Zum Inhalt der Seite

The Warning!

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine Erkenntnis jagt die nächste

- Kapitel zehn -


 

Bereit für den neuen Tag und bereit, Malfoy zu ertragen, saß Hermine mit einem Stift in ihrem Mund am Frühstückstisch. Sie markierte sich wichtige Passagen auf ihrem Pergament, das neben einem aufgeklappten Buch lag. Wichtige Textstellen, damit sie den Anschluss im Unterricht nicht verlor. Darüber hinaus machte sie sich Gedanken, ob sie Sterling fragen könnte, zumindest für einen Tag woanders arbeiten zu können - ohne Malfoy. Es wäre ohnegleichen eine Erleichterung für Hermine, aber ob ihr diese Frage zustand? Im Normalfall nicht. Aber noch lieber wäre sie in der Muggelabteilung, doch leider waren Susan und Anthony dort eingesetzt worden. Schade eigentlich. Ansonsten hätte sie Malfoy gerne die positiven Seiten der Welt gezeigt, die er verabscheute, aber was nicht war, konnte ja noch werden, überlegte die junge Gryffindor schadenfroh. Das Büro, das für die Sicherheit zuständig war, hätte sie auch gerne angenommen, aber konnte sie so dreist sein und einfach nachfragen? Trotz der Erkenntnis, dass ihr das nicht zustand? 
 

Was, wenn man den Grund wissen wollte? Was, wenn sie von ihren Erfahrungen mit Malfoy berichten würde? Würde man ihr Glauben schenken? Schlussendlich würde Malfoy sich wieder nur selbst beweihräuchern, während er parallel behauptete, wie sozial, karitativ, barmherzig und einsichtig er wäre und sobald er mit Hermine alleine war, das genaue Gegenteil bewies. Verflucht, sie wollte sich nicht wieder - wie vor Anbeginn des Praktikums in McGonagalls Büro - die Blöße geben.
 

Inzwischen hatte sich auch Ginny zu ihrem Tisch gesellt. Schmunzelnd konnte Hermine beobachten, wie Blaise Ginny zuwinkte und mit Malfoy zum Slytherintisch spazierte.
 

„Gestern hat es wohl ein wenig länger gedauert, was?“, ärgerte Hermine im nächsten Atemzug ihre beste Freundin und schob den Brotkorb in Ginnys Reichweite. Ihr war gestern Abend sehr wohl aufgefallen, dass Ginny erst gegen elf in den Schlafsaal zurückkehrte, wohl darauf bedacht unentdeckt zu bleiben.
 

Ginny schaufelte sich stattdessen Rührei und Toast auf ihren Teller. Sie wollte Hermine keine Angriffsfläche bieten, denn sie hatte sehr lange und intensiv über Hermines Worte, anlässlich der Beziehung zu Blaise, nachgedacht. In vielerlei Ansichten hatte Hermine womöglich auch recht, aber nicht, was Ginny und Blaise betraf. „Ich war mit Blaise und Malfoy in Hogsmeade.“ Nun, damit würde sie Hermine gewiss schocken. Genüsslich ließ sie ihre Gabel, vollgepackt mit Rührei, in ihren Mund wandern.
 

„Du warst mit Malfoy in Hogsmeade?“ Hermine fielen fast die Augen aus den dazugehörigen Höhlen. Ohne auf ihren Teller zu achten, schob sie den Löffel, der überfüllt mit Haferflocken war, in den Mund. Ihr Blick war starr auf ihre Freundin gerichtet, weshalb der Geschmack der Haferflocken, sowie ihre Hausaufgaben nur noch bedingt interessant waren. Viel zu gebannt hing sie an Ginnys Lippen.
 

„Und Blaise“, betonte Ginny abermals und schenkte ihrem Frühstück nun bedeutend mehr Aufmerksamkeit. Nebenbei griff sie nach dem Orangensaft und befüllte einen der Kelche, die auf ihrem Tisch standen.
 

„Aha.“ Hermine war sprachlos. Das, was Ginny offensichtlich erreichen wollte, war eingetreten. Sie wusste nicht genau, wie sie reagieren sollte. Ob sie überhaupt darauf reagieren sollte? War es ein alberner Test von Ginny, um zu erkennen, wie weit sie in Hermines Gegenwart gehen konnte? Bluffte Ginny und wollte Hermine einfach nur einen Streich - der gelang - spielen?
 

„Vielleicht solltest du wissen“, Ginny genoss ihr Frühstück, wie man unschwer erkennen konnte, nachdem sie ihr Rührei verschlang, um anschließend ihren Toast mit Marmelade zu bestreichen. Abschließend legte sie eine Scheibe Käse darauf. Eine Eigenschaft, die sie von Ron übernommen hatte. Auch er liebte diese Kombination. „Dass Malfoy gar nicht so übel ist, wie du denkst oder dir... vielleicht einreden willst. Er war höflich und nicht frech. Außerdem war er mit Daphne in Madam Puddifoots Café.“
 

Oh, was erzählte Ginny? Malfoy war mit Daphne dort? Ein Grund mehr, vorsichtig zu sein oder war Hermine gefangen in Vorurteilen? Nein, Daphne schien keine vertrauenswürdige Person zu sein, aber welcher Slytherin war schon vertrauenswürdig? „Was? Ginny, Daphne wird dich und Blaise verraten“, zischte Hermine besorgt. Die große Halle war noch nicht von den lauten Stimmen der Schüler erfüllt worden, womit die Gefahr - belauscht zu werden - ausgeschlossen war, doch hütete sich Hermine, ihre Warnung allzu laut auszusprechen. „Oder willst du es Harry und Ron endlich sagen?“
 

„Erst, wenn du uns erzählst, was mit dir los ist?“, ergänzte Ginny nonchalant und schaute das erste Mal an diesem Morgen mit ernsthaften Gesichtszügen zu ihrer Häuserkameradin. „Ich sehe doch, dass dich etwas bedrückt.“
 

