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TMNT - Es liegt in deiner Hand

von

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Das Licht in der Dunkelheit

Aus Bernadettes Sicht:
 

Schwarz, alles ist schwarz. Was ist das nur für ein seltsamer Ort, wo bin ich? Kaum, dass ich meine Augen geöffnet habe, schon erwartet mich diese Dunkelheit. Als hätte man mich in einem dunklen Raum eingesperrt, aber seltsamerweise fühle ich mich nicht so. Nein, das Gefühl ist ganz anders. Es ist, als würde eine schwere Last sich quälend an mich klammern wollen und doch findet diese kaum einen Halt. Ich spüre, wie etwas Stück für Stück von mir gleitet. Wie ein Tautropfen, welches auf einer Lotusblüte abperlt, aber anders wie bei jener Blume, die in ihrer kelchförmigen Blüte das wertvolle Wasser speichert, verlässt mich dieser seltsame Druck nach und nach. Langsam bewege ich meinen Kopf. Es merkwürdig, ich fühle mich so schwer und doch wieder so leicht und während ich meinen Blick umherwandern lasse, so entdecke ich nichts weiter, als diese Finsternis. Bis ich aber schließlich bei meiner rechten Hand stutzig werde. Als wäre ich selbst die einzige Lichtquelle in dieser Dunkelheit, kann ich sie ganz genau erkennen. Trotz, dass etwas Dunkles diese umgibt. Langsam bewege ich die Finger, erst einzeln und dann mehrere zugleich. Es ist ein seltsames Gefühl, so nah und bekannt und dann wieder so fern und befremdlich. Was ist das nur, was ich fühle? Ich bin verwirrt, allerdings betrachte ich weiterhin neugierig das Geschehen. Wie in einem Schleier aus Schatten scheint meine Hand eingehüllt zu sein. Jedoch verschwindet dieser nach und nach ins Nichts, wodurch ich nun meine Haut Stück für Stück klarer erkennen kann. Ich wende meinen Kopf auf die andere Seite und auch hier bekomme ich dasselbe Schauspiel geboten. Was ist das alles hier? Ich verstehe das nicht.

Es ist alles so seltsam hier. Anders könnte ich es nicht beschreiben. Ich fühle so vieles und kann es doch kaum zuordnen. Zum einen ist diese „Last“, dieser Druck, der sich bemerkbar macht und dann wieder in die Dunkelheit verschwindet, bis wieder ein neuer Impuls erwacht und wieder von dannen zieht. Schließlich ist da noch dieses andere Gefühl. Es ist so leicht, so angenehm und wie der andere Eindruck mal stärker und mal weniger so stark spürbar. Doch anders, als jener Druck, der einem wie ein Anker in die Tiefe hinunterziehen könnte und pulsierend auftaucht, so ist dieses Gefühl mehr fließend. Ja, es fließt durch mich hindurch, umspült mich wie kühles Wasser und hinterlässt doch eine Wärme, in der ich mich einfach nur hineinkuscheln möchte. Ich fühle es an meinem ganzen Körper, bis ich wieder von dieser pochenden Kälte eingeholt werde. Als wolle dieses Gefühl mich an irgendetwas erinnern. Ja, erinnern, woran sollte ich mich denn erinnern? Ich weiß es nicht. Eigentlich, weiß ich rein gar nichts. Warum weiß ich denn nichts und wer bin ich? Was tue ich hier und was ist das für ein Ort? Ich erkenne hier nichts, ich fühle nur diese Schwerelosigkeit, welche sich scheinbar mit anderen Emotionen „streitet“. Als würde in diesem Moment ein Machtkampf in mir herrschen, den ich mir einfach nicht erklären kann. Stattdessen schwebe ich in diesem Nichts. Nur Dunkelheit umgibt mich, aber nicht das ist es, was mir allmählich Angst macht. Es sind die Fragen, die in meinem Kopf umherschwirren und mich erkennen lassen, dass ich nicht weiß, wer und wo ich bin.

