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TMNT - Es liegt in deiner Hand

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Wenn die Welt in sich zusammenbricht

Aus Raphaels Sicht
 

Wie zuvor streiche ich mit meinen Fingern sanft über ihre Hand. Ihre Haut ist so blass. Sie ist zwar vom Hauttyp her schon immer heller gewesen, aber früher, bevor sie in diesem scheinbar endlosen Schlaf geraten ist, hat sie doch stets etwas Rosiges an sich gehabt. Wie eine zarte Blume, obgleich man diese nicht unterschätzen sollte, kann sie auch ihre Dornen zeigen. Ihre Wut und auch ihre Stärke setzt sie meist gezielt ein und ich hoffe so sehr, dass sie das auch jetzt tut. Ich will, dass sie kämpft, ich will, dass sie zu mir zurückkommt. Mein Blick schweift nun kurz zu den monströsen Maschinen, die meinen Engel umgehen. Diese erhalten Bernadette am Leben. So viele Dinge werden gebraucht, nur damit ihr Herz nicht sofort aufhört zu schlagen. Kurz zuvor hat mich dieses alarmierende Geräusch aufgeschreckt. Ich habe nicht gewusst, wie ich damit umgehen soll. Das Einzige, was mir klar gewesen ist, ist, dass Bernadette einen Rückstoß erlitten hat. Zwar ist sie jetzt wieder über den Berg, aber es kann wohl gut möglich sein, dass dies noch einmal vorkommen wird. In den letzten Wochen ist sie immer schwächer geworden. Ich verstehe diesen Firlefanz von medizinischen Begriffen wohl nicht, aber ich kann mich gut auf meine Augen und auf meine Intuition verlassen und genau diese sagen mir, dass mein Engel einiges an Kraft eingebüßt hat. Allein, was ich hier vor mir sehe, reicht schon, um mir ein ungefähres Bild davon zu machen.

Allerdings frage ich mich auch, was genau in ihr gerade vor sich gehen mag. Sie kämpft, davon bin ich überzeugt, aber was zum Teufel hindert sie daran, diesen Kampf ein für alle Mal zu beenden? Wie kann ich sie wieder zu mir zurückführen? Ich habe bereits alles Mögliche versucht und momentan ist mir sogar „der Gesprächsstoff“ ausgegangen, mit dem ich sie vielleicht erreichen könnte. Es hat Nächte gegeben, an denen ich sogar für einen kurzen Augenblick gezweifelt habe, ob sie jemals wieder ihre Augen öffnen wird. Ich weiß, sie ist nicht schwach. Sie ist stark, aber ich habe es sogar in Erwägung gezogen, dass ihre Verletzungen sie noch tiefer in die Finsternis gezogen haben, als was ich jemals angenommen hätte. Ausgesprochen habe ich diese Gedanken allerdings nie. Weder vor meinen Brüdern, noch vor April, noch an irgendeiner anderen Nacht, habe ich etwas davon preisgegeben. Nicht einmal, wenn ich mit ihr alleine gewesen bin, ist mir jemals direkt etwas davon über die Lippen gekommen. Liegt vielleicht daran, dass ich erstens nicht daran glauben will und zweitens lasse ich es nicht zu, dass diese Zweifel an Stärke gewinnen. Bernadette soll wissen, dass ich stets für sie da bin und dass auch an sie glaube. Es wäre aber manchmal leichter für mich, wenn es irgendwie bemerkbar wäre, dass meine Anwesenheit, meine Worte und auch meine Berührungen bei ihr ankommen. Es würde eine kurze Reaktion von ihr reichen und ich wüsste mit Sicherheit, dass sie mich mitbekommt.

