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The Warning!

von

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Die Warnung!

- Kapitel fünfzehn -


 

Draco hätte ein verfluchtes Denkmal verdient, in Anbetracht auf die nicht ausgenutzte Situation, als Granger unter ihm lag. Davon abgesehen erlaubte die Gesamtsituation ihm auch nicht, sie jetzt zu küssen, aufgrund der Tatsache, dass er schnell handeln musste. Das hatte er verstanden, denn jemand wollte einen Cruciatus auf ihn und Granger feuern. Das Gesicht, in welches er sah, war so bekannt und er wusste, er hätte mehrmals in das Gesicht schlagen sollen, als er die Gelegenheit dazu hatte, aber wieso wusste Draco es nicht besser? Wieso kannte er dieses niederträchtige Subjekt nicht? Nie sah er diesen Menschen, der gehässig und mit nach unten gesenktem Zauberstab vor ihnen stand. Weder auf Malfoy Manor, noch während anderer Todessertreffen, welche außerhalb des Manors ausgetragen wurden, hatte er dieses Scheusal gesehen. 
 

„Na? Erstaunt mich zu sehen? Habt ihr jemand anderen erwartet?“, eröffnete Robin Sterling feixend das Gespräch.
 

Okay, er hätte Granger gegenüber wirklich dankbarer sein können, im Hinblick darauf, dass sie nichts von Narzissas Verrat erwähnte. Potter war es schließlich, der ihm diese Information unter die Nase rieb. Potter! Verdammter Elfenmist, er sollte sich auf die jetzige Situation konzentrieren und sich nicht weiter über ungelegte Eier sorgen. Ja, gut, seine Mutter hatte Potter geholfen. Na und? Es sollte Draco nicht weiter stören, aber... es war doch Potter, verdammt!
 

„Was?“, entfuhr es Hermine ungläubig. Sie war außer Stande, ihren Mund geschlossen zu halten. Was hatte Robin Sterling hier zu suchen? Hermine sah alles in ihm, aber keinen Todesser. Sie fand ihn sogar anziehend, charmant, nett... und jetzt? Er war offenbar ein Todesser, dessen Stimme sie anhand der aufgesetzten, eisernen Todessermaske nicht zuordnen konnte. Dahingehend war sie geschockt, nachdem sich Robin zu erkennen gab, dessen Name jedoch nirgends aufgeführt oder in Verbindung mit Todessern gebracht wurde, was die junge Gryffindor umso mehr verstörte, aber es war die bittere Realität. „Was soll das heißen?“, schnaubte sie anschließend verächtlich, als sie sich beruhigte und ihrer Haltung die nötige Autorität verlieh.
 

„Miss Granger, immer wieder überraschen Sie mich“, lächelte Robin, der seinen Zauberstab durch seine filigranen Finger gleiten ließ. „Ich hatte große Sorgen, als ich Sie im Ministerium angetroffen hatte und Sie mir sagten, dass Sie zu den Praktikanten gehören. Ich war beunruhigt, dass ich auffliegen könnte, aber es scheint, als hätte ich auch diese Hürde gemeistert, wenn ich mir Ihr entsetztes Gesicht ansehe?“
 

Sofort verkrampfte sich Hermines Hand um ihren Stab. Nahm man es genau, hatte Robin Sterling – der eine enorme Faszination auf Hermine ausgeübt hatte – sie an der Nase herumgeführt. „Deswegen haben Sie auch gefragt, ob Harry hierher kommt. Sie wollten wissen, ob Harry die Möglichkeit hat, ins Ministerium zu kommen.“ Immer mehr nahmen ihre diffusen Gedanken Formen an. Sie hatte eine Vorahnung, was hinter all dem steckte. Nur wusste sie nicht, in welcher Verbindung Robin Sterling zu Voldemort stand, da Malfoy ihn ebenfalls nicht zu kennen schien - zumindest las sie das in Malfoys Gesichtsausdruck, der genauso entgeistert war, wie Hermines anfängliche Miene.
 

„Und schon wieder“, lachte der Ministeriumsbeamte nach wie vor gerissen, „überraschen Sie mich. Ihr Ruf, Miss Granger, eilt Ihnen nicht voraus. Sie sind wahrhaftig eine ganz andere Persönlichkeit. Die Medien, welche Ihre Brillanz hervorhoben, hatten in keinster Weise übertrieben. Mit mir an eurer Seite, können wir Großes erreichen.“ Seine weißen Zähne blitzen hervor, wonach er ihr galant seine Hand entgegenstreckte, in der Hoffnung, sie würde danach greifen. 
 

Gerade als Hermine kontern wollte, mogelte sich Malfoy in ihr Blickfeld. „Ha, das glaube ich aber nicht, Freundchen.“ Lange genug musste er sich diesen Aasgeier nun ansehen und endlich bekam Draco die Chance, diesen Sterling all das spüren zu lassen, was er ihm schon immer sagen wollte. Was wagte sich dieses Arschloch überhaupt? Wirklich intelligent schien der Bursche nicht zu sein, denn sonst würde er wissen, dass Granger diese Schiene der Macht verachtete und dieses Weltbild zutiefst verabscheute, aufgrund ihrer eigenen, jahrelangen Erfahrungen, hinsichtlich der Demütigungen, der sie ausgesetzt war. Auch darüber hatten die Zeitungen berichtet. Selbst Draco wusste, wie Granger zu den Handlungen der Todesser stand. Es war nicht schwer zu erkennen, oder? Granger stammte von Muggeln ab. Natürlich hasste sie Todesser!
 

„Mister Malfoy, wo sind bloß meine Manieren? Sie haben ganz recht. Natürlich sollte ich meinen Plan erläutern, womit ich Sie eventuell mehr überzeugen und Ihnen mein Anliegen näher bringen kann.“ Robin griff in sein Jackett und tastete nach der Glaskugel, die er augenblicklich herauszog und sie seinen beiden Praktikanten vor die Nase hielt. „Deswegen sind Sie hier, habe ich recht?“ Mit stechendem Blick und einem grobschlächtigen Grinsen starrte er zu Hermine Granger und Draco Malfoy. 
 

