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The Warning!

von

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Lehrjahre sind keine Herrenjahre, Draco Malfoy

- Kapitel sieben -


 

Gewaltige Kopfschmerzen plagten Draco am Morgen, nachdem er aufgewacht war. Der Schlafsaal lag in friedlicher Stille vor ihm, doch entdeckte er recht schnell den Verursacher seiner Kopfschmerzen - eine Schnapsflasche, die völlig entleert auf seinem Nachtschrank lag und vereinzelte Tropfen aus dem Flaschenhals glitten. Sein tägliches Ritual, um den schwarzen See zu joggen, fiel ins Wasser, da er einfach nicht die Lust verspürte, sich aus dem Bett zu quälen und zu laufen. Wieso auch? Er stieß bei dem Mädchen, das er wollte, auf Gegenwehr. Wozu also noch die Mühe machen, wenn im Selbstmitleid zerfließen um einiges leichter war? 
 

Träge blickte er auf seine goldene Taschenuhr, die ihm Lucius zu seinem siebzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Es war sechs Uhr. Da war joggen sowieso unnötig. In einer Stunde müsste er sich in dem alten Klassenzimmer einfinden, um anschließend zum Ministerium zu flohen. Müde schaute er zu den anderen Betten, die noch im Schlafsaal standen. Blaises Vorhang war bereits aufgezogen, woraus er schloss, dass sein Freund schon unterwegs war.
 

Sicher bei der kleinen Weasley, da sie ihr Techtelmechtel unter Verschluss hielten.
 

Gregory lag noch in seinem Bett, denn sein Schnarchen drang bis zu Draco herüber, was ihn auch dazu trieb, sein Bett zu verlassen. Es klang, als würde Goyle Bäume im Akkord fällen. Selbst wenn er seinen Kopf unter seinem Kissen vergrub, könnte er mit Sicherheit das Schnarchen hören - man konnte es unmöglich nicht hören.
 

Nachdem Draco unter der Dusche ankam, wurden auch seine Sinne wachgerüttelt und er bereute, dass er in seiner kurzweiligen Lethargie dachte, sein Training würde keine Früchte tragen. Merlin sei Dank wurde er wachgerüttelt und würde gleich morgen wieder sein Training aufnehmen. Noch während das nach Tannenduft riechende Wasser auf seine Muskeln prasselte, beschloss er, dass Lethargie keinen Platz in seinem Innern finden würde. Alles würde gut werden. Ja. Auch nahm er sich vor, Granger nicht mehr allzu sehr zu belästigen, aber an seinem Plan würde er festhalten, nur musste er sich noch genaue Gedanken machen, wie er an das, was er wollte, herankommen konnte. Schließlich würde das, was er wollte, nicht einfach so auf der Schulter der kleinen Weasley liegen, außer er hätte - wie der Goldjunge - unverschämtes Glück, aber darauf baute Draco nicht. Draco würde Granger in Sicherheit wiegen und im richtigen Moment zuschlagen. Ja, das würde er sich zur Priorität setzen. 
 

Das warme Wasser rüttelte nicht nur seine Muskeln wach, sondern auch seinen Verstand. Immer mehr spürte er sein rationales Denken zurückkehren.
 

Zurück in seinem Schlafsaal traf er auf Blaise, wie dieser sich in sein Bett zurück schleichen wollte. Draco hatte seinen Vorhang extra zugezogen, um Blaise im Glauben zu lassen, dass Draco noch schlief oder joggen war. 
 

„Na, wie wars?“, flüsterte Draco, als er nur im Handtuch bekleidet in den Schlafsaal zurückkehrte. 
 

„Man“, rief Blaise erschrocken aus, bevor er sich umdrehte. „Du hast mich erschreckt.“ Hastig drehte er sich wieder um, um nachzusehen, ob jemand durch seinen Aufschrei wach geworden war.
 

„Schlechtes Gewissen?“, fragte Draco und lächelte wissend zu ihm herüber. Er nahm sich Unterwäsche, ein Seidenhemd und eine schwarze Stoffhose. Seine schwarze Krawatte legte er sich um den Hals.
 

„Nein, aber wenn man, wie du, in ein Zimmer schleicht, dann erschreckt man sich.“ Blaise zog sich gerade noch einmal seine Hose aus, um in sein Bett zu steigen und die letzte Stunde, die ihm noch blieb, zu schlafen. „Ich habe mich mit Ginny getroffen und würde meine letzte Stunde gerne noch genießen.“ 
 

„Schon klar. Aber du schleichst dich ja auch zurück in dein Bett - nicht ich. Du solltest morgens mit mir laufen, das würde dich wachrütteln, statt dich heimlich nach draußen zu schleichen.“ Draco stieg in seine Socken und seine Hose, danach setzte er sich auf sein Bett, um seine Schuhe zuzuschnüren. Blaise hielt sicher wieder nur Händchen, denn, wenn mehr passiert wäre, würde Blaise ganz anders reagieren. Heute würde er Granger vielleicht noch einmal nerven, danach würde er sich zurückziehen und warten... Irgendwann würde sie schon kommen. Immerhin wusste sie, wie er zu ihr stand und was er wollte. Lange konnte sie nicht so standhaft bleiben wie sie tat und wenn alle Stricke rissen, würde er zu seinem Plan übergehen, der bis dahin hoffentlich ausgereift war. 
 

„Vielleicht ein anderes Mal“, schlug Blaise müde vor und vergrub seinen Kopf unter seinem Kissen, welches seine glühenden Wangen kühlte. 
 

Und Draco machte sich Sorgen, wegen einer näher rückenden Lethargie? Grundgütiger, Blaise war das beste Beispiel, dass Draco inmitten seines Saftes lag und Blaise von Lethargie befallen war. Er hoffte nur, dass er selbst nicht so werden würde. Was noch viel besser war, war, dass Blaise offenbar schlafen konnte; trotz dieser unerträglichen Schnarcherei. Draco hatte mit Pansy - sofern ihre Beziehung zu Goyle standhielt - jetzt schon Mitleid. 
 

Er warf sich seinen Umhang über und verschloss die eiserne Kette, die den Umhang zusammenhielt, bevor er wach und gut gelaunt seinen Raum verließ. Der Gemeinschaftsraum der Slytherins lag leer vor ihm. Nur im Kamin knisterte noch die Glut von gestern Abend. Auf dem Tisch standen noch zwei Butterbierflaschen, die Draco mit Hilfe des Evanesco-Zaubers verschwinden ließ. Man wusste ja nie, welcher Lehrer einen Kontrollgang hierher machen würde und am Ende alles auf sie zurückfiel. Am Ende bekämen sie noch Punktabzug und das durfte nicht passieren, nein. Dieses Jahr würde sein Haus diesen verdammten Hauspokal gewinnen – nicht Potter. Draco hoffte insgeheim auch auf den Quidditchpokal, doch diese Hoffnung gab er schon auf, bevor das Schuljahr anfing. 
 