Ein Geräusch vom Fenster lässt mich nun aufhorchen. Es sind Leo und Mikey, die nun das Krankenzimmer betreten. Scheinbar sind sie mit ihrer Tour durch, aber meine Aufmerksamkeit für sie reicht nur für ein paar Sekunden, ehe ich mich Bernadette wieder widme. „Und, schon irgendeine Reaktion?“, fragt Leo nun. Jedoch wirkt diese Frage, als wäre sie weniger an mich gerichtet, sondern mehr an Donnie. Als würde dieser den Überblick über das gesamte Geschehen behalten. Es kann aber genauso gut sein, dass Leo mir nicht zu sehr auf die Pelle rücken will und mich daher auch eher in Ruhe lässt. Klar ist nur, dass Donnie darauf eingeht, während ich, mehr oder weniger, ignoriert werde. „Es hat einen kurzen Alarm gegeben, aber ihre Werte sind nun wieder normal. Eine Krankenschwester hat noch rechtzeitig eingreifen können. … Wir müssen auf jeden Fall vorsichtig sein, wahrscheinlich kommt sie später wieder vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.“, schildert mein Bruder mit der lila Maske den anderen beiden zusammengefasst, woraufhin Mikey kommentiert: „Klingt ja nicht gerade gut, Bro.“ „Mag sein, aber wichtiger ist es, dass sich ihr Zustand wieder normalisiert hat.“, wirft Leo ein und ich nicke dazu nur. Auch wenn ich nicht direkt darauf angesprochen worden bin, so teile ich die Meinung des Anführers. Mein Blick ist einfach weiterhin auf dem schlafenden Körper meiner Freundin gerichtet. Ihre rechte Hand habe ich vorsichtig mit meiner umschlossen. Sehnlichst warte ich darauf, dass ich irgendeine Reaktion von ihr spüre, aber vermutlich wird heute nichts mehr daraus. Das kann ich mir also getrost abschminken.

Wenigstens kann sich Bernadette nun wegen vorhin etwas erholen. Vermutlich wird es demnächst ohnehin heißen, dass wir uns langsam auf dem Heimweg machen sollen. Allein Donnies Vermutung, dass die Krankenschwester bald wiederauftauchen wird, verstärkt meinen Verdacht, dass meine Brüder dies als Anreiz verwenden werden. Wenn es nach mir gehen würde, würde ich 24 Stunden am Tag hier verweilen. Ich will immerhin hier sein, wenn Bernadette endlich ihre Augen öffnet. Falls das in der nächsten Zeit überhaupt wahrscheinlich ist. Nachdem, was ich vorhin gesehen, zweifle ich etwas daran. Es müsste schon etwas passieren, sodass mein Engel dies als Energiequelle nutzt und sich durch diese Dunkelheit hindurchkämpft. Am liebsten würde ich ihr all meine Kraft schenken, damit sie endlich ihre Augen aufmacht. Wenn ich wüsste, wie dies funktionieren könnte, so hätte ich dies bereits getan, darauf können alle Anwesenden Gift nehmen, meine Freundin miteingeschlossen. Seufzend lege ich Bernadettes Hand vorsichtig wieder auf die Matratze. Sanft streiche ich mit den Fingern ein weiteres Mal darüber, während ich ihr einen zarten Kuss auf ihre Stirn schenke. Ich wäre in diesem Moment sogar aufgestanden, hätte ich nicht diesmal etwas gespürt. Es war nicht viel, vielleicht ein kurzes Zucken eines ihrer Finger, aber es hat gereicht, dass ich es noch rechtzeitig gespürt habe, ehe ich meine Hand ganz von ihr weggenommen hätte. Erschrocken sehe ich sie an. Meine Augen sind weitaufgerissen und ich umfasse ihre Finger ein weiteres Mal.

