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Life is not that easy

Und erst recht keine Soap!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo, Leute! Willkommen zu einem weiteren Kapitel, welches echt richtig lang geworden ist.
Ich wusste nicht, wo ich den Cut machen sollte, also habe ich es einfach so gelassen.
Und wir kommen endlich zur Szene im Prolog!

As usual: Have fun reading this,
Marron Komplett anzeigen

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Vier Jahre später; das Haus der Hyuugas

Sakura:

„Naruto!“, rief ich schon beim Eingang, „Alles Gute zum Geburtstag!“ Er lachte und nahm mich hoch. Mit mir in den Armen drehte er sich fröhlich einmal um sich selbst. Ich kreischte begeistert auf. Neben uns schnaubte Sasuke leicht. „Hört ihr auf, hier rumzuflirten?“, murmelte er. Wir trennten uns wieder voneinander und ich überreichte unserem besten Freund das Geschenk, welches wir beide ausgesucht hatten. „Danke“, meinte er und ging mit uns hinein. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass Hinata es geschafft hatte, ihren Vater hierzu zu überreden. Eine Geburtstagsfeier für den Bodyguard seiner Tochter im eigenen Haus. Wie nur hatte dieses zierliche Geschöpf es geschafft, den strengsten Menschen von ganz Konoha so um den Finger zu wickeln? Hiashi Hyuuga schien mittlerweile alles zu tun, was seine älteste Tochter sich wünschte.
 

Drinnen war der Raum nicht sonderlich geschmückt – etwas, was Naruto sich gewünscht hatte. Er wollte kein großes Chaos in einem Haus hinterlassen, welches nicht ihm gehörte. Er legte das Geschenk zu einem ganzen Haufen anderer Präsente auf einem riesigen Tisch. Am meisten freute mich, dass er endlich das hatte, was er sich wohl all die Jahre gewünscht hatte. Eine große Geburtstagsfeier mit vielen lieben Menschen, die zu seinen Freunden geworden waren. Es war schön, dass er sich auch als erwachsener Mann noch darüber freuen konnte. Ich sah in seinen Augen, dass es so war.
 

„Uhm, kann ich euch kurz allein lassen?“, fragte Naruto und wirbelte kurz hin und her. Ich lachte und knuffte ihn in die Schulter. „Geh schon, du Held von Konoha!“ „Wir sind hier, wenn du uns suchst“, brummte Sasuke zustimmend. Und schon rauschte unser Geburtstagskind davon.
 

Nach einigen Minuten kam er allerdings wieder, diesmal mit einem bekannten Gesicht im Schlepptau. „Sensei“, stammelte ich überfordert. Er hatte sogar unseren alten Grundschullehrer eingeladen?

„Oh, ihr seid auch schon hier?“, murmelte Iruka Umino und wirkte sichtbar verlegen. Ich starrte ihn einen Augenblick lang ungläubig an. Dann fiel mein Blick auf Naruto, der uns mit einem zufriedenen Ausdruck auf dem Gesicht musterte.
 

„Was soll das hier werden, Dobe?“, fragte Sasuke irritiert. Er wusste also auch nicht, was das alles hier sollte. Das schien allerdings auch Iruka und mir so zu gehen. Er sah zu dem gar nicht mehr so kleinen Jungen neben sich.

„Ja, also das ist so“, begann Naruto und wirkte sichtlich verlegen, „Ich wollte bevor es losgeht – also so richtig losgeht – noch etwas sagen. Also, zu euch allen dreien. Deshalb...“ Er machte eine Geste, die ich nicht verstand. Vielleicht hatte sie auch keine Bedeutung sondern diente nur dazu, seine Nervosität unter Kontrolle zu halten.

Er räusperte sich. „Ich wollte euch danken. Euch allen. Dafür, dass ihr an mich geglaubt habt und immer für mich da gewesen seid. Selbst da, als mich noch niemand wirklich gesehen hatte. Ich weiß, dass ich nur durch eure Unterstützung so weit gekommen bin. Danke dafür!“ Er verbeugte sich vor uns. Ergriffen bekam ich erst einmal keinen Ton heraus. Sasuke neben mir blieb auch stumm vor Verblüffung. Dafür standen unserem alten Lehrer die Tränen in den Augen. „Naruto-kun!“, nuschelte er. „Komm, steh wieder auf. Ich weiß doch, wie gern du uns hast!“ Er schien einfach nur zu reden, damit überhaupt jemand etwas sagte. Naruto erhob sich zwar aus seiner Position wieder, lächelte aber dennoch. „Da wäre aber noch etwas, Sensei“, wandte er sich an den Mann. Er setzte dreimal an, bevor er den Satz heraus brachte. „Hinata und ich wollen demnächst heiraten.“ Ich machte einen Laut, der meiner Freude Ausdruck verleihen sollte. Sasuke grunzte überrascht auf. „Echt jetzt?“, fragte er. Ich hüpfte einmal kurz auf und ab und warf mich dem Blonden dann in die Arme. „Oh Gott, ich freue mich so für euch“, jubelte ich. Naruto lachte auf. „Es weiß eigentlich noch keiner“, meinte er mit Blick den Flur entlang auf den Türbogen zum Wohnzimmer, wo die restlichen bereits eingetroffenen Besucher feierten. Keiner schien bei der lauten Musik etwas von unserem Gespräch mitzubekommen. „Ich hatte vor, es heute Abend zu sagen. Hinata habe ich formell schon gefragt und ihr Vater weiß auch Bescheid. Aber ihr seid die ersten, die davon erfahren.“ Er drückte mich leicht, dann schob er mich von sich.

„Aber euch auch Glückwunsch. Zu eurer Verlobung“, meinte er und knuffte Sasuke in die Schulter.
 

Erst dann wandte er sich wieder an unseren Lehrer, der wohl gedacht hatte, er sei nicht mehr weiter wichtig. „Iruka-sensei“, meinte er fest. Dann verließ ihn aber auch schon wieder der Mut. Er wippte von einem Bein aufs andere und sah uns hilfesuchend an. Da ich aber keinerlei Ahnung hatte, was genau er eigentlich wollte, konnte ich nur mit den Schultern zucken.

