Zum Inhalt der Seite

Hearts in a mirror cage

Steve/James/Bucky
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier also nun ein weiteres Werk von meiner Person.

Es handelt es sich um eine AU-Modern Setting FF. Diese Story knüpft an den Gedanken an, das Bucky und der Winter Soldier nicht ein und dieselbe Person sind.

Das Bucky vor dem Sturz und dem Aufgreifen von Hydra ein anderer war, als der den man dann aus ihm gemacht hat. Ein Körper zwei Persönlichkeiten.

Nun faszinierte mich die Idee, dass es zwei Körper für diese zwei Persönlichkeiten geben könnte, was am Ende zu dieser Geschichte geführt hat.Es gibt hier also Jim Buchanan (Bucky) und James Barnes. Tja, ob das Ganze auch was taugt, das müsst ihr nun entscheiden. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

„Das ist ja eine ganz schön lange Zeit.“ Steve fühlte sich gerade etwas vor den Kopf gestoßen über Buckys Offenbarung.
 

„Für so etwas sollte man sich auch die Zeit nehmen. Es ist zwar nicht die Weltreise, die wir uns als Kids ausgemalt haben, aber allein in Asien gibt es genug Länder, die einen Abstecher wert sind.“ Bucky lächelte Steve über seinen Becher Karamell-Macchiato an, als wäre diese Neuigkeit nichts weiter als eine Randnotiz.
 

„Was ist mit Debby? Was sagt sie dazu, dass du sie so lange allein lassen willst?“ Bucky zuckte kurz mit den Schultern. „Sie weiß Bescheid und sie lässt mir die Freiheit, selbst zu entscheiden, was ich will.“
 

Steve schaute Bucky dabei zu, wie dieser sich etwas von seinem Kaffeegetränk von der Oberlippe leckte und für sein Empfinden eindeutig zu gelassen aussah.Ein ganzes Jahr.
 

„Was ist mit deiner Arbeit? Lässt dich dein Boss denn einfach so ein Jahr aussetzen?“
 

„Hydra kann mich mal! Diese Sklaventreiber. Ich habe gekündigt. Soll er sich einen anderes Lakaien suchen.“ Steve kannte Buckys immensen Frust, was Hydra Publishing anbelangte. Bucky hatte seine Master in Medien-Management gemacht und doch war er damals nach Abschluss seines Studiums sofort zur Armee gegangen. Er wollte etwas Nützliches tun und wahrscheinlich auch sich selbst etwas beweisen. Doch weil Bucky einen rastlosen Geist besaß, hatte er nach ein paar erfolgreichen Jahren beschlossen, dem Militär wieder den Rücken zuzukehren.
 

Dann jedoch stand er wieder vor einem kompletten Neuanfang, und da er keine Erfahrung in seinem studierten Beruf aufzeigen konnte, war die Suche aufreibend gewesen. Bucky war keinen Tag glücklich bei Hydra Publishing gewesen und hatte diesen Job am Ende nur wegen des nötigen Geldes und, da hegte Steve keinen Zweifel, auch eines Stolzes wegen behalten. Er wollte niemanden zur
 

Last fallen. Weder Freunden noch seiner Mom.
 

Demnach war er froh, als man ihm nach ewiger Suche eine Chance bei dieser Firma ermöglicht hatte.Doch dafür hatte er nach L.A. ziehen müssen, worauf sich ihre Wege erneut getrennt hatten. Es hatte Steve nicht zum ersten Mal das Herz gebrochen. Denn eigentlich beruhte sein Entschluss, von Kanada zurück nach New York zu kommen, auch zu einen großen Teil darauf, Bucky dann wieder in seiner Nähe zu haben. Nach all den Jahren, die sie sich quasi nur begrenzt hatten sehen können und ihre Freundschaft sich zum größten Teil über das Telefon oder Internet aufrecht hielten. Doch dann war es gerade mal ein Jahr, das ihm gegeben war in dem er Bucky nicht hatte missen müssen, bevor sich wieder diese Distanz zwischen sie schob. Aber Bucky schien so happy über diese Chance und Steve wollte ihm das auf keinen Fall verderben.
 

Der Apfel wurde allerdings ziemlich schnell sauer, wenn nicht gar faulig, aber Bucky hatte die Zähne zusammengebissen und sich nicht unterkriegen lassen.
 

Und weil Bucky eben diesen unruhigen Geist besaß, sollte es ihn eigentlich nicht wundern, dass dieser ihm nun so plötzlich seine Reisepläne unterbreitete.
 

Ein Vorhaben, von dem Steve bis jetzt nicht einen Ton gehört hatte, und da Bucky sogar schon von Mitreisenden sprach, die er in einem Reiseforum kennengelernt hatte, musste er davon ausgehen, dass er diesen Plan schon weitaus länger gehegt hatte.
 

Warum er dies vor ihm geheim gehalten hatte, wusste er nicht und es schmerzte ihn ein wenig. Denn immerhin waren sie beste Freunde seit Kindertagen und hatten sich bis jetzt immer alles anvertraut. Selbst die Jahre, in denen sie getrennt voneinander gelebt hatten, waren nie Grund gewesen, sich voneinander zu entfremden.
 

Es war das erste Mal, dass Steve das Gefühl hatte, Bucky nicht folgen zu können. Und das im wahrsten Sinne.
 

„Wann willst du den starten?“ Es war Anfang Februar, und dass sie hier zusammen in diesem kleinen Café in Manhattan saßen, war einer der rar geworden Momente in ihrer Freundschaft.
 

Eigentlich hatte Steve schon die eine oder andere Idee für dieses Jahr ausgetüftelt, was er und Bucky anstellen könnten, damit ihre gemeinsame Urlaubszeit auch vollkommen ausgekostet werden konnte.
 

Sie wollten doch schon ewig zum Grand Canyon.
 

Aber das verschob sich nun erneut.
 

„Anfang März. Die erfahreneren Jungs, meinen es sei recht günstig so. Und sie müssen es ja wissen.“ Steve ließ seinen Kopf etwas hängen. Dann würde er ja nicht einmal mehr Buckys Geburtstag mit ihm feiern können.
 

Bucky kickte Steve unter dem Tisch leicht gegen das Bein. „Zieh nicht so ein Gesicht Stevie, ich werde schon nicht verloren gehen.“ Steve lächelte etwas schief.
 

Ein ganzes Jahr.
 

***
 

Steve rückte sich die braune Papiereinkaufstüte in seinem Arm zurecht, als er nach dem Hausschlüssel in seiner Jackentasche suchte. Nach etwas Fummelei hatte er diese dann endlich geöffnet bekommen und nahm den eingetopften Ahorn zu seinen Füßen wieder auf. Es war ein etwas umständliches Unterfangen, war die Pflanze doch schon halb so hoch wie er selbst. Ein leises Seufzen rutschte ihm über die Lippen. Er fühlte sich ziemlich müde nach seiner 10 Stunden Schicht und wollte eigentlich nur noch ins Bett. Es war vier Uhr morgens und er hatte seit gut 24 Stunden nicht geschlafen, dies machte sich nun bemerkbar.
 

Zum Glück hatte er die nächsten beiden Tage frei, weswegen er auch nicht ganz so missgestimmt auf seine vorherrschende Problematik reagierte. Mit vorsichtigen Schritten begab er sich das Treppenhaus hinauf. Die ersten Stufen der zweiten Treppen knarrten unter seinem Gewicht und er hoffte, dass Mr. Lees Dackel Merry davon nichts mitbekommen hatte. Merry war ein aufgewecktes Tier und sehr kontaktfreudig, was ab und an dazu führte, dass er beim leisesten Geräusch im Treppenhaus zu bellen anfing, weil er annahm, jemand käme zu Besuch.
 

Meist war Mr. Lee recht schnell dabei, Merry wieder zu beruhigen, doch seit Martin und Linda ihr Baby zuhause hatten, mündete Merrys Freude schon mal darin, dass klein Rose sich in ihrem Schlaf derart gestört sah, dass sie inbrünstig zu weinen anfing.
 

Es war eben ein lebhaftes Haus, doch Steve liebte es trotz allem, hier zu wohnen.
 

Ein leises Klicken war zu hören, doch bevor sich Steve bewusst werden konnte, woher dies stammte, traf er auf ein Hindernis, das ihm etwas die Balance nahm.
 

Steve erkannte eine dunkel gekleidete Person vor sich, die ein Baseballcap trug mit dem Logo der Dogers darauf.
 

Sie hielt ihren Kopf gesenkt, sodass Steve ihr Gesicht nicht erkennen konnte.
 

Ein weiterer Blick auf den Unbekannten und dessen Hand auf dem Türknauf des anliegenden Apartments brachte die Erkenntnis mit sich.
 

„Mr. Barnes, richtig? Sorry, dass ich sie so angerannt habe, aber der hier hat mir etwas die Sicht versperrt.“ Steve wies mit einem Kopfzeig auf die Pflanze in seinem Arm.
 

Ein bündiges „Schon ok.“ und Mr. Barnes zog die Apartmenttür nun gänzlich zu und schloss diese etwas eilig ab. Daraufhin zog er mit noch immer gesenkten Kopf an Steve vorbei und ließ ihn somit stehen.
 

Sein Kumpel Logan, dem dieses Haus auch gehörte, hatte ihm erzählt, dass es einen neuen Mieter geben würde, der etwas eigen erschien. Doch bis jetzt hatte Steve Mr. Barnes noch nicht zu Gesicht bekommen, seit dieser hier vor einer Woche eingezogen war.
 

Und so wie es aussah, war dieser auch nicht darauf aus, sich der Nachbarschaft persönlich vorzustellen.
 

Mrs. Thomson von unten rechts hatte ihm erzählt, dass dieser Mr. Barnes wohl sehr zurückgezogen sei und nie mehr als ein Kopfnicken auf eine Begrüßung im Haus zeigte.
 

Anscheinend waren die wenigen Worte von gerade eben somit eine Ausnahme gewesen.
 

Aber Steve würde auch nicht unangebracht aufdringlich werden. Er verstand durchaus, wenn jemand einfach nur seine Ruhe suchte.
 

Damit machte er sich schließlich in die nächste Etage auf, wo sich sein Apartment befand.
 

Er war kaum zur Tür hinein, da kam auch schon Muffin auf ihn zugehoppelt und schaute ihn aus großen Mopsaugen an, während er in einem Hundegrinsen seine Zungenspitze rausgestreckt hielt.Steve war wirklich froh, dass dessen linker Hinterlauf gut genug verheilt war, sodass Muffin zwar hinkte, aber ansonsten nicht weiter davon behindert wurde.
 

„Na mein Großer.“ Steve stellte alle Mitbringsel ab und nahm Muffin auf den Arm, der ihm sofort über das Gesicht leckte und Steve damit zu Lachen brachte.
 

„Ich weiß ich bin spät dran.“ Er setzte Muffin wieder ab, der dann auch schnurstracks zu dem Ahorn watschelte und neugierig daran schnüffelte.
 

„Der ist nicht für dich Kumpel.“ Muffin schaute Steve mit leicht schiefgelegten Kopf an, also wolle er fragen „Warum nicht?“ Steve spürte das schlechte Gewissen in sich auf Muffins große, treue Augen, kam er nicht um den Gedanken drum herum, dass er Muffin nun wenigstens noch eine kurze Runde um den Block spendieren sollte.
 

Auf eine Viertelstunde mehr kam es letztendlich auch nicht mehr an.
 

**
 

Steve erwachte zum liebevollen Abschlabbern von Muffin, der wohl empfand, dass sein Herrchen genug geschlafen habe und er sich endlich um ihn kümmern solle. Steve versuchte, dieser Aufforderung mit einem Kissen, unter dem er seinen Kopf versteckte, zu entgehen. Aber Muffins Ehrgeiz zeigte sich unbeeindruckt, wühlte sich die dunkle Hundeschnauze nun ebenso unter das Kopfkissen. Steve gab ein ergebenes Murren wieder, was Muffin einmal zufrieden bellen ließ.„Du bist echt schlimmer als meine Mom.“, murmelte er noch etwas verschlafen und kraulte seinen Mops hinter den Ohren.
 

Schließlich rollte sich Steve aus den Laken und streckte sich nach dem Aufstehen erst einmal ausgiebig, bevor er die Vorhänge in seinem Schlafzimmer aufzog und von einem herrlich sonnigen Tag begrüßt wurde. Ideal um später etwas Zeit auf dem Dach zu verbringen.
 

Doch zuvor machte er sich auf den Weg in die Küche, um Muffin sein Frühstück zu geben. Dazu hatte er sich den kleinen Hund auf den Arm genommen, was Muffin angetan vor sich hin hecheln ließ.
 

Nachdem er dann auch geduscht und einen Blick auf sein Smartphone geworfen hatte, das ihn daran erinnerte, dass er heute seine bestellten Werkzeuge abholen konnte, kümmerte er sich um seine eigene Verpflegung. Und heute konnte er sich auch wieder einmal die Zeit nehmen, um sich etwas Üppigeres zuzubereiten.
 

Ein Blick auf Muffin sagte ihm, dass dieser nichts dagegen hatte, hockte dieser in seinem Hundebett und verfolgte jede Handbewegung erwartungsvoll.
 

Zwischen Toast und Hash Browns ging Steve einige seiner Skizzen durch, die er über die letzten Wochen angefertigt hatte. So sehr er sich auch an das Leben in der Großstadt gewöhnt hatte, vermisste er manchmal doch das Leben in Marple Ridge. Dort hatte er öfter Zeit für sein Hobby finden können, was ihm hier nur noch bedingt möglich war. Er war stolz, dass er es geschafft hatte, ein vollwertiger Teil von New Yorks Feuerwehr geworden zu sein, und er wollte es auch nicht eintauschen. Er hatte sich diesen Job zur Aufgabe gemacht. Und das mit Leib und Seele.
 

Steve war mit Muffin gerade auf dem Weg das Treppenhaus hinunter, als ihm eine unbekannte, junge Frau auffiel die sich vor der Tür von Mr. Barnes Wohnung befand. Sie war von schlanker Statur, um die sie einen elegant geschnittenen, dunkelgrauen Bussinessanzug trug. Ihre schulterlangen, kastanienbraunen Haare umrahmten ein Gesicht, das ein attraktives Profil offenbarte.
 

Sie wendete ihren Kopf in Steves Richtung, als sie ihn bemerkte und schenkte ihm ein leichtes Lächeln.
 

„Hallo.“, erwiderte Steve daraufhin freundlich, was Muffin ebenfalls kurz Laut geben ließ.
 

„Hey.“ Die junge Frau machte etwas Platz, um Steve vorbei zu lassen. Ein leises Rumoren war hinter der Apartmenttür zu hören, die kurz darauf einen schmalen Spalt geöffnet wurde. Steve wollte nicht der neugierige Nachbar sein und bewegte sich ohne inne zu halten die nächste Treppe hinunter.
 

Mr. Barnes war entweder der vorsichtige oder der ängstliche Typ. Aber egal was diesem Verhalten zu Grund liegen mochte, es ging ihn nichts an, solange es den Hausfrieden nicht störte.
 

Er war der einzige Junggeselle hier und einer der wenigen jüngeren Leute, weswegen er mit darauf achtete, dass es keine Probleme gab. Er erinnerte sich noch gut an Shellys vorhergehenden Freund, der nach der Beendigung ihrer Beziehung öfter Unruhe vor deren Tür gestiftete hatte. Es ging sogar soweit, dass Shelly sich gar nicht mehr aus dem Hause getraut hatte, aus Angst, er würde ihr auflauern.
 

Nur das beherzte Einschreiten von Steve und das Einbringen der Polizei hatten ihn davon abhalten können, eines Abends ihre Tür einzutreten. „Zum Reden“, wie dieser dann mit Alkohol durchsetzter Stimme versuchte hatte, sich zu rechtfertigen.
 

Steve überkam immer wieder ein aufgebrachtes Gefühl, wenn er mit ansehen musste, wie manche Menschen sich über ein verletztes Ego aufführten.
 

Seit diesem Vorfall ging er nun lieber etwas aufmerksamer durch ihr Treppenhaus. Nicht, dass er annahm, dass die junge Frau Mr. Barnes etwas antun wollte oder er dieser, aber man konnte ja nie wissen. Es passierten manchmal dann doch die verrücktesten Dinge. Vor allem in einer Stadt wie dieser.
 

*
 

„Hey Peter.“ Steve klopfte dem Angesprochenen begrüßend auf die Schulter, der an einer der Werkbänke stand und ein wenig zu der Musik aus seinem Walkman mittänzelte. Er war gerade dabei, ein Stück Metall mit einer Feile zu bearbeiten. Steve hatte schnell gelernt, dass Peter in solch einer kreativen Arbeitsphase nur auf Kontakt reagiert.
 

Peter schaute etwas überrascht von seinem Werkstück auf, lächelte aber breit als er Steve erkannte und seine Kopfhörer abnahm, aus welchen Steve Olivia Newton-Johns "Physical" dudeln hörte.Peter hatte eine ausgeprägte Vorliebe für den Sound der 80´Jahre.
 

„Hey Steve, schön dich mal wieder hier zu sehn.“ Peter boxte ihn in einer kumpelhaften Geste gegen die Schulter. „Ja, war ne geschäftige Zeit die letzten Wochen.“ Peter schenkte ihm ein verstehendes Nicken. „Ja, ihr Jungs habt es echt nicht leicht. Diese Stadt ist Femme fatale wie auch der Vorhof der Hölle. Gut nur, das es willige Leute gibt, die alles etwas im Zaum halten.“ Peter zwinkerte ihm zu, bevor er sich an Muffin wendete den Steve auf dem Arm hielt.
 

„Rocket hat dich schon vermisst.“, meinte Peter mit einem Schmunzeln, das Steve nur teilen konnte. Rocket war Peters mürrische, graue Tigerkatze, deren Fellzeichnung im Gesicht stark an einen Waschbären erinnerte.
 

Muffin hatte eine seltsame Faszination für Rocket entwickelt, zog dieser es doch eher vor, Muffin aus dem Weg zu gehen und diesen von höhergelegenen Plätzen anzuknurren und anzufauchen. Muffin schien dies nicht zu stören, womöglich sah er es sogar als eine Art Spiel, weswegen er auch nie müde wurde, Rocket aufzustöbern.
 

„Hab ihn zuletzt im Hinterhof gesehen.“ Steve ging zusammen mit Peter durch die Werkhalle, zum Doppeltor an der Rückseite. Muffin wurde deutlich hibbeliger, hatte er Rockets Fährte wohl schon aufgenommen.
 

Schließlich setzte Steve Muffin auf das Stück Wiese, das den Hinterhof ausfüllte und in dessen Mitte ein prächtiger Walnussbaum stand. Auf einem der niedrigeren Äste döste Rocket vor sich hin, und Steve wie auch Peter verfolgten das sich anbahnende Schauspiel mit einem ahnenden Lächeln.
 

Muffin hielt gradewegs auf den Baum zu, wo er an dessen Stamm angekommen ein freudiges Bellen wiedergab, das Rocket aus seinem Dusel riss und ihn beinahe vom Ast fallen ließ. Nur gut, dass Katzen solch ausgeprägte Reflexe besaßen.
 

Rocket schaute daraufhin missmutig auf den Störenfried, der sich nun am Stamm etwas aufstellte und vor sich hin hechelte.
 

„Ich glaube Muffin ist erst mal beschäftigt.“ Steves Arbeitsplatz war genau neben dem Tor, sodass er auch stets ein Auge auf das Geschehen hatte, wenn er hier an einem Werkstück arbeitete. Heute jedoch war er nur hier, um einige seiner neuen Werkzeuge abzuladen.
 

Steve hatte Peter über seinem Kumpel Sam kennengelernt. Peter hatte diese Werkhalle von seinem Vater vermacht bekommen, welche er jetzt für kreative Köpfe offen hielt, die sonst keine passende Möglichkeit hätten, sich ausprobieren zu können. Brooklyn schien voll von jungen, individuellen und vor allem ehrgeizigen Künstlern.
 

Steve war wirklich dankbar, dass er somit auch nach dem Umzug hier her nicht auf sein Hobby verzichten musste.
 

Es war ihm stets ein guter und gesuchter Ausgleich zum Stress seines sonstigen Alltags, wenn er denn die nötige Zeit dafür übrig hatte.
 

„Hier, könntest du die unter Verschluss nehmen?“ Steve reichte Peter eine Holzkiste, die er aus seinem Rucksack gezogen hatte.
 

„Oh, sind das die guten Japanischen?“ Steve nickte und gab Peter mit einer Geste seiner Hand zu verstehen, dass er ruhig hineinschauen könne. „Hooo, die sehen wirklich edel aus. Ich werd sie im Stahlschrank unterbringen. Diese Babys waren sicherlich nicht billig.“ Steve hatte schon länger mit einem dieser Beitel-Sätze geliebäugelt und sich nun auch einmal einem gegönnt.
 

Sein Blick fiel auf die halbfertige Holzfigur, welche am Ende einen nahezu lebensgroßen Bär mit einem Lachs im Maul darstellen sollte.
 

Er kam eben einfach nicht von seiner zweiten Heimat los, wo er sich auch dieses Hobby auch angeeignet hatte.
 

Zum Glück war dieses Projekt keine Auftragsarbeit auf Zeit.
 

„Wie geht es denn Gamora?“ Steve hatte sie bis jetzt nur zwei Mal getroffen, wusste aber von Peter, dass sie ebenfalls recht beschäftigt war, mit ihrer eigenen, künstlerischen Verwirklichung.
 

