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Insanity Love

I love you. Today. Tonight. Tomorrow. Forever.
von

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Chapter 30: A dream come true?

Chapter 30: A dream come true?

 

„Chiaki?“

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„Chiaki. Wach auf, du Schlafmütze.“

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„Chiaki?“

Der Angesprochene regte sich, stöhnte ermüdet auf. Langsam öffnete er seine Augen, blinzelte gegen die Helligkeit der Sonne.

Eine braunhaarige Gestalt war über ihm gebeugt und nachdem sein Blick sich fokussiert hatte, blickte er direkt in zwei große, braune Augen.

„Guten Morgen“, sagte Maron sanft.

„Hmm?“ Er gähnte und rieb sich die Augen. „Maron... Du lebst noch...“, murmelte er verschlafen, strich sich einige Male durch die Haare, wurde allmählich richtig wach.

Maron legte verwundert den Kopf schief und kicherte etwas. „Du hast so fest geschlafen, dass du selbst beim Aufwachen noch träumst?“

„Nein... Aber ich komm mir vor als hätte ich einen endlos langen Traum gehabt…“ Kurz hielt Chiaki inne, blickte gedankenverloren zu ihrer Zimmerdecke hoch und grübelte. „Was war das nur...? Ich kann mich nicht erinnern.“ Er rieb sich murmelnd den Kopf, versuchte sich den Traum in Erinnerung zu rufen.

„War es ein Albtraum?“, fragte Maron sanft.

„Hmm? Ich weiß nicht…“

„Wieso weinst du dann?“

Chiaki betastete überrascht sein Gesicht, bemerkte erst jetzt, dass seine Augenwinkel etwas feucht waren und wie eine dünne, feuchte Spur seine Wange runtergelaufen war.

„Oh…“ Er wischte sich die Träne schnell mit dem Handrücken weg. „Es ist nichts“, sagte er, „Wie lange bist du schon wach?“, wendete er ein, um von sich abzulenken.

„Eine Weile”, antwortete sie sanft lächelnd, „Du bist süß, wenn du schläfst.“

„Nenn mich nicht süß“, rollte er mit den Augen, „Das schadet meiner Männlichkeit.“

Maron lachte. „Als ob davon noch was übrig i-“

Plötzlich setzte er sich auf, packte Maron an den Oberarmen und drehte sie so, dass sie unter ihm auf die Matratze gedrückt war. Er positionierte beide Hände neben ihren Körper, stützte sich etwas ab.

„Zweifelst du an meiner Männlichkeit?“, fragte Chiaki leise in einem ernsten, fast verführerischen Ton. Er blickte ihr intensiv in die Augen und sah, wie sie rot wurde.

Maron schluckte. „Ehm...“

Ein raues Kichern entkam ihm. Anschließend beugte er sich herunter und küsste seine Freundin leidenschaftlich. Sie erwiderte den Kuss gefühlvoll. „Ich liebe dich“, wisperte er gegen ihre Lippen.

„Ich liebe dich auch“, hauchte sie zurück. Er umfasste mit einer Hand ihr Gesicht und spürte wie ihre Finger ihm durch die Haare fuhren.

Auf einmal war ein Räuspern zu hören.

Erschrocken trennten beide sich voneinander und drehten sich zur Geräuschquelle um.

Maron’s Mutter stand mit einem amüsierten Gesichtsausdruck an der Tür angelehnt da, wirkte wie als würde sie versuchen wollen sich ein Lachen zu verkneifen.

„Chiaki, hast du dich wieder über den Balkon in Maron’s Zimmer reingeschlichen?“, fragte Korron in einem Ton, als wüsste sie schon die Antwort.

Chiaki wollte etwas Freches, Schlagfertiges antworten, brachte die Worte aber irgendwie nicht über die Lippen. Etwas konfus zog er die Brauen zusammen.

In seinem Kopf spielten sich die Erinnerungen von der gestrigen Nacht ab, wie er von seinem Balkon zu ihrem hinübergesprungen war. Aber für den Moment überkam ihn ein merkwürdiges Gefühl und die Worte blieben ihm irgendwie im Hals stecken.

„Ehm...Nun...“, brachte er raus, machte ein schuldiges Gesicht.