Jetzt! Jetzt wäre die allerbeste Gelegenheit, zu sagen, was ihr wirklich auf dem Herzen lag. Sie hätte sich ihre Ängste und Schwächen von der Seele reden können. Ginny bot es ihr ernsthaft an. Ihre beste Freundin sah, dass etwas nicht stimmte. Hermine hätte Ginny endlich erzählen können, was Malfoy für ein Mensch war. Sie könnte Ginnys Bild, das sie von Malfoy hatte, innerhalb weniger Sekunden zerstören. Er war nämlich übel und unhöflich. Das genaue Gegenteil von dem, was Ginny behauptete - Malfoy war einfach nur ein guter Schauspieler. Nichts wäre einfacher und alles, was Hermine tat, war, ihre Haare über die Schulter zu werfen und pikiert in Ginnys Gesicht zu sehen. „Ich stehe etwas unter Stress. Das Ministerium ist anstrengend.“ Kurz überlegte Hermine. „Außerdem“, ja, das könnte sie Ginny erzählen, „ist unser Abteilungsleiter, Robin Sterling, ziemlich nett.“
 

„Nett?, hakte Ginny mit einem Grinsen im Gesicht nach. „Wie sieht er aus?“
 

„Er ist nett!“, beharrte Hermine und ließ ihre Hände auf die Tischplatte sinken. Zu wild wollte sie nun auch nicht gestikulieren, weil das ein Indiz dafür wäre, dass Hermine auf etwas anderes ein Auge geworfen hätte, was nicht mit ihren Hausaufgaben im Zusammenhang stand. „Er ist groß, blond und hat stahlblaue Augen“, sinnierte sie unbedacht weiter, was eigentlich sehr ungewöhnlich für sie war. Für Hermine waren Äußerlichkeiten nicht von Bedeutung, aber Robin Sterling war... er war eben nicht unattraktiv.
 

„Ein klassischer Malfoy-Verschnitt also“, neckte Ginny ihre Freundin weiter, bevor sie einen Schluck Orangensaft trank. „Warst du nicht diejenige, die mir noch sagte, dass man nach zwei Mal sehen, oder irgendetwas in der Art, nicht sagen kann, dass derjenige toll ist oder man ihn liebt?“
 

„Moment mal“, wehrte Hermine sich lachend. „Ich liebe ihn nicht. Schwärmen und jemanden lieben, dazwischen liegen Welten und ein Malfoy-Verschnitt ist er auch nicht, weil -“
 

„Stimmt, Malfoy hat keine stahlblauen Augen“, pflichtete Ginny ihr bei, was eher sarkastisch gemeint war. 
 

„Nein, weil Robin Sterling kein verkommener, arroganter und selbstverliebter Mensch ist. Dinge, die Malfoy quasi erfunden hat oder seine weiteren Vornamen sein könnten.“ Hermine wollte gar nicht über Malfoy reden und Ginny machte ihn gerade zum Mittelpunkt. „Und wenn wir schon dabei sind, warst du doch diejenige, die mit Malfoy in Hogsmeade war.“ Als sie Ginnys Blick sah, kicherte sie abermals. „Stimmt, und mit Blaise warst du dort“, fügte sie hinzu. 
 

„Du musst aber zugeben, dass er schon gut aussieht, oder?“
 

„Malfoy? Aussehen alleine macht noch keinen schönen Menschen aus. Charakterlich ist Malfoy ein ziemlich hässlicher Mensch.“ Seine Worte, wie er sie im zweiten Schuljahr Schlammblut nannte, waren erniedrigend und verletzend. Nie gab Hermine zu, wie sehr ihr das zusetzte, aber in Wirklichkeit tat es ihr damals immens weh. Ein Wort grob fahrlässig zu benutzen, weil Hermines Herkunft nicht mit seiner konform ging, war abstoßend, infernalisch und niederträchtig. Er war und blieb eine suspekte Persönlichkeit. Jemand, dem man nicht trauen durfte und wenn, dann nur soweit man ihn sah. 
 

„Vielleicht solltest du darüber mal hinwegsehen und wenigstens anfangen, ihn als Menschen zu sehen? Wir sind doch alle älter geworden.“ War das gerade ein Vorwurf von Ginnys Seite aus? Es lag ihr fern, Hermine zu belehren, aber Hermine war so verbissen auf ihre Meinung, die Malfoy betraf. „Manche Menschen muss man erst besser kennenlernen.“
 

„Ich verstehe deine Reaktion, Ginny. Du bist mit Blaise zusammen und willst nicht, dass man über ihn oder seine Freunde schlecht denkt, aber das ist naiv. Zu denken, Malfoy kann man nur anhand seines Äußeren beurteilen. Malfoy ist ein Chauvinist. Er ist ein -“
 

„Okay, okay!“, unterbrach Ginny sie und hob ihre Hände, damit Hermine die nächsten Worte nicht aussprechen konnte. Ginny hatte gelernt, dass Hermine und Malfoy keine Freunde mehr werden würden, aber sie selbst lernte Malfoy – bedingt durch Blaise – kennen und musste feststellen, dass Draco Malfoy gar kein so großes Ekel war, wie er immer darzustellen versuchte. Vielleicht war es damals auch nur ein Hilferuf von ihm, was der Grund seines damaligen Verhaltens war?
 

„Malfoy ist ein unverstandenes Kind. Man kann ihn nicht mehr ändern. Alle seine Eigenschaften wird er beibehalten, wozu auch Dreistigkeit und Taktlosigkeit zählen.“ Während Hermine über Malfoy herfiel, bemerkten die beiden Mädchen nicht, wie Blaise und das Ziel ihrer verbalen Attacken zu ihrem Tisch kamen. 
 

Draco verschränkte belustigt die Arme, wohingegen Blaise stoisch die Szenerie beobachtete. „Wieder einmal hast du alles mit deinem messerscharfen Verstand pauschalisiert, Granger. Gratulation.“
 

Nicht weniger erschrocken als Ginny, drehte sich Hermine zu den beiden Männern herum, doch war es Malfoy, den sie hasserfüllt ansah. „Ich pauschalisiere nichts, ich stelle fest, Malfoy!“ Anmutig wandte sie sich wieder ihrem Frühstück zu. Sie verallgemeinerte? Nein, denn sie wusste, zu was Todesser im Stande waren.
 

