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Out Of The Darkness

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Out Of The Darkness

 

 

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Er stand am Grab seiner Mutter und blickte auf den nüchternen Grabstein herab. Hier lag seine Mutter.

Seine Mutter.

Die Person, die er über alles geliebt hatte. Und die er nicht zu beschützen vermocht hatte. Sein Herz brach jedes Mal bei diesem Gedanken.

„Hallo Mutter“, seine Stimme klang dünn in der traurigen Stille. „Ich weiß nicht, ob ich es ohne dich schaffen kann.“

Selten lag so viel Wahrheit in einem Satz aus Oswald Cobblepots Mund. Er wusste wirklich nicht, ob er es schaffen konnte. Geschweige denn, wie.

Niemand hatte je an ihn geglaubt, niemand hat ihn je geliebt. Außer ihr. Und jetzt war sie nicht mehr da.

„Mutter“, wisperte er leise und schluckte seine Tränen hinunter. Er war das erste Mal hier. „Tut mir leid, dass ich es erst jetzt geschafft habe. Du hast etwas besseres verdient. Ein besseres Grab. Ein besseres Leben. Einen besseren“, jetzt konnte er eine Träne nicht mehr zurückhalten. „Sohn.“

Sein Herz riss ein weiteres Mal auf. Seine Mutter war nur tot – wegen ihm. Und das könnte und würde er sich nie, nie verzeihen. Nur weil er nach so viel Macht gestrebt hatte, war das letztlich passiert. Wäre er Fisch Moonys Regenschirmjunge geblieben, wäre alles anders gelaufen.

„Aber keine Sorge, Mutter. Ich verspreche dir, ich habe mich geändert. Und ich werde es dir zeigen.“

Hoffnung schwang in seiner gebrochenen Stimme mit. „Ich komme zu dir und ich werde dich beschützen, vor allem und jedem.“ Sie war doch so unschuldig und zerbrechlich! Sie brauchte ihn! „Ich liebe dich. Warte auf mich.“ In einer liebevollen Geste legte er die Blumen auf das Grab und beugte sich ein Stück vor, um einen sanften Kuss auf den kalten Grabstein zu drücken.

Als er sich abwandte, fühlte er sich so schwer und leicht zugleich. Er hatte nichts mehr, das ihn hier hielt. Entschlossen lief er aus dem Friedhof in Richtung des Flusses. Er hatte abgeschlossen mit seinem erbärmlichen Leben hier auf der Erde. Der Fluss hatte ihn schon einmal fast mitgenommen und diesmal würde er ihn lassen.

Vor dem Abgrund blieb er stehen und blickte zum letzten Mal in den wolkenbehangenen Himmel. 'Ich bin der König von Gotham', lachte eine irre Stimme bitter in seinem Kopf und dann ließ er sich fallen. In den kalten, dunklen Tod.

 

 

 

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Edward sah in den dunklen Himmel und schloss die Augen. Schon seit Tagen sah Gotham so hoffnungslos aus wie er sich selbst fühlte. Er sah nur verschwommene Grautöne am Himmel. Ed trug seine Brille schon einige Tage nicht mehr. Seit dem Vorfall.

Zum einen, weil sie ihn an sie erinnerte. Und zum anderen, weil er es nicht mehr ertrug, die grausame Welt klar zu sehen. Er wollte, dass alles verschwamm - sein Leben, die Realität, das was er getan hatte. Alles sollte verschwimmen und dann irgendwann verschwinden. Die letzten Tage hatte er sich so gehen lassen, dass ihm sogar ein Dreitage-Bart gewachsen war. Seine Haare kämmte er nicht mehr nach hinten. Wozu auch? Er hatte sich beim GCPD frei genommen, mit der Ausrede, dass Ms. Kringel ihn und Gotham verlassen hatte und er jetzt erst mal eine Auszeit bräuchte. Sie hatten ihm sofort geglaubt, immerhin wussten sie, wie lange er ihr schon hinterhergelaufen war. Schweren Herzens hing er seinen trüben Gedanken nach, während er am Ufer des Flusses entlang lief. Wie oft hatte er sich die letzten Tage gewünscht, einfach aus Versehen abzurutschen und allem ein Ende zu machen. Dann wäre er jetzt wenigstens bei ihr und könnte sich entschuldigen. Denn er war sich sicher, dass sie seine unzähligen geweinten und geschrienen Entschuldigungen nicht mehr gehört hatte. Zu dem Zeitpunkt war sie nämlich nur noch eine leblose Leiche in seinen Armen gewesen. Doch egal wie sehr er bei ihr sein wollte, egal wie sehr er sterben wollte – etwas ließ ihn nicht. Eine Macht in ihm. Ein jemand in ihm.