Dieses schwere Gefühl, dieser Druck, er wird wieder deutlicher. Wie Ranken, welche sich an einer Mauer emporringen, scheint er mich umschlingen zu wollen und ich kann nichts dagegen tun. Ich fühle mich so machtlos und doch will ich mich nicht davon erdrücken lassen. Ich will das nicht, ich will diese Geborgenheit wieder spüren, welches ich noch kurz zuvor erfahren habe. Mein ganzer Körper verkrampft sich und ich presse meine Augen sogar fest zusammen, hätte ich mich aber nicht dieses plötzliche Funkeln dazu bewegt, diese wieder zu öffnen. Ein kleines Licht, kaum größer als ein Glühwürmchen, tanzt vor meinem Gesicht. Wie gebannt sehe ich es an und folge dessen Bewegungen. Was ist das nur? Sein Licht ist so angenehm, wie die eines Sternes am Nachthimmel. Wie es tanzt, so lustig und unbeschwert. Als gäbe es keine Sorgen. Ich lächle und sehe zu, wie dieses Funkeln zu meiner rechten Hand schwebt und diesen schleierartigen Schatten vertreibt, der gerade wieder dabei war, mich aufs Neue zu verschlucken. Er zieht sich zurück und stattdessen berührt mich dieses Licht. Ganz zart fühlt es sich an. Es ist nur ein Hauch von einer Berührung und doch bewirkt es bei mir, dass sich mein gesamter Körper entspannt. Die Angst weicht allmählich von mir und obwohl mich eigentlich diese Fragen so sehr gequält haben, so hat dieses kleine Funkeln etwas Angenehmes an sich, sodass ich alles andere nicht mehr stark beachte. Zu meinem Erstaunen bleibt es nicht bei dem Einen. Ein Weitere erscheint vor meinen Augen und dieses hier schwebt direkt zu meiner Stirn. Als es mich dort berührt, habe ich für einen Moment das Gefühl, als würde mir jemand einen sanften Kuss auf jene Stelle schenken.

Mein Herz, erfüllt vor Freude, sehnt sich nach mehr. Könnte ich mich besser bewegen, so würde ich meine Hände direkt nach diesen wundersamen „Glühwürmchen“ ausstrecken. Doch obwohl ich mich nun so wohl fühle, so wirkt mein gesamter Körper so schwer. Umso sehnlicher wird mein Wunsch nach weiteren zärtlichen Berührungen und er erfüllt sich. Vor meinen Augen erscheinen noch weitere von diesen Lichtgestalten. Es sind nicht nur ein paar, nein, es werden immer mehr und je mehr es werden, desto größer wird das Licht, die sie ausstrahlen. Als wäre mein Körper umgeben von einer lebenden Lichterkette, die stets ihre Form verändert und doch nicht an Energie verliert. Keine Sekunde lang werde ich von ihnen getrennt. Als hätten diese schon sehnlichst darauf gewartet und ich genieße es. Lächelnd sehe ich ihnen zu, wie sie tanzen und mir anschließend diese zarten und liebvollen Berührungen schenken. Sei es nun mein Gesicht, oder meine Arme, die von diesem angenehmen und sogar berauschenden Gefühl erfüllt werden. Es ist so wundervoll, anders könnte ich es nicht beschreiben und während sie meine Ängste nach und nach von mir tragen, erhellt sich auch meine Umgebung. Einige der kleinen, leuchtenden Gestalten schweben empor. In spiralförmigen Bewegungen führen sie ihre Tänze auf und es wirkt auf mich, als würden sie mir damit etwas zeigen wollen. Wie gebannt sehe ich ihnen hinterher. Unfähig mich zu bewegen, kann ich ihnen nur mit meinen Augen folgen und während ich das tue, bemerke ich, dass diese Lichter nun auf eine Ebene bleiben und dort ihre Kreise ziehen.

