Zum Inhalt der Seite

Fortune Files

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Alex 6: Wie ein Diener seine Rolle nicht akzeptiert

Der erste Vollmond, den ich in Lyz' Gegenwart durchmachen würde, ereilte mich nur einen Tag nach dem Streit mit ihr. Ich reagierte schon immer vergleichsweise heftig auf Mondphasen, ein bisschen mehr als andere Vampire jedenfalls, deshalb hatte ich mich auch schon die ganze Zeit vor dieser Konstellation gefürchtet. Obwohl ich davon nie etwas bemerkt hatte, schwor mir Sari damals, dass der Vollmond auch auf Rova großen Einfluss ausüben würde. Ihre weiblichen Reize waren es allerdings nicht, auf die er reagierte.

Wenn sie zu Vollmonden bei ihm abgeblitzt war, also jedes Mal, rief sie danach eigentlich immer mich an, mitunter sogar mitten in der Nacht und bestellte mich zu sich. Wahrscheinlich mochte sie es, wie der Vollmond meine Grenzen verschob. Ich wurde nicht gewalttätig oder bekam merkwürdige Vorlieben wie manch anderer. Ich war einfach nur offener, sprach aus, was ich wirklich dachte und wurde wohl auch etwas leidenschaftlicher. Was ich ihr an solchen Tagen und Nächten sagte, war mal mehr und mal weniger nett. Besonders viel reden, wollte sie dann aber eh nicht. Dieses lüsterne Weib wollte etwas ganz anderes, und zwar überall in der Villa. Rova erwischte uns mehr als einmal in flagranti. Meist tat er so, als hätte er nichts bemerkt, zu Beginn ein komisches Gefühl, aber ich gewöhnte mich irgendwann daran.

Nur einen einzigen Vollmond hatte Sari damals mit mir ausgelassen, den Blutmond. Das war der einzige Tag, an dem eine Vampirfrau geschwängert werden konnte. Ich malte mir in meinen Träumen aus, sie zu verführen und ihr einen kleinen Halbspanier in den Bauch zu setzen. Mein Nachkomme, ein Lucard, es gab nichts Größeres für mich… Wie naiv ich war. Der Abstand zu meiner Beziehung mit ihr führte mir nun einmal mehr vor Augen, was ich wirklich für sie war, etwas, dass ich niemals sein wollte, nämlich ihr Liebesdiener, nicht mehr als ein netter Zeitvertreib. Eigentlich wusste ich das die ganze Zeit über und fand es okay, weil sie immer lieb zu mir war und doch hinterließ es nun schmerzhafte Spuren, die an meinem Selbstbild nagten. Nicht ohne Grund hatte ich mich bewusst gegen dieses Ausbildungsprofil entschieden.

Ihr Tod kam mir vor, als sei er eine Ewigkeit her, tatsächlich waren es aber erst fünfeinhalb Wochen. Trotz meiner Erkenntnis über meine vermaledeite Rolle in ihrem Leben, vermisste ich sie jeden Tag. Ich liebte ihr ansteckendes Lachen und ihre verquere, unerschütterlich positive Weise, die Welt zu betrachten. Mit ihren Augen zu sehen, bot mir jedes Mal neue Perspektiven. Dieses Mädchen hatte mich für immer verändert.
 

Meine Fresse, war meine Stimmung im Keller. Wenn ich morgens schon mit dem falschen Fuß aufstand, steckte ich mir normalerweise Kopfhörer ins Ohr und tauchte in irgendwelchen geilen Gitarrensoli ab, die ich mir vorstelle, nachspielen zu können. Das war so'n Luftgitarren-Ding… Seit ich wegen Lyz aber auf jeden Mucks achten und immer wachsam bleiben musste, war Musik als Kanal für meine miese Laune leider gestorben. Was 'ne Scheiße!

Angepisst warf ich einen Blick auf mein Handy. 7:35 Uhr, Zeit Lyz abzuholen, aber darauf blinkte noch etwas anderes. Eine Nachricht von Talina, meiner Freundin aus der Ausbildungszeit. Sie schickte mir zu jedem Vollmond ungefragt versaute Bilder oder beschrieb irgendwelche Praktiken für gemischte, aber auch gleichgeschlechtliche Paare. Was sollte ich damit, du perverse Trulla!? Mann! Das war wohl ihre Macke. Ich sah mir ihr hautfarbenes Bild nicht wirklich an, klickte auf Antworten und schrieb ihr zurück:

"Lass die Scheiße!"