„Was ist los Raphi?!, fragt mich Donnie überrascht und ohne meinen Blick von meiner Freundin zu wenden, antworte ich ihm: „Sie hat sich bewegt.“ „Wie?! … Dein Ernst?! … Bist du sicher?!“, fragen meine Brüder abwechselnd. Als hätte ich einen Geist gesehen, nicke ich nur, denn ich kann es selbst kaum glauben. Noch kurz zuvor hätte ich es für heute unmöglich gehalten, dass sie sich bewegt. Ich wäre schon damit „zufrieden“ gewesen, wenn dieser Alarm nicht sofort wieder losgegangen wäre. Das hier dagegen sprengt jeglicher Vorstellung. Ich bin mir aber sicher, ich habe dieses Zucken gespürt. Da gibt es keinen Zweifel! Meine Brüder stürmen nun allesamt zum Bett. Wie ich, warten sie auf eine weitere Reaktion und sei es auch nur ein kurzes Zucken. Doch es passiert nichts, egal wie lange wir alle gespannt auf den schlafenden Körper starren. Allmählich wird Mikey die Warterei zu bunt. Er glaubt sogar, ich hätte sowas wie eine „Fata Morgana“ erlebt, aber das ist Schwachsinn! Ich bin mir zu 100% sicher, dass ich dieses kurze Zucken bei ihrer Hand gespürt habe, das war keine Einbildung! „Vielleicht sollten wir für heute schlussmachen. Wir sind alle müde und …“, wirft Leo in die Runde, aber das kann er sich getrost abschminken! Bevor er auch nur seinen Satz beenden kann, schneide ich ihm mittendrin das Wort ab: „Ihr könnt meinetwegen abhauen, aber ich bleibe ihr!“ „Raphi, Leo hat recht. Es war eine lange Nacht und wer weiß, vielleicht hast du dir das tatsächlich nur eingebildet und vergiss nicht, dass so und so noch jemand kommen wird, um nach ihr zu sehen. Da dürfen wir nicht mehr hier sein.“, mischt sich nun auch Donnie ein, aber ich habe mir das nicht eingebildet! Auf gar keinen Fall, Bernadette hat sich bewegt und das heißt, dass sie versucht, einen Weg zurückzufinden. Sie ist nah dran und da kann ich jetzt nicht einfach abhauen, egal, was auch passieren wird!

Anstatt also dem Anführer Folge zu leisten, dränge ich mich nun dichter an meine Freundin. Mein Herz bebt vor Aufregung und ich könnte kaum jemandem beschreiben, wie mir gerade zumute ist. Ich fühle nur, dass mein gesamter Körper angespannt ist. Als könnte jede noch so kleine Reaktion von mir verhindern, dass ich ein weiteres Anzeichen von ihr wahrnehmen kann. Keine Sekunde will versäumen, an dem sie endlich aufwachen könnte. Hoffentlich ist dies nicht nur ein blasser Hoffnungsschimmer gewesen, welches wie eine Seifenblase zerplatzen könnte. Ich will, dass sie lebt und ich hoffe so sehr, dass der langersehnte Moment endlich gekommen ist, an dem mein Engel nun endlich ins Leben zurückfindet. „Bernadette, hörst du mich?! … Kämpfe, ich bin hier! Ich lass dich nicht los!“, rufe ich ihr nun zu. Meine Aufmerksamkeit vollkommen auf sie gerichtet, lasse ich Bernadette keine Sekunde aus den Augen. Unruhig und sogar leicht ungeduldig verharre ich in meine derzeitige Position. Jeder noch so lächerlicher Befehl von Leo hätte mich keinen Millimeter von hier wegbewegt. Doch anstatt mich wieder mit einem Vortrag zu nerven, lassen mich meine Brüder in Ruhe. Keiner von ihnen mischt sich wieder ein. Stattdessen habe ich sogar den Eindruck, dass sie gerade mit mir mitfiebern. Vielleicht wollen sie es selbst mit ihren eigenen Augen sehen. Ich selbst will es nicht nur spüren, diesmal will ich ihre Bewegung direkt vor mir erkennen. Komm schon Bernadette, ich weiß, dass ich mich nicht geirrt habe, ich weiß es einfach! Wie gebannt, starre ich Bernadette einfach nur, bis ich endlich etwas bei ihr tut. Wie zuvor zuckt einer ihrer Finger und diesmal haben es sogar meine Brüder gesehen, welche sich nun dichter an das Bett gedrängt haben. „Äh … Habt ihr das gesehen?!“, fragt Mikey beinahe hysterisch und selbst die anderen beiden müssen sprachlos zugeben, dass sie sich geirrt haben. Meine Augen weiten sich. Sie muss mich gehört haben! Endlich, nach all den Wochen reagiert sie endlich! „Bernadette, mach weiter! Komm zu mir zurück!“, spreche ich sie ein weiteres Mal an. Ich sehne mich einfach so sehr danach, dass mein Engel endlich wieder die Augen aufmacht.
 

