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Out Of The Darkness

von

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Das nächste Mal, als Mister Pinguin seine Augen öffnete, spürte Ed ein aufgeregtes Rasen seines Pulses. Er hatte stundenlang geduldig gewartet, bis er aufwachen würde - obwohl er es kaum erwarten konnte, sich wieder so lebendig zu fühlen. Und endlich schlug er wieder seine Augen auf. Sie waren eisblau. Und erinnerten ihn an das Wasser, das sie gestern beinahe erbarmungslos verschluckt hatte.

 

„Wieso bin ich hier?“, war die erste forsche Frage. Perplex blinzelte Ed. Nun, er hatte jetzt nicht direkt mit Dankbarkeit gerechnet, aber die harte Art des Pinguins überraschte ihn dann doch.

 

„Ich habe dich gerettet“, antwortete er und lächelte aufgeregt. Abrupt hob Oswald eine Hand, um jeden weiteren Satz zu unterbrechen.

 

Das ist mir schon bewusst, mein Freund“, meinte er unfreundlich. „Mich interessiert nur, warum!“

 

Perplex sah Edward dem anderen ins Gesicht. Seine Unfreundlichkeit tat seinem fröhlichen Lächeln keinen Abbruch. In erster Linie freute er sich, dass Mister Pinguin endlich aufgewacht war. Es fühlte sich so an, als ob er einen verwundeten Hund aufgelesen und gesund gepflegt hatte.

 

„Nun, das macht man doch, wenn jemand am Ertrinken ist, oder nicht?“ Eine Spur Unsicherheit begleitete seine Antwort. Erzürnt funkelten ihn die eisblauen Augen an.

 

„Ich war aber nicht am Ertrinken!“, rief der kleinere Mann ziemlich aufgeregt.

 

Natürlich wusste Ed das, aber im Moment wollte er davon nichts hören. Die letzten Stunden hatten seine eigene Dunkelheit weitgehend in die Ecke gedrängt und er genoss dieses neue Gefühl.

 

„Mister Pinguin, fühlen Sie sich hier wie zu Hause und ruhen Sie sich erst mal aus“, sagte er freundlich. Zornig richtete Oswald seinen Oberkörper auf und griff nach Eds Kragen.

 

„Ich will gehen! Sofort! Und wo sind überhaupt meine Klamotten?!“ Die Frage klang äußerst aufgebracht und verwirrt.

 

„Ich habe sie ausgezogen und entsorgt. Der Geruch war nicht mehr tragbar“, antwortete er in hoher Geschwindigkeit und in einer Art, als ob es selbstverständlich wäre, seinen Gast auszuziehen, wenn seine Kleidung roch.

 

Oswalds Mund stand offen und er blinzelte den anderen fassungslos an.

 

„Du...hast mich ausgezogen?!“, die Frage hallte schrill von den hohen Wänden des Lofts wider, während Oswald sich nun ganz vom Bett erhob.

 

„Mister Pinguin“, widersprach Ed nun energischer und zog ihn wieder auf das Bett zurück. „Ich fürchte, Sie können nicht gehen. Sie werden im Moment gesucht und in Ihrem Zustand schaffen Sie es keine drei Blocks weit!“ Lächelnd stand er auf und griff nach dem Tablett mit dem Wasserglas. „Hier, bitte. Das ist Wasser, nur Wasser. Gegen die Dehydration.“ Wie ein trotziges Kleinkind schob Oswald das Tablett von sich.

„Was willst du von mir? ?“ Aus verengten Augen musterte er das ihm doch bekannte Gesicht.

 

„Glauben Sie an Schicksal?“, lächelte Ed aufgeregt und setzte sich auf den Rand des Bettes.

 

„Ich kenne dich“, sagte Oswald auf einmal überlegend. Glücklicher rückte Ed nun etwas näher und Oswald wich vorsichtshalber etwas zurück.

 

„Sie erinnern sich“, freute er sich. „Ed. Nygma.“ Er schenkte dem anderen ein breites Lächeln. Als der Name dem anderen nichts zu sagen schien, fügte er lächelnd hinzu:

„Wir haben uns einmal getroffen, im GCPD.“

 

„Also bist du ein Cop?“, fragte Oswald argwöhnisch. Das würde zumindest erklären, wieso er ihn gerettet hatte.

„Nein, nein“, lachte Ed amüsiert. „Ich mache die forensische Untersuchung.“

„Aha“, entgegnete Oswald trocken. „Und was will ein Forensiker von mir?“ Er dachte an die Spritze und die Geräte auf dem Beistelltisch. „Willst du an mir herum pfuschen?“, fragte er.

 

„Nein, nein nein“, lachte Ed wieder und rückte näher. „Ich versichere Ihnen, Mister Pinguin, ich habe keine kranken Absichten.“

 

Oswald wandte sein Gesicht entschieden ab. Irgendetwas an dem Gesicht des anderen war merkwürdig tröstend. Es fühlte sich fast an wie Vertrauen. Und genau das konnte er jetzt am wenigsten ertragen. Mit einer abrupten Bewegung schlug er die Decke zurück und lief zum Fenster. Tief in seinen melancholischen Gedanken gefangen sah er hinaus in Gothams Nacht. Es fühlte sich an wie Stunden, in denen er so dastand und der andere sich im Hintergrund hielt und ihn beobachtete. Schweigen und Traurigkeit erfüllte die Luft, die Ed nicht wagte zu stören.

