Zum Inhalt der Seite

Rondo

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

|| Ball ||

„Diese Dilettanten mit ihren Sonderkarten.“, mit einem verächtlichen Schnauben ließ Georgina den Vorhang zurück schwingen, während berittene Wachposten erneut eine Kutsche an der Ansammlung von Droschken, deren Kutscher nur eine einfache Karte am Hut trugen, vorbei manövrierten. Wahrscheinlich wieder einer der hohen Tiere. Nun sie waren bereits in Sichtweite der königlichen Residenz, und so würde es auf jene eine Kutsche auch nicht mehr ankommen.

„Auf dem Ball solltet Ihr Euer Mundwerk etwas zügeln, liebste Georgina.“, Jonathan Cavendish strich sich, tadelnd lächelnd, eine lange Strähne aus seinem Gesicht. „Es würde nicht allein Euer Ansehen schädigen.“

Georginas Blick haftete an der Gestalt im Sitz gegenüber. Schon in ihrer Kindheit hatte man Jonathans anmutendes Äußeres gelobt und das Mannesalter hatte den einst ungeschliffenen Diamanten erstrahlen lassen. Das längliche, rotblonde Haar fiel ihm locker auf die Schultern, immer wieder löste sich eine Strähne aus dem Rest und fiel dem jungen Cavendish störend ins Gesicht. Dann verdrehte er seine grünen Augen leicht genervt, während er besagte Strähne zurückstrich. In seiner weiß-roten Uniform sah er durchaus stattlich aus, kein Wunder, dass sich so einige Damen mehr als nur einen flüchtigen Blick erhofften. An der Brust prangte das Familienwappen der Cavendish.

„Sorgt Euch nicht. Ich weiß durchaus mich am Hofe zu bewegen, Marquess of Harington.“, entgegnete Georgina Cavendish kühl, lehnte sich zurück und ließ den Blick zur Kutschendecke wandern. Mittlerweile hatte sich ihre Kutsche wieder in Bewegung gesetzt.

„Wie viele Debütantinnen es dieses Jahr wohl sind?“, sie ergriff erneut das Wort, das Geruckel unter ihren Füßen während der Kutsche das Haupttor zum Palast durchquerte, ignorierend.

Jonathan beugte sich vor um den Vorhang beiseite zu schieben, auf dem großen Platz wimmelte es von Droschken und ihrer wartenden Kutscher. Einige von ihnen hatten die Hüte tief ins Gesicht gezogen, die Kragen ihrer Mantel aufgestellt und schienen zu dösen, während Andere unverhohlen gähnten oder sich die steifen Glieder mit auf und ab Gehen wärmten. Zur Eingangspforte hinauf hatten sich Wachposten zu beiden Seiten platziert, flankierten somit die eintreffenden Gäste.

„Die jüngste Tochter des alten Foley und Zwillinge des Earl Chesterfield sind dieses Jahr ebenfalls dabei.“, murmelte der Devonshire Erbe desinteressiert auf Georginas Frage und ließ den Vorhang wieder los, während er sich ab die Schwarzhaarige wandte: „Wir fahren gleich vor. Seid Ihr soweit?“

Sie nickte, setzte sich aufrecht in das Polster und wartete darauf, dass der Fiaker die Pferde zügeln würde. Wenig später wurde der Wagenschlag aufgerissen, und Jonathans Diener nahm die Mäntel in Empfang.
 

Im Thronsaal leise Musik, Lichtgeflimmer, Goldglanz, ein geradezu unwahrscheinliches Diamantgefunkel und unter dem Thronhimmel saß groß und gütig die Königin, neben ihr die treuen Butler. Zu beiden Seiten waren ihre verbliebenden Töchter aufgereiht und begrüßten durch ein Lächeln alle die vorbeiziehenden Damen. Laut erklang der Name einer jeden Debütantin, während diese sich tief vor Queen Viktoria verneigte. Georgina Cavendish war einer der ersten Damen.