Korron kicherte. „Schon gut. Takumi würde es nur als angemessener empfinden, wenn du wie ein normaler Mensch durch die Tür kommst.“

„Ich kam durch die Balkontür“, entgegnete er frech grinsend, worauf sie mit den Augen rollte.

„Ich mache gerade Frühstück. Ich wette, ihr habt beide nach letzter Nacht großen Hunger?“

„Mum!“, rief Maron völlig verlegen.

Damit ging Korron lachend aus dem Zimmer und schloss die Tür. Kaum war das Paar allein, brachen sie zusammen in Gelächter aus.

„Du solltest die Überraschungsbesuche in Zukunft aber wirklich sein lassen“, grinste Maron Chiaki an. „Ich will nicht riskieren, dass du bei uns noch Hausverbot bekommst.“

Er lächelte schief zurück. „Dein Zimmer liegt aber direkt neben meinem. Der Gedanke, dass du nur ein Balkonsprung von mir entfernt bist, ist so einladend und verlockend.“

Wieder überkam ihm dieses merkwürdige Gefühl, welches er eben verspürt hatte. Und für einen minimalen Augenblick, glaubte er etwas in seiner Umgebung gesehen zu haben, war sich allerdings nicht sicher.

Sein Lächeln erstarb etwas.

„Nun...“, hörte er Maron unbeschwert sagen, „Wir sollten meine Eltern nicht warten lassen und frühstücken gehen. Sonst überlegt mein Vater es sich noch wirklich mit dem Hausverbot.“

Chiaki schenkte ihr ein Lächeln, welches seine Augen nicht ganz erreichten und nickte zustimmend.

 

Als das Paar in die Küche reinkam, stand Korron am Herd und Takumi saß mit einer Zeitung am Tisch. Auf der Titelseite war ein Artikel über Jeannes und Sindbad’s letzten Diebstahl.

„Wann wohl diese beiden Diebe endlich gefasst werden…?“, murmelte Takumi zu niemand bestimmten.

Maron und Chiaki tauschten sich einen vielsagenden Blick aus und setzten sich hin.

„Schneidest du die Brötchen auf, Schatz?“, bat Korron ihre Tochter, während sie noch etwas am Herd kochte.

„Ja.“ Maron ging zu dem Blech voller Brötchen, nahm sich eins und schreckte zusammen, ließ das Brötchen wieder fallen. „Au!“

„Vorsichtig, die sind heiß“, sagte Korron.

„Gerade aus dem Backofen geholt“, kommentierte Takumi, den Blick auf seine Zeitung geheftet.

„Hätte man mir auch sagen sollen“, murmelte Maron trocken, sah auf ihre roten, leicht verbrannten Fingerkuppen herab. Chiaki blickte unwillkürlich auf seine eigene Hand herab, zog im selben Augenblick die Augenbrauen irritiert zusammen.

„Komm, ich mach das für dich“, sagte er, stand von seinem Stuhl auf und schob sie mit der Hüfte etwas beiseite. „Du bist nicht so hitzebeständig wie ich“, witzelte er.

Chiaki nahm das Brotmesser in die rechte Hand und schnitt die ersten Brötchen in zwei Hälften auf. Unterdessen unterhielt Maron sich etwas mit ihren Eltern neben ihn, lachte ausgelassen.

Gerade hatte er das letzte Brötchen in der Hand, als er sich leicht abgelenkt in ihre Richtung wandte und plötzlich einen schneidenden Schmerz in der Handfläche spürte.

„Argh…fuck“, zischte er fluchend. 

Erschrocken drehte Maron sich zu ihm um. „Oh nein, du hast dich geschnitten.“

In dem Moment als sie mit ihrer rechten Hand nach der Küchenrolle reichte, packte Chiaki sie am linken Handgelenk.

„Bist du okay?”, fragte er, seine Stimme bekam einen alarmierenden Ton. Er blickte auf ihre linke Hand herunter. Sie war unversehrt.

Huh?

Maron blickte ihn irritiert sowie verwundert an.

Du bist der Verletzte hier“, entgegnete sie, nahm seine blutende Hand und drückte ein paar Lagen Küchenpapier auf die Wunde.