Staunend betrachte ich dieses Schauspiel, während ich von den anderen „Glühwürmchen“ umgeben bin. Unbeirrt tanzen jene weiter, berühren mich und über mir habe ich den Eindruck, als würde sich dort eine kleine Öffnung auftun. Das Licht dort oben ist so hell, sodass dessen Strahlen bis zu mir nach unten wandern. Ich bin zwar noch in der Dunkelheit, aber anders als zuvor wirkt es nun nicht mehr so, als würde ich im Nirgendwo herumirren. Jetzt scheint es mehr so, als befände ich mich in eine Art Zelt. Es mag das Licht sein, welches mir diese Vorstellung bietet, aber meine Umgebung gleicht nun mehr schwarzer Seide, welche einen Teil des Lichts zu reflektieren scheint. Als wäre dieser schwarze Stoff in vielen Schichten und Falten gelegt worden, der auch noch bei einer sanften Luftbewegung seine Form immer wieder etwas verändert. Am hellsten ist es jedoch dort oben und ich frage mich, was es mit diesem Licht auf sich haben könnte. Für einen Zufall halte ich es nicht. Viel mehr glaube ich, dass mir sämtliche Lichter den Weg weisen wollen. Seien es nun die kleinen „Glühwürmchen“, oder dieser helle Schein, der über mir thront. Sie alle strahlen etwas Angenehmes aus, aber was wird mich dort erwarten? Selbst, wenn ich mich ohne Schwierigkeiten bewegen könnte, ich wüsste nicht, was ich tun sollte. Im Grunde weiß ich eigentlich gar nichts. Betrübt senke ich meinen Blick. So stark auch der Drang ist, dem Licht zu folgen, was soll ich dort? Wer würde schon auf der anderen Seite auf mich warten? Ein weiteres Mal streicht ein kleines Funkeln an meiner rechten Wange entlang. Als wollte es mir Trost spenden, oder wollte es mir gar Mut machen?

Denn im nächsten Augenblick höre ich eine Stimme. Sanft, aber doch mit einem auffordernden und zugleich besorgten Nachdruck spricht mich diese an. Es klingt nach einem Mann. So vertraut und doch will es mir nicht in den Kopf, wer es sein könnte. Am Anfang kann ich nicht verstehen, was er zu mir sagen will. Es klingt zunächst dumpf, als hätte ich mir Watte in die Ohren gestopft. Doch je länger ich ihm zuhöre, desto deutlicher werden seine Worte und ich habe sogar den Eindruck, als wären diese genau an mich gerichtet: …, mach die Augen auf! Komm schon, ich weiß, dass du mich hören kannst. … Ich weiß, dass du da bist.“ Die Augen aufmachen, träume ich etwa? Scheinbar ja, aber wer ruft da nach mir? Wer ist das, der will, dass ich meine Augen aufmache und aus diesem seltsamen Traum erwache? Ich kenne ihn nicht, obwohl seine Stimme so vertraut wirkt. Als müsste ich es wissen, ihn kennen und doch weiß ich es nicht, ich weiß rein gar nichts. Nun höre ich nichts mehr von ihm. Wartet er etwa auf eine Reaktion? Eine weitere Stimme meldet sich. Diese klingt diesmal ganz anders, allerdings stammt sie ebenfalls von einem Mann. Wie der Erste zuvor, bittet auch jener mich, endlich zu erwachen: „Gib nicht auf und mach weiter. Wir warten alle auf dich!“ Wer wartet auf mich, so sag es mir! Am liebsten hätte ich diese Worte laut aus mir herausposaunt, aber mein Mund bleibt geschlossen, als wäre ich noch nicht bereit dafür. So dumm das Ganze auch klingen mag. Schließlich folgen zwei weitere Stimmen darauf. Sie klingen teilweise ungeduldig und sogar etwas aufgeregt. Ich verstehe nicht alles, was sie sagen, jeder der vier Personen wirkt auf mich so vertraut und gleichzeitig so fremd.