„Dann würdest du ja merken, wie anders ich geworden bin, im Gegensatz zu früher.“
 

„Ja, du hast dich in einen noch schlimmeren Misanthropen verwandelt“, erklärte Hermine sachlich und wollte weiter ihre Haferflocken essen, als Malfoy sie wieder unterbrach. Dreist wie er war, ließ er sich einfach neben sie sinken, da weder Harry noch Ron anwesend waren. Angeekelt schaute sie zu Ginny, woneben nun auch Blaise Platz genommen hatte. Wohin konnte sie noch schauen? War es mittlerweile üblich, dass Slytherins an ihrem Tisch saßen? Beharrten Slytherins nicht immer auf ihren Stolz? Wenn ja, war davon nicht mehr viel übrig, dachte Hermine.
 

„Ich habe nie behauptet, dass ich mich zum Positiven verändert habe, oder?“ Sein Blick war nicht hilfesuchend, als er Blaises Blick erwiderte. Angewohnheit trieb ihn dazu, seinen Freund anzusehen und auf dessen Bestätigung zu warten. „Ich habe nur gesagt, dass ich mich verändert habe. Nicht mehr und nicht weniger.“ Blaise gab ihm die Bestätigung nicht. Stattdessen neigte er verlegen seinen Kopf nach unten - hinab zu seinen Händen.
 

Was? Blaises Blick war beschämt auf seine Hände gerichtet? Weswegen? Wegen seines Auftritts? Oder hatte die kleine Weasley ihn bereits um den Finger gewickelt, dass er dazu neigte - ähnlich wie Gregory - zu verweichlichen? Wirklich darüber nachdenken konnte Draco auch nicht, denn jemand schrie durch die große Halle.
 

„Was zur Hölle?“, brüllte Ron, der am Portal der großen Halle stand. Noch immer war die Halle fast leer, bis auf ein paar vereinzelte Schüler, die sich erschrocken umdrehten und am frühen Morgen wohl kein Gezanke gewöhnt waren. Eilig marschierte der jüngste Sohn der Weasleys an den Tischen vorbei, direkt zu der kleinen Gruppe, die am Gryffindortisch saß. „Was soll das werden?“, fauchte Ron, nachdem er vor den Vieren angekommen war. Sein Kopf wirbelte hin und her - angefangen bei Malfoy, über Hermine und Ginny, bis er schlussendlich bei Blaise ankam und die Prozedur wiederholen wollte. 
 

„Wir tragen zur Häuservereinigung bei, Weasley“, erwiderte Draco gelassen und rieb sich über seinen Umhang. „Etwas, wovon du anscheinend noch nicht gehört hast?“
 

„Du -“
 

„Ron, bleib ruhig!“, mahnte Harry, der schnaubend hinter Ron ankam und ihn inmitten einer Beleidigung, welche der schwarzhaarige Junge sicher befürwortet hätte, unterbrach. Unterdessen suchte er Malfoys Blick, doch dieser wich ihm aus, was Harry mit hochgezogenen Augenbrauen zur Kenntnis nahm.
 

„Wie, ruhig bleiben? Harry, das sind Malfoy und Zabini, erinnerst du dich?“, keifte Ron weiter, der aufgebracht nach einem goldenen Kelch greifen wollte, den er einem der beiden - egal wem - überziehen konnte, doch Harry hielt ihn konsequent an seinem Umhang zurück. „Wie soll man da ruhig bleiben, wenn man am frühen Morgen durch solche Gesichter belästigt wird?“
 

Lachend erhob sich Draco. Weasley war einen halben Kopf größer, aber das störte ihn nicht. In einem Duell würde Weasley sowieso den Kürzeren ziehen. Nur dank Grangers Gehirn und Potters Flexibilität gelang es Weasley, heil aus diesem Krieg heraus zu kommen. Alleine wäre er untergegangen. Sang- und klanglos! „Weasley“, jetzt sollte er eigentlich aufpassen, aber er ging das Risiko ein, denn von Weasleys beschränktem Wesen ging keine wesentliche Gefahr aus, „ich habe es Potter schon gesagt. Er kann sich nicht einmal ein Brot schmieren. Was mir zu dir einfällt, ist, dass du ohne Granger und Potter nicht einmal lebensfähig bist. Was, in Salazars Namen, willst du eigentlich immer? Abgesehen von deiner vorlauten Klappe, hast du mir doch nichts entgegenzusetzen. Oh, doch. Ich vergaß. Du verfügst über ein hohes Maß an Dummheit!“
 

„Hörs dir an, Harry“, schimpfte Ron. Immer wieder versuchte er sich aus Harrys Griff, der sich fest um Rons Umhang wickelte, loszureißen – doch Harry bleib standhaft. „Da willst du das Gute in Malfoy sehen?“, forderte Ron nun eine Antwort von Harry ein. 
 

Auch Hermine und Ginny standen auf. Dracos schockierter Ausdruck erspähte dagegen Potters entgleisendes Gesicht. Das war der Grund? Potter suchte in ihm einen guten Kern? Merlin... Salazar würde im Grabe rotieren, wenn er wüsste, was aus den Schülern seines Hauses wurde. Blaise verweichlichte und Potter dachte, in Draco befände sich etwas Gutes... Dennoch musste er seine Fassung bewahren, woraufhin er Harry perfide entgegen grinste. „Wirklich rührend, Potter.“ Aus purer Ironie fasste sich Draco an seine linke Brust und täuschte Schockiertheit vor. „Es muss dich in ein tiefes Loch stürzen, wenn ich dir sage, dass du keinen guten Kern in mir finden wirst.“
 

„Siehs dir an!“, brüllte Ron erneut. „Er macht sich noch lustig. Darüber, dass du seinen Arsch gerettet hast! Deine Fresse gehört dir eingeschlagen, du dämliches Frettchen.“
 

„Du bist ja genauso süß, Weasley.“ Er war eigentlich genervt von Weasleys ständigen Zwischenrufen, aber er musste Haltung bewahren. Allerdings verlangte sein Stolz, dass er Weasley Grenzen aufzeigen musste, was in Anbetracht der Situation recht schwierig war, denn mehr als Hohn und Spott hatte er für diesen rothaarigen Grizzlybären nicht übrig.
 