„Ist gerade ziemlich hektisch bei ihr. Sie hat in ein paar Wochen ihre erste Modenschau und da will sie natürlich ihr Bestes geben.“ Peter setzte ein liebevolles Lächeln auf. „Ich hoffe echt sie hat Erfolg, denn sie hat es sich ehrlich verdient.“ Steve fand Peters sichtbare Bewunderung für seine Freundin wirklich liebenswert. „Sie ist so eine klasse Frau. Keine Ahnung womit ich sie verdient habe.“ Steve hatte da eine gewisse Ahnung. Denn auch wenn Peter es selbst nicht so an sich wahrnahm, war er wirklich ein ungemein sympathischer Kerl. Etwas chaotisch und manchmal mit etwas krummen Humor, aber er hatte das Herz am richtigen Fleck. Aber Steve glaubte nicht, dass er von ihm hören wollte, was Gamora in ihm sehen mochte.
 

„Die Show ist in drei Monaten, wenn du willst komm doch vorbei. Sie würde sie sicherlich freuen.“, informierte ihn Peter, worauf sie sich noch eine Weile unterhielten, bevor Steve sich wieder auf den Weg machten wollte.
 

Muffin schaute etwas geknickt, als man ihn wieder einsammelte und sie die Werkhalle hinter sich ließen.
 

Der Tag war noch jung und Steve hatte noch einiges vor.
 

***
 

Steve warf einen erneuten Blick auf seine Uhr. Es war kurz vor 22 Uhr. Somit hatte er noch gut eine halbe Stunde, bis zu seinem Videochat mit Bucky. Es war etwas Zeit vergangen, seit er ihn das letzte Mal hatte sehen können. Bucky und seine Begleiter waren ein recht bunter Haufen, welchen er bei einem ihrer letzten Videochat kennenlernen durfte. Sehr zu Buckys Leidwesen, hatten sie Steve doch sofort erzählt, wie ihnen Bucky auf dem Flughafen von Dalandsadgad verloren gegangen war.
 

„Gleich auf dem erstbesten ausländischen Flughafen?“ Hatte Steve ihn aufgezogen, erinnerte er sich doch noch gut an Buckys Worte vor dem Beginn seiner Rucksack-Tour. Steve war demnach mehr als froh, dass Bucky nicht allein ins Unbekannte losgezogen war. Soweit er es richtig verstanden hatte, war es für Dugan und Gabe nicht das erste Mal, dass sie eine Abenteuer Reise dieser Art machten.
 

Die anderen drei, Jim, Jaques und Monty waren wie Bucky sozusagen Frischlinge. Alle hatten sich im selben Forum getroffen und nach ausgiebigem Kontakt diesen Plan geschmiedet.
 

Mit dem Rucksack durch Asien war auch wesentlich günstiger und erlebnisreicher, als die üblichen Touristentrips.
 

Doch ausgerechnet heute war er recht spät von Arbeit weg gekommen. Man konnte einfach nie sagen, wie lange ein Einsatz dauern würde. Er hatte demnach nicht einmal mehr die Zeit gefunden, sich in der Wache zu duschen, und der Geruch der abgebrannten Lagerhalle hing noch wahrnehmbar an ihm fest. Aber er war es mittlerweile gewöhnt.
 

Das Problem mit ihren Videochats bestand nur stets darin, dass ihre Zeitzonen vollkommen unterschiedlich waren.
 

Mit eiligen Schritten hielt er auf sein Wohnhaus zu, als ihm schon aus der Distanz eine Person ins Auge fiel, der es nicht leicht zu fallen schien, ihr Gleichgewicht halten zu können.
 

Es war nichts Ungewöhnliches auf einen Betrunkenen zu treffen, aber so wie es aussah, hatte dieser sich grade die Treppen zu seinem Haus rausgesucht, um sich dort auf den Knien eine Pause gönnen zu wollen. Steve atmete einmal tief durch. Er hoffte, dass diese Person nicht auf Ärger oder anderweitige Störungen aus war.
 

„Hey alles in Ordnung?“ Steve blieb ein wenig auf Abstand, wusste man nie genau, was in so einen Fall folgen konnte. Die Person vor ihm trug eine dunkelgraue Sweatjacke, deren Kapuze ihr tief ins bärtige Gesicht gezogen war und unter der Steve noch die Blende eines Caps erkennen konnte. Die unbekannte Person verspannte sich sichtlich auf Steves Worte.
 

Ein fahriges Nicken folgte, ohne dass man einen Ton dazu hervorgebracht hatte. Anscheinend war jener schon berauscht genug, dass ihm das Sprechen nicht mehr wirklich möglich war.
 

Mit zittriger Hand griff dieser nun nach dem Geländer und versuchte sich daran nach oben zu ziehen, was ihm deutlich schwer fiel.
 

„Brauchen sie Hilfe dabei?“ Steve wusste, dass es nicht ratsam war jemanden in solch einem Zustand, ungefragt zu nahe zu rücken. Ein Kopfschütteln folgte und Steve schaute erneut auf seine Uhr. Er konnte nun einfach gehen und den Fremden hier sich selbst überlassen, schien dieser eh keine Hilfe annehmen zu wollen. Auf der anderen Seite, machte er sich dennoch Gedanken, würde er ihn nun so hier zurück lassen, war doch deutlich, dass es ihm nicht gut ging.
 

Schließlich schaffte es der Mann vor ihm, sich aufzurichten und zog einen Schlüssel aus einer der Sweatertaschen. Steve beobachtete das Szenario, wie dieser nun mit immer noch unruhigen Händen versuchte das Schloss zu treffen und Steve der Gedanke kam, dass er womöglich dieses Haus fälschlicherweise für das seine hielt.
 

Das folgende Klicken, das die Tür öffnete, ließ Steve jedoch überrascht seine Augenbrauen nach oben ziehen.
 

„Mr. Barnes?“ Ein Brummen war zu hören und Steve setzte sich schließlich in Aktion, indem er ihm die Tür aufhielt. Mr. Barnes setzte gerade an, an ihm vorbei gehen zu wollen, als dieser plötzlich ein Japsen von sich gab und abermals auf die Knie zu sinken drohte. Steve war schnell dabei, ihn davor zu bewahren, packte ihn rasch am linken Arm, welcher sich unerwartet unnachgiebig in seiner Beschaffenheit anfühlte. Was folgte war, dass Mr. Barnes ihn ebenso rasch und mit recht unerwarteter Kraft von sich stieß, um sich daraufhin krampfhaft besagten Arm zu halten, als habe Steve ihm dort Schmerzen zugefügt.
 

Steve war sofort wieder an dessen Seite, um sich zu entschuldigen, als Mr. Barnes versuchte, nun im Alleingang die nötigen Treppen nach oben zu überwinden. „Ich…tut mir leid, wenn ich zu grob war.“, versuchte Steve diesen etwas zu besänftigen, was Mr. Barnes jedoch rigoros zu ignorieren schien.Dieser schleppte sich nur weiter und Steve fühlte sich nun wirklich mies. Aber er wagte es auch nicht diesen noch einmal zu nahe zu kommen.
 

Das einzige, was er machen konnte, war abzuwarten, bis Mr. Barnes es geschafft hatte, an seinem Apartment anzukommen. Und dieser zeigte sich nun wirklich verbissen in diesem Vorhaben. Sicherlich auch um Steve endlich wieder loszuwerden.
 

Es widerholte sich das Schauspiel mit den Schlüsseln, welche Mr. Barnes schließlich aus den Händen rutschten und zu Boden fielen. Mit einem frustrierten Schnauben schlug er mit der flachen Hand gegen die noch immer verschlossene Tür. Steve versuchte erneut sein Glück sich nachbarschaftlich zu zeigen.
 

Er griff nach dem Bund und war gerade im Begriff, ihn zurückgeben zu wollen, als Mr. Barnes unter einem Wimmern letztendlich doch wieder auf die Knie sank und sich vor seiner Tür übergab.
 

Der Schreck der ersten Sekunden zog vorbei und Steve nahm die Sache nun doch in seine Hand. Er schloss die Apartmenttür auf und nachdem er auch das Licht des Flures angeschaltet hatte, wendete er sich wieder Mr. Barnes zu. Dieser befand sich noch immer in einer zusammengekrümmten Position am Boden und gab ein kratziges Atmen wieder. „Sorry.“, war alles was Steve von sich gab, bevor er Mr. Barnes nach oben und in dessen Wohnung hievte, was dieser nun ohne Gegenwehr mit sich geschehen ließ.
 

Steve suchte sich den Weg ins Wohnzimmer, wo er im Zwielicht, dass das Flurlicht schaffte, die Couch ausmachen konnte, zu der er Mr. Barnes schließlich auch hinbrachte.
 

Dieser schien etwas weggetreten, sank nur einfach zur Seite und blieb wo er war. Steve brachte ihn noch in eine bequemere und sichere Position, sollte er sich erneut übergegen müssen.
 

Steves nächste Eingebung war, ihm ein Glas Wasser zu bringen, auch wenn es sich nicht gehörte, in einer fremden Wohnung umherzustreifen.
 

Steve verzichtete auf die Beleuchtung im Wohnzimmer, um Mr. Barnes in seinem Zustand nicht noch weiter zu überreizen.
 

Er brachte ihn noch dazu die Flüssigkeit zu trinken, auch wenn dieser wohl gar nicht recht mitzubekommen schien, was mit ihm passierte.
 

Und erst dann fiel Steve auf, dass der Geruch von Alkohol fehlte, den er geglaubt hatte, bei Mr. Barnes vorfinden zu müssen, bei dessen ersten, taumeligen Anblick vor dem Haus.
 

Ein angeschlagenes Stöhnen war von diesem zu vernehmen und Steve ließ ihm die Möglichkeit, sich wieder hinzulegen.
 

Nur was sollte er jetzt tun?
 

Einer Eingebung nach suchte er nach dessen Handy, das er ebenso in dem Sweater fand. Zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass es eine Namen und eine Notfallnummer gab, sollte etwas vorgefallen sein.
 

Etwas nervös lauschte er dem Signal in der Leitung, bis jemand abnahm und er eine Frauenstimme vernahm die ihm ein verschlafen klingendes „Hey“ entgegenbrachte.
 

„Uhm, hey. Mein Name ist Rogers und ich bin ein Nachbar von Mr. Barnes. Er…“
 

„Oh Gott, ist etwas passiert?!“ Die Stimme am anderen Ende klang nun deutlich munterer, gefolgt vom Rascheln das Steve einer Bettdecke zuordnen würde.
 

„Ich habe ihn vor unserem Haus angetroffen. Er wirkte recht angeschlagen und…ich weiß auch nicht genau. Er hat sich übergeben müssen. Ich habe ihn in seine Wohnung gebracht. Er scheint erst einmal zu schlafen, ich denke aber, es wäre besser, wenn ihn jemand im Augen behalten würde, bis es ihm wieder besser geht.“
 

„Verstehe. Ich mache mich sofort auf den Weg.“ Kurz blieb es still in der Leitung und Steve war schon dabei auflegen zu wollen. „Sorry, wenn ich das frage, aber könnten sie noch bei ihm bleiben bis ich da bin?“, hörte er es nun etwas unsicher fragen, was Steve verstehend lächeln ließ.
 

„Kein Problem.“ Ein erleichtertes Ausatmen folgte. „Vielen Dank. Ich werde mich beeilen. Länger als eine Stunde sollte es nicht dauern.“
 

„In Ordnung.“ Damit war das Gespräch beendet und Steve schaute wieder auf die ruhende Gestalt von Mr. Barnes, bevor er sich daran machte, vor dessen Wohnungstür sauber zu machen.
 

Er war gerade mit allem fertig und dabei nach Mr. Barnes zu sehen, als sein Handy auf sich aufmerksam machte.
 

„Bucky!“, gab er schuldbewusst wieder, was Mr. Barnes ein „Wer zum Teufel ist Bucky?“, murmeln ließ und Steve das Gespräch schließlich annahm.
 

„Hey Buck, mir ist leider was dazwischengekommen, sorry.“, teile er auch sofort mit, bevor Bucky eine Chance hatte, seinen Verbleib zu erfragen.
 

„Du bist wirklich ein vielbeschäftigter Mann, Steven Rogers, hast nicht mal mehr Zeit für deinen besten Kumpel.“, meinte Bucky theatralisch, was Steve schmunzelnd mit den Augen rollen ließ.„Gibt doch keinen Grund zur Sorge, oder?“ Steve schaute kurz auf den schlafenden Mann auf der Couch.
 

„Nicht wirklich. Ich kümmere mich nur um unseren neuen Nachbarn. Er ist mir im Haus zusammengebrochen und nun warte ich auf jemanden der sich weiter um ihn kümmert.“
 

„Der ewige Retter der Menschheit, huh? Hoffe er kommt wieder auf die Beine.“ Es blieb kurz still zwischen ihnen und bevor Steve ansetzen konnte etwas zu sagen, kam ihm Bucky zuvor. „Dann lass uns ein anders Mal chatten, Punk.“ Steve fühlte ein wenig Enttäuschung darüber, dass sie heute nicht mehr dazu kommen würden. Er hatte sich schon den ganzen Tag darauf gefreut.
 

„In Ordnung. Und benimm dich, Buck.“
 

„Immer doch.“
 

Damit war das Gespräch beendet und Steve schaute erneut auf die nun recht unruhig wirkende Gestalt von Mr. Barnes. Vielleicht sollte er ihm wenigstens die Mütze und die Kapuze vom Kopf nehmen, sollte dieser es zulassen.
 

Mit Bedacht legte Steve ihm eine Hand auf die Schulter, was diesen in seinem unruhigen Hin und Her inne halten ließ. Das schwere Atmen zeigte, dass es ihm noch nicht viel besser zu gehen schien. Dennoch nutzte Steve die Gelegenheit und befreite ihn von Kapuze und Mütze, was halblanges, dunkles Haar zu Vorschein brachte. Nun war auch deutlich zu erkennen, dass sein Gesicht ein leichter Schweißfilm bedeckte.
 

Doch es war etwas anderes, das Steve seinen Blick nicht von Mr. Barnes nehmen ließ, dessen Gesicht ihm unter dem dichten Bartwuchs und der geisterhaft erscheinenden, blassen Haut unerwartet vertraut erschien.
 

Oder war es nur eine Gaukelei des Zwielichts, das sie noch immer umgab?
 

Steve war gerade dabei, wortwörtlich etwas mehr Licht ins Dunkel bringen zu wollen, als er das Schließen der Wohnungstür vernahm und er sich daraufhin in den Flur begab, wo er die junge Frau erkannte, die er schon vor einiger Zeit im Treppenhaus angetroffen hatte.
 

„Mr. Rogers.“ Sie hielt ihm ihre schmale Hand entgegen, die Steve mit einem Nicken leicht schüttelte.„Was genau ist passiert?“, erkundigte sie sich und folgte Steve ins Wohnzimmer, wo er ihr alles erzählte, was er dazu zu sagen wusste.
 

Die junge Frau setzte sich neben Mr. Barnes und strich im liebevoll ein paar der verschwitzten Haarsträhnen aus dem Gesicht.
 

„Ey старший брат. Hey großer Bruder.“ Steve hielt sich im Hintergrund, da er sich nicht sicher war, ob er überhaupt noch hier sein sollte, nun, wo sich jemand Vertrautes Mr. Barnes annahm.Dieser rührte sich nun wieder etwas träge, bevor er seine Augen ein stückweit öffnete und die junge Frau daraufhin ein sanftes Lächeln zeigte.
 

Ein weiter Austausch von Worten folgte, die Steve nicht verstand, worauf er beschloss, dass er sich nun einfach zurückziehen sollte.
 

**
 

Als er am nächsten Tag seine Wohnung verließ, fand er einen Zettel mit einer Nachricht an seiner Tür befestigt, was ihn etwas verwundert die Augenbrauen zusammenziehen ließ.Das einzige was darauf geschrieben stand war:
 

´Bitte melden sie mich unter dieser Nummer, damit ich mich vernünftig bei ihnen bedanken kann.Rebecca Barnes`
 

Steve faltete das Stück Papier daraufhin zusammen und verstaute es in der Brusttasche seiner Jacke. Er würde erst nach seiner Schicht dazu kommen. Auch wenn er nicht darauf bestand, dass man sich bei ihm bedankte. Schließlich war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, jemanden in Not zu helfen. Aber er wollte Ms? Mrs? Barnes die Gelegenheit geben, sich ihre Bitte erfüllen zu können.

„Hey Steve, zeig mir mal dein schönstes Lächeln.“ Noch bevor Steve die Möglichkeit hatte sich zu retten, nahm er das gleißende Blitzlicht wahr, was ihn etwas konfus blinzeln ließ.
 

„Sam, was soll der Quatsch?“, murrte er im Versuch, klare Sicht zurück zu bekommen.
 

„Uhh, das müssen wir noch mal üben.“, war alles was er von Sam zu hören bekam, von dem er ausmachen konnte, wie er das Display seines Smartphone begutachtete.
 

„STEVEN!“, donnerte es kurz darauf, während Steve in seine Arbeitssachen wechselte, als ihm auch schon eine kräftige Hand auf seinen bloßen Rücken traf und ihn etwas nach vorn kippen ließ. „Thor, hey.“, jappste er etwas leidlich, stach die getroffene Stelle doch merklich unter dieser Geste der Begrüßung.
 

Und als wäre dem nicht genug, fand er sich nun auch noch in einer herzlichen Umarmung wieder, während er mit einem Bein in seiner Hose stand und sich reichlich albern fühlte.
 

Erneut nahm er das Blitzen von Sams Smartphone wahr.
 

Die Woche fing ja gut an.
 

Thor gab ihn schließlich wieder frei und strahlte in seiner typischen Manier. „Es tut gut seine Freunde wieder zu sehen.“, merkte er an, was Steve nun ebenso lächeln ließ.
 

„Schön dich wieder hier zu haben.“ Thor mochte ab und an ein etwas wunderlicher Charakter sein, aber er war ein treuer sowie verlässlicher Freund und Kollege, den er in dessen einmonatigen Abwesenheit auch zu vermissen gewusst hatte.
 

„Alles in Ordnung mit der Familie?“, erkundigte er sich, war dies auch der Grund, warum Thor zurück in die Heimat gerufen wurde.
 

„Soweit.“ Es war eine knappe und ergeben klingende Antwort. Steve hakte aus Feingefühl nicht weiter nach.
 

„Übrigens…“ Es war Sam der nun auf sich aufmerksam machte, was Steve wie auch Thors Blick auf ihn und die etwas nervös wirkenden Person neben sich zog.
 

„Das ist Scott. Unser Frischling.“ Scott setzte ein etwas unsicheres Lächeln auf und streckte Steve seine Hand zur Begrüßung entgegen. „Scott Edward Harris Lang. Aber Scott reicht vollkommen zu.“, rasselte er herunter, was Sam wissend schmunzeln ließ.
 

„Steve Rogers.“, erwiderte Steve die Vorstellung und Scotts Geste, der nun leicht verlegen wirkte.„Ich…ich weiß. Hab alles über den Aetna-Brand letztes Jahr gelesen und uhm…sie sind ein echtes Vorbild für mich.“
 

Sam klopfte Scott kumpelhaft auf die Schulter. „Na, das war doch gar nicht so schwer. Unser Scotty hier ist nämlich einer deiner größten Fans.“ Scott wurde noch eine Spur röter im Gesicht.
 

„Rogers in mein Büro!“, hallte eine autoritäre Stimme durch die Umkleide, was Steve sich sein Shirt überstreifen ließ, damit er dem Befehl auch sogleich folgen konnte. Er nickte Scott noch einmal zu und war dann auch schon auf dem Weg.
 

Es war nie eine gute Idee, Captain Hill warten zu lassen.
 

*
 

Steve hatte einem früh abendlichen Treffen mit Ms. Barnes, wie er während ihres Telefonates erfahren hatte, am folgenden Tag zugestimmt und wartete nun in dem kleinen Lokal, das er ihr dazu empfohlen hatte.
 

Er hatte eine Schwäche für die Rucola Ravioli die man hier servierte. Ms. Barnes erschien auch schon wenige Minuten später und begegnete ihm mit einem dankbaren Lächeln, als sie ihn an einem der Tische erblickte.
 

„Ich hoffe, ich habe sie nicht von etwas Wichtigen abgehalten mit meiner Bitte.“, erkundigte sie sich nach ihrer Begrüßung entschuldigend und setzte sich Steve gegenüber, der sich nun ebenso wieder platzierte.
 

„Keine Sorge, nichts was sich nicht auch an einem anderen Tag erledigen ließe.“ Ms. Barnes nickte leicht und bestellte sich vorerst ein Glas Mineralwasser bei der an den Tisch gekommenen Bedienung, bevor sie sich ihm wieder zuwandte.
 

„Ich bin ihnen wirklich dankbar, dass sie sich an diesem Abend um meinen Bruder gekümmert haben. Und es tut mir leid, wenn es ihnen Unannehmlichkeiten gebracht hat. Es ist nur…“
 

„Schon in Ordnung. Wirklich.“, unterbrach Steve sie, auch wenn es nicht gerade höflich erschien. Er wollte nicht, dass man annahm, dass er sich zu etwas gezwungen sah, indem er sich Mr. Barnes angenommen hatte.
 

„Ich helfe gern. Deswegen gibt es auch nichts zu entschuldigen.“ Steve schaute sie mit einem Blick an der verdeutlichen sollte, dass er es ehrlich meinte mit seinen Worten.
 