„Würden Sie bei meiner Hochzeit den Platz meines Vaters einnehmen?!“, platzte es dann aus unserem blonden Freund heraus. Ich schlug die Hände vor den Mund und kämpfte gegen die Tränen an. Sasuke reichte mir kommentarlos ein Taschentuch. Und unser Lehrer? Tja, der schien sich mit aller Macht das Heulen zu verkneifen. Ohne großen Erfolg, wie ich anmerken musste – seine Augen waren vor lauter Tränen ganz klein, weil er durch zusammenkneifen versuchte, sie nicht fließen zu lassen. Er brachte nichts heraus, nickte aber heftig.

„Ich glaube, das soll Ja heißen“, sagte Sasuke nüchtern. Ich sah zu ihm, einen bissigen Kommentar zu Situationen und dem passenden Tonfall auf den Lippen, als ich bemerkte, wie er sanft lächelte. Ihn rührte das hier also auch.

Wortlos drückte unser Lehrer seinen Lieblingsschüler an sich. Naruto grinste, mit sich und der Welt zufrieden. Ich beschloss, die baldige Braut zu suchen. „Weißt du, wo Hinata ist? Ich will ihr gratulieren!“ Er nickte ins obere Stockwerk, war ansonsten noch ganz damit beschäftigt, unseren nun wirklich heulenden Sensei von sich loszueisen.
 

Hinata:

Ich lachte, als ich ein Stakkatoklopfen an meiner Zimmertür hörte. So konnte sich nur eine benehmen. Eine super aufgedrehte Sakura. „Ist offen!“, rief ich und sah zu Hanabi, die verdattert aussah, als meine beste Freundin ins Zimmer stürmte und aufs Bett sprang, um mich mit einer wahnsinnig kräftigen Umarmung umzuwerfen. „Onee-san!“, rief sie schockiert, aber ich lachte laut auf. „Sakura-chan! Ich nehme an, du weißt es?“ Sie quietschte auf. „Und wie ich es weiß, Naruto hat es mir gerade gesagt!“ Dann erst lies sie von mir ab und wir konnten uns aufsetzen. Sofort nahm sie meine Hände in ihre. „Oh, wie war es? Hat er dir romantisch einen Antrag gemacht? Ist er auf die Knie gegangen? Sag schon!“, verlangte sie zu wissen. Ich machte eine beschwichtigende Geste. „Immer eins nach dem anderen, ja?“

„Onee-san? Wovon redet Sakura-san da?“ Ich sah meine Schwester an. „Naruto-kun hat mir einen Antrag gemacht“, sagte ich. Hanabis Augen begannen zu leuchten. „Wann?“, fragte sie begeistert, „Wo? Wieso hast du mir nichts gesagt?“
 

„Also“, begann ich langsam. Wo sollte ich bloß anfangen? „Ihr wisst ja, dass ich in den letzten Jahren noch zwei Tourneen gemacht habe?“ Sie nickten unisono. „Naja, und nach der ganzen Sache mit Madara hatte sich was verändert. Ich hab erst gar nicht bemerkt, das er mir Signale senden wollte. Er war ganz schüchtern und hat sich erst getraut, als wir mal wieder in Kirigakure waren. Ihr wisst schon, da, wo sein Freund Gaara lebt.“ „Der Brieffreund?“, fragte Sakura dazwischen. Ich nickte. „Seine Familie ist dort total einflussreich. Temari ist übrigens seine Schwester.“ Einen Moment später sahen wir drei uns an. „Du meinst die Temari, nach der Shikamaru zur Zeit ganz verrückt ist?“ Wieder war es Sakura, die die Frage stellte. Erneut nickte ich. „Seinem Bruder Kankuro gehören mehrere Eventhallen in der Umgebung. Er bezeichnet sich selbst gern als Strippenzieher oder Puppenspieler.“ Der Humor der Familie Sabakuno war schon was besonderes. „Jedenfalls hat er mich kurz nach dem Soundcheck gefragt, ob ich es mal mit ihm versuchen möchte.“ Meine kleine Schwester schnappte nach Luft. „Einfach so?“ Ich lachte auf. „Es ist Naruto-kun. Was hast du erwartet?“ „Das ist so romantisch!“, warf Sakura ein. Ich konnte mir vorstellen, dass sie bei dem wortkargen Sasuke Uchiha alles als romantisch empfand, was über dessen typischen Laut hinaus ging.

„Und nach ein paar Jahren hat er mir gestanden, dass er von Anfang an ans heiraten gedacht hatte. Er ist zwar nicht auf ein Knie gegangen, aber er hat gesagt, ihm wäre klar geworden, dass er seit dem ersten Tag an nur noch sein Leben mit mir verbringen wolle. Naja, seit er begriffen hatte, was ich für ihn bin.“ Ein verzückter Laut entfuhr beiden.

„Und dann?“, fragten sie wie aus einem Munde. Ich lief rot an. „Dann hat er mir einen Ring angesteckt und mich geküsst.“ Nun schnappte Sakura nach Luft. „Ein Kuss?!“ Ich nickte leicht beschämt. „Und dann bin ich in Ohnmacht gefallen“, gestand ich. Sie lachten auf.
 

Kakashi:

Ich klingelte am Eingangstor und sah zu der riesigen Villa auf, die sich nach einem kurzen Wegstück regelrecht mächtig erhob. Warum nur war ich hier? Nur, weil dieser Chaot mich eingeladen hatte? Ich war mir sicher, er hatte die halbe Stadt hier hergeholt. Und nun war ich hier, in meinem einzigen guten Anzug, den ich mit einem T-Shirt unten drunter aufgelockert hatte. Immerhin hatte er mir geschrieben, ich könne ruhig lockere Kleidung tragen. Das hier war meine Vorstellung davon – zumindest auf einer Feierlichkeit, gleich welchen Anlasses.
 

Das Tor wurde geöffnet und ich taperte den Weg entlang. An der Haustür angekommen ging ich hinein und wurde vom Hausherren persönlich begrüßt. „Hatake-san“, gab er mir die Hand. Ich nickte. Fragend hob ich mein Geschenk hoch und sah mich um. „Wo ist denn das Geburtstagskind?“ Er lachte. „Im Wohnzimmer, gehen Sie nur durch.“ Ich folgte dem Fingerzeig und begab mich aus dem Flur durch einen großen Torbogen in eine riesige Halle, die wohl als Wohnzimmer durchging.

Dort drin wurde ich erst einmal gar nicht wahrgenommen. Sämtliche Augen lagen auf dem Geburtstagskind und dessen Schützling. Hinata stand recht nahe an dem Blonden und er sah gerade zu ihr. Sie nickte ihm zu.