Wer bin ich?! Sagt es mir, ich will es wissen! Wer ihr auch seid, ich muss es erfahren! Ich will es verstehen! Mein Blick dem warmen Licht gerichtet, versuche ich mich erneut zu bewegen. Mein ganzer Körper fühlt sich bei diesem Versuch so schwer an, aber ich will es wissen. Wer sind diese Leute, die mich zu kennen scheinen und wer bin ich? Ich irre in einem Traum, gefüllt sowohl mit Licht, als auch mit Dunkelheit, während ich scheinbar alles vergessen habe, was mich ausmacht. Ich will Antworten, ich habe so viele Fragen und werde daher nicht weiter an diesem seltsamen Ort bleiben. So bewege ich wieder meine Finger, ehe ich allmählich die Kontrolle über meine Hände gewinne. Meine Kraft scheint schwach zu sein, oder ist es, weil sich sonst alles so schwer anfühlt? Mag sein, aber mein Wille ist dagegen stark genug, sodass ich mich nach und nach immer mehr durchsetzen kann. Länger will ich nicht in diesem Zustand bleiben, oder gar in diesem Traum verweilen. Schließlich kann ich auch meine Arme bewegen. Meine Beine, selbst der Rest meines Körpers scheint mir langsam gehorchen zu wollen. Als hätte ich scheinbar ewig wie eine Statue dagelegen und nun ist der Augenblick gekommen, an dem ich endlich aus all dem hier erwachen kann. Ich will diesen Stimmen folgen und mich von diesem erdrückenden Gefühl befreien. Es fehlt nicht mehr viel, ich bin ganz nah dran, ich spüre es. Scheinbar im Schneckentempo bewege ich mich in Richtung des Lichts. Belgeitet von den kleinen Lichtgestalten, die mich keine Sekunde aus den Augen lassen, komme ich meinem Ziel immer näher. Ich strecke meine rechte Hand danach aus, bis ich es endlich mit den Fingerspitzen erhaschen kann.

Ein seltsames Gefühl umgibt mich. Anders als vorhin, wo ich noch in diesem Traum umherirrte und bis auf diese „Glühwürmchen“ nichts Weiteres ertasten konnte, spüre ich nun unter mir einen weichen Untergrund. Ich liege in einem Bett und obwohl ich noch meine Lider geschlossen halte, so fühle ich den Stoff, von dem ich beinahe vollkommen umgeben bin. Nur meine Arme und ein Teil meines Oberkörpers scheinen nicht zugedeckt zu sein. Stattdessen nehme ich zu meiner Rechten eine Hand wahr. Ganz vorsichtig hat jene meine Finger umschlossen, als wäre ich zerbrechlich. Ich versuche mich zu bewegen. Dabei spüre ich, wie steif ich bin. Anders als im Traum, in der ich noch kurz zuvor die Kontrolle über meinen Körper zurückerobern konnte, scheine ich jetzt wieder am Anfang zu stehen. So flach wie ein Brett liege ich hier. Wie lange bin ich schon in diesem Zustand? Es ist beinahe schon beängstigend, dass es mir schwerfällt irgendetwas zu bewegen, ohne dabei sofort auf Widerstand stoßen zu müssen. Selbst einige Schmerzen machen sich bei mir nun stärker bemerkbar. Sowohl am Kopf, wie auch an ein paar anderen Stellen spüre ich ein schwaches Stechen, oder Ziehen. Warum habe ich auf einmal diese Schmerzen? Schirmte mich etwa mein Traum von meinem wahren Empfinden ab, sodass ich es nun umso deutlicher wahrnehme? Was ist überhaupt passiert? Allerdings ist das nicht das Einzige, was ich wahrnehme. Irgendetwas steckt in meinem Hals. Es ist unangenehm, aber ich bin noch zu schwach, um dagegen quasi „rebellieren“ zu können. Wenn ich könnte und die notwendige Kraft dafür hätte, so würde ich es auf der Stelle herausziehen, doch zuvor müsste ich erst einmal meine Augen aufmachen. Ich muss wissen, was da los ist!