Aus Bernadettes Sicht
 

Der Showdown hat nun begonnen. Ein Machtkampf, der das alles hier endlich abschließen und endgültig entscheiden wird, ob wir beide am Ende nun leben oder sterben werden. Es wird sich bald zeigen und ich habe nicht vor, kampflos aufzugeben. Ich werde an meine Grenzen gehen und alles in meine Macht stehende tun, damit ich endlich in die Arme meiner Familie und meines Liebsten zurückkehren kann. Mit neugewonnenen Mut und mit felsenfester Entschlossenheit mache ich mich bereit. Die andere Bernadette sieht mich siegessicher an. Ein keckes und auch von sich selbst überzeugtes Lächeln umschmeichelt ihr Gesicht, während sie mich ein weiteres Mal auffordert, endlich aufzugeben: „Du wirst das nicht ewig aufschieben können. Du bist bereits zu schwach, oder glaubst du etwa, diese Scharade hätte ich umsonst mit dir erduldet? Es hat keinen Sinn an etwas festzuhalten, was ohnehin bereits verloren ist.“ „Mag sein, dass du mich getäuscht und in die Knie gezwungen hast, aber ich bin nicht schwach und ich glaube weiterhin daran, dass das Leben mehr zu bieten hat, als was du glaubst und genau deswegen gebe ich nicht auf!“, entgegne ich ihr. Keiner kann mir nun mehr etwas vormachen und ich werde garantiert nicht tatenlos zusehen, damit der letzte Lebensfunke endgültig erloschen ist. Es gibt noch Hoffnung und das sowohl für mich, als auch für sie. Sie mag zwar von Schmerz, Verzweiflung und Wut geprägt sein, aber wir beide sind Teile eines Ganzen und keine Manipulation wird es jemals schaffen, dass wir uns gegenseitig vernichten. Egal, wer auch von uns beiden die Oberhand behält.

Mit einem tosenden Aufschrei stürmt mein dunkles Ich auf mich zu. Gewillt mich umzubringen, lodert das Feuer in ihren Augen. Genauso wie ich entschlossen bin, ums Überleben zu kämpfen, so will sie alles in ihre Macht Stehende tun, um mich davon abzuhalten. Sie attackiert mich und nutzt dabei ihre beiden Dolche, welche ich mit meinem Schild abwehre. Ich höre, wie die einzelnen Metallstücke aneinander reiben. Ein entsetzliches Geräusch ist das und doch versucht die dunkle Bernadette meine Verteidigung zu durchbrechen. Als könnte sie meinen Schild mit ihren Waffen durchbohren, stemmt sie ihre Kraft gegen mich. Jedoch stehe ich mit beiden Beinen fest auf dem Boden und kann daher nicht mein Gleichwicht verlieren. Wie ich es schon einmal getan habe, verlagere ich meinen Schwerpunkt und kann sie mit einem Schwung von mir wegdrücken. Voller Zorn starrt sie mich an. Nicht nur, dass ich „denselben Trick“ angewandt habe, um sie von mir fernzuhalten, sie will mich endgültig bluten sehen. „Das Ding wird dich nicht ewig beschützen können. Irgendwann erwische ich dich!“, faucht sie mich an und damit könnte sie sogar recht haben. Bereits die ganze Zeit habe ich mir überlegt, ob es nicht vielleicht doch besser wäre, wenn auch ich in den Angriff gehen würde. Jedoch traue ich mich nicht, ebenfalls einen Dolch oder etwas Ähnliches heraufzubeschwören. Viel zu groß ist meine Angst, ich könnte sie verletzten und dem nach auch mich. Was soll ich also tun? Kann ich mit dem Schild vielleicht sogar mehr ausrichten, als sie nur von mir zu stoßen? Sie wird es wieder versuchen und wenn sie sogar den richtigen Moment abwartet, dann kann sie sogar zustechen, ehe ich mich auch nur rechtzeitig verteidigen kann.