Potter war – und es tat Draco weh, das zuzugeben – einfach zu talentiert, so dass es auf der Hand lag, dass er gewann. Potter hatte eben dieses verdammte Glück gepachtet, was Quidditch anging.
 

Die Zeit lief immer weiter, bis er um viertel vor sieben vor dem Klassenzimmer ankam und... Granger erblickte. Sie schien bereit zu sein. Bereit, alle Aufgaben in sich einzusaugen und mit Bravour zu meistern. In dem Moment hätte er sie gerne auf den Boden geworfen. Hier konnte sie überpünktlich sein, aber als er sie zum Raum der Wünsche gebeten hatte, kam sie nicht. Verdammt! 
 

„Morgen“, nuschelte Draco und verschränkte die Arme. Er besann sich zur Contenance.
 

Erstaunt hob Hermine ihren Kopf und schaute zu Malfoy hinüber. Hatte er sie gerade, wie einen normalen Menschen, begrüßt? „Guten Morgen“, erwiderte sie verwirrt und klammerte sich an ihrem Klemmbrett fest. Sie rechnete eigentlich wieder mit einem überheblichen Malfoy, doch dieser lehnte stumm an der Wand und schaute nach seiner Begrüßung in eine andere Richtung – etwas völlig untypisches für einen Malfoy. 
 

Die Ruhe vor dem Sturm? 
 

Was konnte das bedeuten, wenn er so gelassen wirkte? War er von sich überzeugt und sah sich bereits auf der Zielgeraden, weswegen er so lässig und gefasst wirkte? Aber ihre Gedanken wurden bereits wieder unterbrochen und schlagartig änderte sie auch ihre Meinung. Er war nicht gelassen und wollte sie auch nicht in Ruhe lassen.
 

„Wie ich sehe, bist du schon übereifrig fleißig. Denkst du, das verbessert dir dein Zeugnis? Die silberne Plakette bekommst du dadurch auch nicht, Granger.“ Draco stieß sich von der Wand ab und stellte sich neben sie. „Lass also, auch um deinetwillen, einmal deine Besserwisserei und geh das Ganze langsam an oder wir beide bekommen in den nächsten drei Wochen Probleme.“ Immer noch ein wenig müde rieb er sich die Schläfen. Dachte er eben nicht noch, dass er wach sei? Ein fataler Irrtum, wie er feststellte. Die bitterbösen Kopfschmerzen kehrten zurück, wenn er an ihren Mund dachte, der wie ein unaufhörlicher Wasserfall plappern würde. 
 

Oh! Das war nicht zu fassen. Er drohte ihr bereits Probleme an? „Malfoy, auch wenn es dich nicht interessiert und du dieses Praktikum nicht schätzt, so bitte ich dich dennoch -“
 

„Ssshhh“, forderte Draco sanft und schloss seine Augen, während sein Zeigefinger auf seinen Lippen landete. „Du redest zuviel. Du willst dich immer erklären und das nervt.“ Wenn er sie schon in Ruhe lassen wollte, dann musste sie eben mit seiner anderen Seite klar kommen. Sie hätte es durchaus angenehmer haben können, aber Granger brauchte wohl noch einige Momente, Tage, Wochen? Draco hoffte nicht, dass sie Wochen brauchte... „Du musst niemandem Rechenschaft ablegen, außer mir natürlich“, fügte er betont, aber mit einem lächelnden Ausdruck und mit geschlossenen Augen hinzu. Viel zu gut konnte er sich ihren entgleisenden Blick vorstellen. 
 

Sicher verschränkte sie nun ihre Arme und ihre Wangen waren tiefrot.  
 

„Malfoy!“
 

Grinsend öffnete er ein Auge und konnte sie im Augenwinkel dampfen sehen. Unsichtbare Lavafontänen sprießten aus ihrem Kopf und mit den roten Wangen hatte Draco nicht ganz unrecht. „Beende deine Sätze. Das habe ich dir schon in der Winkelgasse gesagt“, ermahnte er sie, als nach zehn Sekunden keine weiteren Sätze folgten. Das Lächeln war verschwunden und Draco öffnete beide Augen. Sein Blick war brennend und die Spannung zum Greifen nah. Wie gerne würde er diese Divergenz zwischen ihnen durchbrechen... 
 

„Und ich sage dir zum letzten Mal, dass du mich nicht herumkommandieren sollst. Lass deine Obszönitäten.“ Hermine wirbelte ihren Kopf herum und war jetzt diejenige, die seinem Blick auswich.
 

„Meine Aufforderung, deine Sätze zu beenden, empfindest du als obszön? Merlin, was machst du erst, wenn wir eine wirklich obszöne und vulgäre Unterhaltung führen?“, wollte Draco wieder lachend wissen. Sie war allerliebst, wenn sie sich sträubte und er fühlte sich nur noch mehr bestärkt. Granger musste man umwerben und jagen. Jagen bis zum bitteren Ende. „Versteckst du dich dann und vergräbst dein Gesicht unter deinen Händen?“ Ihre Prüderie würde er ihr gerne austreiben. Zwar nicht am Anfang, aber nach und nach. 
 

„Versuchst du lustig zu sein? Du bist es nicht“, erklärte Hermine kühl. Sie wollte sich mit diesem Praktikum wirklich anfreunden, damit klar kommen, dass Malfoy ihr Partner war und er versuchte alles, um ihr das Praktikum im Vorfeld madig zu machen. 
 

„Ich bin auch nicht lustig, sondern sehr ernst. Du dagegen scheinst enorm lustig zu sein, aber ich tendiere wohl doch mehr zu frigide.“ Dachte sie etwa immer noch, er erlaubte sich einen Spaß. „Sei einfach nicht spießig heute. Können wir uns darauf einigen?“ Draco wählte den versöhnlichen Weg und hielt ihr seine Hand hin. Eine Geste, die für Draco so unüblich war, denn, wenn er einen Deal einging, hatte er für gewöhnlich auch einen Nutzen davon, was hier nicht der Fall war. 
 