Als er sich umdrehte, schien er mich in der Bewegung wahrzunehmen. Ich hob die Hand und nickte. Er sagte etwas zu Hinata, was ich nicht verstand und kam dann auf mich zu. „Hatake-sensei“, sagte er fröhlich, „Schön, dass Sie auch gekommen sind!“ Ich überreichte ihm mein Geschenk, welches er auf einen Tisch legte. Dann reihte ich mich neben Iruka Umino ein. Er sagte nichts zu mir, gab nur kurz ein Zeichen, dass er mich gesehen hatte, bevor er wieder zur Hauptperson sah. Verwundert blinzelte ich und folgte seinem Beispiel.
 

„Also“, begann Naruto, der zusammen mit Hinata etwas weiter vorne vor allen anderen stand, „Wie ich eben schon meinte: Wir haben euch was zu sagen.“ Regelrecht liebevoll sah er zu dem Mädchen neben sich. Ich schluckte in der Stille schwer. Ich fühlte mich wie in einem Film, der gerade eine unschöne Wendung machte. Doch er redete weiter, als bemerkte er mich nicht. Vielleicht tat er das wirklich nicht.

„Hinata und ich sind in den letzten Jahren ziemlich zusammen gewachsen. Und wir haben eine Zeit davon gemeinsam verbracht. Und jetzt haben wir uns entschieden. Wir zwei werden heiraten!“ Er schnaufte, als wäre er froh, den Satz endlich herausgebracht zu haben. Ich stand da wie erstarrt.

Ino Yamanaka brach sofort in Jubel aus. Temari Sabakuno klatschte locker in die Hände. Inuzuka brach in Tränen aus, als seien damit endgültig seine letzten Hoffnungen begraben. Insgesamt setzten sich die lautstarken Glückwünsche und bewundernde Pfiffe durch.

Iruka neben mir lächelte sanft. „Endlich ist der Junge zur Ruhe gekommen“, murmelte er. Ich sah zu ihm. „Du wusstest davon?“, fragte ich. Er zuckte mit den Schultern. „Er hat es mir erst vor ungefähr einer halben Stunde gesagt. Kurz bevor du auch kamst.“ Seine Stimme klang ehrlich. Ich seufzte schwer. „Kommt davon, wenn du ständig zu spät bist!“, neckte er mich. Ich versuchte mich an einem Lächeln, schien aber keinen großen Erfolg zu haben. Sein Blick wirkte besorgt. „Was hast du?“ Ich schüttelte nur mit dem Kopf.
 

Nach zwei Stunden hatte sich die Aufregung um die große Nachricht etwas gelegt. Die Gäste der Feier hatten sich in Grüppchen im Raum verteilt. Die kleine Hyuuga schien förmlich auf einer Wolke aus Glück zu schweben. Selig grinste sie vor sich hin, wann auch immer sie in mein Blickfeld geriet. Jetzt gerade lachte sie mit ihren Freundinnen.

Ich blickte mich um. Alle waren da, nur der Hauptmensch des Abends fehlte. Im ganzen Raum war er nicht zu entdecken. Ich verließ das Wohnzimmer und suchte im Flur. Auch hier kein Anzeichen von bekanntem blondem Haar. Ich nahm die Treppe ins Auge. Kurz vor den Stufen wurde ich von Hanabi Hyuuga angesprochen. „Suchen Sie etwas, Herr …?“ Sie hob verwirrt eine Augenbraue. Anscheinend war es ihr peinlich, meinen Namen nicht zu wissen. „Hatake“, half ich aus, „Und ja, ich suchte Naruto-kun.“ Sie sah erleichtert aus, als helfe mein Name ihr tatsächlich weiter, wie sie mich einordnen sollte. „Oh, er ist oben in seinem Zimmer. Der Moment, den er für sich wollte, ist eh gleich vorbei, gehen Sie ruhig rauf. Es ist das letzte Zimmer links auf dem Gang.“ Sie verbeugte sich höflich vor mir, drehte sich um und sauste in das Zimmer, welches ich eben erst verlassen hatte. „Onee-sama!“, hörte ich sie glücklich rufen, „Herzlichen Glückwunsch!“ Schien so, als würde die nächste Runde der erfreuten Quietscher der Damenwelt nun beginnen. Grund genug, mich etwas abzusetzen.
 

Die Tür war nur angelehnt, wie ich bei leichter Berührung feststellte. Kurz fragte ich mich, warum er jetzt schon ein Zimmer in diesem Haus besaß, verwarf das aber schnell wieder. Ein Beschützer ist am effektivsten, wenn er nicht erst durch die halbe Stadt rennen musste, sollte in der Nacht etwas geschehen. Logisch, dass er einen Raum zugewiesen bekommen hatte. Mich erstaunte nur die Größe und der Luxus, der innen zu sehen war. Hatte diese Familie überhaupt ein einzelnes, normales Zimmer zu bieten? Oder sahen alle aus wie gerade einem hoffnungslos überteuerten Einrichtungsprospekt entsprungen?

Und irgendwie wirkte Naruto in seiner schwarzen Hose und dem hochwertigen Hemd gar nicht so fehl am Platze, wie ich gedacht hätte. Er hatte lediglich die Ärmel bis auf Ellbogenhöhe hochgekrempelt und er trug keine Krawatte. Vorher hatte er auch noch eine schwarzgraue Weste getragen, doch die sah ich nun über der Lehne eines Stuhls hängen. Ein Schreibtisch mit sämtlichen Utensilien für eine tadellose Buchführung. Ein riesiges Bett, viel zu groß für eine einzelne Person. Ein Nachttisch mit einer einzelnen Lampe und einem weißen Wecker. Und Fenster. Riesige Fenster vom Boden bis zur Decke, die am Tag sicherlich viel Licht herein ließen. Der Ausblick musste unglaublich sein.
 

Jetzt aber sah ich nur Naruto, wie er vor einem der Fenster stand und in die Dunkelheit hinaus sah. Ich räusperte mich. Er drehte sich um, der müde Ausdruck verschwand nicht schnell genug, als dass ich ihn nicht gesehen hätte. „Oh, hey, Sensei“, murmelte er. Er klang irgendwie traurig. Bildete ich mir das nur ein, weil ich selbst mich so fühlte? Er kam nicht auf mich zu, sagte nichts weiter, sondern sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte. Ich machte einige Schritte in das Zimmer hinein. Schloss die Tür hinter mir. Augenblicklich war es dunkel bis auf das Leuchten der Nachttischlampe. Der Mond kam hervor und sendete von außen etwas Helligkeit.