„Hört doch endlich auf!“, mischte sich Hermine geschlagen ein. „Wie könnt ihr euren Zwist immer wieder mit Hass bekämpfen? Dann könnte man Feuer genauso gut mit Öl löschen!“ Ihre Arme hingen kraftlos an ihrer Seite. Sie war diejenige, die sich Harry anvertrauen wollte – es zumindest in Erwägung zog, weil sie nicht mehr konnte und nun war sie wieder beim Status Quo. Statt Entkräftung zu zeigen, musste sie Nerven beweisen und den Streit zwischen den jungen Männern klären, bevor sie sich am Ende mit gezückten Zauberstäben gegenüberstanden. Die Quintessenz, sich zu vertragen, war so einfach; doch waren sie allesamt zu stolz – auch Hermine. Sie konnte selbst nicht über Malfoys Fehler hinwegsehen.
 

Auch Draco hing seinen Gedanken nach. Die Chance war zum Greifen nah... Er müsste Potter nur anrempeln und ihm ein Haar von seinem hässlichen Kopf reißen. Man würde seine Absichten gar nicht bemerken, aufgrund des Streits und der anbahnenden Katastrophe. Grundgütiger! Noch nie war sich Draco so unsicher, wie jetzt gerade.
 

Was, wenn es doch auffiel? Wie sollte Draco sich aus dieser Affäre ziehen?
 

Doch, jetzt! Es gäbe keinen besseren Augenblick.
 

Die Chance war einfach zu perfekt. Potter bettelte quasi darum, so, wie er Draco gegenüberstand und versuchte, auf Weasley einzureden. Draco musste diese Ablenkung ausnutzen. Jetzt oder nie!
 

Er ging zwei Schritte auf Weasley zu, während er noch einmal zu Granger sah. 'Slytherin bleibt wohl Slytherin. Du lässt mir keine Wahl', dachte er und grinste sardonisch, ehe er Weasley zurück in Potters Arme schubste. „Weasley, dein Fehler war es, sich mit mir anzulegen. Du nennst mich dämlich, obwohl du die personifizierte Talentfreiheit aus Großbritannien bist?“ Alles ging so verdammt schnell.
 

Weder Blaise, Ginny oder Hermine konnten rechtzeitig reagieren. Draco hatte darauf gehofft, dass Potter dazwischen ging. Was er schlussendlich auch tat – war aber zu erwarten. Das Narbengesicht konnte eben nicht mit ansehen, dass sich einer seiner Freunde dem großen, mächtigen Draco Malfoy stellen musste. Natürlich sprang Potter für Weasley in die Bresche und stellte sich schützend vor ihn, da der Goldjunge wusste, wie unterlegen Weasley Draco war. 
 

Im Eifer des Gefechts packte Draco die Gelegenheit beim Schopf. Seine Zähne blitzten hervor, ehedem er Potter in den Schwitzkasten nahm. Er hielt Potters Rübe in einer Art Schraubstockgriff, während er ihn gleichzeitig um mehrere Haare erleichterte, bevor er Potter in die Freiheit entließ. Als würde sein Leben davon abhängen, hielt Draco die Haare – von denen er sich erhoffte, sie würden ihn einen Schritt weiterbringen – eisern fest. Mit der anderen Hand rieb er sich seine Haare zurück und grinste Potter jovial entgegen. „Was musst du dich auch immer dazwischen stellen, Potter? Das wird dir noch zum Verhängnis!“
 

„Malfoy, es reicht auch irgendwann!“ Merlin, was war das? Harry setzte die Brille, die durch das Gerangel zu Boden fiel, auf seine Nase zurück. Seine Gedanken galten Hermine, sonst würde er Malfoy gerne fragen, weshalb er sie beobachtet hatte, so hielt er sich aber zurück, um Hermine nicht unnötig zu ängstigen. „Dir wirds irgendwann zum Verhängnis, wenn du dich nicht änderst – zum Positiven!“, fuhr Harry fort, als er Malfoys gellendes Gelächter wahrnahm, nachdem er sich zu Ron umwandte. 
 

„Du machst dir doch hoffentlich keine Sorgen?“, äffte Draco in einer disharmonischen Geste nach und verschränkte seine Arme. Wenn Potter sich um ihn sorgen würde, würde er die glatte Wand hochlaufen; angesichts des Zorns und der Wut. Aber davon abgesehen, war er auch viel zu beflügelt davon, dass er endlich Potters Haare in seiner Hand hielt. Draco dachte, dass ihn jetzt nichts mehr aus der Fassung bringen konnte. Seine Laune stieg minutiös an. Demzufolge wollte er auch einen humoristischen Effekt erzeugen, als er ständig in die Gesichter der fünf Übrigen lachte. 
 

Es ging ihm jetzt einfach viel zu gut.
 

„Malfoy, solltest du nicht lieber deine Zunge zügeln?“, fragte Harry furchtlos und stemmte seine Hände in die Hüften, da er Malfoys Lachen als Provokation empfand. Es war ganz offensichtlich doch ein Fehler, Malfoy vor Askaban zu bewahren und in einem Punkt schien Malfoy auch noch recht zu behalten und das störte ihn enorm. Harry würde sich sein Genick brechen, wenn er immer das Gute in den Menschen suchte... 
 

„Ganz im Gegenteil. Ich genieße einfach eure blöden Gesichter zu sehr.“ Draco kam jetzt erst richtig in Fahrt. In fünf Tagen konnte er den Trank zu sich nehmen und Granger ausfragen – in Potters Gestalt! Granger käme niemals auf den Gedanken, den heiligen Sankt Potter zu belügen. Endlich bekam er Antworten – ehrliche Antworten. Er hielt die fehlende Zutat endlich in seinen Händen.
 

