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Hunter of Darkness

Schattenspiel
von

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Vierunddreißig

 Damien und ich hatten uns noch bis tief in die Nacht unterhalten, bis wir irgendwann gemeinsam auf meinem Bett einfach eingeschlafen waren. Als ich meine Augen nun öffnete, lag ich mit dem Kopf auf Damiens Bauch. Mishka lag der Länge nach hinter mir und Sammy auf Damiens anderer Seite, wobei sie einen Flügel über uns ausgebreitet hatte, als wollte sie uns zudecken. Noch vollkommen schlaftrunken dauerte es einen Moment, bis ich das alles begriff, dann saß ich auch schon mit hochrotem Kopf aufrecht in meinem Bett. Mishka war, ebenso wenig wie ich, ein Frühaufsteher und so bekam ich von ihm nur ein unwilliges Grunzen, während Sammy ihren Flügel anhob und mich mit fragend schief gelegtem Kopf musterte. Stumm sahen wir uns einen Moment lang an, dann wandte sie sich ab, streckte sich ausgiebig und stupste Damien ihre nasse Nase ins Gesicht. Brummelnd hob er eine Hand an, um ihr über den Kopf zu streicheln, doch blieben seine Augen noch geschlossen. Bis er wohl selbst begriff, dass er sich nicht in seinem Zimmer befand, denn seine Augen flogen auf und er schaute sich hastig um, bis er mich entdeckte. Langsam normalisierte sich sein Blick wieder und er setzte sich gähnend auf, wobei seine Hand verräterisch über seine Wange wanderte.

„Guten morgen...“

„Morgen...“ Erleichtert darüber, dass nicht nur mir die Situation irgendwie Unbehagen bereitete, stand ich auf und streckte mich erst einmal, ehe ich auf die Uhr schaute.

„Oh, wir sind noch vor Lorens Weckruf wach.“ Immer noch mehr schlafend als wach stand nun auch Damien auf und gähnte noch ein Mal.

„Dann geh ich mich mal fertig machen...“ Seine Hand verweilte für einen Moment an der Türklinke und seine grünen Augen musterten mich eindringlich, ehe er endlich die Tür öffnete. „Bis gleich.“ Doch konnte er keinen Schritt nach draußen machen, denn der Zufall wollte es so, dass eine gewisse Person in diesem Moment an der Tür vorbei kam. Ihre goldenen Augen glitten überrascht über Damien und verfinsterten sich dann, als sie an mir hängen blieben.

„Kristina...“

„Callista...“ Ich konnte mich auf meine eigene Reaktion gar nicht einstellen, so schnell hatte mein Instinkt übernommen und sich schwarzer Schatten um mich herum gelegt. Doch war Damien schneller, denn sein Arm versperrte mir blitzschnell den Durchgang, als ich nach vorne trat.

„Sammy!“ Das Wesen reagierte sofort, indem sie sich zwischen uns schob und an mir flügelschlagend hochsprang. Unwillig ließ ich mich einen Schritt nach hinten drängen und sah mich gezwungen, die Hände auf die Schultern des geflügelten Wolfs zu legen, damit sie endlich mit dem Schubsen aufhörte. Und irgendwie half mir diese Berührung, damit ich wieder ein wenig klarer denken konnte. Ich hatte doch gestern beschlossen, dass ich mich zurückhalten würde. Also zwang ich mich mit Mühe zur Ruhe und konnte dabei zu sehen, wie der Schatten sich langsam wieder verflüchtigte.

„Guten morgen, Callista.“ Meine Tonlage verriet, dass meine Worte genau so gut „Geh sterben“ hätten lauten können. Die Augen der Angesprochenen lösten sich nur langsam von mir, ehe sie Damien von oben bis unten musterten. Ihr Blick wurde mit jeder Sekunde wütender, ehe sie sich graziös umwandte und wortlos davon stapfte, eine Handvoll Männer in ihrem Schlepptau. Während ich ihr hinterher schaute, schmiegte sich Mishka an mein Bein und ich entspannte mich weiter. Da fiel mein Blick jedoch auf Damiens Arm, der noch immer den Durchgang versperrte: Er zitterte.

„Damien? Alles okay?“ Hastig ließ er seinen Arm sinken und wandte sich zu mir um. Seine Augen waren ein wenig geweitet, doch ging er nicht auf meine Frage ein. Stattdessen musterte er mich und Sammy. Diese spitzte die Ohren und ließ endlich von mir ab, um zu ihrem Partner zurück zu laufen und an ihm hoch zu springen. Auf der Stelle schlang er die Arme um ihren Nacken und legte die Stirn an ihre. Und langsam wich die Angst aus seinen Zügen.