„Haben Sie die Kugel hier versteckt?“, fragte Hermine unsicher nach. Sie wollte nicht wahrhaben, dass ein Todesser das Unmögliche schaffte - nach dem Krieg und den angestiegenen Sicherheitsmaßnahmen sich ins Ministerium zu schleusen, um dort einen Horkrux zu verstecken. Täuschte sie sich so gravierend, angesichts ihrer Menschenkenntnis, von der sie stets ausging, sich darauf verlassen zu können? 
 

„Sprechen Sie weiter, Miss Granger“, forderte Robin Sterling, der wusste, dass Hermine Granger ihre Schilderungen noch nicht zu Ende geführt hatte. Währenddessen betrachtete er die Kugel. Er starrte hinein und wartete darauf, dass etwas passierte. Seine Mutter war während ihrer damaligen Ausführungen nicht sehr präzise, als sie Robin die Kugel anvertraute und ihm sagte, dass er sie sicher verstecken sollte. 
 

„Sie sind ein Todesser, was durch die Maske nicht sonderlich schwer zu erkennen ist. Das Ministerium hat viele Todesser aufgespürt. Demzufolge können Sie nicht ohne Verwendung schwarzmagischer Flüche die Sicherheitsvorkehrungen umgangen haben.“ Hermine überlegte. Beide, Draco und sie, standen mit gezückten Stäben vor Robin Sterling, einem hochrangigen Ministeriumsbeamten. „Daraus lassen sich zwei Möglichkeiten herleiten. Entweder tragen Sie nicht den Nachnamen eines ehemaligen Todessers oder... Sie haben - wie schon erwähnt - schwarzmagische Flüche genutzt, um sich Zutritt zum Ministerium zu verschaffen“, schlussfolgerte Hermine weiter. Sie nahm an, dass Robins Eltern nicht verheiratet waren, womit er einer Kontrolle umgehen konnte. 
 

„Erstaunlich, Hermine.“ Robin wollte Psychospiele spielen, in denen er versuchte, auf Hermine einzureden und sie daraufhin mit ihrem Vornamen ansprach. Sein Vater besaß dieses Talent ebenfalls. „Sie haben recht. Meine Eltern waren nicht verheiratet. Shoshanna Sterling war meine Mutter... und mein Vater war Tom Riddle. Vielleicht ist er Ihnen unter dem Namen -“
 

„Sie lügen“, brüllte Hermine aufgebracht. Sie durfte jedoch nicht ihre Nerven verlieren. Nicht nach dieser Aussage. Robin Sterling sollte der Sohn von Voldemort sein? Was? Zwar bezichtige Hermine ihn der Lüge, aber wieso sollte er lügen? Wieso? Es wäre natürlich möglich, dass Voldemort seine Gene weitergeben wollte. Vielleicht war es auch ganz anders, und er wurde gar nicht erst in Kenntnis über die Existenz seines Sohnes gesetzt? Unschlüssig, was sie tun sollte, sah sie zu Malfoy herüber. Sie erkannte in Malfoys Gesicht Ausdruckslosigkeit – er wusste demnach, wer Tom Riddle war. Beide, Hermine und Malfoy, standen kurz vor einer kollektiven Implosion, aber mit dieser Neuigkeit, hatte Sterling nicht nur Hermine, sondern auch einen ansonsten sehr standhaften Malfoy aus den Socken gehauen. „Sie können unmöglich Voldemorts Erbe sein. Lord Voldemort“, zischte Hermine voller Abscheu und Verachtung, „liebte nur sich selbst und sonst niemanden. Niemals hätte er eine Existenz, die seiner irgendwann hätte gefährlich werden können, geduldet.“ Sie würde den Spieß jetzt umdrehen.
 

Was hatten sie schon zu verlieren? Nichts. Rein gar nichts. Vielleicht wollte Hermine sich mit ihrer Handlung auch nur selbst ein Mahnmal setzen, da ihre Menschenkenntnis versagte, weshalb sie so expressiv reagierte. „Sie scheinen tief gekränkt zu sein, wenn Sie ernsthaft in Erwägung ziehen, an uns ein Exempel zu statuieren, um weitere Menschen abzuschrecken, die sich Ihnen in den Weg stellen wollen. Schlimmer ist jedoch die Tatsache, dass Sie glauben, dass Voldemort auch nur eine seiner Gene weitergeben wollte.“
 

„Granger, sei still, verdammt!“ Draco sah es kommen. Er würde sich noch vor Granger werfen müssen, wenn sie Sterling weiter provozierte. Allerdings war ihre subtile Art bemerkenswert, das musste Draco neidlos zugeben. Sie ließ sich auf Sterlings Spiele nicht ein und begann selbst, solche Spiele mit ihm zu spielen. Larmoyant war Granger keineswegs, egal, was sie alles mit ansehen musste. „Es ist nicht gerade vorteilhaft, wenn du den Gegner provozierst.“ Dennoch wollte er nicht, dass sie sich in Sterlings Schusslinie begab.
 

„Mister Malfoy“, feixte Robin und spielte weiterhin mit seinem Zauberstab, während er in der anderen Hand die Kugel hielt, „Ihr Betragen ist beklagenswert. Lassen Sie Miss Granger ruhig aussprechen oder hat Lucius Ihnen wirklich zu wenig Anstand eingeprügelt?“
 

Oh, falsches Thema. Ohne Feinheiten krallte sich Draco in seinem Stab fest – der nach wie vor auf Sterling gerichtet war. „Lass Lucius aus dem Spiel oder bist du sauer, weil er dir womöglich den Rang abgelaufen hat und du überhaupt keine Rolle für den dunklen Lord gespielt hast? Im Gegensatz zu dir, hatte ich wenigstens einen Vater, der mir Anstand einprügeln konnte.“ Sagte er vor wenigen Sekunden nicht, dass Granger ihren Gegner nicht provozieren sollte? Aber was genug war, war eben genug. „Erzähl schon, wie hast du das alles angestellt?“, spuckte Draco und hasste sich stumm, da er vor Tagen Grangers Thesen als schwachsinnig einstufte. 
 

„Ich stehe zu meinem Wort“, entgegnete Robin und schaute fasziniert, aber auch wie vom Wahnsinn zerfressen, in die Kugel. „Diese Kugel beherbergt einen Seelenteil meines Vaters. Meine Mutter bewahrte diese Kugel über die Jahre auf“, seine stahlblauen Augen leuchteten unter der Aussetzung des Lichtes, das die Kugel verströmte, „und gab sie mir, bevor sie vor drei Jahren verstarb. Ich erfuhr von meinem Vater und von meiner Abstammung.“ Es klang wie eine Erzählung aus einem Horrorbuch, so echt und authentisch erzählte er seine Geschichte. Robin bekam niemals die Gelegenheit, seinen Vater kennenzulernen. Er war in Durmstrang zur Schule gegangen und seine Mutter erzählte wenig, sobald Robin das Thema auf seinen Vater gelenkt hatte. Doch es hatte sich gelohnt, immer wieder nachzubohren, denn vor drei Jahren erfuhr er die Wahrheit.
 

Hermine lief es eiskalt den Rücken runter, als sie wieder in die Vergangenheit geschleudert wurde. Sofort war ihr klar, dass das ein schlimmes Ende nehmen konnte, sollte Sterling wirklich das Unmögliche möglich machen. Was sollte sie Harry sagen? Die Wahrheit natürlich, aber wie? Wie sollte sie Harry erklären, dass sie alle etwas übersehen hatten – selbst Dumbledore! Sterling stand während seiner Erzählung so teilnahmslos da, er war völlig in seiner Erzählung vertieft, seine Augen stur auf den grau-bläulichen Nebel gerichtet und doch wandte Sterling den Stab gegen sich selbst, ohne sich darauf zu konzentrieren und mit Entsetzen sah Hermine, wie die blonden Haare eine andere Farbe annahmen - es war, als stünde plötzlich Tom Riddles Zwilling vor ihr. 
 

„Ich werde meinen Vater ein zweites Mal zurückholen! Gemeinsam werden wir sein Werk vollenden“, ergänzte Robin, nachdem er in seiner wahren Gestalt vor ihnen stand. Lange musste er in der Ministeriumsbibliothek suchen, bis er diesen Zauber fand - sich zu verwandeln, ohne auf Vielsaft-Trank zurückzugreifen. Er hatte nur vage Vermutungen, was die letzte Ruhestätte seines Vater betraf. Nachdem Potter seinen Vater niederstreckte, wurde seine Leiche verscharrt, doch dank des Horkruxes musste der Geist seines Vaters abermals entkommen sein. Süd- und Mittelamerika hatte Robin bereits abgesucht. Nun, da er drohte aufzufliegen, musste er seine Suche beschleunigen. 
 

„Und das Ministerium war das sicherste Versteck, nehme ich an?“, fauchte Hermine. Die Wut brodelte in ihr. All die Mühen, die Harry, Ron und sie auf sich genommen hatten, wären für die Tonne, wenn Sterlings Plan aufging. Immer wieder musste Hermine sich dies in Erinnerung rufen, um die Ernsthaftigkeit der Lage zu begreifen. 
 

„Hermine, Sie sind wirklich eine kluge Hexe. Ich nehme an, Sie werden aufgrund Ihrer Brillanz ausgezeichnet, und ja, das Ministerium war der sicherste Ort. Wer würde in der Halle der Prophezeiungen einen Horkrux vermuten? Niemand, bis auf Sie. Natürlich behielt ich Sie besonders im Auge, Hermine. Ihre Genialität ist beeindruckend, sowie furchteinflössend zugleich. Als ich Sie beide gestern hab reden hören, musste ich die Kugel in Sicherheit bringen, ich musste handeln. Gestern wurde mir noch mehr vor Augen geführt, wie furchterregend Ihre Begabung wirklich ist“, erklärte Robin vorsintflutlich. Er war so spannungsgeladen, von Euphorie zerfressen, durch den Gedanken, seinen Vater endlich wieder zurückholen zu können, dass seine Stimme eine animalische Tonlage annahm. Nach außen hin erschien er dennoch ausdruckslos, sein Inneres sah jedoch anders aus. „Sie, als Muggelgeborene, müssen wissen, wie es ist. Die Menschen müssen sich bekriegen, so war es schon immer, oder sehen Sie das anders?“
 

„Ja!“, feuerte Hermine entschlossen zurück. „Die Menschen müssen sich nicht bekriegen, weil es viel mehr schöne, als schlechte Dinge gibt.“
 

„Und trotzdem führt Ihre Rasse immer wieder Kriege, oder irre ich mich?“, fragte Robin belanglos, als würde er sich mit Hermine über das Wetter unterhalten. „Korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege, aber ich wage mich an einen ersten und zweiten Weltkrieg zu erinnern, gefolgt vom Vietnamkrieg. Sollte ich den ersten und zweiten Golfkrieg ebenfalls erwähnen? Und aktuell? Heute tobt im Kosovo ein Krieg – angeführt von Ihrer Rasse!“, zählte Robin weiter phlegmatisch auf. „Wie Sie sich selbst eingestehen müssen, ist das Handeln Ihrer Rasse doch bedeutend schlimmer, als dass der Meinen, oder?“
 

„Nein, denn Sie tun nichts weiter, als diese Kriege zu verherrlichen. Statt aus den Fehlern meiner Rasse“, Hermine hätte Sterling gerne ins Gesicht geschlagen, als sie das Wort Rasse erwähnte, „zu lernen, wollen Sie uns fein säuberlich suggerieren, wo primär die Quelle allen Übels angeblich sitzen soll. Sind Todesser nicht diejenigen, die Muggel verabscheuen? Ja, oder? Aber dann frage ich mich wiederum, wieso Sie versuchen, die Taten der Muggel zu plagiieren? Verstehe ich Sie richtig, wenn ich sage, dass Sie nur einen weiteren Zaubererkrieg glorifizieren, um andere Rassen - in dem Fall meine Rasse, die Kriege führen – zu eliminieren, weil Sie der Annahme sind, dass Menschen sich bekriegen müssen?“
 

„Nein, die Kriege der Muggel interessieren mich nicht. Viel mehr stören die Muggel pauschal, verstehen Sie? Wir Zauberer müssen uns immer wieder verstecken, müssen unsere Fähigkeiten verleumden, um uns selbst nicht zu denunzieren, obwohl wir die stärkere Rasse sind. Trotz unserer Kapazität, müssen wir in ständiger Angst leben, dass man unsere Magie, unsere Gabe stiehlt. Mein Vater hätte ein Imperium erschaffen und uns Zauberern zu alter Stärke verholfen.“
 

Sterling schnappte ebenfalls diese unverschämte Behauptung auf, dass Muggel Magie stehen würden, sofern sie von der Existenz der Zauberwelt erfuhren? Lange hielt sich das Gerücht aufrecht. Es wurde sogar darüber gemunkelt, dass man einigen Zauberern vor Jahrhunderten Magie gestohlen hatte, aber man konnte es nie nachweisen. Viel mehr konnte man aber beweisen, dass man Magie nicht einfach so stehlen konnte und dennoch schaffte es dieses Gerücht, sich über die Jahrhunderte zu ziehen - wie ein Kaugummi, das man auseinander zog. Es setzte sich in den Köpfen der Zauberer, viel mehr in den Köpfen der Reinblüter, fest. Es war so lächerlich! Einfach lächerlich. Wusste Sterling überhaupt, dass die väterliche Seite seines Vaters durchgehend von Muggeln abstammte? Anscheinend nicht, sonst würde er so nicht sprechen, aber was erlaubte Hermine sich überhaupt ein Urteil? Voldemort selbst verheimlichte diese Information vor seinen Anhängern. Da wäre sein Sohn der Letzte, der davon wissen würde. 

 

Dracos Wut hingegen steigerte sich ins Unermessliche. Das sollte der Sohn des dunklen Lords sein? Ein Feigling, der sich ins Ministerium einschleichen musste, weil ihm der Arsch gewaltig auf Grundeis ging, wenn er seine wahren Absichten geäußert hätte? Ha, auf diesen Sohn wäre der dunkle Lord mehr als stolz. Merlin, Draco war mit seinen achtzehn Jahren ja schon sehr naiv, was seine Ideologie anging, aber Sterling? Er übertraf Draco um Meilen. Und seine ständigen Worte Granger gegenüber. Auch das war etwas, was Draco massiv störte, aber bislang schlug sie sich recht gut. Sie ließ sich nicht beeinflussen, aber wie sollte sie auch? Sterling erklärte ihnen gerade, dass er Voldemort zurückholen wollte. Natürlich würde Sterling sie damit nicht beeindrucken können. „Normalerweise fängt der Fisch am Kopf an zu stinken, aber da man dich ja kaum für irgendwas verantwortlich machen kann, da du vermutlich sonst wo warst, als Merlin das Hirn verteilte, wäre das Sprichwort das reinste Lob für dich. Alles, was ich bisher verstehen konnte, war das reinste Bla Bla Bla. Nicht gerade förderlich, wenn man einen so gewaltigen Plan verfolgt.“
 

Robin wandte sich an Draco. „So schnell deine Ziele vergessen, Malfoy? Aber was will man von Lucius' Frucht auch erwarten? Du bist genauso erbärmlich, wie dein Vater. Deine Familie hat doch nur eine neue Chance erhalten, weil Potter für euch ausgesagt hat.“ Nun duzte Robin ihn ebenfalls.
 

„Lass dich nicht provozieren, Malfoy“, zischte Hermine, nachdem sie sich näher zu ihm stellte. Sie griff nach seiner freien Hand und übte sanften Druck darauf aus. Sie durften sich nicht entzweien lassen, sondern mussten zusammenhalten. Gelassenheit ist die anmutigste Form des Selbstbewusstseins, zitierte sie flüsternd das Sprichwort einer Muggel. 
 

Merlin, diese horrende Wut in Draco wollte sich selbst durch ihre Hand nicht vollumfänglich bändigen lassen. Nur Draco selbst durfte Lucius hassen. Sobald jemand anderes etwas auf Lucius kommen lassen wollte, sah Draco rot. 
 

„Noch könnt ihr euch für die richtige Seite entscheiden“, schlug Robin vor. Danach sah er die beiden abwartend an.
 

Für eine Seite entscheiden? Niemals würde Hermine solch eine Überlegung in Betracht ziehen. Sie müsste, würde sie sich auf Robin einlassen, in Angst leben, da sie genau das war, was Todesser versuchten auszulöschen - nämlich eine Muggelgeborene.
 

Das war ein klarer Nachteil, da Hermine und Draco immer gegeneinander, statt miteinander gekämpft hatten. Somit konnten sie sich nicht aufeinander abstimmen, selbst mit Blickkontakt könnte Draco ihr nicht wirklich symbolisieren, was er vorhatte. „Und noch kannst du mir den Buckel so lange runter rutschen, bis die Dementoren dich holen.“ Er packte Hermine und schleuderte sie nach hinten, ehe er seinen Stab auf Sterling richtete. Imperio! 
 

Robin konnte dem Fluch nicht rechtzeitig ausweichen. Auch Hermine hechtete zurück zu Malfoy, die ihn sofort maßregeln wollte. „Du kannst keine unverzeihlichen Flüche -“
 

„Schnauze, Granger! Du willst jetzt mit mir darüber diskutieren, ob deine Taktik, harmlose Flüche zu benutzen, sinnvoller ist?“ Grundgütiger, sie brachte ihn um den Verstand. Meinte sie das ernst? Wollte sie ihm sagen, er solle Sterling mit Samthandschuhen anfassen? Eigentlich durften sie sich nicht streiten. Sie würden Sterling damit nur zeigen, dass man einen Keil zwischen sie treiben konnte und das durfte nicht passieren, aber dann sollte sie ihn auch nicht zur Weißglut treiben. Merlin, hätte er Granger doch nur schon eher näher kommen können – nicht auf intime Weise, sondern so, dass er wusste, wie er mit ihr umgehen musste. Das hätte vieles erleichtert. Er drängte sie in eine andere Ecke und musste mit Entsetzen feststellen, dass Sterling sich seinem Fluch widersetzte. 
 

Verdammt! Wieso widersetzten sich ihm alle? 
 

„Viel zu leicht“, erwiderte Robin, der sich mit dem Handrücken über seinen Mund wischte. Die Kugel steckte er zurück in seine Tasche. „Du musst einen Imperio auch wollen, Malfoy“, belehrte Robin ihn und näherte sich den beiden mit langsamen Schritten.
 

„Hörst du, wie er uns verhöhnt?“, knurrte Draco, als er Hermine immer weiter trieb – weg von allem Unheil. Und sie wollte alles vernünftig klären... Klasse, nun sah sie mit voller Härte, wie weit sie mit Diplomatie gekommen wäre; bis zur nächsten Biegung und nicht weiter.
 

„Malfoy!“ Entschieden stieß sie ihm vor seine muskulöse Brust. Sie war durchtrainiert und hart, als ihre Hand dagegen stieß, fiel ihr auf. „Wir müssen uns wehren!“ Sie schritt an ihm vorbei, direkt in Sterlings Schusslinie. 
 

Sicher stand sie auf ihren Beinen, den Zauberstab direkt auf Robin Sterling gerichtet. „Sie werden mir die Kugel aushändigen“, befahl Hermine, als sie um die Ecke bog und Robin Sterling gegenüberstand, der inne gehalten hatte, nachdem er die junge Frau entdeckte. „Sie werden mit mir und Malfoy zum Minister gehen, der Sie in die Obhut der Dementoren übergibt.“
 

Genervt sanken Dracos Arme an seine Seite. Sie versuchte tatsächlich mit Diplomatie voranzukommen? Jetzt zweifelte er wirklich an ihrer Intelligenz. Gott, er würde sich einmischen müssen, ehe Granger noch etwas schlimmeres passieren würde. Todesser ließen nicht mit sich reden und wenn das der Sohn des dunklen Lords wäre, wäre Sterling sowieso der Letzte, der sich abführen ließ. „Aus dem Weg!“, fauchte Draco und stieß Granger abermals zur Seite. Confringo!, brüllte er hinterher. Der Fluch schoss aus der Spitze, um geradewegs auf Sterling zuzurasen, doch dieses Mal konnte er dem Fluch ausweichen. 
 

Hermine kam Draco zu Hilfe. Expelliarmus!, rief sie, doch auch Hermine traf nur ins Leere. Impedimenta!, donnerte ihre Stimme im Anschluss, als Robin auch ihren Flüchen auswich.
 

„Protego!, rief Robin gelassen und ein Schutzschild umhüllte ihn. Er hielt ihn aufrecht und lief nun schneller auf Hermine und Draco zu.
 

Daraufhin packte Draco instinktiv nach ihrem Gelenk und zog sie mit sich. Er realisierte, dass ihr Zusammenhalt nichts, oder nur wenig gegen einen Protego-Zauber ausrichten konnte. Draco lief durch mehrere Gänge, wodurch er versuchte Sterling abzuschütteln, doch immer wieder holte er sie ein und feuerte Flüche auf sie. 
 

„L-lass uns“, röchelte Hermine und schnappe nach Luft, „Lass uns... einen Desillusionierungs... Zauber anwenden!“ Durch Malfoys Griff war sie gezwungen, mit ihm zu laufen. Sie wollte sich auch gar nicht befreien und war froh, dass Malfoy sie nicht einfach hatte stehen lassen, denn das hätte zu ihm gepasst und dieses Verhalten hätte sie ihm auch eher zugetraut. Doch nichts dergleichen. Er zog sie konsequent mit sich. 
 

„Dauert zu lange!“, rief er über ihre Schulter. Er könnte sich wieder in einen Animagus verwandeln. Vor der Gestalt eines Drachen schien Sterling Respekt zu haben. 
 

„Relaschio!, schrie Hermine, aber durch das Rennen verfehlte sie ihr Ziel um Weiten. Ihre Treffsicherheit war rapide gesunken. „I-ich ka-kann nicht mehr!“, keuchte sie.
 

„Renn, Granger! Renn einfach!“, brüllte Draco zurück und ließ ihre Hand nicht los. Er musste sich schnellstmöglich überlegen, ob er sich wieder in den Drachen verwandeln sollte. Viele Möglichkeiten blieben ihm nicht. Wieso, in Merlins Namen, konnte Sterling so gute Reflexe aufweisen? Es war schrecklich, vor etwas wegzurennen. Aber tat Draco das nicht auch, während des Krieges? Lief er damals nicht auch davon? Doch... Aber jetzt, in der Gegenwart, würde er nicht mehr wegrennen und Granger schaffte es nicht mehr, bis zur Tür zurück. Er sollte sie nach alldem zu seinen morgendlichen Jogger-Runden einladen, damit sie Kondition und Ausdauer aufbauen konnte.
 

Verwandeln oder nicht? Die Chance, weiterzuleben, erhöhen oder alles auf einen zukommen lassen?
 

Abrupt hielt Draco an und spürte, wie Granger gegen seinen Rücken knallte – ähnlich wie am letzten Ferientag. Damals stieß Granger in der Winkelgasse auch mit ihm zusammen. Ein letztes Mal würde Draco es versuchen. Er drehte sich um und konnte über Grangers Schulter Sterlings lachendes Gesicht erkennen, woraufhin sich Dracos Wangen blähten, seine Augen zusammengekniffen wurden und er seinen Zauberstab erneut auf Sterling richtete. Reductio!, schrie Draco mit soviel Hass, wie er aufbringen konnte. Der Funkenstrahl schoss aus seiner Stabspitze und schlängelte auf Sterling zu und... verfehlte ihn erneut. „Fuck!“, entkam es ihm knapp. 
 

Fein, Draco hatte seine Chance vertan und bemerkte seinen Fehler. Sterling wartete nur auf einen Fehler, den er ausnutzen konnte und das tat er – ohne überhaupt nachzudenken, was passieren konnte. Unverzüglich feuerte der Feind im Umkehrschluss absichtlich einen Fluch auf eines der Regale. So schnell, wie das Regal umfiel, konnten Draco und Hermine gar nicht reagieren, weshalb der Hogwartsschüler nur eine Möglichkeit sah, dem Chaos lebend zu entkommen, denn bis sie das Ende des Flures erreicht hätten, wäre es sowieso zu spät gewesen. Ungesehen hatte er es geschafft, den Stab zu seiner Schläfe zu führen.
 

Die Entscheidung war gefallen!
 

Abschließend ließ er den Stab fallen, packte Granger an ihrer Taille und stürzte mit ihr zu Boden. Sie landete auf ihrem Rücken und Draco über ihr, bevor mehrere Holzbretter und Glaskugeln die beiden unter sich begruben. 
 

Hermine, die von einer der Kugeln am Kopf getroffen wurde, bekam somit nicht mit, dass Draco schützend über ihr lag und sie vor größeren Verletzungen schützte. Nach und nach spürte er auch endlich die Verwandlung in sich aufkeimen. Die Bretter, die ihn begruben, fingen zu beben an, woraufhin er hoffte, dass Sterling vor Angst erstarrte. Wieder nahm er seine Drachengestalt an, die sich aus den Trümmern erhob. Mit den Füßen scharrte er die Bretter, die auf dem Boden lagen, zur Seite. Allerdings musste er auch sehen, dass Granger sich nicht rührte und der Ohnmacht zum Opfer gefallen war
 

Das war der Moment, der seinen Geduldsfaden zerriss. Draco wollte Sterling nur Angst machen, ihn in seiner Animagusform verjagen, doch als er Granger bewegungslos am Boden sah, war all das vergessen. Jetzt würde er Sterling verbrennen. Er hob seinen Kopf in die Höhe, stieß gegen die Decke, und versuchte mit seinen Sinnen, Sterling ausfindig zu machen. Er versuchte diesen Bastard und seine Angst zu riechen, zu hören und zu sehen. Nach Minuten entdeckte er das feige Arschloch, das nicht im Stande war, Draco oder Granger die Stirn zu bieten. Oh nein, stattdessen hatte er sich hinter einem Protego-Zauber verstecken müssen. Er sah, wie Sterling zum Ausgang rannte und Draco stampfte ihm hinterher. 
 

Draco öffnete sein Maul und spie zum ersten Mal Feuer, doch auch dieses Mal konnte Sterling entwichen. Er erreichte die Tür, zog sie auf und verschwand dahinter, sodass Dracos Flammen nur die schwarzen Fliesen trafen. 
 

Mist. Mist. Mist. Verfluchter Mist!
 

Sein weißer Drachenkopf wandte sich um. Mehrere Regale warf er um und er hoffte, er hätte Granger nicht aus Versehen unter einem der Regale wieder begraben. Sofort verwandelte er sich zurück und lief den umgekippten Regalen nach, um Granger zu finden, die er fand und... dort lag sie... immer noch bewusstlos am Boden. „Scheiße!“
 

Er ließ sich auf seine Knie fallen, bettete ihren Kopf auf seinem Schoss und strich die langen Haarsträhnen behutsam aus ihrem Gesicht. „Granger?“ Merlin, sein Mund fühlte sich so heiß an, als würde er immer noch Flammen spucken. Schnell nahm er seinen Stab vom Boden, steckte ihn in seinen Mund und ließ Wasser hineinspritzen. Als er genug Wasser im Mund hatte, schluckte er und aus seinem Mund stieg Qualm. Grundgütiger... Dieses Prozedere sollte er nicht mehr wiederholen. Unterdessen ruhten seine Hände auf ihren Wangen, aber sie rührte sich nicht, egal, wie oft oder wie laut er ihren Nachnamen rief. „Granger, komm jetzt! Potter steht nackt im Gemeinschaftsraum und du sollst ihn auslachen!“, befahl Draco, da er hoffte, er könnte sie mit dieser schmutzigen Aussage zurückholen, damit sie ihn maßregeln konnte, aber auch das half nicht.
 

Sollte er sie zurück nach Hogwarts tragen? Ja, jetzt würde er nicht weiter arbeiten. Sie müssten sofort nach Hogwarts, zu Professor McGonagall! Sie müssten Sterling melden.
 

Bedächtig fuhren seine Hände unter Grangers Rücken, wonach er sie auf seine Arme hob. Derweil sank ihr Kopf gegen seine Schulter, ihr Körper hing schlaff in seinen Armen. Er achtete darauf, dass er ihr nicht weh tat oder sie unbequem lag. „Merlin, Granger, du lässt mich hängen, obwohl ich dein Gehirn einmal bräuchte“, schimpfte er lächelnd und machte sich innerlich große Sorgen. Hoffentlich trug Granger keine schlimmen Verletzungen davon. Draco konnte ihr nicht einmal helfen, da er nur den Episkey-Zauber kannte und bevor er irgendwelche Experimente an ihr durchführte, würde er sie lieber in den Krankenflügel zu Madam Pompfrey bringen, selbst wenn er die ganze Welt einmal, mit Granger in den Armen, umrunden müsste. Er hielt sie in seinen Armen und Draco kam es vor, als wöge sie nichts, so leicht war sie. Abermals strich er ihre Haare aus dem Gesicht, während er zur Tür marschierte. 
 

Ob sie nach diesem Vorfall zurück ins Ministerium mussten? Ob sie ihr Praktikum weiterführen mussten?
 

„War das gerade wieder ein Kompliment?“, röchelte Hermine, die langsam zu sich kam.
 

Augenblicklich neigte Draco seinen Kopf, um ihr Gesicht sehen zu können und als sich ihre Blicke trafen, schaute sie ihn an, als wäre sie nie bewusstlos gewesen. Ihr schien wohl aufgefallen zu sein, dass Draco sie trug.
 

„Ahm.“ Hermine wollte nicht unhöflich sein, aber sie wollte auch nicht länger auf seinen Armen sein. Vorsichtig wagte sie erste Bewegungen, um ihm zu zeigen, dass er sie absetzen sollte. Sofort kam er dieser Geste nach und kratzte sich am Kopf.
 

„Ich dachte nur, es wäre für dich angenehmer.“ Zum ersten Mal wirkte Draco verlegen. „Ich konnte dich ja schlecht hier liegen lassen.“ Dracos Haare waren zerzaust, sein Zauberstab hatte er eben noch vom Boden aufgelesen und in seine Hosentasche gesteckt, ehe er sich ihrem Körper zuwandte. Auch Granger sah zerstreut aus. Ihre Haare lagen nicht mehr geschmeidig auf ihren Schultern, sondern standen in sämtliche Richtungen ab.
 

Hermine blickte indes erstaunt zu Malfoy, allerdings viel zu kurz um weitere Ausdrücke darin erkennen zu können. „Danke, Malfoy“, entgegnete sie ebenfalls verlegen und starrte in eine andere Richtung, als sie sich folglich an ihren Arm fasste. Um Himmels Willen, Malfoy hatte sie getragen... Das war... Das eine wirklich nette Geste gewesen.
 

Zuerst wollte Draco seine Hand ausstrecken, doch er hielt sich zurück. „Hast du Schmerzen?“, fragte er stattdessen, doch auch dieses Mal schaute sie ihn nicht an. Er versuchte seine Unsicherheit zu überspielen, indem er seinen Umhang von seinen Schultern nahm. Dennoch musste er den Kloß in seinem Hals hinunterschlucken, als er den entschiedenen Schritt zu ihr wagte. Leicht befangen ging er auf Granger zu, um ihr seinen Umhang übergangslos über ihre Schultern zu legen. Dankend, aber genauso verblüfft berührte sie den weichen Stoff, ehe sie die Kette oberhalb des Umhangs verschloss. Was sie noch mehr irritierte, war sein ehrliches Lächeln – kein laszives, sardonisches oder hämisches Lächeln, sondern ein freundliches. 
 

„Danke!“, wiederholte sie leise. Hermine konnte ihn nicht Malfoy nennen. Die Geste, die dahinter war, war viel zu schön, um sie durch seinen Nachnamen zu zerstören. Der Umhang war so weich und wärmte sie auf, sodass sie versuchte, sich unbemerkt in den Umhang zu kuscheln – auch wenn es Malfoys Umhang war, so schätzte sie diese Geste sehr. Mit Fug und Recht konnte Hermine behaupten, dass das die erste und netteste Geste von Malfoy - in ihrer Gegenwart - war, seitdem sie ihn kannte. 

 
 

~*~
 

Natürlich wollte Hermine zuerst zu Kingsley, aber Draco bestand darauf, erst nach Hogwarts zu flohen. Mit dem Argument, dass sie niemandem mehr aus dem Ministerium trauen konnten, konnte Draco sie umstimmen und mit ihr zum Schloss flohen. Der Angstschweiß saß ihm noch in McGonagalls Büro im Nacken, angesichts der Vorkommnisse. Ebenso Grangers Vehemenz, als er sie zum Krankenflügel bugsierte. Sie wollte sich wehren, wollte mit ihm zu McGonagall, doch Draco drohte ihr, dass er Potter rufen würde, der sie mit Sicherheit in einem der Betten festhexen würde – und jetzt, ausgerechnet jetzt, musste Draco daran denken, wie er Granger gerne an sein Bett fesseln würde. Sensationell! 
 

Erst, als er mit Potter drohte, gab sie nach und versprach aber gleichzeitig, sofort zu McGonagall zu kommen, sobald sie hier raus war – und er zweifelte keine Sekunde an ihrem Versprechen.
 

Und nun? Nun saß er genervt im Büro der Schulleiterin. Neben ihm, wer hätte etwas anderes erwartet, saß Potter; ruhig, gelassen, aber ebenfalls in sich gekehrt. Potters Zeigefinger tippten gegen seine geschlossenen Lippen und der blonde Slytherin konnte anhand der Haltung erahnen, dass Potter bereits an einem Plan arbeitete. Schließlich wusste das Narbengesicht bereits mehr als McGonagall. Außerdem war er - sehr zu Dracos Missfallen - bedeutend mehr darin geübt, Pläne zu schmieden, als die ehemalige Hauslehrerin von Gryffindor.
 

Draco hatte seiner Direktorin bis dato nur erzählt, dass er einen Robin Sterling melden musste. Argwöhnisch hatte sie ihren Schüler betrachtet und ließ den sagenumwobenen Potter antanzen. McGonagall schien große Stücke auf Potter zu bauen und Draco betete zu Merlin, dass sie sich daran nicht die Finger verbrennen würde.
 

„Malfoy, bist du dir sicher?“, fragte Harry anstandslos und sah über seine Brille hinweg zu seinem Mitschüler, als dieser seine Erzählungen beendete. 
 

Nachdem Potter hier eingetroffen war, ließ Draco das Geschehen Revue passieren und er sah, dass Potters gelassene und ruhige Fassung wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel. Er hätte gerne geschrien. Potter ins Gesicht geschrien, dass er mit Granger durch endlose Flure gerannt war, um sich und sie in Sicherheit zu bringen. War Grangers Verletzung kein Beweis? Zählte das nicht oder dachte Potter wirklich, er hätte Granger verletzt?

 

„Nein“, knurrte Draco, „ich tue nur so.“ Doch statt ihm zu antworten, beschloss Potter, einfach nichts zu erwidern, was Draco noch mehr erzürnte als Potters Unglaube. „Verdammt, ja! Mein Gehör funktioniert! Frag Granger, wenn sie kommt und komm bloß nicht auf die Idee, zu behaupten, ich hätte sie zu dieser Aussage gezwungen oder sie verletzt. Wenn doch, dann -“
 

„Mister Malfoy, beruhigen Sie sich“, mischte sich Minerva ein. 
 

Beleidigt verschränkte Draco seine Arme. Schön, er war also wieder das Arschloch vom Dienst, er wurde zur Räson gezwungen und Potter? Potter durfte wohl jede Aussage, wie sie ihm passte, tätigen. 
 

„Ich meine ja nur“, bemerkte Harry und hob seine Arme entschuldigend. „Ich wollte dir nicht zu nahe treten.“
 

„Schwachsinn!“, maulte Draco und gerne hätte er Potter mit seinen Augen erstochen. Auf brutalste Muggelweise. „Du willst mir immer zu nahe treten! Wir müssen uns nichts vormachen. Einmal kannst du zugeben, dass du mir nicht glaubst, denn deine Meinung interessiert mich sowieso nicht und wäre deine Präsenz hier nicht so erwünscht, wären wir schon lange fertig und Sterling stünde längst auf der Fahndungsliste der Auroren!“
 

„Mal langsam“, entgegnete Harry. „Ich denke nicht, dass du Hermine verletzt hast, oder wieso solltest du sie sonst in der Biblio-“
 

„Klar.“ Draco hob die Arme und unterbrach Potter. Regel Nummer eins bezog sich nur auf Granger. Ihre Sätze würde er nicht mehr unterbrechen. Anders sah es bei Potter aus. „Sprich dich nur aus! Meine Angelegenheiten sind so spannend, dass du sie hier breit treten musst.“ Musste Potter diesen Umstand jetzt, in McGonagalls Gegenwart, erwähnen? Das war doch Absicht! Draco hoffte, er würde Potter auch einmal in einer prekären Situation erwischen.
 

Minervas Hände lagen zusammengefaltet auf dem Pult. Sie betrachtete die beiden Männer und deren Haltung skeptisch. „Auch wenn Sie Ihre Differenzen haben -“
 

„Differenzen?“ Draco nahm schon lange nicht mehr wahr, dass er Grenzen überschritt. „Potter und ich haben keine Differenzen. Im Gegensatz zu ihm, stehe ich zu meinem Hass. Etwas, das Potter nicht zugeben kann, da das seinem Ruf schaden könnte, wenn der hoch gepriesene Auserwählte Hass gegenüber anderen empfindet, aber weißt du was, Potter?“ Sein Blick wanderte zu Harry. „Wir sind unter uns. Alles was persönlich ist, wird auch in diesem Raum bleiben.“ Als er den Satz beendete, schaute er zu seiner Direktorin zurück. „Er soll mir einfach meine Ruhe lassen, Professor.“
 

„Mister Malfoy!“ Minervas Stimme klang reserviert. „Genug! Ihre Meinungen unterscheiden sich signifikant voneinander, das habe ich bereits verstanden.“
 

„Malfoy, niemand will dir etwas böses. Ich wollte damit nur sagen, dass ihr euch auch verhört haben könntet, oder? Ich denke, wir sollten das gelassener angehen und uns zurückhalten, bis wir Gewissheit haben.“ Was soviel hieß, dass er Hermines Aussage als Gewissheit betrachtete.
 

„Ach, sagt der Richtige. Wasser predigen, aber Wein saufen, richtig? Schalt mal dein Hirn ein, es schreit vor Blödheit!“ Draco überkreuzte seine Beine, nachdem er auf einem der Stühle Platz genommen hatte und verschränkte seine Arme erneut. „Du müsstest doch wissen, dass man – was Todesser angeht – nicht auf Zurückhaltung bauen kann. Sterling ist ein verdammter Maulwurf. Das ist doch Muggel-Jargon, was selbst du verstehen musst!“ Sagte Potter das gerade wirklich? Zurückhaltung fordern, aber selbst genusssüchtig sein und sich im Ruhm sonnen. Wüsste Granger, dass Potter an ihrer Auffassungsgabe zweifelte, wäre hier die Hölle auf Erden, soviel war klar.
 

„Und was schlägst du vor?“, fragte Harry und beugte sich nach vorne. 
 

„Was schlägst du vor, du Held?“, stellte Draco die Gegenfrage und sah somit auch nicht, wie McGonagall die Lippen schürzte. „Du machst mir ständig Krümel in den Käse, nicht umgekehrt. Also, was sagt der heilige Sankt Potter?“
 

„Auf jeden Fall handeln.“
 

Ach, was wollte Draco denn die ganze Zeit erreichen? Zehn Punkte für Slytherin ergattern? Merlin, wohl kaum. Wollte das Narbengesicht nicht warten? Und nun plötzlich doch handeln? „Also mit dem Minister sprechen? Dann beachte aber, dass das Ministerium keine Besserung, in puncto Sicherheit und Vertrauen, zeigt. Und soviel zur Zurückhaltung: Sag doch einfach, dass du nur Grangers Aussage glaubst.“ Mit Genugtuung sah er Potters ertapptes Gesicht. Draco hatte also recht. Seiner Aussage wurde kein Glaube geschenkt.
 

„Das musst du mir nicht sagen. Ich vertraue dem Ministerium schon lange nicht mehr“, erklärte Harry grimmig. „Wir sollten Kingsley hierher beordern, Professor. Kingsley ist vertrauenswürdig, wie Sie wissen“, wandte er sich an seine Direktorin. Den Orden des Phönix wollte er nicht in Malfoys Gegenwart erwähnen. Noch nicht...
 

Schön, seine unregistrierte Animagusform würde jetzt auffliegen, außer, er würde behaupten, dass das Chaos durch die Zauber entstanden wäre... Das wäre eine gute Ausrede, auf die Draco auch höchstwahrscheinlich zurückgreifen würde. De facto verspürte Draco dieses Mal wirkliche Angst, aber nicht, weil er auffliegen könnte, sondern davor, dass Sterling es schaffen könnte, Voldemort zurückzuholen. Dann würde für ihn, und auch für Potter, alles von vorne losgehen. Draco sah, wie Potter zum Kamin eilte, Flohpulver hinein warf und direkt im Kamin des Ministers ankam. Potter hatte wohl Narrenfreiheiten und wurde offensichtlich sofort zum Minister durchgestellt, nur weil er es wollte. Furchtbar! Hoffentlich käme Granger gleich. Er wollte sie sehen! Wollte wissen, ob es ihr gut ging und sie endlich Dracos Aussage stützen konnte. Merlin nochmal.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sama-chan
2018-06-19T20:28:21+00:00 19.06.2018 22:28
OMG! OMG! OMG! Draco kann ja echt herzallerliebst sein, wenn er will! Ach ja und:
RINGRINGRING! 100 Punkte! Ich habe richtig geraten, wer es war! Nenn mich Sherlock Holmes! XD


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