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Loki: the fallen Prince - der gefallene Prinz

von

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Düstere Erinnerungen

Fandral keuchte auf, als er Loki sah. «Du!» stiess er hervor und versuchte unbewusst, vor dem Mann zurück zu weichen.
 

Ein hoffnungsloses Unterfangen: der Krieger blutete aus einer langen Stichwunde, die quer über seine Brust verlief und in beinahe in zwei Hälften gespalten hätte, sodass er sich kaum rühren konnte. Jedenfalls nicht, ohne die Wunde noch weiter aufzureissen. Trotzdem hob er abwehrend eine Hand.
 

«Beweg dich nicht!» befahl Loki knapp und kniete sich neben dem Verletzten hin. Ohne sich um Fandrals Abwehr zu kümmern, breitete er die Hände über ihm aus.
 

«Du... steckst dahinter...» zischte der Krieger und blickte hasserfüllt zu dem Magier hoch. «Du hast... das alles... verursacht.»
 

Loki konnte ihn einen Moment lang nur völlig verblüfft anstarren, ehe er kurz und trocken auflachte und erwiderte: «Also, ich wusste ja schon immer, dass du nicht gerade zu den intelligentesten Wesen im Universum gehörst. Aber dass du derart blöd bist...» Er liess den Rest des Satzes in der Luft hängen und brachte Fandral dann mit einer raschen Handbewegung zum Schweigen.
 

Natürlich nur, indem er ihn ins Land der Träume schickte.
 

Dann breitete er die Hände über Fandrals Kopf aus und regte sein Gehirn zum Heilen der beschädigten Körperregionen an. Loki arbeitete ruhig und konzentriert, doch da die Magie in ihm nach wenigen Sekunden die Führung übernahm, schweiften seine Gedanken bald ab.
 

Er würde den Krieger, sobald er geheilt war, in den selben hypnotischen Zustand versetzen müssen wie Thor, damit er ihm nicht gefährlich werden – oder ihn behindern – konnte. Trotzdem war es äusserst lästig, ihn mitschleppen zu müssen. Andererseits konnte er ihn unmöglich zurück lassen. Selbst wenn er wiederkommen würde, um ihn abzuholen: die Gefahr, dass Fandral in der Zwischenzeit übernommen würde, war schlicht zu gross.
 

Doch bald wandelten sich Lokis praktische Überlegungen und begaben sich in weitaus dunklere Bahnen...
 

Ohne dass er es verhindern konnte, stiegen plötzlich Bilder vor seinem geistigen Auge auf: ein spöttisches und gleichzeitig vor Hass verzerrtes Gesicht... Dann ein Schlag... und noch einer... Fandrals Lachen dazwischen... Seine ungeheure Wut...
 

Der Magier atmete heftig und versuchte, die Bilder weg zu drücken, aber es gelang ihm nur halb.
 

Anders als Thor war Fandral nicht besessen gewesen – zu keinem Zeitpunkt, wie Loki jetzt genau wusste. Dennoch hatte er ihn mehr als einmal gefoltert. Einfach, weil es ihm Spass gemacht hatte. Oder weil er der Meinung gewesen war, Gerechtigkeit zu üben.
 

Einen Moment lang waren die Erinnerungen so real dass Loki meinte, wieder dort zu sein... Wieder in einem düsteren Kerker in Ketten zu hängen und von dem Krieger mit dieser magischen Peitsche traktiert zu werden, die ihn zu verbrennen und gleichzeitig in Stücke zu hacken schien.
 

«Das ist für die Schande, die du über Asgard gebracht hast!» hatte Fandral bei jedem dritten oder vierten Hieb geschrien.
 

Schon damals hätte Loki beinahe gelacht – wenn er es denn noch gekonnt hätte. Aber es war doch eigentlich absurd: Schande? Er bezweifelte sehr, dass die Menschen, die er ermordert hatte (und wegen denen er ja wohl so grausam bestraft wurde) es ebenso nennen würden... Schande! Was für ein Blödsinn.
 

Er hatte Unschuldige getötet – Tausende davon.
 