Still sahen wir beide uns einen Augenblick an. Dann ging ich zum Bett und sah auf die perfekt gefaltete Decke herab. Viel zu farblos für sein persönliches Reich.

„Willst du mir gratulieren, Sensei?“, fragte er leise. Er kam zu mir, blieb wenige Schritte neben mir stehen. Ich spürte, wie er auf etwas wartete. Worauf? „Ich kam ja bisher noch nicht dazu“, meinte ich. Er schwieg so lange, dass ich zu ihm sah. Ja, ich hatte Recht gehabt, wir waren jetzt gleich groß, seine Augen waren auf der Höhe meiner angekommen.

Dieselben Augen, die mich jetzt gerade intensiv ansahen. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, dann jedoch entkam ihm kein Laut. Er verschloss seine Lippen wieder zu einem dünnen Strich und schüttelte den Kopf. Ich runzelte verwirrt die Stirn. Wir schwiegen uns wieder einmal an, was sich falsch anfühlte. Ich holte so tief Luft, dass er es hören musste.

„Was wolltest du sagen, Uzumaki?“ Er zuckte kurz zusammen, seufzte aber. „Ich hab dein Geschenk noch nicht ausgepackt“, bemerkte er. Eine sinnlose Aussage, er würde sämtliche Geschenke erst auspacken, wenn alle Gäste gegangen waren. „Würdest du mir sagen, was es ist?“, fragte er. Ich hob die Augenbrauen und löste meine vor der Brust verschränkten Arme, schob meine Hände in die Hosentaschen. „Wieso willst du das denn wissen?“, fragte ich, „Wenn du so neugierig bist, dann man es doch jetzt gleich auf.“ Wäre immerhin nicht das erste Mal, dass er mit aller Etikette brach.
 

Er verzog den Mund missmutig. „Ich will aber von dir wissen, was du mir schenkst!“, beharrte er, „Ich kann mir echt nicht vorstellen, was es sein könnte!“ Entgegen aller Erwartungen musste ich ein Lachen unterdrücken. Manche Dinge änderten sich wohl nie! „Dann streng doch mal dein Hirn an!“, neckte ich gutmütig. Sein Lächeln war zu ernst, das kurze Auflachen zu nervös, um die aufgeheiterte Stimmung zu halten. Mein Grinsen verblasste ungesehen. „Weißt du, Sensei“, sagte er langsam, „Ich kann dir nur sagen, was ich gern von dir hätte.“

Ich schluckte, während er ein paar Schritte nach vorn trat und jetzt direkt zwischen dem Bett und mir stand. Er drehte mir den Rücken zu, aber nicht für lange. Als er sich umdrehte, fuhr mir sein Blick bis ins Mark. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und sah mich beinahe scheu an. Sein Atem wurde tief, er lies die Luft ganz langsam entweichen. Ich unterdrückte den Impuls, mir nervös durchs Haar zu fahren.

„Und was wäre das, Uzumaki?“ Meine Stimme klang nicht rau, aber ich war definitiv nervös. Naruto trat ganz nah an mich heran, seine Lippen nur wenige Zentimeter von meinen entfernt. „Dass du mich jetzt küsst“, erklärte er leise. Ich zuckte zurück, tat einen halben Schritt nach hinten. „Uzumaki!“, begehrte ich auf, „Lass die Scherze!“ Ich wollte mich beruhigen und ihm vor allem nicht zeigen, wie sehr er mich mit dieser Aussage traf. Er folgte mir auf dem Fuße, seine Hände klammerten sich an mein Jackett. „Du weißt, dass ich keine mache!“, sagte er, „Du weißt, warum ich das sage!“ Ich wollte nur noch, dass er mich losließ, damit ich aus dem Zimmer flüchten konnte. War er jetzt völlig verrückt geworden? Erst verkündete er seine Verlobung mit der jungen Hyuuga und nur wenige Stunden später bat er mich um das?! Was ging in seinem Kopf vor sich?!

„Lass mich los. Bist du betrunken?“ Aber ich wusste, dass er es nicht war. Naruto hatte noch nie viel vom Alkohol gehalten und trank fast gar keinen.
 

Plötzlich lies er mich los. Völlig unvorbereitet verharrte ich an Ort und Stelle. Seine Augen füllten sich mit Gefühlen. „Ich dachte...“ Er sah zu Boden, seine Wangen wurden rot. Meine Zurückweisung schien ihn tief zu treffen. „Ich dachte“, sagte er wieder, „dass du es so gemeint hattest. Als du mich damals...“ Seine Stimme brach ab. Er schluckte schwer und biss sich auf die Lippen. Der Anblick brach mir schier das Herz. Ich konnte es doch nicht einfach so stehen lassen.

„Ich weiß nicht, was du gedacht hast“, sagte ich leise, „Du bist ja einfach weggelaufen.“ Er konnte mich immer noch nicht ansehen. „Ich war verwirrt. Weil...“ Unbestimmt fuchtelte er mit den Händen herum. „Weil?“, hakte ich nach. Er atmete tief durch und sah mir direkt in die Augen.

„Weil ich nicht erwartet hatte, so dabei zu fühlen. Das hat mich umgeworfen, Sensei.“ Für einen Moment vergaß ich das Atmen.
 

„Was denn gefühlt?“, wollte ich wissen. Ich wollte ihn dazu bringen, mir alles zu sagen. Meine Stimme wurde drängend. Ich trat wieder näher an ihn heran. Ort, Zeit und Umstände dieses Gespräches waren vollkommen vergessen.

„Ich-“, er schien überfordert, „Ich wusste nicht, dass ich so bin. Du hast mich überrascht. Das alles hat mich überrannt.“ Das war keine Antwort auf meine Frage. Ich packte ihn an den Schultern. „Was war da?“, fragte ich eindringlich. Er sah mich flehentlich an. „Warum küsst du mich nicht einfach?!“ Seine Augen waren glasig vor ungeweinten Tränen. Es war alles, was ich gebraucht hatte. Ich beugte mich nach vorn und meine Lippen krachten auf seine.
 

Unser Kuss war nicht sanft oder zögerlich, sondern ziemlich hart und im ersten Moment auch etwas kalt. Dann flogen seine Hände nach oben, legten sich um meine Schultern und schoben somit automatisch meine Hände nach unten. Ich umfing seinen Oberkörper mit meinen Händen. Seine Seiten waren selbst durch den Stoff des Hemdes warm. Ich zog ihn näher an mich heran und erst dann wurden wir langsamer. Sanfter, zärtlicher. Eine seiner warmen Hände schob sich nach oben und legte sich um meine Wange. Er öffnete im selben Augenblick die Lippen und seine Zunge schob sich an meine Unterlippe. Ich unterdrückte ein Seufzen.