Ed konnte nicht flüchten, nicht, wenn er noch in ihm war.

Er war schon zurück an seinem Auto, als eine ihm vertraute Person an ihm vorbei lief. Er konnte nicht genau sehen, wer er es war, doch der angenehme Geruch kam ihm bekannt vor. Auch die Gangart. Er wollte den Gedanken abschütteln, doch irgendetwas an der Person hielt ihn gefesselt. Er blickte ihr nach und sah erschüttert zu, wie sie sich den Abgrund hinunterstürzte. Ein innerer Impuls trieb ihn hinterher. Er war sich nicht wirklich sicher, wieso. Wollte er sich der anderen Person anschließen und auch in den Tod stürzen? Oder wollte er sie retten? Er wusste es nicht. Auch die kalten Wassermassen, die über ihn hereinbrachen, konnten ihm keine Antwort darauf geben.

 

 

Das nächste, was er wusste, war, dass er unter der heißen Dusche seiner Wohnung stand. Er wusste nicht genau, wie er die Person gerettet hatte, noch wusste er genau, wieso.

Was er mittlerweile jedoch wusste, war, dass die Person ein er war. Mister Pinguin um genau zu sein. Er hatte ihn nicht vergessen, diesen kleinen Mann, der lief wie ein zu stolzer Pinguin. Der Mann, der etwas an sich hatte, was ihn schon damals aufmerksam werden ließ. Etwas an ihm war so … anziehend. Zumindest fühlte sich der andere in ihm davon angezogen. Ratlos wusch er sich die Kälte des schmutzigen Flusses vom Körper und blickte den einsamen Wassertropfen hinterher. In dem Moment lag der andere in seinem Bett. In dem Bett, in das er den toten Leichnam von ihr gelegt hatte. Er schlief sowieso nicht mehr in dem Bett, dann konnte er es genauso gut dem anderen überlassen. Sein Gast hatte es viel nötiger als er. Nicht nur, dass er unterkühlt und ohnmächtig war, er hatte sich auch verletzt. Es musste wohl beim Sturz in den Fluss passiert sein, er hatte sich die Schulter wahrscheinlich an den Felsbrocken im Wasser angeschlagen.

Er wusste nicht genau, was er von der neuen Situation halten sollte, ein Mann in seinem Bett – noch dazu ein äußerst gefährlicher Mann. Gefährlicher, als die dunkle Seite in ihm. Vielleicht fühlte sich sein anderer Part deswegen so sehr zu ihm hingezogen. Egal, wie skurril das Ganze doch war, zumindest lenkte es ihn ab. Von seinen eigenen düsteren Gedanken. Er hatte jemanden, um den er sich jetzt sorgen musste. Mister Pinguin war nun in seiner Obhut und er konnte nicht in seinem eigenen Leid versinken. Später vielleicht, wenn er seine moralische Pflicht getan und ihn anständig versorgt hätte.

 

Entspannter und etwas losgelöster stieg er aus der Dusche, trocknete sich ab und zog sich frische Klamotten an. Als er das Bad verließ, spannte sich seine innere Haltung wieder etwas an. Aufmerksam hörte er in die Stille. Mister Pinguin war noch nicht aufgewacht. Dafür war es viel zu leise. Einige Minuten stand er unschlüssig in der Badezimmertür und knetete nervös seine Hände. Als sich nach einer halben Stunde immer noch nichts rührte, wagte er einen vorsichtigen Schritt nach vorne. Und noch einen. Bis er am Bett stand. Er wusste nicht, was ihn hierhin führte, aber als er auf das schlafende Gesicht blickte, spürte er den blutenden Riss in seinem Herzen. In den zerbrechlich wirkenden Gesichtszügen des anderen Mannes erkannte er sich selbst. Etwas an dem Gesicht ließ ihn nicht los. Es sah so schmerzverzerrt aus und doch lag eine gewisse Friedlichkeit auf ihm. Vielleicht, weil er träumte. Vielleicht träumte er, tot zu sein. Deswegen die Friedlichkeit.

Etwas wehmütig dachte Ed daran, was passieren würde, wenn der andere aufwachen und merken würde, dass er immer noch lebte. Dass er immer noch in der grausamen Realität gefangen war. Mit einem Kopfschütteln versuchte er den Gedanken beiseite zu schieben. Was dachte er da? Vielleicht wollte Mister Pinguin sich gar nicht umbringen. Vielleicht war es nur ein Unfall gewesen.

'Versuch nicht, dich selbst zu belügen', hörte er eine leise Stimme in seinem Kopf.

'Er ist so wie wir. Verzweifelt. Gebrochen.'

Nein! Er wollte die Stimme im Moment nicht hören. Ehrlich gesagt, nie wieder!