Mühsam bewege ich meine Lider, während um mich herum helle Aufregung herrscht. „Seht nur! Sie kommt endlich zu sich!“, höre ich jemand begeistert rufen. Was jedoch so gequetscht geklungen hat, als wollte derjenige nicht zu laut sein. „Wir sehen´s ja Mikey.“, höre ich jemand weiteres. Der scheint den Vorherigen wohl etwas beruhigen zu wollen, dessen Aufregung scheinbar unbegrenzt ist. Allerdings ist selbst in dessen Stimme die Freude deutlich erkennbar. Kaum, dass ich endlich in die Realität zurückgefunden habe, ist noch alles stark verschwommen. Es muss mitten in der Nacht sein. Das ist das Einzige, wovon ich momentan überzeugt bin. Nicht so wie in meinem Traum, in der zunächst alles rabenschwarz war, ehe diese kleinen Lichter erschienen waren, sieht es hier aus. Nein, draußen muss eine Straßenlaterne stehen, welche das dunkle Zimmer, in dem ich mich nun befinde, etwas erhellt. Ich erkenne nicht viel. Nicht nur, dass mich eine große Müdigkeit überkommt, ich fühle mich steif, schwer und stark geschwächt. Allein das mehrmalige Blinzeln ermöglicht es mir, meine Augenlieder nicht gleich wieder zu schließen und zu schlafen. Dafür ist der Drang zu wissen, was hier eigentlich los ist, viel zu groß. „Willkommen zurück.“, begrüßt mich nun derjenige, der meine rechte Hand immer noch zärtlich hält. Genau diese Stimme war es, die ich in meinem Traum zu allererst gehört habe, weswegen ich meine Augen schlagartig zu ihm lenke. Doch abgesehen davon, dass es in diesem Raum ziemlich dunkel ist, sehe ich noch alles zu stark verschwommen. Ich kann kaum erkennen, wer da an meinem Bett sitzt und mich gerade anlächelt. Zumindest glaube ich, dass er das tut, ich bin einfach so müde, aber selbst, wenn es anders wäre, so würde ich wohl keinen von ihnen wiedererkennen. Auch wenn diese vier mich zu kennen scheinen. Seltsam ist allerdings, dass sowohl er, als auch seine Begleiter so groß wirken. Auch deren Statur wirkt irgendwie seltsam, als ich meine Augen wieder umherwandern lasse.

Ich habe keine Ahnung, was ich davon halten soll. Nicht einmal meinem Gefühl kann ich momentan trauen, da in mir ein vollkommendes Chaos herrscht. Ich weiß nicht, wen ich da vor mir habe, geschweige, was als Nächstes auf mich zukommen wird. Vermutlich bemerkt keiner von ihnen, dass ich keinen von ihnen wiedererkenne, weil ich gerade nicht wirklich imstande bin, irgendetwas zu äußern. Ich kann mich ja kaum bewegen und mit dem Ding in meinem Hals ist es ohnehin nicht möglich zu sprechen. Stattdessen versuche ich mich irgendwie wachzuhalten, obgleich diese Müdigkeit es mir alles andere als einfach macht. Etwas anderes kann ich aber gerade nicht tun und blinzle daher mehrere Male. Genau das scheint den Anwesenden aufzufallen. Der Vierte im Bunde meint schließlich: „Wir sollten sie jetzt besser alleine lassen. Sie scheint nun über den Berg zu sein. Was sie jetzt braucht, ist Ruhe.“ Als hätte er Medizin studiert, klingt seine Stimme überzeugt und die anderen scheinen selbst diese Meinung zu teilen. Zumindest zwei von ihnen stimmen ihm zu, während jener, der direkt an meinem Bett sitzt, nun vorsichtig, wie auch wortlos über mein Gesicht streift. Es fühlt sich so angenehm an, so vertraut und diese Berührung erinnert mich sogar an meinem seltsamen Traum. Könnte ich sie alle nur besser erkennen, aber alles wirkt noch immer so verschwommen und egal wie sehr ich mich auch anstrenge, diese Müdigkeit lässt sich einfach nicht abschütteln. Wie eine Klette hängt sie an mir, während diese Typen scheinbar mit sich selbst beschäftigt sind.

Schließlich wendet derjenige, der direkt an meinem Bett sitzt, seinen Kopf zu den anderen dreien und meint: „Ihr könnt meinetwegen gehen. Ich werde noch etwas hierbleiben.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, sieht er mich nun wieder an, doch das scheint den anderen Anwesenden nicht zu passen. Einer von ihnen meint sogar: „Ich versteh dich ja Raphi, aber du musst ihr trotzdem Ruhe gönnen. Schau sie doch an, sie kann ihre Augen kaum offenhalten.“ Stimmt, es fällt mir wirklich schwer wachzubleiben, aber dadurch, dass ich nichts von all dem hier verstehe, zwinge ich mich selbst umso mehr, diesen Fremden zuzuhören. Allerdings ist dies schwerer, als gedacht. Ich bin so müde und ich habe sogar den Eindruck, dass ich immer weniger von dem mitbekomme, was meine Besucher da reden. So höre ich nur teilweise, was der Nächste im Bunde etwas schelmisch von sich gibt: „… Vermutlich wird unsere Chika demnächst gleich wieder wegpennen. Wäre es nicht vielleicht besser, wenn mal langsam die Ärzte auf sie aufmerksam werden? Schließlich ist sie endlich …“ Der Rest des Satzes verschwimmt in meinen Ohren. Ein weiters Mal hat mich die Müdigkeit kurz übermannt, aber ich muss noch mehr erfahren. Ich will verstehen, was da nur vor sich geht. Wenn ich mich doch nur verständigen könnte. Stattdessen bekomme ich nur noch mit, dass die Restlichen diesem Vorschlag zustimmen. Selbst jener, welcher sich zunächst dagegen gesträubt hat, geht seufzend darauf ein.