Ihre Vorstellung verlief reibungslos und während der Name ihrer Nachfolgerin durch den Saal hallte, trat die Schwarzhaarige an Devonshire Erbe heran: „Soviel Mühe lohnt sich kaum.“
 

„Warum so verbittert, liebste Georgina?“
 

„Gelangweilt, Jonathan, darin liegt ein Unterschied.“, warum hörte er nicht endlich auf sie „Liebste“ zu nennen? Als würde sie nicht bemerken, dass er sich über ihre Laune lustig machte. Sie hatten sich abseits der Gäste auf einigen der wenigen Plätze nieder gelassen.

Jonathan Cavendish hatte angedeutet sie um einen Tanz zu bitten, doch die Adelige hatte ihn mit einem mürrischen Blick zum Schweigen gebracht.

„Gepudert, wie Marionetten tanzen sie kokett lächelnd nach Majestät Flötenklänge, während sie sich, kaum dreht man ihnen den Rücken zu, sich das Maul über Einem zerreißen.“

Jonathans Blick traf sie empörend: „Georgina, zügelt Eure Lippen!“

„Seid nicht zu streng.“, unterbrach eine weitere, ihnen fremde, Stimme das Gespräch: „Eure Begleiterin hat durchaus recht.“

Georginas Blick schweifte aufmerksam über die hochgewachsene Gestalt, welche neben Jonathan Cavendish getreten war. Die Lippen waren zu einem freundlichen Lächeln geschlossen, die Haltung zeugte von Manier und Anstand und doch schienen seine Augen spöttisch auf sie hinab zu sehen.

Seine Kleidung war die eines Bediensteten, die Anstecknadel an seinem Frack zeugte von seinem Stand als Butler. Also war er im Dienste eines hohen oder angesehenen Adeligen, denn nur denen war es gestattet einen persönlichen Diener mitzuführen.

Leicht angriffslustig reckte Georgina ihr Kinn: „Und Ihr seid?“

„Sebastian Michaelis, Butler des Hauses Phantomhive. Und dies ist …“, er drehte sich leicht zur Seite und machte somit den Blick auf einen jungen Adeligen mit markanter Augenklappe frei: „… mein Dienstherr, Earl Ciel Phantomhive.“

„Ich bin durchaus in der Lage mich selbst vorzustellen, Sebastian.“

Jonathans Augen weiteten sich überrascht beim Anblick des Kindes, nun, er wusste durchaus wen er dort vor sich stehen hatte. Seine Halbschwester hingegen sah nur einen dreizehnjährigen Jungen von Adel und seinen Butler. Sie neigte höflich den Kopf: „Sehr erfreut, Earl Phantomhive. Wenn ich mich vorstellen dürfte …“

„Die Baroness Clifford, Georgina Cavendish. Tochter des Duke of Devonshire. Ihr seid bei den Damen bevorzugtes Gesprächsthema.“, unterbrach sie Ciel Phantomhive und ließ sich dabei auf den freien Platz neben Jonathan nieder. „So offen und forsch Ihre Majestät, die Queen, zu kritisieren, erweist sich wohl kaum als besonders klug.“

„Kritik?“, sie lächelte verhalten: „Keinesfalls, ich habe lediglich ihr Puppenspieltalent bewundert.“

„Ein schönes Gesicht und eine scharfe Zunge. Meiner Erfahrung nach zu beurteilen, keine gute Kombination.“, sein unverdecktes Auge huschte an Jonathan vorbei zu Georgina, welche über solch Worte verärgert die Nase rümpfte. Der junge Cavendish rutschte sichtlich unbehaglich auf seinem Sitz, bis er plötzlich aufsprang und zu einer jungen Dame eilte, die gerade an ihnen vorbei schritt.

Georgina erkannte das junge Ding mit dem blassen Gesicht. Hatte sie sich doch ängstlich wegen ihres Ausschnittes erkundigt. Scheinbar suchte sie jemanden in der Menge. Mit einem leichten Gefühl der Eifersucht beobachtete die Baroness wie ihr Begleiter seine Hilfe anbot und dann ohne ein Wort der Erklärung verschwand. Soviel also zum höfischen Benehmen.

Abfällig wandte sie ihren Blick von dem davon schreitenden rotblonden Schönling.

Dieser Blick blieb dem Wachhund der Königin und dessen Butler nicht verborgen.

So war es Sebastian, welcher das Wort an Georgina richtete: „Ein unpassender Zeitpunkt, wo nun die letzte Dame vorgestellt wurde und der Tanz gleich beginnen wird.“

„Ich tanze nicht.“, die Hand abwehrend hebend, schüttelte sie die dunklen Locken. „Zudem hat sich mein Begleiter empfohlen.“
 

„Lady Georgina, eine Dame wie Ihr, wird sich der Tradition verweigern?“
 

Etwas an den Worten des Butlers störte sie. Sie wandte die Augen zu Sebastian, und erblickte just seine dargebotene Hand.

Als sie erneut ablehnen wollte, traf sie Earl Phantomhives Blick: „Ihr werdet sicher für einigen Tratsch sorgen, solltet Ihr den Tanz verweigern.“

Er hatte recht.

Sollte sie sitzen bleiben, während die anderen Mädchen tanzten, würde man sich umso mehr den Mund über sie zerreißen. Sich in ihrem Schicksal ergebend, griff sie nach Sebastians Hand und ließ sich auf die Tanzfläche führen.

Neben den anderen Debütantinnen in einer Reihe, ihrem Tanzpartner gegenüber, nahm sie Haltung an.

Kurz darauf begann auch schon die Musik aufzuspielen, diesmal deutlich lauter.

Sie hob den Arm an, ihre Handflächen legten sich aneinander und sie machte einen Wiegenschritt nach vorne, kam dem schwarzen Butler dabei näher ehe sie sich um die Achse drehten und am Platz des Anderen zum stehen kamen. Beim nächsten Takt tauschte sie nach links den Platz, trat diagonal in die Mitte um diesmal ihren Tanzpartner zu umrunden, ehe sie zum Ausgangspunkt trat.

Erneut legten sich ihre Hände aufeinander, dieses Mal ergriff der Butler das Wort: „Dafür, dass Ihr nicht tanzt, könnt Ihr es ausgesprochen gut.“

„Meine Gouvernante legte viel Wert auf meine gesellschaftlichen Gepflogenheiten.“ Sie wechselte erneut die Position, nun nach rechts. Für diese kurze Zeit schwiegen sie.

Erst als sie wieder aufeinander trafen, nahm der Butler das Gespräch wieder auf: „Dann stimmt es was man berichtet?“

„Wegen mangelnder Gesundheit verließ ich das Anwesen kaum. Da ich eine Bastardtochter bin, kümmerte sich das Personal um meine Erziehung.“

„Nun, Duke Devonshire scheint sehr angetan von Euch. Schließlich erkannte er Eure Existenz an. Und sein Sohn soll es wohl schwer verkraften nur Euer Bruder sein zu können.“
 

„Wenn dem so wäre, so fürchte ich, ist Jonathan Cavendish sicher nicht der Mann, welcher mich ansprechen täte.“
 

„Welcher Mann täte es?“
 

„Wie meinen?“
 

„Welcher Mann könnte Euren Ansprüchen genügen, Baroness?“, ehe sie den Wiegenschritt zurück machen konnte, hatte er ihre Hand festgehalten und war ihrem Gesicht ungeniert näher gekommen. Sie musste seinen Atem auf ihrer Haut spüren, doch sie zuckte nicht einmal mit der Wimper.

Er spürte das Leben in ihr, konnte ihre zarte Seele beinahe schmecken. Sowie bei jedem Menschen. Und doch wirkte es falsch, irgendetwas passte nicht zusammen. Langsam ließ er von Georgina ab, die Musik war verstummt. Sie knixte höflich ehe sie in der Menge verschwand, scheinbar nach Jonathan Cavendish suchend.

Noch während Sebastian ihr nach sah, trat sein Herr an seine Seite: „Und was hast du herausgefunden?“

„Ihr hattet recht junger Herr.“, sein Blick huschte hinab zu Ciel. „Diese junge Dame ist durchweg seltsam.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  lula-chan
2018-06-08T20:41:04+00:00 08.06.2018 22:41
Tolles Kapitel. Gut geschrieben.
Das ist echt interessant. Na mal sehen, was noch so alles passiert. Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel.

LG
Antwort von:  kaltes
08.06.2018 22:42
Freut mich zu lesen xD
♡~

Lg
Kaltes


Zurück