Weitere Minuten, ohne dass Hermine auf seinen Vorschlag oder seine Geste einging, waren vergangen, ehe Susan und Anthony um kurz vor sieben aufgetaucht waren. Sie wirkten beide abgehetzt. So, als ob sie aufeinander warten wollten, aber einer der beiden verschlafen hatte. Hermine tippte auf Anthony, da seine Haare in alle Richtungen standen und tiefe Augenringe sein Gesicht zierten. Die Höhe, und worauf Hermine eigentlich noch gerne eingegangen wäre, war, dass Malfoy ihr Frigidität unterstellte. Sie war nicht gefühlskalt. Das war zweifellos Malfoys Part!
 

„War McGonagall schon hier?“, fragte Anthony hastig nach und stemmte seine Hände in die Hüften, als er sich nach vorne beugte. 
 

„Nein“, kam es von Hermine und Draco gleichzeitig und Anthony erhob sich erleichtert. 
 

Um Punkt sieben öffnete sich die Tür und ihre Direktorin bat sie herein. 
 

Das Klassenzimmer sah wirklich verlassen auf. Die Tische und die dazugehörigen Bänke waren mit weißen Tüchern bedeckt. Alte Käfige wurden darin aufbewahrt und der Kamin war mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Der silberne Kronleuchter wurde ebenfalls ein Opfer des Zerfalls dieses alten Klassenzimmers. Die Kerzen darin waren modrig oder komplett abgebrochen und Hermine konnte sehen, wie Malfoy angeekelt seine Nase rümpfte. 
 

„Entspricht nicht deinen Standards, was?“, flüsterte sie wütend in seine Richtung. Er war ein so oberflächlicher Mensch, der, sobald etwas anders war, alles als unwürdig und abstoßend empfand. Oberflächlichkeit konnte einen Menschen, trotz attraktivem Aussehen, zu einem sehr hässlichen Menschen werden lassen. Nie würde ein Malfoy lernen, wie ein normaler Mensch zu leben. Es war, als würde Malfoy das Extreme dem Normalen vorziehen. 
 

Oh, nun fing sie wieder Streit an und wollte sich plötzlich mit ihm unterhalten? „Scharf beobachtet.“ Draco war klar, dass sie seinen Gesichtsausdruck bemerkt haben musste.
 

McGongall bekam von diesem Schlagabtausch nichts mit, während sie zum Kamin marschierte und das Flohpulver in der Schale begutachtete. „Gibt es Unklarheiten?“, fragte sie, mit der Schale in der Hand und drehte sich zu ihren Schülern. 
 

Draco rollte seine Auge, bevor Granger ihren Arm in die Luft strecken konnte. Er ahnte so etwas bereits, aber da er vor McGonagall den braven und einsichtigen Schüler spielte, provozierte er sie nicht und hörte ihr sogar zu. 
 

„Professor“, Hermine räusperte sich, ehe sie anfing. Zwar hatte sie das Informationsblatt ausgiebig durchgelesen und hätte es auswendig aufsagen können, jedoch stellten sich ihr gleich mehrere Fragen. „An wen müssen wir uns wenden? Auf dem Informationsblatt war diesbezüglich nichts zu finden.“
 

Minerva stellte die Schale auf dem Kaminsims ab und faltete ihre Hände zusammen. „Mister Robin Sterling wird Sie empfangen und in die entsprechenden Abteilungen einweisen. Sie werden dort weitere Informationen erhalten.“
 

„Wo genau werden wir landen? Im Atrium?“ Auch diese Frage stellte Hermine.
 

„Ja“, erwiderte Minerva kurz und bündig. „Ich erwarte Sie heute Nachmittag um sechzehn Uhr hier. Das Ministerium hat eine Sondergenehmigung erlassen, die Ihnen ermöglicht, um diese Zeit zurückzukehren. Ab morgen werden Sie diese Prozedur, zum Ministerium zu flohen, alleine durchführen.“ Sie wollte ihren Schülern mehr Verantwortung übertragen und wenn sie es schafften, pünktlich zu sein, wäre das ein Anfang. 
 

Sie hatten also bereits Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, obwohl Hermine vermutete, dass es die Idee ihrer Direktorin war, den Kamin nur zu gewissen Uhrzeiten zu öffnen, damit niemand unbefugt nach Hogwarts eindringen konnte. Selbstbewusst schritt Hermine nach vorne und wollte den Kamin zuerst besteigen. Sie würde Malfoy schon zeigen, dass sie nicht einzuschüchtern war. Auch würde sie ihm nicht zeigen, dass sie eigentlich Angst vor ihm und seinen dubiosen Forderungen hatte. Je mehr Selbstbewusstsein und Stärke sie ausstrahlen würde, umso schneller würde Malfoy das Interesse verlieren, da er nur blinde Schafe gewohnt war, die ihm verfielen, und mit Stärke noch nie konfrontiert wurde. Schließlich schaffte sie es auch immer vor Harry und Ron, Stärke zu zeigen und inmitten des Krieges ihre Nerven zu behalten. Wieso sollte das also bei Malfoy anders sein? Nur, weil er eine furchterregende Haltung annehmen konnte? Das konnte Voldemort auch und auch hier zeigte sie, oder versuchte es zumindest, Stärke zu zeigen. 
 

„Professor?“ Hermines Stimme festigte sich. „Wie erhalten Sie Kenntnisse über unserer Arbeit?“ Auch zu dem Punkt fand Hermine keine Antwort auf diesem Informationsblatt. Eigentlich stand nichts wissenswertes drauf.
 

„Mister Sterling wird mir wöchentliche Berichte zukommen lassen. Er wird Ihre Arbeit schriftlich erfassen und durch Gespräche Ihrer Abteilungsleiter beurteilen. Sollten Sie weitere Fragen haben, ist Mister Sterling Ihr Ansprechpartner.“ Minerva richtete ihre Worte nicht nur an Hermine, sondern auch an Susan, Anthony und Draco.
 

Selbstsicher und ohne daran zu denken, dass der Kamin - der schon mehrere Jahre nicht mehr in Betrieb war - sie sonst wohin flohen konnte, stieg sie hinein. Die Asche unter ihren Füßen roch nach altem, modrigen Etwas, was selbst Hermines Nase nicht genau herauskristallisieren konnte. Sie griff in die Schale und als sie das Flohpulver hineinwerfen wollte, musste sie mehrmals niesen und konnte gerade noch ihren Mund verschließen, ehe etwas nuschelndes herauskam und sie sonst wo gelandet wäre. 
 

Das wäre sicher eine lustige Schlagzeile in Hogwarts geworden und mit dem entsprechenden Spott honoriert worden, wenn man Hermine gefunden und zurückgebracht hätte.
 

