weg sein. Bleib einfach hier bei John, dann kann dir nichts passieren“, versicherte er ihr, während er aufstand und sich seinen Mantel überwarf. „In Ordnung und nochmals vielen Dank“, sagte Katie leise. „Schon gut. Bis später, ich beeile mich.“ Mit diesen Worten küsste er die Braunhaarige sanft auf die Stirn, ehe er sich schließlich auf den Weg machte.
 

Katie schaute ihm verwundert nach; ihre Finger wanderten hoch zu ihrer Stirn und berührten die Stelle, wo vor wenigen Sekunden noch die Lippen des Detektivs geruht hatten. Es war nur eine kurze sanfte Berührung gewesen, doch für Katie war sie von großer Bedeutung. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht ließ sie sich zurück auf den Sessel sinken.
 

Sherlock hielt sein Versprechen und kehrte innerhalb von zwei Stunden in die Wohnung zurück, wo John ihm berichtete, dass er bei Scotland Yard alles in die Wege geleitet hatte und Lestrade gerne dazu bereit war, seine besten Leute für den Personenschutz abzustellen.
 

Für den Rest des Tages gab es keine besonderen Vorkommnisse. Am Abend hatte sich Katie neben Sherlock auf dem Sofa zusammengerollt und schlief friedlich; der Dunkelhaarige streichelte ihr sanft durch die Haare, während er nachdenklich an die gegenüberliegende Wand schaute, von wo aus ihn sein Schädel angrinste, der auf dem Kaminsims seinen angestammten Platz inne hatte. Es schien beinahe so, als würde er ihn auslachen, weil er einfach keine Ordnung in sein Gedankenchaos bringen konnte. Der Detektiv seufzte resigniert und zog Katie näher zu sich, die daraufhin nur einen leisen Laut von sich gab und dann weiterschlief.
 

„Warum seufzen Sie so schwer? Stimmt etwas nicht?“ Johns Stimme riss Sherlock aus seinen Gedanken. Der Dunkelhaarige hob den Blick und entdeckte seinen Mitbewohner im Bademantel vor sich. „Nein, mir geht es bestens. Ich bin nur ein wenig durcheinander“, antwortete Sherlock schließlich. „Moment…wie war das? Sie sind durcheinander? Ich kenne niemanden, der einen so messerscharfen Verstand hat wie Sie und seit ich hier bei Ihnen wohne, waren Sie noch nie durcheinander. Also, was ist mit Ihnen los? Muss ich mir ernsthafte Sorgen um Sie machen?“ Fragend und gleichzeitig etwas besorgt schaute John sein Gegenüber an.
 

„Ich habe doch gesagt, dass es mir gut geht. Mir geht bloß diese merkwürdige Situation von heute Nachmittag nicht mehr aus dem Kopf…“, gab Sherlock zurück. „Was für eine Situation? Und wieso war sie merkwürdig?“, hakte John sofort nach. „Heute Mittag, als Sie bei Lestrade waren…ich habe versucht, selbst einen Zusammenhang zwischen den Opfern herzustellen, aber es ging nicht…“, erzählte Sherlock. „Wie meinen Sie das?“, fragte John verwirrt. „So, wie ich es sage – es ging nicht. Ich konnte mich nicht richtig konzentrieren, egal wie sehr ich es auch versucht habe“, erwiderte Sherlock, worauf sein Mitbewohner ihn erst recht perplex anstarrte.
 

„Habe ich das gerade richtig verstanden? Sie konnten sich nicht konzentrieren? Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht mal durchchecken soll?“ „Wie oft noch – es geht mir gut. Das denke ich zumindest…ich bin einfach nur durcheinander…seit ich mit Katie auf dieser Veranstaltung im Tower getanzt habe…“ Sherlock seufzte erneut. Spätestens da ging John auf, woher der Wind wehte. Das Ganze hatte also etwas mit Katie zu tun. Darauf hätte er auch gleich kommen können.
 