Danach sperrte ich ihre Nummer. So lief es eigentlich jeden Monat ab. Keine Ahnung, warum sie das tat, aber es ging mir gehörig auf den Keks.
 

Genervt von allem und jedem ging ich hinaus in den Flur des Studentenwohnheims, wo ich durch meine geschärften Sinne den betörenden Duft des Prinzesschens durch ihre verschlossene Tür hindurch witterte. Für einen Augenblick löste das eine wohltuende Entspannung aus, lange genug, um meine tristen Gedanken beiseitezuschieben. Zuerst schwebte ich geradezu, bis Lyz ebenfalls auf den Flur in mein Blickfeld trat und für eine pure Reizüberflutung sorgte.

Allein die Art, wie sie den Träger ihrer Umhängetasche berührte, als würde sie ihn zärtlich streicheln, machte mich direkt scharf auf sie, Vollmond eben. Als sie sich dann noch das Haar aus dem Nacken strich, damit sie es nicht unter dem Träger einklemmte, musste ich schleunigst meinen Blick abwenden. In mir wuchs die Gier nach Lyz' köstlichem warmen Blut auf meiner Zunge. Mein eigenes begann durch meinen Körper zu pumpen, als gäbe es kein Morgen. Verdammt! Wie sollte ich das den ganzen Tag ertragen?

Mein Verstand verabschiedete sich kurz in den Urlaub, als mich die süße Versuchung vor mir unsicher anlächelte. Nach unserem Streit am Vortag wusste sie wahrscheinlich nicht so genau, wie sie mit mir umgehen sollte. Lyz war so lieb und fürsorglich, dass mein Trieb kurz davor war, die Führung zu übernehmen, sie in ihr Zimmer zurückzuschieben und sie von ihrem hübschen, aber gerade störenden, weißen Spitzenkleid zu befreien.

Hilflos gegen die überkochende Lust in mir, hockte ich mich auf den Boden und tat so, als ob ich in meiner Tasche herumwühlen würde. Mit der Hand vor dem Mund murmelte ich:

„Geh schon vor! Ich hab was vergessen. Ich… komm gleich nach.“

Ich dankte meinem Verstand für seinen kurzen Besuch bei mir. Zu Lyz nach oben zu schauen, brachte ich nicht fertig, aber das war auch gar nicht nötig. Sie hatte gezögert, bestätigte dann aber trotzig mit einem knappen:

„Na gut“

und ließ mich hinter sich zurück. Dass ich ihr unglaublich liebes Angebot, für mich zu kochen, abgelehnt hatte, schien sie mir noch nicht wirklich verziehen zu haben. Der Streit mit ihr war also durchaus nützlich, auch wenn er mich schmerzte.

Als ich meine Hand vom Mund nahm, leckte ich mir unbeabsichtigt sinnlich die Finger ab. Sowas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht. Ich schüttelte irritiert den Kopf, während ich mir die andere Hand in den Schoß legte, um zu überprüfen, ob es mich wirklich so krass erwischt hatte, wie es sich anfühlte. Schon bei der kleinsten Berührung, zwang es mich tief einzuatmen und die Luft anzuhalten. Verdammt, von der Härte her, hätte ich es gut und gerne mit einem Diamanten aufnehmen können. Was machte dieses Mädchen bloß mit mir?

Sofort schloss ich zitternd, noch halb in der Hocke, meine Zimmertür wieder auf und verschwand danach im Bad. Ich brauchte meinen vor Lust pulsierenden Jonny nur leicht zu berühren, schon ging mir einer ab. Da sich kaum was an seiner Größe änderte, wiederholte ich das Ganze ein zweites Mal. Diese dermaßen heftige Reaktion kam wirklich unerwartet. Sari mochte mich zu Vollmonden zur Bereitschaft abgerichtet haben, aber das? Zur Vorsorge trank ich noch schnell meine Wochenration Blut. Satt und befriedigt sollte ich das Prinzesschen besser ertragen, dachte ich. Zum Abschluss wusch ich mir noch das Gesicht mit eiskaltem Wasser, was wirklich erfrischend war. Mein Körper beruhigte sich dadurch tatsächlich, aber das konnte auch an der Entfernung liegen, die nun zwischen Lyz und mir lag.
 