„Du gehst jetzt besser. Du ebenfalls“, sagte Harry in Blaises Richtung.
 

„Denk nicht“, drohend hob Draco seinen Zeigefinger, „dass du uns befehlen kannst, wann und wohin wir gehen.“ Langsam sank seine Hand zu seinem Hosenbund zurück, aber er war sich nicht sicher, ob er seinen Stab ziehen sollte. Vor allem nicht, als Potters Augen der eingeschlagenen Richtung seiner Hand folgte.
 

„Lass deinen Stab dort, wo er ist, Malfoy!“
 

Er hatte das letzte Wort. Nicht Harry Potter! „Leg es nicht drauf an, Narbengesicht“, schnaubte er in Ermangelung besserer Worte verächtlich. Missmutig drehte er sich weg, passierte die engen Gassen entlang der Tische und der junge Slytherin wusste, er war sich hundertprozentig sicher, dass Potter seinen Stab nicht zog, wenn Draco ihm den Rücken zukehrte. Er kannte den Goldjungen einfach viel zu lange, um sich sicher zu sein, dass ihm dafür der nötige Mut und die gewisse Raffinesse fehlten, um jemanden hinterrücks anzugreifen. Deswegen dauerte es auch so lange, bis Potter Erfolg im Kampf gegen den dunklen Lord hatte. Gryffindors waren so leichtsinnig, während Draco - ohne mit der Wimper zu zucken - Potter hinterhältig angegriffen hätte..
 

„War nicht besonders schlau, Potter so anzufahren, oder?“, flüsterte Blaise nachträglich. „Potter kann dir in vielen Dingen gefährlich werden.“
 

Augenblicklich stoppte Draco seinen besten Freund. Er schlug ihm die Hand vor die Brust, was Blaise zum Stehen bewog. „Potter kann mir gefährlich werden? Inwiefern? Hat die kleine Weasley etwas gesagt?“ Zum Teil wurde Draco hellhörig, zum anderen Teil fand er Blaises Aussage mehr als lustig. Draco war nicht mehr der kleine, naive Junge, den man einfach so entwaffnen konnte. Sein Selbstbewusstsein war so gigantisch, dass er behaupten würde, er wäre Potter ebenbürtig und könnte es mit dem Auserwählten aufnehmen.
 

„Es wäre nett, wenn du sie wenigstens Ginny nennst, okay?“ Blaise wirkte sauer. Er war auch sauer – mehr als das. Er war wütend auf Draco. 
 

„Nennt sie mich Draco?“, wollte Draco enerviert wissen. „Ich denke nicht.“
 

„Dann kannst du ja auch den Anfang machen und dich bessern, oder?“ Blaise blieb stehen, während Draco einen Fuß vor den anderen setzte. 
 

Er sollte den Anfang machen? Sicher nicht. Er wurde immer dazu getrieben, seine gute Seite zu zeigen und doch bewiesen ihm die Menschen in seiner gesamten Umgebung – von Hogwarts angefangen bis Malfoy Manor – dass es schlicht und ergreifend keinen Grund gab, eine andere Seite zu zeigen. Jeder erwartete, dass er sich änderte, aber die Gegenseite keine Anstalten machte, sich ebenfalls zu ändern. Ständig trat man ihm mit Missgunst, Neid und Intoleranz gegenüber. Wieso sollte ausgerechnet er sich ändern, wenn die Menschen – auch Granger – in ihm noch den bösen, gefährlichen Todesser sahen? „Träum weiter, Blaise. Ich bin nicht derjenige, der jemandem was beweisen muss.“
 

„Nein? Du denkst also wirklich, dass du Granger mit deiner sadistischen Ader beeindrucken kannst? Viel Erfolg, denn das wird nicht funktionieren. Du hast Daphne doch nur benutzt. In Wirklichkeit willst du Granger doch gar nicht vergessen und dieses kleine Ablenkungsmanöver mit Daphne kam dir doch nur gelegen, oder irre ich mich?“ Die Wahrheit konnte schmerzen, absolut, aber Blaise war nicht länger gewillt, Draco in Watte zu packen. Draco musste realisieren, dass das, wie er weiter verfahren wollte, keine Früchte tragen würde.
 

„Wie ich mit Granger umspringe, hat dich nicht zu interessieren“, blaffte Draco seinem Wegbegleiter entgegen. 
 

„Doch, Draco. Doch, es hat mich genau dann zu interessieren, wenn du Granger in irgendwelche Gefahren bringst.“
 

„Was willst du überhaupt? Man könnte meinen, du versuchst über die kleine Weasley nur an Granger heranzukommen.“ Es wurde auch Draco zu bunt. Man verlangte immer die unmöglichsten Dinge von ihm, aber andere Leute waren nicht bereit, irgendwelche Opfer zu bringen. Blaise zum Beispiel musste sich als einen Moralapostel aufspielen. Die kleine Weasley war der Mittel zum Zweck und Granger sträubte sich vor allem und jedem. Ihre Nackenhaare stellten sich vermutlich nur schon auf, sobald der Name Malfoy fiel. Draco hätte nicht soviel frühstücken können, wie er kotzen wollte. Nach der Schule wollte er eine magische Ausbildung bei Gringotts anfangen, doch nach und nach wurde der Wunsch eher zu einer Qual und immer mehr festigte sich der Gedanke, auszuwandern. Egal wohin. Hauptsache weg von Lucius und Dracos angeblichen Freunden, die er nur noch als Bekannte titulierte. 
 