„Ruh dich aus. Ich komme morgen wieder.“, spricht er mich nun direkt an und verabschiedet sich bei mir, indem er mir einen sanften Kuss auf die Stirn drückt. Am liebsten hätte ich ihn sofort gefragt, wer er ist. Er strahlt solch eine Vertrautheit aus, sodass man meinen könnte, dass ich gerade zu ihm eine starke Bindung haben müsste, wie auch immer diese aussehen möge. Doch warum kann ich mich nicht erinnern?! Ich kann ihn in meinem momentanen Zustand nicht einmal richtig erkennen, geschweige mich auf irgendeine Art äußern. Als wäre ich in meinem eigenen Körper gefangen, kann ich nur daliegen und muss verblüfft, wie auch fragend zusehen, wie mein Gegenüber nun aufsteht und sich von mir entfernt. Er gesellt sich zu den anderen, von denen zwei am Fenster stehen und zu mir rübersehen. Was haben die nur vor? Wollen sie etwa aus dem Fenster springen? Als wäre dies eine direkte Aufforderung gewesen, klettert einer nach dem anderen hinaus. Mit einer freundlichen Geste haben sie sich von mir verabschiedet, ehe sie nach draußen verschwunden sind. Derjenige, der mich auf der Stirn geküsst hat, bleibt sogar kurz noch am Fenster stehen, bis auch er sich in Bewegung setzt. Als wäre das eine Art Spiel, angeln sie sich seelenruhig an der Hausmauer entlang, bis ich sie nicht mehr sehen kann. Der Letzte von den vieren hat sich stattdessen der Zimmertür genähert. Ich muss ein weiteres Mal blinzeln, um noch irgendwie mitzubekommen, was jener dort vorhat. Er öffnet leise die Tür und verschwindet in den Gang. Was er dort treibt, kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich merke nur, dass er nicht lange wegbleibt, bis er zurückkommt und wie die anderen drei zuvor durch das offene Fenster ins Freie gelangt. Was zum Henker sollte das? Wer waren diese Typen und wie stehe ich mit ihnen in Verbindung? Ich bin einfach nur noch verwirrt.
 

Aus Raphaels Sicht:
 

Ohne, dass ich es meinen Brüdern direkt zeige, strömt eine Flutwelle aus Erleichterung und Freude durch meinen gesamten Körper. Sie ist aufgewacht, mein Engel ist endlich erwacht! Am liebsten wäre ich in ihr Krankenzimmer zurückgekehrt und hätte sie von oben bis unten liebkost. So lange habe ich darauf gewartet, ihr endlich wieder in die Augen sehen zu können. Bis zum Schluss hat sie sich durchgekämpft. Obwohl ich sogar für einen kurzen Moment den Schreck meines Lebens erhalten habe, so hat sie trotzdem nicht aufgegeben und es hat sich gelohnt. Sie ist wieder da und dieser Spuk hat endlich ein Ende. Allerdings haben die anderen nicht ganz Unrecht. Bernadette ist noch viel zu erschöpft, als dass man ihre zurückgewonnene Energie allzu lange beanspruchen sollte. Das sehe sogar ich ein. Auch wenn es mir quasi unter den Fingernägeln brennt, meine Brüder nach Hause zu schicken, während ich noch einen Moment bei ihr sein kann. Sie hat ihre Augen kaum offenhalten können. Immer wieder hat sie geblinzelt und sich sonst auch nicht bewegt. Bei dem „Dornröschenschlaf“ könnte man zwar annehmen, dass man danach vor Energie strotzen müsste, aber das wäre entweder reines Wunschdenken, oder einfach aus einem Märchenbuch gegriffen. Da muss ich nichts mit Medizin am Hut haben, um das zu kapieren. Daher gönne ich ihr diese Ruhe, die sie bitternötig hat und komme morgen wieder. Bis dahin müsste es ihr schon bessergehen und dann sind wohl hoffentlich die meisten dieser Maschinen verschwunden. Sie braucht sie ja nicht mehr.