Vorsichtig und auf ihre Nase achtend, warf sie das Pulver in den Kamin. „Zaubereiministerium, London.“ Somit würde sie automatisch in einem der vielen Kamine ankommen, die im Atrium aufgestellt waren. Die grünen Flammen flackerten auf, die ohne Umschweife Hermine verschlangen. Sie konnte nur noch ein boshaftes Grinsen von Malfoy und die Stimme von Professor McGonagall vernehmen, bevor mehrere Kamine an ihr vorbeizogen und sie im richtigen zum Stehen kam. 
 

Eilig trat sie heraus, bevor noch jemand gegen sie flohen konnte. Sie klopfte sich provisorisch den Ruß von ihrem Umhang und wartete, bis der Nächste hierher kam. Da um sieben Uhr die Arbeitszeiten begannen, war es proppenvoll. Von überall kamen Leute, wie damals, als sie mit Harry und Ron heimlich hierher kam, in dem Körper von Mafalda Hopfkirch. Eilig liefen sämtliche Altersklassen, von jung bis alt, an ihr vorbei und rempelten sie aus Versehen an. Das redete Hermine sich zumindest ein.
 

Auch ein junger Mann stieß gegen ihre Schulter.
 

Sauer hob Hermine ihr Klemmbrett auf, nachdem es ihr aus der Hand gefallen war, doch als sie sich umdrehte, stockte ihr kurz der Atem. Ein junger, hochgewachsener Mann stand vor ihr. Seine blonden Haare waren kurz geschnitten und auch wenn Hermine diese blonde Haarfarbe immer wieder mit Malfoy in Verbindung brachte, sahen sie an diesem jungen Mann sehr ansehnlich aus. Seine strahlend blauen Augen schauten lieblich zu ihr hinab und unsicher drückte Hermine ihr Klemmbrett gegen ihre Brust.
 

„Entschuldigen Sie“, begann der Mann und als er wieder zu Hermine sah, da er sich ebenfalls bücken wollte, um das Klemmbrett aufzuheben, erkannte er sie. „Miss Granger?“, fragte er stockend nach. 
 

„Ja?“, piepste Hermine aufgeregt und im selben Moment tadelte sie sich stumm. Ihre Stimme klang fürchterlich. 
 

„Sie sind eine der Praktikanten?“, fragte er verblüfft und hielt Hermine seine Hand hin, die sie übereifrig annahm. Nun ja, er war darüber informiert worden, dass er für die Praktikanten zuständig war, doch hatte man ihm die Namen nicht mitgeteilt. Noch immer lief hier alles drunter und drüber, seitdem der Krieg vergangen war.  
 

Die Hand des Mannes war warm und angenehm zu berühren. „Ja?“ Merlin, sie verhielt sich völlig infantil. Das musste aufhören. Das war nur ein Mann, der sie angerempelt hatte. Nichts weiter. Es gab keinen Grund für solch ein Verhalten und für Schnappatmungen, so fühlte es sich jedenfalls für Hermine an, gab es auch absolut und überhaupt gar keinen Grund.
 

„Dann warten wir doch einfach zusammen auf die anderen, in Ordnung? Ich bin übrigens Robin Sterling. Ich werde Ihre Arbeit beurteilen“, ergänzte er mit einem netten Lächeln und hielt ihr wieder seine Hand hin.
 

Völlig irritiert wegen ihrem Verhalten, da sie sich selbst so nicht kannte, schüttelte Hermine ihren Kopf und gebrauchte nach mehreren Sekunden ihren Kopf. „Nun“, endlich kam ihre Sicherheit zurück, „meinen Namen kennen Sie ja bereits“, erwiderte sie ebenfalls lächelnd und schüttelte erneut die Hand des Mannes. 
 

„Wer kennt ihn nicht?“, entgegnete er zwinkernd, als sie sich gemeinsam in Richtung der Kamine begaben, um die anderen Drei abzufangen. Was ziemlich schwierig, angesichts dieser Menschenmenge, war. In der Hoffnung, die Menge würde abebben, je näher sie den Kaminen kamen, beschleunigten sie ihre Schritte, jedoch kam es Hermine vor, als würden immer mehr Menschen ins Atrium strömen. Die Masse lief immer dichter beieinander. Die Gespräche klangen allesamt gehetzt, genervt, müde und träge. „Ist... Ist Harry Potter auch einer der Praktikanten?“ Robin wollte desinteressiert klingen, doch es misslang ihm.
 

„Nein“, antwortete Hermine und schaute argwöhnisch zu Robin Sterling herüber. Konnte sie ihm die Neugierde verübeln? Nein, denn Harry verdiente den Ruhm, auch wenn er selbst diese Präsenz hasste. Sie schätzte Robin Sterling nicht älter als fünfundzwanzig und war verblüfft, wie ein Mann in so jungen Jahren bereits eine offensichtlich hohe Position im Ministerium erreichen konnte. Leider stand es ihr nicht zu, private Fragen zu stellen. Zu gerne hätte sie gewusst, wie er das geschafft hatte, in welcher Zauberschule er war und was genau er eigentlich hier tat. Es musste etwas wichtiges sein, ansonsten würde man ihm nicht soviel Verantwortung in die Hände legen. Auch wenn ihr private Fragen gestattet wären, konnte sie diese vergessen, denn weiter hinten erblickte Hermine bereits Susan, die am Kamin stehen blieb und darauf hoffte, dass Anthony aus demselben Kamin kam.
 

Heftig winkte Hermine durch die Masse hindurch und machte auf sich aufmerksam. Was wäre passiert, wenn Hermine nicht von Robin Sterling angerempelt worden wäre? Wie hätte sie in dieser Menge einen Menschen ausfindig machen sollen, den sie noch nie zuvor gesehen hatte? Das hatte sie völlig vergessen zu fragen. 
 

Nach mehreren Sekunden entdeckte sie auch Malfoy und Anthony. 
 

„Wärst du nicht so vorbildlich in den Kamin gestiegen, hättest du noch gehört, wie McGonagall uns gesagt hat, dass Mister Sterling“, spuckte Draco, „am Kamin Nummer dreizehn wartet“, erklärte er gehässig weiter. Er besah sich den Mann und kam nicht drum herum, ihn sofort zu hassen. Er wirkte auf Draco unsympathisch, überheblich, hochmütig und hoheitsvoll. Ein Arsch eben.
 

Während sie sich alle fünf durch die Menschenmenge schlängelten, hielt Draco Abstand und beobachtete. Er nahm sich Lucius' Ratschlag zu Herzen. 'Sei deinen Freunden nah, Draco, aber deinen Feinden noch näher' und dieser Sterling war sein Feind. 
 