Dennoch konnte er seinen Blick nicht von dem Gesicht nehmen. Die schwarzen Haare, die ihm im Gesicht klebten. Die spitze Nase, die an einen Schnabel erinnerte. Der kleine, schmale Körper, noch zierlicher als die meisten Frauen, die er kannte. Fast schon einem Kind ähnlich. Er hatte ihn heute umgezogen und sogar ein wenig abgewaschen. Gesehen hatte er dabei nicht viel, da er seine Brille nicht aufhatte. Auch jetzt musste er näher herangehen, um das schlafende Gesicht besser erkennen zu können. Er war jetzt so nah, dass er jede dunkle Wimper erkennen konnte. Er spürte sogar den Atem des anderen auf seinem merkwürdig kribbelnden Gesicht. Stundenlang saß er so auf der Bettkante und konnte sich nicht satt sehen. Mit jeder Minute wurde sein leises Gefühl in ihm immer lauter: Sie beide fühlten das Gleiche. Immer mal wieder hörte er ein leises Wimmern von den blassen Lippen und ein leises Flehen. „Mutter.“

Es zerriss Edward fast das Herz. Wie unschuldig konnte jemand nur sein? Dass er in solch einem erwachsenen Alter noch so sehr an seiner Mutter hing? Mehr als an seinem eigenen Leben? Es rührte ihn zutiefst und bewegte etwas in ihm, was er seit seiner Kindheit schon nicht mehr gespürt hatte. Ein Gefühl von Familie, Geborgenheit.

„Ssschhh“, hauchte er jedes Mal, wenn Mister Pinguin wieder panisch wimmerte und nach seiner Mutter flehte. „Schhh, Mister Pinguin. Alles wird gut“, wisperte er mitfühlend und strich die klebenden schwarzen Strähnen aus dem aschfahlen Gesicht.

Er wusste nicht genau, wie lange er so dasaß, als sich das Gesicht auf einmal rührte.

Schnell stand er auf und griff nach seiner Brille in seiner Kommodenschublade und setzte sich wieder auf das Bett. Bereit zu handeln, falls der andere einen Anfall bekommen würde. Ihm war klar, dass er dem anderen nicht so nah kommen sollte, und doch wollte er keine Regung in dem Gesicht verpassen. Deswegen brauchte er seine Brille. So nah wie die letzten Stunden durfte er ihm nicht kommen, wenn er ihn nicht verschrecken wollte. Er hatte schon seine Instrumente auf einem Beistelltisch zurecht gelegt, unter anderem Medikamente, Betäubungsspritzen und ein Glas Wasser. Egal, was passieren würde, er wollte auf alles gewissenhaft vorbereitet sein.

 

 

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Orientierungslos öffnete Oswald seine Augen und erschrak, als ihm ein seltsam lächelndes Gesicht immer näher kam. Erschrocken schnappte er nach Luft, als er realisierte, dass das kein Alptraum war.

„Hallo Schlafmütze.“, hörte er den anderen und er begann sich abrupt zu bewegen.

„Wo bin ich?“, stammelte er fordernd und versuchte panisch zurück zu weichen.

„Plötzliches Bewegen und erhöhte Herzfrequenz sind kontraproduktiv für den Heilungsprozess!“, hörte er den seltsamen Vogel herunter beten und plötzlich sah er eine bedrohliche Spritze in dessen Hand.

„Nein, nein, töte mich nicht!“, flehte er panisch und wandte sich wild umher, als er schon die kühle Nadel in seiner Haut spürte.

„Entschuldigung im Voraus!“, hörte er noch, als um ihn herum alles schwarz wurde. „Ruh dich gut aus, mein gefiederter Freund. Wir haben eine lange Nacht vor uns.“

'Was zum Teufel?!', waren seine letzten Gedanken, die ihn in die Dunkelheit begleiteten.

 

 

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Manisch lächelnd rückte sich Edward die Brille auf der Nase zurück, nachdem er die Spritze zurücklegte, und beobachtete 'seinen gefiederten Freund' aufmerksam. Er wusste zwar nicht, was eben passiert war, aber er hatte zum ersten Mal seit langer Zeit wieder seine Brille an und er fühlte sich wieder etwas mehr wie er selbst. Er hatte keine Ahnung, wie der andere es geschafft hatte, aber auf einmal fühlte Ed sich wieder lebendig. Vielleicht, weil das die ersten Worte seit Tagen waren, die er mit einem lebenden Menschen gewechselt hatte. Sein Pulsschlag war seltsam erhöht, als er sich auf die Bettkante setzte und mit einer Hand Pinguins Puls am Hals abtastete. Sein Freund würde jetzt erst mal einige Stunden schlafen. Zu schade, hörte er eine Stimme in seinem Kopf wispern und er konnte diesmal nicht mal wirklich widersprechen.



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