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Rondo

von

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|| Angsttanz ||

Earl Ciel Phantomhive krauste die Nase beim Anblick der Leiche im Morast. Man hatte dem Mann die Kehle durchtrennt und dies nicht einmal besonders geschickt. Scheinbar war der erwünschte Erfolg ausgeblieben, weshalb der Täter unzählige Male auf sein Opfer eingestochen hatte.

Ärgerlich, dass der Leichnam in dieser Kloake abgelegt worden war. Die Schuhe des Jungen waren ruiniert, soviel stand fest. Sein Blick wanderte zu Sebastian, welcher den Toten betrachtete, während ein Beamter des Scotland Yards auf ihn einredete.

Abberline war wohl anderorts beschäftigt.

Als Sebastian den Blick seines Herrn bemerkte, ließ er von der Leiche ab und schritt durch den stinkenden Morast auf Ciel zu.

„Das Opfer ist tatsächlich der Redakteur der Skandalzeitung.“

„Das Motiv scheint klar.“  Der junge Earl kehrte dem unchristlichen Ort den Rücken. Sebastian folgte schweigend.

Der Fundort der Leiche lag nicht unweit des Bordells, in dem Baroness eingeschleust worden war. Erneut hatte ein Verbrechen der Art vor seinen Augen statt gefunden, und wieder hatte er, der Wachhund der Königin, nichts bemerkt. Um den toten Mann tat es ihm nicht leid. Jeder lebte unter eigener Verantwortung. Wer nicht stark oder gerissen genug war, unterlag dieser grausamen Welt. So war es seit jeher gewesen.

Er weinte wahrlich nicht um das Opfer.

Dieser Mord erschwerte seinen derzeitigen Auftrag, den er gehofft hatte schnell abschließen zu können.

„Verdächtige sind genug vorhanden.“ Sebastians Stimme drängte sich in Ciels Gedanken. Die Anzahl der möglichen Täter machte es nicht einfacher. Schweigend trat das ungleiche Paar auf die Hauptstraße.

Eine Kutsche donnerte vorbei, Kinder liefen an den Händen ihrer Mütter zerrend an den Schaufenstern der Mode- und Schmuckhäuser vorbei und die Männer hoben grüßend ihre Hüte.

Das beinahe alltägliche Bild der englisches Mittelschicht.

„In erster Linie wurde dem Hause Phantomhive anvertraut, den Gerüchten um den Enkel Ihrer Majestät auf den Grund zu gehen.“, erwiderte Ciel schließlich.

„Baroness Georgina wird ihrer Aufgabe gerecht werden. Allerdings befürchte ich, erweist Baroness sich als etwas plump.“

„Was veranlasst dich zu dieser Vermutung?“ Sein junger Herr zweifelte weiterhin an solche Fügungen. Er empfand Baroness als passend gewählt um nützliche Informationen aus dem Freudenhaus zu erhalten.

Sein teuflischer Butler sah dies ein wenig anders. Ihm war bewusst, welche zarten Gefühle sich entwickelten mochten, wenn eine junge Frau auf verwegene Männer traf.  Eine Grundlage auf dem schon einige Liebschaften gedeiht waren. Menschen sehnten sich nach einer verwandten Seele, die ihnen die Illusion schenkte, nicht allein mit ihren Wünschen und Sehnsüchte zu sein. Auch Georgina bildete keine Ausnahme. Sicher wäre dies eine amüsante Entwicklung.

„Nur ein Verdacht, my Lord.“, über die Lippen des Butlers huschte ein dunkles Lächeln, während er sich an die letzte Nacht zurück erinnerte.
 


 

„Aus mir braust finstre Tanzmusik,

Meine Seele kracht in tausend Stücken.

Der Teufel holt sich mein Missgeschick,

Um es ans brandige Herz zu drücken.“
 


 

Flüchtig drangen sich die Worte jenes Zitates in Georginas Bewusstsein, kaum hatte Sebastian nach ihrer Hand gegriffen und sie von der Bettkante zu sich heran gezogen.

Sie hatte das Zitat in einem Buch gelesen. Ein Geschenk von Jonathan soweit sie sich erinnerte.

Mit sanfter Gewalt zwang Sebastian die Baroness in des Walzers Ausgangsposition.

Weshalb hatte sie diese provozierende Frage stellen müssen?

