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Rondo

von

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|| Tänzchen ||

„Baroness. Ich habe mir erlaubt Euch etwas beim Goldschmied fertigen zu lassen.“ Marian trat an den Sekretär und öffnete die obere Schublade.

Eine Brosche kam zum Vorschein.

Im einem goldenen Oval lag eingebettet eine gläserne Lilienblüte.

Georgina erkannte diese als jene wieder, die sie einst in der Stadt erworben hatte. Ihre Kammerdienerin hatte etwas wundervolles daraus erschaffen lassen. Marian hatte es wohl während Georginas Abwesenheit zum Goldschmied gegeben, sodass die Überraschung nun gelungen war.

Diese Geste rührte Baroness von tiefsten Herzen und mit einem Nicken bedeutete sie Marian ihr die Brosche anzustecken. Auch das Diadem des Earls ließ sie sich von Marian ins Haar legen.

Georgina warf einen Blick in den Spiegel.

Marian hatte recht, auf dieser Feier würden alle Augen allein auf ihr ruhen.

Sein Klopfen erklang.

Henry räusperte sich leicht und gab zu Bedenken, dass die Gäste bereits warteten. Das Zeichen für Georgina sich nach unten zu begeben.

Marian schenkte ihr nochmals ein ermutigendes Lächeln, dann blieb die Bedienstete allein im Zimmer zurück, während die Baroness die Stufen hinab stieg.

Am Treppenende wartete bereits Jonathan auf seine Schwester. Mit einem freudigen Gruß ergriff sie seine dargebotene Hand.

„Du siehst wundervoll aus, Georgia.“, im vertrauten Ton zog er Georgina zu sich heran. Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange ehe er sie in den Festsaal begleitete.

Dieser war bei weitem nicht so prunkvoll wie in anderen Herrenhäusern. Dennoch hatten eine Vielzahl von Gästen ausreichend Platz.

Kaum das sie den Raum betrat, wandten sich alle Augen auf das Geburtstagskind.

Der Duke of Devonshire hatte eine überschaubare Zahl an Gästen geladen. Darunter Verwandte und befreundete Adelsfamilien.

Jonathan führte seine Schwester durch das Gewirr hinüber zu ihrem Vater, der etwas Abseits im Gespräch vertieft stand.

Als der Duke seinen Sohn und Georgina bemerkte, winkte er die Beiden näher.

„Georgina, mein Kind. Du siehst hinreisend aus.“

„Ich danke Euch, Vater.“, lächelnd verneigte sie sich leicht vor dem Duke. Erst jetzt drehte Georgina sich dem Mann bei ihrem Vater zu.

Und erstarrte.

„Count Carrington?!“

„Duke. Ihr sagtet mir nicht, dass mein Ruf mir vorauseilt.“, wandte sich der Count an den Gastgeber, während Georgina sichtlich um Fassung rang.

Natürlich konnte sie nicht zugeben, dass sie mit Maxwell Carrington bereits bekannt war. Wie hätte sie dies ihren Vater erklären sollen?

Count Carrington indes überspielte das plötzliche Aufeinandertreffen geschickt.

„Nun, mein verschulden ist dies nicht. Ich bin mir sicher, hierbei handelt es sich nur gutes Gerede.“

Gerade als er noch etwas anfügen wollte, ergriff Jonathan das Wort.

Dem jungen Cavendish war Georginas Verwirrung nicht entgangen. Sie kannte also den Count bereits - woher auch immer.

„Verzeiht, Vater. Ich möchte Euch jemanden vorstellen.“

„Count Carrington, Ihr entschuldigt.“, damit sah er nochmals zu seiner Tochter ehe er seinem Sohn folgte.

Kaum war der Duke außer Hörweite brach es aus Baroness heraus: „Was sucht Ihr hier?“

„Ich wurde eingeladen. Wenn ich aus gestehen muss, dass dies auf mein Drängen hin geschah.“

Sie schnappte einem Karpfen gleich nach Luft: „Nein.. Ihr… wieso?“

„Ich nahm an, dass ein Treffen in passender Umgebung Euch lieber wäre.“

„Ihr wusstest es? Die ganze Zeit?“ Sie spürte wie ihr Herz einen Moment aussetzte und sich ein unangenehmes Gefühl von Scham und Übelkeit sich durch ihre Eingeweide grub.