Es dauerte nicht lange, bis ich meinen Mund ebenfalls öffnete und wir uns vorsichtig aneinander heran tasteten.

Und es blieb nicht nur dabei, wir wurden immer mutiger. Sein Atem traf mich im Gesicht, wann immer wir uns kurz voneinander lösten und nach Luft schnappten. Ich zog ihn so nahe an mich heran, dass sich unsere Körper fast gänzlich berührten. Meine Finger glitten zum Bund seiner Hose.

„Wir sollten das hier nicht tun“, murmelte ich leise zwischen zwei Küssen. Er nickte hektisch. „Ich weiß.“ Wir stoppten und sahen uns an. „Was tun wir hier, Naruto?“, fragte ich. Er lehnte seine Stirn gegen mein Schlüsselbein. „Wir tun, was unsere Gefühle uns sagen“, meinte er schlicht. Meine Finger zogen sein Hemd aus der Hose und glitten darunter. Die warme Haut zuckte unter meiner Berührung zusammen. Ich drückte meine Lippen an seinen Hals. Er seufzte auf.
 

„Schlaf mit mir, Sensei“, flüsterte er in mein Ohr, was meine Hände zum Stillstand brachte. Ich zögerte lange genug, sodass er mich wieder ansah. „Willst du nicht?“ Ich schien das Sprechen verlernt zu haben. Aber dennoch schüttelte ich den Kopf. Ich konnte das doch nicht tun. Hier? Ausgerechnet heute? Waren wir so verrückt?

Er schob seine Hüfte gegen meine. „Nur ein Mal“, wisperte er, „Und dann werde ich nie mehr darüber reden.“ Seine Berührung brannte sich durch meinen Körper. „Warum reden wir dann nicht mehr darüber?“, fragte ich. Er schüttelte den Kopf und verschloss seine Lippen mit meinen. „Denk nicht daran, denk nur an jetzt.“ Und ich ließ mich fallen. Meine Hände fanden die Knöpfe seines Hemdes und ich begann sie zu öffnen.
 

Seine Finger fuhren über meine Brust und neckten meine Muskeln. Müde sah ich an die Decke und erinnerte mich selbst daran, nicht einzuschlafen. Wir bewegten uns nur deswegen leicht, damit uns die Müdigkeit nicht übermannte.

„Weißt du“, begann er leise, „Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, habe ich gedacht, du wärst ein furchtbarer Mensch.“ Ich grinste. „Und warum dann nicht mehr?“ Seine Hand stoppte und legte sich flach auf die Stelle zwischen Hals und Schulter. „Du hast dich darum gekümmert, dass ich die Klasse schaffe. Du hast dich um mich gekümmert. Das hat damals keiner.“ Ich hatte schon fast vergessen, wie furchtbar die Menschen dieser Stadt damals zu ihm gewesen waren. Es erschien so weit weg, als wäre es in einem anderen Leben passiert. „Na, ich war wohl nicht der Einzige“, bemerkte ich und dachte an Iruka. Er lachte auf. „Nein, keiner der Erwachsenen. Ich hatte ja keine Ahnung, warum ich so gemieden wurde.

Und du hast mich so oft verteidigt, das habe ich so manches Mal mitbekommen.“ Meine Augen weiteten sich etwas. Falls das wahr wäre, hatte er diese Tatsache sehr gut verbergen können. Mit einem Arm angelte ich quasi nach ihm und zog seinen immer noch verschwitzten Körper auf meinen. Er presste seine Wange an mich und ich lies die Arme nach unten zurück auf das Bettlaken sinken. „Ich habe dich nur noch mehr gemocht, als du mich in der Bar gerettet hast. Und noch mehr, als du mir deine Hunde anvertraut hast. Das hat mir viel bedeutet.“ Als ich nach unten zu seinem Gesicht schielte, sah ich ihn versonnen lächeln. „Ich gebe meine Hunde nicht in jedermanns Hände“, sagte ich. Er drückte einen Kuss auf die Haut, die er ohne große Bewegung erreichen konnte. „Und als ich krank wurde und dann wieder aufwachte, war das bei dir zu Hause. Als ich dein Gesicht gesehen habe, fühlte ich mich sicher.“ Ein warmes Gefühl durchströmte mich. „Du warst immer für mich da, wenn ich dich gebraucht habe. Auch auf dem Friedhof. Ich war so durcheinander und ich dachte, ich wäre ganz allein auf der Welt. Und dann warst du einfach so da. Ausgerechnet an diesem Tag.“ Er lachte wieder auf, doch ich hörte die traurige Note heraus.
 

„Wer hat dir damals eigentlich gesagt, was los ist? War es wirklich Uchiha?“ Ich spürte, wie er schluckte. „Ja. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade mit Hinata von ihrer ersten Tournee wieder da. Ich hatte gerade versucht sie zu fragen, ob wir es nicht miteinander versuchen wollten.“ Der Satz stieß mir bitter auf und ich hob einen Arm um ihn um seine Hüfte zu schlingen. Ich drückte ihn an mich. „Sasuke tauchte auf, als Hinata mir gestand, dass sie mich lieben würde. Er ist völlig ausgeflippt und hat sie gefragt, ob sie denn verrückt wäre. Er meinte, so etwas wie mich könnte sie gar nicht mehr lieben, wenn sie die Wahrheit wüsste. Und dann hat er mir ins Gesicht geschrien, dass ich Schuld am Tod des meist geliebten Bürgers von ganz Konoha wäre. Und, dass ich sogar schon am Tag meiner Geburt meine eigenen Eltern getötet hätte.“ Er verstummte und schloss die Augen – ich konnte spüren, wie seine Wimpern über meine Haut strichen, so fest presste er sein Gesicht an mich. „Das ist nicht wahr!“, begehrte ich auf. Mich brachte es immer noch in Rage, wie schlimm es ihn damals getroffen hatte und wie naiv Uchiha seinem Onkel gefolgt war. Er hatte eine jahrelange Freundschaft einfach so mit Füßen getreten.