Plötzlich -für einen kaum bemerkbaren Moment- sah Chiaki, wie sein Blickfeld sich etwas verzerrte. Wie eine Bildstörung im Fernsehen. Oder ein Glitch.

Er blinzelte einige Male, blickte sie selbst verwundert an.

„Alles okay?“, hörte er sie fragen.

„J-Ja…“ Er entzog seine Hand von ihrem Griff, entfernt die Küchenpapiere und sah, wie die Wunde von selbst langsam verheilte. Maron lächelte ihn mit einem wissenden Blick an.

„Braucht ihr den Verbandskasten?“, fragte Korron besorgt.

„Oder soll ich deinen Vater rufen?“, kam es von Takumi.

„Nein, nein, es geht schon. War nur ein ganz kleiner Schnitt“, beschwichtigte Chiaki ihnen und ging zum Waschbecken, um sich das Blut abzuwaschen. Mittlerweile war der Schnitt dank seiner Heilkräfte schon vollständig verheilt.

Dennoch hielt dieses merkwürdige Gefühl, welches er seitdem aufstehen verspürte immer noch an.

Er blickte über seine Schulter und sah, wie Maron sich mit ihren Eltern an den Tisch hingesetzt hat und sich angeregt mit ihnen unterhielt. Sie hatten sich auch viel zu erzählen, schließlich hatte Maron ihre Eltern seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen, weil sie im Ausland arbeiten waren und-

Moment…!, stoppte Chiaki seine Gedankengänge. Das Gefühl in seinem Inneren intensivierte sich für einige Augenblicke, ehe es wieder verebbte.

Irritiert zog er die Brauen zusammen.

„Chiaki.“ Maron’s sanfte Stimme warf ihn ins Hier und Jetzt zurück.

Er trocknete seine Hände an einem kleinen Handtuche ab und gesellte sich zu seiner Freundin und ihren Eltern am Frühstückstisch. Mit einem sorglosen Lächeln stieg er mit ihnen ins Gespräch ein, aß und trank etwas.

Nichtsdestotrotz überkam ihm dieses beunruhigende Gefühl, dass etwas nicht stimmte.

 

„Du wirkst so nachdenklich.“

Zum zweiten Mal am Tag ließ Maron’s sanfte Stimme ihn zusammenzucken. Eine Spur von Sorge war zu hören.

Gerade lief das Paar etwas durch den Stadtpark, hatten nach dem Frühstück beschlossen ein Spaziergang zu machen.

„Hmmm.“ Chiaki schürzte die Lippen. „Versuche mir nur die letzten Monate, Jahre, in der wir uns kennen in Erinnerungen zu rufen.“

„Ohne Erfolg?“

„Ich bin mir nicht sicher“, gab er ehrlich zu. „Die Erinnerungen fühlen sich so…unklar an“, versuchte er ihr zu erklären.

„Leidest du schon an Gedächtnisverlust?“, scherzte sie. „Und das mit 20?“

Er lachte leise auf.

„Meine Gehirnzellen fangen mit dem Alter schon an abzusterben. Wärst du so lieb und hilfst meinem Gedächtnis etwas aus?“

Sie bleiben an einer Bank stehen und setzten sich hin. Chiaki wandte sich Maron zu, strich ihr liebevoll die Haare hinters Ohr, fuhr mit dem Finger ihre Kieferpartie nach, runter zu ihrem Hals und blieb an ihrer Kette stehen, an der ihr goldenes Kreuz hing.

„Ab welchen Abschnitt soll ich deinem Gedächtnis denn aushelfen?“, fragte sie verspielt.

Er zuckte mit den Schultern. „Du weißt doch, wie eine Geschichte funktioniert. Fang am Anfang an und fahr fort bis zum Ende, in der wir jetzt hier auf dieser Bank sitzen.“

Sie zog stutzig ihrer Brauen zusammen, musterte ihn skeptisch. „Okayy“, entkam es ihr leicht fragend.