Er hatte ihr ins Dekolleté sehen dürfen.

Bei dieser Erkenntnis wollte Georgina nur noch im Erdboden versinken. Vor ihren Augen begann sie plötzlich alles zu drehen und sie glaubte nicht mehr atmen zu können.

Ganz sicher, sie hatte eine Panikattacke.

„Baroness Clifford. Ich wollte Euch wirklich nicht erschrecken, deswegen sagte ich nichts damals. Verzeiht bitte, wenn ich Euch überrumpeln sollte…“

„Bitte nicht.“, japsend hob sie abwehrend die Hände. Doch Count Carrington hatte wohl gerade all seinen Mut zusammengenommen und war nicht mehr zu bremsen. „… doch ich musste Euch einfach sehen.“

Da half nur noch die Flucht.

So sehr sie sich diese Worte von ihm ersehnt hatte und sie durchaus erfreuten. Es war nicht der richtige Zeitpunkt. Ihre Scham hatte die Oberhand gewonnen und trieb Georgina davon.

Den völlig überforderten Count ließ die Adelige stehen, während sie sich aus dem Festsaal kämpfte.

Draußen stolperte sie gegen das Treppengeländer an dem sie sich panisch klammerte um nicht das Gleichgeweicht zu verlieren.

Immer noch rang sie um Luft. Ihr Blickfeld schien mittlerweile völlig schwarz und ihre Gliedmaßen wollten ihr nicht so recht gehorchen.

Die sich ihr nähernden Schritte bekam sie nur vage mit.

„Schon wieder, Baroness?“ Sebastian beugte sich zu Georgina. Und wie damals presste der teuflische Butler seine Hand Georgina auf Nase und Mund.

Das erzwungene Luftanhalten beruhigte allmählich ihre Nerven.

Warum tauchte dieser Butler immer dann auf, wenn sie am verletzlichsten war?  

Langsam löste sich seine Hand sich aus ihrem Gesicht.

„Geht es Euch besser, Baroness?“

„Ich danke Euch.“, erwiderte sie ausweichend. Es fiel ihr schwer ihre Gedanken zu sortieren. In den Festsaal wollte sie nicht zurück, noch nicht.

Sebastian schien ihre Gedanken zu erraten, denn er ergriff ihre Hand und führte die junge Frau in den Garten des Anwesens. Dort zeugte ein kahler Erdkreis von der einstigen Kastanie.

Georgina hielt inne, löste sich aus Sebastians Griff und atmete die frische Luft tief ein. Es roch nach Regen. Keine Seltenheit im düsteren England.

„Das Geschenk meines jungen Herrn ziert Euch ausgezeichnet.“

„Vielleicht etwas zu aufdringlich.“ Nun beruhigten sich auch ihre Gedanken allmählich.

„Seht es als Entschädigung für Eure Mühen.“

„Nun enttäuscht Ihr mich, Sebastian.“ Ihr Blick glitt zu dem Butler.

„Ihr habt recht. Euch steht noch eine Aufmerksamkeit zu Eurem Ehrentag zu.“

„Einen Tanz?!“, ehe sie wirklich darüber nachdachte, waren die Worte auch schon über ihre Lippen gekommen.

Mit einem schmalen Lächeln zog der Teufel Georgina zu sich heran und führte sie im dreiviertel Takt über den Erdkreis, während die Lilienbrosche im Licht der untergehenden Sonne sachte schimmerte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  lula-chan
2019-06-10T07:13:49+00:00 10.06.2019 09:13
Ein tolles Kapitel. Sehr interessant. Ich bin gespannt, wie das weitergeht.

LG
Antwort von:  kaltes
10.06.2019 12:30
Danke 💟

lg


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