„Ich hoffe, ihm geht es nun wieder etwas besser.“ Die Bedienung stellte das Glas vor Ms. Barnes ab und sie trank einen kurzen Schluck davon. „Es ist etwas kompliziert mit seinem Befinden, weswegen ich mich auch oft genug unwohl fühle, dass ich nicht näher bei ihm wohne. Aber er ist ein erwachsener Mann und ich respektierte seinen Entschluss, wieder für sich allein leben zu wollen.“ Steve fehlte eindeutig das Hintergrundwissen zu Mr. Barnes Geschichte, aber es erschien deutlich, dass etwas mit diesem vorgefallen sein musste, was die Sorge seiner Schwester aufrechterhielt.Diese schaute nun etwas unglücklich auf ihr Wasser. „Er ist ein ziemlich eigensinniger Charakter, aber wirklich kein schlechter Mensch. Dieser Unfall hat ihn nur dazu gebracht, sich zu sehr zu verkriechen und den Kontakt zu anderen so gut es geht zu meiden. Er war nicht immer so unnahbar.“ Sie schaute etwas erschrocken zu Steve, was ihn annehmen ließ, dass sie mehr erzählt hatte als gewollt.
 

„Entschuldigung, ich weiß wir kennen uns kaum und ich stehle ihnen hier ihre Zeit.“, fügte sie in einen unsicheren Ton an und wirkte darüber hinaus noch etwas bedrückter.
 

„Nein, nein es stört mich nicht. Ich denke, es ist ganz gut, dass ich nun etwas besser Bescheid weiß, sollte noch einmal etwas passieren. Leute sind schnell dabei, sich eine Meinung zu bilden, wenn sie jemanden nicht kennen und es würde mir leid tun, wenn ihr Bruder missverstanden werden würde, nachdem er wohl einiges hat durchmachen müssen.“ Steve schenkte ihr ein verständnisvolles Lächeln, was ihr Gesicht ein wenig aufhellte.
 

„ Und bitte nennen sie mich Steve.“
 

„Rebecca.“, begegnete sie ihm nun deutlich entspannter und hielt ihm ihre Hand noch einmal entgegen.
 

„Freut mich sie kennenzulernen.“
 

Auf dem Weg zu seiner Wohnung, hielt Steve für einen Augenblick vor Mr. Barnes Apartment inne und schaute auf die dunkelgraue Tür.
 

Rebecca hatte ihm ein paar Dinge erklärt, die nützlich sein konnten, sollte ihr Bruder einen weiteren Anfall erleiden, den sie ihm als Panikattacke geschildert hatte. Sie hielt sich bedeckt, was genau mit ihrem Bruder geschehen war, und Steve hatte es aus Anstand auch dabei belassen. Jeder hatte seine eigenen Dämonen mit sich herumzutragen, mit denen man versuchte, zurecht zu kommen.
 

Der eine so, der andere so.
 

***
 

„Gott Steve, es ist wirklich überwältigend! Die Menschen, die Landschaft, die Mentalität.“ Bucky zeigte sich deutlich begeistert von seinen gesammelten Eindrücken, die Tibet bis jetzt bei ihm hinterlassen hatte. Steve konnte es zu einem gewissen Maße nachvollziehen. Er hatte selbst schon einiges über dieses Land gelesen oder dazu gesehen. Doch es hautnah erleben zu können, das war natürlich etwas vollkommen anderes.
 

„Die Tempel sind wirklich faszinierend, mit all den Farben und spirituellen Darstellungen. Du hättest sicherlich deine Freude daran gehabt.“ Steve lächelte angetan über Buckys Hinweis. „Das bestimmt.“ Bucky zeigte nun ebenso ein Lächeln. „Es ist wirklich ganz anders hier. Die Menschen strahlen solch eine Ruhe aus. Alles scheint irgendwie an Gewicht zu verlieren, je länger man sich mit ihnen und ihrer Lebensart befasst. Wir waren im Norden unterwegs und eigentlich gibt es dort nichts, außer karge Erde soweit das Auge reicht. Und trotzdem leben dort Menschen und machen das Beste daraus. Und sie lächeln trotz allem. Wir waren in einem kleinen Dorf und wurden ohne Zögern freundlich empfangen, obwohl keiner dort auch nur ein Wort Englisch sprach.“ Bucky blieb einen Moment still und Steve ließ ihm diesen Augenblick, schien er wirklich von diesen Erfahrungen berührt worden zu sein. „Es öffnet einen schon zu so manchen Dingen die Augen.“, meinte er schließlich und Steve nickte verstehend.
 

„Das Essen ab von den großen Städten ist allerding furchtbar.“, riss er sich nun aus seiner sentimental wirkenden Stimmung. „Es geht wirklich nur darum, davon satt zu werden und da es nicht viel gibt, ist es auch nicht gerade abwechslungsreich. Ich habe nicht nur einmal einen Burger herbeigesehnt, neben Dörrfleisch und geschmacklosem Gerstenallerlei. Zum Glück hatten wir auch einiges an Proviant dabei. Jaques wäre beim Schlachten einer Ziege beinahe ohnmächtig geworden. Und dann gleich noch mal, als man uns die daraus gemachte Blutwurst anbot“ Steve gab einen amüsierten Laut von sich. Jaques war Franzose und hatte wohl unterschätzt, was ihnen auf ihrer Reise an kulinarischen Eigenarten alles aufgetischt werden konnte.
 

„Oh und nicht zu vergessen Yakbutter. Ich glaube nicht das ich Buttertee je vermissen werde.“ Steve vernahm auf einmal ein Fluchen aus dem Hintergrund, was Bucky sich dem kurz zudrehen ließ.
 

„Dum Dums Tabakvorrat ist aus.“, informierte er Stevie, worauf er kurzerhand Dugans Gesicht neben Buckys vorfand, der Steve mit einem Grollen mitteilte, dass er ohne die beruhigende Wirkung von Tabak mit diesem Trupp an Punks nur verrückt werden würde. „Und der hier ist der Schlimmste!“ Damit wuschelte Dugan durch Buckys Haare, was diesem zum empörten Grunzen brachte. Etwas zerzaust wendete sich Bucky zurück an Steve, als Dugen wieder verschwunden war.
 

„Schade das du nicht mit hier bist Stevie.“ Diese unscheinbare Feststellung, brachte Steves Herz ein wenig zu höher schlagen. Bucky befand sich sozusagen am anderen Ende der Welt und er vermisste seinen Freund der sich ohne weiteres erklären zu diesem unerwarteten Selbstfindungstrip entschlossen hatte.
 

Es sollte der einzige Grund sein, warum er sich gerade so berührt fühlen von dessen Worten. Nur…„Awww, was ist los Buck, hast du in letzter Zeit nicht genug Zuwendung bekommen, dass du nun auf mich zurückgreifen musst?“ Es sollte ein üblicher Spaß sein und doch war Steve so, als habe er für einen winzigen Moment etwas in Buckys Ausdruck lesen können, das ihm seltsam erschien. Doch so schnell wie es aufgetaucht war, war es auch schon wieder von dessen Zügen verschwunden.Womöglich hatte er etwas Heimweh und wollte es nur nicht durchblicken lassen. Bucky zeigte nur ungern Schwäche und so sehr es Steve manchmal auch nervte, so wusste er auch, dass er in dieser Hinsicht nicht besser war.
 

Sie waren eben beide dickköpfige Sturrschädel.
 

„Du weißt, Steve, ich bin ein Freund von wohlgeformten Kurven und deine sind wie immer eine Augenweite.“ Steve schaute automatisch an sich herab. Bucky gab ein amüsiertes Lachen wieder. Steve war stolz auf seine Form, nachdem er in seiner Jugend eher einem Zweig glich und erst nach dem ersehnten Wachstumsschub endlich etwas Masse anlegen konnte.
 

Außerdem war es ein großes Plus in seinem Job.
 

In diesem Falle piesackte ihn Bucky wohl auch wegen seiner sich deutlich abzeichnenden Nippel unter seinem anschmiegsamen weißen Shirt.
 

„Du bist doch nur neidisch.“ Steve strich sich mit beiden Händen über seine Brustmuskel, die er aus Trotz noch etwas anspannte.
 

„Hmmm, gut möglich.“, raunte Bucky aufziehend, verbunden mit einem etwas anzüglichen Blick, worauf Steve eine unangebrachte Wärme aufkommen spürte.
 

„Ok Stevie, ich muss los. Ich melde mich per Mail, wenn wir in Hainan angekommen sind.“
 

„Tu das.“ Mit einem letzten Zwinkern beendete Bucky die Übertragung und Steve sank mit einem Seufzen auf seine Couch zurück.
 

Jim Buchanan war wirklich ein extrem schwieriger Fall, um über ihn hinwegkommen zu können. Selbst nach unerreichbaren 13 Jahren.
 

***
 

Es war Mitte April.Steve schaute zufrieden auf die frisch bepflanzten Terrassenkübel, die sich um die Holzbeblankung aufgestellt befanden. Sharon hatte ihm ein paar prächtige Fuchsien zukommen lassen, die er noch vor seiner Nachmittagsschicht einpflanzen wollte, damit sie nicht noch eingingen. Steve ließ seinen Blick über den von ihm angelegten Dachgarten schweifen.
 

Er war wirklich froh, dass Logan ihm damit frei Hand gelassen hatte, nachdem er ihm diesen Vorschlag unterbreitete.
 

Steve gab zu, es war nicht ganz uneigennützig, denn nach dem Umzug von Marple Ridge nach Brooklyn, hatte er sich seelisch ziemlich nackt gefühlt ohne das gewohnte Grün, das ihn sein halbes Leben lang umgeben hatte.
 

Als er das Zusammenleben mit Bucky hatte aufgeben müssen, da dieser nach L.A. ging, hatte er ein Zimmer in einer anderen WG bezogen. Zum einen, weil es einfach günstiger war und zum anderen, weil er nicht von heut auf morgen vollkommen allein wohnen wollte. Er war es einfach gewöhnt, wenigstens eine Person um sich zu haben und der Gedanke, zu einem einsamen Apartment zurück zu kommen, sorgte nur für Heimweh und zu großer Sehnsucht nach Bucky.
 

In dieser WG hatte er dann sogar zwei Mitbewohner gehabt. T'Challa, ein Austauchstudent aus Wakanda, und Sharon, deren Tante - Lady Carter - das großräumige Apartment vermietete. Lady Carter war eine Wahnsinns Frau, was Steve sich noch immer verlegen fühlen ließ, wenn er auch nur an sie dachte. Noch nie hatte er eine Frau getroffen, die so viel eleganten Stil verkörperte. Sie war in der Tat eine Lady und doch trug sie einen Charakter, der weder eitel noch distanziert war. Sie war eine reife, gewitzte Persönlichkeit. In ihrem Gesamtbild so attraktiv und faszinierend.
 

Lady Carter hatte ihn vom ersten Augenblick an in ihren Bann gezogen und Steve konnte noch immer nicht fassen, dass ihn all seine Ungeschicktheit nicht auf ihre schlechte Seite gebracht hatte.Das eine Frau wie sie seine tollpatschigen Avancen nicht einfach nur belachte.
 

Die Hitze, die in ausfüllte, als er an diese eine gewisse Nacht mit ihr dachte, brachte auch etwas Melancholisches mit sich. Er wusste, dass sie nicht darauf aus war, sich erneut binden zu wollen, nach einer katastrophalen Ehe und der darauf folgenden Scheidung. Und er respektierte dies auch. Dennoch war es eine weitere schmerzliche Gewissheit, dass er bereits zwei Menschen getroffen hatte, die sein Herz eingenommen hatten, aber nicht ausfüllen würden.
 

Ein weiteres Geheimnis um seine unerwiderten Gefühle.
 

Nicht einmal Sharon wusste davon.
 

Er hatte sich glücklicherweise mit ihr und auch T'Challa sofort verstanden, was das Zusammenleben wirklich einfach und angenehm gemacht hatte. Viele schöne Erinnerungen, waren damit verbunden, die er nicht missen wollte.
 

Umso trauriger war somit der Abschied von T'Challa gewesen, als er schließlich zurück nach Wakanda ging, da er später den Platz seines Vater einnehmen sollte. Was genau er übernahm, wusste Steve nicht. In dieser Hinsicht hatte T'Challa sich immer etwas kryptisch gegeben. Aber so wie es aussah, kam er nun viel in der Welt herum. Er hatte schon eine ganze Sammlung an Postkarten, die er sorgsam in seinem Arbeitszimmer aufgehängt hatte. Er war eben ein sentimentaler Charakter, wenn es um seine Freunde ging.
 

Sharon kam ursprünglich ebenso aus England. Zumindest war sie dort aufgewachsen und schwärmte für deren Gartenkultur und guten Tee. Er genoss es, Zeit mit ihr zu verbringen. Sie hatte einen spitzfindigen Humor, was wohl auf ihre englische Erziehung zurückzuführen war. „Nicht unbedingt ein Eigenschaft, die jeder zu schätzen weiß.“, hatte sie ihm einmal erzählt. „Es hat mich schon das ein oder andere Date gekostet.“ Worüber sie beide schließlich lachen mussten. Sharon war zudem auch eine gescheite Frau, die ihren Weg ging, ohne sich von irgendwelchen Widrigkeiten aufhalten zu lassen und Steve war sich sicher, dass sie es noch einmal weit bringen würde. Er bewunderte ihren Tatendrang und ihre Entschiedenheit, ein zweites Mal zu studieren, um ihrem eigenen Traum doch noch zu verwirklichen, da sie in ihrer Jugend eher dem Wunsch ihrer Eltern gefolgt war.
 

Er hatte sie über die Zeit ihres Zusammenlebens nicht nur einmal vor ihren Fachbüchern eingeschlafen gesehen, wenn sie nach einer Schicht in der Bar noch ansetzte, für ihre Kurse zu büffeln. Ihr Traum war es, ihre Diplome in Landschaftsarchitektur zu machen. Und eines ihrer Nebenprojekte, wenn auch nur im Schneekugelformat, war dieses Dach gewesen, nachdem Steve ihr von seinem Plan erzählt hatte.
 

Es war seine eigene kleine Oase, in die er viel Arbeit und Zeit gesteckt hatte, um sie zu dem zu machen, was sie nun schon war. Für bestimmte Ereignisse, wie einen Geburtstag oder einen Hochzeittag, stellte er sein kleines Stück Natur auch gern seinen Nachbarn zu Verfügung.
 

Steve hörte das Trippeln von Muffins Hundepfoten auf dem Holz und kaum, dass er den Mops im Blick hatte, gab er ein leises Raunen von sich. Dessen Hundeschnauze war erkennbar mit Erde verziert, in welcher dieser gewühlt haben musste.
 

„Na du siehst aus, als hättest du Spaß gehabt.“ Muffin hechelte in einem breiten Hundegrinsen. Steve war gerade dabei Muffins Spur zurückzuverfolgen, als er das zugehen der Metalltür hörte, die zum Hausflur führte. Womöglich einer der Nachbarn, der wusste, dass er hier oben war?Er lenkte seine Schritte zur Tür und tatsächlich war es einer der Hausbewohner. Nur niemand, den er tatsächlich hier erwartet hätte.
 

Mr. Barnes trug, wie all die andere Male in denen er ihn gesehen hatte, recht legere Kleidung und eine Kapuze über den Kopf. Er stand augenscheinlich überrascht nur wenige Meter von der Tür entfernt und Steve konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Er sah solch eine Reaktion nicht zum ersten Mal, nachdem jemand das Dach des Hauses betreten hatte. Mr. Barnes schien ihn nicht zu bemerken, stand er hinter einer der mannhohen Koniferen, neben einer der Palisaden. Steve war unentschlossen, was er nun tun sollte. Sollte er auf Mr. Barnes zugehen und in begrüßen? Oder sollte er ihn lieber allein lassen? Er wusste ja nun, das Mr. Barnes seine Ruhe suchte und Kontakte zu Fremden eher mied.
 

Muffin hingegen schien in all dem kein Problem zu sehen und watschelte unbefangen auf Mr. Barnes zu, um sich daraufhin zu dessen Füssen zu setzen und auffordernd an diesem hinauf zu starren.Steve konnte beobachten, wie Mr. Barnes Muffin bemerkte und diesen ebenso einen Augenblick nur anschaute. Muffin zeigte ihm sein breitestes Hundegrinsen, während er seine Zunge hervorhängen ließ.
 

„Bist du der Hüter des Waldes?“, hörte er Mr. Barnes unerwartet heiter fragen, bevor er sich zu Muffin herunterbeugte und diesen über den Kopf streichelte.
 

„Ich weiß, ich bin nicht der einzige Zweibeiner hier.“, gab er ohne seinen Blick von Muffin gewendet zu haben wieder, was Steve schließlich etwas peinlich berührt aus seinem Versteck treten ließ. Er wusste, dass sein Gesicht ein Rotschimmer zierte, weswegen er seinen Kopf auch leicht zu Seite wendet.
 

„Uhm hey.“, brachte er wortgewandt hervor und rügte sich innerlich über seine ungelenke Art.
 

Manchmal war er wirklich ein Trottel.
 

Steve versuchte sich rasch wieder zu sammeln.
 

Es war albern sich so befangen zu geben, selbst wenn Mr. Barnes ein etwas spezieller Fall war, so kannte er ihn letztendlich nicht gut genug, um tatsächlich etwas beurteilen zu können.
 

Schließlich ging er zu Mr. Barnes hinüber, der Muffin noch immer kraulte, sich ihm aber nicht zuwendete, als er schließlich neben ihnen stand.
 

Steve ließ sich davon nicht entmutigen.
 

„Mein Name ist Rogers. Ich wohne in 10a. Und der kleine Kerl hier ist Muffin.“
 

Mr. Barnes gab einen leisen, amüsierten Laut von sich. „Muffin huh?“ Was dem Mops ein kurzes Grunzen entlockte.Daraufhin blieb es still zwischen ihnen und Steve fühlte sich nun doch etwas überfordert. Er wollte nicht als der nervige Nachbar erscheinen, der den Wink nicht verstand, dass man in Ruhe gelassen werde wollte.
 

„Ich hab noch etwas zu tun hier. Aber schauen Sie sich ruhig um, wenn Sie wollen.“ Damit klopfte er leicht gegen seinen Oberschekel, als Zeichen für Muffin ihm zu folgen. Nur dachte der Mops gar nicht daran und blieb einfach wo er war.
 

„Muffin.“, grummelte Steve etwas betrogen, worauf ihn dieser nur mit schief gelegtem Kopf anschaute. So würde das wohl nichts werden. Steve ging die schon gemachten Schritte wieder zurück und beugte sich zu Muffin herab, was Mr. Barnes augenblicklich Abstand nehmen ließ, schien ihn Steves Nähe nun doch etwas mehr zu zusetzen.
 

„Sorry.“ Damit hob Steve Muffin auf seinen Arm und mit einem letzten unschlüssigen Blick ließ er Mr. Barnes erst einmal für sich.
 

Eine knappe Stunde später war er auch mit allem fertig, was er sich vorgenommen hatte. Mr. Barnes war noch immer hier und stand an der Umrandungsmauer des Daches, seinen Blick auf die Kulisse des Viertels gerichtet.
 

Er wirkte entspannt und es tat Steve schon etwas Leid, dass er ihn aus seiner Ruhe reißen musste, damit er den Zugang zu Dach auch wieder würde abschließen können.
 

Erneut übernahm Muffin und Steve war recht dankbar für seinen kleinen, pelzigen Vermittler, der neben Mr. Barnes angekommen ein Bellen von sich gab, was diesen dazu brachte sich umzudrehen. Ihre Blicken trafen sich für einen winzigen Moment, doch es reichte aus um Steves Herzschlag ruckartig zu beschleunigten und ihm das Sprechen schwer zu machen.
 

Bucky?
 

„Ich muss wieder abschließen.“, gab er etwas kratzig zu verstehen und verwies auf die Schlüssel in seiner Hand. Mr. Barnes nickte kurz und nach einem letzten Tätscheln über Muffins Kopf verschwand er vom Dach.
 

Steve blieb reichlich aufgewühlt und ziemlich durcheinander zurück.

„Das hättest du sehen sollen!“ Steve hegte keinen Zweifel daran, so wie Bucky ihm gerade ihre letzte Tour beschrieben hatte.
 

Dieser hatte Steve schon eine ganze Ladung an Fotos geschickt, zu denen er ihm nun auch die eine oder andere Erklärung bot.
 

„Und da war dieser kleine Junge, Kasang. Er war nicht älter als sieben und einer der Enkel unseres Sherpa, der selbst schon gut über siebzig war.“ Steve erinnerte sich an die Bilder, die Bucky mit einem frech grinsenden Sherpa-Jungen zeigte und irgendwie erinnerte es ihn an die Zeit, als Bucky selbst noch derart jung war und stolz darauf, durch seine Zahnlücke pfeifen zu können.
 

Es hatte Steve sich etwas wehmütig fühlen lassen.
 

„Aber ich sage dir, die beiden haben es uns echt gezeigt. Eigentlich dachte ich, ich wäre recht gut in Form, aber dieser Aufstieg hat mich wirklich eines besseren belehrt. Diese Höhenunterschiede sollte man echt nicht unterschätzen. Monty und Jaques mussten deswegen auch in der letzten Station bleiben. Ihnen ging es echt nicht gut.“ Auch davon hatte Bucky Fotos gemacht, sehr zum Grimm der beiden bleichen und sichtlich mitgenommenen Kameraden.
 

Buckys Tour bestand darin, einen der nicht ganz so hohen Gipfel des Himalayas zu besteigen und die Bilder, die er vom Kala Pattar aus gemacht hatte, waren wirklich atemberaubend, breitete sich vor dem Betrachter doch eins der spektakulärsten Bergpanoramen aus.
 