„Alles okay...“ Er verharrte eine Weile mit geschlossenen Augen im Türrahmen, die Arme um Sammy gelegt, während Mishka neben mir stand und seinen Kopf gegen meinen Bauch schmiegte. Verunsichert blieb ich einfach stehen, beobachtete den Rothaarigen und kraulte Mishka, bis Damien sich endlich wieder mir zuwandte.

„Gut gemacht, Krissy.“ Als er meinen Blick richtig deutete, lächelte er schief und schob Sammy von sich. „Tut mir Leid, dass ich dir Sorgen gemacht habe. Ich weiß, wie du morgens drauf bist. Ich wusste nicht, ob du dich so schnell wieder fangen kannst.“ Schuldbewusst verzog ich das Gesicht.

„Du hattest Angst vor mir.“

„Nein, nein!“ Schnell machte der Rothaarige zwei Schritte auf mich zu und ergriff meine freie Hand. „Ich hatte Angst vor dem, was passieren hätte können. Und, dass ich dich nicht beschützen kann, wenn es eskaliert. Denk immer dran: Gegenüber jeder Aktion steht eine Reaktion. Ihr seid beides Erben, eure Kräfte sind immens. Nur weil du sie noch nicht wirklich kontrollieren kannst, heißt das nicht, dass du schwach bist. Wenn ihr beide wirklich handgreiflich werden würdet, könnte ich nichts machen.“ Damien holte tief Luft, ehe er etwas ruhiger weiter sprach. „Aber, obwohl du es noch nicht geübt hast, hast du dich zurückgehalten. Ich bin stolz auf dich, ehrlich.“ Zögerlich nickte ich. Ich wusste, dass er seine Worte so meinte, wie er sie sagte. Langsam begann der andere wieder zu Lächeln.

„Gut, dann mach ich mich jetzt fertig. Bis gleich, Krissy.“ Doch kam er auch dieses Mal nicht weit. Mit einem hastigen Schritt zur Seite wich er Loren aus, der irritiert die Augenbrauen zusammenzog, während Damien nur vor sich hin brummelte und mit einem „Wenn ich noch irgendwen fast umrenne, dreh ich durch.“ verschwand. Ich nutzte die Gelegenheit, um in mein Bad zu verschwinden, noch bevor der Blonde mir eine Frage stellen konnte.

 

Das Frühstück verbrachten wir in Ruhe und Frieden und dank der Anwesenheit der anderen Gilde ohne größere Gespräche. In der Kantine lag Anspannung in der Luft, doch verging das Essen ohne Zwischenfälle. Wenn man von Callistas mordenden Blicken mal absah, die sie mir durch den Raum hindurch zuwarf. Doch schafften es das von Damien gewählte Frühstück und mein überzuckerter Kaffee, dass ich sie tatsächlich links liegen ließ, als wir uns endlich in unseren üblichen Trainingsraum aufmachten. Was an Loren keinesfalls vorbei ging, denn kaum hatten wir den Raum betreten, lehnte der Blonde sich mit einem breiten Grinsen an die Tür in seinem Rücken.

„Seid ihr jetzt beste Freundinnen geworden, Kris?“ Mishka gab einen Ton von sich, der an ein Lachen erinnerte, während ich Loren mit erhobener Augenbraue musterte.

„Na, gestern springst du sie noch fast an und jetzt ignorierst du ihre giftigen Blicke. Raus damit, ihr Turteltäubchen, was ist da heute früh vorgefallen?“

„Turtel-was!?“

„Na, na, nicht vom Thema ablenken.“ Während ich keinen Ton mehr raus brachte, erbarmte sich Damien dazu, unsere morgendliche Begegnung mit Callista, bis ins kleinste Detail, wiederzugeben. Das einzige, das er ausließ, war sein eigenes Verhalten, was ich ihm nicht verübelte. Lorens haselnussbraune Augen musterten derweil mich von oben bis unten.

„Anscheinend ist dein Schatten wieder einsatzfähig.“ Irritiert von dem Themensprung blinzelte ich meinen Gegenüber stumm an. „Was? Soll ich euch wie kleine Kinder schelten, dass ich euch nicht immer alles aus der Nase herausziehen will, wenn irgendetwas passiert? Ich bin bei weitem zu alt dafür. Außerdem hat sich dein Wächter ja mal ausnahmsweise behauptet und das einzig richtige getan.“ Mit einem schiefen Grinsen ging der Blonde an uns vorbei und setzte sich an einen der Tische, die an der Wand standen. Während er eine Mappe ergriff, winkte er uns beide zu sich heran.