Nach einem Fußmarsch von gefühlten drei Meilen, erreichten sie endlich einen Teil des Ministeriums, der nicht überfüllt war und sie in einem gesunden Abstand zueinander stehen konnten, ohne den Körper des jeweils anderen zu berühren. 
 

Sterling zog im Anschluss ein Pergament aus seinem Umhang. „Nach meinen Unterlagen wurden Sie alle bereits in Gruppen eingeteilt. Miss Granger, mit wem arbeiten Sie?“ Er wandte sich an Hermine, da ihr Name der Einzige war, den er bisher kannte, aber das würde sich nun gleich ändern. 
 

„Mit Draco Malfoy.“ Angewidert zeigte sie auf Malfoy und versuchte, da sie nicht zu Draco sah, etwas von den Worten auf dem Pergament zu erhaschen. 
 

„Sind Sie ein Verwandter von Abraxas Malfoy?“, wandte Robin sich interessiert an den jungen Mann, auf den Hermine zuvor deutete.
 

„Ja“, gab Draco genervt zu. Ihm schmeichelte es überhaupt nicht, dass dieser Idiot Interesse an Dracos Verwandtschaft zeigte. Es interessierte ihn kein Stück.
 

„Mein Vater befand sich zu dem Zeitpunkt im Studium. Er wollte schon immer Heiler werden und hat mir von dem Vorfall berichtet“, erzählte Robin ganz offen und betroffen, als er Dracos Namen auf seinem Pergament notierte.
 

„Schön für Sie!“ Wer war dieser Mensch? Sterling selbst besaß keinen Namen, den man kannte. War das demzufolge ein normales Verhalten der Menschen, die ein Nichts waren? Die man nicht kannte? Ergötzen diese sich daran, wenn man einen Menschen traf, dessen Name eine Bedeutung in der Gesellschaft hatte? Egal ob positiv oder negativ? Sein Großvater Abraxas war an Drachenpocken erkrankt und überlebte diese Krankheit nicht. Was wollte dieses Kretin ihm demnach sagen? Dass es ihm leid tat? Wollte er sich nur wichtig machen und etwas sinnloses beitragen, um nicht in der Stille unterzugehen? Wenn es Letzteres war, dann würde man die Autorität dieses Mannes leicht untergraben können, wenn er schon zu solchen langweiligen Maßnahmen griff, nur um die Stimmung zu halten. 
 

Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem Achselzucken nahm er Dracos Antwort zur Kenntnis. Er wandte sich nun an Susan und Anthony und schrieb auch deren Name akribisch und gut lesbar auf sein Pergament. 
 

„Miss Bones, Sie werden mit Mister Goldstein für drei Tage in der Mysteriumsabteilung, im neunten Stock, arbeiten und Mister Wyder über die Schulter schauen. Das ist der zuständige Abteilungsleiter, der Sie in Ihre Aufgaben einweisen wird.“ Er deutete mit seiner Hand zu den Aufzügen. „Ich werde mit Ihnen in das zuständige Stockwerk fahren.“ Folglich wandte er sich nun an Hermine und Draco. „Sie beide werden drei Tage in der Abteilung für magische Spiele und Sportarten, im siebten Stock, arbeiten. Misses Smith ist Abteilungsleiterin und wird ebenfalls im dazugehörigen Stockwerk auf Sie beide warten.“ 
 

Oh nein, sie würde ihre ersten drei Tage im sportlichen Bereich verbringen. Etwas, was sie nicht mochte, aber sie würde es überstehen. Hermine sah das Ganze als eine Herausforderung – eine waghalsige Herausforderung, ähnlich einer harten Prüfung. Immer wieder rief sie sich in ihr Gedächtnis, dass sie Herausforderungen und Prüfungen mochte. Vielleicht lief auch hier alles anders und sie würde etwas dazulernen? Schließlich lernte man immer wieder dazu, oder? 
 

Im Aufzug stellte Draco sich neben Granger und konnte mehrmals einen Blick auf ihre Kleidung werfen und Merlin, sie wollte ihn wirklich quälen. Ihre Schuhe waren ihm ja bereits vor dem Klassenzimmer aufgefallen, aber der Umhang - den sie mittlerweile lässig über ihren Arm gelegt hatte - verdeckte bis dato den Rest. Sie trug tatsächlich einen dunkelblauen Bleistiftrock, eine schneeweiße Bluse und einen dunkelblauen, zum Rock passenden Blazer. Ihre Füße steckten in pechschwarzen Pumps, deren Absätze nicht hoch waren, aber dem ganzen die Krone aufsetzte. Ihr Beine erschienen ihm, nur durch diese dreckigen, aber auch verräterischen Schuhe, zwei Mal länger als sonst und Granger war tatsächlich in der Lage, in diesen Schuhen zu laufen. Merlin, sie lief in Pumps, als täte sie in Hogwarts nie etwas anderes. Als hätte sie schon immer welche getragen. Die Schuhe änderten auch ihre gesamte Gangart, womit es Draco unmöglich war, nicht wenigstens einmal auf ihren Hintern zu sehen und Gott, ja, er musste sich auf seine Faust beißen, als er sich unbeobachtet fühlte und sie vor ihm lief, nachdem sie die Aufzüge verlassen hatten.
 

Wenn sie drei Wochen lang in solch einem Outfit erscheinen würde, würde sie es aber wirklich bis zur Spitze treiben und Draco auf eine harte Probe stellen. 
 

Oder war das vielleicht sogar Absicht und sie tat das willkürlich, mit dem Wissen, wie quälend es für Draco sein musste? Oder war er diesbezüglich zu anmaßend und sie tat es nur wegen der Arbeit, weil sie vorbildlich war und der Norm entsprechen wollte? Verdammt, er tippte auf das Letzte und das war schlecht!
 

Nach einer endlos langen Fahrt, und noch unerträglicheren Gedanken - bezüglich Grangers Outfit -, kamen sie im siebten Stockwerk an. Robin Sterling übergab seine Schützlinge an Misses Smith. Die ältere Dame war eine quirlige, fröhliche und quietschende Frau, auf deren Nase eine dicke Brille thronte. Ihre roten Haare waren zu einer imposanten Frisur nach oben gesteckt worden, was Draco eher an ein Vogelnest erinnerte. Auch war ihre Kleidung farblich überhaupt nicht passend abgestimmt gewesen. Sie trug eine grüne Hose, die sich mit ihrem grellen pinkfarbenem Hemd biss, während ihre Füße in braunen Stiefeln versteckt waren. Ihr Gesicht war übertrieben geschminkt und das Schlimmste war ihr purpurroter Lippenstift. Indessen fragte sich Hermine, nach welchen Kriterien diese Frau ihre Kleidung zusammen stellte? 
 

„Ich tippe auf farbenblind“, äußerte sich Draco spöttisch, nachdem er den Abstand zu Granger geschlossen hatte.
 

„Sei still!“, fauchte Hermine, wonach ihr ein böser Gedanke kam. Konnte Malfoy Gedanken lesen? Hermine dachte nämlich ebenfalls daran, dass Misses Smith farbenblind sein könnte.
 

„Was denn? Ich sage nur das, was du denkst“, feixte Draco und schlenderte weiter neben ihr her. „Und noch einmal, weil du es bist: Ich lasse mir von dir nicht vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe.“
 

„Ach, aber mir willst du alles vorschreiben?“, wollte sie entrüstet wissen. Sie ging auf seinen ersten Teil nicht ein. Die Angst, Malfoy könnte wirklich ihre Gedanken lesen, war einfach zu groß. Lieber würde sie die Wahrheit nicht wissen wollen, aber woher sollte Draco auch die Kunst des Gedankenlesens gelernt haben? Harry erzählte ein einziges Mal von Snapes Privatunterricht und stellte mithilfe verschiedenster Gestiken klar, wie schwierig und ermüdend Legilimentik und Okklumentik waren.
 

„Ja, und ich würde es begrüßen, wenn du nicht weiter das sture Zicklein spielst. Ich bin es wirklich leid, Granger, denn normalerweise muss ich nicht so lange warten“, erwiderte Draco eisern. Alles, was er sich heute noch unter der Dusche schwor oder beschlossen hatte, war mit einem Ruck über Bord geworfen. Hermine Granger schaffte es, alle Entscheidungen, die er getroffen hatte, vergessen zu lassen und zurück zu seinem alten Muster zu finden. 
 

Abschließend kamen sie, Malfoy, Misses Smith und Hermine in einem kleinen Büro an. Es kam einer Besenkammer gleich, dachte die junge Gryffindor überrascht. 
 

„Nun, Sie werden heute die alten Berichte noch abheften“, begann Misses Smith die Arbeit zu erklären. „Aktenordner finden Sie dort im Regal und bitte sortieren Sie die Berichte nach Datum.“
 

Wütend verzog Draco sein Gesicht. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und seine Lippen kräuselten sich. Granger war für einen kurzen Moment vergessen. „Moment. Ist das Ihr ernst? Wir sind hier, um die Arbeit, für die Ihre Mitarbeiter zu faul sind, zu erledigen? Morgen können wir dann Kaffee kochen?“ Aus Draco sprudelte die Wut, wie aus einem Vulkan. Ihm war auch die Bewertung egal. Obwohl Lucius in der Gesellschaft in Ungnade gefallen war, so würde ihm sowohl sein Nachname, als auch sein Gold viele Türen öffnen. Das Schuljahr war ihm ebenso egal, doch seine Mutter war – neben Granger – der einzige Grund, weshalb er zurück nach Hogwarts kam. Auch wenn er kein gutes Zeugnis erhalten würde, könnte Draco bis zu seinem Lebensende von dem Gold leben, das Lucius in Mengen hortete und dank Potters Aussage nicht eingefroren wurde. Daher wiegte er sich in Sicherheit, weshalb er es auch nicht für nötig befand, dem Befehl der alten Hexe nachzukommen.
 

Unterdessen war Hermine schon dabei, artig die Ordner vom Regel zu nehmen, auf welchem – wie in dem alten Klassenzimmer – eine dicke Staubschicht ruhte. 
 

„Mister Malfoy, Lehrjahre sind keine Herrenjahre!“, bemerkte Misses Smith, nachdem sie ihre Brille von der Nase hob und Draco Malfoy intensiv betrachtete. „Was haben Sie erwartet?“ Die quirlige Art war verschwunden und blitzartig stand eine Frau vor ihm, die den Ernst der Lage erkannte. 
 

Für dieses ineffiziente und inhaltslose Sprichwort hätte er sie am liebsten geschüttelt. „Arbeit, von der ich vielleicht was lernen kann? Oder ist das zu viel verlangt?“ Es lag nicht in Dracos Interesse, gleich am ersten Tag Ärger zu bekommen, doch diese Aufgabe, wie es diese Frau nannte, war eine Zumutung. Dann hätte er auch in Hogwarts bleiben können, denn dort war der Bildungsstand der Schüler nicht höher als hier. Wenn er schon mit dieser Frau Ärger bekam, würde der Streit mit Granger nicht lange auf sich warten lassen. 
 

„Aber das tun Sie doch.“
 

„Was lerne ich bitte von Berichten sortieren?“
 

„Sie lernen, Dinge zu sortieren.“
 

„Wie fortschrittlich“, scherzte Draco. Meinte die alte Schachtel das wirklich ernst? War das ihre Argumentation? War er der Habitus des Beleidigen oder war Misses Smith die argumentative Mittellose? „Findest du nicht auch, Granger? Berichte sortieren klingt ganz wunderbar, nicht? Wir werden uns vor so vielen Herausforderungen gar nicht mehr retten können.“ Er zog seinen Zauberstab und wollte gerade einen Spruch einleiten, als die alte Hexe ihn unterbrach.
 

„Sie werden diese Arbeit natürlich ohne Ihren Stab vollziehen. Jeder fängt einmal klein an, Mister Malfoy.“ 

 

Bitte was? Das war Absicht! Die Hexe machte das absichtlich. Würde Misses Smith, äffte Draco in Gedanken, noch ein Wort verlieren, würde er überschäumen.
 

„Malfoy, hör jetzt auf und hilf mir.“ Hermine legte die Ordner auf den Boden und zog einen der Stapel zu sich heran. Ihr Blick sagte mehr als tausend Worte und Draco konnte die nächste Auseinandersetzung bereits spüren. Wunderbar, er würde acht Stunden damit verbringen, dämliche Berichte zu sortieren. Was er wirklich erwartete? Nun, wenn sie schon hier waren, dann wollte Draco auch wissen, was hier gearbeitet wurde. Gerne hätte er gewusst, wie eine Quidditchweltmeisterschaft organisiert wurde. Das wäre doch zumindest ein passabler Anfang gewesen und passte außerdem zum Sportbereich.
 