Anschließend begann Maron davon zu erzählen, wie sie sich vor drei Jahren im Foyer des Orleansgebäudes zum ersten Mal begegnet waren, als Miyako und sie seine Umzugskartons umgeschmissen hatten. Der Schock war anscheinend groß bei ihr gewesen, als sie ihn am nächsten Tag als neuer Schüler in ihrer Klasse sah. Am selben Tag, in derselben Nacht sind sie sich schließlich auch als Jeanne und Sindbad begegnet und er hatte sie herausgefordert. Sie lachte über seine Baggerversuche, welche sie von Tag eins an auf die Palme brachten. Anscheinend hatte er versucht sich an sie ranzumachen, damit sie ihm als Maron vertraute und für ihn mit dem Stehlen aufhörte. Zusätzlich sprach sie auch von ihrem ersten Kuss im Mondschein und wie sein Geheimnis kurze Zeit später aufflog. Das Misstrauen war groß, aber nach einiger Zeit konnte er sie anscheinend davon überzeugen, dass er nicht ihr Feind war. Letztlich arbeiteten sie seitdem in den letzten Jahren zusammen, lernten einander zu Vertrauen und Lieben.

Während Chiaki seiner Freundin zuhörte, kam er sich vor als würde er über das Leben einer anderen Person hören, als über sein Leben. Gleichzeitig konnte er dennoch das Erzählte mit unscharfen Erinnerungen in Verbindung bringen.

Er wusste nicht was es oder wie er es beschreiben soll. Es war einfach nur bizarr.

Dass was sie wiedergegeben hatte, hörte sich zwar irgendwie richtig an. Aber gleichzeitig bekam er das Gefühl nicht los, dass alles was sie gesagt hatte… falsch war.

Plötzlich war wieder dieser Glitch vor seinen Augen, ein paar Momente länger als vorher. Erschrocken hielt er inne, die Augen weit aufgerissen. Alles, sogar die Menschen um sie herum, verzerrten sich.

Nur Maron erschien vor ihm völlig normal.

„Uhm...Siehst du das auch?“, fragte Chiaki kaum hörbar.

„Was sehen?“, fragte sie zurück

„Egal.“ Er seufzte, kniff sich mit Daumen und Zeigefinger zwischen die Augen und atmete tief durch. Allmählich bekam er Kopfschmerzen.

„Bist du dir sicher, dass alles genauso passiert ist?“, fragte er mit Skepsis in der Stimme.

Maron machte ein verwirrtes Gesicht. „Natürlich. Wieso sollte es das nicht?“

„…Keine Ahnung“, seufzte er schwer, rieb sich die Schläfen.

„Hast du Kopfschmerzen?“, fragte sie besorgt. Er nickte stumm. „Dann solltest du vielleicht zu deinem Vater gehen und schauen, ob er da was für dich hat“, schlug sie vor, legte ihre Hand auf seine und drückte sie.

„Ja...“ Rollte er mit den Augen und legte den Kopf nach hinten. „Kommst du mit?“, fragte Chiaki an seine Freundin gewandt.

Maron lächelte erfreut. „Klar.“

 

Nach einer Stunde hatten sie das Nagoya-Krankenhaus erreicht und begaben sich zum Chefbüro. Gerade liefen die beiden durch den Korridor als Kaiki lachend aus seinem Büro rauskam mit einer jungen Frau und einem Mädchen.

„Ach!“, entkam es dem Arzt als er seinen Sohn und dessen Freundin erblickte. „Was für eine nette Überraschung. Wir haben gerade über dich gesprochen“, sagte er an Chiaki gerichtet. „Chiaki, das ist eine alte Freundin aus Studienzeiten, Nanako und ihre Tochter-“

„Mina“, entkam es Chiaki automatisch mit einem Lächeln.

„Minami“, korrigierte sie ihn mit einem leicht verwunderten Gesichtsausdruck. „Aber Mina ist sowas wie mein Spitzname.“

Alle blickten ihn mit derselben Verwunderung an. „Kennt ihr euch schon?“, fragte Nanako.

„Ehm... Nein, war nur gut geraten“, winkte Chiaki verlegen lächelnd ab. Wenn er ehrlich mit sich war, so wusste er selbst nicht, woher er ihren Namen -insbesondere Spitznamen- kannte. Schließlich hatte er sie noch nie gesehen und getroffen.