„Ich weiß, ja. Aber das hast du mir damals erst sagen müssen. Ich fühlte mich so wohl bei dir, dass ich gar nicht mehr gehen wollte. Als du gesagt hast, dass mein Vater sich um dich gekümmert hat, habe ich nur gedacht Warum haben wir uns nicht schon viel früher getroffen? Und dann hast du mich geküsst.“ Sein Lachen klang verlegen. Ich grinste ebenfalls. „Oh ja, ich erinnere mich“, scherzte ich. Als ob ich das jemals vergessen könnte.

Er nickte, was ich wieder nur anhand der Bewegung spüren konnte. „Ich war ganz durcheinander. Weil es mir so gefallen hat. Weil ich mir gewünscht hatte, dass du weitermachst. Und das hat mich so geschockt, ich bin aufgesprungen und abgehauen. Ich habe wochenlang daran gedacht und war richtig erschrocken über mich selbst. Ich habe nie gedacht, dass ich mal so fühlen könnte. Also, für jemanden wie dich.“ Er hob den Kopf und sah zu meinem Gesicht. „Ich habe es irgendwann akzeptiert. Und von da an konnte ich keinen Tag mehr leben, ohne den Wunsch, dich wenigstens einmal so bei mir zu haben.“ Wir sahen uns an. Er erhob sich und angelte nach seiner Hose. Ich setzte mich auf und tat es ihm gleich. Wir waren schon viel zu lange hier oben.
 

Als wir beide wieder angezogen waren, drehte er sich wieder zu mir um. Seine Augen leuchteten mit einer Zufriedenheit, die mich magisch anzog. Ich streckte die Hand aus und fuhr ihm durchs Haar. „Ich werde Hinata-chan heiraten, Sensei“, sagte er und sah mich entschuldigend an. „Ich meine, ich liebe sie schon. Auch so, wie es sich gehört. Ich denke schon, dass ich sie glücklich machen kann und ich das auch werden könnte.“ Ich verstand durchaus, was er meinte. In unserer Gesellschaft galt man allgemein als tolerant, aber im Gesetz waren gleichgeschlechtliche Beziehungen benachteiligt. Wir würden Spott und endlosen Schwierigkeiten ausgesetzt sein – was er sich nicht für mich wünschte. Ich wollte auch nicht, dass er all die Anerkennung, die er endlich erhalten hatte, direkt wieder verlor. Wir beide hatten keine offizielle Zukunft miteinander.

So nickte ich sanft lächelnd. „Tu das“, sagte ich und entschied mich, nun genauso offen zu sein, wie er es zuvor gewesen war.

„Als ich dich das erste Mal gesehen habe, warst du nur ein kleiner, lauter Bengel für mich“, begann ich leise und langsam, „Ich hatte deinen Nachnamen gehört und ich wollte einfach so tun, als hätte ich dich nie gekannt.“ Ich hatte seine volle Aufmerksamkeit. Also machte ich weiter. „Ich wollte vor mir selbst und meinen Erinnerungen weglaufen. Aber du hast mich nicht gelassen.

Je länger ich dich kannte, desto weniger bekam ich dich aus meinen Gedanken. Ich habe mir ständig Sorgen gemacht, ob sie dich auch nicht unfair behandelten.

Und als du dann verschwunden warst, weil du mit Hyuuga gegangen warst, habe ich nicht mehr begriffen, warum ich nicht mehr allein bleiben konnte. Ich habe mich bemüht, den Garten in Ordnung zu halten, aber es klappte nicht. Meine Hunde vermissten dich, mein Garten verwilderte. Und ich bin kaum noch aus den Haus gegangen.
 

Ich konnte noch nicht einmal wirklich glauben, dass du tatsächlich an mir vorbei liefst. Als ich dich auf dem Friedhof gesehen habe, wollte ich einfach nur, dass du nicht mehr so unsagbar traurig warst. Ich weiß bis heute nicht, ob ich aus einem Impuls heraus gehandelt habe, oder, ob ich dich damals einfach nur trösten wollte, aber ich weiß heute, dass ich dich so oder so geküsst hätte.

Als du fort warst, ist mir klar geworden, dass du dich eingeschlichen hattest. Ich habe mein Bestes versucht, um dich nur noch als Jungen zusehen.“ Ich sah ihm in die Augen und holte tief Luft. „Ich musste mir eingestehen, was ich fühle. Ich liebe dich, Naruto.“
 

Sasuke:

Seufzend stieg ich die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Dobe war schon überfällig und seine eigene Party zu schwänzen war eigentlich nicht seine Art. Ich sah mich auf dem langen Gang ein wenig um. Die Bilder hier oben sprachen von einer großen Familie, die anscheinend viele Familienfeste feierte. Hier und da entdeckte ich Fotos von Hinata – und natürlich war auf den meisten davon auch Naruto zu sehen. Manchmal nur als blonder Farbpunkt im Hintergrund, aber er war da. Ich war immer noch fasziniert, wie schnell es passiert war, dass er eine so traditionelle Familie von sich überzeugt hatte. Er war wie eine Bombe eingeschlagen und hatte Hiashi Hyuuga verändert. Nun gut, ich musste zugeben, er hatte diese Wirkung eben einfach. Wer mit ihm zu tun hatte, wurde früher oder später zu einem anderen Menschen. Ich selbst war ja auch von ihm gerettet worden.
 

Vor seiner Zimmertür angekommen verzichtete ich auf ein Anklopfen. Wieso sollte ich auch? Er tat es bei mir ebenfalls nie. Und so öffnete ich die Tür, völlig unvorbereitet, was ich vorfinden würde.
 

Naruto war nicht allein und auch nicht eingeschlafen, wie ich gedacht hatte. Nein, er stand mitten im Zimmer. Mit Tränen in den Augen.

Vor ihm stand unser ehemaliger Lehrer, mit seinen Händen an ihm. Er hielt ihn fest, drückte ihm die Lippen auf. Mein bester Freund drückte ihn von sich. „Sensei, nein“, erklärte er. Doch das schien den Kerl vor ihm gar nicht zu berühren, er zog ihn erneut ruppig zu sich und machte da weiter, wo er vor wenigen Sekunden aufgehört hatte. Seine Hände rutschten nach unten, zogen an der Hüfte des Blonden. Der schob ihn erneut weg. „Sensei! Nein!“ Der Nachdruck in seiner Stimme überzeugte mich, dass ich eingreifen musste.
 

