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Hunter of Darkness

Schattenspiel
von

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Dreißig

 Loren und Chester empfingen uns am unteren Treppenabsatz, kaum dass wir die Stufen hinuntergestiegen waren. Der Blonde wirkte aufgebracht und es war offensichtlich, dass Chester ihn davon abgehalten hatte, mir ebenfalls zu folgen. Seine braun-grünen Augen wechselten mehrfach zwischen mir und Damien hin und her, ehe er endlich den Mund öffnete und sich an mich wandte.

„Alles okay, Kris?“ Ich betrachtete meinen Gegenüber eingehend bevor ich matt mit dem Kopf schüttelte. Kurz huschte Wut über Lorens Gesicht, doch wurde dieser Anflug sogleich wieder durch Sorge ersetzt.

„Was ist passiert?“ Doch noch bevor ich eine Antwort darauf finden konnte, meldete sich Damien zu Wort.

„Wir sollten sie durchchecken lassen.“ Schlagartig wurde Loren ernst, als er nun doch den Blick meines Wächters erwiderte.

„Was ist passiert?“ Auch seine Stimme hatte einen schärferen Ton angenommen, als er seine Frage wiederholte.

„Sie hat den Schutzwall gespürt.“ Noch während sich die Gefühle in Lorens Gesicht die Klinke in die Hand gaben, legte Chester seinem Freund eine Hand auf die Schulter.

„Kommt, gehen wir erst einmal zu Daisy und schauen, ob sie etwas findet. Außerdem kannst du uns dann genauer erklären, was passiert ist, einverstanden Kristina?“ Erneut brachte ich kaum mehr als ein Nicken zustande. Ich fühlte mich so ausgezehrt und müde, am liebsten hätte ich mich einfach nur ins Bett gelegt. Doch ließ ich mich stattdessen zur kleinen Krankenstation im Untergeschoss führen, Mishka blieb dabei stets an mein Bein gepresst. Doch nach nur wenigen Metern verschwamm der Weg langsam vor meinem Blick und mit jedem Schritt, den ich tat, wurde mir zusehends schlechter. Stechende Kopfschmerzen ließen mich die Augen zusammenkneifen und meine Umwelt völlig ausblenden, ehe der Schwindel mich überkam und ich über Mishka stolperte. Ohne Damiens Griff an meinem Oberarm wäre ich unweigerlich hingefallen. Während diese Erkenntnis schwammig durch meinen Kopf schwirrte, waberte auch schon seine Stimme zu mir hinüber. Doch drangen seine Worte nicht mehr bis an mein Bewusstsein vor, während alles um mich herum in Schwarz versank.

 

Als ich meine Augen wieder öffnete, fiel mein Blick an eine weiße Zimmerdecke. Ich lag in einem Bett und die Situation kam mir seltsam vertraut vor. Noch während ich versuchte zu begreifen, was geschehen war, stellte sich Mishka mit seinen Vorderpfoten neben mich auf die Matratze und schmiegte seinen breiten Schädel an meine Brust. Keine Sekunde später tauchte Damiens Kopf in meinem Sichtfeld auf, doch wandte er sich gleich wieder ab.

„Sie ist aufgewacht.“ Damien wurde von Daisy abgelöst, die meine Hand anhob und mir mit einem kleinen Gerät in den Finger stach. Überrascht zuckte ich von dem Piks zusammen, wartete jedoch still ihr Urteil ab. Ihr ernster Blick hellte sich auf und ich beobachtete sie dabei, wie sie eine Kanüle aus meinem Handrücken zog.

„Alles wieder im Grünen Bereich. Wie fühlst du dich?“ Meine Schultern zuckten ganz automatisch zur Antwort.

„Was ist passiert?“ Der Blick der burschikosen Frau wurde wieder ernster.

„Du warst völlig unterzuckert und bist deshalb umgekippt.“ Irritiert zog ich die Augenbrauen zusammen und setzte mich langsam auf.