„Erinnerst du dich noch daran, als wir als Kids Bergsteiger bei mir im Wohnzimmer gespielt hatten, während Mom zum Einkaufen unterwegs war? Ich hatte zwei Tage lang Hausarrest bekommen, nachdem sie uns erwischt hatte.“
 

Natürlich konnte sich Steve daran erinnern, denn auch seine Mom hatte ihm, nachdem sie davon erfahren hatte, deutlich die Leviten gelesen. Aber sie waren eben Kinder gewesen und hatten kaum einen Gedanken daran verschwendet, was sie da eigentlich anstellten, als sie sämtliche für sie bewegliche Möbel zu einem Kletterberg aufgestapelt hatten. Schließlich waren sie mutige Bergsteiger und dazu brauchten sie auch einen Berg zum Bezwingen. Das Ende vom Lied war allerdings, dass Bucky sich beinahe den Hals brach, als ihr improvisiertes Stuben-Monument ins Wanken geriet, sobald Bucky sich auf dem „Gipfel“ niederließ und Steve beinahe unter einer Lawine an Stühlen und anderen Bausteinen begraben wurde.
 

„Eines Tages besteigen wir einen richtigen Berg, so wie in den Filmen. Und dann bekommen wir einen Orden.“ Hatte Bucky damals für sie beide unumstößlich beschlossen. Und da sich Steve zu jener Zeit nicht vorstellen konnte, nicht an Buckys Seite zu sein, hatte sie dies mit einem Kleiner-Finger-Versprechen besiegelt.
 

Nun allerdings, Jahre später musste er einsehen, dass Buckys kindlicher Eifer Steve letztendlich doch nicht mit einschloss und es ließ ihn etwas betrübt Lächeln.
 

„Ja Buck, ich erinnere mich daran.“ Er hoffte, dass Bucky seine Gedankengänge nicht zu deutlich nachvollziehen konnte.
 

„Sorry.“, kam es jedoch schon schuldbewusst von dessen Seite und Steve schüttelte nur leicht den Kopf. „Du musst dich nicht entschuldigen. Wir waren Kinder. Wir haben uns damals alles Mögliche versprochen. Es ist also nicht von Belang.“ Steve versuchte sich an einem unbefangenen Lächeln, um Bucky seinen bedrückten Ausdruck wieder zu nehmen.
 

„So ist es nicht.“, murmelte dieser jedoch mit gesenkten Blick und auch wenn Bucky gerade etwas reumütig wirkte, so entfachte der Gedanke, dass es Bucky doch ernster sah als notwendig, ein wärmendes Gefühl in ihm.
 

„Uns bleiben immer noch die dutzenden 4000der in den Staaten. Mount Whitney in Kalifornien zum Beispiel. Ich möchte schließlich noch denn von dir versprochenen Orden bekommen.“ Das entlockte Bucky nun doch ein leichtes Lachen und Steve zwinkerte ihm amüsiert zu, als er ihn wieder anschaute. „Nur, wenn ich dich nicht die Hälfte der Stecke tragen muss.“ Nun war es an Steve heiter aufzulachen, bevor er mit gefühlsbetonter Stimme ansetzte, „Komm erst einmal nur wohlbehalten zurück.“
 

***
 

In der darauffolgenden Zeit, traf Steve Mr. Barnes etwas regelmäßiger an, wenn auch stets um eine recht späte oder ziemlich frühe Uhrzeit, wenn er mit Muffin vor oder nach einer Schicht Gassi ging.Und jedes Mal verlangte es Steve, mehr als nur ein simples „Hallo“ auszutauschen, wenn sie sich vor dem Haus oder auf den Treppen über den Weg liefen.
 

Mr. Barnes hielt seinen Kopf stets gesenkt, was Steve etwas frustrierte.
 

Hatte er sich eine Ähnlichkeit mit Bucky doch nur eingebildet?
 

Er hätte gern Gewissheit darüber, aber Mr. Barnes zeigte sich dem sichtlich unwillig.
 

Er war auch nicht noch einmal auf dem Dach erschienen, wenn Steve dort zu tun hatte, was er ein wenig schade fand. Aber Mr. Barnes machte auch nicht den Eindruck, als würde er es begrüßen, wenn Steve ihn unerwünscht aufhielt, nur um Smalltalk zu betreiben. Er wusste am Ende eh nicht recht, was er sagen sollte, ohne, dass man ihn für einen merkwürdigen Typen halten würde.
 

Außerdem hatte er auch immer etwas Bedenken, dass er in irgendein Fettnäpfchen treten würde, was ihn ein erneutes Murren über diese Zwickmühle von sich geben ließ. Er erreichte das Haus mit zügigen Schritten, hatte es auf halben Wege ihrer Runde angefangen zu regnen. Muffin schüttelte sich ausgiebig vor der Eingangstür, bevor Steve ihm die Tür aufhielt und der Mops hineintapste.
 

„Ist es ok wenn ich gleich mit reinkomme?“, hörte er eine vertraute Stimme und Steve erkannte den regennassen Mopp an weißgrauen Haaren und das leichte Grinsen sofort.
 

„Pietro, hey. Na klar, nur zu.“, gab Steve dem jungen Mann an, der sich mit einem „Danke“ und einem großen Pizzakarton an ihm vorbei schob.
 

„Wo finde ich Barnes?“, erkundigte er sich mit einem Blick auf die Bestellung und Steve wies ihn in die richtige Etage.
 

Muffin indes war auch schon einige Stufen nach oben geklettert und Steve schnappte ihn sich schließlich, damit sie etwas schneller vorankamen.
 

Mr. Barnes nahm gerade seine Pizza entgegen, als Muffin sich in Steves Griff zu winden begann und er ihn gerade so nach absetzten konnte, bevor er ihm aus den Händen rutschte.
 

Und zu seinem Entsetzten, rauschte dieser schnurstracks in die Wohnung von Mr. Barnes.
 

„Muffin!“ Pietro gab ein kurzes Feixen von sich, bevor er sich verabschiedete und wieder verschwand. Nun waren es nur noch Steve und Mr. Barnes, der fragend in seine Wohnung blickte, in welche der Mops verschwunden war.
 

„Sorry, sorry, er ist unmöglich wenn es um Pizza geht.“, entschuldigte sich Steve wiederholt und versuchte erneut Muffin, durch das strengen Rufen seines Namens, wieder zu ihm zurück zu dirigieren.
 

Muffin allerdings dachte gar nicht daran, sich von seiner Vorfreude auf Pizza abbringen zu lassen.
 

„Uhm, kann…kann ich ihn holen? Ansonsten werden Sie ihn wohl nicht mehr so schnell los.“ Mr. Barnes gab ein ergebenes Seufzen von sich und wies mit der Hand - von der Steve nur flüchtig bemerkte, dass sie von einem Handschuh bedeckt war - an, dass er seine Wohnung betreten durfte.Steve hielt verlegen seinen Kopf gesenkt, nickte aber dankend und war noch so umsichtig, seine nassen Schuhe an der Tür auszuziehen, bevor er diese betrat.
 

„Du bist unmöglich!“, ließ er Muffin wissen, der tatsächlich den Weg in die Küche gefunden hatte und dort abwartend vor dem Tisch saß, als wäre er ein eingeladener Gast.
 

Steve hörte wie die Wohnungstür geschlossen wurde und er war gerade dabei sich erneut entschuldigen zu wollen, als er Mr. Barnes in etwas Abstand hinter sich wahrnehmen konnte.
 

Dann jedoch überraschte ihn dieser mit der Frage, ob er ihm beim Essen Gesellschaft leisen wolle. „Ich schulde ihnen noch einen Dank.“, meinte er etwas unsicher. Steve wusste worauf sich Mr. Barnes bezog und lächelte etwas.
 

Ein Blick auf Muffin zeigte, dass dieser nun ebenso zu grinsen schien und Steve fragte sich, ob dieser das Ganze nicht geplant hatte.
 

„Es würde mich freuen.“, erwiderte er, was Mr. Barnes drei Teller aus einem der Hängeschränke holen ließ und er damit im Wohnzimmer verschwand.
 

Muffin folgte ihm auf dem Fuße und Steve schüttelte nun doch mehr erheitert als verlegen den Kopf.
 

„Bier ist im Kühlschrank.“, hörte er Mr. Barnes und Steve verstand den Hinweis, dass er gleich noch welches mitbringen sollte.
 

Steve überkam ein heiteres Gefühl, über diese unerwartete Entwicklung der Dinge. Es war auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, Mr. Barnes vielleicht etwas besser kennenlernen zu können.
 

Mit zwei der Flaschen machte er sich ebenfalls auf den Weg ins Wohnzimmer.
 

Er spürte regelrecht, wie er in seiner Bewegung gefror und ihm der Atem stockte, über das Bild, das er dort vorfand. Mr. Barnes saß vor Muffin und versuchte, ihm abzuringen, dass dieser ihm eine seiner Vorderpfoten reichte, was Muffin jedoch wieder nur den Kopf schief legen ließ.
 

Und eigentlich gab es nichts Ungewöhnliches, was sich mit dieser Szene verband, wäre da nicht die Tatsache, dass er sich gerade als Zuschauer einer Aufnahme seiner Erinnerungen fühlte.
 

Es war das erste Mal, dass er Mr. Barnes tatsächlich vor sich sah, ohne dass irgendetwas sein Gesicht verbarg. Selbst der volle Bart den Steve noch vor Augen hatte war heruntergekürzt und er erkannte das leichte Lächeln, das sich auch in dessen Augen wiederspiegelte, und welches er schon hunderte Male beobachtet hatte.
 

Nur nicht hier.
 

Nicht in dieser Wohnung.
 

Nicht von einem Dreitagebart umfasst.
 

Und auch die zu einem kleinen Zopf zusammengebundenen Haare, wirkten ungewohnt.
 

Dennoch erschien es ihm unvergleichlich.
 

Bucky.
 

Wie war das möglich?
 

Auch wenn Mr. Barnes eher einer raueren Version von Bucky gleich kam, so waren sie sich doch ungemein ähnlich. Steve schüttelte nachdrücklich seinen Kopf. Doch selbst dann änderte sich nichts an dem Mann vor ihm, der ihn nun aus graublauen Augen anschaute und Steve damit ein ungewolltes, leises Wimmern entlockte.
 

„Stimmt etwas nicht?“, hörte er Mr. Barnes fragen und Steve überkam ein Hauch der Erleichterung, dass dessen Stimme etwas tiefer, etwas ernster klang, als wie er es von diesem vertrauten Gesicht gewöhnt war.
 

Mr. Barnes Blick wurde kritischer und Steve besann sich, dass er ihm noch immer keine Antwort gegeben hatte.
 

„Uhm…ich…ich hoffe wir stören nicht doch.“, brachte er schließlich etwas holprig hervor, worauf ihn Mr. Barnes noch einen Moment stumm studierte, sich dann aber erhob und Steve wissen ließ, dass es in Ordnung sei, da er eh nichts weiter geplant hatte für diesen Abend.
 

„Ok.“ Steve war klar, dass er nun deutlich merkwürdig erscheinen musste über seine plötzliche unruhige Art, aber er konnte sich momentan nicht wirklich helfen. Auch nicht dabei, Mr. Barnes unter versteckten Blicken immer wieder anzuschauen.
 

Dieser reichte ihm nun einen Teller mit der Aufforderung, dass er sich selbst bedienen dürfe. Und um nicht noch seltsamer rüberzukommen, tat er das auch.
 

Muffin war sofort bei ihm, als er sich an das eine Ende der Couch setzte und stellte sich vor ihm auf indem er seine Vorderpfoten an dessen Knie legte. Große, dunkle Mopsaugen taten ihre Arbeit, indem sie zwischen dem Stück Pizza und Steves Gesicht hin und her schauten.
 

„Du weißt schon, dass du dein Abendessen oben hast?“ Muffin gab ein kurzes Schnaufen von sich, als wolle er sagen, dass Steve unfair sei. Dann schien er sich zu besinnen, dass noch jemand anders im Raum war und wechselte unverzüglich seinen Platz, infolgedessen er sein Glück bei Mr. Barnes versuchte.
 

„Muffin.“, ermahnte Steve seinen pelzigen Kameraden erneut, was Mr. Barnes wieder dieses seichte Lächeln aufsetzten ließ, von dem Steve abermals nicht die Augen nehmen konnte.
 

„Ist es okay, ihm was zu geben?“, erkundigte dieser sich, worauf sich ihre Blicke trafen, was Mr. Barnes Lächeln sichtlich zusammenfallen ließ. Stattdessen setzte er wieder diesen skeptischen Ausdruck auf, empfand er Steves unerklärte Aufmerksamkeit zu seiner Person sicherlich unangenehm.
 

Steve senkte seinen Blick rasch über sein albernes und unhöfliches Verhalten. Er spürte die Hitze die sich auf seine Wangen legte und er nickte nur als Antwort auf Mr. Barnes Frage.
 

Gott, er benahm sich schon wieder wie ein Idiot.
 

Verdrossen über sein Verhalten, nahm er einen Bissen von seinem Stück Pizza und kaute etwas energischer als nötig darauf herum.
 

Da hatte er schon die Chance bekommen, Mr. Barnes besser kennenlernen zu können, und er vermasselte es in den ersten 10 Minuten.
 

Ein für Steve unangenehmes Schweigen folgte, das ihn nach Beendigung seines Pizzastückes dazu veranlassen wollte sich zu entschuldigen und dann auch wieder zu gehen. Mr. Barnes Stimme kam ihm jedoch zuvor.
 

„Was ist mit seinem Hinterbein passiert?“ Steve schaute etwas überrascht. Nicht über die Frage selbst, aber darüber, dass Mr. Barnes trotz allem das Gespräch mit ihm suchte.
 

Steve fühlte sofort etwas Erleichterung.
 

„Ein Hausbrand. Als wir ankamen sagte man uns, dass noch eine ältere Frau in ihrer Wohnung sei, doch als ich dort ankam, war für sie schon jede Hilfe zu spät. Ich hörte jedoch noch ein Jammern, dem ich nachging. Ich fand ihn im Feuer, unter heruntergestürzten Dielen, die sein Hinterbein verbrannt hatten. Und da er nach seiner Rettung niemanden hatte, der sich um ihn kümmerte, habe ich mich seiner angenommen.“
 

„Ein wahrer Held, huh?“ Steve lachte leicht auf. „Naja irgendwer muss es ja tun und ich tu es gern. Es gibt mir einen Sinn. Menschen helfen können, gibt mir ein gutes Gefühl.“
 

„Ich dachte es mir schon fast.“ Es war eher ein Reflex Mr. Barnes daraufhin wieder anzusehen und erneut zu studieren, wie vertraut ihm diese Züge doch waren.
 

„In Ordnung, das reicht.“, kam es unerwartet ruppig von diesem, worauf er sich Steve nun auch direkt zuwendete und aus aufgebrachten Augen anfunkelte. „Ich weiß, meine Schwester hat sich mit Ihnen über mich unterhalten. Keine Ahnung, was genau sie Ihnen erzählte, aber wenn ich etwas nicht brauche ist es Mitleid, oder jemanden der mich überwacht! Oder was auch immer Ihnen durch den Kopf geht. Wenn Sie ein Problem mit mir haben, bitte! Wenn sie einfach nur neugierig sind, was mit mir nicht stimmt, hier die Antwort: ALLES! Zufrieden!?“ Steve fühlte sich deutlich aus dem Konzept gebracht über Mr. Barnes plötzlichen Ausbruch und auch Muffin war etwas zurückgetreten und schaute fragend zu Steve.
 

„Ich…“„Am besten, Sie gehen jetzt wieder. Es war von vornherein keine gute Idee.“ Mr. Barnes erhob sich daraufhin und deutete mit einem ausgesteckten Armes in Richtung Wohnungstür an, dass er seiner Aufforderung auch folgen sollte.
 

Noch immer etwas vor den Kopf gestoßen, schnappte sich Steve Muffin und trat in den Flur, wo er noch einmal einen Blick über seine Schulter warf. Mr. Barnes stand noch immer an Ort und Stelle, sein Kopf gesenkt und seine Haltung angespannt. Wenn es einen Fettnapf gegeben hatte, den er heute hätte treffen können, dann hatte er diesen wohl mit Salto rückwärts gemeistert.
 

„Trotzdem Danke für die Einladung.“, gab er ehrlich, wenn auch geknickt, wieder und verließ schließlich die Wohnung.
 

Soviel zum Thema, einen guten Eindruck hinterlassen zu wollen.
 

*
 

Auch Tage später schwirrte dieser Zwischenfall noch durch Steves Gedanken und er seufzte ergeben, als er daran dachte, wie eilig Mr. Barnes seine Wohnungstür zuwarf, als er ihn heute Morgen im Treppenhaus wahrgenommen hatte. Dabei hätte er sich gern bei ihm entschuldigt und auch das ein oder andere erklären wollen. Anscheinend dachte Mr. Barnes, dass seine Schwester ihm mehr erzählt hatte, als er gut heißen konnte. Dabei wusste er nicht mehr, als dass es ein Unfall gegeben hatte. Was genau passiert war, davon hatte er keine Ahnung und er hatte auch nicht nachgefragt, da solche Themen immer etwas heikel waren und er schließlich nur ein Nachbar war.
 

Nur schien Mr. Barnes in dieser Hinsicht etwas fehlinterpretiert zu haben. Und es tat ihm wirklich leid, dass er ihn so aufgebracht hatte.
 

Er war schließlich so weit gegangen, dass er Rebecca kontaktiert hatte, um ihr mitzuteilen, dass er ihren Bruder ungewollt verärgert habe und ob es eine Möglichkeit gäbe, es wieder gut zu machen.Sie hatte nichts weiter dazu gesagt, nur das ihr Bruder zeitweilen eben ein ziemliches Temperament besaß und er es sich nicht so zu Herzen nehmen sollte.
 

Leider war dies nicht die erhoffte Antwort auf seine Frage.
 

Deswegen war er auch froh über die Nachricht gewesen, die er heute Morgen von ihr bekommen hatte, in der sie ihn fragte, ob er sie am Abend vor dem Haus treffen könne, nachdem sie ihren Bruder besucht habe. Es weckte etwas Hoffnung, doch noch etwas grade biegen zu können, und ließ ihn ohne Zögern zustimmen, weswegen er sich jetzt auch Jacke und Schuhe anzog.
 

"Stehe unten", hatte sie ihm vor wenigen Minuten mitgeteilt, was ihn sich auf den Weg machen ließ.Doch kaum, dass er an Mr. Barnes Tür vorbei gewesen wäre, öffnete sich diese und es war Rebecca die im Türrahmen stand und ein etwas zu überrascht klingendes „Na, wenn das nicht Mr. Rogers ist.“ von sich gab, während Steve der Szene nicht ganz folgen konnte.
 

„Uhm…“ Damit packte sie ihn auch schon am Arm und zog ihn in die Wohnung hinein. Steve stolperte in den Flur und beinahe Mr. Barnes um, der mit großen, geschockten Augen auf Steve schaute.
 

„Oh, schon so spät.“ Steve schaute Rebecca perplex nach, als sie aus der Tür trat und mit einem knappen „Bis übermorgen Bruderherz.“ Die Tür zuzog und ihn mit Mr. Barnes allein im Flur zurückließ.
 

Steve fühlte sich unter Mr. Barnes Aufmerksamkeit, wie in der Höhle des Löwen. Aber er wusste, dass es seine Chance war, auch wenn man ihn geradezu hineingeworfen hatte.
 

Somit straffte er sich, bevor man ihn wieder hinauswerfen würde, vermied es aber Mr. Barnes diesmal direkt anzusehen. Es würde ihn nur aus dem Konzept bringen.
 

„Es tut mir leid!“, donnerte er dann etwas zu ambitioniert hervor, in der Aufruhr alles so schnell wie möglich erklären zu wollen, nagte es doch schon all die Tage an ihm.
 

„Ich wollte nicht unhöflich sein das letzte Mal. Ich…ich war wirklich ein Idiot. Aber es freute mich ehrlich, dass Sie uns eingeladen hatten, nicht weil ich auf ein Dankeschön aus war, sondern…“
 

Sondern?
 

Steve brachte sich selbst zum Innehalten, worauf er mit leicht geöffnetem Mund nach dem Gedanken suchte der sich anfügen sollte, an seine Rede.
 

Doch ließen sich die passenden Worte einfach nicht finden, weswegen er erneut ansetzte.
 

„Was Sie sagten verstehe ich, aber nichts davon war in meiner Absicht.“
 

„Also starren Sie Leute generell so seltsam an? Dann sind Sie ein äußerst gruseliger Typ, Mr. Rogers.“, gab nun Mr. Barnes mit schneidender Stimme und vor der Brust verschränkten Armen seine Sicht der Dinge zu verstehen, was Steve eine peinlich berührte Grimasse ziehen ließ.
 

„Das…das lag einfach nur daran, dass Sie mich an jemanden erinnern. Ich fand die Ähnlichkeit so faszinierend, dass ich mir nicht helfen konnte.“, gestand er den Grund für sein Benehmen und hoffte Mr. Barnes würde dem auch Glauben schenken.
 

„Einige Leute meinen, ich sehe aus wie dieser Pornodarsteller. Tayte Irgendwer.“, hörte er Mr. Barnes sagen, was ihn nun doch etwas irritiert in dessen Gesicht schauen ließ.
 

„Huh?“
 

„Dann haben Sie wohl doch noch eine andere Seite neben ihrem Saubermann Image.“ Mr. Barnes bedachte ihn mit einem fast zynischen Ausdruck. Steve zog in Ermangelung einer Antwort seine Augenbrauen zusammen, hatte er das Gefühl, als wolle man ihn gerade etwas vorführen. Aber er konnte es Mr. Barnes auch nicht ganz verdenken.
 

„Wenn es bedeutet, dass Sie mir verzeihen, dann bestätige ich meine geheime Identität hiermit. Ich hoffe, Ihnen ist klar, dass ich Sie nun nicht einfach wieder gehen lassen kann, nachdem Sie mir auf die Schliche gekommen sind. Es sei denn, Sie erlauben mir, mich gebührend bei Ihnen zu entschuldigen. Mit einem Essen vielleicht?“, konterte Steve schließlich mit einem angehängten Schmunzeln, welches bei Mr. Barnes folgenden argwöhnischen Worten jedoch sofort wieder erstarb. „Baggern sie mich grade an Mr. Rogers?“ Steves Augen weiteten sich im Schock.
 

„Was?...nein, nein…ich wollte nur…“ Innerlich war Steve nach einem Aufschrei zu mute, erneut waren keine zehn Minuten vergangen und er war schon wieder angeeckt. Er ließ sich seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen und murrte über seine unbedachte Art sich ausgedrückt zu haben.
 

Diese Ähnlichkeit mit Bucky hatte ihn wohl automatisch forscher werden lassen, als gewollt.Ein Blick auf Mr. Barnes zeigte, dass diesem ein leichter aber dennoch deutlich amüsierter Ausdruck im Gesicht stand über Steve Tumult mit sich selbst.
 

Steve wischte sich ergeben mit einer Hand über sein Gesicht, um sich davon abzubringen Mr. Barnes abermals anzustarren.
 

Dieses leichte Grinsen war Bucky durch und durch.
 

Steve überkam ein plötzlicher Gedanke.
 

Hatte er gerade deswegen versucht mit Mr. Barnes zu flirten?
 

Oh, er war wirklich erbärmlich!
 

Reiße dich zusammen Rogers! , mahnte er sich selbst und rief sich wieder zur Fasson.
 

„Mein Fehler. So sollte es nicht rüberkommen.“ Steve drehte sich nun wieder zur Tür. „Dennoch, das Angebot steht.“ Damit öffnete er diese, auch um sich verabschieden und dann in seiner Wohnung unter Scham in sich zusammensinken zu können.
 

„Ich wünsche Ihnen noch einen guten Abend, Mr. Barnes.“ Er war schon im Hausflur und dabei die Tür zuzuziehen, als man ihn davon abhielt und er ein unsicheres „James.“ vernahm, das ihn in erster Sekunde verwirrte. Dann jedoch kam die rasche Erkenntnis, was Steve ein ungemein breites Strahlen aufsetzen ließ. „Steve.“, erwiderte er, was Mr. Barnes…James leicht nicken ließ. „In Ordnung Steve. Ich denke darüber nach.“ Damit schloss sich die Tür und Steve stand noch einen Moment davor, bevor er sich mit einem kleinen extra Schwung in seinen Schritten wieder in sein Apartment begab.

Steve hastete die Stufen zum Bahnsteig hinab und schaffte es gerade noch, sich zwischen den schließenden Türen hindurch zu drängeln.
 

Er atmete erleichtert durch.
 

Er war eh schon etwas spät dran gewesen zu seinen Treffen mit Sharon, dann hatte sich Muffin zu allem Übel auch noch großzügig übergeben müssen und er konnte die Sauerei nicht einfach ignorieren. Außerdem wollte er seinen Mops dann auch nicht einfach stehen lassen und hatte ihm noch ein paar Minuten zur Beruhigung Gesellschaft geleistet.
 

Beim Überblicken des Abteils konnte er feststellen, dass es nur mit wenigen Personen besetzt war.
 

Eine davon fiel Steve jedoch besonders ins Auge.
 

James hatte wie so oft, wenn er unterwegs war, sein Basecap tief ins Gesicht gezogen und seinen Blick nach unten gerichtet. Hätte Steve ihn nicht schon ein paar Mal in dem armeegrünen Parka und mit seinem dunkelroten Rucksack gesehen, wäre auch er nur irgendwer für ihn gewesen.
 

Ohne Eile begab er sich zum Ende des Wagons, wo James sich platziert hatte.
 

„Ist der Platz hier noch frei?“, erkundigte er sich, was James leicht zusammenzucken ließ, bevor er seinen Kopf hob und durch das Abteil schaute. Steve konnte sich vorstellen, dass dieser sich gerade fragte, was das sollte, war doch ausreichend Platz woanders zu finden. Schließlich lenkte James einen kritischen Blick auf Steve, der sich ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte, als sich dessen Augenbrauen nun nach oben schoben.
 

„Ist das ein Ja oder Nein?“ James schüttelte leicht mit dem Kopf, was Steve schon mit Enttäuschung ausfüllen wollte, worauf er aber James Handbewegung erfasste, die andeutete, dass es ihm freistünde, sich zu setzen.
 

„Vielen Dank, James.“ Es war das erste Mal, dass er diesen Namen auch an den Anderen gerichtet sagen konnte und es füllte seine Wangen mit einem winzigen Hauch Wärme. James indes schaute ihn erneut an und Steve fragte sich, ob dieser vergessen hatte, dass er ihm seinen Vornamen verraten hatte.
 

„Immer der positive Nachbar, oder Steve?“ Nun musste Steve doch etwas lachen, als James seinen Namen extra offensichtlich betonte. „Ich tu was ich kann. Es gibt genug Momente, die einem das Lachen nehmen können, deshalb sollte man auch ruhig genießen, wenn es einem gut geht.“ James gab ein etwas zynisches Zischen wieder auf diese Worte, aber Steve beschloss, sich davon nicht mehr weiter irritieren zu lassen.
 

Dass James ein eher distanzierter Charakter war hatte seinen Grund, und er würde auch nicht ungefragt nachbohren.
 

Er wollte ihn nicht erneut verschrecken, aber er wollte ihn auch nicht einfach außer Acht lassen, nur weil er sich etwas unzugänglich zeigte.
 

Er brauchte vor sich selbst nicht bestreiten, dass ihn James aus einem ganz bestimmten Grund nicht mehr in Ruhe ließ.
 

„Wohin geht es denn?“ James schaute aus den gegenüberliegenden Fenstern, auch wenn dort nichts weiter zu sehen war außer der unterirdischen Nacht des U-Bahn Tunnels.
 

„Irgendwohin.“, gab dieser recht kryptisch wieder und Steve verstand, dass er nicht weiter nachfragen sollte.
 

Es blieb still darauf und Steve überlegte hin und her, ob er versuchen sollte, ein weiteres Gespräch zu beginnen. Die Bahn hielt an der nächsten Station und weitere Fahrgäste füllten das Abteil, was James seinen Blick wieder hatte senken lassen. Steve beschloss, es einfach darauf ankommen zu lassen und begann James von Muffins Malheur zu erzählen. Dieser hatte sich in einem unbeobachteten Moment die Cookies aus dem am Boden abgestellten Einkaufsbeutel gestohlen und sich daran überfressen.
 

„Mir ging es als Kind einmal genau so.“, verriet Steve mit einem leichten Grinsen und fuhr fort, James genau von diesem Ereignis zu berichten. Steve erwartete nicht, dass James etwas dazu zu sagen hätte, aber es erfüllte ihn mit einem angenehmen Gefühl, ihm ein verstecktes Schmunzeln abgewonnen zu haben. Steve erzählte noch ein wenig von seiner Jugend in Marple Ridge, was James dazu brachte, ihn ungläubig anzusehen und sich zu erkundigen, warum um alles in der Welt er beschlossen hatte, British Columbia gegen New York zu tauschen. Steve kam ein spontaner Gedanke über die innere Freude, dass James Interesse an seinen Worten gezeigt hatte. „Das verrate ich gern. Soweit ich mich entsinnen kann, steht noch eine Zusage zu meiner Einladung zum Essen aus.“ Steve beäugte James mit einem spitzbübischen Grinsen, denn wenn er ehrlich war, hatte er jeden Tag darauf gewartet, dass James ihm eine Antwort darauf geben würde.
 

Dieser gab ein gezogenes Seufzen von sich. „Sieht nicht so aus, als hätte ich tatsächlich eine Wahl, oder?“, murmelte er ergeben und Steves Grinsen wurde breiter.
 

„Das wollte ich hören. Wie wäre es diesen Sonntagabend?“ James nickte nach kurzem Überlegen. „Sehr schön.“ Steve machte sich nicht die Mühe, seine Freude darüber aus seiner Stimme zu verbannen und knuffte James mit der Schulter, was diesen erneut etwas zusammenzucken ließ.
 

„Sorry.“
 

Steve war dieser unbedachte Akt sofort unangenehm. Er musste sich wiederholt ermahnen, dass es nicht Bucky war, mit dem er hier saß und Kumpeleien austauschen konnte.
 

Und genau dieser Gedanke ließ ein spürbares Gewicht in seinen Magen sinken.
 

„Schon gut.“, gab James in einem gedrückten Ton wieder und noch bevor Steve etwas erwidern konnte, erhob sich dieser, was das Gewicht in Steves Bauch nur noch schwerer wiegen ließ. Hatte er es tatsächlich schon wieder vermasselt? „Das ist meine Station.“, klärte James ihn auf und zu Steves Erleichterung, erkundigte sich dieser noch, wann genau am Sonntag und verschwand mit einem „Bye“, aus dem Wagon, nachdem er 19 Uhr zugestimmt hatte.
 

Sich plötzlich etwas erschöpft fühlend, lehnte sich Steve in seinem Sitz zurück.
 

„Na, hier legt sich ja jemand ins Zeug.“, drang eine vertraute Stimme an seine Ohren und Steves Aufmerksamkeit rutschte auf Sharon, die ihm unerwartet gegenübersaß. „Sharon, hey.“ Diese trug ein wissendes Lächeln auf ihren leicht rosé glänzenden Lippen, als sie sich erhob und den Platz einnahm, den James zuvor besetzt hatte. Steve merkte, dass ihm darüber die Wärme ins Gesicht stieg. Er konnte diesen Zustand noch ein paar Sekunden verstecken, während er ihr zu Begrüßung einen Kuss auf die Wange gab. Dann spürte er aber auch schon ihren Blick auf sich gerichtet, den er aus gutem Grund nicht erwiderte.
 

„Na dann mal raus mit der Sprache. Und erzähl mir nicht, dass es nichts weiter sei, immerhin sitze ich dir schon seit zwei Stationen gegenüber, ohne dass du mich bemerkt hättest.“ Sie lächelte kess und Steve ließ seinen Kopf ergeben hängen.
 

Sie hatten sich für ihre Verabredung extra auf diese Bahn geeinigt, da Sharon noch etwas zu erledigen hatten und sie sich somit spätestens beim Ausstieg an ihrem Ziel finden würden.
 

Dass er nun tatsächlich nicht mitbekommen hatte, dass sie bereits die ganze Zeit vor ihm gesessen hatte, war ihm doch recht peinlich und er wusste, sie würde ihn nicht mehr in Ruhe lassen, was den Grund dafür anbelangte.
 

„Uhm, das war mein neuer Nachbar, Jam…Mr. Barnes. Wir haben uns hier zufällig getroffen und uns ein wenig unterhalten.“, erklärte er etwas kleinlaut, dem Sharon mit einem skeptisch klingenden „Uhuh“ begegnete.
 

„Was? Glaubst du mir etwa nicht?“ Sharon tätschelte Steve beruhigend das Knie. „Kein Grund zu Aufregung, Honey. Nur erkenne ich Flirten, wenn ich es sehe. Und du mein Lieber, bist alles andere als subtil, wenn man dich schon so lange kennt.“ Steve zog ein überrumpeltes Gesicht. „Das mit dem Essen ist eine Entschuldigung von mir, nichts weiter. Wir…wir kennen uns sonst kaum.“, versuchte er zu retten, was noch zu retten war, auch wenn er nur zu gut wusste, dass Sharon eine viel zu clevere Frau war und er sich nur rauszureden versuchte, weil er sich ertappt fühlte.
 

Und sie wusste das ebenso.
 

„Du möchtest ihn aber näher kennenlernen. Und das nicht nur als Nachbarn. Hab ich recht?“ Steve biss sich unruhig auf seiner Unterlippe herum, auf diese Feststellung. „Ich weiß es nicht.“, gab er zögerlich zu und diesmal war es keine Ausrede.
 

„Mir ist die Ähnlichkeit mit Bucky nicht entgangen.“ Und natürlich war ihr das auch aufgefallen. Steve fühlte sich plötzlich ziemlich lächerlich und durchschaubar.
 

„Steve...“ Sie legte ihre Hand auf die seine und strich sanft mit dem Daumen darüber.
 

„Tu dir das nicht an. Und auch nicht ihm, wenn du nur jemand anderen in ihm siehst. Es wäre unfair ihm gegenüber.“
 

Sein „Ich weiß“ war nicht mehr als ein Flüstern. Aber er wollte James dennoch besser kennenlernen. Alles andere erschien ihm wie das vorbeiziehen lassen einer unwiederbringlichen Gelegenheit.
 

Er müsste einfach nur darauf achten, nicht zu viel von Bucky in James zu suchen, und bis jetzt war ja auch noch gar nichts passiert.
 

Wer sagte denn, dass James überhaupt an Männern Interesse hatte? Vielleicht gab es sogar schon jemanden in dessen Leben. Vielleicht war er auch gar nicht an irgendwelchen Bindungen interessiert, sei es nun freundschaftlich oder intimerer Natur.
 

All diese Dinge galt es doch erst einmal herauszufinden. Er musste eben nur vorsichtig genug sein.
 

„Ich werde schon aufpassen.“, ließ er Sharon wissen, die mit einem ahnenden Seufzen darauf antwortete.
 

„Wann sagtest du, kommt deine Tante zurück?“, schwenkte Steve schließlich mehr als offensichtlich auf ein anderes Thema um, was ihm einem verstehenden Seitenblick von Sharon einbrachte.
 

Doch sie war einsichtig genug, seine Ablenkung auch als solche zu akzeptieren.
 

„In ungefähr drei Wochen.“
 

***
 

Steve spürte, wie ihm das anhaltende Lachen schon in den Wangen stach, während er sich Buckys kleine Story abermals vor Augen führte. Dieser hatte so empört geschaut über die Tatsache, was ihnen in diesem kleinen vietnamesischen Ort als einheimische Delikatesse vorgesetzt worden war.
 

Und Steve hatte es bildlich vor sich, als man ihnen eine Suppe mit Hühnerfüssen brachte, die er nicht hatte anrühren können. Nur um daraufhin dem Irrglauben zu erliegen, dass man ihnen danach gekochte Eier auftische, in denen sich anstelle des für sie üblichen Inhaltes ein gegartes Küken befand. „Du hättest den armen Jaques sehen sollen und Monty war auch schon ganz grün im Gesicht.
 

Gabe und Dum Dum haben sich natürlich schlapp gelacht. Kein Wunder, dass sie so darauf bestanden hatten, dass wir grade dort essen gehen sollten.
 

Ich war selbst nahe dran, mich an Ort und Stelle übergeben zu wollen.“, hatte Bucky angefügt und seinen Ekel mit einen sinnierenden Schütteln seines Person, über diesen kulinarischen Horror unterstrichen.
 

Nun allerdings schaute dieser mit einem Schmunzeln auf seinen noch immer vor Lachen bebende Freund und Steve erwischte sich in all der erheiterten Hysterie bei dem nicht unbekannten Gedanken, wie sehr er diesen Ausdruck auf Buckys Gesicht liebte. Dieses vorwitzige Lächeln, auf diesen so wohlgeformten Lippen. Das leichte Kräuseln der feinen Haut in dessen Augenwinkeln und diesen amüsierten Schein in seinen sturmgrauen Augen.
 

Einen Sturm, den er in Steve ausgelöst hatte, seit er 14 Jahre alt war.
 

Und so sehr Steve seinen besten Freund stets vermisste, so hatte die immer wieder aufkommende, geografische Distanz zwischen ihnen doch langsam die Akzeptanz untermauert, dass Bucky immer fern seiner Reichweite bleiben würde.
 

Sie kannten sich, soweit Steve zurückdenken konnte und waren trotz diverser Gegensätze schnell unzertrennlich geworden. Steve war 14, als sein Vater in seinem Job versetzt wurde und er mit seinen Eltern in eine Kleinstadt namens Marple Ridge in Kanada zog.
 

Die darauffolgende Zeit hatte ihm über so Manches Erkenntnis verschafft. Unter anderen, dass er jede neue Bekanntschaft mit Bucky verglich. Zuerst dachte er es liege einfach nur daran, dass er ihn vermisste. Er war schließlich sein bester Freund. Doch dann war da immer noch dieses andere Gefühl.
 

Es war an einem Sommertag im August gewesen, als er Jack Fielding und Andrew Simons hinter der alten Schwimmhalle beim Knutschen gesehen und Glück hatte, nicht entdeckt zu werden. Er wusste, dass es sich nicht gehörte, die beiden zu beobachten, aber irgendetwas hatte ihn an diesem Anblick zu sehr fasziniert. Er selbst hatte keine Ahnung, was er wollte, wenn es um dieses Thema ging.
 

Mädchen schüchterten ihn meist ein, weswegen er nie wirklich ein vernünftiges Gespräch mit ihnen zu Stande bekam. Und Bucky zog ihn nur zu gern damit auf. An Jungs hatte er noch nie weiter gedacht und Bucky schien nicht zu zählen, denn immerhin kannten sie sich schon ewig.
 

Bis Bucky alles war woran er noch denken konnte, wenn er sich im Schutze seines Zimmers und unter seiner Bettdecke einen runterholte. Immer darauf bedacht, keinen Ton von sich geben, auch wenn ihm Buckys Name stets auf der Zunge lag.
 

Und das tat er auch heute noch ab und an.
 

Steve hatte lange gelernt, mit dieser Scham zu leben. Es war eh nichts weiter als seine Fantasie.
 

Etwas, das genauso greifbar war, wie Bucky am anderen Ende der Welt.
 

Und schließlich hatte Steve erkannt, dass es mit Distanz zwischen ihnen letztendlich um vieles einfacher war, Bucky ein guter Freund zu bleiben, ohne irgendwann doch noch alles zu ruinieren, weil er zu tief für ihn empfand.
 

Auch wenn es dennoch nicht immer einfach war, sich nichts anmerken zu lassen.
 

Er erinnerte sich nur allzu deutlich an das dumpfe Pulsieren in seiner Brust und das Brennen in seiner Kehle, als Bucky ihm voller Euphorie mitgeteilt hatte, dass er sich mit seiner Langzeitfreundin Debby verlobt habe.
 

Debby, die Steve so unsäglich beneidete, seit Bucky ihm von ihr erzählt hatte. „Wenigstens eine Sache, die es wert gemacht hat, nach L.A. gezogen zu sein.“, hatte dieser damals mit einem liebevollen Lächeln gemeint.
 

Er war schließlich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er Bucky gänzlich an jemand anderen verlor.
 

Somit war Steve auch nichts weiter übrig geblieben, als die Säure, die sich über diese Nachricht so unerbittlich in ihm nach oben gekämpft hatte, wieder herunterzuschlucken.
 

Was folgte war ein Gefühl, das dem Stolpern über loses Geröll glich, als er ihm mit einem breiten Grinsen sagte, dass es ja auch endlich Zeit wurde.
 

Dass er es nicht doch noch vermasseln sollte und dass er ihm alles Gute wünschte.
 

Er hatte diesen Akt aufrecht halten können, solange er Bucky im Videochat vor sich hatte, doch sobald das Fenster sich wieder verdunkelte, waren auch die Tränen und der Schmerz von Verlust über ihn hereingebrochen und er hatte sich nicht dagegen gewehrt.
 

Das war vor einem halben Jahr gewesen, und Steve wartete mit jedem erneuten Videochat darauf, das ihn der zu erwartende Erdrutsch, in Form eines Datums für ihre Hochzeit, schließlich vollends mitreißen und verschlucken würde.
 

Aber solange Bucky sich auf seinem Abenteuer befand, hoffte er, sich dieser Nachricht weiterhin entziehen zu können.
 

Am Ende war diese Reise nur noch einmal ein letztes Aufbäumen, bevor sich Bucky einem Leben als braver Ehemann hingab.
 

Aber egal was Bucky nun damit für sich verwirklichen wollte, Steve wünschte sich am Ende nur, dass dieser glücklich wurde.
 

„Du hättest wirklich mitkommen sollen.“ Es war nicht das erste Mal, dass Bucky dies mitteilte, was Steve wieder diese Wärme spüren ließ, auf die er sich nicht einlassen durfte. „Ich weiß schon, damit du mir dein Küken und die Hühnerfüße hättest unterjubeln können. Nein Danke, Buck.“ Bucky schaute nun tatsächlich verletzt über Steves Worte. „Stevie, was denkst du nur von mir?“ Steve gab ein wenig bewegtes Schnauben von sich, über diesen Unschuldsakt. „Dass du mich in alle möglichen peinlichen Situationen bringen würdest, nur um dich dann ebenso schlapp zu lachen.“
 

Bucky legte sich eine Hand auf seine Brust. „Uhhh Stevie, deine Worte treffen mich zutiefst.“ Und rutschte theatralisch in sich zusammen.
 

„You're a Jerk.“ feixte Steve nun, was Bucky sich wieder straffen ließ.
 

„Und du liebst mich dafür.“, witzelte Bucky und Steve hoffte inständig, dass sein Gesicht nicht wiedergab, was er gerade an aufgewirbelten Emotionen empfand.
 

„Sorry Buck, aber das ist nur ein Mythos.“, konterte er so nonchalant wie es ihm möglich war und atmete innerlich erleichtert aus, als Bucky ohne irgendein Zeichen von Skepsis, das etwas an Steves Verhalten plötzlich seltsam erschien, einen abtuenden Tsk-Laut von sich gab.
 

„Sag das noch mal, wenn ich dir das Foto vom Yeti zeige, dass ich geschossen habe.“ Steve fehlten auf diesen Verweis kurz die Worte, erlag er einen Augenblick der Wunschvorstellung, dass Bucky seine Feststellung rigoros bestätigt sehen wollte.
 

Steve versuchte ein amüsiertes Lächeln. Natürlich war es für Bucky nur die übliche Witzelei zwischen ihnen.
 

„Da bin ich mal gespannt.“, setzte er nach, was Bucky ein überzeugtes „Wart's nur ab!“ von ich geben ließ.
 

Mit der Erinnerung, dass er seine Fotos wieder in seine Cloud laden würde, zu der er Steve Zugang gewährt hatte, verabschiedete sich Bucky kurz darauf wieder.
 

Es würde wohl nun erst einmal wieder eine Weile dauern, bis zum einem nächsten Gespräch.
 

***
 

„Was hat es nur mit diesem Grinsen auf sich?“ Steve lächelte weiter vor sich hin, als er in seine Stiefel fuhr und dieser Feststellung über seine Gedankengänge gar keine Aufmerksamkeit schenkte.
 

Erst als er Sams Hand auf seiner Schulter wahrnahm und dessen 1000 Watt Grinsen ihn beinahe zu blenden wusste, hatte er das Gefühl, dass ihm etwas entgangen sein musste.
 

„Keine Geheimnisse vor Onkel Wilson.“, forderte Sam ihn interessiert auf, der immer noch oberkörperfrei im Raum stand, als Steve ihn fragend anschaute.
 

„Huh?“ Sam machte sich die Mühe enttäuscht zu erscheinen, über Steves Unwillen sich mitzuteilen. „Du hast es schon getan, als wir uns auf dem Parkplatz getroffen haben.“ Sam rückte näher an Steve heran und legte ihm in einer Sam typischen Manier den Arm über die Schultern. „Also, was treibt unserem lieben Steven solch einen beschwingten Ausdruck ins Gesicht?“ Steve brauchte nicht darüber nachzudenken, aber er hatte dennoch nicht vor, Sam alles zu verraten.
 

„Ich freue mich einfach, dass wir wieder einmal zusammen trainieren konnten.“ Das war auch nicht gelogen. Es war in letzter Zeit seltener geworden, dass sie zusammen das Fitness Studio besuchen konnten, was eigentlich zu einer liebgewonnen Routine geworden war. Doch ihr Job hatte es ihnen über die letzten Wochen schwer gemacht, die nötige Zeit oder auch den nötigen Elan aufzubringen.
 

Steve fühlte sich somit auch durch ein ausführliches Training positiv gestimmt.
 

Es tat einfach gut.
 

Sam jedoch begegnete seiner Aussage nur mit einem „Pfff“ war deutlich, dass er diese Antwort nicht als den Hauptgrund für Steves gute Laune anerkannte.
 

„Das ist lahm Rogers, auch wenn ich verstehe, dass du die Zeit mit einem so knackigen Typen wie mir so hoch schätzt.“ Sam winkelte seine Arme an und ließ selbstsicher seine Muskeln spielen, was Steve mit einem amüsierten Kopfschütteln sich wieder seinem Spind widmen ließ, aus dem er seine Jacke und seine Sporttasche herausnahm.
 

Sam war noch immer am Posen, als Steve sich ihm wieder zuwendete. „So Leid es mit tut, mein lieber Sam, aber du bist leider nicht mein Typ.“ Nun war es Steve, der an Sam heranrückte. „Aber dem Blonden dort scheinst du zu imponieren.“, merkte er mit einem leichten Kopfzeig in besagte Richtung an, was Sam sich auch sofort umdrehen ließ. Und tatsächlich zwinkerte ihm der Unbekannte zu.
 

„Danke Mann, wenigstens einer, der all die Arbeit zu schätzen weiß.“, begrüßte er dessen stummen Zuspruch und erntete dafür ein festes „Immer doch.“ von seinem Umkleidekabinen-Fan, der sich mit dem verabschiedenden Heben einer Hand nun in Richtung Duschen begab.
 

Sie hatten das Gebäude gerade verlassen, als Sam plötzlich inne hielt und Steve mit einem lautstarken „Rogers, hast du etwa ein Date?!“ dazu gebracht wurde, ungewollt an Farbe dazu zugewinnen.
 

„Oh Gott, es ist ein Date!“ Sam schlug nachtrüglich mit dem Handrücken gegen Steves Brust. „Und du hast mir nichts davon erzählt.“
 

„Es ist kein Date! Er ist mein Nachbar und ich schulde ihm eine Entschuldigung, das ist alles.“
 

„Uhuh.“ Steve war danach, seine Hände gottergeben gen Himmel zu heben. „Was hab ihr nur alle!? Man möchte ja fast glauben, ich trage ein Schild um den Hals, mit dem Hinweis 'Steht auf seinen neuen Nachbarn'"
 

„Steve, nimm es mir nicht übel, aber warum trägt jemand so ein Grinsen auf seinem Gesicht, nur weil er sich mit seinem Nachbarn trifft, von dem er rein gar nichts will?“ Sam schenkte ihm den Ich-hab-doch-Recht-Blick, was Steve mit einen frustrierten Murren weiterlaufen ließ.
 

„Du streitest es nicht ab!“ Und auch hier schwang das unterschwellige Ich-hab-also-doch-Recht nur zu deutlich mit.
 

Nicht dass Steve nun verärgert war über Sam, aber es beunruhigte ihn, dass seine Freunde ihm viel zu schnell auf die Schliche kamen, wo er selbst doch angenommen hatte, dass er sich geglückt neutral gab, wenn es um James ging. Anscheinend lag er da mehr als falsch und es trübte die Vorfreude auf den morgigen Sonntagabend ein wenig ein.
 

„Hey sorry. Ich wollte dir da nicht zu nahe treten.“ Sam war wieder an seiner Seite und klang deutlich entschuldigend.
 

„Nein, schon gut. Ich bin ja selbst schuld.“ Damit beließ es Steve dabei und Sam hakte auch nicht weiter nach.Auf dem Heimweg fragte sich Steve jedoch ständig, ob er nicht doch zu viel riskierte was James betraf.
 

Sollte er das Essen doch absagen? James wäre am Ende ganz froh drüber, so konnte er sich vorstellen.
 

Das Vibrieren seines Handys ließ es ihn aus der Jackentasche holen, wo er eine Nachricht von Rebecca vorfand, die bewirkte, dass seine Zweifel sich wieder ein wenig legten.
 

***
 

„Becca, warum bist du überhaupt hier? Hast du nicht…“ James wedelte erfolglos nach Worten suchend mit einer Hand in der Luft herum. „Oder irgendsoetwas?“ Rebecca indes ignorierte seine Frage gekonnt, stand weiter nachdenklich vor dem Kleiderschrank ihres Bruders und beäugte sich nun wohl schon das fünfte Shirt, welches sie ebenso mit einem Kopfschütteln wieder zur Seite legte, wie die ersten vier.
 

James gab ein trotziges Murren von sich.
 

Es waren noch gut drei Stunden bis zu Steves Einladung und eigentlich hatte er nicht vor gehabt, sich dafür großartig rausputzen zu wollen.
 

Warum auch?
 

Er hatte diese Einladung nur angenommen, weil er das Gefühl nicht loswurde, dass Steve ihn nicht einfach so davon kommen lassen würde, sollte er nie wieder etwas dazu sagen.
 

So wie er es eigentlich vor gehabt hatte.
 

Aber Steve war wohl einer dieser Charaktere, die nicht im Stande waren, ruhig zu schlafen, wenn sie ihr Gutmensch-Image durch etwas befleckt sahen und er deswegen so auf dieses Entschuldigungsessen drängte.
 

Somit war es besser, es hinter sich zu bringen, damit Steve seinen Seelenfrieden und er seine Ruhe wiederfinden würde.
 

Er wollte einfach nicht mehr in diese Sache hinein interpretieren, denn er wusste, die meisten sahen in ihm doch nur einen Mitleidsfall.
 

Und zugegeben war es ihm noch immer recht unangenehm, dass Steve ihn damals hatte in seine Wohnung schleifen müssen, nach seiner aufgekommen Panikattacke, die er ein paar Kids mit Böllern zu verdanken hatte.
 

Es hatte ihn zu der Zeit auch nur noch mehr aufgebracht, dass Steve nicht wieder verschwinden wollte, als er ihn vor dem Haus angetroffen hatte. Er wollte nur in seine Wohnung und den Rest dort fern jeglicher Blicke ausstehen. Am Ende hatte ihn der so intensive Geruch von Feuer, der an Steve festhing, jedoch noch den letzten Rest an Form verlieren lassen und es ärgerte ihn noch immer, dass er auch jetzt bei dem Gedanken daran mit den Zähnen knirschte.
 

„Yasha.“ James schaute seine Schwester etwas irritiert an, als sie ihm mit einem dieser sanften aber dennoch besorgten Blicke bedachte. Er war wohl wieder einmal in seine Gedanken abgedriftet, worauf er sich durchringen musste, sich wieder zu entspannen. „T'schuldige.“ Er setzte ein seichtes Lächeln nach. Er wusste, dass er seiner Schwester viel zu viele Sorgen machte.
 

Er versuchte, das nagende und nur zu bekannte Gefühl der Nutzlosigkeit zu übergehen, schließlich war sie hier, um ihm zu helfen. Sie hatte sich deutlich angetan gezeigt, als er ihr von Steves Einladung erzählt hatte, und er wusste, dass sie sich wünschte, dass er wieder etwas mehr unter Leute kam und sich nicht nur zu Hause verkroch. Deswegen hatte er Steve letztendlich auch zugesagt. Er wollte für seine Schwester nicht nur eine ständige Besorgnis sein.
 

Becca lächelte ihn zufrieden an, als er ihr in dem für ihn ausgewählten Outfit gegenübertrat und sich etwas genervt an seiner schwarzen Jeans herumzupfte, die reichlich eng anlag.
 

„Nicht schlecht.“ Sie rückte ihm das dunkelraue Hemd, unter dem ein dunkelgrünes Shirt zu sehen war, noch etwas zurecht.
 

Er musste zugeben, er hatte schon so gut wie vergessen, dass er diese Sachen überhaupt in seinem Schrank hatte.
 

Es war zu lange her, dass er sich danach gefühlt hatte, sich herausputzen und ausgehen zu wollen.
 

Nicht nachdem…
 

James versuchte seine linke, unnatürliche Hand im Ärmel des Hemdes zu verstecken, als er auch schon die sanfte Berührung der Finger seiner Schwester wahrnahm, die über seinen linken Arm strich.
 

„Es ist ok. Es ist nichts, wofür du dich schämen musst, und jeder, der das anders sieht, ist ein Idiot.“ Sie griff ohne Scheu nach der silbernen und in ihrer Funktion perfekt entwickelten Hand, die James trotz allem nicht als etwas von sich vorzeigen konnte.
 

Er wünschte wirklich, es wäre so einfach. Auch wenn dieser bionische Arm ihm den Verlorenen auf einem höheren Level ersetzte, so ertrug James die neugierige oder fragwürdige Aufmerksamkeit dennoch nicht, die dieses Stück Technik heraufbeschwor. Es folgten meist Fragen, die er nicht beantworten wollte. Fragen, unter deren Antwort er sich Elend fühlte. Antworten, die seine häufigsten Alpträume darstellten.
 

Er wollte nur in Ruhe gelassen werden.
 

„Yasha.“ James seufzte erschöpft und je näher 19 Uhr rückte, umso weniger wollte er seine Wohnung verlassen.
 

„Ich weiß nicht, ob ich das schaffe, Becca. Was, wenn ich wieder eine Phase habe? Ich brauche nicht noch mehr peinliche Zwischenfälle mit ihm.“
 

Becca zupfte abermals an seinem Hemd. „Ich möchte dich auch nicht dazu zwingen. Ich weiß, es ist schwer für dich, zurück zu finden…“ Ihre Stimme wankte etwas und sie senkte ihren Kopf. „Ich wünschte nur, ich könnte mehr für dich tun. Es wäre schön, dich auch wieder einmal in Gesellschaft zu sehen und Steve scheint ein verständnisvoller Kerl zu sein. Ich glaube, er würde dir gut tun als Freund.“ James sagte vorerst nichts dazu. Aber er verstand, auf was seine Schwester hinaus wollte. Sie wollte nicht, dass er auf ewig allein in seiner Wohnung hockte und mehr und mehr den Bezug zur Außenwelt verlor. Auch wenn ihn der Gedanke selbst nicht störte.
 

Doch damit würde er sich nur noch mehr zur Bürde für sie machen und das wollte er auf keinen Fall.
 

„In Ordnung. Ich versuch, mich zusammen zu reißen. Hoffen wir nur, dass er auch was vom Kochen versteht.“ Er hörte das erleichterte Kichern von Becca, die sich nun wieder einen Schritt von ihm entfernte und dabei versuchte, sich flüchtig über ihre Augen zu wischen.
 

Er hatte sie eindeutig schon zu oft zum Weinen gebracht in der letzten Zeit.
 

„Ich hoffe Mr. Rogers hat auch an ein Dessert gedacht. Sonst muss ich ihm leider Punkte abziehen.“, versuchte er die Stimmung wieder zu heben, was ihm auch das gesuchte Lächeln von Becca einbrachte.
 

„Wir müssen noch was mit deinen Haaren tun.“, setzte sie an und James fügte sich mit einem innerlichen Aufseufzen. Hoffentlich war dieses Essen den ganzen Aufwand auch wert und verlief ohne unschöne Ausrutscher.
 

Punkt 19 Uhr stand er dann auch vor Steves Wohnung und wollte gerade noch einmal tief durchatmen, als er auch schon das gedämpfte Bellen von Muffin auf der anderen Seite der Tür vernahm.
 

Er wurde wohl schon erwartet und irgendwie vergaß er darüber, dass er trotzdem noch den Klingenknopf betätigen sollte, galt Muffin wohl nicht als die ultimative Weissagung, dass jemand vor der Tür darauf wartete, hereingebeten zu werden.
 

„Was ist denn los, Großer?“, hörte er nun auch Steves Stimme, die sich nun ebenso unmittelbar hinter der Tür befand und James dazu brachte wieder kehrt machen zu wollen. Was, wenn er sich wirklich wieder blamierte? Oder Steve dazu brachte, sich unwohl ihm gegenüber zu fühlen, da er so kläglich eingerostet war was Konversationen betraf, was ihn letztendlich immer nur das Nötigste hervorbringen ließ?
 

Und er generell auch nichts zu erzählen hatte, was er auch würde erzählen wollen.
 

Er sollte wirklich wieder umdrehen und sich mit einer Ausrede entschuldigen.
 

Das Dumme war nur, dass er Steves Nummer nicht besaß und Becca konnte er nicht fragen, da sonst alles auffliegen würde.
 

„Verdammt.“, murmelte er frustriert, als sich die Tür vor ihm plötzlich auftat und niemand anderes als Steve mit Muffin im Arm vor ihm stand und ihn etwas unsicher anlächelte.
 

„Hey.“, begrüßte er James der sich kurz räusperte und ein eigenes „Hey“ beisteuerte.
 

So viel dazu, sich nicht schon wieder als merkwürdiger Freak zu outen.
 

„Alles ok?“ Erst jetzt bemerkte James, dass er seine Hände zu krampfhaft geballt hielt und starr auf Steves Füße blickte, welche in rot,-weiß-blauen Ringelsocken steckten.
 

James blinzelte sich zurück.
 

„Ja, sorry, alles ok. Nur etwas…“ Jedes ihm passende Wort schien unangebracht.
 

„Verstehe. Trotzdem danke, dass du es bis hier her geschafft hast.“ James rutschte ein kurzer, amüsierter Laut hervor über Steves Auslegung. „Ja, wenn wir jetzt noch zwischen Tür und Angel essen, dann kann ich richtig stolz auf mich sein, länger als fünf Minuten einen sozialen Kontakt gehegt zu haben, der nicht dafür studiert hat und dafür bezahlt wird.“ Der Ausdruck, den Steve ihm auf seinen Sarkasmus präsentierte, gab etwas Unschlüssiges wieder.
 

James schüttelte ergeben mit den Kopf über sein eigenes Verhalten. Steve entfernte sich nun wortlos von ihm und James hatte keine Ahnung, was dies zu bedeuten hatte. Also blieb er einfach wo er war. Er hörte, dass dieser irgendetwas tat, doch noch bevor er sich großartige Gedanken darüber machen konnte, tauchte Steve wieder auf. Er fasste einen flachen quadratischen Tisch in beiden Händen, auf dem sich zwei Sitzkissen befanden, deren farbenfrohe Muster an den Orient erinnerten.
 

Steve platzierte den Tisch genau im Türrahmen und legte die Kissen so, dass sich eines vor ihm und eines vor James befand, der das ganze irritiert verfolgte. Als nächstes legte Steve eine Art Tischdecke auf und verschwand erneut.
 

„In Ordnung. Ich glaube ich habe an alles gedacht.“, meinte er schließlich zufrieden, als er sich den zurechtgemachten Tisch begutachtete. „Also dann.“ Steve zeigte mit einer Hand an das James sich setzten sollte und da dieser reichlich perplex war über Steves Aktion, folgte er wortlos.
 

Steve folgte ihm in den Schneidersitz, worauf auch schon Muffin an seine Seite eilte, den er ermahnte, dass er sich zu benehmen hatte. Muffin gab ein enttäuscht klingendes Schnaufen von sich.
 

„Ich hoffe, Steak ist ok?“ James schaute auf den Teller vor sich und nickte weiterhin stumm.
 

Keiner von beiden ging dazu über, zu essen.
 

Das leichte Seufzen von Steve ließ James zögerlich zu ihm schauen.
 

„Hab ich es wieder übertrieben? Ich meine…ich dachte nur wenn du dich unwohl fühlst in einer anderen Wohnung oder mit jemandem, den du nicht weiter kennst, gibt dir diese Variante vielleicht etwas mehr Sicherheit und auch eine bessere Möglichkeit, die Flucht zu ergreifen, sollte es dir zu viel werden.“ Steves Lachen lag deutliche Unsicherheit innen. James konnte nicht abstreiten, dass ihn Steves Umsicht ein warmes Gefühl bescherte, das er jedoch nicht zu sehr aufkommen lassen wollte.
 

Dennoch fühlte er sich nun schon etwas entspannter, als vor wenigen Minuten.
 

„Es ist schon etwas schräg.“ James musste nun selbst etwas schmunzeln, über den Aufwand, den Steve für ihn betrieben hatte.
 

„Aber auf jeden Fall mal etwas anderes.“ Er ließ das Lächeln nicht erlöschen, als er Steve bestätigend anschaute, um ihm zu zeigen, dass er seine Mühe zu würdigen wusste.
 

Dass Steve daraufhin rot werden würde, war unerwartet.
 

Steve hatte wieder alles an Ort und Stelle gebracht und erlaubte sich erst jetzt, den Abend noch einmal komplett durch seinen Kopf gehen zu lassen. Er gab zu, dass er fast schon damit gerechnet hatte, dass James ihm doch noch absagen würde und dieses Gefühl hatte sich verstärkt, als er ihn derart unentschlossen vor seiner Tür vorgefunden hatte.
 

Es war seine Intuition gewesen, die ihn diese nach Muffins Gebärden hatte öffnen lassen.
 

Steve spürte, wie sich seine Wangen abermals aufwärmten, als er daran dachte, wie unsäglich aufgewühlt er sich bei James Anblick gefühlt hatte.
 

Denn Wow!
 

Dieser hatte wirklich gut ausgesehen außerhalb des ihm bekannten Erscheinungsbildes und es hatte ihn vollkommen unvorbereitet getroffen. Zum Glück hatte er sich rasch daran erinnert, dass er sich zusammennehmen musste, denn immerhin war es eine Entschuldigung, die er hier versuchte, zu unterstreichen, und nicht der nächste Anlass, sich zu blamieren.
 

Und eigentlich hatte er sogar schon mit dem Gedanken gespielt, James die Last, die er ihm mit seiner Einladung auferlegt zu haben schien, wieder zu nehmen, indem er ihm zu sagen gedachte, dass es in Ordnung sei, wenn er lieber wieder gehen wolle. Dass er ihm dies auf keinen Fall übel nehmen würde, nachdem dieser sich so zynisch sich selbst gegenüber gezeigt hatte.
 

Aber dann war ihm diese Idee gekommen und er froh, dass er es durchgezogen hatte. Denn am Ende war er wieder ein kleines Stück zu James vorgedrungen, zeigte sich dieser doch etwas unbefangener über ihr Essen hinweg.
 

Es erfüllte Steve mit Zuversicht.
 

Vielleicht sollte er sich eine Liste anfertigen was James betraf, damit er nicht vergaß, was dieser mochte oder zu mögen schien und was nicht. Es wäre auf jeden Fall von Vorteil, um Stolpersteine zu beseitigen.
 

So konnte er auch schon einmal notieren, dass James etwas von Wein verstand.
 

Bucky hatte keine Ahnung davon.
 

Und das er eine Vorliebe für Schokolade besaß.
 

Genau wie Bucky.
 

Steve hatte auch sein Versprechen eingehalten und James vom Grund für seinen Umzug nach New York erzählt.
 

Er hatte ihm damit gleich noch verraten, dass sein eigentlicher Beruf Holzfäller gewesen war. Doch studiert hatte er Kunst. Er hatte ein Jahr an einer High School unterrichtet. Dann erfuhr er von seinem Kumpel Logan, dass sie neue Leute suchten und er hatte sich den Gedanken eine Weile durch den Kopf gehen lassen. Die Bezahlung war gut und er wollte seine Eltern schon immer gern etwas mehr unterstützen. Außerdem verlange es ihm nach etwas mehr Einsatz, als jeden Tag nur vor einem Schreibtisch zu sitzen oder vor einer Tafel zu stehen.
 

