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Krieger des Lichts

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich entschuldige mich auffrichtig für die lange Wartezeit, melde mich dafür aber mit einem etwas längerem Kapitel zurück.
Vielen Dank für die neuen Abos und Kommentare! Ich habe mich sehr darüber gefreut und hoffe, dass mir euer Interesse weiter hold ist :D Komplett anzeigen

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Kapitel Drei. Mutprobe.


 

I

Kakashi blieb in dieser Nacht wach. Bei Tagesanbruch saß er noch immer in seinem Büro in der Hokage-Residenz und kritzelte Schriftzeichen um Schriftzeichen auf die karierten Blätter eines Notizblocks. Er war fest entschlossen, den Code in dem geheimnisvollen Buch mit dem blauen Ledereinband zu entschlüsseln. Das war er Kotetsu schuldig - als Hokage, aber vor allem als Freund und Kamerad.

Inzwischen hatte er nämlich die Nachricht erhalten, dass Hagane Kotetsu tot war, und Kakashi konnte einfach nicht anders als sich dafür verantwortlich zu fühlen.

Das darf kein zweites Mal geschehen…

Die Wachen um das Dorf hatte er zwar bereits aufstocken lassen, aber so lange er und Ibiki nicht herausfanden, wer (oder was) in den Wäldern um Konoha lauerte, konnte es dem nächsten Shinobi schon heute Nacht ergehen wie Kotetsu.

Doch es schien aussichtslos: Kakashi riss nun schon die zwölfte Seite von dem Notizblock, um sie zerknüllt auf den Boden zu werfen. Als ehemaliger Agent der ANBU kannte er jede Chiffrierungstechnik (oder hatte bisher zumindest geglaubt, sie alle zu kennen), aber aus diesem Text wurde er einfach nicht schlau.

Seufzend ließ Kakashi sich gegen die Lehne seines Stuhls sinken und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Seine Augen brannten und weil er sich seit dem letzten Frühstück die Zähne nicht mehr geputzt hatte, wuchs auf ihnen  inzwischen irgendein pelziger Schleim.

Mit geschlossenen Lidern massierte er sich ein paar Sekunden die pochenden Schläfen, bevor er das Buch mit dem blauen Ledereinband wieder in die Hand nahm. Das Papier raschelte zwischen seinen Fingern, als er die aufgeschlagene Seite umblätterte.

Zumindest wusste er, in welche Richtung der Text zu lesen war: nicht wie üblich von rechts nach links, sondern von links nach rechts. Das konnte Kakashi anhand der leeren Seiten nachvollziehen, die außerdem den Schluss nahelegten, dass das Buch noch im Entstehen war - also womöglich ein Log- oder Tagebuch.

Kakashi blätterte weiter.

Nicht alle Seiten waren mit Text beschrieben. Auf dieser hier prangte zum Beispiel die Skizze einer Kreatur, wie sie Kakashi noch nie zuvor unter die Augen gekommen war, aber aussah, als wäre sie einem Alptraum entsprungen.

Aus leeren, schwarzen Augenhöhlen starrte ein blanker Hirschschädel zum jungen Hokage empor. Auf gespaltenen Hufen trugen zwei krumme O-Beine den muskulösen Leib des Wesens, dessen Schultern doppelt so breit wie seine Hüften und die Waden kürzer als die Oberschenkel waren.

Mit den Fingerspitzen fuhr Kakashi die Linien und Schattierungen nach, die einen der vier Arme der Kreatur gebaren. Links und rechts entsprossen sie dem schuppigen Rumpf mit langen, scharfen Klauen am Ende von sechsfingrigen Händen. Wie Sonnenstrahlen krönte ein mächtiges Geweih das Haupt der Kreatur, mit dem es einen rücklings aufgespießten Mann trug. Die Hornspitzen ragten aus dem blutenden Leib heraus.

Was bist du nur?, dachte Kakashi, wohlwissend, dass sich die Antwort auf diese Frage irgendwo in den Worten verbarg, die er nicht zu entziffern vermochte. Eine Beschwörung womöglich? Die Mutation eines Vertrauten Geistes? Denn weitere Kohlezeichnungen in diesem Buch legten die Vermutung nahe, dass die Hirschkreatur Freunde hatte, die teils noch gemeiner und abscheulicher aussahen. Ist das unsere Zukunft?

Kakashi fürchtete die Vorstellung und aus dieser Furcht heraus schlug er plötzlich mit der Faust auf den Tisch. Verdammt! Ich muss die Lösung einfach finden!