„So wie du schaust, ist dir das noch nie zuvor passiert?“ Kopfschüttelnd blickte ich auf Mishka hinab und kraulte ihn hinter den Ohren. Doch schoben sich meine Augenbrauen weiter aufeinander zu.

„Moment... Heißt das, ich bin krank?“

„Im Moment können wir das zumindest nicht ausschließen.“

„Moment“, wiederholte ich kopfschüttelnd und hob die Hand von Mishkas Kopf in die Höhe, ehe ich Daisys Blick begegnete. „Wie kann das sein? Ich dachte, Spiritualisten und Animalisten können nicht krank werden?“ Verwirrt musterte ich Chester und Damien, die hinter Daisy standen, ehe ich die Frau wieder ansah.

„So gesehen“, begann sie gedehnt. „Bist du nicht krank. Unterzucker wird durch einen erhöhten Insulinspiegel ausgelöst. Bei normalen Menschen ist oft die Schilddrüse der Grund für eine Über-, oder wie in diesem Fall, Unterfunktion. Als Hunter ist ein solches, chronisches Leiden jedoch ausgeschlossen, das stimmt. Trotzdem löst irgendetwas in deinem Körper, was sich aus medizinischer Sicht nicht erklären lässt, bei dir Unterzucker aus.“ Ein wenig überfordert blinzelte ich die Blondine an, während hinter ihr Loren, mit Celestine im Schlepptau, eintrat. Ein wenig schüchtern trat die Schwarzhaarige auf mich zu und hob die Hand grüßend in die Höhe.

„Um das herauszufinden, bin ich da.“ Mit verschränkten Armen trat Daisy zurück und reihte sich bei den Jungs ein, während Celestine sich auf den Rand meines Bettes setzte.

„Da ein körperliches Problem ausgeschlossen werden kann, kann es eigentlich nur noch einen seelischen Auslöser geben. Deswegen hat mich Loren hergeholt.“ Unbehagen stieg in mir auf, als mir wieder einfiel, dass die Mediale in die Seelen anderer sehen konnte, was sie in diesem Moment auch noch ein Mal selbst bestätigte.

„Aber, keine Angst, ich werde nicht in deinen Gedanken oder Erinnerungen herumschnüffeln.“ Oh... Auf die Bestätigung, dass sie das konnte, hätte ich lieber verzichtet, danke auch...

Doch entspannte ich mich direkt wieder, als ich die beruhigende Schwere von Mishkas Körper in meinem Rücken spürte – er hatte sich wohl klammheimlich auf das Bett geschlichen – und so nickte ich kaum merklich.

„Okay... Und was muss ich machen?“ Mit einem sanften Lächeln drehte sich das Mädchen nun ganz zu mir um und zog ihre Beine dabei auf das Bett, um sich im Schneidesitz hinzusetzen. Ganz automatisch tat ich es ihr nach, während Mishka seinen Hals um mich herum legte, den Kopf auf meinem Oberschenkel bettete und meine Gegenüber aufmerksam musterte. Diese ergriff meine Hände und blickte mir tief in die Augen.

„Du musst nichts weiter tun. Entspann dich einfach. Es ist ganz natürlich, dass du mich nicht in deine Seele hineinlassen willst. Trotzdem solltest du mich nicht wegstoßen, auch wenn es sich im ersten Moment vielleicht richtig anfühlen mag. Entspanne dich einfach nur, vertrau mir.“ Während Celestine sprach, tauchte sie bereits vorsichtig in meine Seele ein. Zu erst fühlte es sich an, als würde etwas nach mir tasten, jedoch nicht körperlich. Das Tasten wurde von einem plötzlichen Knistern unterbrochen, das mich innerlich überrascht zurück zucken ließ. Doch kaum war das Knistern verschwunden, näherte sich das tastende Gefühl wieder, das sanft streichelnd um Einlass bat. Und da machten ihre Worte von zuvor plötzlich Sinn. Ich sollte mich entspannen und sie nicht wegstoßen. Nur einen Atemzug später machte ich einen mentalen Schritt auf Celestine zu und ließ ihren Geist ohne Gegenwehr in den meinen dringen.