Als Misses Smith bemerkte, wie Draco zu Hermine ging, lächelte sie verzückt und wirkte kurz wie Dolores Umbridge in ihren besten Zeiten. „Wunderbar. Wie ich sehe, kommen Sie zurecht.“ Wieder in ihr ulkigen Art, winkte sie den beiden zu und verließ das Zimmer.
 

„Ich fasse es nicht!“, brach es aus Draco heraus. Seine Hand fegte die Berichte auf dem Schreibtisch zu Boden. „Wie kannst du dich von denen herumkommandieren lassen, aber meine Bitte immer wieder ausschlagen?“ 
 

„Spinnst du?“, rief Hermine aufgebracht, als sie das Chaos realisierte. Alle Berichte lagen auf dem Boden verstreut - direkt vor ihren Füßen.
 

„Merlin, bist du eine Hexe oder nicht?“, knurrte Draco expressiv. 
 

„Wir dürfen aber keinen -“
 

„Ist mir scheißegal“, kommentierte Draco ihren kläglichen Versuch, sich herauszureden und ihn am besten noch zu maßregeln. Das konnte sie ja hervorragend. Voller Elan zog er seinen Zauberstab und ließ die Berichte wieder auf einen ordentlichen Stapel fliegen. Hogwarts war schon ein Irrenhaus, aber hier – das hoch geschätzte Ministerium – war die gottverdammte Zentrale. „Ich dachte eigentlich, wir würden was produktives tun, was eventuell auch etwas mit der entsprechenden Abteilung zu tun hat oder hattest du diese Vorstellung?“
 

„Nein, hatte ich nicht.“
 

„Fein!“, fauchte Draco und ergab sich. „Dann arbeiten wir diesen Schwachsinn eben auf Muggelart ab. Ich hätte es vielleicht noch verstanden, wenn wir das in der Muggelabteilung getan hätten, aber schön. Lassen wir uns ausbeuten, zum Wohl!“ Aus seinem Umhang zog er einen silbernen Flachmann, auf dem ein Drache eingraviert war. „Auch ein Schlückchen aus der Ökopumpe?“ Er hielt ihr, nachdem er den Flachmann absetzte, die Flasche hin.
 

Ein alkoholischer Geruch umspielte Hermines Nase. „Dir ist nicht mehr zu helfen“, winkte sie ab. „Und nein, ich will kein Schlückchen aus deiner Ökopumpe.“
 

„Auch gut. Mehr für mich also.“ Direkt setzte Draco das silberne Behältnis an seinen Mund und ließ die Flüssigkeit seinen Gaumen kitzeln und seine Speiseröhre brennen. 

 
 

~*~
 

Keinen Finger hatte Malfoy in den acht Stunden krumm gemacht. Hermine quälte sich durch die ganzen Berichte und sobald sie die Augen schloss, sah sie immer noch die unzähligen Worte und Zahlen vor ihrem geistigen Auge flimmern. Und Malfoy trank immer weiter. Dadurch, dass er den Flachmann nie ganz leer trank, konnte er – dank Gamps Gesetz der elementaren Transfiguration – ihn immer wieder mit Alkohol befüllen. 
 

Hermine war wirklich froh, dass sie gleich in Hogwarts ankam und vermutlich – verursacht durch ihren Schlafmangel – ins Bett fiel, aus dem sie erst wieder morgen früh aufstehen würde. Vielleicht konnte sie Ginny noch rechtzeitig informieren, ihr etwas vom Abendessen mitzubringen. 
 

„Goldstein und Bones hatten sicher angenehmere Stunden“, nuschelte Draco belustigt, als er leicht torkelnd mit Hermine zum Kamin schritt. 
 

„Kannst du dich wenigstens halbwegs so benehmen, dass man dir nicht ansieht, dass du was getrunken hast?“, fragte Hermine besorgt und schaute sich ständig um. Sie wollte nicht mit einem betrunkenem Malfoy erwischt werden, was sie beide womöglich noch, um dem ganzen die Krone aufzusetzen, das Praktikum kosten könnte. „Malfoy, im Gegensatz zu dir, müssen viele Menschen für ihre Karriere arbeiten. Wir bekommen keine Unmengen an Galleonen in die Wiege gelegt.“
 

„Hast du was gesagt?“
 

„Nein.“ Hermine ergab sich. Ihr fehlte die Kraft, um sich weiterhin mit ihm zu streiten. Sie konnte nicht einmal an Robin Sterlings stahlblaue Augen denken. 
 

„Du bist ziemlich langweilig“, bohrte Draco weiter, denn er hatte jedes Wort verstanden. „Ist es nicht anstrengend, sich ständig an die Regeln zu halten? Musst du immer so pedantisch und genau sein?“
 

„Ja, weil ich was erreichen will und mich nicht auf ergaunerten Galleonen ausruhen kann.“ Sie wusste, dass das gemein war, aber Malfoy ließ ihr auch keine Wahl.
 

Ein böser Fehler! Grimmig stieg er zuerst in den Kamin und hoffte, dass sie allein wären, wenn Granger im Klassenzimmer ankam. Geduldig, und gar nicht mehr angeheitert, wartete er, bis sie kam und wie in den Lauf einer Pistole sah – obwohl es sich nur um Dracos Zauberstab handelte, der direkt auf sie gerichtet war.
 

„Malfoy, was soll das?“ 
 

„Was soll das heißen? Ergaunerte Galleonen?“ 
 

„Nun, wie soll ich es dir erklären? Nicht ehrlich verdient? Gestohlen?“
 

„Verdammt nochmal, ich weiß, was ergaunert bedeutet! Unser Erbe wurde nicht ergaunert.“ Er trieb sie immer weiter in eine Enge, aus welcher sie nicht mehr flüchten konnte. Lange genug, über Tage, hatte er nun bereits mit ihr Katz und Maus gespielt. Das war jetzt definitiv zu Ende. Er hatte genug gesehen und gehört, weswegen ihm bald der Kragen platzen würde. Draco ließ seinen Stab erleuchten, da das Zimmer bereits in einer angenehmen, aber nicht vollkommenen, Dunkelheit lag und hielt ihn in Grangers schockiertes Gesicht. Er konnte ihre Angst riechen. Sie klebte an ihr und auch Draco wusste, dass sie nur zu gerne ihren Stab ziehen würde. „Los, zieh deinen Stab. Ich weiß, dass du ihn ziehen willst, oder hast du Angst?“
 

„Ich habe keine Angst vor dir, Malfoy.“ Mutig stellte sie sich ihm gegenüber. Etwas anderes blieb ihr auch gar nicht übrig, da er sie in die Enge getrieben hatte und ihr - durch seinen Stab, der auf sie gerichtet war - den Fluchtweg abschnitt. 
 