„Ich versuche nicht über Ginny an Granger heran zu kommen. Ich wäre lebensmüde, wenn ich mich in Ginny verliebe und den Zorn ihres Bruders, sowie die Wut von Potter, grundlos in Kauf nehmen würde, nur um an Granger heranzukommen. Das ist doch grotesk, was du mir unterstellst.“ Blaises Mund wollte schon aufklappen, doch seine Zunge rollte sich einfach weiter und die Worte kullerten nur so aus seinem Mund. „Die Eifersucht spricht aus dir, sonst nichts. Du kannst es einfach nicht ertragen, wenn du daran denkst, dass Granger sich eventuell in jemanden – der nicht du bist – verlieben könnte und du dich damit abfinden müsstest. Wenn dem so ist, so sage ich dir, ändere dich! Du wirst Granger andernfalls gänzlich verlieren! Sie wird dir entgleiten.“ Blaise war schon lange kein Freund der Manipulation mehr. Er wollte Draco auf den richtigen Weg weisen und nicht auf den einfachen - andernfalls sah er schwarz.
 

Schon wieder dieses sinnwidrige Gespräch, dass Draco eifersüchtig war. Das war völlig an den Haaren herbeigezogen. Draco war nicht eifersüchtig und würde es auch nicht werden. Bevor dies geschah, müsste die Riesenkrake, die im schwarzen See hauste, ihn in die Tiefe reißen. Auch wollte Draco die Stimmung, die kurz vor der Eskalation stand, retten, worauf er seinen Arm feudal um Blaises Schultern legte. Wahrscheinlich tat Draco das zum ersten Mal – er erinnerte sich jedenfalls nicht an eine ähnliche Situation. „Du verwechselst Eifersucht mit Anspruch. Ich beanspruche nur Grangers Körper, nicht mehr.“
 

„Ah ja“, akzentuierte Blaise. Dracos Aussage hatte – trotz seiner angestiegenen Laune – einen faden Beigeschmack, den Blaise noch nicht ganz einschätzen konnte. „Dann sag ihr das doch?“
 

„Was glaubst du, was ich getan habe?“
 

„Wie?“ Blaises Augen wurden größer. Eigentlich sagte Blaise das nur zum Spaß. Nie ging er davon aus, dass Draco wirklich so abnormal dreist war. Obwohl, wenn er länger darüber nachdachte, konnte er sich durchaus vorstellen, dass Draco eben genauso dreist war, wie er vor Blaise gerade zugab. Es sollte für Blaise eigentlich nichts Neues sein und doch schaffte es Draco, ihn wieder einmal zu verblüffen. „Du hast ihr deine ernsthaften Absichten verdeutlicht?“
 

„Ja?“ War das verwerflich? Jetzt war er wenigstens in der Hinsicht ehrlich und das schien auch nicht gut gewesen zu sein. Was denn nun? Ehrlichkeit währte am längsten, oder nicht? „Ich war sehr detailliert, was das anging“, stellte Draco ernst klar.
 

Blaise schüttelte erschüttert seinen Kopf. Er war sich unsicher, was er davon halten sollte. Natürlich schätzte auch Blaise die Ehrlichkeit, aber war es nicht oft besser, wenn man den Mund hielt, bezüglich solcher Absichten? Oder versteckte Draco absichtlich seine Gefühle, um vor Granger nicht sein Gesicht zu verlieren? „Du bist verrückt. Völlig verrückt“, bemerkte Blaise 

 
 

~*~
 

Die Gemüter hatten sich minimal beruhigt. Allerdings wollte Ron auf dem Weg zum Unterricht weiter stänkern und gegen Malfoy hetzen, doch schenkten Hermine, Harry und Ginny ihm kein Gehör – nur so konnte man den Sprössling der Weasleys zur Räson bringen. Darüber hinaus war Ron trotz allem ein sehr liebenswerter Mensch, wenngleich er seinen Unmut, was Malfoy anging, schwer verbergen konnte. Deshalb mussten sie immer den Weg des geringeren Widerstandes gehen. 
 

Im Ministerium hatten sie nur kurz die Gelegenheit mit Robin Sterling zu sprechen, da er zu einem wichtigen Geschäftstermin musste. Stattdessen musste sie mit Malfoy den Weg zur Mysteriumsabteilung alleine zurücklegen. Toll, nicht nur, dass sie mit Malfoy wieder alleine war, nein, sie näherten sich auch einem Abteil, das in Hermine keine guten Erinnerung hervorrief. Jäh war ihr Interesse - das vor Beginn des Praktikums, bezüglich der mystischen Räume präsent war - mit einem Ruck verschwunden. Hier starb Sirius – der von seiner eigenen Cousine, Bellatrix Lestrange, mit dem Avada Kedavra-Fluch belegt wurde. Gott, das Bild, wie Sirius durch einen unsichtbaren Schleier eines noch unheimlicheren Torbogens fiel, stahl sich abermalig vor ihre Augen - als... als wäre es gestern gewesen.
 

Die kleine Tür mit dem großen, goldenen Knauf kam zum Vorschein und selbst Malfoy hatte den ganzen Weg über seinen Mund gehalten – bis jetzt. Plötzlich fühlte er sich wieder dazu verpflichtet, seinen Mund zu öffnen.
 

„Angst, Granger?“, flüsterte Draco hinter ihr und konnte ihren Duft einatmen. Merlin, sie roch so verdammt gut, dass er sie gerne gepackt und geküsst hätte. Ihr natürlicher Duft brachte ihn um den Verstand und hüllte seine gesamte Gestalt ein. 
 

„Wovor genau?“, äußerte sie ihre Frage unkonzentriert und umfasste den Griff. Sie schluckte den Kloß hinunter, der sich in ihrer Speiseröhre gebildet hatte einfach hinunter. Alles schien an die Oberfläche kommen zu wollen. Viele Bilder rasten in ihren Gedanken vorbei – wie Lucius ihr den Zauberstab gegen die Schläfe drücke und Harry damit drohte, sie umzubringen, sollte er sich weiterhin weigern, die Prophezeiung in Lucius' Hände zu legen. Gott, das Bild war grauenhaft. 
 

„Vor den Räumen? Der Dunkelheit? Mit mir alleine zu sein?“ Dracos Rücken lehnte gegen die schwarze Steinwand und mit einem fiesen Grinsen schaute er auf Granger hinab, nachdem er seine Fingernägel begutachtet hatte. 
 