„Was zum Teufel tun Sie da?!“, polterte ich, was beide zusammen schrecken lies. Mit wenigen, großen Schritten war ich bei den Zweien und zog meinen besten Freund aus den Fängen dieses Kerls. Wütend blickte ich den Grauhaarigen an. „Was fällt Ihnen eigentlich ein?! Sie-Sie-!“ Mir fiel keine Beleidigung ein, die dem annähernd gerecht wurde, was ich fühlte, aber mir würde schon noch etwas einfallen. Ich nahm Naruto mit mir und verließ den Raum. Er schien so schockiert zu sein, dass er einfach hinter mir her stolperte und nichts sagte.

Unten angekommen kam endlich wieder Leben in ihn. „Sasuke! Warte!“ Er blieb stehen, was mich auch zum Anhalten zwang. Ich wirbelte herum und sah über seine Schulter hinweg, wie der Mann, der auf meiner Hassliste ganz oben rangierte, uns hinterher lief. Beinahe hätte ich mich auf ihn gestürzt. „Warte, Uchiha-san! Du verstehst da etwas falsch!“
 

„Falsch?!“, echote ich lauthals, „Was versteht man denn da falsch?“ Nur am Rande merkte ich, wie die restlichen Gäste aus dem Wohnzimmer in den riesigen Flur kamen. Unsere lauten Stimmen mussten sie angezogen haben. Es kümmerte mich nur so weit, dass es ruhig alle wissen konnten, was sich dieser Mann geleistet hatte.

„Was kann ich denn falsch daran verstehen, wenn Sie meinem besten Freund die Zunge in den Hals stopfen?!“ Es blieb einige Sekunden lang ruhig, bevor ich ein unintelligentes Häh? von Ino hörte. Ich schnaubte auf, verwies mit einem Arm auf den Blonden neben mir. „Er hat nein gesagt! Zwei Mal, hat Sie das überhaupt interessiert?! Haben Sie eine Ahnung, was das heißt, oder ist Ihnen das egal?

Wenn er nicht will, haben Sie ihre Finger bei sich zu behalten!“ Ich atmete schwer, selten war meine Stimme so laut gewesen. Sie überschlug sich fast, so wütend war ich. Wie konnte dieser Kerl es wagen? Auf der Feier anlässlich des Geburtstages und der Verlobung meines besten Freundes?

Die anderen um uns herum begannen zu tuscheln. Hinata bahnte sich einen Weg zu ihrem Verlobten durch. Zaghaft griff sie nach seiner Hand. „Naruto-kun? Was ist hier los?“ Ich drehte mich um und sah die beiden an. Ich sah dieses liebevolle Mädchen. Erinnerte mich an den glücklichen Blick des Dobe, als er die Verlobung verkündet hatte. Wie konnte man nur so grausam sein und das zerstören wollen?

„Ich sag dir, was passiert ist“, fauchte ich, „Dieser Mann hat deinen Verlobten begrapscht und belästigt!“ Schockiert blickte sie zu ihm und entdeckte die Tränenspuren in seinem Gesicht. Mit den Fingerspitzen fuhr sie über seine Wange. Er war weiß wie eine Wand, seine Augen groß wie Teller vor Schreck. Regungslos sah er sie an. Und ich stände wohl auch unter Schock, wenn der Kerl mich in meinem eigenen Zimmer bedrängt hätte.

Kurz schilderte ich ihr, welche Situation ich vorgefunden hatte: „Er hat ihm echt die Zunge in den Hals gesteckt. In seinem eigenen Zimmer! Als ich die Tür geöffnet habe, hat Naruto ihm gesagt, dass er das lassen soll. Er hat einfach weiter gemacht, als hätte er nichts gesagt. Er hat ihm an den Hintern gepackt!“

Kiba irgendwo hinter mir sog scharf die Luft ein. Wie hatten wir nur jemals glauben können, dass er unrecht gehabt hatte? Schon vor Jahren hatte er gesagt, dass dieser Mann es auf Naruto abgesehen hätte. Dem Kerl schien nichts heilig zu sein. Ich wirbelte zum Übeltäter herum.

„Sie sind älter als er! Sehr viel älter! Was fällt Ihnen eigentlich ein?“ In dem Moment meldete sich Naruto wieder zu Wort. „Sasuke! Hör auf!“ Er war komplett rot angelaufen. Ihm war es wohl peinlich, dass der Kerl sein Vertrauen so hatte ausnutzen können. Ich schnaubte. „Er ist der Mistkerl hier, Dobe! Ich lasse doch keinen Kerl laufen, der dich zum Weinen gebracht hat!“ Mein bester Freund drehte den Kopf weg und klammerte sich mit einer Hand an seine Verlobte.
 

„Uchiha-san, lässt du mich auch einmal zu Wort kommen?“ Ich machte einen Schritt nach vorn und hob die Faust. Ich holte aus, um ihm ins Gesicht zu schlagen. Da erreichte mich Hiashi Hyuugas Stimme. „Was soll das alles bedeuten? Ich verlange eine Erklärung, Hatake-san!“ Diese Tonlage duldete keinerlei Widerspruch. Ich war froh darüber, dass der Mann es jetzt in die Hand nehmen würde. Unser alter Lehrer sah betrübt zu ihm.

„Die Erklärung ist leider nicht so, wie Sie es sich wünschen werden, Hyuuga-san“, sagte er und ich sah ihn schlucken. Höhnisch verzog ich das Gesicht. „Was Sie nicht sagen“, brummte ich. Aber er beachtete mich nicht. „Die Wahrheit ist nun einmal die, dass ich Gefühle für meinen alten Schüler entwickelt habe.“ Er drehte sich um und verbeugte sich vor Naruto. Das Gemurmel um uns herum erstarb bis auf ein leises Wispern. „Als ich dich wiedergesehen habe, ist mir klar geworden, dass du erwachsen geworden bist. Ich hab mich in dich verliebt und wollte, dass du es weißt. Es tut mir Leid, wenn du meinetwegen Unannehmlichkeiten hast.“ Er sah zurück zu Narutos baldigem Schwiegervater. Auch vor ihm verneigte er sich. „Und ich entschuldige mich auch bei Ihnen, Hyuuga-san. Ich hätte gar nicht erst herkommen dürfen. Es tut mir Leid, dass ich ihre Feier gestört habe.“ Er sah zu mir, dann in die Runde und ging. Er ging einfach, als ob es mit diesen lahmen Worten getan wäre!

Apathisch folgte Narutos Blick dem Abgang des Kerls. Ich hätte gern gewusst, was er jetzt dachte. War er erleichtert, weil der Mann nicht mehr in seiner Nähe war?
 