Aber der einzige, der ihm das je vorgeworfen hatte, war Odin gewesen.
 

Doch selbst er hatte es nur ein einziges Mal erwähnt: bei seiner Verurteilung. Danach hatte auch er nie mehr von Lokis Opfern gesprochen.
 

Alle anderen aber hatten ausschliesslich und immer nur von Schande gefaselt... Als ob das sein eigentliches Verbrechen gewesen wäre.
 

Schande über Asgard... Oh je, welch unverzeihliche, schlimme, niemals wieder gut zu machende Tat!
 

Jetzt, bei der Erinnerung daran, entfuhr Loki doch ein leises, bitteres Lachen.
 

Und die Ironie an der Geschichte? Er – ausgerechnet er – war wohl der einzige hier, der einsah, dass er den Menschen geschadet hatte. Und nicht bloss dem ach so gloriosen Asgard. Ja, das war wirklich zum Lachen... Oder vielleicht auch zum Heulen – je nach Sichtweise.
 

Loki bevorzugte das Lachen... ehe er es endlich schaffte, mit einem leise gemurmelten Fluch die Erinnerungen auszuschalten.
 

Aber die Frage, warum er diesem Mistkerl von Fandral überhaupt half, liess sich nicht ganz so einfach wegdrücken...
 

Er könnte ihn liegen lassen. Niemand würde wissen, dass er ihn gefunden hatte. Nicht einmal Fandral selbst, sollte er das Ganze wider Erwarten überleben – denn Loki konnte seine Erinnerung an die letzten Minuten löschen. Oder er könnte ihn gleich eigenhändig umbringen. Niemand würde es je erfahren...
 

Warum also tat er es nicht einfach?
 

Loki merkte, wie ihm auf einmal der kalte Schweiss ausbrach. Die Hände neben Fandrals Kopf begannen zu zittern.
 

Verflixt – er musste sich konzentrieren!
 

Er hatte sich längst entschieden, lange vor diesem Tag. Das Versprechen, dass er sich selbst einst gegeben hatte, würde er nicht brechen. Schon gar nicht wegen jemandem wie Fandral. Der Kerl war es nicht wert, sich seinetwegen die Hände (wieder) schmutzig zu machen...
 

Loki wollte nicht mehr so sein wie früher. Er hatte sich selbst geschworen, dass er sich nie wieder von dem Wunsch nach kindlicher, idiotischer Rache leiten lassen wollte. Das hatte er lange genug getan – und davon hatte er ein für alle Mal genug.
 

Zumal das Resultat die flüchtige Genugtuung niemals wert gewesen war.
 

Würde er den Krieger jetzt umbringen, wäre das aber genau wieder das, was er für alle Zeiten hatte vermeiden wollen: ein Rückfall in alte Muster.
 

Nein, er hatte nicht vor, den Gefühlen in ihm je wieder die Oberhand über sein Handeln und Denken zu überlassen.
 

Fandral war ein versierter Krieger. Und da er gleich wieder fast wie neu sein würde, wäre es nicht zuletzt auch eine schlichte Verschwendung von nützlichen Ressourcen, den Mann zu töten.
 

Schliesslich konnte Asgard gerade jede Unterstützung brauchen, die irgendwie zur Verfügung stand.
 

Loki atmete ein letztes Mal tief durch und liess sich dann nicht mehr beirren.
 

Rund fünfzehn Minuten später war der Magier fertig – und Fandrals Körper so vollkommen wiederhergestellt, als wäre er nie auch nur im Mindesten verwundet worden. Loki erhob sich wieder, vollführte eine erste rasche Bewegung mit der Hand, die Fandral aus seiner Bewusstlosigkeit herausholte und eine zweite, die ihn gleich darauf unter Hypnose stellte.
 

Gut, es konnte also weitergehen...
 

Mit Fandral im Schlepptau, der ihm wie ein Hündchen folgte, setzte Loki seinen Weg durch den Palast fort.
 

