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Was die Hitze des Sommers nicht alles bewirken kann...

The Vessel and the Fallen 1
von

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Entdeckung

*^*
 

Gähnend schlurfte Kouha Ren durch die einsamen Korridore des morgendlichen Palastes. Keine Menschenseele begegnete dem kleinwüchsigen Prinzen auf seinem stillen Weg. Wahrscheinlich lag ein Großteil der Beamten und vielleicht sogar der Sklaven oder Diener noch in ihren Betten. Doch er beneidete sie nicht, obwohl er allen Grund dazu gehabt hätte. Gestern Nacht erst hatte er seinen Heimatpalast erreicht und sollte sich eigentlich von der beschwerlichen Reise ausruhen. Hätte zumindest jemand ganz Bestimmtes  an seiner Stelle befunden. Aber der dritte kaiserliche Prinz hing nicht derartig an seiner Nachtruhe, dass es für ihn einem Weltuntergang gleichkam, ein wenig früher aufzustehen. Eigentlich hätte er wirklich noch ein zwei Stunden Schlaf vertragen, doch sein ältester Bruder hatte ihm befohlen, nach Koumei zu sehen. Kouha hatte ihm angemerkt, dass er das am liebsten selbst getan hätte, doch momentan ließen die höfischen Verpflichtungen dem ersten kaiserlichen Prinzen keinerlei Freiraum oder gar Ruhe. Verständlich, der Anlass war ein betrüblicher, den Kouha nur deshalb beiläufig wegsteckte, da er von seinem Vater ungefähr so viel hielt, wie von einem fauligen Pfirsich. An morgendliche Weckbesuche bei dem geliebten Bruder war momentan bei dem ganzen Stress für En nicht zu denken. Sie wären für gewöhnlich auch gar nicht nötig gewesen, wenn dieser sich zur verabredeten Morgenbesprechung gezeigt hätte. Sein seltsamer großer Bruder. Immer musste man auf ihn achtgeben. Es kam immer mal wieder vor, dass der Verschlafene so sehr in seiner Arbeit versank, dass man tagelang nicht mit ihm rechnen konnte. Bei gewöhnlichen Menschen nicht unbedingt ein Problem, vielleicht ein wenig unsozial, aber nicht weiter dramatisch. Trat so etwas jedoch bei dem zweiten Prinzen auf, mussten sie sofort alarmiert sein. Sei es zu den Mahlzeiten, wichtigen Besprechungen, Audienzen und so weiter und sofort. Für gewöhnlich beredeten sie alles wichtige, wenn sie sich bei der Ausführung ihrer Pflichten über den Weg liefen. Das geschah meist mehrmals am Tag und reichte für die begrenzte Freizeit, über die man als wichtiger Mann verfügte, aus. Nur dass Mei es an diesem wichtigen Tag nicht für nötig erachtete, ihnen seine Aufwartung zu machen.
 

