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Rondo

von

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|| Verdacht ||

Ohne einen Blick über die Schulter zurück, verließ Georgina die Tanzfläche. Sie musste Jonathan sprechen, etwas an den Worten des Butlers hatte sie stutzig gemacht, und der junge Cavendish hatte verdächtig nervös reagiert als Earl Phantomhive zu ihnen getreten war.

Ihre braunen Augen fixierten eine kleine Menschenansammlung. Die adeligen Mädchen standen um einen jungen Mann, der mit ausholenden Gesten wohl etwas amüsantes erzählte, denn kurz darauf hoben die Zuhörerinnen kokett ihre Hände um ihr Lächeln dahinter zu verbergen.

Georgina verdrehte die Augen, wollten sie damit bescheiden wirken? Vielleicht zaghaft?

Nun was es auch immer sein mochte, in ihren Augen wirkte es lächerlich. Just in diesem Moment drehte sich der Mann in ihre Richtung. Scheinbar war Jonathans Suche erfolgreich gewesen, denn das blasse Mädchen erblickte Georgina nicht unter Jonathans Anhimmlungskommando.

Nun, die meisten Debütantinnen trieben sich nachdem Eröffnungstanz auf der Tanzfläche herum. Ein paar Wenige hatten sich mit einem erfrischenden Glas Champagner zu ihren Familien gesellt, andere steckten dem Orchestermeister Geldscheine zu, in der Hoffnung er spiele ihren Tanz als nächstes. Jonathan hatte sie entdeckt und winkte sie heran. Wie gerne wäre sie dem Impuls gefolgt, einfach auf dem Absatz kehrt zu machen anstatt sich zu dieser affektierten Traube zugesellen.

Mit einem bemüht freundlichen Lächeln schritt Georgina hinüber, schob sich dabei unbeeindruckt an den Damen vorbei und packte ihren Begleiter am Arm, ehe sie Jonathan forsch empfahl, die empörten Ausrufe ignorierend.  

„Sie waren so entzückt von meinen Jagdgeschichten.“, mit schmollender Stimme trat Jonathan hinter Georgina auf die große Terrasse. „Ihr seid nicht etwa eifersüchtig, liebste Georgina?“

„Unterlasst es bitte mich derart zu benennen,  Marquess.“ Langsam löste sie ihren Griff und trat an die steinerne Brüstung heran: „Ich muss dich etwas fragen und bitte dich ehrlich zu antworten, Jona.“, bewusst sprach sie ihm vertrauten Ton zu ihm, sowie sie miteinander gesprochen hatten, als sie noch Kinder gewesen waren. Zu jener Zeit waren sie auf Bäume geklettert, hatten sich in der Küche versteckt und das Dienstmädchen erschreckt. Eine unbeschwerte Zeit, ehe der Duke sie hatte zu Dame erziehen lassen. Sachte legte sie ihre Hand auf die Seinige als auch er an die Brüstung trat. Sein Blick war weicher geworden, das Schmunzeln auf seinen Lippen herzlich: „Was treibt dich umher?“
 

„Dieser Junge. Earl Phantomhive. Wer ist er?“
 

„Das Oberhaupt der Familie Phantomhive.“, begann Jonathan zögerlich, dabei umschlangen seine Finger jene der Schwester. „Seit Generationen gehört diese Familie zu den sogenannten ruchlosen Adeligen. Nur wenigen ist des Earl Phantomhives Rang als Wachhund der Königin bekannt.“
 

„Wachhund .. der Königin?“
 

„Er steht über dem Gesetzt, bewegt sich in der Unterwelt und erledigt die Drecksarbeit im Namen ihrer Majestät.“
 

„Dieses Kind ...“, überrascht und etwas ungläubig über das Gehörte schüttelte sie langsam den Kopf, „.. soll solch eine Position inne haben?“

Jonathan, ihre Ungläubigkeit erwartend, hob ihre Hand und zog Georgina zu sich heran: „So ist es und Eines ist sicher, wenn der Wachhund der Königin dich im Visier hat, dann stehe Gott dir bei.“, mit den letzten Wort ließ er ihre Hand frei und lehnte sich mit den Rücken gegen den verzierten Stein.