„Night und ich haben uns deine Daten angesehen, Kris.“ Unsere Blicke fielen auf mehrere Seiten, die mit Tabellen und Statistiken zugepflastert waren. Eines der Blätter zog Loren heraus und deutete auf die Skala. Dort war eine Linie zu sehen, die spitz und weit nach oben lief, ehe sie genau so steil wieder abfiel und in unbeständigen Wellen auslief. „Du erinnerst dich an diesen einen Trainingsmorgen am Samstag? Das sind die Daten dazu. Und das hier“ er schob ein anderes Blatt daneben. Die Linie darauf ähnelte der ersten, doch die Wellen nach der Spitze waren flacher, ehe sie in einem hastigen Zickzack endeten. „Sind die Aufzeichnungen von gestern. Wir vermuten, dass diese Druckwelle den selben Ursprung hat, wie deine chaotischen, ungeplanten Ausbrüche.“ Oh, nannten wir das jetzt also chaotische Ausbrüche? Gut zu wissen... Während ich die Blätter betrachtete, schob ich sie näher beisammen und musterte die Wellen.

„Ich hätte den Schatten damals anders nutzen müssen...“ Lorens Grinsen wurde zufriedener.

„Genau. Es war falsch, zu versuchen, dich erst einmal nur auf Verteidigung zu trimmen, weil du keine Waffe herstellen kannst.“

„Wie, das kannst du nicht?“ Kritisch verzog ich die Augenbraue, während mich Damien irritiert anschaute.

„Hab ich jemals eine benutzt? Was denkst du, warum ich einen Sanctum Guard unterstütze?“

„Ooooh...“ Da fiel der Groschen und die grünen Augen huschten nachdenklich zur Seite weg, während ich mich wieder an Loren wandte.

„Das heißt also, dass ich keine Waffe herstellen kann, weil das, was da gestern passiert ist, meine... Waffe... ist?“ Loren neigte den Kopf zur Bestätigung.

„Normalerweise hat man eine Verlängerung, die die eigene Kraft an den Gegner weiterleitet. Einen Stab, eine Armbrust, etwas mit dem du deinen Gegner nicht selbst berühren musst. Du jedoch nutzt direkten Körperkontakt. Das habe ich schon sehr lange nicht mehr gesehen...“ Oh, das hörte sich zumindest ausnahmsweise nicht danach an, dass ich komplett anormal war. „Was jedoch ebenfalls aus den Daten hervorgeht, ist, dass diese Druckwelle aus reinem Schatten besteht. Es ist kein Gemisch aus Schatten und Elektrizität.“ Irritiert folgte mein Blick Lorens Finger, der auf die hastige Zickzacklinie deutete. „Elektrizität.“ Sein Finger fuhr zu der steil ansteigenden und wieder abfallenden Spitze. „Schatten.“ Dann huschte sein Finger zur anderen Statistik, auf der die ungleichen Wellen ausliefen. „Beide Elemente gemischt.“ Grübelnd ließ ich mich endlich auf den Stuhl neben mir sinken und tippte mit dem Zeigefinger auf die Skala.

„Ich benutze eigentlich immer das Gemisch.“ Lorens Kopf nickte und versetzte seine blonden Locken ins Wippen. „Aber laut diesen Daten kann ich beide Elemente auch getrennt voneinander nutzen. Oder... Zumindest den Schatten, solange genug von ihm vorhanden ist.“ Wieder nickte der Blonde, während mein Blick zu Mishka wanderte, der mich mit seinen silbernen Augen aufmerksam musterte. Irgendwie musste ich an den Kampf von vor zwei Tagen zurück denken. Ich hatte Mishka bedeutet, dass er sein Element nutzen sollte und sein Element war reiner Schatten gewesen, nicht durch Blitze ausgefranst, so wie es für gewöhnlich war, wenn ich ihn unterstützte. Und da ging mir plötzlich ein Licht auf.

„Moment... Celestine hat gesagt, ich bin nur mit dem Schatten geboren worden. Und Mishkas und mein Element sind ein und das selbe. Aber er hat keinen Zugriff auf die Elektrizität. Es liegt also nicht daran, dass du dein Element nicht selbstständig nutzen willst, dass du es nicht tust. Du willst es nicht nutzen, weil du nur den reinen Schatten nutzen kannst und nur ich das Gemisch. Verdammt, du stures Biest...“ Grummelnd zog der Kater die Lefzen hoch und wandte den Blick ab. Doch griff ich nach seinem Kinn und hob seinen Blick wieder zu mir an. „Wirst du den Schatten selbst benutzen, ohne dass ich dich dazu zwingen muss, wenn ich ihn selbst richtig nutzen kann?“ Es schien ganz so, als hätte er die Sorge in meinem Blick richtig gedeutet, denn er seufzte ergeben und schmiegte dann seinen Kopf gegen meinen Brustkorb. Nachdenklich nickte ich und hob den Blick wieder zu Loren an.

Ob wohl jeder Animalist ein trotziges Kind an seiner Seite hatte, das seinem Menschen nacheifern wollte?



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