„Und wie soll ich diese Gunst nach Eurer Meinung gewinnen.“

Mit wenigen Schritten hatte der teuflische Butler die Distanz zwischen ihnen überwunden und Georgina in die Mitte der Dienstbotenkammer manövriert.  

„Es ist wie ein Tanz, Baroness.“, hauchte Sebastian süffisant und drückte Georgina in den Ausfallschritt.

Sie ließ es geschehen.

„Führt sie sanft aber mit Nachdruck in Eurem Interesse.“, mit diesen Worten trat er wieder an sie heran.

„Findet eine Lücke. Erschleicht Euch ihr Vertrauen.“

Das Paare schritt nach links. Als Georgina sich aus dem Tanz lösen wollte, wirbelte der Butler sie herum.

„Madame ist dem Gelde sehr zugetan. Sie bevorzugt daher bestimmte Huren.“

„Die Frauen, die mit in den Raum dürfen.“, es dämmerte Georgina was Sebastian ihr mitteilen wollte. Und es gefiel ihr keinesfalls in welche Richtung dies führen würde. Erneut versuchte sie sich aus seinem Griff zu winden. Seine Finger jedoch umschlangen ihre Hand wie Schraubstöcke. Die Hand an ihrer Taille zwang sie an Ort und Stelle.

Wütend trafen ihre Blicke den Butler.

„Es liegt an Euch, Baroness.“

„Was Ihr andeutet, ist undenkbar!“, zischte die Dunkelhaarige und lehnte ihr Gewicht gen den Teufel. Dieser ließ sich einen Schritt zurückfallen.

Georgina, immer noch in seinem Griff, wurde mit gezogen.

„Baroness muss nur den Anschein erwecken.“

„Eine Lüge?“

„Eine List. Überlasst es mir, Baroness!“

„Euch?“

Langsam entließ Sebastian Georgina, während sie sprach, aus ihrem Tanz.
 

Das Licht der einzig brennenden Kerze erhellte lediglich den kleinen Tisch neben dem Fenster.

Mit einem leichtem Gähnen zog Georgina die Haarnadeln, einzeln und vorsichtig, aus dem Haar, welches im selbigen Takt über ihre Schultern fiel.

Ihr Blick schweifte zögerlich über die Schultern hinweg in das dunkle Zimmer. Sie spürte ihre Anwesenheit. Wie lange mochte sie bereits dort in der Dunkelheit stehen und zu ihrem Opfer hinüber sehen?

War sie sich sicher gewesen, dass Georgina sie bemerken würde?

Wollte sie gar unbemerkt, unerkannt, dort verweilen, während die Adelige sich vor dem Spiegel sitzend in ihren Gedanken verlor?

Schweigend löste sich die Angst - ihre Angst - aus den Schatten und durchquerte zielsicher den Raum, verharrte in ihrem Rücken, griff dabei nach ihren langen dunklen Haar und umschlang ihre Kehle.

„Zeit, dass wir uns endlich sprechen.“

Es war keine reale Gestalt. Keine Stimme, welche wahrliche erklang.

„Zeit, das Schweigen zu durchbrechen. Du erkennst mich. Ja, du kennst mich.“

Ihre Herz begann augenblicklich heftig gegen ihre Brust zu schlagen, beschleunigte ihren Atem und machten es ihr unmöglich auf die stummen Worte zu reagieren.

Die Tatsache, dass ihre Angst sie eingeholt hatte, bereitete ihr Unbehagen und Glückseligkeit zugleich.

„Ich habe dich nie vergessen. Meinen Freund, nachdem ich rufe.“

„Ich bin hier, weil du mich brauchst.“ Der Druck auf ihrer Kehle wurde beinahe unerträglich. Panisch schloss sie die Augen.

Als Georgina ihre Augen wieder öffnete, waren die Fesseln der Angst verschwunden und sie atmete hörbar auf.  

Sie sollte zu Bett gehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  lula-chan
2018-08-11T10:26:02+00:00 11.08.2018 12:26
Tolles Kapitel. Gut geschrieben.
Interessant. Das wird sicher spannend. Ich freue mich schon auf mehr.

LG
Antwort von:  kaltes
11.08.2018 13:54
♥️ Ich freue mich immer über jedes Kommentar. Lieben Dank.

Lg


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