Gerade war Maron dabei sich bei Nanako und Minami vorzustellen, als die Bürotür sich erneut öffnete und jemand rauskam. Mit großen Augen blickte Chiaki die Person an.

„Na sowas aber auch. Was machst du denn hier, mein Junge?“, lächelte seine Mutter ihn an, kam auf ihn zu und umarmte ihn herzlich.

„Hey, Mum“, erwiderte er leicht benommen zurück. Er wollte die Umarmung erwidern, allerdings war sein Körper wie erstarrt. Aber wieso?

Es war doch nur seine Mutter. Sie war gesund und munter... glücklich verheiratet mit seinem Vater. Und... am Leben.

Ehe Chiaki sich darauf gefasst machen konnte, verstärkten sich seine Kopfschmerzen und er sah wieder diesen Glitch überall. Aber nicht nur das.

Bilder überrannten ihn vor seinen geistigen Augen.

Erinnerungen.

Erschrocken musste er aufkeuchen.

Kalter Schweiß hatte sich auf seiner Stirn und in seinen Handflächen gebildet. Mit einem blanken Gesichtsausdruck blickte er seine „Mutter“ an, die auch Maron gerade herzlich umarmte.

„Hallo Hikari“, begrüßte seine Freundin sie.

Hikari wandte sich wieder ihm zu, ein Hauch von Sorge zeichnete sich auf ihrem Lächeln ab. „Geht es dir nicht gut? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.“

„Uhmm...“ Chiaki zog seine Brauen zusammen, rieb sich mit den Fingern über die Stirn. „Es ist nichts. Nur Kopfschmerzen. Vielleicht Migräne.“

„Hmm, klingt nicht gut. Ich gebe dir gleich Paracetamol“, kam es von Kaiki, der sich von seinen Gästen noch verabschiedete.

Es dauerte einige Minuten bis Chiaki eine Packung Tabletten in die Hand gedrückt bekam und er sich von seinen „Eltern“ verabschiedet hatte. Im Moment kam er sich vor als würde man ihm die Luft zum Atmen wegnehmen und er wollte so schnell wie möglich nach Hause.

Das Maron ihn die ganze Zeit im Blick hatte und besorgt ansah, entkam ihm nicht. 

 

„Chiaki!“

Zum womöglich zigsten Mal rief sie beunruhigt seinen Namen, während sie sich auf dem Nachhauseweg befanden und er sie hinter sich mitzerrte. Gerade waren sie mit dem Aufzug im siebten Stock des Orleans angekommen und Chiaki zog an ihrer Hand, steuerte auf „seine“ Wohnung zu. 

Er schloss hinter sich die Tür und atmete tief durch, strich sich durch die Haare.

„Chiaki!“, rief Maron sichtlich irritiert, „Was ist nur los mit dir?!“

„Wir müssen hier weg“, sagte er geistesabwesend, tigerte durch die Wohnung.  

„Was?!“ Entgeistert starrte sie ihn an. „Wovon sprichst du? Und wohin willst du gehen?“

„Diese Welt...“ Er gestikulierte mit der Hand durch die Wohnung und nach draußen zum Fenster, „...ist nicht echt. Eine Illusion. Sie ist nicht real.“

„Du redest wirres Zeug!“

Chiaki blieb stehen und blickte Maron fassungslos an. „Kannst du dich nicht erinnern?!“

„An was erinnern?!“

„An unser Leben! Unser echtes Leben!”

Er nahm tief Luft, versuchte sich zu beruhigen und ihr das sachlich zu vermitteln. „Ich bin nie ins Orleans gezogen. Meine Mutter war, seit ich fünf bin, tot. Und die beiden, die wir vor dem Büro meines Vaters getroffen hatten: Nanako war -ich meine ist- meine Stiefmutter und Mina meine Stiefschwester. Und ich habe wirklich für den Teufel gearbeitet. Wir sind -waren- Feinde. Und dadurch sind wir beide verflucht.“

„Verflucht?“ Sie blickte ihn völlig verständnislos an.