„Liebste Georgina, ich muss Euch mein Unmut gestehen.“, während er in den gewohnten Umgang schwang, wurde der Debütantin bewusst, dass Jonathan nicht weiter über die Sache sprechen würde. Innerlich seufzend legte sie die Arme vor die Brust: „Ich hoffe doch nicht meinetwegen.“

„Ihr lehnt mein Gesuch ab und tanzt lieber mit diesem Butler der Phantomhive.“, seine grünen Augen schielten prüfend zu seiner Begleiterin, welche sich leicht zu ihm gebeugt hatte, als sie auf seine Empörung antwortete: „Ihr seid doch fremden Röcken nachgelaufen, mein ehrenwerter Cavendish.“, damit wandte sie sich zum Saal und schritt ein, vielleicht zwei Schritte voraus, dabei zu Jonathan über die Schulter zurück sehend: „Tanzen kann dieser Butler durchaus besser als Ihr, liebster Jonathan.“
 

„Es scheint so alltäglich, so normal.“, der junge Earl fuhr sich mit den Finger nachdenklich übers Kinn: „Uneheliches Kind wird vom Vater aufgenommen und großgezogen. Wegen der kränklichen Verfassung des Kindes lebt es wohlbehütet auf dem Lande bis sein Zustand es erlaubt das Landleben aufzugeben.“, sein Blick wandte sich zu Sebastian, welcher schweigend neben ihm stehend die Ballgäste beobachtete. „Und doch ist die einzige Verbindung der Opfer  Georgina Cavendish. Alle hatten kurz vor ihrem Tod Kontakt zu der Baroness.“
 

„Ihr meint also, dieses stoische Ding sei eine Mörderin?“
 

„Nein, dass denk ich nicht. Während der Erste erdrosselt wurde, befand sich die Baroness nachweislich noch in York. Zudem hat sie kein Motiv.“
 

„Und doch scheint es von Dringlichkeit zu sein, wenn Ihre Majestät Euch um die Aufklärung bietet.“, seine rotbräunlichen Augen erhaschten Georgina, welche mit Jonathan Cavendish den Saal von der Terrasse aus betrat. Der Erbe des Duke schien verärgert, denn seine Schulter bebten leicht. Es war nicht auszuschließen, dass die Schuld daran bei seiner Begleiterin lag. Eines jedoch mochte seit ihrer kurzen Begegnung sicher sein: Georgina provozierte, eine gefährliche Eigenart. Vielleicht mochte dies an ihrer abgeschotteten Kindheit liegen oder sie war schlicht naiv genug sich auf dünnes Eis zu wagen.

„Ihr Brief war,  wie immer etwas undurchsichtig. Allein, dass wir heute dieser Festlichkeit beiwohnen, war ihr Wille.“ Ihn fehlten Puzzleteile, egal wie er es drehte, Georgina war sein einziger Anhaltspunkt. Sein Gefühl sagte ihm, er war auf der richtigen Fährte und seine Intuition hatte ihn bisher nie getäuscht. Doch ergab dies alles noch keinen Sinn.

Seine Augen schwenkten hinüber zur Königin. Sie saß schweigend mit einem mütterlichen Lächeln auf den Lippen auf ihrem Thron und betrachtete das bunte Treiben.

Was steckte wirklich hinter diesen Morden und würde der Täter ein weiteres Mal töten?

Das Orchester spielte erneut auf.

„Ein Walzer.“, stellte Sebastian fest: „Schade, dass Lady Elizabeth nicht geladen ist, sie wäre sicher entzückt von Euren geübten Tanzkünsten, junger Herr.“

Wollte dieser Teufel sich über ihn lustig machen? So wusste er als sein Butler durchaus wie sehr Ciel Phantomhive das Tanzen mied.

Seinem Butler einen kalten Blick schenkend, erwiderte er: „Wenn dir so daran gelegen ist, Damen gibt es hier schließlich genug. Da ich mich leider nicht in der Lage fühle, ist es deine Aufgabe, deinen Herrn zu vertreten.“

„Dieser kleine ..“, weiter kam der Dämon nicht mit seinen Gedanken, denn ein Aufruhr ging plötzlich durch die Menge.

Einer der Tänzer hatte sich wohl am Dekolletee seiner Partnerin vergriffen und stand nun mit deutlich erröteter Wange in der Menge. Bei dem Mädchen stand, man staune, Lord Cavendish und eine aufgebrachte Georgina, ihre Hand immer noch im Schwung erhoben. Nun erklärte sich auch, woher die rote Wange des Mannes herrührte.

Sebastian fing einen kurzen Blick seitens Ciel auf ehe er rasch zu jener verfänglicher Situation schritt, gerade noch konnte er Georgina daran hindern ein weiteres Mal auszuholen.