Gerade als er die erste Seite des Buches abermals aufschlug, um einen neuen Entschlüsslungsversuch zu unternehmen, erlöste ihn ein Klopfen an der Tür. "Hokage-sama?", drang eine Männerstimme durch das Holz in sein Büro. "Entschuldigt bitte die Störung, aber Ibiki schickt nach Euch!"

 

II

Als Kakashi die Zentrale der Informationsbeschaffungseinheit erreichte, wurde er dort bereits in einem der Sitzungsräume erwartet. Zu seiner Überraschung jedoch nicht nur von Ibiki. Mitokado Homura und Utatane Koharu saßen mit ihm an der ovalen Holztafel in der Mitte des Raumes.

Hinter seiner schwarzen Gesichtsmaske biss Kakashi sich auf die Lippe: wenn Ibiki es für nötig hielt, die Goikenban zu Rate zu ziehen, war die Lage wohl so ernst wie der Hatake befürchtete.

Er zog die Tür hinter sich zu und deutete zur Begrüßung eine Verbeugung an. “Ich hörte, es gibt Neues zu berichten.”

Ibiki nickte. “Setz’ dich. Ich habe die Ältesten bereits über den Vorfall berichtet.”

“Und wir haben dir bereits gesagt, dass wir diesen Aufruhr für unnötig halten”, meinte Homura. “Eine tote Wache - das ist unerfreulich, gewiss, aber kein Anlass zur Beunruhigung.”

Kakashi ließ sich auf dem Stuhl zur Rechten Ibikis nieder, sodass sie beide den Dorfältesten gegenüber saßen.

“So bedauerlich der Vorfall auch ist”, ergänzte Koharu, “ihn als Angriff auf das Dorf zu werten, halten wir für übertrieben und raten dringend davon ab, deswegen den Ausnahmezustand auszurufen, Meister Hokage.”

Kakashi blinzelte überrascht und drehte den Kopf zu Ibiki. “Ausnahmezustand?”

“Das bedeutet unter anderem Ausgangssperren, Einreiseverbote und die Aussetzung von Missionen”, erklärte Homura. “Konoha wäre handlungsunfähig.”

“Ich… ich habe nichts derartiges geplant.”

“Weil ich keine Gelegenheit mehr hatte, das vorab mit dir zu besprechen. Aber ja, ich empfehle dir, es zumindest in Betracht zu ziehen.”

“Wegen eines Toten?” Koharu schüttelte den Kopf. “Ausgeschlossen!”

“Nicht wegen des Toten-”

“Kotetsu”, unterbrach Kakashi. “Sein Name war Hagane Kotetsu und er ist noch keine zwölf Stunden tot.”

Kurzes Schweigen.

Dann räusperte Ibiki sich. “Jedenfalls ist es Anonyma, die mir Sorgen macht - die Gefangene.”

“Inwiefern?”, wollte Homura wissen.

Das Holz des Tisches knarzte, als Konohas Foltermeister sich mit beiden Armen auf der Platte abstützte, um sich über die Kante hinweg zu den Dorfältesten zu lehnen: “Wie Sie beide wissen, machen die Verhöre selbst nur einen Bruchteil der Arbeit meiner Einheit aus. Wir extrahieren Informationen aus allem, was wir von unseren Objekten, den Gefangenen, beschlagnahmen: mithilfe der Pollen, die am Gewebe ihrer Kleidung haften, und den Steinen, die im Profil ihrer Schuhe finden, können wir ihre Route über Tage und Grenzen hinweg rekonstruieren. Die Informationen in den Datenbanken unseres Dorfes sind so umfangreich, dass wir Shuriken und Kunai einzelnen Schmieden in allen Reichen zuordnen können. Aber die Untersuchung von Anonymas Habseligkeiten gibt uns Fragen auf, anstatt Erkenntnisse zu liefern. Nicht nur, dass der Stil ihrer Kleidung in keine Region des Feuerreiches oder eines anderen Landes passt, die Pollen in den Fasern sind unter keinen der über 100.000 Einträge in unserer Pflanzendatenbank. Doch damit nicht genug: das Erz des Stahls, aus dem ihre Waffen geschmiedet sind, ist nicht identifizierbar. Es dürfte gar nicht existieren.”