Die Ernüchterung kam schnell, denn schon vor Betreten des Hörsaals, in dem sie saß, wurde es wieder schlimmer. Wenn ich das irgendwie überstehen wollte, dann musste ich mich so weit wie möglich von ihr weg an ein offenes Fenster setzen. Ich beobachtete sie während der Vorlesung aufmerksam von der letzten Reihe aus, ganz so, als sei ich auf der Pirsch. Ihr seidiges, langes Haar war wie immer schlecht frisiert und doch war sie auch von hinten eine Augenweide. Meine Hand musste ich vor dem Mund lassen. Dieses vorfreudige Grinsen konnte ich keinem zumuten.

Gleich in der ersten Pause kam Lyz zu mir, um mir ein Friedensangebot zu unterbreiten, naja oder überhaupt erstmal herauszufinden, was eigentlich mit mir los war. Ich drehte den Kopf von ihr weg und sah kein einziges Mal zu ihr hoch. Unbeabsichtigt giftig wies ich sie ab.

„Lass mich doch einfach mal 'ne Weile in Ruhe!“

In Wahrheit hätte ich es spitze gefunden, wenn sie sich auf meinen Schoß gesetzt hätte, nackt versteht sich. Es gab wohl keinen unpassenderen Zeitpunkt für einen Gedanken wie diesen, wo ich sie doch so traurig machte und vielleicht auch, weil wir uns inmitten des Vorlesungssaals befanden, … wär mir in dem Moment aber egal gewesen. Sichtlich bedrückt, setzte sie sich wieder, blieb leider aber nicht lange alleine. Ein Mädchen mit einem abgefressenen Hundehaarschnitt und zu langem Pony, der gut in die 80er Jahre gepasst hätte, beugte sich erst zu Lyz und setzte sich dann zu ihr. Sie hieß Hanna und war die Allererste, die Lyz vor drei Wochen an der Hochschule angesprochen hatte.

Kaum war eine Differenz zwischen Lyz und mir sichtbar, kreisten unsere Kommilitonen schon wie die Geier um sie. Jedem im Raum hatte ich irgendwann schon einmal unmissverständlich klar gemacht, dass Lyz tabu war, aber Hanna glaubte offenbar, dass meine alte Zurechtweisung seine Gültigkeit verlor, wenn wir uns stritten. Ich konnte ihr schlecht quer durch den Saal zurufen, die solle sich verpissen, auch wenn es lustig gewesen wäre. Da ich nur Lyz nicht ertrug, Hanna aber schon, war das Problem eigentlich relativ leicht aus der Welt zu schaffen. Um den Duft ein wenig zu dämpfen, zog ich mir das Shirt über den Mund und lief zu den beiden Mädchen. War mir egal, ob das komisch aussah.

„Komm mit! Ich will mit dir reden“,

befahl ich über ihre Köpfe hinweg. Ich konnte Lyz unmöglich ansehen, das hätte mich die Beherrschung gekostet. Natürlich fühlte nicht Hanna, sondern sie sich angesprochen, stand auf und antwortete mit einem erleichterten:

„Klar!“

„Nicht mit dir. Mit Hanna!“,

schimpfte ich nun zur Seite blickend. Im unteren Augenwinkel sah ich, wie Lyz in sich zusammenfuhr, Hanna ihren Kopf in meine Richtung wirbelte und viel zu laut rief:

„Mit mir?!“

Rasch wandte ich mich ab und ging vor, ohne mich umzudrehen. Lyz so sehr zu begehren, war schon ziemlich lästig. Wenn ich sie irgendwann mal auch zu Vollmond ertragen können wollte, musste ich dringend an meiner Widerstandskraft gegen sie arbeiten.
 

Erst draußen im Gang bemerkte ich, dass Hanna mir tatsächlich gefolgt war. Da ich mir nicht sicher war, ob mir die Hand ausrutschen würde, lief ich mit ihr bis zum Ende des Gangs, in dem sich nur noch Büros befanden.