Koumei vergaß nämlich nicht nur seine Brüder und andere menschliche Kontakte, sondern auch das Minimum an lebensnotwendigen Vorkehrungen. Kein Essen, kein Trinken, keine Körperpflege, wahrscheinlich noch nicht einmal Schlaf, wenn er ihn jeden Morgen so schrecklich übermüdet im Versammlungssaal zu Gesicht bekam. Vor nicht allzu langer Zeit wäre Mei-Mei beinahe verdurstet, weil er Ewigkeiten über einem wichtigen Vertrag gebrütet hatte. Eine ganze Woche lang. Mit nur einer einzigen Kanne Tee auf dem Zimmer. Irgendwie waren sie alle derart beschäftigt gewesen, dass ihnen das Fehlen des Bruders nicht weiter aufgefallen war. Als sie es schließlich bemerkten und eine verzweifelte Suchaktion gestartet wurde, fanden sie ihn irgendwann vollkommen dehydriert in seinen Gemächern. Auch wenn der junge Prinz keinerlei Skrupel hatte, sich durch endlose Reihen von Feinden nur so hindurch zu metzeln, als er seinen Bruder halb tot und regelrecht fantasierend vor sich liegen gesehen hatte, war ihm doch etwas mulmig geworden. Na ja, immerhin den Vertrag hatte Koumei in seiner Zeit des unfreiwilligen? Fastens bestens ausgearbeitet. Für das Kou Reich konnte sein selbstzerstörerischer Arbeitseifer nur gute Folgen haben. Doch was war nun schon wieder los? Hier herrschte keine Hitze wie in Balbadd und gestern hatte Mei bis zum Abend Zeit mit ihren Schwestern verbracht. Der liebe Mei hatte sich ja nicht (wie schon öfters geschehen) mindestens hundert Jahre nicht mehr blicken lassen. Kouha machte sich trotzdem Sorgen. Wahrscheinlich hatte der ältere sich wieder in seinen Gemächern verschanzt und über der Müdigkeit die Welt vergessen, aber vielleicht war er ja so erschöpft gewesen, dass er einen Schwächeanfall erlitten hatte. Immerhin hatte er eine wichtige Besprechung ausfallen lassen!
 

So lief Kouha nur durch die morgentrunkenen Korridore, bis er endlich das richtige Zimmer gefunden hatte. Sachte klopfte an. Wisperte leise: „Bruder Mei?“

Keine Reaktion.

Also beschloss er, einfach die Tür ein wenig aufzuziehen. Nur einen winzigen Spalt. Wenn es ihm gut ging, wollte er seinen Bruder schließlich nicht beim Schlafen stören. Wo er ihn doch immer so dringend zu brauchen schien.  Ja, wenn sich seine Sorge als unbegründet herausstellen würde, würde er sich einfach leise zurückziehen und Kouen beruhigen. Wenn nicht, würde er sehen müssen, was er tun konnte. Vorsichtig schob der junge Mann seinen Schopf durch die schmale Lücke. Zuerst schien niemand dort zu sein. Also spähte Kouha pflichtbewusst wie er war, gründlich in alle Ecken des Raumes. Sofort zuckte er zurück und beschränkte sich auf eine etwas unauffälligere Beobachtungsweise. Was er dort erblickte, ließ die wahnsinnigen roséfarbenen Augen des kleinen Prinzen voller Fassungslosigkeit, welche schnell in ein sensationslüsternes Vergnügen umschlug, funkeln. Sein Vorsatz des schnellen Rückzugs löste sich prompt in Luft auf.
 

Vorsichtig ausgedrückt: Kouha war schockiert. Er hatte alles erwartet. Koumei, friedlich am Schlafen, fleißig am Arbeiten, am Verdursten, Verhungern, am Erfrieren in der herbstlichen Frische. Doch nie, wirklich nie, wäre er auf das gekommen, was er nun beobachtete. Niemals hätte er sich etwas dergleichen vorstellen können. Es niemals erwartet oder gar vermutet. Nicht bei seinem müden Bruder, der immer nur an Schlaf und Arbeit denken konnte. Er konnte es kaum glauben, seinen Augen nicht trauen. Das, was er da sah verstehen? Erst recht nicht. Mei lag zwar in seinem Bett, jedoch nicht etwa brav schlummernd, wie es seinem Gemüt eigentlich entsprach, sondern überraschenderweise ziemlich wach. Nun gut, soweit man das bei ihm behaupten konnte. Nein, im Reich der Träume befand sich der Vermisste eindeutig nicht. Stattdessen lag er auf der Seite, nur halbbekleidet. Die roten Zotteln wirr um sich herum wie ein Feuerkranz. Ungewöhnlich, Nachtgewänder oder im Zweifel seine Alltagskleidung beim Schlafen zu tragen, war für Mei normalerweise das Größte. Nun gut, wahrscheinlich schaffte er es vor lauter Müdigkeit nie, sich auszuziehen, bevor er eindöste. Doch nun lag er beinahe nackt zwischen den weichen Decken. Auf den Lippen ein sanftes Lächeln, welches so gar nicht zu ihm passte. Ja, statt halb am wegdämmern zu sein, wie gewöhnlich, wirkte Mei an diesem Morgen eindeutig glücklich. Während sein entblößter Oberkörper ganz entspannt zwischen den edlen Kissen ruhte, spielten seine schmalen Finger regelrecht betört mit einer feinen Substanz. So schwarz und seidig glänzend. Nein, sein Bruder befand sich nicht alleine in dem ohnehin viel zu großen Bett.
 