Gegenüber vom Krankenhaus warte ich gemeinsam mit Leo und Mikey auf unseren letzten Bruder. Donnie hat sich in den Gang geschlichen, um entweder eine Krankenschwester, oder einen dieser Ärzte auf Bernadette aufmerksam zu machen. Ich frage mich nur, wie er das anstellen will. Schließlich kann er nicht einfach so herumspazieren und denen zurufen: „He, da ist eine Patientin aufgewacht, bewegt eure Ärsche dahin und seht nach ihr!“. Abgesehen von der Wortwahl müsste sich das Genie etwas anderes einfallen lassen. Ich habe aber das Vertrauen zu ihm, dass er schon weiß, was er tut. Auch wenn ich meinen Blick nicht von Bernadettes Fenster lassen kann, aber das liegt einfach daran, dass ich mich so sehr freue, dass ich meinen Engel wiederhabe. Sie lebt und wenn sie endlich aus diesem Krankenhaus draußen ist, werden wir wieder gemeinsam die Nächte verbringen, indem wir die Stadt unsicher machen. Ich werde sie überall hinbringen, egal wo sie auch hinmöchte. Wahrscheinlich sehnt sie sich bereits selbst danach, das Zimmer endlich verlassen zu können, in dem sie so lange festgesteckt hat, oder hat sie von all dem gar nichts mitbekommen? Irgendwie kann ich mir das nur schwer vorstellen. Was kriegen Komapatienten überhaupt mit? Donnie meinte, dass das von Fall zu Fall vollkommen anders ist und ich selbst habe im Internet nichts anderes herausgefunden. Um so mehr frage ich mich, wie es in ihrem Fall gewesen ist. Hat sie überhaupt gespürt, dass ich bei ihr war und sie sogar berührt hatte? Hat sie mich gehört und wenn ja, was genau hat sie davon mitbekommen?

Nein, es ist unnötig. Selbst, wenn sie mir davon erzählt, ändert es nicht an der Tatsache, dass sie im Koma war und erst nach langem wieder aufgewacht ist. Das Wie und Warum kann ich mir also sparen. Wichtiger ist, dass sie lebt und dass sie endlich erwacht ist. Alles andere ist zweitranging. „Na, alles klar bei dir Bro?“, fragt mich nun Mikey und zieht mich so wieder aus meiner Gedankenwelt. Er legt sogar seinen linken Arm auf meine Schulter, während ich einfach nur stumm nicke. Mikey dagegen plappert einfach weiter, als wäre das eine Aufforderung meinerseits gewesen: „Ganz schön hartnäckig die Kleine, hm? Ich bin aber froh, dass sie sich da irgendwie durchgewuselt hat. Ich mag sie und es wäre wirklich schade um sie.“ „Dämlicher hättest du das wohl nicht formulieren können, oder?“, mischt sich nun Leo ein und meint vermutlich den letzteren Teil, was mein anderer Bruder wieder rechtfertigen muss: „Hey, ich sag´s nur, wie´s nun mal ist! Ich hätte sie auf jeden Fall vermisst, wäre es nicht doch gut ausgegangen und ihr könnt mir nicht sagen, dass euch nicht genauso ergeht. Bei Raphi braucht man nicht einmal groß nachdenken.“ Leo rollt mit den Augen und geht nicht weiter darauf ein. Auch ich sage nichts dazu, weil es mich ohnehin nicht interessiert. Viel eher beobachte ich, was sich bei ihrem Fenster tut. Wenig später bequemt sich auch einmal der Vierte aus unserer Runde dazu, mal hier anzutanzen. Er hat ja lange genug gebraucht, um irgendjemand von denen auf meine Freundin aufmerksam zu machen.