Nun, wo er seinem Körper auch endlich etwas abverlangen konnte, was den größten Teil seines Leben so nicht möglich gewesen war.
 

Und da es jedes Jahr auch nicht zu unterschätzende Waldbrände in ihrer Region gab, hatte er sich über die Saison darin ebenso nützlich gemachte. Mit der Zeit hatte sich dann der Gedanke gefestigt, dass er in diesem Beruf mehr bewirken konnte und hatte schließlich einen weiteren Neustart gewagt. In New York suchte man stets neue und gewillte Feuerwehrleute und er wollte eh eines Tages zurück zu seinen Wurzeln.
 

Nicht zuletzt auch wegen Bucky.
 

Aber Steve hatte sich im letzten Moment dazu entschlossen, dieses Detail für sich zu behalten.
 

Es mochte seltsam sein, aber Steve erschien es nicht angebracht, von Bucky zu erzählen, so wie es ihm auch nicht angebracht erschien, Bucky von James zu erzählen. Es war ein schwer zu beschreibendes Empfinden und deswegen schob er es auch so weit in sich zusammen, dass es ihn nicht weiter belästigte.
 

Auf jeden Fall waren kleine Anekdoten günstig, um sich nicht in unsicherem Schweigen zu verlieren. Also erzählte er James einfach von ein paar Erlebnissen und dieser hatte ihn gelassen, ohne sich genervt zu zeigen.
 

Im Gegenteil.
 

Ab und zu hatte er auch etwas hinterfragt oder konnte eine bestimmte Sache nachvollziehen.
 

Es hatte Steve vollkommen zugereicht. Es war mehr als er erwartete hatte.
 

Der Abend mochte verhältnismäßig kurz ausgefallen sein, aber Steve sah es im Großen und Ganzen doch als einen Erfolg an, wo sich das Risiko, es darauf ankommen zu lassen, gelohnt hatte.
 

Und vielleicht sah es James ja genauso.

Das Chatfenster erhellte sich, ebenso wie Buckys Gesichtsausdruck, als er Steve erblickte.
 

„Hey Stevie.“
 

„Hey Buck.“ Dieser strahlte noch immer und Steve sah sich davon angesteckt und hielt ebenso ein Schmunzeln auf den Lippen. „Was hast du angestellt?“, erkundigte er sich bei Bucky, der in einer Geste der Unschuld mit einer Hand auf seine Person deutete. „Wie kommst du denn darauf? Kann ich mich nicht einfach freuen, meinen besten Freund nach all den Tagen einmal wieder zu sehen?“ Steve hob skeptisch eine Augenbraue. „Ich würde es dir glatt abkaufen, wenn du nicht einfach nach L.A. gezogen wärst und mich hier hast sitzen lassen.“ Auch wenn diese Tatsache für ihn stets mit einer gewissen Enttäuschung einherging, so legte er seine Betonung so, dass es in diesem Moment doch eher ein neckender Aufzieher war. Bucky schien dennoch etwas aus der Bahn geworfen, deutete er dessen wechselnde Mimik richtig. Anscheinend hatte Steve die heitere Stimmung grade eben mit nur einer unbedachten Bemerkung zum Erliegen gebracht und er fühlte sich augenblicklich dumm deswegen.
 

Etwas bewegte sich an der Seite von Buckys Bildschirm entlang, was ihrer beider Aufmerksamkeit darauf zu lenken vermochte. „Was ist das?“, fragte Steve sogleich, dankbar, dass ihm etwas zum Ausweichen gegen wurde. Buckys Züge hellten sich wieder auf. Mit einer Hand nahm er das, was Steve nun als eine Echse deuten konnte, in seine Hand und zeigte ihm das blassgelbe Reptil in voller Schönheit. „Darf ich vorstellen, das ist Bernie. Bernie, sag hallo zu Steve.“ Die Echse leckte sich stumm über eines ihrer Augen. „Er mag dich.“, meinte Bucky albern und Steve gab ein amüsiertes Schnaufen von sich. „Wo hast du ihn her? Ich hoffe er ist nicht giftig. Gott Buck, sag mir nicht, das du irgendeine Echse eingesteckt hast, ohne zu wissen was es ist.“ Leichte Panik machte sich in Steve bemerkbar über diesen Gedanken. „Meine Güte Stevie, ich mag zwar nicht immer der Hellste sein, aber so lebensmüde bin ich nun auch wieder nicht. Es ist ein Goldgecko, wie man uns erklärt hat. Die gibt es hier zuhauf. Und dieser kleine Kerl hat sich irgendwie in unser Zimmer verirrt.“ Der Gecko - Bernie - blinzelte träge und machte sich ebenso gemächlich daran, Bucky aus der Handfläche klettern zu wollen.
 

„Ist er nicht allerliebst?“, säuselte Bucky. Im Hintergrund tat sich etwas und Steve hörte wie jemand „Ist das Steve?“ fragte und sich einen Augenblick später Moritas Gesicht mit in die Kamera schob. Jedoch änderte sich das schlagartig wieder, als dieser Bernie entdeckte und wie von der Tarantel gestochen wieder zurückwich. „Verdammt Jim! Ist das Vieh immer noch hier! Werf es endlich aus dem Fenster, sonst bekomm ich die Nacht kein Auge zu!“, wetterte Morita verdrossen und in gebürtigem Abstand.
 

„Niemals!“, jauchzte Bucky empört, gefolgt von einem Zwinkern zu Steve. Damit erhob er sich, Bernie noch immer auf seiner Hand, und Steve konnte verfolgen, wie Morita weiter in den Hintergrund rutschte, je näher Bucky ihm mit seinem neuen, kleinen Kumpel kam. „Fuck you!“, grollte Morita nur, um daraufhin durch irgendetwas nach hinten zu kippen und am Boden weiter vor sich hin zu schimpfen. „Das bekommst du wieder, Buchanan, das verspreche ich dir!“ Damit stolperte Morita schließlich aus dem Zimmer und Bucky brach in haltloses Gelächter aus.
 

Und es zog Steve geradewegs ins Herz. Es war so unsäglich lange her, dass er Bucky so sehen und hören konnte. So selten war dieses offene, herzliche Lachen geworden, dass er erst jetzt bemerkt, wie sehr er es tatsächlich bei ihm vermisst hatte.
 

***
 

„Wow Mr. S., das ist ja eine echt Schönheit.“ Steve schaute auf Darcys Worte vom Flur, wo er sich gerade seine Schuhe zuband, ins Wohnzimmer, wo sie mit interessiertem Blick das Teleskop betrachtete, das er gestern Abend aufgebaut hatte. „Es war ein Geschenk und ich wollte es auch endlich einmal ausprobieren.“
 

„Mit dem Baby werden Sie Spaß haben.“ Darcy schaute durch das Suchfernrohr und drehte an einigen der Einstellungsrädchen herum. „Aber für gut 2500 Dollar sollten man das auch.“ Steve zog über diesen Hinweis fassungslos die Augenbrauen nach oben. „Huh?“
 

„Oh, das sollte wohl ein Geheimnis bleiben. Jedenfalls ist es ein Profigerät mit allerlei netten Kleinigkeiten, um dort oben nach kleinen grünen Männchen suchen zu können.“
 

Steve fehlten noch immer etwas die Worte. Er hatte dieses Teleskop von seinen Freunden geschenkt bekommen, nachdem er wohl mehr als einmal sehnsüchtig gemeint habe, dass er den freien Blick in die Sterne vermissen würde, seit er wieder in New York wohnte.
 

Dass sie jedoch solche Kosten auf sich nehmen würden, versah ihn nun deutlich mit einem schlechten Gewissen. Auch, weil das Teleskop schon ziemlich lange darauf hatte warten müssen, dass man es überhaupt einmal auspackte.
 

„In zwei Tage haben wir einen Strawberry Moon.“, teilte ihm Darcy mit, während sie noch immer durch das Fernrohr schaute. „Und dieser Herr dort, hat einen wirklich knackigen Hintern. Miau!“
 

„Darcy!“ Diese zeigte ein Schulterzucken und ein süffisantes Grinsen, als sie sich schließlich wieder Steve zuwendete, der nun auch langsam los musste. „Was soll ich sagen, es ist eben auch ein Spielzeug für Erwachsene. Wenn Sie wollen, kann ich ihnen ein paar Tipps geben, wenn sie mal jemanden ganz romantisch beeindrucken wollen, mit dem Blick in die Sterne.“ Bei diesem Vorschlag wippte Darcy verstohlen mit den Augenbrauen. „Meine Dozentin Dr. Foster steht auf Sterne.“, merkte sie wenig subtil an, doch Steve schüttelte nur ablehnet den Kopf. Darcy hatte ziemlich Gefallen daran gefunden, ihn ständig verkuppeln zu wollen.
 

Steve ignorierte diese Anspielung gekonnt. Ihm fiel jedoch wieder ein, dass Darcy irgendetwas in dieser Richtung studierte, oder als berufliche Laufbahn anstrebte, neben ihrem Dazuverdienst als Dog-Walker.
 

Und es wäre wirklich nicht schlecht, wenn ihm jemand in die Kunst des Sterneschauen einweihen würde, war er sich sicher, dass ihn die Handhabung dieses Gerät doch reichlich überfordern würde. Er war nicht unbedingt der geduldigste Typ, wenn es um solche Dinge ging.
 

**
 

Es war zwei Tage später, als Steve sich vor der Tür von James befand und nicht so recht wusste, ob er ihn nun tatsächlich stören sollte. Es war eine spontane Idee gewesen, als ihm Darcy gestern dabei behilflich gewesen war, das Teleskop auf dem Dach auszuprobieren. Es war ungemein interessant und Darcy hatte ihm das ein oder andere Highlight am nächtlichen Firmament gezeigt. Es hatte ihn mehr als beeindruckt. Und deswegen stand er nun hier, weil er hoffte, dass sich James vielleicht dazu animieren lassen würde, heute dieses, für ihn, erste große, astronomische Erlebnis mit ihm teilen zu wollen.
 

Er atmete noch einmal tief durch, bevor er die Klingel betätigte. Es blieb vorerst still, bis leises Rumoren zu vernehmen war. Steve kam der Gedanke, dass er unbedacht gehandelt habe, da James womöglich nicht an die Tür ging, wenn er nicht wusste wer es war. Es blieb weiterhin still und Steve war schon im Begriff wieder gehen zu wollen, als ein leichtes Scharren an der Tür Steve annehmen ließ, dass James einen Blick durch den Spion geworfen haben könnte, was ihn noch einen Moment verharren ließ.
 

Und tatsächlich öffnete sich die Tür daraufhin ein Stück und Steve erkannte das recht mitgenommen wirkende Gesicht von James, der ihn augenscheinlich irritiert anschaute.
 

„Sorry, wenn…wenn ich ungelegen komme…ich…“ James öffnete die Tür ein Stückweit mehr und schüttelte leicht den Kopf. „Schon ok.“ Steve war sich nicht sicher, ob er dem Glauben schenken sollte, aber er setzte trotzdem an, das vorzubringen, weswegen er hier erschienen war.
 

„Als, ich wollte fragen, ob du Lust hast, mit auf das Dach zu kommen. Heute ist Strawberry Moon und ich hab dieses Teleskop und ich dachte, naja vielleicht…wenn du willst…also…“ Steve gab ein Seufzen wieder, über das Hängenlassen seiner Schultern. Er quasselte, wenn er sich nervös fühlte und James schien eh nicht in der Verfassung, sein Angebot annehmen zu wollen. Steve seufzte erneut. „Sorry.“
 

„Gibt es Kaffee dazu?“, hörte er James unerwartet fragen, worauf ihn Steve kurz unschlüssig ansah.
 

„Ich kann gern welchen machen.“, gab er mit einen Lächeln an, was James kurz nicken und mitteilen ließ, dass er in zehn Minuten oben sei. Steve spürte ein freudiges Pulsieren in seinem Brustkorb, bevor er sich wieder nach oben begab und eine großzügige Kanne des guten Kaffees aufsetzte, den er sich für besondere Gelegenheiten aufhob.
 

Denn so gesehen war es eine besondere Gelegenheit.
 

Steve bekam das Lächeln nicht aus seinem Gesicht.
 

Er hatte soweit alles platziert, was es brauchte, um es sich auf den vorhandenen beiden Holzliegestühlen auch ein wenig gemütlich machen zu können, die er mit Beginn der wärmeren Tage aus ihrem Winterschlaf befreit hatte.
 

Das blecherne Knarren der Metalltür des Aufganges, kündigte James' Erscheinen an und Steve lächelte erneut. Straffte sich aber, bevor er sich diesem zuwandte, nur um doch wieder die Mundwinkel nach oben zu ziehen, als er James in einen Decke gehüllt vor fand, die dieser sich sogar noch über den Kopf gezogen hatte. Es war ein nahezu drolliger Anblick, aber diesen Gedanken schüttelte Steve sofort wieder ab. Er glaube nicht, dass James diese Meinung begrüßen würde.
 

„Hey.“, machte er auf sich aufmerksam, was auch Muffin, von seinen Platz im mitgebrachten Hundekorb, aus seinem Schlaf zog und er James begrüßend entgegen wackelte.
 

James schenkte ihm ein etwas angespanntes Lächeln und Steve fragte sich erneut, ob er sich ihm wiederholt aufgezwungen hatte.
 

James Blick fiel auf das Teleskop hinter ihm, und sein Gesicht hellte sich ein wenig auf.
 

„Nicht schlecht.“, meinte er, als er davor zum Stehen kam und es sich ausgiebig besah. „Darf ich?“ James schaute fragend zu Steve, der ihm andeutete, dass er ruhig wagen durfte, hindurchzuschauen.
 

James streifte die Decke von seinem Kopf und summte angetan über das, was er dadurch zu sehen bekam.
 

„Es ist immer wieder faszinierend.“, murmelte er wohl eher für sich als an Steve gerichtet, was Steve jedoch nicht störte. Im Gegenteil. James schien recht eingenommen von dieser Chance, sich im Nachhimmel ausführlicher umsehen zu können. Steve indes setzte sich auf einen der Stühle und schenkte etwas von dem Kaffee in der Thermoskanne in zwei mitgebrachte Tassen.Es erfüllte ihn mit einem warmen Gefühl, James einmal sichtlich unbefangen zu sehen, auch wenn dies nichts mit ihm persönlich zu tun hatte.
 

Immer noch solch ein Kontra zu Buckys Art, sich zu präsentieren.
 

Schließlich sagte sich James wieder los und für einen Augenblick zeigte er einen Ausdruck von Zufriedenheit, der Steve direkt ins Herz zog. Doch dann verschwand er wieder unter der unsicher wirkenden Fassade, was Steve etwas wehmütig seufzen ließ.
 

Er deute auf den Platz neben sich und reichte James eine der Tassen, als dieser sich gesetzt hatte.
 

James nahm einen Schluck und verzog etwas Gesicht. „Ich nehme nicht an, dass du hier irgendwo Zucker hast?“
 

Oh.
 

Steve sprang ohne ein Wort auf und verschwand vom Dach, nur um wenig später mit einem Behälter mit Zucker wieder zurück zu sein. James nickte dankend und schüttete auch gleich reichlich davon in seinen Becher.
 

Bucky mochte seinen Kaffee immer schwarz.
 

„Ich hasse Kaffee, aber er macht munter.“, rechtfertigte James sein Vorgehen, war er sich dem amüsierten Blick von Steve wohl deutlich bewusst.
 

Steve beließ es dabei, weiter zu schmunzeln, bevor er James wieder ansprach.
 

„Darf ich annehmen, dass das nichts Neues für dich ist?“ Steve deute auf das Teleskop. James lehnte sich zurück und zog sich seine Decke zurecht. „Ich hatte als Kind eines. Doch bei Weitem nicht so kostspielig. Aber es war ein Zeitvertreib, der es mir nach und nach angetan hatte.“ James nahm einen weiteren Schluck von seinem Kaffee und schaute daraufhin etwas sehnsüchtig wirkend in den Himmel. „Ich wollte Kosmonaut werden. Aber das ist nichts geworden…“ Steve schaute James mit einem Schmunzeln an. „Kosmonaut? Wolltest du für die russische Seite starten?“
 

„Es ist meine Heimat. Ich und Becca sind dort geboren. Wären unsere Eltern nicht bei einem Autounfall gestorben, hätten wir diesen Schritt, in die Staaten zu kommen, womöglich nie in Betracht gezogen. Nur gab es danach nicht mehr viel, was uns dort hielt. Also…“ Steve senkte nun etwas beschämt den Kopf, da er nicht wusste, was er darauf erwidern sollte. Es war ein recht privater Teil aus James Leben und es ließ ihn sich unbeholfen fühlen, zeigte dieser sich doch sonst so verschlossen.
 

Doch noch bevor er irgendetwas darauf sagen konnte, war Muffin an James Liege aufgetaucht und stellte sich daran auf. Was mit nur einem gesunden Hinterbein etwas wackelig daherkam. Steve atmete innerlich durch, als James Muffin zu sich auf den Schoß nahm und sich der betrübte Ausdruck auf dessen Gesicht wieder legte.
 

Es blieb ruhig zwischen ihnen, nur die abendlichen Geräusche der sie umgebenden Nachbarschaft waren zu vernehmen. Wenigstens etwas worauf sich Steve konzentrieren konnte, bevor er ein Raunen von James einfangen konnte. „Sorry. Ich weiß es ist anstrengend mit jemandem wie mir. Ich sollte lieber wieder gehen.“ Daraufhin setzt er Muffin wieder ab und erhob sich. „Danke für…“ James machte eine unsichere Geste und war schon drauf und dran verschwinden zu wollen, als Steve ein Stück von dessen Decke zu greifen bekam und festhielt.
 

„Es macht mir nichts aus.“, stellte er klar, während James ihn etwas verschreckt anschaute über den Versuch ihn vom Gehen abhalten zu wollen. Es war mehr eine Kurzschlussreaktion gewesen, aber Steve nutzte den Moment dennoch.
 

„Es macht mir nichts aus. Ich weiß, dass es seine Gründe hat, warum du dich lieber zurückziehst und ich weiß, dass ich ziemlich nervig sein kann. Und womöglich gibst du nur nach, in der Hoffnung, dass ich irgendwann begreife, dass es keinen Sinn macht, dich weiter zu behelligen.“ Steve verzog daraufhin etwas leidlich das Gesicht, traf ihn dieser Gedanke gerade mit aufgehender Wahrscheinlichkeit. „Aber vielleicht liege ich auch falsch und du fühlst dich einfach nur genau so unsicher wie ich, ständig etwas zu vermasseln?“ James wendete sich dem nach einer Antwort suchenden Blick, den Steve auf ihn gerichtet hielt, nicht ab und es fühlte sich an wie ein wenig Bestätigung.
 

„Warum? Warum legst du Wert darauf?“ James Ausdruck hatte etwas Irritiertes angenommen und er wirkte noch immer zu einem abrupten Rückzug bereit.
 

Steve fragte sich erneut, was James widerfahren sein musste, um ihn derart am Interesse anderer an seiner Person zweifeln zu lassen. Oder war er schon immer der zurückgezogene Typ und es hatte sich mit der Zeit nur noch verstärkt? Was fürchtete er, das ihm bei etwas sozialen Kontakt erwarten würde? Oder hatte er für sich schon lange beschlossen, dass die Dinge gut so waren, wie sie eben waren und Steve war tatsächlich nur ein nerviger Nachbar?
 

James wartete noch immer auf eine Antwort und Steve beschloss erneut, dass er den Ursprung für sein Interesse an James für sich behalten sollte.
 

Er erinnerte sich an Sharons Worte und Steve fühlte sich mit einem Male wieder schlecht.
 

Was genau versprach er sich nun eigentlich von seiner Beharrlichkeit?
 

„Ich denke, du bist ein netter Kerl.“, rutschte es ihm dann einfach hervor, worauf er deutlich James Zweifel daran an ihm ablesen konnte.
 

„Du kennst mich doch so gut wie gar nicht. Ich könnte genauso gut ein durchgeknallter Psychopath sein, der nur auf so einen gutmütigen Einfallspinsel wie dich wartet.“, merkte er etwas energischer an, sodass ihm die Decke von den Schultern auf den Boden rutschte. Muffin gab ein angetanes Grunzen von sich und nahm die Chance wahr, es sich auf dem Deckenknäul bequem zu machen.
 

Steve wie auch James schaute auf den zufrieden hechelnden Mops.
 

„So wie ich das sehe, steht es zwei gegen einen. Und glaube mir, wenn ich sage, dass Muffin ein Gespür für unangenehme Leute besitzt.“ Steve wendete sich wieder direkt an James. „ Ich würde es gern darauf ankommen lassen.“ Er setzte seine sturmerprobte Kombination aus einem Lächeln und den ausschlaggebenden, treuherzigen Augen auf, von dem er wusste, dass es bei den meisten dazu führte, dass sie sich davon erweichen ließen.
 

„Was zum Teufel, Rogers!“ Und für einen Augenblick war es Bucky, den er vor sich glaubte, was Steve etwas in seiner Mimik schwanken ließ, bevor er sich wieder fasste.
 

Es ist nicht fair ihm gegenüber…
 

„Hundeblicke sind für Kinder, das ist dir schon klar oder?“ Steve hielt an seinem rührseligen Ausdruck fest.
 

James schüttelte leicht seinen Kopf.
 