 

„Mein Imperium liegt in Ruinen, ich bin ein gesuchter Mann ohne Freunde. Meine Mutter ist tot. Die einzige Person die ich beschützen wollte, ist nun tot! Wegen meiner Schwäche!“ Jedes Wort, das er aussprach, schmerzte Oswald, sein Gesicht war leidverzerrt. Wieder kehrte Schweigen ein und es war, als ob die beiden im Moment etwas teilten. Zumindest schien es so, als ob Ed Nygma an Oswalds Leid schweigend und mitfühlend teilnahm.

 

„Mister Pinguin, ich weiß, Sie wollen das jetzt vielleicht nicht hören oder erkennen, aber wir haben mehr gemein, als Sie vermuten.“ Er sprach langsamer als sonst, in dieser seltsamen Stille hörte sich seine Stimme merkwürdig sanft an. Ein leises Schnauben unterbrach die folgende Stille.

„Und das wäre?“

 

„Auch ich habe kürzlich jemanden verloren. Die Liebe meines Lebens. Ich habe sie...umgebracht – versehentlich.“

Das irre Lachen erfüllte die Luft und brachte Oswald dazu, sich langsam umzudrehen. Interessierter betrachtete er nun den Mann vor sich.

 

„So wie Ihre Mutter ist sie gestorben – durch meine Schwäche.“

Oswald hob eine Augenbraue und wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Der Mann vor ihm wirkte nicht wirklich so, als ob er eine Gefahr für ihn wäre. Aber das Letzte, was er im Moment wollte, war sich mit Problemen anderer Leute herumzuschlagen. Lange betrachtete er den Forensiker, bevor er einen Entschluss fasste.

 

„Wie auch immer. Gesucht oder nicht, ich werde jetzt gehen.“ Entschlossen reckte Pinguin seine Nase in die Höhe und wollte an seinem Retter vorbei stolzieren. Doch die Kraft verließ ihn, alles drehte sich und dann kippte er um.

„Oh weh“, murmelte Ed und blickte auf den kleinen Körper hinab. Es wäre nicht das erste Mal, das er den anderen auf seine Arme nehmen müsste. Und erstaunlicherweise klappte das gut. Wieder hatte er Oswald auf seinen Arme und trug ihn zum Bett.

 

„Schlafen Sie gut, Mister Pinguin“, wisperte er liebevoll und lächelte mitfühlend. Er würde den anderen schon gesund flicken. Nicht nur körperlich. Er konnte sich selbst nicht erklären wieso, aber ein innerer Drang, den anderen wieder aufzubauen, hatte von ihm Besitz ergriffen. Vielleicht glaubte er, dass ihm das gut tun würde, sich um jemand anderen zu kümmern.

 