 

Als ich meine Augen wieder öffnete – ich konnte mich nicht daran erinnern, sie geschlossen zu haben – blickte ich direkt in Celestines leuchtende, bernsteinfarbene Augen, die mich offenkundig musterten. Langsam ließ sie meine Hände los, während sich Irritation auf ihrem Gesicht zeigte.

„Du hast zwei Elemente.“ Zögerlich nickte ich.

„Schatten und Elektrizität.“ Das war jetzt nicht wirklich etwas Neues für mich, also wartete ich geduldig darauf, dass meine Gegenüber ihre Gedanken sortiert hatte.

„Der Schatten ist mit deiner Seele verwoben, das Element, mit dem du geboren wurdest. Die Elektrizität wirkt eher wie ein Parasit, wie ein Käfig, der sich um den Schatten gelegt hat und mit dessen Volumen wächst und schrumpft. Wenn der Schatten aufgebraucht ist, ist der Käfig klein und engt den Schatten ein, der sich dadurch nur langsam wieder auffüllen kann und durch die Gitterstäbe herausquillt. Es ist, als ob die Elektrizität sich vom Schatten nährt, der durch das engmaschige Netz hindurch fällt. Da er durch den Platzmangel aber nicht schnell genug nachproduzieren kann, ernährt sie sich gerade vom Zucker in deinem Blut.“ Während die Schwarzhaarige mich anstarrte und definitiv noch immer meine Seele statt meinen Körper betrachtete, kam Chester einen Schritt auf uns zu.

„Was meinst du damit? Ich habe noch nie von einem parasitären Element gehört.“ Doch die Angesprochene schüttelte nur mit dem Kopf und zuckte dann mit den Schultern, während sie mich weiter musterte.

„Die Elektrizität fühlt sich nicht so alt an, wie sie. Sie fühlt sich gleichzeitig älter und jünger als ihre Seele an.“ Ein unbestimmter Schrecken zeigte sich für einen Augenblick in Lorens Gesicht.

„Wie alt?“

„Hmm... Sie ist 15, vielleicht 16 Jahre.“

„Also kein Alter, an das man sich zurückerinnert...“ Fragende Blicke legten sich auf den blonden Wuschelkopf. „Na, was auch immer ihr dieses parasitäre Element eingebracht hat, ist vor 15 bis 16 Jahren passiert. Aber ich bezweifle, dass Kris sich daran erinnern kann, da sie zu diesem Zeitpunkt zwischen 1 und 2 Jahren alt gewesen sein muss.“ Betretenes Schweigen folgte auf diese Worte, bis Daisy den Mund aufmachte:

„Also, um auf das eigentliche Problem zurück zu kommen: Dieses zweite Element unterdrückt also die Schatten-Regeneration und ernährt sich vom Zucker, wenn es sich nicht ausreichend vom Schatten ernähren kann?“ Langsam nickte Celestine, während ich wie ein Trottel völlig planlos zwischen den Frauen hin und her schaute. Nur mit Mühe konnte ich mir ein sehr geistreiches „Hä?“ verkneifen. Doch erbarmte sich Daisy doch noch, mich aufzuklären:

„Das heißt dann, dass du jedes Mal, wenn du deinen Schatten annähernd aufbrauchst, definitiv in Unterzucker rutschen wirst. Und, dass es länger als bei anderen dauert, bis sich dein Elementarer-Speicher wieder zur Gänze aufgefüllt hat. Und, dass du in diesem Zeitraum eine erhöhte Zuckerzufuhr brauchst.“ Okay, das verstand ich schon eher, auch wenn ich nicht gerade erfreut von diesen Aussichten war.

Konnte nicht ein Mal in meinem Leben etwas normal laufen?



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