Kakashi rutschte an die vordere Kante seines Stuhls und legte Anonymas Buch vor die Ältesten auf den Tisch. Ibikis Worte überraschten ihn nicht. “Zudem hatte sie das hier bei ihrer Ergreifung bei sich. Mir ist es zwar nicht gelungen, den Text zu dechiffrieren, aber ich vermute es sind Aufzeichnungen, eine Art Tagebuch, und wenn man sich die Illustrationen darin ansieht, scheint der Inhalt nicht besonders erfreulich zu sein…”

“Werft außerdem ein Blick auf die Karte darin”, ergänzte Ibiki, während er sich  wieder zurück lehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. “Schon mal gesehen?”

Die Antwort lautete nein. Das wusste Kakashi schon, bevor Koharu und Homura Anonymas Buch aufgeschlagen und die Karte entfaltet hatten.

“Es wird von Ländern jenseits des Ozeans erzählt”, meinte Ibiki nach ein paar Minuten. “Zu weit entfernt, um sie zu erreichen - zumindest mit den Schiffen, die an den Küsten unserer Reiche gebaut werden…”

Homura ließ die Karte sinken. “Bei allem Respekt, Ibiki, langweilt der Frieden dich etwa so sehr, dass du anfängst an die Hirngespinste betrunkener Fischer zu glauben?”

“Wenn man alle logischen Lösungen eines Problems eliminiert, ist die unlogische, obwohl unmöglich, unweigerlich richtig”, entgegnete der Kopf der Konoha Gakure Jōhōbu. “Laut dem Bericht der Mediziner ist Hagane Kotetsu an einem Gen-Jutsu-Syndrom gestorben. So etwas gab es zuvor noch nicht, erst recht nicht bei einem Erwachsenen. Wir sollten also um die Stärke jener besorgt sein, die mit Anonyma kamen. Denn sollte ich mit meiner Vermutung richtig liegen, ist sie wohl kaum allein über den Ozean und bis nach Konoha gereist. Wir sollten auf der Hut sein.”

Koharu schüttelte den Kopf. “Es scheint mir dennoch übertrieben, deswegen den Ausnah-”

“Ich unterstütze Ibikis Vorschlag”, unterbrach Kakashi. “Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass Konoha von einer Tragödie heimgesucht wird, weil zu spät Maßnahmen ergriffen wurden, nicht wahr? Als Hokage habe ich mir geschworen, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen.”

In ihren Augen konnte Kakashi sehen, dass sie die Anspielung auf das Uchiha-Massaker und die Wahrheit dahinter verstanden...

 

III

“Gute Arbeit”, lobte Ibiki, als er Kakashi ein paar Minuten später ins Treppenhaus und die Stufen hinab in das Untergeschoss des Gebäudes führte. “Um den Ausnahmezustand auszurufen, brauchst du die Zustimmung der Goikenban. Aber offen gestanden war ich mir nicht sicher, ob du dich gegen die beiden behaupten kannst.”

Diese Worte ließen Kakashi zusammenzucken. Ich auch nicht, mein Freund, ich auch nicht. “Hältst du die Situation wirklich für so dramatisch wie sie da drin dargestellt hast?”

“Du für harmlos?” Ohne stehen zu bleiben, blickte Ibiki sich über die Schulter um.

Ich weiß es nicht, aber das konnte Kakashi nicht zugeben. Als Hokage war es nämlich seine Aufgabe, das zu wissen. “Von der Küste bis Konoha ist es ein Marsch von mindestens eineinhalb, eher zwei Tagen, oder? Aber du sagtest, ihr konntet keine der Pollen an ihrer Kleidung in der Datenbank finden…"

"So ist es."

"Aber, wie…?"

"Keine Ahnung.” Ibikis Lippen verzogen sich zu einem teuflischen Grinsen, bevor er den Blick wieder geradeaus richtete. Sie waren im Kellergeschoss der Jōhōbu-Zentrale angekommen. “Aber zum Glück ibt es da eine junge Dame, die uns diese  und alle anderen Fragen beantworte kann.: woher sie kommt, wie viele Komplizen sie hat, warum sie Konoha angegriffen haben, was in ihrem Buch steht... Das ist nicht mein erstes Mysterium als Leiter der Informationsbeschaffungseinheit. Ich hatte schon oft Spuren vor mir, zwischen denen kein Zusammenhang zu bestehen schien die keinen Sinn ergaben aber glaub' mir, sich war noch nie so gespannt darauf die Auflösung zu hören wie heute… und - ich hatte noch nie so große Angst davor.”

Wem sagst du das?