„Warst du hier schon einmal?“, umging sie seine impertinente Frage. Harry hatte vor weniger als einer Stunde von Malfoy verlangt, er sollte sich ändern, doch in keiner seiner Aktionen konnte sie feststellen, dass Malfoy diese Option in Erwägung zog. Vielleicht war Malfoy nicht erwachsen genug, aber sie war erwachsen. Hermine konnte sich sehr wohl ihrem Alter entsprechend verhalten. 
 

Dracos spöttischer Blick musste der Verwunderung weichen. Granger wollte ein Gespräch führen? „Ist das eine ernst gemeinte Frage?“, wollte er überrascht wissen.
 

„Ja, sonst würde ich nicht fragen.“ Vorsichtig öffnete sie die Tür und hoffte, sie müssten nicht durch alle fünf Räume irren, bis sie Mister Wyder gefunden hätten. „Schließlich haben wir das Gespräch mit den Iren doch auch einigermaßen über die Bühne bekommen.“
 

Oh, würde sie nur wissen, was genau er plante, dann würde sie ihre Taktik sofort ändern und kein einziges Wort mehr mit ihm wechseln. Soviel stand fest. „Denkst du wirklich, wir bekamen die Aufgabe, weil wir so brillant sind? Die Sache mit den Iren war schon unter Dach und Fach, bevor wir überhaupt davon in Kenntnis gesetzt wurden, dass wir mit denen sprechen.“
 

„Glaubst du wirklich?“, entfuhr es ihr indigniert und starrte mit geweiteten Augen zu ihrem Nebenmann. Nun ja, das Ministerium war eben doch nicht so erhaben, wie es sich immer darstellen wollte. Natürlich wollte man hier, nach dem Krieg, alles richtig machen. Sie mussten alles richtig machen, da sie unter der ständigen Beobachtung der Öffentlichkeit standen. Ein Fehler hätte alles ruinieren können. 
 

„Ja, man wollte uns testen, was sonst? Denkst du wirklich, dass man uns so viel Verantwortung übergibt? Wohl kaum. Auch der Umstand, dass wir alleine flohen dürfen, liegt einzig und alleine daran, um unsere Zuverlässigkeit zu überprüfen. Aus keinem anderen Grund, glaub mir. Wenn sich jemand mit Hinterhältigkeit auskennt, dann ich.“ Es fühlte sich nicht einmal schlecht an, sich normal und vernünftig mit ihr zu unterhalten. 
 

„Oh ja, und darauf bist du unwahrscheinlich stolz, nicht? Dass du zudem noch vorlaut und leicht respektlos warst, während wir mit den Iren sprachen, ist dir aber bewusst, oder?“
 

„Was uns nur entgegen kam. Du musst mit den Menschen so sprechen, da sie dich ansonsten nicht ernst nehmen.“ Aufmerksam ließ er Granger den Vortritt, ehe er nachzog und die Tür lautlos ins Schloss fallen ließ, wodurch der Korridor in ein tiefes Schwarz getaucht wurde. Draco hörte, wie sie erschrocken keuchte, woraufhin er sich ihr unaufhaltsam näherte. Je näher er Granger kam und je tiefer der Schlund des Flures ihn verschlang, umso angewiderter rümpfte er seine Nase, aufgrund des widerlichen Gestanks, der in dem Korridor herrschte. „Hast du jetzt Angst?“ Behutsam griff er nach ihrem Arm, was sie jedoch zum Anlass nahm, ihren Arm wegzuziehen.
 

„Nein!“ Energisch schnappte Hermine nach ihrem Zauberstab. Lumos. Ihre Stabspitze erhellte sich und zeigte ihr den Weg.
 

„Wie schade. Ich hätte dich auch an die Hand genommen, Granger“, feixte Draco frivol und ging ihr nach. Es war auch ziemlich schade, dass sie diese blöde Robe trug, aber in den dunklen Gemäuern war es kalt und zugig, womit er sich damit arrangieren konnte, Granger nicht in einem hübschen, knielangen Rock zu sehen. Das konnte er wirklich verschmerzen. 
 

„Nicht nötig“, versicherte Hermine ihm und traf endlich auf einen Mann, der wie der Abteilungsleiter aussah.
 

Gemeinsam durchkämmten sie die dunklen Flur, passierten Türen und Nischen, bis sie am Ende ankamen. Der Ort der Prophezeiungen, der komplett zerstört wurde, als Hermine mit Harry und den Anderen hier war. Durch den Kampf, den sie hier ausgefochten hatten, wurden alle Prophezeiungen zerstört – auch Harrys Prophezeiung. Das lag jedoch schon drei Jahre zurück und seitdem kamen neue Prophezeiungen hinzu. 
 

Aus gegebenem Anlass, weil sie hier nun fünf Tage arbeiten würden, erlaubte Mister Wyder ihnen, sich den Raum anzusehen. 
 

„Auch das wird nur ein Test sein“, gab Draco von sich, nachdem Mister Wyder verschwunden und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er vertraute keinem dieser Mensch. Um ehrlich zu sein, vertraue Draco niemandem, was sich oft als richtig erwies. Niemand gab ihm Gründe, sich jemandem anzuvertrauen. „Auch wenn ich es besser finde als in der Sportabteilung. Hier dürfen wir uns wenigstens bewegen, bevor sämtliche Gliedmaßen einschlafen.“
 

„Musst du in allem das Schlechte sehen?“, fragte Hermine missmutig über ihre Schulter hinweg. Sie konnte seinen Pessimismus einfach nicht länger dulden. „Nicht alles ist schlecht.“
 

„Das sagst ausgerechnet du?“, fragte Draco argwöhnisch nach und besah sich die aufgestellten Regale genau. Er wusste, man konnte keine Prophezeiungen sehen, die einen selbst nicht betrafen. Deswegen hatte der dunkle Lord Potter gebraucht, um den Inhalt der Glaskugel zu erfahren, weil sie speziell Potter - den Auserwählten - betraf. Ha, und Lucius hatte die Prophezeiung nicht beschaffen können, was seinen Vater in ein tiefes Loch stürzte. Dafür hätte er Potter vierteilen sollen. Danach fing der wirkliche Horror nämlich erst richtig an. „Ich war ja nicht dabei, aber bist nicht du die Person, die das Ministerium immer hinterfragt?“ 
 