„Madam sollten ruhig atmen.“, sachte packte er ihr Handgelenk und drückte den Arm beiseite, zugleich richtete er seine weiteren Worte an Jonathan: „Geleitet den Gentleman aus dem Saal.“, und wandte er sich an die betroffene Dame, welche bereits von ihren Freundinnen umrahmt wurde: „Mistress sollte etwas an die frische Luft.“

Immer noch den Arm der Baroness haltend, sah Sebastian wie sich die Gruppe allmählich auflöste, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder an Georgina richtete: „Lasst uns tanzen. Ein Walzer kann ungemein zerstreuend sein.“

Er spürte wie ein Ruck durch ihren Körper ging, als wolle sie aufbegehren, doch sie ließ sich zahm auf die Tanzfläche führen.

Die eine Hand auf ihrer Taille, die andere stützte die Ihrige, wog er sie im dreiviertel Takt über das Parkett.

„Eine Adelsdame erhebt niemals die Hand in solch er Art gegen einen Gast der Königin.“

„Dieser Mistkerl hat ihr ins Kleid gegriffen.“, wütend darüber, dass ein Butler es wagte sie zu maßregeln, schürzte sie die Lippen.

Diese Reaktion hingegen amüsierte Sebastian schlicht: „Marquess Harington war bei Euch. Es lag in seiner Handhabe.“
 

„Ihr seid nicht in der Position mich zu tadeln! Ihr als ein einfacher Butler!“
 

„Das mag sein, Baroness.“ Er war unbeeindruckt. Nur ein Butler? Nun ja, er beherrschte diese Rolle in Perfektion. Und dieses dumme Weib, was vermochte solch ein Weib schon zu wissen? Nun dann würde er sie mal aufklären: „Den Herrn, welchen ihr so reizend beschrieben habt, ist ein hoher Offizier, und diese tragen bekanntlich zu ihren Uniformen stets einen Degen. Er wird durchaus damit umzugehen wissen. Was glaubt Ihr  Madam, wärt Ihr schneller gewesen als ein Degenstich?“
 

„Wie ..“, sie hielt inne, neigte den Kopf zur Seite um ihr bitteres Lächeln zu verbergen: „Wohl kaum.“
 

Erneu packte er ihr Handgelenk, wirbelte sie beim letzten Ton herum und drückte ihren Rücken gegen seine Brust. Ihr Blick richtete sich somit auf den jungen Earl.

„Ihr solltet dem jungen Herrn danken. Ich schritt ein, weil er es wünschte.“

Die Stimme des schwarzen Butlers drang leise an ihr Ohr, während sie gezwungen war zu Ciel hinüber zu sehen.

Hatte sie diesen Kerl verärgert?

Nein, er wirkte keinesfalls verärgert, viel mehr schien er den Anblick zu genießen. Wie ein kleines Kind, welches nach Kaulquappen im Teich fischte.

Der Butler ließ von ihr ab.
 

Eine Farce.

Kleideten sich wie die Damen aus dem Wiener Hofballett und waren dann entrüstet, wenn sie die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zogen.  

Der Sohn des Duke of Devonshire hatte ihn aus den Saal geleitet, nachdem dieser Butler sich hatte einmischen müssen. Bis zu seiner Kutsche hingegen, folgte ihm Earl Charles Grey, einer der Privatsekretäre und Butler Ihrer Majestät. Kein Bursche mit dem man diskutieren sollte.

So blieb dem Offizier nichts anderes als schweigend den Ball zu verlassen.

An seiner Droschke angekommen, schweifte sein Blick suchend nach seinem Fiaker. Wo mochte sich dieser Nichtnutz nur wieder herum treiben?

„Morris?!“, beim klang seiner Stimme, schreckten einige der wartenden Kutscher auf.

Just hinkte durch die Kutschen hindurch eine geduckte Gestalt dem Offizier entgegen.

Missmutig reckte jener das Kinn vor: „Wo treibst du dich herum?“

„Verzeiht Herr.“, der Fiaker verneigte sich vor dem Älteren und riss die Wagenverschlag auf.

Ohne weitere Worte stieg sein Herr in den Wagen. Morris schloss den Verschlag und schwang sich auf den Kutschbock, nahm die Zügel und führte sein Gespann vom Hof. Seine linke Hand fuhr dabei fahrig über sein schlechtes Bein, in solchen Nächten schmerzte es besonders.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  lula-chan
2018-06-22T05:32:16+00:00 22.06.2018 07:32
Georgina weiß sich wirklich nicht zu benehmen. Hoffentlich hat das kein böses Nachspiel.
Tolles Kapitel. Gut geschrieben.

LG
Antwort von:  kaltes
22.06.2018 11:51
Hihi. Und ob das ein Nachspielt hat *hust*
Danke ♡

Lg
Kaltes


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