Kakashi folgte dem Morino in einen dunklen Korridor. Das Licht an der Decke flackerte, als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel und Kakashi stellte fest, dass er hier schon einmal gewesen war, damals während seiner Zeit bei der ANBU. Soweit er wusste, befanden sich hinter den Türen links und rechts des Flures nur Archive und Abstellkammern. Was wollen wir hier unten?

Doch noch bevor er die Frage aussprechen konnte, blieb Ibiki plötzlich stehen und drehte sich zum jungen Hokage um. “Bist du sicher, dass du bei dem Verhör dabei sein willst?”

Der zuckte mit den Schultern. “Das ist keine Frage des Willens, oder? So haben wir es mit den Ältesten vereinbart: sie stimmen einem Ausnahmezustand zu, wenn ich es für nötig halte.”

“Von mir würden sie nichts erfahren, wenn du dich dafür entscheidest, dich nicht mit dem zu belasten, was sich in den Geheimgängen der Jōhōbu abspielt.” Mit dem Kinn deutete Ibiki auf die grauen Fliesen zu ihren Füßen.

Kakashi runzelte die Stirn. “Soll das heißen, du hältst mich für einen Feigling?”

“Ich halte dich für einen guten Menschen. Und als solcher wirst du dich in meiner Gegenwart wohl niemals wieder wohl fühlen, wenn du erst mal gesehen hast, wie ich arbeite.”

Kakashi konnte nicht anders als hinter seiner Maske zu schmunzeln. “Wer bin ich schon, um dich dafür zu verurteilen, wie du deine Pflicht erfüllst? Mach’ dir keine Sorgen. Ich kenne deinen Ruf und habe bestimmt keine falschen Illusionen über das, was du tust. Schließlich habe auch ich schon unzählige Menschen um Gnade betteln hören. Und sie flehten alle vergebens.”

“Meinen Ruf zu kennen und meine Methoden zu sehen sind zwei verschiedene Dinge. Du warst Attentäter, ich bin Foltermeister - wer dich um Gnade angefleht hat, hoffte auf das Leben; bei mir auf den Tod.”

“Vergiss es, Ibiki. Ich werde nicht kneifen.” Was für ein Hokage wäre er, wenn er nicht mal zu dem Wort stehen konnte, das er den Ältesten gegeben hatte? Sie vertrauten auf sein Urteil! Dieser Verantwortung durfte er sich nicht entziehen. “Ich muss dabei sein. Es geht nicht anders.”

“Gut, wie du willst.”

Nacheinander formte Ibiki die Fingerzeichen Eber, Affe, Hund und Drache, bevor er auf ein Knie sank und beide Hände auf den Boden presste. Die Erde unter den Füßen der beiden Shinobi erzitterte, während sich zwischen ihnen der Boden auftat. Kakashi musste einen Schritt zurückweichen, weil die Fuge unter seinen Schuhen aufbrach und die Fließen sich verschoben, um einen rechteckigen Schacht zu öffnen. Weißer Staub wirbelte auf und umtanzte Ibikis muskulösen Körper. MIt einem Arm stützte er sich auf dem Oberschenkel seines aufgestellten Beines ab, mit dem anderen deutete er auf den Schacht. Durch den bleichen Dunst hindurch grinste er Kakashi an. “Nach dir, Hokage-sama.”

Dieser ging in die Hocke, um den  Schlund hinab zu spähen und hinter langer, schwarzer Finsternis einen rötlichen Schimmer zu entdecken. Seine Finger schlossen sich um die Kante des Schachts und mit einem kleinen Satz ließ er sich in die Dunkelheit fallen.

Der Luftzug des Sturzes strich über seine Wangen und pfiff in seinen Ohren. Der Stoff seines hellgrauen Mantels flatterte hinter ihm.

Das rötliche Licht bleichte mit jedem Meter aus, den Kakashi ihm entgegen stürzte. Es schwoll an und verschluckte den jungen Hokage schließlich. Einen Augenblick später fanden seine Füße den Boden…

 

IV

Die Erde unter Kakashis Füßen fühlte sich weich und schleimig an, als er einen Schritt zur Seite trat, um Platz für Ibiki zu machen, der knapp hinter ihm durch den Schacht glitt. Regenwürmer und Asseln krochen über seine nackten Zehen, die aus seinen Sandalen ragten.

“Herzlich willkommen in meinem Reich”, verkündete der Foltermeister und das Echo seiner rauen Stimme hallte von den tropfenden Wänden wieder.