Plötzlich unterbricht uns eine Erschütterung. Erst ein kurzes, kaum wahrnehmbares Zittern nehme ich mit meinen Füßen war, bis es aber stärker wird und uns beide dazu bewegt, den Kampf für einen Moment zu unterbrechen. Als würde ein riesengroßes Erdbeben die gesamte Stadt in Schutt und Asche legen wollen, wackelt alles unter uns. Die andere Bernadette verliert sogar ihre Dolche, während mir der Schild aus den Fingern gleitet. Scheppernd fallen diese Dinge zu Boden, während ich mein anderes Ich entsetzt ansehe und sie verwirrt frage: „Was ist hier los?!“ „Was wird hier wohl los sein, das ist alles nur wegen dir! Weil du das Unvermeidliche solange rausgezögert hast, wird sich diese Welt auflösen und uns gleich mit dazu! Doch wenn du glaubst, dass ich diesen Scheiß hautnah mit dir miterlebe, dann hast du dich geschnitten! Ich werde dich umbringen und dann hat dieses Leid endlich ein Ende!“, keift sie zurück und es ist tatsächlich so, wie sie gesagt hat, die Welt löst sich auf. Als würde sich diese in eine Art Schneekugel befinden, erkenne ich am Himmel viele Risse. Selbst einige Stücke sind dabei, herauszubrechen und sie hinterlassen nichts weiter als Finsternis. Wäre ich jetzt in einem Asterix-Film, so müsste jemand in dieser Sekunde schreien: „Der Himmel fällt uns auf dem Kopf!“ Allerdings ist der Himmel nicht das Einzige, was „auseinanderfällt“. Nahegelenge Gebäude fallen in sich zusammen, die Straßen werden quer entzweigerissen und alles und jeder wird von der drohenden Finsternis verschluckt, welche sich an allen möglichen Stellen ausbreitet.

„Siehst du jetzt endlich, wohin uns deine Sturheit geführt hat?! Du hättest dies alles vermeiden können, indem du alles geschehen hättest lassen können, aber NEIN, du musstest ja weiterkämpfen, obwohl es eh schon aussichtslos war. Jetzt wird unser Tod nur noch umso qualvoller sein, aber wenigstens wird es bald endlich vorbei sein.“, wirft die dunkle Bernadette mir vor, aber am Ende lächelt sie sogar schief. Als wäre ihr langersehnter Moment endlich gekommen, aus dem es kein Entrinnen gibt. Ich kann nicht glauben, dass das wahr sein soll. Sterben wir etwa endgültig, nur weil ich mich dazu entschlossen haben, weiterzukämpfen? Nein, ich will das nicht glauben! In dieser Welt ist mir bereits schon so vieles eingeredet worden und ich bin mir sicher, dass mein dunkleres Ich auch diesmal wieder ihre Finger im Spiel hat. Das ist doch wieder nur eine Lüge, eine billige Täuschung, mit der sie mir wieder Angst machen will. Nein, das lasse ich nicht zu! Ich lasse mich nicht wieder in etwas einwickeln, ich will leben und ich werde aus dieser Hölle entkommen! Während das Beben weiterhin im Gang ist, laufe ich auf mein Schild zu, welches ich sofort ergreife. Ich werde weiterkämpfen und ich werde sie besiegen! Sie hingegen, immer noch von bevorstehenden Sieg überzeugt, lässt einfach weitere Dolche in ihre Hände erscheinen und bemüht sich erst gar nicht, die Alten zu holen. Ein Kichern weicht aus ihrer Kehle, während sie belustigt meint: „Stur und naiv, ich hätte wissen müssen, dass du selbst das hier nicht akzeptieren würdest, obwohl es dir quasi auf dem Silbertablett serviert wird.“

„Ich weiß immerhin genau, dass du mit mir nur spielst.“, entgegne ich hier und ich halte mich bereit. Denn dieses Mal bin ich es, die den Angriff ausführt. Zwar bin ich noch immer unsicher, ob mein „Waffenarsenal“ wirklich ausreichend ist, allerdings habe ich nicht vor, kampflos aufzugeben. Ich werde sie aufhalten und ich werde mein Schild diesmal anders einsetzten. Daher brauche ich kein Dolch, kein Schwert, oder Sonstiges, um sie aufzuhalten. Das Beben hält weiterhin an und es ist nicht gerade leicht, das Gleichgewicht zu behalten, während alles ins sich zusammenfällt. Immer wieder muss ich stehenbleiben, um noch Halt zu finden, ehe ich mich wieder auf das brüchige Dach wiedergefunden hatte. Selbst die andere Bernadette weicht den herabfallenden Stellen aus, was mich sogar etwas stutzig macht. Denn ich dachte, dass sie doch sterben wollte. Warum lässt sie sich nicht also in das nächste Loch fallen? Wenn sie stirbt, so sterbe ich doch auch. Selbst wenn sie sich selbst nichts tun kann, so würde dies nicht auf direkter Weise geschehen. Mein Verdacht, dass auch dies hier nur Lug und Trug von ihr ist, verhärtet sich. Ich habe zwar keine Ahnung, was es mit diesem Beben, oder mit diesen „schwarzen Löchern“ auf sich habt, aber ich werde mit Sicherheit nicht einfach so dastehen und mich von meinem Gegenstück um die Ecke bringen lassen. Gerade kämpft sie eher damit, nicht das Gleichgewicht zu verlieren und genau diesen Moment nutze ich. Mit einem Affenzahn und mit meinem Schild fest in der Hand stürme ich auf sie zu. Ich werde sie umwerfen und ich werde auch ihre Dolche aus ihren Händen schlagen. Dann kann sie nichts mehr ausrichten und ich werde es auch verhindern, dass sie weitere materialisiert.