„Aha…da haben wir es doch“, sagte John schließlich. „Was haben wir?“, fragte Sherlock mit einem misstrauischen Unterton in der Stimme. „Was mit Ihnen los ist. Sie müssen es sich nur eingestehen“, gab der Arzt zurück. „Was soll ich mir eingestehen?“, fragte Sherlock nach; das Misstrauen war noch nicht aus seiner Stimme verschwunden. Jetzt war es an John zu seufzen.
 

„Was das angeht sind Sie wirklich schwer von Begriff, was? Wieso geben Sie es nicht einfach zu, dass Sie Katie lieben?“ „Warum sollte ich etwas zugeben, wenn es nichts zuzugeben gibt?“, gab Sherlock zurück. „Weil es offensichtlich ist, verdammt noch mal. Alle Anzeichen sprechen gegen Sie, Sherlock“, erwiderte John. „Welche Anzeichen denn? Nur weil ich mal ein wenig durcheinander bin, heißt das noch lange nicht, dass ich gegen meine Prinzipien verstoße und mich plötzlich in jemanden verliebe“, entgegnete Sherlock. „Ich glaube, dass Sie Ihre Prinzipien schon längst über den Haufen geworfen haben, Sie wollen es nur noch nicht so recht wahrhaben“, gab John zurück. „So ein Unsinn. Sie wissen genau, dass Liebe für mich nichts weiter ist, als ein chemischer Defekt“, antwortete Sherlock entschieden.
 

„Und genau das ist das Problem. Aber gegen die Liebe ist man machtlos. Wenn sie einen erst einmal erwischt hat, hilft auch kein messerscharfer Verstand dagegen. Sie sollten mal darüber nachdenken“, meinte John daraufhin. „Ich brauche nicht darüber nachzudenken, weil sich für mich nichts daran ändern wird, dass Liebe ein Defekt ist und bleibt“, gab Sherlock zurück, worauf sein Mitbewohner erneut seufzte und es schließlich aufgab, dem Detektiv ins Gewissen reden zu wollen. „Sie sind wirklich ein hoffnungsloser Fall.“
 

Sie saßen noch eine ganze Weile im Wohnzimmer zusammen, bis Sherlock irgendwann beschloss, Katie ins Bett zu bringen und sich selbst hinzulegen. Kurz darauf lauschte der Dunkelhaarige Katies tiefen gleichmäßigen Atemzügen, was ihm verriet, dass sie immer noch tief und fest schlief und nicht mitbekommen hatte, dass er sie ins Bett gebracht hatte.
 

Sherlock selbst konnte jedoch keinen Schlaf finden und dachte stattdessen über das Gespräch mit John nach. Machte er sich wirklich etwas vor und war schon längst in Katie verliebt, ohne dass er es richtig bemerkt hatte? Aber eigentlich war Liebe doch für ihn nichts weiter als ein chemischer Defekt, oder etwa nicht? Der Detektiv seufzte leise und schaute zu Katie hinüber, die sich nah an seine Seite geschmiegt hatte und friedlich schlief.
 

Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während er ihr eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn strich. „Wenn ich nur wüsste, ob ich dich wirklich liebe…wenn ich mir sicher sein könnte, würde es mir sicher besser gehen…“, murmelte er in die Dunkelheit, wobei er die Braunhaarige noch näher zu sich zog. Katie seufzte daraufhin leise im Schlaf und kuschelte sich nur noch näher an ihn. Er ließ es zu und küsste sie sanft auf die Stirn. „Vielleicht hat John ja doch Recht…aber eins ist sicher, ich werde auf keinen Fall zulassen, dass dir etwas passiert“, versprach er der Schlafenden leise, ehe er sie noch einmal sanft küsste und endlich auch die Augen schloss.
 

Es würde sowieso nichts bringen, sich die ganze Nacht den Kopf zu zerbrechen. Er wusste, dass er definitiv etwas für Katie empfand, er war sich nur noch nicht sicher, ob es Liebe war oder nicht. Vielleicht war es ja im Endeffekt doch weitaus mehr als nur ein chemischer Defekt. Dies war sein letzter Gedanke, bevor er schließlich doch eingeschlafen war.
 