Über ihren Köpfen schloss sich der Schacht. Lehm, dachte Kakashi, was ihm sagte, das dies keine gewöhnliche Zelle war. Denn diese wäre mit Stahl und Beton im Boden befestigt. Nein, dieses Gewölbe war mit dem Erdversteck geschaffen worden, um auf ewig jedes Geheimnis zu bewahren, das ihm anvertraut wurde. Nicht nur ein Verhörraum, sondern auch ein Grab…

“Wie oft hast du das schon gemacht?”, fragte Kakashi, während er sich umblickte. An den Wänden der Lehmgrube flackerten Fackeln. Ihr orange-rotes Licht zuckte über den weichen, braunen Boden und zwischen den Klumpen erkannte der Hokage die Umrisse eines halb verscharrten Schädels.

“Hab’ aufgehört zu zählen.”

“Ist jemals jemand deinem Reich entkommen?”

“Nicht ein einziger.” Kakashi spürte Ibikis Hand auf seiner Schulter, die ihn herum drehte. Gleichzeitig machte der große Shinobi einen Schritt zur Seite und gab so die Sicht auf sie frei, jene Frau mit dem Codenamen Anonyma. “Sie ist zäh. Aber früher oder später habe ich sie noch alle zum Reden gebracht.”

Flankiert und bewacht von zwei Agenten der ANBU stand sie da, von einer Augenbinde abgesehen vollkommen nackt und mit gefesselten Händen. Ein langer Strick führte von den Fesseln zur Decke, wo er durch einen glänzenden Ring gefädelt wieder zu Boden fiel und mit einem Pflock in der Erde verankert war. Das Seil war so fest gespannt, dass die Gefesselte langgestreckt auf den Zehenspitzen balancieren musste - wohl schon die ganze Zeit über, seit Ibiki zu der Besprechung im ersten Stock jenseits diesen Lehmgewölbes aufgebrochen war. Selbst der Schein des Feuers reichte, damit Kakashi erkennen konnte, wie blau die Nagelbetten ihrer Finger angelaufen waren.

Sie hielt den Kopf gesenkt, sodass ihre kupferroten Locken über ihre Schultern fiel und ihre Brüste bedeckte

Das rötliche Licht schimmerte auf ihrer blassen Haut, die mit purpurnen Malen überzogen war. An ihren Mundwinkeln und unter ihrer Nase glänzten Spuren halb geronnen Blutes. Es tropfte auch aus den Wunden, die ein X auf ihrem Bauch formten, und verdeckte beinahe das blaue Tattoo, das ihren Nabel umschloss. Kakashi erkannte das Symbol. Es war das gleiche, das auch auf dem Buch prangte, an dessen Entschlüsselung er die ganze Nacht über gescheitert war. Und er erkannte, dass die Wunden in ihrer Haut keine Schnitte waren, dafür waren die Wundränder zu unsauber. Nein, diese Verletzungen stammten von Peitschenhieben, was ihm ungefähr verriet, wie der Rücken der jungen Frau aussehen musste.

Kakashi konnte nicht anders als den Blick abzuwenden. Diese Geste entging Ibiki nicht.

“Ach, geht dir das schon zu weit?”, kommentierte er, während er ein Kunai in die Flamme von einer der Fackeln hielt, bis das Metal orange glühte. “Dann wird dir das hier vermutlich noch weniger gefallen…”



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yuna_musume_satan
2020-01-20T11:57:50+00:00 20.01.2020 12:57
Ibiki versteht wirklich etwas von seiner Arbeit.

Das Kapitel ist ja mal schön düster und hat mir super gefallen obwohl nicht viel passiert ist. Weiter so.
Von:  Votani
2020-01-19T20:55:31+00:00 19.01.2020 21:55
Ein neues Kapitel! :D
Ich liebe, wie du Kakashi schreibst. Er ist mein Lieblingscharakter und du kriegst ihn einfach wunderbar hin. *-* Ich kann Ibiki verstehen, dass er nochmal nachfragt, ob Kakashi der Folter wirklich beiwohnen moechte. Kakashi ist ein guter Mensch und solchen Menschen will man das ersparen, obwohl Kakashi auch schon oft im Leben die Drecksarbeit gemacht und viel Leid erfahren hat.
Ich bin gespannt, was es mit dem Buch und der Gefangenen auf sich hat. Es klingt wirklich alles sehr duester. Es hat mir auch richtig Leid getan, dass Kotetsu gestorben ist. ;o;
Ich kann nur sagen, dass mir das Kapitel mal wieder richtig gut gefallen hat und dein Schreibstil einfach genial ist. :D

Liebe Gruesse!


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