Kouha grinste begeistert in sich hinein. Jeder, der ihn so gesehen hätte, hätte einen großen Bogen um den jungen Prinzen gemacht, der mit diesem wirren Blick aussah, wie ein vom Wahnsinn zerrütteter Geisteskranker. Das war einfach zu unglaublich um wahr zu sein! Was war nur mit Koumei geschehen? Dem zotteligen, verwahrlosten Prinzen? Wie kam er auf einmal auf die Idee, sich mit Frauen abzugeben? Eine Spezies, die seinem verwahrlosten Bruder scheinbar vollkommen fremd war. Uninteressant. Vielleicht auch furchteinflößend. Zumindest früher. Was hatte Kouha verpasst? Wie lange ging das schon so? Wenn Mei nun schon sein Bett mit einer von ihnen teilte, musste ihm da eine ganze Menge entgangen sein. Er hätte sich nie träumen lassen, dass der Kerl so etwas wie ein Privatleben führte, an dem seine Geschwister nicht teilhatten. Dabei schien sein Bruder sogar einen halbwegs guten Geschmack zu besitzen. Schwierig zwar, seine Wahl genau zu beurteilen, wenn man eigentlich nur den Hinterkopf der jungen Dame, sowie ellenlanges, leicht gewelltes, rabenschwarzes Haar, welches sich offen bis zum Boden erstreckte, erkannte. Doch unter den seidigen Strähnen ließ sich ein äußerst wohlgeformter Körper erahnen. Schlank und athletisch. Und nicht grade an materiellem Notstand leidend, wenn er sich den goldbehangenen Arm anschaute, der sich auf einmal bewegte, als die Schönheit leise seufzend erwachte. Kouha war höchst interessiert. Wer die Hübsche wohl war? Woher stammte sie? Sie wirkte so exotisch und dennoch vertraut. Eine wirklich ansprechende Frau. Sein Bruder war fast zu beneiden. Wobei… Moment Mal! Die glänzenden, seltsam kindlichen Augen, die vorher beinahe schon vor Staunen überquollen, weiteten sich noch viel mehr, als Kouha plötzlich eine sensationelle Erkenntnis in den Geist schwirrte. Oh, ihm war tatsächlich unglaublich viel entgangen. Das, was er da erblickte, war zu absurd, um wahr zu sein. Nein, zu gut um wahr zu sein!
 

Wieso war ihm das nicht sofort aufgefallen? Er kannte die Gesellschaft seines Bruders nur allzu gut. Und eines wusste er ganz genau: Diese schöne, schwarzhaarige Dame war ganz sicher keine Frau. Und über Reichtum verfügte sie ganz sicher auch nicht. Über ihre Schönheit ließ sich ebenfalls streiten. Derart langes, gepflegtes, tiefschwarzes Haar, gepaart mit schwerem Goldschmuck, der sich nicht einfach so ablegen ließ, verband er eigentlich nur mit einer einzigen Person. Einer Person, der er, vor nicht allzu vielen Tagen, selbst begegnet war und sie mit seiner Nähe belästigt hatte. Oh-ho. Kouha feixte. Da hatten sich aber wirklich zwei gefunden. Der weltfremde, friedfertige Koumei und Judar, der so zerstörungswütige, berührungsscheue Magi. Nie hätte er auch nur einem von beiden zugetraut, etwas von dem anderen zu verlangen, das über die Kooperation von Magi und Königsgefäß hinausging. Doch wenn er sie so betrachtete… sie passten sogar in gewisser Weise zusammen. Vielleicht eröffneten sich ihm grade neue Erkenntnisse über ein paar vergangene Vorfälle. Aber darüber konnte er später nachgrübeln. Was sich vor seinem neugierigen Blick abspielte, zog seine Aufmerksamkeit eindeutig stärker auf sich.
 

Erstaunlich, wie zahm der bissige Hohepriester sich mit einem Mal unter den Händen seines Königskandidaten fügte. Wie genießerisch er sich von Mei durch die seidigen Strähnen und über die nackte Haut streicheln ließ. Wie sachte er die Stirn an die des anderen legte und dessen Berührungen erwiderte. Sich schüchtern kichernd, zumindest in Kouhas Ohren, unverständliche Worte einflüstern ließ. Nie hätte er gedacht, solche Töne aus Judars Mund zu hören. Merkwürdig, bei den beiden konnte er sich keine geschworenen Liebesgeständnisse und schnulzige Zärtlichkeiten vorstellen. Aber was sollte das hier anderes sein? Eigentlich hätte er, als ihr zufälliger Beobachter, längst verschämt verschwinden und seinen Würgreiz mit Mühe unterdrücken müssen. Nicht so Kouha. Im Gegenteil, er kam sogar wieder ein wenig aus seiner Deckung hervor, überzeugt, dass die beiden viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt waren, um einem Dritten Beachtung zu schenken, geschweige denn, ihn zu entdecken. Der jüngste Kou-Prinz starrte immer noch wie gebannt auf dieses Schauspiel, das er nicht alle Tage geboten bekam. Es war nichts schlimmes, übermäßig unanständiges, bei dem Eltern ihren Kindern besser die Augen zugehalten hätten, dennoch faszinierte es ihn. Einfach, weil es so unerhört war, einen Magi mit seinem Königsgefäß derart… intim… verbunden zu sehen. Aber vor allem verblüffte ihn, dass die meisten Annäherungen von seinem Bruder auszugehen schienen. Eigentlich hätte er das eher dem Gefallenen zugetraut, der doch sonst auch keinerlei Hehl daraus machte, wenn ihm jemand gefiel und sich sogleich an entsprechende Personen anhängte. Vor allem weil er es umgekehrt niemandem erlaubte. Nun, Mei anscheinend schon. Seltsam, den sonst so aktiven und brutalen Magi nahezu unterwürfig zu sehen.
 

Grade, als Kouha sich zu fragen begann, ob er wohl heute noch einen Kuss oder gar noch mehr zwischen einem Magi und  seinem Königskandidaten in ihrem natürlichen Lebensraum dokumentieren durfte, stolperte er. Mist, er hatte sich zu weit vorgebeugt! Verdammte Sensationsgier! Zwar gelang es ihm grade noch, sich zu fangen, bevor er irgendwo gegen gestürzt wäre, doch der Holzboden knarzte trotzdem unter seinen Füßen. Leise, aber doch verräterisch. Die gemurmelten Worte verstummten abrupt. Oh, oh. Sie hatten etwas gehört! Ja, dem Quietschen nach zu urteilen, hatte sich jemand just in diesem Moment aus dem Bett erhoben. Kouha zuckte zurück. Nur fort von dem verräterischen Türspalt. So schnell er nur konnte, trat er den Rückzug an. Versuchte gleichzeitig zu schleichen und zu rennen. Hoffentlich hatte ihn niemand gesehen! Endlich, der Flur machte einen Knick. Mit einem wahnsinnig überdrehten Lachen, eine Hand fest auf seine rutschende Mütze gepresst, und wehenden rosa Haaren schoss er den Gang entlang, während langsam Leben in den Palast kam. Oh, nun hatte er wahrhaftig etwas, über das er Kouen Bericht erstatten musste. Sofort! Sein ältester Bruder würde Augen machen!
 

„Bruder En, Bruder En!“, brüllte er und schoss wie der Blitz in die Gemächer seines Bruders. Erst als er schlitternd zum Stehen kam, bemerkte er, dass seinetwegen ein Gespräch verstummt war. Böse Blicke bedachten ihn. Anscheinend war er in eine Konferenz zwischen Kouen und seinen Beratern geplatzt. Weshalb tauchte er heute immer zu den unpassendsten Zeiten auf? Nun, er konnte nichts dafür, also war es ein Problem der anderen, falls sie seine Anwesenheit nicht billigten. Mit verschränkten Armen lehnte er sich an eine der teppichbehangenen Wände. Wie furchtbar der ganze Palast in Aufruhr war! Nun gut, Kouha konnte das verstehen. Er selbst wäre in diesem Moment lieber wieder in Magnostadt, da hatte er sich immerhin von Gyokuen fernhalten können. Andererseits hatte er sich auf seine Brüder gefreut. Doch wie es schien, beruhte dies nicht auf Gegenseitigkeit. En fand wie üblich keine freie Sekunde und Mei hatte interessanterweise einen amüsanteren Weg gefunden, sich zu beschäftigen.
 

Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis Kouen sich endlich erbarmte, die Berater fortzuschicken. Sein Gesicht zeigte jedoch keinen erfreuten Ausdruck. Im Gegenteil. Seine gerunzelte Stirn sorgte für tiefe Falten im ganzen Gesicht und für einen Moment erschrak der dritte Prinz darüber, wie alt und geschafft er aussah. Seine Stimme hingegen hatte nichts von ihrer Bedrohlichkeit eingebüßt. Sie brachte sogar den gewaltverliebten Kaisersohn zum Erschaudern.

„Kouha! Was fällt dir ein?! Ich hoffe, du hast einen guten Grund für das Stören der Unterredung vorzuweisen!“

Schlagartig befiel ihn ein schlechtes Gewissen. Sein ältester Bruder hatte wirklich genug zu tun und er konnte an nichts anderes denken, als mit ihm über Koumeis Errungenschaft tratschen zu wollen? So sensationell sie auch war, allein die Sache, dass er sich einen Bettgefährten des selben Geschlechts genommen hatte, so unpassend mochte seine Reaktion darauf sein, oder...? Etwas verlegen verschränkte er die Hände hinter dem Rücken. Kouen war der Einzige im ganzen Kou Reich, dem er eine gewisse Art von Respekt oder Ehrfurcht gegenüberbrachte. Doch dieser hatte keinen Nerv mehr für sein Zögern.

„Jetzt sag schon!“, blaffte der erste Prinz und erhob sich steif. Das endlose Herumgesitze würde wohl jeden zermürben. Armer En.

„Verzeih, mein kaiserlicher Bruder. Ich wollte dich nicht stören. Nun, ich habe nicht nachgedacht.“

Kouens schmale Augen verengten sich düster. „Das ist nichts Neues.“

„Ich… ich weiß. Aber… ich habe eine unglaubliche Entdeckung gemacht, die dich unter anderen Umständen sehr interessieren würde!“, beteuerte er.

Erwartungsvoll raufte sich Kouen das feuerrote Haar, zupfte gehetzt an seinem Ziegenbärtchen.