In den nächsten Tagen gab es keine besonderen Vorkommnisse. Seit dem Vorfall am Tower hatte Moriarty nichts mehr von sich hören lassen, was den Schluss nahelegte, dass er womöglich überlegte, wie er weiterhin vorgehen könnte, um seinen Countdown fortzusetzen. Die Beamten von Scotland Yard und Sherlocks Leute aus dessen Obdachlosennetzwerk behielten nach wie vor Katies Freundin Sarah im Auge, da sie Moriartys nächstes Opfer sein könnte. Sherlock und John versuchten weitere Anhaltspunkte in Erfahrung zu bringen, um Moriarty endlich zu stoppen, doch bislang gab es keine neuen Erkenntnisse und Katie bemühte sich darum, sich irgendwie die Zeit zu vertreiben und betete, dass dieser Albtraum bald ein Ende haben würde, dabei waren ihre Hoffnungen bis auf Weiteres vergeblich…
 

An einem regnerischen Abend, wie er für London nicht unüblich war, half Katie Mrs. Hudson, mit der sie sich ausgezeichnet verstand, einige Blumen, die sich die alte Dame erst kürzlich zugelegt hatte, ordentlich in die dafür vorgesehenen Töpfe zu pflanzen und sie farblich passend zu arrangieren. „Also, ich muss wirklich sagen, Sie haben tatsächlich einen grünen Daumen, Katie. Es wundert mich nicht, dass Sie irgendwann einen eigenen Blumenladen eröffnen wollen“, meinte Mrs. Hudson anerkennend, als sie Katies Arbeit bewunderte. „Vielen Dank, Mrs. Hudson. Blumen sind meine große Leidenschaft“, erwiderte die Braunhaarige lächelnd. „Das merkt man sofort“, bemerkte Mrs. Hudson ebenfalls lächelnd. „Lassen Sie uns weitermachen. Wir haben noch fünf Töpfe vor uns“, sagte Katie dann, worauf Mrs. Hudson zustimmend nickte.
 

Katie wollte gerade die nächsten Blumen zur Hand nehmen, als plötzlich ihr Handy klingelte, das in ihrer Hosentasche steckte. Sofort drang eine panische Stimme an ihr Ohr. „Katie! Du musst mir helfen! Da waren plötzlich zwei Männer vor meinem Haus und haben Polizeibeamte niedergeschlagen! Sie wollten in meine Wohnung einbrechen, ich konnte gerade noch über den Balkon entkommen. Oh Gott, bitte hilf mir, Katie! Die wollen mir bestimmt etwas antun!“
 

Katie war im ersten Moment verwirrt, doch als sie realisierte, wen sie da am Telefon hatte, schrillten augenblicklich sämtliche Alarmglocken in ihr los. Moriartys Leute hatten Sarah ausfindig gemacht und wollten sie nun um jeden Preis zu dessen drittem Opfer machen! „Sarah, beruhige dich. Wo bist du?“, fragte Katie und versuchte, nicht auch noch in Panik zu verfallen. „Ich habe mich in der Cocktailbar versteckt“, antwortete Sarah mit zitternder Stimme. Richtig, dachte Katie, die Bar hatte heute ihren wöchentlichen Ruhetag. „Okay, hör zu. Bleib wo du bist, rühr dich auf keinen Fall von der Stelle. Ich hole dich da raus, vertrau mir“, sagte die Braunhaarige dann. „Beeil dich bitte…“, erwiderte Sarah noch, bevor sie auflegte. Katie legte ebenfalls auf und wandte sich an Mrs. Hudson.
 

„Es tut mir leid, Mrs. Hudson. Aber die letzten fünf Blumenstöcke müssen leider warten. Meine Freundin steckt in Schwierigkeiten.“ Katie wartete keine Antwort ab; sie verließ die Wohnung und sprintete die Treppen hoch in den zweiten Stock, wo sie atemlos die Tür zum Wohnzimmer aufstieß.
 

„Sherlock! Es ist etwas passiert! Sarah ist in Gefahr!“, platzte es sofort aus ihr raus; nun konnte sie ihre Panik nicht mehr unterdrücken. Der Detektiv schaute sie zuerst wortlos an, doch dann kam er auf sie zu und legte beruhigend beide Hände auf ihre Schultern. „Ganz ruhig, atme tief durch und dann erzähl uns, was passiert ist“, forderte er sie auf. Katie schaffte es, sich einen Moment zu sammeln und erst mal durchzuatmen, doch dann erzählte sie aufgeregt, was sich gerade ereignet hatte.
 

„Sarah hat mich gerade auf dem Handy angerufen. Sie war total aufgelöst und verstört. Sie sagte, dass zwei Männer die Polizeibeamten vor ihrem Haus niedergeschlagen hätten und in ihre Wohnung einbrechen wollten. Sie konnte fliehen und versteckt sich jetzt in der Cocktailbar.“ „Verdammt…das sind sicher Moriartys Leute und wenn sie die Polizeibeamten ausgeschaltet haben, konnten meine Leute sicher auch nicht viel ausrichten…“, meinte Sherlock, der ihr aufmerksam zugehört hatte. „Bitte hilf ihr, Sherlock…ich will nicht, dass ihr etwas passiert.“ Katie war den Tränen nahe und drückte sich verzweifelt an ihn. „Keine Angst, ich habe dir versprochen, dass ihr nichts zustoßen wird und ich halte mein Wort. Ich hole sie da raus“, versprach er und löste sich von ihr, um sich in Windeseile seinen Mantel überzuziehen. Wenn er sein Versprechen halten wollte, durfte er keine Sekunde verlieren, wer wusste, ob Moriartys Männer Sarah nicht schon längst gefunden hatten.

„Kann ich nicht mitkommen? Wenn ich hier warte, drehe ich durch…“, sagte Katie plötzlich. „Auf keinen Fall. Ich will dich nicht unnötig in Gefahr bringen. Du bleibst hier bei John“, entschied Sherlock. „Aber…“, setzte sie an, wurde aber von ihm unterbrochen. „Kein aber. Du bleibst hier in Sicherheit. Ich werde sie rechtzeitig finden und retten. Vertrau mir.“ Mit diesen Worten strich er ihr noch einmal sanft durch die Haare, ehe er schließlich verschwand.
 

Als sie die Tür ins Schloss fallen hörte, beschlich sie plötzlich ein ungutes Gefühl, als ob dieser Rettungsversuch nicht gut ausgehen würde. Hastig drehte sie sich zu John um und schaute ihn mit einem flehenden Ausdruck in den Augen an. „Können wir ihm nicht doch nachgehen?“ „Sie haben ihn doch gehört. Sie sollen hier in Sicherheit bleiben“, antwortete John. „Aber ich habe ein ganz ungutes Gefühl. Was ist, wenn ihm etwas passiert?“, fragte Katie und war schon wieder im Begriff panisch zu werden. „Ihm wird nichts passieren. Er weiß, was er tut, glauben Sie mir“, erwiderte John. „Können wir ihm nicht trotzdem folgen? Bitte, John…“, versuchte Katie erneut ihn zu überzeugen. „Ich halte das für keine gute Idee“, gab der Arzt jedoch zurück. „Hören Sie mir zu…ich liebe diesen Mann und wenn ihm etwas zustößt, werde ich mir das niemals verzeihen, weil ich ihn darum gebeten habe, meine Freundin zu retten.“ Katie war schon wieder den Tränen nahe.
 

John stutzte bei ihren Worten. „Sie lieben ihn…?“ „Ja, verdammt noch mal! Ich habe noch nie einen Mann so sehr geliebt wie ihn. Also bitte…lassen Sie uns ihm nachgehen.“ Am Ende konnte Katie ein paar Tränen doch nicht zurückhalten. „Worauf warten wir noch, gehen wir“, sagte John nach kurzem Schweigen, worauf die Braunhaarige aufschaute. „Wirklich…? Sie begleiten mich…?“ „Es geht hier immerhin um meinen besten Freund. Also los, wir haben keine Zeit zu verlieren“, gab John zurück und nahm ihre Hand, worauf er sie mit sich aus der Wohnung zog. „Ich danke Ihnen…“, murmelte Katie noch, ehe sie ihm in die regnerische Nacht hinaus folgte.
 

So schnell sie konnten rannten sie durch die Straßen von London, während Katie ein Stoßgebet gen Himmel schickte, dass Sherlock noch nichts passiert war und sie rechtzeitig bei ihm ankamen.
 

