Zum Inhalt der Seite

Hunter of Darkness

Schattenspiel
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Neunzehn

Der Erbe führte mich durch ein Wirrwarr aus Gängen, welche ich bisher noch nicht kannte, bis wir schließlich durch eine massive, dunkle, auf Hochglanz polierte Holztür traten. Langsam bekam ich den Eindruck, dass wichtige Leute hier ihre eigene Art von Tür hatten, damit man ihren Rang besser erkennen konnte. Doch verwarf ich diesen unwichtigen und albernen Gedanken gleich wieder, als ich das ausladende Büro betrat, dessen Blickfang die gegenüberliegende Monitorwand war. Vor den unzähligen, momentan schwarzen, Bildschirmen stand ein massiver Schreibtisch, der beinahe schon langweilig wirkte, wenn man die ordentlichen Papierstapel darauf betrachtete. Während mein Blick weiter glitt, streifte er einige teuer aussehende Gemälde an den Wänden, bis er auf eine Sitzecke traf, die wohl für eine entspanntere Unterhaltung gedacht war, als der Schreibtisch, vor dem ich jetzt stand. Der Blonde stand mir gegenüber und dass uns der Schreibtisch voneinander trennte war gut. Denn ich spürte schon wieder dieses aufmüpfige Gefühl in mir hoch steigen, als ich nun wieder in seine Augen blickte.

„Setz dich.“ Als ich nicht reagierte, hob sich einer seiner Mundwinkel minimal an und ich sah, wie sich seine Partner links und rechts vom Schreibtisch niederlegten, um mich im Auge zu behalten.

„Setz dich, Kristina. Wir wollen uns nur unterhalten.“ Nach einem weiteren Zögern, zwang ich mich schließlich dazu, mich tatsächlich auf den dargebotenen Stuhl zu setzen. Erst danach setzte auch der Erbe sich hin.

„Zu aller erst: ich heiße Finley Ó Caoimh und bin der Erbe der Silvermoon-Gilde. Auch wenn dein Instinkt dich zur Vorsicht anhält, hast du von mir nichts zu befürchten, solange du dich an die Regeln hältst.“ Überrascht hob ich den Blick weiter an, welchen ich bis eben gesenkt gehalten hatte, um ihn nicht offen heraus anzustarren.

„Dein Verhalten ist völlig normal, da du die Gene eines Erben in dir trägst. Du bist noch jung und unerfahren und willst dich instinktiv beweisen. Das ist nicht verwerflich, doch solltest du daran denken, dass ich hier über dir stehe.“ Die Worte meines Gegenübers verwirrten mich und so ließ ich den Blick nachdenklich wieder sinken.

„Das heißt, dass ich mich jetzt immer so... anders... verhalten werde, wenn ich auf einen Erben treffe?“ Mir gefiel der Gedanke nicht, da ich dieses Ich nicht mochte und nicht wusste, wie ich damit umgehen sollte.

„Ja und nein.“ Fragend schielte ich zu Finley hinüber. „Du lernst es zu kontrollieren und du tust es bereits.“ Nun hob ich doch wieder den Blick an, um in das amüsierte Gesicht des Erben zu blicken.

„Spürst du in diesem Moment Auflehnung in dir? Den Drang, mich bezwingen zu wollen? Nein, oder?“ Die Belustigung über mein verblüfftes Gesicht spiegelte sich nur in den strahlend blauen Augen und dem winzigen, angedeuteten Lächeln meines Gegenübers wider.

„Als jemand, der die Gene eines Erben in sich trägt, ist es wichtig, dass du einen anderen Erben erkennst, da auch dieser dich erkennen wird. Denn auch die Schatten-Gilden haben Erben an ihrer Spitze und diese wollen dich mit Sicherheit töten, wenn sie dich erkennen. Trotzdem solltest du wissen, dass du hier sicher bist, trotz dass auch ich ein Erbe bin. Hier stehst du unter meinem Schutz und, da die Gilden-Mitglieder gesehen haben, wie du dich mir gegenüber gebeugt hast, werden auch sie dich von nun an als vollwertiges Mitglied akzeptieren und schützen.“

„Also war das vorhin wirklich ein Test.“ Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage, während ich selbstkritisch lächelte. Gut, damit konnte ich leben, immerhin machten die Worte des Erben tatsächlich Sinn. Auch wenn das bedeutete, dass ich mal wieder mehr an mir arbeiten musste, als mir lieb war, da das definitiv anstrengend werden würde.

„Okaaay“, ich zog das Wort ein wenig in die Länge, während ich mich darauf konzentrierte, mich etwas mehr zu entspannen. „Aber, wieso trage ich die Gene eines Erben in mir?“ wandte ich mich nun endlich der wichtigeren Frage zu, die ich bisher hinten an gestellt hatte.

„Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Die eine ist, dass eines deiner Elternteile – oder ein anderer, naher Vorfahr von dir – ein Erbe ist oder war. Die andere, seltenere Möglichkeit jedoch ist: Dass es eine zufällige Genabnormalität ist.“ Augenblicklich analysierte ich in Gedanken meine Eltern, als diese Worte fielen. Bei meiner Mutter konnte ich mit Sicherheit ausschließen, dass sie ein Hunter war. Was meinen Vater betraf, bezweifelte ich es ebenso, auch wenn ich mich kaum noch an ihn erinnerte. Immerhin war er die meiste Zeit bei uns zu hause gewesen, bis er einfach so abgehauen war. Also war ich mal wieder abnormal. Langsam begann ich, mich selbst immer weniger zu mögen. Immerhin hatte mich meine Mom für all diese Abnormalitäten mein Leben lang gehasst und für psychisch gestört gehalten. Mein Schweigen schien Finley richtig zu deuten, denn er schwenkte das Thema in eine etwas andere Richtung.

„Da du der Träger des Erben-Gens bist, steht dir ein persönlicher Wächter zur Seite. Eigentlich solltest du bereits wissen, wer das ist.“ Mit dieser Aussage schaffte der Blonde es tatsächlich, meine Gedanken auf etwas anderes als mich selbst zu lenken und ich hob eine Augenbraue an.

„Ein Wächter?“ Mein Blick glitt kurz zu Mishka, der mich mit seinen silbernen Augen aufmerksam betrachtete.

Damien... Damien!?“

„Exakt. Der Junge von der Moonriver-Gilde. Seine Gabe besteht darin, dein Wohlbefinden nach zu empfinden, richtig? Er ist definitiv dein Wächter. Und nur aus diesem Grund habe ich seiner Versetzung in meine Gilde zugestimmt, obwohl dies einige Unruhen herbeiführen wird. Er gehört an deine Seite, deshalb werdet ihr beide ein Team bilden und auch zukünftig zusammen trainieren und arbeiten.“ Im ersten Moment freute ich mich über diese Tatsache, doch dann wurde mir bewusst wer unser Trainer war und mein Blick wurde nachdenklich.

„Loren hasst ihn...“ Es war unglaublich schwer, im Gesicht des Erben zu lesen und so konnte ich nicht herausfinden, was er von diesen Worten hielt.

„Loren ist der höchste Trainer für Animalisten dieser Gilde. Er wird seinen persönlichen Clinch beiseite legen müssen.“ An der Härte in Finleys Stimme erkannte ich jedoch, dass dies sein letztes Wort dazu war, weshalb ich einfach nur nickte. Doch bevor ich von diesem Thema ablassen konnte, musste ich noch eine Antwort bekommen. Immerhin gehörte noch jemand anderes zu meinem Lehrer-Team.

„Und was ist mit Chester?“ Die Härte in seiner Stimme wich nun wieder einer amüsierten Tonlage.

„Da du ein Sonderfall bist und Chester, seinem Rang entsprechend, über Loren steht und ihn somit unter Kontrolle halten wird, wird auch er weiterhin mit unterrichten.“ Ein wenig irritiert runzelte ich die Stirn, nickte jedoch wieder gehorsam. Dass ich so nebenbei mehr Informationen über Loren und Chester bekam, war irgendwie seltsam.

„Und, noch etwas zu besagtem Sonderfall: Chester hat mich in Kenntnis darüber gesetzt, dass du Probleme mit dem Element hast, welches du gewählt hast. Finde heraus, was das Element deines Wächters ist. Das sollte dir weiterhelfen, deine eigenen Fähigkeiten besser kennen zu lernen.“ Finley schwieg nur kurz, ehe er das Gespräch abrupt beendete. Seine Augen zuckten kurz zu einem Tablet-PC auf seiner Tischseite, welchen ich durch eine offensichtlich angebrachte Sichtschutzfolie nicht einsehen konnte. „Da nun das Wichtigste geklärt ist, solltest du dir endlich dein Gilden-Logo besorgen. Du findest Trisha hinter der zweiten Tür am Anfang dieses Ganges, auf der linken Seite.“ Mishka stand als erstes auf, wobei die Blicke der anderen Licht-Wesen warnend waren. Als ich es ihm gleichtat, kroch erneut die Herausforderung in mir hoch, was mich mein Kinn etwas mehr als nötig anheben ließ. Doch biss ich mir da schon wieder auf die Zunge, um meinen Instinkt im Zaum zu halten. Stattdessen verbeugte ich mich erneut, mit der Rechten über dem Herzen – jedoch nicht zu tief! – und verließ dann dankend das Büro. Insgeheim hoffte ich, dass ich dieses Verhalten sehr bald unter Kontrolle bekommen würde.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück