Zum Inhalt der Seite

Somebody to love

von
Koautor:  DragomirPrincess

Vorwort zu diesem Kapitel:
DragomirPrincess' und mein Beitrag zum Wettbewerb Euer RPG als Fanfic von x-Juliet-x!

Diese FF ist ein Langzeitprojekt, wie das RPG, auf dem sie beruht und das seit Mai 2018 besteht.
Sam- und Castiel-Kapitel werden von DragomirPrincess geschrieben, Gabriel- und Dean-Kapitel stammen aus meiner Feder. Die Handlung stammt zu gleichen Teilen von uns beiden und ich habe die Erlaubnis, die FF über meinen Account hochzuladen.

Viel Spaß beim Lesen!

PS: Bis zur morgigen Deadline folgt noch mehr Inhalt! :D Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Das Ende ist erst der Anfang ...

31 Jahre zuvor

 

„Lucy, wann kommt Mom?“, fragte Gabriel, als Lucifer, der zur Haustür gelaufen war, unerwartet mit Zachariah im Schlepptau ins Esszimmer zurückkehrte.

Gabriel und seine beiden großen Brüder hatten am großen Familien-Esstisch zu Abend gegessen, als es plötzlich an der Tür geklingelt hatte. Was ungewöhnlich war, denn wenn Dad mit Mommy zurückgekommen wäre, hätte er einfach seinen Haustürschlüssel benutzt.

 

Daddy war mit Mommy im Krankenhaus und Onkel Zach kam zu Besuch. Gabriel war letzteres egal; er mochte Onkel Zach nicht besonders, aber das war nicht so schlimm. Zachariah Adler spielte ohnehin nicht mit seinen drei Neffen; eigentlich war es sogar ein Wunder, wenn er überhaupt nur das Wort an sie richtete. Gabriel mochte erst zwei Jahre alt sein, aber er hatte begriffen, dass Zachariah Kinder nicht besonders gut leiden konnte, auch wenn er noch nicht die Möglichkeit besaß, diesem Bewusstsein sprachlichen Ausdruck zu verleihen. Vermutlich war aber auch das gar nicht so schlimm. Zachariah war vielmehr ihr Großonkel oder irgendein anderer entfernter Verwandter, den man ‚Onkel‘ zu nennen hatte, obwohl diese Bezeichnung insgeheim niemandem etwas bedeutete.

 

Die Begrüßung blieb aus; Onkel Zach bemühte sich zwar um ein ungerichtetes Kopfnicken in den Raum hinein, doch abgesehen von Gabriels Frage kam von keinem der drei Brüder auch nur ein Mucks. Anstatt sich wieder zu setzen, war Lucifer neben Gabriels Hochstuhl stehen geblieben, und starrte Zachariah so feindselig an, als sei der viel zu früh ergraute, farblose Mann im Anzug eine persönliche Bedrohung für ihn und seine Geschwister. Vielleicht war er das sogar. Interessant war zumindest, dass er einen Koffer dabei hatte. Onkel Zach musterte schweigend den von Kinderhand gedeckten Esstisch mit einem unmissverständlich verkniffenen Zug um den schmallippigen Mund, der nicht allzu entfernt an Ekel erinnerte. Auf Dads angestammten Platz am Kopfende reckte Michael trotzig das Kinn.

 

Im Esszimmer war es still, bis auf das Ticken der großen, altmodischen Standuhr in der Ecke. Das Schweigen war unangenehm, unnatürlich, Gabriel langweilte sich und er mochte es nicht, nicht beachtet zu werden. Er nahm die angespannte Atmosphäre im Raum durchaus wahr und reagierte darauf, indem er sie vollständig ignorierte. Von seinem erhöhten Kinderstuhl aus reichte ihm Lucifer zur Abwechslung einmal nur bis zur Brust, anstatt ihn ums Doppelte überragen, was Gabriel außerordentlich genoss – genau wie dessen schützende Nähe. Er nutzte die Gelegenheit, so ungehindert an ihn heranzureichen, und zupfte in Schulterhöhe am Pullover des Sechsjährigen, um dessen Aufmerksamkeit zu erlangen. Zu seiner Enttäuschung reagierte Lucifer jedoch nicht darauf. Gabriel zupfte noch einmal, allmählich mit drängender Ungeduld in seinem Tun.