„Ja. Weil unsere Liebe nicht sein durfte. Wenn du blutest, blutete ich auch. Wir konnten spüren... und fühlen, wenn der andere in Gefahr war und verletzt wurde.“

„D-Da-Das klingt furchtbar...“

„Die Dämonen hatten uns und die Engel angegriffen...“, versuchte er die letzten Erinnerungen wiederzugeben, „Und du hattest ein Messer in den Rücken bekommen.“

Sie zog kritisch die Brauen zusammen.

„Wir sind beide gestorben“, redete er eindringlich auf sie ein. „Ich weiß nicht, was hier vorgeht oder wieso wir hier sind und wieso wir falsche Erinnerungen haben, aber wir können hier nicht bleiben.“

„M-Moment!“ Maron warf ihre Hände stoppend in die Höhe. „Wenn das, was du sagst, wahr ist... wieso sollen wir von hier gehen? Hier können wir zusammen sein es, ohne uns wehzutun! Wäre zumindest logisch!“

„Maron... Ich weiß, du willst es nicht wahrhaben. Und ich weißt, dass du dir sowas... normales immer gewünscht hast. Aber wir können nicht einfach vor unseren Problemen wegrennen und uns in eine Traumwelt flüchten.“

„Woher willst du wissen, dass du das nicht alles geträumt hast und wir hier in der echten Welt sind.“

„Weil ich immer wieder solche Störungen sehen. Wie ein Computer-Glitch. Jeder um uns herum ist geglitcht. Außer du und ich.“

Maron sah ihn mit einem skeptischen Blick prüfend an. „Hast du Drogen genommen? Ich denke, du schwafelst dir einen Müll zusammen.“

Chiaki blickte sie mit einem schockiert, enttäuschten sowie frustrierten Blick an. „... Du glaubst mir also immer noch nicht.“

„Natürlich glaube ich dir nicht! Das ist die absurdeste Story, die ich jemals gehört habe!“

„... Was kann ich tun, damit du mir glaubst?“

„K-Keine Ahnung…“, kam es von ihr verunsichert.

„Aber du vertraust mir doch“, sagte er mit Nachdruck.

„J-Ja...N-Natürlich vertraue ich dir“, stammelte sie, atmete tief durch. „I-Ich...“ Kurz sah Maron zu Boden und dann wieder zu ihm auf. „Ich habe Angst, dass du die Wahrheit sagst und das alles hier nicht echt ist. Es fühlt sich so perfekt und real hier an...selbst wenn die Erinnerungen eventuell falsch sind...“

Einige Minuten der Stille vergingen.

„Maron?“, durchbrach Chiaki die Stille. 

„Hmm?“

„Wo sind eigentlich Fin und Access?“, fragte er interessiert.

„I-Ich...“ Sie zog grübelnd die Augenbrauen zusammen. „Ich weiß es nicht...“, gab sie zu. „Normalerweise sind sie immer irgendwo in der Nähe, halten nach Dämonen Ausschau. Aber den ganzen Tag ließen die beiden sich nicht blicken, was ungewöhnlich ist und-… argh.“

Plötzlich hielt Maron sich schmerzlich den Kopf.

„Tut dir der Kopf weh?“, fragte er besorgt.

„Hmmm-Mhm“, nickte sie und setzte sich auf die Couch hin. „Chiaki...“, sagte sie seufzend. „Ich weiß nicht, was ich von deinem Verhalten und deiner Story halten soll.“

„Das ist keine Story“, wendete er bestimmt ein, blickte sie flehend an. Mittlerweile fing es vor seinen Augen in Minutentakt an zu glitchen. Das macht ihn noch wahnsinnig. „Bitte, du musst mir glauben.“

 

Maron blickte ihn mitfühlend an. Alles was er ihr erzählte, hörte sich so absurd an. Und dennoch bekam sie das Gefühl nicht los, dass irgendwas dran war.  

Sie schüttelte ihren Kopf, drehte sich von ihm weg und blickte aus dem Fenster raus. Die Sonne begann unter zu gehen.