Kaum, dass er zu uns gestoßen ist, quetsche ich ihn erst einmal aus: „Und, wie sieht´s aus?“ „Alles läuft wie geschmiert. Sie wissen jetzt, dass Bernadette endlich erwacht ist. … Ich schätze mal, dass unsere Freundin nun durchgecheckt wird, ehe ihre Familie benachrichtigt wird.“, entgegnet er mir und fügt sogar gleich darauf hinzu, wie er das angestellt hat: „War übrigens nicht schwer, eine der Krankenschwestern zu überzeugen, mal nachzusehen. Die hatte sich zunächst mit einer Kollegin unterhalten und mit meinem kleinen Trick, im richtigen Moment die Stimme von jener nachzuahmen, ist die doch gleich darauf nachsehen gegangen. Ich denke zwar, dass sie aufgrund der letzten Ereignisse so und so ihre Runde gemacht hätten, aber wer weiß, wann die das in die Tat umgesetzt hätten. - Besser jetzt als später.“ „Hast wohl wieder eines deiner neuen Erfindungen ausprobiert, nicht?“, hakt Leo nach, woraufhin Donnie stolz nickt und sich mit dieser „neue“ Gerätschaft brüstet. Dabei gibt es sowas Ähnliches bereits und er tut ja so, als hätte er etwas komplett Neues erschaffen. Andererseits hat er bis ins kleinste Detail hingearbeitet, dass er mit Hilfe des Geräts, welches sich an seinem linken Arm befindet, bekannte Stimmen aufnehmen und naturgetreu wiedergeben kann. Er kann dabei sagen, was er will. Es klingt immer nach jener Person, von der er sich die Stimme „ausgeborgt“ hat. Auch wenn diese sogar einen Akzent besitzt, behauptet er zumindest und solange es klappt, können wir das zu unserem Vorteil nutzen. Eines muss man dem Hirni ja lassen, er beachtet jede noch so „unbedeutende“ Kleinigkeit.

„Na dann ist sie ja gut versorgt und wir können aufbrechen, oder willst du immer noch die Stellung halten Raphi?“, beendet Leo somit das Thema und richtet seine letzten Worte an mich. Er kennt mich einfach zu gut, als dass ich dabei nun widersprechen könnte. Ich will noch etwas hierbleiben und das Geschehen aus der Ferne beobachten, was ich meinen Brüdern auch deutlich mache: „Ist das eine Fangfrage? Ihr könnte meinetwegen abzischen, ich will noch wissen, was sich bei ihr tut.“ Entschlossen von meinem Vorhaben wende ich meinen Kopf wieder in Richtung Bernadettes Fenster. Das Licht ist bereits dort eingeschaltet worden und wahrscheinlich herrscht dort nun helle Aufregung. „Also schön, mach ruhig, aber komm dann nach. Die Sonne wird in wenigen Stunden aufgehen.“, befiehlt Leo mir und setzt sich schließlich in Bewegung. Donnie tut es ihm gleich, doch ehe auch Mikey die Biege macht, ruft er mir noch zu: „Grüß sie schön von mir, wenn du mit ihr quatschen solltest! Bis später!“ Als ob ich jetzt noch zu ihr könnte, wenn doch die Ärzte nun bei ihr sind. Vermutlich wird es nicht so lange dauern, bis auch Bernadettes Familie in Kenntnis gesetzt worden sind. Die werden Himmel und Hölle in Bewegung setzen, nur um sie im wachen Zustand zu sehen. Da werde ich wohl kaum noch das Glück haben, um mit ihr allein zu sein, aber das werde ich morgen nachholen. So viel ist schon mal sicher.
 

(mögliche Musik: Lucas King – Aura; Spieluhr: https://www.youtube.com/watch?v=Eda3OKr4e0c oder Klavier: https://www.youtube.com/watch?v=IYGGqxhx8lg)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Mad-Dental-Nurse
2018-06-14T19:52:02+00:00 14.06.2018 21:52
Endlich ist sie aufgewacht XD. Wie mich das freut. Die glühwürmchen vermute ich mal waren die Gedanken der turtles oder?
Antwort von:  Pamuya_
16.06.2018 09:25
Verschieden, ein Teil davon waren Gedanken, aber ....
Mehr verrate ich nicht. ^^


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