Ich drehte mich zu ihr und musterte sie kurz. Sie spielte nervös an ihren Fingernägeln herum. Ihr zu langer Pony hing ihr vor den Augen, aber ich erkannte, dass sie mich scheu von unten ansah. Ihr Geruch verriet mir, dass sie Angst vor mir hatte, genau das Gefühl, das ich hervorrufen wollte, aber gleichzeitig witterte ich auch Erregung an ihr. Vielleicht stand sie auf Lyz. Mich hätte das jedenfalls nicht gewundert. Viel schüchterner als sie sonst war, winselte sie:

„Was… was gibt es denn?“

„Was wolltest du von Lyz?“,

fuhr ich sie an, was unter der hohen Decke des alten Gemäuers widerhallte. Hanna begann auf der Stelle herumzutreten, bevor sie zur Antwort fiepte:

„Das ist so… ich… nein, ich kann nicht.“

Ein Geheimnis? Spitze! Ich hätte ausrasten können vor Wut auf sie. Mein Geduldsfaden war bei Vollmond unglaublich kurz und zimperlich war ich auch nicht gerade, egal wer vor mir stand. Ich machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu, dem sie erst ein Stück nach hinten auswich, dann aber eigenartigerweise sofort zurückkam und mich von unten ansah wie ein Pudelwelpe.

„A-Alex…“,

hauchte sie mir nun entgegen. Vor ihr aufgebaut, wollte ich sie gerade zurechtweisen, da beantwortete sie mir stotternd meine erste Frage und lief dabei rot an.

„Ich… ich hab sie gefragt, ob ihr auseinander seid, weil… du…“

Sie stoppte ihre Erklärung, bei der sie immer nervöser wurde. Ein wenig verwirrt runzelte ich die Stirn, als ich kapierte, dass es gar nicht um Lyz ging, sondern um mich. Ich verstand nicht gleich, warum sie dann nicht direkt zu mir gekommen war. Nach einer kurzen Pause machte sie dort weiter, wo sie ausgesetzt hatte.

„… besonders bist, anders als alle anderen. D-das find ich interessant. Ich mag interessante Menschen.“

Mir fielen zwei Gründe für ihr Interesse an mir ein. Entweder war sie harmlos und mochte mich einfach so, oder aber identifizierte sie mich unterbewusst als Vampir. Was für uns normal war, nämlich uns gegenseitig am Geruch zu erkennen, beherrschten auch ein paar wenige Menschen. In modernen Zeiten leugneten sie unsere Existenz, Vampire selbst lachten in Gegenwart der Menschen über vergleichbare Anschuldigungen, aber das war nicht immer so. Menschen mit der Fähigkeit, Vampire zu entlarven, wurden im Mittelalter von der Kirche zu Vampirsuchern ausgebildet. Ich hatte geglaubt, wir hätten sie vollständig ausgerottet, vielleicht gab es aber nach all der Zeit wieder welche.

Wenn sie auch Rova interessant finden würde, dann… nein, das war Unfug. Jeder fand Rova interessant, das war ein Naturgesetz und kein Beweis für ihre Fähigkeit. Wahrscheinlich machte mich der Vollmond einfach nur paranoid.

Ich hatte sie eine ganze Weile angeschwiegen, deshalb sah sie erwartungsvoll, fast ehrfürchtig sogar, zu mir auf. Ich hob die Augenbrauen an, setzte meine Hand auf ihre Schulter und schob sie grob von mir. Sie Rova zu melden, würde ihren Tod bedeuten, schon aus dem reinen Verdacht heraus. So funktionierte unsere Rechtsprechung eben. Ich ging an ihr vorbei mit den kalten Worten:

„Halt dich einfach von uns beiden fern! Dann gibt's auch keinen Ärger.“

Sofort legte sie ihre Hand auf meine, was meinen Abwehrmechanismus in Gang setzte. Ich war drauf und dran ihr mit der Faust in den Bauch zu schlagen, weil ich sie für eine Millisekunde für eine Vampirsucherin hielt. So leicht reizbar, war ich zu überhaupt nichts zu gebrauchen. Beim Abfedern des Schwungs meines Schlages, rempelte ich sie an, wodurch sie fast hinfiel. Sie prallte mit ihrer Hundefrisur an meiner Brust ab und krallte sich dann mit einer Hand in mein schwarzes Shirt, um wieder Halt zu finden.