„Hey...“, sanft drehte Chiaki ihren Kopf wieder zu sich. „Ich kann verstehen, wenn du mir nicht glauben willst“, sprach er sachte auf sie ein, strich ihr liebevoll mit dem Daumen über ihren Handrücken. „Kann dich schließlich zu nichts zwingen.“

Sie seufzte schwer. „Tut mir leid.“ Mit den Worten stand sie auf und war darauf bedacht zu gehen. „Ich werde jetzt nach Hause gehen. Ich... ehm, werde darüber nachdenken und mich bei dir melden. Okay?“

Er nickte mit einem kleinen Lächeln. „Ich begleite dich nach Hause.“

„Wir wohnen Tür an Tür, Chiaki“, rollte sie kichernd mit den Augen.

„Ein Gentleman muss tun, was ein Gentleman tun muss“, grinste er sie an.

Chiaki öffnete Maron die Tür und gerade als sie in den Flur traten, öffnete sich gegenüber von ihnen die Tür der Toudaijis.

Miyako kam raus, kramte etwas in ihrer Umhängetasche und würdigte beiden keines Blickes.

„Hey“, rief Chiaki zur Begrüßung. Miyako sah auf und funkelte beide argwöhnisch an.

Maron bekam bei diesem Blick eine Gänsehaut und ein eiskalter Schauer lief ihr den Rücken runter. Vor ihrem geistigen Auge spielten sich die Erinnerungen ab, wie ihre langjährige Freundschaft zu Ende ging. Nicht nur hatte die Kurzhaarige es nicht gut verkraftet, als Maron mit Chiaki zusammenkam. Per Zufall hatte sie letztlich auch herausgefunden, dass ihre beste Freundin Jeanne war.

Der Streit war furchtbar. Auch wenn Miyako Einsicht gezeigt hatte und ihrem Vater und der Polizei nichts sagen wird, so wollte sie nichts mehr mit beiden zu tun haben. Maron akzeptierte ihre Entscheidung und für die letzten paar Jahre war Funkstille zwischen ihnen.

Aber wieso?, ging es ihr unbewusst durch den Kopf. Wir können doch immer noch Freunde sein...!

Ein seltsames Gefühl war in ihrer Brust zu spüren. Wie als würde ihr Herz ein weiteres Mal über die zerbrochene Freundschaft weinen. Dabei war es doch schon Jahre her!

Oder...?

„Ich habe doch gesagt, dass ich nichts mit euch zu tun haben will“, riss Miyako’s eiskalte Stimme sie aus den Gedanken. „Also sprecht mich bitte auch nicht an.“ Sie lief zum Aufzug.

Ehe Maron es sich richtig bewusst war, ging sie ebenfalls zum Aufzug. Ihre Beine bewegten sich wie von selbst.

„Miyako, warte-“, sagte sie, als sie sich gegenüberstanden und sie ihre Hand genommen hatte.

Miyako schlug ihr die Hand weg und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige. Man konnte hören wie Chiaki leise erschrocken nach Luft schnappte.

„Fass mich nicht an, du miese Verräterin“, zischte Miyako hasserfüllt, „Sonst hetz ich dir noch meinen Vater an den Hals.“ Mit den Worten ging sie in den Aufzug und war verschwunden.

Maron hingegen war völlig erstarrt, hielt sich benommen die Wange.

Schockiert blickte sie ihrer „ehemaligen“ besten Freundin nach.

Nein. Es konnte doch nicht einfach so vorbei sein...es war falsch. Miyako war immer noch ihre Freundin... nur nicht hier.

Ihr Kopf schmerzte. Ihre Atmung wurde etwas schneller. Sie begann zu zittern.

Alles um sie herum begann sich zu verzerren und zu glitchen.

„Maron?“ Chiaki’s Stimme klang so fern, dabei war er direkt neben ihr. „Maron, bist du okay?“

Sie schüttelte kaum merklich den Kopf.

Die Erinnerungen -die richtigen Erinnerungen- überfluteten sie gerade und Tränen rannten ihr über das Gesicht.

„Diese Welt… diese Realität…ist falsch“, wisperte sie mit gebrochener Stimme.

Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, wurde alles um sie beide herum schwarz.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KagomeKizu
2020-06-17T08:01:48+00:00 17.06.2020 10:01
Was da wohl passiert sein mag?
Wer hat den beiden diese „Erinnerungen“ gegeben?

Bin gespannt wie es weitergeht.

Glg Kago


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