Die Cocktailbar war noch ungefähr drei Straßen entfernt, doch Katie kam es so vor, als ob sie in die nächste Stadt laufen müsste, um ihr Ziel zu erreichen. Was war in der Zwischenzeit alles passiert, seit Sherlock das Haus verlassen hatte und Katie versuchte, John davon zu überzeugen ihm nachzugehen?
 

Sie war sich sicher, dass er die Cocktailbar gefunden hatte, immerhin kannte er Londons Straßen in – und auswendig und sie hatte ihm schon vor längerer Zeit einmal erzählt, wo sich die Bar genau befand. Aber hatten Moriartys Männer sie auch schon längst gefunden? Konnte Sherlock sie überwältigen und Sarah in Sicherheit bringen oder hatten sie den beiden etwas angetan? Vielleicht lagen sie ja blutüberströmt und schwer verletzt in der Cocktailbar und warteten vergeblich auf Hilfe. Was wäre, wenn es tatsächlich so war und bis John und sie ankamen war es schon längst zu spät?!
 

Katie schüttelte energisch den Kopf. Sie musste sich jetzt konzentrieren und durfte sich durch solche Horrorszenarien keine Angst einjagen lassen! So schnell sie konnte rannte sie weiter…
 

Endlich kam die Cocktailbar in Sicht. „Da vorne ist es“, informierte sie John, der daraufhin nur nickte. An ihrem Ziel angekommen blieben die beiden erst einmal stehen. „Wir dürfen jetzt auf keinen Fall voreilig und überstürzt handeln, weil wir nicht wissen, was da drin vor sich geht. Wenn wir jetzt da reingehen, werden Sie sich ruhig verhalten und in meiner Nähe bleiben. Sie werden auf keinen Fall irgendetwas auf eigene Faust unternehmen, haben Sie verstanden?“
 

Eindringlich schaute John die Braunhaarige neben sich an, die daraufhin mit ernster Miene nickte. „Okay, dann folgen Sie mir“, ordnete der Arzt dann an, worauf er vorsichtig die Tür aufschob. Er vergewisserte sich zuerst, dass die Luft rein war, ehe er Katie hinter sich her winkte und im Inneren der Bar verschwand. Leise schlichen sie durch die Cocktailbar, bis sie plötzlich Stimmen im Hinterzimmer hörten. Katie warf John einen panischen Blick zu, doch der bedeutete ihr ruhig zu bleiben, während er näher an den entsprechenden Raum herantrat.
 

Sie hatten die Tür zum Hinterzimmer gerade erreicht und sie vorsichtig aufgeschoben, um den Überraschungsmoment auf ihrer Seite zu haben, als plötzlich alles ganz schnell ging.

Sherlock hatte Sarah gefunden, die sich verängstigt an seinen Arm klammerte. Doch leider waren auch Moriartys Männer schon zur Stelle und bedrohten die beiden mit einer Waffe. Die Drohung galt vermutlich in erster Linie Sarah, die das eigentliche Opfer sein sollte; Sherlock war lediglich ihr lästiger Retter, der Moriartys Schergen dummerweise im Weg stand. Der Dunkelhaarige schien fieberhaft zu überlegen, wie sie wieder heil aus dieser mehr als brenzligen Situation herauskommen könnten, als einer der beiden anderen ihm die Entscheidung abnahm.
 

Denn plötzlich richtete er die Waffe direkt auf Sarah und betätigte den Abzug. Katie sah nur noch, wie Sherlock blitzschnell reagierte und Sarah geistesgegenwärtig zur Seite schubste. Dann herrschte einen Moment eine unheimliche Stille, in der die Zeit still zu stehen schien.
 

Doch plötzlich geriet der Detektiv ins Schwanken und Katie wurde mit Entsetzen bewusst, dass er soeben die Kugel für ihre Freundin Sarah abgefangen hatte und somit selbst getroffen wurde. Im nächsten Moment hörte man nur noch, wie der Dunkelhaarige zu Boden ging und Katies panischen Aufschrei. „SHERLOCK!!!“



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