„Aua, mein Gott, ist die hart!“,

rief sie überrascht, während sie sich an ihre Beule fasste. Ich brachte einen Arm zwischen uns und schob sie von mir. Immer noch eingeschüchtert und gleichzeitig erregt, sah sie zu mir auf.

„D-damit hab ich nicht gerechnet. Alex, ich will- darf ich…-“

„Darfst du nicht!“,

schnauzte ich und ging an ihr vorbei. Leider war sie eine von der hartnäckigen Sorte und kam mir wie ein treudoofer Pudel hinterher. Das konnte doch nicht wirklich ihr Ernst sein.

„Schon gut, du bist schlecht drauf, weil du Streit mit Lyz hast, aber wenn du… Trost brauchst…“

Sie schien wirklich nicht die Hellste zu sein und damit platze mir der Geduldsfaden. Ich packte ihre Schulter und drückte sie mit meinem Unterarm an die Wand. So wie sie mich ansah, war sie geschockt, dass ich Gewalt gegen sie anwendete. Diese Hundefrau hatte wirklich einen schlechten Zeitpunkt ausgewählt, um mir auf den Wecker zu fallen.

„Ich sage es dir jetzt ein allerletztes Mal, Hanna…“

Unter meinem Arm hob und senkte sich ihr Brustkorb. Nicht ihre Angst, sondern ihre Erregung wuchs. Abstoßend, was sie für eine Masochistin war.

„…du sollst Leine ziehen! Ich hab auch ohne dich schon genug Probleme, klar?“

„K-klar“,

hauchte sie mir zittrig entgegen, worauf ich angewidert seufzte, und sie freiließ.

So eine Klette konnte ich überhaupt nicht gebrauchen. Ich ging zurück in den Vorlesungssaal, in dem Lyz schon wieder nicht mehr alleine saß, sondern diesmal von zwei Kerlen belagert wurde. Kaum hatte ich den Raum betreten, sprangen sie auf und suchten sich andere Plätze. Noch zwei Kandidaten, die ich zurechtweisen musste und das ausgerechnet bei meiner miesen Laune. Bei Vollmond war es ziemlich anstrengend, auf das Prinzesschen aufzupassen.
 

Mal einen beschissenen Tag zu überstehen, war kein Kunststück, aber es gab mir schon einen Vorgeschmack darauf, was auf mich zukam, wenn Lyz' Blutung einsetzte. Lange konnte es bis dahin nicht mehr dauern. Eigentlich war sie sogar überfällig, wenn ich mich nicht irrte. Dieses Warten machte mich verrückt, auch wenn ich froh war, dass sich die Blutung nicht mit dem Vollmond überschnitten hatte.

Wie befürchtet, spürte ich sie wenige Tage später wieder in mir, diese Lust mich an Lyz ordentlich auszutoben. Während der Mond mich spannungsgeladen und spitz auf das Prinzesschen gemacht hatte, wurde ich durch ihr Blut vor allem hungrig. Natürlich war immer beides im Spiel, denn wenn es um sie ging, folgte eines stets dem anderen. Meine Blutkonserve schüttete ich völlig überstürzt schon am ersten Tag in einem Ritt runter, dabei wollte ich sie mir eigentlich einteilen. Vorrat hatte ich auch keinen, denn jeder bekam seine Ration vom SOLV zugeteilt. Ein guter Start war das nicht gerade.
 

Wie schon an Vollmond setzte ich mich in der Vorlesung notgedrungen wieder möglichst weit weg von Lyz und sprach kein Wort mit ihr. Sie kam schon gar nicht mehr zu mir, so traurig war sie darüber, dass ich sie schon wieder ohne Grund zurückwies. Nur ein falsches Wort zu Rova und ich wäre geliefert gewesen. Glück für mich, dass sein Plan vom strahlenden Helden kein Stück funktionierte.

Ich hatte sie von der letzten Reihe aus bestimmt schon drei Stunden lang vernarrt angestarrt, da kam mir plötzlich ein Bild vor Augen, das mir auf einen Schlag den Rest meines verbliebenen Verstandes raubte.

Fluchtartig hastete aus dem Saal und rannte die Stufen bis ganz nach oben, anstatt zur Herrentoilette, in der ich besser aufgehoben gewesen wäre. Verzweifelt riss ich das Fenster auf und schnappte nach frischer Luft, die nicht vom süßen Duft des Prinzesschens kontaminiert war.