Anstatt ihn weiterhin zu ignorieren, entzog sich Lucifer Gabriels mit Erdnussbutter beschmierten Fingern, trat einen Schritt zur Seite und starrte unverändert finster in Onkel Zachs Richtung. Die Situation wurde immer merkwürdiger! Das unbestimmte Gefühl der Bedrohung verstärkte sich, wurde zu intensiv, um es länger zu überspielen. Gabriel sehnte sich nach seiner Mutter, deren bloße Anwesenheit noch jeden Streit und Kummer unter den Brüdern hatte abwenden können.

 

„Ich will zu Mommy“, betonte Gabriel daher laut. Niemand reagierte darauf, nur Zachariahs Blinzeln wirkte plötzlich seltsam aufgesetzt; sein Augenaufschlag dauerte vielleicht den Bruchteil einer Sekunde zu lang. Erwachsene taten das, wenn sie an der Schwelle zur Gereiztheit standen – wieder etwas, was Gabriel instinktiv erfasst hatte, ohne sich tatsächlich darüber im Klaren zu sein. Er richtete seine Aufmerksamkeit erneut auf Lucifers Gesicht, auf der Suche nach etwas Vertrautem, dem frechen Grinsen, dem schelmischen Funkeln in den eisblauen Augen.

Doch sein großer Bruder sah auf einmal so fremd aus. Er stand regungslos neben Gabriels Hochstuhl und starrte Zachariah mit mahlenden Kiefern an, so, als hätte ihr Onkel ihm Süßigkeiten versprochen und sie stattdessen vor seinen Augen selbst verspeist.

 

„Lucy-fah, ist Mommy immer noch zum Doktor?“

 

Lucifer antwortete nicht. Stattdessen sah er sich nach Michael um. Michael war sieben, ging schon zur Schule (das kam nach dem Kindergarten, wohin Gabriel bald gehen würde, wie er wusste), und mit Sicherheit war der älteste Bruder der einzige, der verstand, was Onkel Zach ihnen gerade mitzuteilen versuchte.

 

„Euer Vater ist noch im Krankenhaus bei eurem kleinen Bruder. Ich passe auf euch auf, bis er wieder da ist.“

 

„Was ist mit Mom, Onkel Zach?“

 

Michael. Gabriel beobachtete Michael, der vom Tisch aufgestanden und langsam neben Lucifer getreten war. Beide Jungen waren, dank des Altersunterschieds von nur einem Jahr, etwa gleich groß, doch das war, neben den hellblauen Augen, bereits die einzige Gemeinsamkeit zwischen ihnen. Michaels schwarzes Haar war glatt gescheitelt, während Lucifers blonder Wuschelkopf mehr Ähnlichkeit mit Gabriels honigfarbenen Locken hatte.

Gabriel machte sich klein in seinem Hochstuhl. Der Ausdruck seines ältesten Bruders war zum Fürchten; bitterernst, wachsam und von einer erwachsenen Strenge, die so fehl auf dem hübschen Kindergesicht wirkte. Gabriel liebte Michael, aber in diesem Moment hatte er Angst vor ihm. Fast genau so viel Angst, wie vor Onkel Zach, dessen dunkle Augen gefährlich blitzten, obwohl seine Stimme ganz ruhig blieb, als er sagte: „Ich weiß nichts von eurer Mutter, Junge. Setzt euch wieder hin und esst euer Abendbrot zu Ende.“

 

Michael und Lucifer wechselten einen Blick.

 

„Mikey, wo sind Mommy und Daddy?“, wagte es Gabriel schließlich zu fragen, seine Stimme allmählich weinerlich, aber durchaus noch hoffnungsvoll. Vielleicht war sein ältester Bruder derjenige, der ihm endlich eine Antwort gab?

Es war nur das Ticken der Uhr, das Gabriel verriet, dass noch mehr Zeit verstrich. Mehr Zeit, seit er Mommy zum letzten Mal gesehen hatte.

