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Loki: the fallen Prince - der gefallene Prinz

von

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Auf der Flucht

Thor und Runya konnten gerade noch in einen Nebenstollen ausweichen, ehe Odin sie sah. Runya klopfte das Herz bis zum Hals – so laut, dass sie sicher war, dass der Allvater es gehört hatte. Aber dieser war derart in Gedanken versunken, dass er nichts um sich herum wahrnahm.
 

Thor wies in die Richtung, aus der sein Vater eben gekommen war. «Da lang.»
 

Am Ende des Stollens lag eine Tür. Sie stand offen, was Thor schlagartig erstarren liess. Er ahnte, was das bedeutete, und wandte sich hastig Runya zu: «Geh zurück und schieb Wache. Wenn du Odin kommen siehst, klopf dreimal gegen die Wand!»
 

«Nein, ich will…»
 

Thor fixierte sie eindringlich: «Runya, bitte!»
 

«Ist gut.» Sie zitterte und machte sich dann gehorsam daran, Thors Anweisung Folge zu leisten.
 

Der Blonde atmete innerlich auf. Wenn Loki wirklich in dem Raum vor ihnen lag und Odin es nicht mal für nötig gehalten hatte, die Tür zu schliessen, konnte das nur eines bedeuten: sein Bruder musste in einer derart schrecklichen Verfassung sein, dass eine Flucht für ihn gar nicht möglich war. Andernfalls hätte ihn der Vater sicher eingesperrt.
 

Das war der Grund, warum er Runya zum Wache schieben zurückgeschickt hatte. Der Hauptgrund. Natürlich war es auch wichtig, rechtzeitig gewarnt zu werden, falls Odin zurückkam, doch hauptsächlich wollte Thor der jungen Prinzessin ersparen, Loki in dem Zustand zu sehen, in dem er ihn sicher vorfinden würde. Dabei merkte er nicht einmal, dass er das erste Mal, seit er Runya kannte, Rücksicht auf sie nahm.
 

Allerdings war ihm selbst jetzt auch sehr mulmig zumute, als er sich dem Eingang näherte. Ganz flüchtig stieg heisse Angst in ihm auf: was, wenn sie zu spät kamen? Doch dann drückte er den Gedanken weg und warf vorsichtshalber noch einmal einen langen Blick in den Spiegel. Er hoffte, dass es reichen würde. Am ganzen Körper zitternd, noch schwächer als sonst und vor lauter Furcht den Atem anhaltend, stolperte Thor dann schliesslich in den Raum, in dem er Loki vermutete.
 

Er fand ihn auch tatsächlich vor. Sein Bruder lag am Boden, den Kopf im rechten Arm vergraben, die Beine leicht angewinkelt. Er stöhnte leise und zitterte am ganzen Leib. Doch ansonsten rührte er sich nicht, als Thor hereinkam, obwohl er die Schritte gehört haben musste. Dem Donnergott wurde heiss und kalt. Das liess das Schlimmste befürchten.
 

Langsam glitt er neben Loki zu Boden. Und nun, als er neben ihm kniete, versuchte dieser den Kopf zu heben. Dass er es selbst beim dritten Anlauf nicht schaffte, sagte Thor schon mehr als genug. Ausserdem schaute Loki ihn an, ohne ihn wirklich wahr zu nehmen.
 

Äusserlich sah Thor seinem Bruder nichts an, doch das beruhigte ihn nicht im Mindesten. Ganz im Gegenteil: er wusste ja nur zu gut was das bedeutete!
 

Sanft fasste er Loki am Arm. «Bruder...» kam es leise von seinen Lippen.
 

Erst jetzt schien der andere ihn überhaupt richtig zu bemerken. Wieder versuchte Loki den Kopf zu heben. Diesmal gelang es ihm sogar ein wenig, doch sein Gesicht verzog sich dabei schmerzhaft. «Thor..?» Es klang überrascht – und ängstlich.
 

Dem blonden Hünen sank das Herz. Ausserdem merkte er, dass es langsam eng wurde. Er fühlte die Dunkelheit wieder in sich aufsteigen wie ein böses Tier, das ihn verschlingen wollte. Es blieb nicht mehr viel Zeit. Aber würde Loki in seinem Zustand überhaupt in der Lage sein, ihm zu helfen?
 

Und: würde er es überhaupt wollen?
 

Ein heftiges Zittern überfiel Thor und ihm wurde schlagartig klar, dass er alles auf eine Karte setzen musste. Entweder er tat jetzt das, weshalb er hergekommen war – oder es würde zu spät sein.
 

«Loki... bitte... wenn ich gleich...» Er atmete tief durch und realisierte, dass ihm die Worte fehlten. «Ich gebe dir jetzt deine... Magie zurück. Was danach... kommt...» Thor schloss die Augen, «...liegt in deiner... Hand.»
 

Sein Bruder sagte etwas, aber der Donnergott bekam es nicht mehr mit. Das Zittern in ihm wurde stärker – er wurde stärker! Der Bann wollte sich wieder über ihn legen.
 

Oh nein, bitte… nur noch ein paar Minuten. Ich muss noch ein paar Minuten durchhalten!
 

Es musste jetzt geschehen... Oder nie!
 

Thor hob den Hammer und zielte auf Lokis Handgelenke. Ein letztes kurzes Zögern, dann schossen zwei Blitze heraus. Sein Bruder schrie leise auf, als sie ihn trafen. Doch eine Sekunde später fielen die beiden Armbänder, die seine Magie blockiert hatten, zu Boden.
 

Erschöpft wie nach einer riesigen Anstrengung krachte Thor rücklings auf den Boden. Wieder schloss er die Augen und wartete. Seine Hände waren schweissnass und sein Atem ging schwer.
 

Er hatte es geschafft, sein Werk war vollbracht!
 

Doch was das für ihn bedeutete, wusste er nicht. Über sein weiteres Schicksal würde einzig und allein sein Bruder entscheiden.
 

Loki befiel inzwischen ein ähnlich heftiges Zittern wie vorhin Thor. Allerdings war es von ganz anderer Art: sein ganzer Körper zuckte und leuchtete gleichzeitig in einem durchscheinenden grünen Licht auf, als die Magie in ihn zurückfloss. Sekundenlang wurde der Mann sogar einige Zentimeter vom Boden gehoben und seine Augen begannen in einem überirdischen Licht zu glühen. Dann war es vorbei – und Loki sackte in sich zusammen.
 

Thor erkannte mit jeder Sekunde, die verstrich, mehr, dass er selbst nicht mehr lange durchhalten würde. Es wunderte ihn sowieso, dass er es so lange geschafft hatte. Doch auch wenn er sich gleich wieder in ein Monster zurückverwandeln würde – nun war Loki in der Lage, ihn zu stoppen.
 

Auf welche Weise auch immer.
 

Noch lag der Bruder reglos da, aber Thor wusste, dass es nur ein, zwei Minuten dauern würde, bis der beschleunigte Heilungsprozess einsetzen würde, über den Loki als Magier verfügte. Schon Asgardianer und Frostriesen heilten sehr schnell, doch die Magie, die in Loki wohnte, würde diesen Prozess noch um einiges rascher ablaufen lassen.
 

Und tatsächlich: es dauerte kaum eine halbe Minute, da richtete Loki sich langsam auf. Er kam sich vor, als würde er aus einem unwirklichen Traum erwachen und brauchte einen Moment, um sich zurecht zu finden. Als er Thor neben sich am Boden liegen sah, schüttelte er verwirrt den Kopf. «Thor..? Was tust du hier?» War das vorhin doch kein Traum gewesen?
 

In nächsten Augenblick realisierte er die Veränderung in sich. Verblüfft starrte er auf seine Handgelenke, an denen die magischen Blockaden nun fehlten. Dann hörte er die krächzende Stimme seines Bruders. «Loki, bitte…» Thor wusste auf einmal genau, dass ihm nur noch ganz wenig Zeit blieb. «Wir müssen hier weg… Du musst hier weg, bevor unser Vater…» Die Sinne begannen ihm zu schwinden, als das Reissen und Zerren in ihm wieder zunahm. Er wollte nach dem Spiegel greifen, doch seine Hände zitterten so sehr, dass er ihm aus der Hand fiel.
 

Loki, der von Sekunde zu Sekunde stärker wurde, begriff sofort. Doch noch ehe er Thor antworten konnte, hörte er ein Klopfen.
 

Ein dreimaliges Klopen, das durch den Gang hallte…
 

«Vater…» stammelte Thor.
 

Da stürzte auch schon Runya herein.
 

«Odin kommt!» rief sie – und blieb stocksteif stehen, als sie Loki sah. Zwar wirkte er äusserlich unversehrt und auch unverändert, aber sie wusste instinktiv, dass beides nicht zu traf.
 

Ihr Blick fiel auf Thor, dessen Gesicht sich zu verzerren begann. Als Runya den am Boden liegenden Spiegel bemerkte, griff eine eisige Faust nach ihrem Herzen. «Loki, dein Bruder wird gleich wieder die Kontrolle über sich selbst verlieren. Kannst du..?»
 

Sie brach ab als sie sah, wie Loki statt einer Antwort nur die rechte Hand hob. Ein Strahl aus grüner Energie schoss heraus und hüllte Thor ein. Runyas Mund öffnete sich vor Schreck und Überraschung. Sie hatte zwar gewusst, dass der Donnergott die Absicht hatte, seinen Bruder von den Armbändern zu befreien um ihm so seine Magie zurück zu geben, doch sie hatte keine Ahnung gehabt, dass sich die Auswirkungen derart schnell zeigen würden.
 

Zudem hatte sie einen Moment lang Angst, dass Loki Thor kurzerhand töten würde.
 

Nicht, dass sie es ihm hätte verdenken können. Und um Thors Willen wäre es ihr sogar – wenn sie ehrlich sein wollte – egal gewesen. Doch ein Mord an seinem Bruder würde mit Sicherheit dafür sorgen, dass Loki von allen Bewohnern Asgards wie ein Tier gejagt und wohl regelrecht in Stücke gerissen würde, sobald man ihn in die Finger kriegte. Sie wollte schon schreien ‘Tu’s nicht!’, als sie realisierte, dass Loki den Blonden nicht umzubringen gedachte.
 