Rund weitere fünfzehn Minuten später nahm Loki plötzlich noch etwas anderes wahr als die Präsenz des Schwarzen Elements, die allgegenwärtig war. Er fühlte auf einmal die Nähe eines weiteren Lebewesens...
 

Noch bevor er sich fragen konnte, wer das sein mochte, hörte er eine leise aber vor Angst und Erregung deutlich zitternde Stimme: «Loki..! Oh, was bin ich froh, dich zu sehen!»
 

Der Magier wandte sich um und erblickte Correleaus in einer Ecke. Der Alte war totenbleich, aber über seine verhärmten Züge huschte ein flüchtiges Lächeln. «Und du hast deine Kraft zurück...» fügte er mit leisem Staunen hinzu. «Das ist... wundervoll.»
 

Im nächsten Moment brach er zusammen.
 


 


 

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Die kleine Gruppe um Thor, Sif und Hogun kam nur langsam vorwärts. Es gab einige Verletzte unter ihnen, die nur notdürftig hatten verarztet werden können. Die einzige Heilerin, der auch die Flucht aus demPalast gelungen war, hatte ihr Bestes getan... Aber ihre Kräfte waren längst erschöpft.
 

Je weiter sich die Flüchtlinge vom Palast und der Stadt entfernten, desto freier schienen sie atmen zu können. Es kam ihnen so vor, als würde sich ein schwerer Stein langsam von ihrer Brust heben. Selbst ihr Blick schien irgendwie wieder klarer zu werden.
 

«Womit haben wir es hier bloss zu tun?» fragte Hogun nicht zum ersten Mal. Die junge und am Bein verwundete Frau, die an seiner Seite ging und sich auf seinen Arm stützte, schaute Thor ebenso fragend – und mit offener Verzweiflung auf dem Gesicht – an.
 

Thor warf einen raschen Blick zu Runya hinüber. Er zögerte... Sollte er darauf antworten? Sie verdienten, zu wissen, was hier vorging.
 

Andererseits konnte er kaum erklären woher er das wusste, ohne Loki dabei zu erwähnen.
 

«Tut mir leid,» gab er deshalb entschieden zurück. «Diese Frage kann ich nicht beantworten.»
 

Was keine Lüge war – warum er es nicht konnte, blieb ja dahin gestellt...
 

Sif musterte ihn zweifelnd. Die kluge und erfahrene Kriegerin ahnte, dass Thor etwas Wichtiges zurück hielt. Doch sie war sich ebenfalls sicher, dass es gute Gründe dafür gab. Deshalb schwieg sie.
 

Ausserdem war ihr aufgefallen, dass der Donnergott irgendwie anders wirkte. Wieder mehr wie früher, wenn sie ehrlich sein wollte. Mehr wie er selbst. Denn trotz der verzweifelten Lage schien er nicht mehr so düster und wütend zu sein wie in den vergangenen Monaten.
 

Sie wunderte sich, was der Grund für diese Veränderung sein mochte. Die junge Vanin vielleicht? Aber Sif verwarf den Gedanken gleich wieder: sie wusste, dass Thor die Prinzessin nicht besonders schätzte. Er hatte schliesslich hinter ihrem Rücken oft genug über sie gelästert. Und so sehr Sif auch immer versucht hatte, ihn von Runyas freundlichem Wesen und ihrer sanften und würdevollen Art zu überzeugen: es war ihr nie gelungen, mehr als ein verächtliches Schnauben als Reaktion bei Thor auf ihre Worte hervor zu rufen.
 

Aber nun benahm er sich der Prinzessin gegenüber auch ganz anders. Allerdings nicht so wie ein Mann, der in Liebe entbrannt war... Eher wie einer, der sich endlich wieder auf seine guten Manieren – und seine Pflichten – besonnen hatte.
 

Mit einem leisen Seufzer wandte Sif sich ab und wieder den Leuten zu, die hinter ihr gingen. Aufmunternd lächelte sie ihnen zu und versuchte, ihnen Mut zuzusprechen.
 

Es gab Wichtigeres, als sich über Thors 'Verwandlung' Gedanken zu machen...
 

Zumindest im Moment.



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