Sobald die Tür geschlossen war, ging das Gerede wieder los. Hinata strich immer wieder beruhigend über Narutos Gesicht, was dieser kaum wahrzunehmen schien. Er wirkte völlig schockiert. Ich sah zu Iruka Umino. „Wussten Sie was davon?“, fragte ich. Er schüttelte den Kopf. Sein Gesichtsausdruck sagte mir, dass er nicht log. „Das hätte ich nie von ihm gedacht“, sagte er, „Er war noch nie der Typ, der den Frauen nachsah, aber so etwas...“ Er seufzte schwer und rieb sich mit beiden Händen über sein Gesicht. Der Rest unserer Freunde schien auch nicht zu wissen, was man sagen sollte.

„Ich wusste immer schon, dass das ein Arschloch ist!“ Naruto schob seine Verlobte zur Seite und fixierte Kiba mit einem wütenden Blick. „Hör auf, so zu reden! Du tust ja gerade so, als hätte er das alles geplant gehabt!“ Shikamaru schnaubte auf und kratzte sich am Nacken. „Naja, es wirkte schon so, als habe er das geplant. Immerhin hat er gesagt, er hätte nicht herkommen sollen. Klang so, als hätte er gewusst, dass es passieren könnte, wenn er dich sieht.“ Er zuckte mit den Schultern. „Seinen Job als Lehrer kann er vergessen, wenn das rauskommt“, bemerkte er. Es lies Naruto nur noch blasser werden. „Was?“, fragte er fassungslos. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Hn, das hätte er verdient. Der kriegt kein Bein mehr auf den Boden.“

Hinata legte schützend ihre Arme um Narutos Mitte. „Bitte beruhige dich. Er hat dich angegriffen, das muss gemeldet werden.“ Ihre sanfte Stimme schien ihn nur leider noch mehr durcheinander zu bringen. „Aber wieso? Wieso wollt ihr ihn direkt anzeigen?“ Er sah in die Runde, dann ging sein Blick zum Boden. „Ich hab mich doch gar nicht richtig gewehrt. Ich hab's doch zugelassen.“ Schämte er sich wirklich so sehr dafür, dass er das totschweigen wollte?!

„Und deswegen soll er davon kommen?!“ Er zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich will nicht, dass die Leute reden.“ Er biss sich auf die Lippen und sah zu mir auf, ohne den Kopf zu heben. „Können wir das nicht einfach vergessen?“ Ich schnappte nach Luft. „Von wegen! Ich werde dem Kerl sämtliche Knochen brechen, wenn der sonst keinen Ärger kriegt!“ Und da stolperte Naruto auf mich zu und packte meinen Arm. „Lass ihn doch einfach! Lass es doch einfach sein!“, forderte er eindringlich.
 

Ich riss mich los und fauchte ihn an: „Was ist mit dir los? Wieso verteidigst du ihn? Du tust ja gerade so, als hättest du ihn gebeten, über dich herzufallen!“ Er zuckte zusammen. Sein Blick wurde fassungslos. Er stolperte zurück und sah mich an. Durch die Fenster drang die lauwarme Nachtluft zu uns herein, aber das kümmerte mich nicht. Sein Blick war nicht nur fassungslos, er war ängstlich, wie ich erst jetzt erkannte. Dieser stille Vorwurf, der zu sehen war, nahm mir die Luft zum atmen. Ich begriff in diesem Augenblick, was los war. Er war mein bester Freund, ich kannte die meisten seiner Gedanken. Und nun sah ich, was mein Satz in ihm ausgelöst hatte.
 

Sakura kam auf mich zu, was er zum Anlass nahm, fluchtartig den Flur zu verlassen. Er drehte sich einfach um und rannte hinaus in die Nacht. Ich wollte ihm folgen, wollte noch einmal mit ihm reden, aber es waren einfach zu viele Menschen hier, die mich davon abhielten. Er war fort. Hatte ich ihn so sehr getroffen? War er endgültig aus meinem Leben verschwunden?

„Sasuke-kun?“, fragte Sakura leise. Ich zwang meinen Blick zu ihr. „Ich glaube, ich bin zu weit gegangen“, murmelte ich. Sie lächelte traurig. „Er ist gerade eben angegriffen worden. Und scheinbar schämt er sich sehr. Es hilft ihm wohl nicht, wenn du ihn auch noch angehst.“ Sie hatte ja Recht, ich hatte es übertrieben. Seufzend sah ich zur Haustür, die immer noch offen stand. Für heute war der Abend ruiniert.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  lula-chan
2018-09-13T12:34:37+00:00 13.09.2018 14:34
Tolles Kapitel. Gut geschrieben.
Oh Mann. Na das ging ja gut weiter. Nicht. So viel Chaos an einem einzigen Abend. Das kann noch was werden.
Ich bin schon gespannt, wie es weitergeht, und freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Antwort von:  Marron
14.09.2018 16:41
Auch dir: Dankeschön.
Ja, ein einziges Chaos. So ist das Leben eben manchmal. Was die Begründung angeht: Siehe meine Antwort an lieandra, da habe ich versucht, es zu erklären. Hier ist Naruto mal wieder voll reingefallen ins Fettnäpfchen.
Von:  lieandra
2018-09-12T20:59:44+00:00 12.09.2018 22:59
Bin total schockiert von dieser Wendung!!
Bin ja mal gespannt wie sich das noch entwickelt.
Was Naruto da gemacht hat geht ja mal garnicht arme Hinata!!😠
Antwort von:  Marron
14.09.2018 16:39
Dankeschön für deinen Kommi.
Jah, das war ein Tiefschlag, ne? ^^ Ein Punkt, den ich abgehakt habe auf dem Weg von Narutos Entwicklung.
Ich weiß, eventuell denken meine Leser jetzt, dass das nicht Naruto ist. Aber ich denke, er würde nie etwas einfach so im Sande verlaufen lassen, was er geklärt haben will. Und deshalb hat er sich zurück gezogen und wollte eigentlich nur reden. Von da an ist eben alles etwas aus dem Ruder gelaufen.

Und ja, die arme Hinata. Aber was sie nicht weiß...
Mal im Ernst: Es gibt in der Realität doch viele Beziehungen, bei denen man so manches Gehimnis nicht weiß, was der Partner hat. MUSS man immer alles allen sagen? Das ist hier so der Gedanke im Hintergrund. Aber dennoch schön, zu hören, das ich die Reaktion erreicht habe, die ich wollte.^^


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