Doch irgendetwas hatte er dennoch mit Thor gemacht, denn dieser stand plötzlich leichtfüssig auf, als ob nichts gewesen wäre und er nie sowas wie Schwäche gekannt hätte. Wieder erschrak Runya, doch dann sah sie, dass Thor völlig ruhig und teilnahmslos dastand – und dass seine Augen leer und ausdruckslos durch sie hindurch blickten.
 

«Geht im Moment nicht anders, Prinzessin.» hörte sie da Loki hastig sagen. «Ich bin noch zu schwach, um Thor von dem Bann zu befreien, unter dem er steht. Also habe ich ihn nur magisch hypnotisiert, sodass er für den Augenblick geschützt ist – und auch für uns nicht zur Gefahr wird. Und jetzt sollten wir alle von hier verschwinden, bevor Odin uns erwischt.»
 

Runya begann am ganzen Körper zu zittern. Odin! Du meine Güte, den hatte sie einen herrlichen Augenblick lang völlig vergessen! «Dafür ist es sicher zu spät.» erwiderte sie schreckensbleich. «Der König wird gleich hier sein.»
 

«Schon möglich.» gab Loki mit einem flüchtigen Lächeln zurück. «Aber wir nicht mehr.»
 

Runya begriff nicht, doch der Magier hatte bereits die Hand seines Bruders ergriffen und hielt die andere nun der jungen Frau hin. Sie nahm sie erstarrt vor Angst. Was hatte Loki vor? Sie sassen in der Falle und Odin würde jeden Augenblick zur Tür hereinkommen. Bei der blossen Vorstellung, was dann geschehen würde, stieg heftige Übelkeit in ihr auf. Ihre Knie zitterten und sie klammerte sich regelrecht an Loki fest.
 

Dieser drückte ihre Hand einmal sachte und sagte dann leise: «Jetzt wird’s ein bischen ungemütlich, Prinzessin. Am besten schliessen Sie einfach die Augen.»
 

«Was heisst das?» hörte sich Runya noch fragen… Im nächsten Moment fühlte sie eine Art Wirbel um sich herum und merkte, dass ihr der Boden unter den Füssen weggerissen wurde. Ein unglaublicher Schwindel erfasste sie und sie sah, dass Thor, Loki und sie selbst in ein schwarzes Loch zu fallen drohten. Brechreiz stieg in ihr auf. Da tat sie, was der Magier ihr geraten hatte, und schloss die Augen.
 

Wenige Sekunden später war alles vorbei. Runya spürte, dass der Wirbel um sie herum langsamer wurde und auch die Übelkeit wieder nachliess. Im nächsten Augenblick berührten ihre Füsse auch bereits wieder festen Boden. Zittrig und noch immer mit einem leichten Schwindelgefühl öffnete sie langsam die Augen.
 

Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand.
 

Doch es war definitiv nicht derselbe Ort, an dem sie eben noch in der Falle gesessen hatten…
 

Sie blickte hinüber zu Thor: dieser stand noch immer unbeweglich und mit leerem Blick da. Gerade wollte sie Loki fragen, ob er sie tatsächlich soeben alle drei woanders hin teleportiert hatte, als sich seine Hand von ihrer löste und er stöhnend in die Knie brach.
 

Entsetzt neigte Runya sich zu ihm hinunter. «Was ist mit dir?» Heisse Angst stieg in ihr auf. «Das hättest du noch nicht tun sollen, stimmts?» Es war offensichtlich, dass er sich gerade ziemlich übernommen hatte.
 

Loki grinste sie an. «Stimmt, eigentlich müsste man nach einer Magie-Abstinenz von weit über einem Jahr mit solchen Kraftübungen noch ein wenig warten… Aber wie Sie sich vielleicht erinnern können, blieb dafür keine Zeit mehr.»
 

«Dann ist… soweit alles in Ordnung?» Sie wagte kaum zu fragen.
 

Er nickte, wieder ernst geworden. «Ja, alles okay. Ich bin nur noch etwas schwach, aber das wird sich geben.»
 

«Und was ist mit ihm?» Sie wies auf Thor. «Kannst du ihm helfen?»
 

«Ja. Aber dafür brauche ich definitiv erst mehr Kraft. Einen solchen Bann zu brechen wie den, unter dem Thor steht, ist nicht ganz einfach.» Er richtete sich langsam wieder auf und warf dem Bruder einen nachdenklichen – und, wie Runya deutlich erkannte, sehr besorgten – Blick zu. Dann griff er in die Hosentasche und zog ein Stück Papier hervor. Runya erschrak: das stammte aus dem Buch, das er in der geheimen Bibliothek gelesen hatte!
 

«Seit ich das hier sah, ahnte ich, was mit Thor los ist. Und seit ich meine Magie zurück habe…» Er atmete tief durch, «…weiss ich es definitiv und ganz genau.»
 

Sein düsterer Blick liess sie bereits ahnen, dass sie mit dem Schlimmsten zu rechnen hatte.
 

Sie sollte sich nicht getäuscht haben.



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