Trotzdem kam dieses Bild wieder, das meine panikartige Flucht ausgelöst hatte. Nie zuvor hatte mich eine Vorstellung von etwas dermaßen angemacht. Seit ich die Treppe hochgerannt war, atmete ich schwer, aber das hatte nichts mit der Anstrengung zu tun. Ich lehnte mich weit aus dem Fenster, doch der Ausblick auf das Campusgelände wurde überlagert. Scheiße, war das peinlich! Lyz machte mich echt zu einem Perversen.

Die Stelle an ihrem Körper, die diesen unwiderstehlichen Duft absonderte, vereinte all meine Gelüste. Ich sah Lyz bildlich vor mir, mit ihrem unschuldig weißen Spitzenkleid auf ihrem Bett sitzen. Sie hob den Rock an, unter dem sie ihre Beine spreizte. Unterwäsche trug sie natürlich keine, dafür aber einen lüsternen Blick, der mich anflehte, das Blut direkt von der Austrittsstelle zu lecken. Oh ja, ich bitte darum, Aphrodite! Gut, dass ich Taschentücher dabeihatte, denn zur Herrentoilette brauchte ich nicht mehr zu gehen. Mein Körper hatte das ganz von alleine erledigt. Er verhielt sich, als sei ich fünfzehn, nicht fünfundzwanzig, verflixt. Zumindest ging es mir danach wieder besser und ich konnte wieder in den Hörsaal zurückkehren.
 

Jeden einzelnen Tag, jede Stunde, jede Minute, die ich dem Duft ihres Ambrosia ausgesetzt war, standen mir unentwegt die Schweißperlen auf der Stirn. Lyz beförderte mich in neue Sphären der Lust, von denen ich mir nicht sicher war, ob ich sie überhaupt erkunden wollte.

Die darauffolgenden Tage überstand ich auf ähnliche Weise, morgens Druck ablassen und aus dem Saal hechten, wenn es zu schlimm wurde. Das einzige Problem war der Donnerstag, jener Tag, an dem Rova unser Dozent war. Meinen Hunger und meine Erregung musste er schließlich wittern können, dann noch die veränderte Sitzordnung… er brauchte keine Gedanken lesen zu können, um mich zu entlarven. Meine Gedanken… ja, die waren gerade wirklich tödlich. Ich durfte sie in meinem Kopf nicht zu Worten formen, sonst hätte ich sofort wieder rausrennen müssen, viel zu auffällig vor meinem Herrn. Stattdessen fokussierte ich Rova und verfolgte seine Vorlesung mit maximaler Konzentration. Er machte mir Angst und das drängte meine Lust ein wenig zurück.

Den ganzen Tag hatte ich nicht das Gefühl, er würde sich sonderlich für mich interessieren. Wenn sein Blick längere Zeit auf jemandem verweilte, dann auf Lyz. War das ein weiterer Triumph? Bemerkte er mich gar nicht, wenn sie seine Aufmerksamkeit auf sich zog? Er ließ sich jedenfalls rein gar nichts anmerken. Wäre ich an seiner Stelle gewesen und hätte es bemerkt, dann… besser nicht daran denken. Wie auch immer ich das anstellte, ich überlistete den Blondie anscheinend. Am Ende des Tages fühlte ich mich, als sei ich der Größte. Alexander, Meister der Täuschung!
 

Erst als alles vorüber war, rief ich meine Schwester an und schilderte ihr die Lage. Meine Beschreibungen wären sonst wahrscheinlich etwas zu bildlich geworden, befürchtete ich. Diesmal erzählte ich Carla, was wirklich in mir abging, das komplette Programm, denn alleine wusste ich nicht mehr, was ich tun sollte. Es konnte doch nicht ewig so weitergehen. Irgendwann würde ich entlarvt werden und mein Herr war alles andere als nachsichtig bei derartigen Vergehen. Ich befürchte schon ein zweiter Pete zu werden. Nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hatte Rova ihn irgendwohin mitgenommen, ohne dass mir jemand näheres darüber sagen konnte.
 

„Oh, Alejandro!“,

rief Carla nach meiner ausführlichen Erklärung bestürzt durch das Telefon, was mich allein schon wieder ein ganzes Stück aufbaute. Sie brachte so viel Fürsorge für mich auf, dass mir ihre Wärme direkt ins Herz stieg. Ich liebte sie und auch den Rest meiner Familie einfach so sehr.