„Woher willst du das wissen?“
 

Stimmt, woher sollte er das wissen? „Weil ich lesen kann? Weil Bellatrix meine Tante war und Lucius mein Vater ist? Glaubst du, ich wurde aus allem ausgeschlossen? Entschuldige, wenn ich dir mit der Wahrheit dein Bild über mich zerstöre, was dir aber sicher nicht wehtut, da du sowieso nur das widerliche in mir siehst, richtig?“
 

„Stimmt“, erwiderte Hermine und fuhr ihren Weg mit erhobenem Haupt fort.
 

„Und mir“, höhnte er unverblümt, „wird vorgeworfen, ich wäre vorlaut und würde meine geistreichen Ergüsse nicht wirklich ernst meinen.“ Mit einer wegwerfenden Handbewegung folgte er ihr wieder. 
 

„Ich kann dich hören, Malfoy!“, feuerte Hermine zurück, ließ sich aber nicht aufhalten und ging weiter. 
 

„Sehr gut, du sollst mich auch hören, sonst müsste ich mir noch Sorgen um dein Gehör machen!“, antwortete Draco lakonisch. Er sah, wie sie zwischen den Regalen verschwinden wollte, doch Draco konnte sie problemlos einholen. 
 

Die Glaskugeln, die sich vor ihnen türmten, sahen alle gleich aus. Blauer Nebel schimmerte in den Kugeln und gerne hätte Hermine eins der Gläser in die Hand genommen. Sie erinnerte sich, wie Neville erstarrte, als er Harrys Namen auf einer der Kugeln entdeckte. Daraus konnte man schließen, dass man den Namen entziffern, aber nichts über den Inhalt erfahren konnte. Oder lag es daran, dass Hermine und Harry erfuhren, dass die Prophezeiung von damals auch auf Neville gepasst hätte, Voldemort jedoch mit seinem Angriff Harry als ebenbürtig kennzeichnete? Leider hatte sie nicht mehr darüber erfahren, da Dumbledore tot war und in der Bibliothek wurde sie auch nie fündig. Die Kenntnis, dass auch Neville der Auserwählte hätte sein können, behielten Harry und sie aber für sich. 
 

Gleichgültig wollte Hermine ihre Hand ausstrecken, weil sie ihrer Neugier nachgeben und eine Kugel berühren wollte, aber etwas anderes fiel ihr ins Auge. Langsam wanderten ihre Pupillen nach links. Eine der Kugeln schimmerte zwar in derselben bläulichen Farbe, aber... 
 

„Ist alles in Ordnung?“
 

Hermine ignorierte ihn. Mit zusammengekniffenen Augen wollte sie nach der Kugel greifen, als sie am ausgestreckten Arm zurückgehalten wurde. „Hey, fass nicht irgendetwas an, was du nicht kennst“, ermahnte Draco sie und hielt ihren Arm fest. Erst, als sich ihre Starre löste, ließ auch Draco ihren Arm los. „Was ist los?“, fragte Draco wiederholt, aber mit mehr Nachdruck. 
 

„I-ich... Ich weiß nicht.“ Hermine schüttelte ihren Kopf, sodass mehrere Haarsträhnen hin und her wehten. 
 

Dracos Blick wanderte nach oben zum Regal, zu der Kugel, die Granger so misstrauisch ansah. Zwar hatte er immer gelernt, nicht alles anzufassen, aber er wollte irgendwie auch nicht, dass es Granger tat. Was konnte schon groß passieren? Das Ministerium durfte sich doch sowieso keine Fehler erlauben. Mutig, was normalerweise nicht zu Dracos Stärken gehörte, nahm er die Kugel vom Regal. „Ist es das, was dich so schnaufen lässt?“ Die Kugel unterschied sich nur in einem Punkt von den anderen Gefäßen - statt des gewohnt bläulichen Nebels, ummantelte auch einen dezenter Grauton die blaue Farbe. „Was stört dich daran?“ Draco versuchte den Unterschied zu erkennen, doch hatte er keinen einzigen Anhaltspunkt.
 

„Unwichtig“, winkte Hermine ab und wollte weitergehen. Sie begann Fragen in ihrem Kopf zusammen zu stellen. Hermine versuchte, alles logisch und rational zu betrachten. Und dennoch überkam sie ein ungutes Gefühl. Sie spürte Schweißperlen, die sich langsam in ihrem Nacken bildeten. Noch nie wünschte sie sich so sehr, jetzt nach Hogwarts zu flohen und mit Harry zu sprechen.
 

„Unwichtig? Das ist mein Text. Du solltest schon mit mir reden, wenn dein Hirn dir etwas ungutes mitteilt. Immerhin sitzen wir gerade im selben Boot, meinst du nicht?“ Draco stand wie ein begossener Pudel neben ihr. Oft hatte er Granger nachdenklich gesehen. Auch, als er sie in den Sommerferien beobachtete, grübelte sie oft über ihren Büchern, wenn sie in einem Café saß und las, aber dieser Blick, den er in ihrem sonst so hübschen Gesicht sah, war beängstigend und teilte ihm mit, das etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Nur was war es? 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  sama-chan
2018-06-19T18:20:35+00:00 19.06.2018 20:20
Eine Prophezeiung für Hermine? Zumindest würde ich mal ganz stark darauf tippen. Und Draco zeigt erste Regungen, dass ihn andere Gefühle interessieren. Na mal sehen, wie es weitergeht. :)
Antwort von:  Dracos-Princess
05.07.2018 22:45
Hm... der Gedanke, dass es sich um eine Prophezeiung für Hermine handelt, find ich eigentlich ganz dufte. Schade, dass mir das nicht eingefallen ist


Zurück