Als ich schließlich glaube, ihr nahe genug zu sein, versuche ich mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ich stelle es mir sogar genau vor, wie ich sie umrenne und festhalte, während dieses absurde Szenario endlich zum Stillstand kommt. Denn wenn sie sich nicht mehr darauf konzentrieren kann, dann wird sie es auch nicht mehr schaffen, mir Angst zu machen. Doch kaum, dass ich ihr nahe genug bin, schlägt sie zurück. Sie springt zur Seite und versucht, mich aus einem andere Winkel zu attackieren, bis wir am Ende wieder genau an jenem Punkt angelangt sind, an dem wir uns bereits zweimal befunden haben. Wieder schrammt Metall an Metall. Schweißperlen haben sich an meiner Stirn gebildet und auch die dunkle Bernadette sieht nicht viel besser aus. „Du wirst nicht gewinnen, dafür sorge ich!“, zischt sie zwischen ihren Zähnen, aber wenn wir beide so weitermachen, werden wir niemals zu einer Entscheidung kommen. Selbst, wenn sie mich weiter mit diesem Unsinn quält, dass alles in sich zusammenfällt, so wird sich dies nur weiterhinauszögern und genau das will ich nicht. Ich will leben und ich will endlich von hier weg! Keiner wird mich davon abbringen, dass ich ins Leben zurückkehre und ich werde meine dunkle Seite mit mir nehmen, ob sie nun will oder nicht! Allerdings komme ich so überhaupt nicht weiter. Ich befürchte, dass ich mit meinem Schild nichts ausrichten kann, egal welche Strategie ich mir auch ausdenken werde. Es wird nur genauso enden wie jetzt.

Was mache ich nur falsch?! Ich kann sie doch nicht mit ihren eigenen Waffen schlagen, sei es auch wortwörtlich oder symbolisch gemeint. Immer wieder geraten wir an denselben Punkt und ich muss mir unbedingt etwas anderes einfallen lassen, sonst wird das noch in die Unendlichkeit ausarten. Ich stecke in einer Zwickmühle! Wie kann ich sie aufhalten, ohne ihr dabei zu schaden? Schon allmählich verzweifelt blicke ich um mich. Mir muss etwas einfallen, ich muss eine Lösung finden! „Es ist zwecklos, siehst du das nicht? Allein schon von der Vorstellung, du wärst bereits gestorben, warst du zu sehr gefesselt, sodass du zu viel Kraft eingebüßt hast. Also wehr dich nicht länger und akzeptiere es endlich! Es ist vorbei!“, schnauzt sie mich an und nun ist sie es, die mich gekonnt zurückdrängt, wodurch ich zurückstolpere und sogar mein Schild verliere. Der Griff rutscht mir förmlich aus den Fingern und fällt sogar in eines dieser „schwarzen Löcher“, welche sich neben dem Abgrund gebildet haben. Erschrocken sehe ich meinem einzigen Schutz hinterher und starre dabei ins schwarze Nichts, welches sich immer weiter ausbreitet. Stück für Stück bricht diese Welt immer weiter auseinander. Sie löst sich auf und ich stecke mit meiner anderen Hälfte hier fest. Doch während ich hinabblicke, habe ich seltsamerweise ein eigenartiges Gefühl. Seit ich in diese Welt aufgewacht bin, habe ich stets den Eindruck gehabt, dass mich etwas einengt, oder sogar fesselt. Wenn ich aber in dieses Nichts starre, so überkommt mich ein vollkommen anderes Gefühl. Als wäre es eine Mischung aus Sehnsucht und Freiheit. Als würde mich sogar jemand rufen, obgleich mich dort die „ewige“ Finsternis erwarten könnte und normalerweise bedeutet dies nichts Gutes.

Wie gebannt starre ich hinab. Es zieht mich sogar völlig in dessen Richtung, hätte ich da nicht noch ein gewisses Problem im Nacken. „Es ist vorbei Bernadette. Hör endlich auf, dich zu wehren und akzeptiere endlich unser Schicksal.“, höre ich meine dunkle Seite mich ansprechen und ich wende mein Blick wieder zu ihr. Solange sie mich bekämpft und solange sie sich gegen das Leben wehrt, solange werde ich in diesem Albtraum feststecken. Das Gefühl, gefangen zu sein, wird nun wieder stärker und genau hier kommt mir gerade eine leuchtende Idee. Mein Gott bin ich dumm, ich hätte schon viel früher darauf kommen können, aber scheinbar haben mich die Angst und der sehnsüchtige Wunsch, endlich aus dieser Hölle entkommen zu können, vollkommen blind gemacht. Die Antwort darauf, wie ich mein Gegenstück endgültig aufhalten könnte, ist mir bereits schon so nahe gewesen und ich habe es erst jetzt sehen können. Selbst die dunkle Bernadette, die immer noch ihrem Wahn verfallen ist, unser scheinbar „sinnloses“ Leben einfach auszulöschen, hat mir den entscheidenden Hinweis dafür gegeben. Mit Sicherheit ist dies keineswegs beabsichtigt gewesen, aber ohne es zu wissen, hat sie mir geholfen. Wenn sie nur wüsste, was sie gerade getan hat, so würde sie mich noch so herablassend ansehen, aber vielleicht steckt in ihr doch ein winziger Funken Hoffnung. Denn wie sagte sie bereits? Diese strenge Grenze zwischen Gut und Böse gibt es nicht. Nie hat sie sich als jene Verkörperung betrachtet. Viel mehr stellte sie sich mir als meinen „Schatten“ vor, jemand der einfach von Angst und Leid geprägt ist. Daher muss in ihr auch etwas Gutes stecken, ich weiß es einfach.

Aufrecht und siegessicher geht sie auf mich zu und lässt ihre Dolche zwischen ihren Fingern gleiten. Auch wenn das unaufhörliche Beben weitermacht, hindert dies sie nicht daran, ihren unbändigen Wunsch zu erfüllen. Ein boshaftes und keckes Grinsen umschmeichelt ihr Gesicht und sie glaubt wahrscheinlich, dass ich nun so große Angst habe, sodass ich mich nun nicht mehr wehren kann und sie nun freie Hand hat. Ich lasse sie einfach auf mich zukommen. Sie muss mir ganz nah sein, erst dann kann ich meinen letzten Versuch wagen, sie aufzuhalten. „Das ist nicht „unser Schicksal“ und das weißt du auch.“, entgegne ich ihr schließlich, während ich ihr weiterhin in die Augen starre. Nur noch wenige Schritte und dann ist es soweit. „Und ob es das ist. Wir hätten nicht weiterleben dürfen, wir hätten schon viel früher alles hinter uns lassen müssen. Warum willst du das immer noch ignorieren? Sieh es endlich ein, dass es für uns keinen Platz im Leben gibt.“, widerspricht die andere Bernadette mir und greift mich schließlich an. Doch kaum, dass sie mit ihrer rechten Hand zum Schlag ausholen will, reagiere ich und ernte dabei einen geschockten Blick. Ihr Handgelenk ist vollkommen von meiner Peitsche umwickelt, die ich in letzter Sekunde heraufbeschworen habe. Wild reiße ich am anderen Ende daran, wodurch sie ihren Dolch verliert und sogar ein Stück in die Knie geht. Ohne lange zu zögern, laufe ich um sie herum und umwickle sie dabei mit dem Rest meiner Waffe, sodass ein Entkommen unmöglich ist. So schnell ich nur kann, ziehe ich fest daran und nun ist sie es, die gefangen ist. Eingeschnürt wie ein Paket habe ich sie nun fest im Griff und wäre ich nicht damit beschäftigt, sie festzuhalten, hätte ich einfach den Satz „Ironie des Schicksals, nicht wahr?“ herausposaunt.

„Was?! Was soll das?! Lass mich los!“, schnauzt mich die Überwältigte an. Die ganze Zeit war sie es, die die Oberhand in dieser Horroranstalt gehabt hat. Doch genauso wie sich diese absurde Welt auflöst, so hat auch mein anderes Ich verloren. Obgleich die dunkle Bernadette sich immer noch wehrt, ich habe es geschafft, ich habe sie besiegt und genau das reibe ihr unter die Nase: „Es ist vorbei, ich habe gewonnen und gemeinsam werden wir ins Leben zurückkehren.“ Kurz hält die Angesprochene inne, bis sie aber dann zu lachen anfängt und mich schelmisch fragt: „Und wie stellst du dir das vor? Es gibt keine Möglichkeit ...“ „Und ob es die gibt.“, widerspreche ich ihr, nachdem ich sie kurzerhand unterbrochen habe. Es wird Zeit, dass wir diesen Albtraum ein für alle Mal hinter uns lassen und ich lasse mir auch nichts einreden. Das ist vorbei! Allerdings weiß ich auch, dass es mir hier unmöglich ist, sie vom Gegenteil zu überzeugen, aber das ist nicht mehr wichtig. Wir werden zurückkehren und das gemeinsam, ob sie nun will oder nicht. Um zu verhindern, dass die andere Bernadette die Möglichkeit bekommt, doch noch entkommen zu können, zögere ich daher nicht länger und dränge sie in Richtung Abgrund. Ihre Augen weiten sich, vermutlich ahnt sie bereits, was ich vorhabe. Doch bevor ich dies wirklich in die Tat umsetzte, droht sie mir ein letztes Mal: „Wenn du das tust, schwöre ich dir, dass du das noch bitter bereuen wirst. Nichts wird mehr so sein wie früher.“ „Das ist mir egal.“, entgegne ich ihr kurz und knapp, ehe ich tief Luft hole und mich mit ihr hinabstürze, wo die Finsternis auf uns wartet.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Mad-Dental-Nurse
2018-02-25T15:16:58+00:00 25.02.2018 16:16
Okay, auch wenn ich ahne, wie es im nächsten Kapitel weitergeht, fiebere ich mit. Du hast den Kampf zwischen dem Willen zu leben und der Angst vor dem was kommt, richtig gut beschrieben. Kann mir gut vorstellen, daas es echt Mut braucht, weiter leben zu wollen👍👌
Antwort von:  Pamuya_
25.02.2018 16:39
Dankeschön für dein Lob. Ich wollte den inneren Kampf nicht so einfach machen, egal in welche Richtung diese gehen würde. ^^
Frage mich nur, welchen Verdacht du für das kommende Kapitel hast. ^^ Schließlich gibt es genug Möglichkeiten dafür.
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
25.02.2018 19:19
Das der Tod von Bernadettes Vater, was mit dem Anwaltsekel zu tun hat...oder irgendwelche krummen Geschäfte. Eine Firma, über der Vater sich ausschweigt ist seeeeeeeehhhrrr verdächtig...
Antwort von:  Pamuya_
25.02.2018 21:47
... Wer weiß ^^
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
27.02.2018 11:30
Hihi* spann mich nicht zu sehr auf die Folter...^^
Antwort von:  Pamuya_
27.02.2018 11:32
Mal schaun ... ^^
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
28.02.2018 21:25
Hast du eigentlich das letzte Kapitel, was ich hochgeladen habe gelesen?
Antwort von:  Pamuya_
28.02.2018 22:23
Puh ... ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Hab schon ne Weile keine Kapitel von anderen gelesen. Normalerweise müsste ein Review von mir stehen. Was ich lese, kommentiere ich auch. ^^
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
01.03.2018 07:42
Leider keine review. Dacjte deswegen hast du es zear gelesen aber cergessen zu kommentieren
Antwort von:  Pamuya_
01.03.2018 09:21
Ganz bestimmt nicht ^^, ich schreib immer ein Review. Sowas ist mir wichtig. ^^
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
01.03.2018 19:54
Kannst es ja nachholen😁


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