„Trau dich! Zeig ihr deine hübschen Zähne und sie wird hin und weg von dir sein!“,

empfahl sie mir aufgeregt auf Spanisch.

„Du weißt, dass ich das nicht darf, Carla!“,

antwortete ich ihr seufzend in meinem miesen Spanisch mit dem deutschen Akzent, über den sich die Familie gern lustig machte. Meine Schwester ignorierte ihn an diesem Tag und versuchte mich lieber mit Tipps zu unterstützen. Sie schien zu spüren, dass es mir nicht nach Scherzen zumute war.

„Nicht beißen, du Dummkopf. Zeig ihr anders, dass du ein Vampir bist, egal was der Lucard angeordnet hat. Dann war es eben ein Versehen, was soll's. Er wird es verkraften. Vertrau mir, gegen deinen sexy Vampircharme ist jedes Mädchen machtlos, auch sie. Du bist so ein hübscher und liebenswerter Mann, da sollte es kein Problem sein, ihr Herz zu stehlen. Ja und wenn du es einmal hast, ergibt sich der Rest ganz von selbst.“

„Meine Güte, Carla. Das ist Wahnsinn. Ich meine, hast du dir den Lucard mal angeguckt, gegen den ich ins Rennen ziehen soll? Der hat das Gesicht eines Engels und steckt im Körper eines griechischen Gottes. Das brauche ich gar nicht erst zu versuchen.“

Es war kein Wunder, dass sie mich toll fand, immerhin war sie meine Schwester. Nach meiner Aussage seufzte nun aber sogar sie, wo sie sich doch sonst durch nichts unterkriegen ließ.

„Hör mal, Alejandro. Ich weiß ja, dass du ihn verehrst, aber bist du mal auf die Idee gekommen, dass nicht alle Frauen nur auf Engel oder griechische Götter abfahren? Davon mal abgesehen, bist du auch nicht ohne. Beim letzten Mal, als ich dich sah, ist das schon zwei Jahre her? ...oje … also da blitzten ein paar hübsche Bauchmuskeln unter deinem T-Shirt hervor, als du dich gestreckt hast. Das hat selbst mich überrascht. Glaub mir einfach, wenn ich sage, dass da jedes Mädchen schwach wird. Zeig ihr, was du hast, kleiner Bruder!“

„Carla!“,

ermahnte ich sie und griff mir unwillkürlich an den Bauch. Sari hatte er auch gefallen. Eigentlich immer, wenn sie ihn berührt hatte, wollte sie danach Sex und Hanna schien auch angetan gewesen zu sein.

Ach, was tat ich da nur?... Versuchte einen Weg zu finden, das Mädchen meines Herrn ins Bett zu kriegen. Ich wusste nicht mal, ob ich sie nur total heiß fand oder ich mich richtig in sie... Was, wenn es nur der pure Trieb war, der mich leitete? Sie lag mir schon extrem am Herzen, aber bevor ich die Dummheit meines Lebens beging, musste ich mir schon sicher sein, dass ich sie richtig liebte. Ich musste Lyz noch etwas besser kennenlernen und mich selbst von der Aufrichtigkeit meiner Gefühle überzeugen.

Ich hing schon dem Gedanken nach, mich irgendwie zu testen, während ich mich halbherzig bei meiner Schwester bedankte und das Ende des Gesprächs einleitete. Fast panisch rief sie in den Hörer:

„Hey, Moment mal, ich bin noch nicht fertig mit dir! Du willst ihr doch näherkommen, ohne dass es auffällt. Am besten, … du erweiterst deinen Dienstleistungskatalog für sie, zum Beispiel, ... genau! Du magst doch Filme, richtig?“

„Was?“,

stammelte ich.

„Schau welche mit ihr, schön romantisch im Dunkeln!“

Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass das die beste Idee war, die ich seit Langem gehört hatte. Filme zusammen anzuschauen war unverfänglich und trotzdem irgendwie intim. Vor allem kannte ich durch meine Zeit im Internat echt viele und konnte aus einem ordentlichen Erfahrungsschatz schöpfen.