Oje, er wird aus der Haut fahren. So wie er unter Stress steht wird er denken, ich sei völlig verrückt geworden. Und wahrscheinlich hätte er damit sogar vollkommen Recht! "Nun… ich habe soeben Bruder Mei einen Besuch abgestattet, weil du es befohlen hast. Er hat nicht geschlafen…“

„Du erlaubst dir einen Scherz. Der einzige Grund, weshalb unser schläfriger Bruder ansonsten seine Anwesenheit verweigert, wäre ein Schwächeanfall. Doch du wirkst nicht im Mindesten um ihn besorgt. Was ist geschehen?“

Kouha wand sich. Vor En konnte man wirklich Angst bekommen. „Tja… das wird dir wohlmöglich nicht  gefallen… Bruder Mei hat sich wohl jemanden ins Bett geholt. Jemanden den wir dort nie vermutet hätten…“, murmelte er und wandte beschämt den Blick ab. Er war so ein bösartiges Ungeziefer, dass er Kouen damit belästigte.
 

Tatsächlich schien dieser die sensationelle Nachricht nicht mit der anfangs erwarteten Aufregung entgegen zu nehmen. „Und deswegen platzt du  ohne Erlaubnis hier herein?“

„Nun ja… bei diesem Jemand handelt es sich zweifelsohne um Hohepriester und Magi Judar…“ Kouha verstummte.

Sein Bruder knurrte missmutig. Dann schüttelte er heftig den Kopf. Sein spöttischer Blick verletzte ihn zutiefst, obwohl er es nicht besser verdient hatte.

„Kouha, du träumst.“

„Du glaubst mir nicht? Aber das ist die Wahrheit! Ich habe genau beobachtet, wie sie sich gegenseitig ihre Liebesschwüre entgegengehaucht haben. Es war widerlich!“

„Schweig!“, blaffte der Ältere. Dann begann er plötzlich zu lachen. „Eigentlich müsste ich zornig auf dich sein. Wir haben eindeutig besseres zu tun, um uns in das Liebesleben der alten Schlafmütze einzumischen. Dennoch, anscheinend war das hier genau das richtige, um meine miserable Laune aufzufrischen!“ Brüllend vor Lachen schlug er dem zierlichen Kouha auf den Rücken, sodass dieser vor Schmerz ächzte.

„Bruder En, ich verstehe nicht!“

„Das was du gesehen hast war nicht Judar. Allein dieser Gedanke… ich gebe zu, er wäre zu lächerlich um wahr zu sein! Die Dame, welche Koumei Gesellschaft leistete, nennt sich Kali. Eine starke Ähnlichkeit zu unserem Magi ist nicht zu leugnen.“

Misstrauisch verschränkte der Kleine die Arme vor der Brust. „Und wer soll diese Kali sein? Ich habe noch nie etwas von ihr gehört, geschweige denn aus Meis Mund! Ich bin mir sicher, dass ich Judar gesehen habe.“

„Immer mit der Ruhe. Solltest du Kali einmal zu Gesicht bekommen, wirst du deinen Irrtum einsehen. Vor etlichen Jahren stand sie als Haremsdame in den Diensten unseres Vaters, bevor dieser auf die Idee gekommen ist, sie Koumei zum Eintritt in die Volljährigkeit zu schenken. Die beiden konnten sich zwar noch nie besonders leiden, aber offenbar hat die Zeit in Balbadd unserem Bruder den Kopf verdreht.“
 

Falls dies überhaupt möglich war, fühlte sich Kouha noch dümmer als ohnehin. Und er war so begeistert gewesen, einen Skandal im Palast aufgedeckt zu haben. Dabei besaß Koumei einfach nur eine Konkubine, die er jeder Zeit zu sich rufen konnte. Zugegebener Weise hätte er auch dies nie von ihm erwartet, aber seine maßlose Begeisterung musste nun einfach nur jämmerlich wirken. Kouen merkte ihm die Niedergeschlagenheit offensichtlich an, denn er tätschelte tröstend seine Schultern.

„Na komm schon, Verwechslungen geschehen. Wenn du darauf bestehst und danach beruhigt bist, kann ich Kali herbeirufen lassen. Sicherlich ist sie mittlerweile wieder aufzutreiben. Lass uns lieber auf die wichtigen Dinge achten. Es steht einiges an Veränderung bevor!“

 

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Na, was haltet ihr von Kouha? Komplett anzeigen

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