„Wenn man schon von nicht vorhandener Angst spricht, Granger, sitzt sie dir schon im Genick. Glaub ja nicht, dass ich meinen Stab nicht einsetze. Ich bin zwar nicht dein Feind, aber ich bin auch kein Gryffindor, der niemanden angreift, nur, weil derjenige unbewaffnet ist.“
 

„Nun, das lässt tief blicken. Ich kann wenigstens noch in den Spiegel sehen, Malfoy! Etwas, was du nicht von dir behaupten kannst und ja, wir Gryffindors greifen keine wehrlosen Menschen an.“ Auch Hermine wurde wütend und sie konnte spüren, wie ihr Zorn die Angst überwog. 
 

„Du hast nichts gelernt. Gar nichts!“, stichelte Draco lachend. Ihm kam plötzlich eine neue Idee. Eine neue Option. Sie machte sich um Galleonen Sorgen? Sie wollte Gold? Existenzängste, die Draco ausnutzen könnte und würde. Unverzüglich zogen sich seine Mundwinkel nach oben. Jedoch ließ er den Stab auf sie gerichtet. „Ich würde deine Zeit auch mit 50.000 Galleonen dotieren. Was sagst du? Du müsstest dir um deine Zukunft keine Sorgen machen.“ 
 

Was? Was bot er ihr gerade an? 
 

„Was?“, schrie Hermine panisch und war kurz davor, ihr Gleichgewicht zu verlieren. „Malfoy, du kannst mich nicht kaufen. Niemals!“ 
 

„Ab einer gewissen Summe ist jeder käuflich“, revidierte Draco ihre Aussage mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Ich biete dir 55.000 Galleonen“, fuhr er unbeirrt fort.
 

„Mich nicht! Und auch nicht für 55.000 Galleonen.“ Entschlossen stemmte sie ihre Hände in ihre Hüften. „Erkläre mir bitte, weshalb ich so interessant für dich bin. Eine Tatsache, die ich nicht verstehen kann und eigentlich auch nicht will. Aber es ist mir völlig schleierhaft und ich habe es die ganze Zeit für einen blöden, idiotischen Witz gehalten, mit dem du später vor deinen Freunden prahlen willst, aber mittlerweile glaube ich, dass du den Verstand verloren hast.“ Sie ließ Malfoys Stab keine Sekunde aus den Augen. 
 

„Du bist unberührt, Granger. Das macht dich so reizvoll“, gab Draco ehrlich zu. „Niemand hat dich vorher angefasst und das wird auch weiterhin niemand tun - bis auf meine Wenigkeit, wohlgemerkt“, erklärte er sachlich und mit ernstem Ausdruck. 
 

„Geht es noch lächerlicher?“ Zuerst wollte Hermine in Gelächter ausbrechen, aber nach Malfoys Gesicht zu urteilen, meinte er das, was er von sich gab, ganz offensichtlich ernst, womit das Gelächter, das bereits nach oben wanderte, verschwand. Hermine wusste nicht, wohin es verschwunden war und konnte auch gar nicht weiter darüber nachdenken. Viel zu schockiert und fassungslos war sie wegen Malfoys Beweggründen. Das war also der lächerliche Grund? Wie kam er auf solch eine Idee? War ihm so langweilig? Wusste er einfach nichts mit seiner Zeit anzufangen und dachte sich währenddessen diesen Plan aus? Und was sie sich ebenfalls fragte: Stand es auf ihrer Stirn geschrieben, dass sie Jungfrau war? Er wollte sie als Erster, um später damit hausieren zu gehen, um Hermine in ein schlechtes Licht zu rücken. Das war der Grund...
 

„Nein, das meine ich ernst. Niemand wird dich anfassen, verstehst du das?“ Seine eisgrauen Augen verdunkelten sich, ein regelrechter Sturm wütete darin.
 

Und jetzt bekam Hermine Angst. Angst, die sie nicht mehr unterdrücken konnte. Sie musste ihn davon abbringen. Aber wie? Wie konnte sie Malfoy abschrecken? Oh Gott! Der rettende Gedanke kam spontan und dafür war sie dankbar. Ein feines Lächeln begann ihr Gesicht zu schmücken. „Zu spät, Malfoy.“ Jetzt würde sie ihm den Todesstoß versetzen. Nach dem nächsten Satz könnte sie in Ruhe leben, ohne ständig Malfoy im Rücken zu haben. „Ich bin keine Jungfrau mehr.“ 
 

„Was?“ Das Dunkel, das sich um seine Augen legte, verschwand augenblicklich. Dracos Mund klappte empört auf und sein Stab sank instinktiv. Mit dieser Antwort hatte er keine Sekunde gerechnet. Wer hatte sie angerührt? Wer verdammt? Sie würde es ihm bestimmt nicht sagen – jedenfalls nicht heute. Gott, der Gedanke ließ ihn gerade tausend Tode sterben. 
 

„Du hast mich schon verstanden und jetzt wünsche ich dir einen nicht angenehmen Tag.“ Zielstrebig wanderte sie auf ihn zu, schob ihn angewidert zur Seite und marschierte aus dem Klassenzimmer. 
 

Mit wütendem, mit zornigem, mit einem explosiven und hasserfüllten Blick sah er ihr nach. Er musste mit ansehen, wie selbstgefällig und ruhig sie die Tür verschloss und ihn mit diesem Wissen alleine ließ. Sie war keine Jungfrau mehr... Jemand anderes hatte Granger berührt und sie beschmutzt. Das Privileg, Granger als Erster zu haben und sich somit unvergesslich in ihre Gedanken einzubrennen, hatte ihm jemand anderes genommen, aber wer? Seinen Zauberstab hob er wieder und ließ sämtliche Bücher, die er erblicken konnte, gegen die harte Steinwand knallen. Er war tatsächlich gerade dabei auszurasten – dank Granger! Fuck! Wieder versetzte sie ihm einen sinnbildlichen Schlag ins Gesicht und es traf ihn schlimmer, als der reale Schlag im dritten Schuljahr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sama-chan
2018-06-19T17:19:53+00:00 19.06.2018 19:19
1:0 für Hermine! Ein klasse Schachzug! Ron wäre stolz auf sie!
Mal sehen, wann Draco merkt, dass sie geflunkert hat. Spätestens wenn es doch intensiver wird, aber vielleicht lässt ihn sein Bauchgefühl doch nicht im Stich.
Antwort von:  Dracos-Princess
05.07.2018 22:41
1:0 für Hermine ist grundsätzlich immer gut :D


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