Ich dankte Carla überschwänglich und ging gleich noch am selben Abend zu Lyz. Ich klopfte bei ihr und schoss gleich los:

„Magste mit mir 'nen Film angucken?“

Es war erst 20 Uhr, doch sie schon im Schlafanzug und versteckte sich ein wenig hinter der Tür.

„Ist das etwa ein Friedensangebot? Bin ich froh! Ich frag auch nicht mehr, was los ist, versprochen. Hauptsache es ist alles ist wieder gut“,

strahle sie. Ich zuckte mit den Schultern und nickte dabei. Dem Drang, sie für ihre Nachsicht zu knuddeln, widerstand ich gerade noch so. Da sie mir aber noch nicht geantwortet hatte, hakte ich noch einmal nach.

„Und?“

„Janee, weiß nicht. Ich bin doch schon im Schlafzeug. Wie wäre es morgen Abend, oder… störe ich dann wieder?“,

fiepte sie und errötete dabei leicht. Verdammt, ich wollte sie schon wieder an mich drücken vor Freude. Unter großer Anstrengung beherrschte ich mich ein zweites Mal, grinste sie glücklich an und nickte erneut.

„Nein, morgen Abend ist super.“



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  KritzelFuchsKurai
2021-04-04T07:54:45+00:00 04.04.2021 09:54
Nein was fürn tolles kapitel xD alex sein baby motor rennt auf hochtouren und verfrachtet ihn zurück in die Pubertät hahah und das wegen dem Vollmond mensch der arme tropf xD


Nawwww ihre reKtion aufs filme gugen is ja zucker T^T respeckt das et sich da zusamen reissen kan ich hätte sie glaub nieder geflufft xD
Antwort von:  Elnaro
06.04.2021 17:36
Vollmond schmeißt ihn komplett aus der Bahn. Er hat es wirklich nicht leicht :)

Bei Lyz denk ich, dass man sich zwar bei ihr anfangs mehr bemühen muss, als bei anderen Mädchen, aber dann von ihrer weichen und lieben Seite belohnt wird.
Von:  Schwabbelpuk
2019-06-05T14:08:11+00:00 05.06.2019 16:08
Ahh, was ein tolles Kapitel! Ich muss ja ehrlich sagen, ich liebe Alex, wenn Vollmond ist. Wie gerne würde ich ihn jetzt beim Blutmond sehen oder ist das nicht besonders schlimmer? xD Echt witzig, wie notgeil er hinter den Kulissen war. Hätte ich gar nicht so gedacht. Und schön, dass noch weitere Kapitel folgen. :3 (bin ohnehin eher der Fan von "Kurz, aber viel"-Kapiteln xD) Freu mich schon auf mehr~ Ich vermute fast schon, dass es dann endet, wenn er sie (spoiler)...anfällt? Ich hoffe es zumindest...^^'
P.S.: Alex ist...erotisch. (Lyz? Willst du tauschen?)
Antwort von:  Elnaro
06.06.2019 15:59
Gute Frage. :) Alex reagiert besonders sensibel auf den Vollmond, hat damit also schon ein hohes Niveau in der Spitze. Der Blutmond erhöht es deshalb nicht sehr viel mehr, ABER:
In der Gleichung fehlen noch die Frauen. Vampirfrauen bekommen ihren Eisprung nur zum Blutmond, deshalb sondern sie an diesem Tag besonders starke Sexualhormone ab, die den Männern die Köpfe verdrehen. Einen ganz ähnlichen Effekt hat Lyz' (menschliches) Blut auf Alex. Wenn er ihr Blut an einem Vollmond wittert, wirkt sie auf ihn wie eine "brünstige" Vampirfrau. Ihr Blut verliert diesen Effekt auf ihn, als sie zum Vampir wird, aber ab dann nimmt der Blutmond diesen Platz wieder ein.

Haha ja, "Alexander, Meister der Täuschung!"
Lyz glaubt felsenfest daran, dass er seinen Job bzw. sie manchmal nicht ertragen kann. Ablehnung ist sie gewöhnt, Zuneigung aber nicht, deshalb kommt sie nicht auf die Idee, es könne einen positiven Grund dafür geben.

Es endet noch ein bisschen später, nämlich bei der Konsequenz seines Handelns, aber du wirst definitiv in den Genuss kommen, seinen Ausbruch hautnah mitzuerleben.


Zurück