 

Onkel Zach blieb über Nacht. Als Gabriel am nächsten Morgen aufwachte und es Michael und Lucifer waren, die ihm die Windeln wechselten und ihm beim Anziehen halfen, hatten sich Gabriels Kummer und Langeweile in rasende Wut verwandelt. Er brüllte so laut und ausdauernd, dass Zach ihn in seinem Kinderzimmer einsperrte. Es war ein schwacher Trost, als Lucifer eine halbe Stunde später am Kirschbaum vor dem Fenster hinaufkletterte und für seinen kleinen Bruder an der Scheibe Grimassen schnitt. Es half nicht dabei, zu vergessen, dass Zachariah in regelmäßigen Abständen von außen gegen seine Zimmertür hämmerte oder dass Mom und Dad einfach nicht zurück zu ihm kommen wollten. Also brüllte Gabriel weiter – so lange, bis ein merkwürdig verweint aussehender Michael hereinkam und ihn mit einem Lolli bestach. Gabriel ließ sich von dem zuckrig-klebrigen Geschmack tatsächlich besänftigen; zumindest so lange wie es dauerte, den Lutscher vollständig zu verspeisen. Seine Brüder steckten ihm im Laufe des Tages noch des Öfteren Süßigkeiten zu, was Gabriel für eine Weile ruhig stellte. Es ließ ihn aber nicht vergessen, dass Zachariah durch ihr Zuhause schlich, während seine Eltern keinerlei Anstalten machten, zu ihm zurückzukommen.

 

Es dauerte noch zwei weitere Tage, bis Gabriel endlich das so heiß ersehnte Geräusch des sich drehenden Haustürschlüssels im Schloss vernahm. Doch zurück kam nur Dad – nicht gänzlich allein, aber … ohne Mom. Er brachte ein dunkles, zerknittertes, schreiendes Bündel mit aus dem Krankenhaus und hatte nicht mehr viel Ähnlichkeit mit dem Mann, den Gabriel als seinen Vater kannte.

 

„Das ist euer kleiner Bruder“, sagte er und seine Stimme war tonlos, brüchig, hatte ihren sonst so melodischen Klang verloren. „Raphael.“

 

„Warum ist er schwarz, Dad?“, fragte Lucifer.

 

„Wo ist Mom?“, fragte Michael.

 

„Ich will Mommy!“, brüllte Gabriel so laut, bis er Raphael übertönte.

 

„Das hat er von eurem Großvater Joshua“, erklärte Dad, Lucifers Frage das einzige, auf das er zu reagieren schien, und es klang unendlich müde. Seine Augen waren stark gerötet, sein Gesicht eingefallen, so als hätte er in den drei Tagen, die ihn seine Kinder nicht mehr gesehen hatten, nicht einen Bissen zu sich genommen.

 

„Ihr werdet ab morgen für eine Weile bei Joshua wohnen. Es gibt eine Menge, worum ich mich jetzt kümmern muss.“

 

Was Dad danach sagte, verstand Gabriel nicht, da er wieder zu schreien begonnen hatte, aber er bekam gerade noch mit, dass Onkel Zach seinem Vater eine Hand auf die Schulter legte und ihn, samt Raphael auf seinem Arm, aus dem Zimmer führte.

 

Lucifer und Michael wechselten wieder einmal einen ihrer geheimnisvollen Blicke. Schließlich seufzte Lucifer und nahm Gabriel in den Arm. Das half ein wenig. Er hatte in der letzten Zeit so viel geschrien, dass er nicht viel Kraft dazu besaß, sein Heulen besonders lang aufrecht zu erhalten.

Raphael, im Nebenzimmer, schien dafür Gabriels plötzliches Schweigen mit besonders lautem Babygeschrei wettmachen zu wollen.

 

„Die Frage war dämlich, Lucifer“, hörte er Michaels finstere Stimme hinter sich, während der das Gesicht an Lucifers Brust verbarg.

„Du hättest lieber nach Mom fragen sollen!“

 

„Du weißt doch genau so gut wie ich, dass sie nicht wieder kommt!“, sagte Lucifer eine Spur zu laut, und seine Arme um Gabriel drückten ihn mit einem Mal viel zu fest.

 

„Sie ist tot! Der kleine Scheißer hat sie umgebracht!“

 

Es war das erste Mal, dass Gabriel die Worte hörte. Es dauerte lange, bis er ihre Tragweite endgültig verstand. Was er deutlich schneller begriff war, dass Mommy nicht wieder zurückkam. Nie mehr.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück