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Wie sich Hexen verlieben

.. oder, wie man sein Leben als Hexe meistert
von

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Wie jeden Morgen seit drei Jahren, saß Alea in dem Sessel in der Ecke. Im Krankenhausbett lag ihre Mutter und die Geräte, die ihre Lebensfunktionen überwachten, piepsten monoton vor sich hin. Die Tochter hatte schon vor zwei Jahren aufgehört sich Hoffnungen zu machen, aber ihr Vater mochte die lebenserhaltenden Maschinen einfach nicht abschalten lassen, obwohl Alea ihn schon so oft darum gebeten hatte. Sie wollte die Frau, die ihr das Leben geschenkt hatte, nicht mehr so sehen und sie wusste, dass ihre Mutter das auch so gewollt hätte.

Ihre Erinnerungen flogen zurück an den Tag als der Unfall passierte.
 

Sie saß in der Schule und alberte, wie immer, mit ihrer besten Freundin Vivien, herum. Es war ein vorbildlich, schöner und klischeehafter Sommertag, an dem die Sonne sich wohl extra Mühe gab und noch heller strahlte als sonst. Die letzte Schulwoche ging zu ende und niemand in der Klasse gab sich mehr auch nur die kleinste Mühe, dem Lehrer zu folgen. Jeder hatte gute Laune und lies sich diese von niemandem verderben. Auch Alea sprühte vor Energie und wartete sehnsüchtig auf die Sommerferien, in denen sie mit ihrer Familie zu ihrem kleinen Haus am See fahren würde. Doch dafür müsste sie sich noch etwas gedulden.

Immer wenn sich sich an diesen Tag erinnerte verschwamm alles ein wenig und die schönen Gefühle von damals verblassten im Angesicht dessen, was sie erwartete. Kurz vor Schulschluss wurde sie zum Sekretariat gerufen, wo ihre Tante auf sie wartete und die Sechzehnjährige würde nie den traurigen Ausdruck vergessen, den sie in ihren Augen sah. Sie wahren glasig und gerötet, den Tränen nahe. Als sie näher kam und die Schwester ihres Vaters den Mund öffnete, klang ihre Stimme brüchig und heiser.

Alea´s Mutter hatte einen Unfall.

Sie war heute morgen zum einkaufen gefahren und ein Laster hat sie an einer Kreuzung übersehen.

Alea´s Beine gaben nach und ihre Tante half ihr zu ein paar Stühlen im Flur.

Für ihre Mutter sah es schlecht aus und die Ärzte wussten nicht ob sie den Tag überleben würde. Als sie im Krankenhaus ankam, saß ihr Vater im Wartebereich und sah so aus, wie sich seine Tochter fühlte. Sie umarmten sich und sanken weinend zusammen auf den Boden.

An die darauffolgenden Wochen kann sie sich kaum erinnern.

Sie war nie ein Freund von Schwarz gewesen, ihr Leben war bunt und ihre Kleidung waren farbenreich. Es gab keine Farbe die nicht in ihrem Kleiderschrank zu finden war.

Doch ab dem Tag, an dem sie ihre Mutter im Krankenhausbett sah, änderte sich alles. Danach hatte sie in ihrem Zimmer alle bunten Kleidungsstücke in ein Sack geworfen und auf den Dachboden gebracht und im Internet neue bestellt, dunkle Töne, meist fast nur schwarze Sachen. Mit ihren jungen fünfzehn Jahren, hatte sie beschlossen, erst wieder fröhliche Farben zu tragen, wenn ihre Mutter aus dem Koma aufwachen würde, in dem sie seit der Notoperation, lag. Und so trägt sie seit drei Jahren schwarz.

Ihr Vater war ihr in dieser Zeit keine große Hilfe gewesen, denn erzog sich vollkommen zurück. Alea hatte gehofft, dass alles was ihnen widerfahren war, sie zusammenschweißen würde, dass sie das gemeinsam bewältigen würden. Aber sie wusste erst ein Jahr danach, wie falsch sie damit lag. Er schottete sich komplett ab und war die meiste Zeit bei ihrer Mutter im Krankenhaus, was an sich nichts schlechtes war, doch er verlor seinen Job, weil er anfing zu trinken und wenn er nicht trank, dann schlief er.

Am ersten Jahrestages des Unfalls, hatte Alea ihren Realschulabschluss und beschloss sich eine Arbeit zu suchen, denn sie brauchte Geld. Geld um von ihrem Vater, der kaum noch mit ihr sprach, wegzukommen. Sie ging jeden Tag, vor der Arbeit, zu ihrer Mutter, erzählte was am vorherigen Tag alles passiert war und entschuldigte sich bei ihr, weil ihr Vater sie einfach nicht gehen lassen wollte.

Die Ärzte waren der Ansicht, dass sie nie mehr aufwachen würde und es besser wäre die Maschinen abzuschalten. Doch das passierte nie, denn ihr Vater war selbstsüchtig und wollte einfach nicht loslassen, obwohl er daran zugrunde ging.

Alea hatte schon so viel geweint und im zweiten Jahr, hatte sie keine Träne mehr vergossen. Sie war abweisend geworden und hatte sich auch von ihren Freundinnen entfernt, die zwar ihr Bestes gaben um ihr irgendwie zu helfen, aber sie wollte keine Hilfe mehr.
 

Jetzt saß sie also in dem Sessel und starrte aus dem Fenster. Es war genau so ein schöner Sommertag, wie er es an dem Tag der Unfalls gewesen war. Strahlend blauer Himmel, keine Wolke war zu sehen, nur die feinen weißen Streifen der Flugzeuge zeichneten sich ab. Das Fenster war gekippt und das Rascheln der Bäume drang herein und das Zwitschern der Vögel flog durch den kleinen Schlitz. Es war Sonntag und sie konnte länger bleiben, denn heute hatte sie frei. Ein Tag an dem sie keine meckernden Gäste, in dem kleinen Dinner am Rande der Stadt, bedienen musste.

Sie war inzwischen Neunzehn geworden und arbeitet dort seit zwei Jahren. Es war nicht so schlimm wie es sich vielleicht anhörte und es reicht um über die Runden zu kommen, aber sie wohnte noch immer in dem riesigen Haus in dem sie aufgewachsen war. Ihr Vater wollte das Haus einfach nicht verkaufen, obwohl es für die beiden einfach zu groß war und der Vorschlag, ein paar Zimmer unterzuvermieten, stieß bei ihm auf taube Ohren. Alea hatte danach aufgegeben, alles sauber zu halten und kümmerte sich nur noch um ihr eigenes Zimmer und die Küche, mehr bewohnte sie sowieso nicht.

Ein unregelmäßiges Piepsen riss sie aus den Gedanken und ihr Blick wanderte zu der eingefallen, blassen und trotzdem wunderschönen Frau. Sie lag da wie immer, nur die Geräusche hatte sich verändert und ohne dass sie es wollte keimte wieder ein bisschen Hoffnung in ihr auf, obwohl sie dieses kleine Pflänzchen schon vor langer Zeit, aus sich herausgerissen hatte.

Die Tochter stand auf und ging mit langsamen Schritten auf ihre Mutter zu, deren Brustkorb sich nur noch hob und senkte, weil die Geräte Sauerstoff in ihrer Lunge pumpten. Sie sah auf den Bildschirm und studierte ihn. Irgendetwas stimmte nicht.

Eine der Krankenschwestern hatte ihr einmal an einem kalten Wintertag, im ersten Jahr ein kleine wenig die Kurven und Zahlen erklärt, die ihr jetzt entgegen leuchteten.

„Möchtest du heute vielleicht endlich gehen?“ Sie beugte sich über die todkranke Frau und gab ihr ein Kuss auf die Stirn. „Ich werde es dir nicht übel nehmen, Mama. Du brauchst nicht länger hier zu bleiben. Denn wenn du aufwachen würdest, wäre alles so viel trauriger als du es in Erinnerung hast.“ Sie setzt sich auf den Stuhl neben dem Bett und nimmt die Hand ihrer Mutter in die Hände. „Ich müsste dir sagen, dass Papa nicht mehr der Mann von früher ist. Es ist besser wenn du sterben würdest, glaub mir.“

Und wie als hatte die Frau gehört was sie sagte, vernahm Alea ein langes monotones und hohes Piepen und das einzige was sie dachte, war, dass sie es endlich geschafft hatte. Die Krankenschwester und ein Arzt kamen und schickten sie aus dem Zimmer. Der versuch sie wiederzubeleben, funktionierte dieses Mal nicht.

Während der Arzt ihr dann mitteilte das ihre Mutter nun verstorben sei, kam ihr die Tränen, aber nicht weil sie traurig, sondern eher weil sie erleichtert war. Jetzt konnte ihre Mutter in Frieden Ruhen, an einem besseren Ort und ohne im Koma zu liegen. Nach dem Gespräch rief sie ihren Vater an und teilte ihm mit was geschehen war. Er sagte nichts sondern legte auf, sie wusste er würde sich das Leben nehmen und Alea hoffte nur, das er es nicht in ihrem Haus tat.

Nachdem sie das Krankenhaus verließ, kitzelten sie die Sonnenstrahlen an der Nase und ließen ihre roten Haare wie Flammen leuchten. Ihre schulterlangen Locken wehten leicht im Wind und sie lächelte. Das erste Mal seit dem Unfall, lächelte sie wirklich und sie wusste, das es jetzt nicht schlimmer, sondern nur besser werden konnte.

Der erste Weg führte zu ihrer Tante, die ihr in der schweren Zeit, als einzige, wirklich zur Seite stand und als sie Alea lächelnd vor ihrer Tür stehen sah, wusste sie das eine tonnenschwere Last von ihren Schultern gefallen war.

„Sie hat es geschafft. Nicht war?“ Ein paar Tränen rollten ihr über die Wange und sie nahm ihre Nichte in den Arm.

Nach einem stillen Kaffee, bat Alea die Schwester ihres Vaters, sie doch bitte nachhause zu begleiten, denn sie hatte Angst, alleine die Leiche ihres Vater vorzufinden.

Als sie ankamen, war jedoch niemand im Haus. Ihr Vater war weg, nur ein Zettel hatte er ihr dagelassen, auf dem stand das er nicht mehr zurückkommen würde. Er hatte seine Sachen gepackt und war abgehauen.

Er hatte sie nun endgültig allein gelassen.



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