 

~~~~~~~

 

Es vergingen Stunden, Tage. Sein Gast verließ selten das Bett. Er selbst schlief auf der Couch in der Ecke. Sie redeten kaum, aber nur weil der andere keine Anstalten machte, seine Fragen zu beantworten. Stattdessen wickelte er sich wie ein kleines Würmchen in die Decken ein und summte ständig ein Lied. Glücklicherweise kannte Ed das Lied und hatte es sogar auf Schallplatte. Er wollte unbedingt einen Zugang zu Mister Pinguin finden, ihm Trost spenden. Guter Dinge legte er die Platte ein und setzte sich an sein Piano. Zaghaft fing er an zu spielen und sang die wenigen Zeilen mit. Und siehe da. Mister Pinguin rührte sich. Ein warmes Gefühl erfüllte Eds Brust bei diesem Lebenszeichen.

 

„Wieso spielst du das Lied?“, motzte er alles andere begeistert. Ed ließ sich nicht beirren.

„Ich bringe Tränen in deine Augen und erwecke die Toten wieder zum Leben. Ich entstehe sofort und bleibe ein Leben lang. Was bin ich?“

„Eine Erinnerung. Und?“, zischte Oswald unfreundlich.

„Du hast es unter den Decken gesummt, deswegen gehe ich davon aus, dass dir das Lied etwas bedeutet.“

 

Kurz schien es, als ob Oswald nicht mit dieser Antwort gerechnet hatte. Lange Zeit blieb er still. Dann fing er an von seiner Mutter zu erzählen. Langsam und voller Schmerz. Bedächtig erhob sich Ed und setzte sich vorsichtig zu Oswald auf das Bett. Aufmerksam hörte er ihm zu. Als Oswald von seiner Mutter sprach, sah er so verletzt, aber gleichzeitig auch glücklich aus. Dann änderte sich sein Gesichtsausdruck zu leidend.

„Erinnerungen, das ist alles was ich jetzt noch habe und sie sind wie Messerstiche in meinem Herzen.“

„Aber nicht für immer“, entgegnete Edward zuversichtlich. Es trat eine lange Pause ein und Oswald sah so aus, als ob er sich wieder unter seine Decken verkriechen und sich so klein wie möglich machen wollte. So klein, dass ihn das Elend der Welt nicht finden würde. Die Stille wirkte etwas bedrückend, besonders weil Edward auch nicht mehr lächelte. Er betrachtete den anderen still und in Gedanken. Dann setzte er seine Brille ab und rieb sich schweigend den Nasenrücken. Als er den Schwarzhaarigen wieder ansah, sah er nur noch verschwommen. Und das sollte so sein. Seine Stimme war vorsichtig und leise, als er sprach.

 

„Bist du gesprungen?“ Es war die Art, wie er es aussprach. So, als ob er die Antwort schon wusste und eigentlich nur wissen wollte, wieso. Obwohl er das eigentlich auch schon wusste. Aber irgendetwas in seinem Blick verriet Oswald, dass es noch mehr war. Dass die Tatsache, dass er wirklich gesprungen war, den anderen ganz und gar nicht kalt ließ. Oswald konnte den ehrlich mitfühlenden, traurigen Blick nicht länger ertragen und wandte seinen Blick ab. In diesem Moment griff Edward nach seiner Hand und Oswald hörte für einige Sekunden auf zu atmen. Die Berührung war so sanft, so ungewohnt. Er wagte es nicht, den anderen anzublicken, doch er hielt die Hand fest. Sie fühlte sich seltsam tröstend an, so verständnisvoll. Am liebsten hätte er seinen Kopf irgendwo angelehnt, nach Halt suchend. Aber er wollte keine Schwäche zeigen. Die letzten Tage hatte er zu oft Schwäche gezeigt. Er wollte seinem Retter nicht noch mehr das Gefühl geben, dass er ihn brauchte. Er wollte nicht noch jämmerlicher erscheinen als ohnehin schon! Doch etwas war an dem anderen, was ihn seltsam beruhigte.

 

Er spürte, wie seine Hand losgelassen wurde und dann setzte Edward seine Brille wieder auf. Mit diesem Moment änderte sich sein Gesichtsausdruck wieder. Er wirkte selbstbewusster und lächelte wieder. Der gebrochene, endlos traurige Ausdruck in den Augen war verschwunden, und Entschlossenheit trat an seine Stelle.

„Mister Pinguin, du und ich, wir haben beide das Wertvollste in unserem Leben verloren, aber ich glaube, dass uns das stärker machen wird.“ Der plötzliche Wandel irritierte Oswald so sehr, dass er sich vor den Kopf gestoßen fühlte.

„Wie soll uns das stärker machen?“, schrie er nun außer sich. „Ich habe sie geliebt! Und sie war die einzige, die mich je geliebt hat! Ich habe dich nicht gebeten, mir zu helfen! Ich wollte sterben!“ Aufgebracht und erzürnt erhob er sich nun vom Bett.

 

„Geh zur Seite! ED!“, rief er außer sich, nicht wirklich registrierend, dass er den anderen zum ersten Mal mit seinem Vornamen ansprach.

 

Scheinbar ungerührt von dem Ausbruch holte Edward etwas aus seiner Hosentasche und hielt es Oswald hin. Es war ein Taschenmesser. Perplex blickte Oswald darauf. Was sollte er jetzt bitte damit?

„Ich gebe dir die Wahl, Mister Pinguin. Wenn du wirklich sterben möchtest, dann tu es. Ich halte dich nicht auf.“ Oswald war sprachlos. Ihm klappte die Kinnlade herunter. „Was?“, hauchte er bedrohlich. „Du hast die Wahl. Wenn du leben willst, dann entscheide dich dafür. Und gib nicht mir die Schuld dafür, dass du noch lebst.“

„Oder“, zischte Oswald und hielt ihm das Messer bedrohlich an den Hals. „Ich nehme dir auch gleich die Entscheidung nach Leben oder Sterben ab.“

„Ich habe keine Angst, Mister Pinguin.“

„Ach, nein?“, zischte Oswald manischer und drückte das Messer fester gegen die weiße Haut. „Nein.“

Oswalds Augen funkelten voller Mordlust und Ed legte seine Finger vorsichtig auf seine. „Wir sind alleine, Mister Pinguin. Du und ich. Und es liegt in unserer Hand, was wir daraus machen. Deiner Mutter und meiner Freundin bringt es nichts, wenn wir uns selbst zerstören.“

Seine Stimme war eine Spur weicher geworden und Oswald zögerte. Er spürte, wie die andere Hand die seine vorsichtig festhielt und ihm das Messer entnahm. Er ließ alles geschehen, denn auf einmal fühlte er sich müde. Als ob ihm jemand die Energie heraus gesaugt hatte. Er war noch nicht ganz fit und er durfte sich eigentlich gar nicht aufregen. Und ehrlich gesagt, der andere hatte Recht. Obwohl er es nicht hören wollte. Im Moment wollte Oswald nur noch zurück unter diese kuscheligen, warmen Decken mit diesem seltsam beruhigenden Geruch. Dem Geruch des anderen.

 

 

 



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