„Was braucht es, damit du diesen Ausdruck auflegst?“ James deute auf Muffin, dessen Zunge ihm immer noch aus dem Maul hing, verbunden mit einem verträumt wirkenden Blick, ob der zu verspürenden Entspannung. Steve wurde schlagartig rot, als ihm ein äußerst unpassender und frivoler Gedanke einholte, den James zu Steves Horror genau zu deuten schien, vernahm er ein aufziehendes „Oh mein Gott! Ist das dein Ernst?“ daraufhin.
 

Und Steve konnte nicht anders, als wieder zu James zu schauen, als er diesen zum ersten Mal lachen hörte. Es war das Unbefangenste, das er je bei ihm gesehen hatte und es ließ Steve trotz Verlegenheit automatisch angetan lächeln.
 

***
 

Steve spürte dieses wehmütige Gefühl des Vermissens, als er sich durch das neuste Album von Buckys hochgeladenen Reisefotos klickte. Wie auch bei seinen anderen Bildern dominierte Landschaft das Auge des Betrachters, doch es gab auch genug Schnappschüsse, in welchen Bucky zu sehen war. Steve konnte nichts dagegen tun, wenn sich ab und an das Gefühl von kneifender Eifersucht zeigte, wenn er ihn mit den anderen Jungs sah. Sei es auf dem Weg einen steinigen Pfad hinauf. Oder wenn sie zusammen an Rande eines Sees ihr Lager aufgeschlagen hatten. Oder sich im Getümmel einer der lebhaften und bunten Städte befanden. Steve schüttelte mit einen Schmunzeln den Kopf, als eines der Bilder Bucky beim peniblen Rasieren zeigte, wo der Rest der Gruppe es irgendwann aufgegeben zu haben schien. Aber Bucky war schon immer der eitle Typ gewesen, weswegen er seine Haare wohl nun auch unter einem Beanie versteckte, da ein Frisörbesuch nicht unbedingt eine Option darstellte auf ihrem Trip. Steve schaute noch einen Augenblick sehnsüchtig auf seinen Freund, bevor er sich ermahnte, dass er sich nicht so albern haben solle.
 

Ein weiterer Klick und der Drucker zu seiner Rechten tat seine Arbeit. Es mochte vielleicht etwas seltsam erscheinen, aber Steve hatte angefangen, sich die Fotos auszudrucken die ihm besonders gut gefielen und daraus eine Art Kollage zu fertigen, die sich über seinem Schreibtisch angebracht befand.
 

Somit fühlte er sich nicht ganz so zurückgelassen.
 

Er hatte gerade das letzte Foto an seinen Platz gepinnt, als auch schon Muffin ins Zimmer getrappt kam.
 

„Ich bin gleich soweit.“
 

Es wäre die letzte Runde für den heutigen Tag und Steve verspürte seit einiger Zeit selbst immer etwas Vorfreude, wenn sie zu ihrem Abendspaziergang aufbrachen. Denn es war nicht unüblich geworden, dass James sie dabei begleitete, wenn ihm danach der Sinn stand.
 

Es war nicht einfach, das sich anbahnende Grinsen zu zügeln, als er ihn dann auch schon vor dem Haus stehen sah und sie sich nach dem Begrüßungsritual von Muffin auf den Weg machten.
 

James war noch immer ein zurückhaltender Charakter, aber dann und wann zeigte er sich schon etwas zugänglicher, selbst wenn er nur davon erzählte, dass ihm Mrs. Thomson am frühen Morgen im Haus abgefangen hatte, um ihm etwas von ihrem zubereiteten Auflauf in die Hand zu drücken.
 

„Oh, dann bin ich wohl nicht mehr ihr Lieblingsnachbar.“, lachte Steve, kannte er doch die Hartnäckigkeit der alten Mrs. Thomson selbst aus erster Hand. Sie beherbergte die unerschütterliche Fürsorge einer Großmutter, weswegen sie manchmal dem ein oder anderen Bewohner etwas Hausgemachtes zu Essen zukommen ließ, wenn sie der Meinung war, dass in dieser Hinsicht eindeutig Nachholbedarf bestand
 

„Aber ihre Lasagne ist wirklich 1A. Sie weigerte sich aber strickt mir ihr Rezept zu verraten.“ Steve knuffte James leicht ohne dass dieser in eine Abwehrhaltung ging und Steve sah auch dies als einen großen Fortschritt. „Vielleicht kannst du sie ja für mich bezirzen, jetzt wo sie dich auch zu ihren Schäfchen zählt.“ Steve schenkte James ein amüsiertes Zwinkern. James gab ein kurzes Schnaufen von sich, verbunden mit einem dagegen stehenden Lächeln.
 

„Ich denke dazu reicht mein Charme leider nicht, Mr. S.“
 

„Oh, nicht doch!“ Steve hielt in seinen Schritten inne über diese Bemerkung, was James ein wissendes Grinsen aufsetzen ließ. Steve spürte wie ihm vor Verlegenheit die Wangen warm wurden.
 

„Du hast also auch schon Bekanntschaft mit Darcy gemacht?“ James zuckte leicht mit den Schultern.
 

„Sie kam mir vor ein paar Tagen mit Muffin im Haus entgegen und da dein kleiner Kumpel nicht an mir vorbei kam, ohne mich vorher angesabbert zu haben, schien sie wohl der Meinung, sich gleich vorstellen zu wollen.“ Steve fühlte sich noch etwas unruhiger, konnte er sich ausmalen, dass James Darcys unbefangene Art durchaus unerwünscht gewesen war. „Ich hoffe, sie hat dich nicht zu sehr in Beschlag genommen? Sie kann etwas anstrengend sein, wenn man sie nicht kennt, aber sie ist wirklich in Ordnung.“, versuchte er die Ungewissheit, wie Darcy mit James umgegangen sein mochte, etwas aufzuklären.
 

James gab ein müde klingendes Seufzen von sich. „Ich gebe zu, dass mich die Dynamik in dieser Nachbarschaft gern überfordert. Es ist nicht das, was ich erhofft hatte, als ich in dieses Apartment gezogen bin, aber…“ Steve schaute mit abwartender Anspannung auf James Rücken wenige Meter vor ihm. „Aber?“ Dieser wendete sich ein klein wenig zu Steve um. „Aber Rebecca meint, dass es mir helfen kann, wieder…“ James senkte seinen Kopf, den er nach einem Moment des Schweigens leicht schüttelte. Steve verstand auch so, dass es kein Ende für diesen Satz geben würde. Zumindest nicht jetzt.
 

„Verstehe.“ Steve nahm Muffin auf den Arm und schenkte James, der ihn nun etwas unentschlossen anschaute, ein ehrliches Lächeln. „Dann werden wir zwei uns wohl etwas einfallen lassen müssen, um in Zukunft so unauffällig wie möglich auf uns aufmerksam zu machen. Oder was meinst du Kumpel?“ Muffin leckte Steve zustimmend über die Wange, worauf sie beide James einen motivierten Gesichtsausdruck zuwarfen, dem dieser mit einem seichten Auflachen begegnete. „Dann sollte ich mich wohl auf einiges gefasst machen Mr. Sexy Legs.“ Steve gab ein peinlich berührtes Raunen von sich, über diesen von Darcy auserwählten Spitznamen. „Dass sie dir das tatsächlich auch noch erzählen musste!“, murrte er sah aber davon ab sich weiter darüber zu beschweren, war es doch ein Grund, der James zu amüsieren schien und er somit darüber hinwegsehen konnte.
 

Leichter Regen gesellte sich zu ihrer Runde durch die angestrebte Grünanlage, der sich schon den ganzen Tag in grauen Wolken versteckt gehalten hatte und gerade jetzt beschließen musste, sich loszusagen.
 

Steve zog den schmalen Kragen seiner Jacke etwas mehr nach oben.
 

„Vielleicht sollten wir wieder zurück, bevor es noch schlimmer wird.“, meinte er nach ein paar Minuten in denen sich ein beständiger Nieselschleier gebildete hatte.
 

Sie waren auf halben Weg zurück, als ein greller Blitz durch den aschgrauen Himmel zuckte, gefolgt von einem dumpfen Grollen, das Steve ein „So war das aber nicht angesagt“ von sich geben ließ und sein Blick sich auf James richtete. Nur befand sich dieser nicht mehr an seiner Seite und auch nicht knapp hinter ihm, so wie Steve feststellen konnte. Zu Steves Entsetzten kniete James auf dem Gehweg und hielt seine Hände krampfhaft an seinen Kopf gepresst, was Steve schnellstmöglich wieder zu diesem zurück eilen ließ. Der Regen intensivierte sich und ließ die Gestalt von James nur noch mehr zittern. Steve begab sich vorsichtig vor ihm in die Hocke. Er hörte das Tuscheln vorüberziehender Passanten, dem er aber keine genauere Beachtung schenkte und sich nur auf den Mann vor sich konzentrierte.
 

Ein weiterer Blitz pulsierte durch die Wolkendecke, was James ein ersticktes Jammern entlockte und er seine Handflächen sich nur noch stärker auf seine Ohren presste.
 

„James, hey.“, versuchte es Steve mit ruhiger Stimme, doch schenkte James ihm keine Beachtung.
 

Steve versuchte es etwas lauter und nachdrücklicher, aber auch dann schien er nicht zu James vorzudringen.
 

Soweit es Steve beurteilen konnte, schien es sich um einem Panikanfall zu handeln. Nun, wo er wusste, dass James anfällig für so etwas war. Und es erinnerte ihn mit schwerem Herzen an Bucky, war dieser nach seinem Dienst in der Army ab und an ebenfalls Opfer solcher Attacken gewesen.
 

Dadurch hatte er sich auch eine gewisse Ahnung erlernen können, damit umzugehen.
 

Die Frage war nur, wie weit er sich wagen durfte, dem anderen nahe zu kommen. Jeder konnte anders darauf reagieren und Steve konnte nicht sagen, warum genau es James in diesen Zustand versetzt hatte.
 

War er womöglich ebenfalls ein Veteran?
 

Aber eines war klar, er musste ihn soweit zugänglich machen, dass er ihn nach Hause bringen konnte.
 

„James, ich werde jetzt meine Hand auf seine Schulter legen. Ist das in Ordnung?“ Noch immer keine Antwort.
 

Steve entschied sich, dass er es darauf ankommen lassen musste und wappnete sich schon einmal für das ein oder andere Szenario. Auch wenn James ihn nicht anschaute, machte er seine Bewegung vorsichtig genug, dass dieser sich nicht abrupt aufgeschreckt sehen sollte. Er hatte seine Hand nur leicht auf James linke Schulter sinken lassen, als dieser einen gequälten Laut von sich gab und sich hektisch der Berührung entzog. Es war ein unkoordiniertes Zurückweichen, das James auf Händen und Füßen bewerkstelligte. Es erinnerte Steve an die Gebärden eines verschreckten Tieres. Steve versuchte die nun doch merkliche Aufregung, ob solch einer unerwarteten Situation, herunterzuschlucken. Es wäre keinem geholfen, wenn er nun ebenso die Nerven verlieren würde.
 

Dann kam ihm jedoch ein Gedanke. Rasch zog er sein Handy hervor, während er sich wieder näher an James heranpirschte.
 

Das Grunzen und das Ziehen an der Leine in seiner Hand ignorierte er, bis ihm diese regelrecht aus der Hand gezerrt wurde und er dabei zusehen konnte, wie Muffin auf James zu hoppelte und dessen rechte Hand zu lecken begann. Ein Moment des Luftanhaltens folgte, in dem er auch vergaß schließlich Rebeccas Nummer anzuwählen.
 

Dann rührte sich etwas in James verspannter Mimik und Steve konnte verfolgen, wie dessen Blick wieder etwas Fokussiertes annahm und er schließlich seine rechte Hand nach Muffin ausstreckte und diesen hinter den Ohren zu kraulen begann. Steve nutzte diese Gelegenheit sich abermals an James zu wenden.
 

Erneut begab er sich auf eine Höhe mit ihm und schaute einen weiteren Augenblick dabei zu, wie James Muffin das ein oder andere zufriedene Grunzen entlockte mit seinen Streicheleinheiten, bevor er seine Stimme erhob.
 

„Hey.“ James Aufmerksamkeit legte sich ruckartig auf ihn und er schaute ihn aus großen, unsicheren Augen an, was Steve deutlich an seinem Herzen ziehen spürte. „James.“, versuchte er es weiter, verbunden mit einem warmen Lächeln.
 

„Hey.“ James Stimme klang kratzig und unbenutzt. Dann folgte einem Moment in dem dieser zu realisieren schien, was vorgefallen sein musste, was ihn ein frustriertes „Shit!“ von sich geben ließ und er beschämt seinen Kopf senkte, während er sich nun wieder auf seine Beine begab. Steve war aufmerksam geblieben und konnte dem sich ansetzenden Schwangen, das James erfasste entgegenkommen, indem er ihm Halt bot.
 

„Geht schon…“, knurrte dieser folglich, doch Steve ließ sich nicht abwimmeln und stützte ihn weiterhin.
 

„Lass uns nach Hause gehen.“, meinte er schließlich nur, was James ein weiteres Knurren hervorbringen ließ und er abermals versuchte sich von Steve loszusagen.

James versuchte das Klopfen an seiner Wohnungstür weiter zu ignorieren, indem er sich noch etwas mehr unter seine Decke wühlte. Auch wenn ihm klar war, dass er seine Schwester damit auf Dauer nicht fernhalten würde können. Nur Becca war starrköpfig genug, sich nicht von einer verschlossenen Tür und etlichen SMS, dass es ihm gut ginge, abschütteln zu lassen.
 

Und er wusste, dass er dieses ganze Szenario Steve zu verdanken hatte.
 

Nachdem er Zeuge dieser erbärmlichste Seite an ihm werden durfte, was James nicht zum ersten Mal frustriert mit der Faust in die Kissen boxen ließ.
 

„In Ordnung du Riesenbaby, raus aus den Federn.“ James grollte laut genug, damit Becca es auch ja nicht überhören würde. Die Sache mit dem Zweitschlüssel war eindeutig keine gute Idee gewesen. Auch wenn sie bis zu einem gewissen Grad immer Rücksicht darauf nahm, wann sie es für notwendig hielt, ihn zum Einsatz zu bringen.
 

Und dies war wohl einer dieser Fälle.
 

„Nun komm schon, Yasha. So, wie ich dich kenne, bist du seit Tagen nicht mehr wirklich aus deinem Nest gekommen.“ Becca kam näher und setzte sich an die Bettkante. „Du stinkst wie ein Eber.“, meinte sie dann tadelnd und James zog seine Decke noch etwas mehr um sich zusammen.
 

Ihre Hand legte sich behutsam auf seine Schulter und er gab ein tiefes Durchatmen von sich.
 

„Steve hat mir erzählt, was passiert ist.“ James spannte sich automatisch an bei diesen Worten. Es war die pure Scham, die ihn einnahm, dachte er daran zurück, wie jämmerlich er auf ihn gewirkt haben musste.
 

„Er macht sich Sorgen, weil er nicht wusste, wie es dir geht.“
 

„Mir geht es gut, verdammt noch mal.“, zischte er verdrossen.
 

Er brauchte kein Mitleid!
 

Von niemandem!
 

Daraufhin blieb es verdächtig ruhig und James konnte sich gut vorstellen, dass Becca gerade dabei war, sich irgendeiner Finte auszudenken, um ihn doch noch aus dem Bett zu treiben.
 

„Tasha ist aus Russland zurück.“, meinte sie dann vorsichtig und James Augen weiteten sich von dieser ungesehen.
 

Ein instinktives „Verdammt“, rutschte ihm dennoch hervor über diese Information und er fühlte sich gleich noch etwas elendiger.
 

„Sie hat nach dir gefragt.“ James atmete tief durch.
 

Das letzte Mal, als er Tasha gesehen hatte, hatte er sich reichlich unmöglich aufgeführt und er war sich sicher, dass er sie damit endgültig vertrieben hatte.
 

Es gab nur so viele Dinge, die eine Freundschaft aushielt und er hatte ihre Geduld über die Jahre mehr als nur einmal auf die Probe gestellt.
 

Dann war sie vor gut einem halben Jahr für ihren Job zurück nach Russland gegangen. Und er war nach allem zu feige, sich bei ihr zu entschuldigen oder sich überhaupt einmal bei ihr zu melden.
 

Und dieses Gefühl hielt sich auch jetzt noch. Denn letztendlich hatte er über die letzten Monate kaum Fortschritte gemacht, wieder in ein normales Leben zurück zu finden.
 

Es war ein selbsttadelnder Mix an Emotionen, der ihm davon abhielt, etwas anderes darauf zu erwidern, und er weiterhin unter seinen Berg an abschirmenden Stoffen liegen blieb, als wäre ihm die Rückkehr seiner einst besten Freundin vollkommen gleich.
 

Und er ärgerte sich wiederholt über sich selbst, dass er solch ein unbeholfener Charakter war, wenn es darum ging, Einsicht nicht nur zuzulassen, sondern auch danach zu agieren.
 

Becca schien sein Schweigen auch nicht mit sturem Nachhaken brechen zu wollen, was sie schließlich nur ein Seufzen von sich geben ließ und ihr Gewicht von der Matratze verschwand.
 

James konnte nicht sagen, ob sie es dabei beließ, da sie ihn derart innig zu kennen schien, oder weil sie selbst irgendwo enttäuscht von ihm war über sein Verhalten. Tasha war für Becca immer schon eine Art große Schwester gewesen und er wusste, dass es sie traurig stimmte, dass er sie nun derart zu meiden schien.
 

Es herrschte erneut ein stiller Moment, worauf er mitbekam, wie Becca das Schlafzimmer wieder verließ. Kurz darauf war das Klappern von Geschirr zu hören, das Becca höchstwahrscheinlich für ihn spülte, hatte er die letzten Tage keinen Elan für diese Art des Ordnungschaffens aufbringen können.
 

Er war wieder etwas eingedöst, als er Schritte wahrnahm, die sich durch den Raum bewegten und er aus seinem Kokon verfolgen konnte, wie man seine auf dem Boden liegenden Sachen einsammelte.
 

Ein Murren bahnte sich seinen Weg über James Lippen. „Du musst nicht auch noch meine Wäsche waschen. Ich bin sehr wohl im Stande, das selbst zu erledigen.“, grummelte er, was Becca jedoch nicht in ihrem Tun stoppte. „Deswegen liegt auch alles hier herum, nehme ich an.“ Ein Kichern war daraufhin von ihr zu hören, was James seinen Kopf etwas mehr aus seinem Versteck strecken ließ.
 

Zwischen ihren Fingern befand sich eine Short mit Leoparden Print. „Release the beast“, las sie den auf der Vorderseite befindlichen Druck auch gleich in fragendem Ton vor.
 

James Augen weiteten sich mit verschämten Entsetzen und er wühlte sich hektisch und nicht weniger ungraziös aus den ihn umschlingenden Lagen, um ihr besagtes Wäschestück rasch aus der Hand ziehen zu können.
 

„Die war mal ein Geschenk.“, rechtfertigte er den Besitz dieser Short auf ihre hochgezogene Augenbraue hin.
 

„Uhuh.“
 

„Ich hab meine Unterwäsche doch nicht vor meiner kleinen Schwester zu erklären.“, motzte er schließlich, fühlte aber immer noch die Wärme auf seinen Wangen, über diese Peinlichkeit.
 

„Wie auch immer.“ Sie zog ihm den Stoff wieder aus den Fingern und warf ihn in den am Boden stehenden Wäschekorb. „Und da du nun schon aufgestanden bist, geh endlich duschen.“ Becca legte ein schelmisches Grinsen auf. „Denn ich glaube nicht, das jemand gewillt ist, das `Beast´ in so einem Zustand befreien zu wollen.“
 

„GOTT Becca! Du bist unmöglich!“, knurrte er empört, bevor er schließlich im anliegenden Badezimmer verschwand.
 

Tasha und ihre albernen Geschenke, ging es ihm mehr wehmütig als aufgebracht durch den Sinn, was ihn ergeben in den Raum seufzen ließ.
 

Warum war er nur so Idiot, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen ging?
 

***
 

„Was ist mit deiner Hand passiert?“ Steve schaute auf den üppigen, wollweißen Verband, der sich um seine rechte Hand gebunden befand. Er wackelt kurz mit den hervorguckenden Fingerspitzen, was ein merkliches Schmerzempfinden mit sich brachte und ihn leicht das Gesicht verziehen ließ. „Kleiner Arbeitsunfall. Aber es ist nichts weiter. Nur eine Schnittwunde. In ein paar Tagen ist das wieder in Ordnung.“ Trotz der etwas wackeligen Übertragung ihres Chats, war Buckys Zweifeln erkennbar. Steve wusste sofort, dass er ihm nicht ganz abkaufte, dass es wirklich nur eine Lappalie sein soll. „Nun schau nicht so. Es ist wirklich nichts Besorgniserregendes. So etwas passiert eben ab und an.“
 

„Ja, kann man es mir verübeln? Ich weiß nur zu gut, dass du gern ein paar entscheidende Details auslässt, wenn es um solche Dinge geht. Ich erinnere dich nur zu gern an die Sache mit Billy Dickson.“
 

Steve konnte sich auf diesen Hinweis ein abtuendes Raunen nicht verkneifen, das er in Zusammenhang mit für ihn unnötiger Überbesorgnis perfektioniert hatte.
 

„Spar dir das, Punk! Du hast dich zwei Tage mit einer gebrochenen Rippe rumgeschleppt. Hätte ich nicht zufällig den enormen Bluterguss auf deiner schwachen Brust mitbekommen, als du dich umziehen musstest, weil dir jemand seine Cola über dein Shirt gekippt hatte.“ Ja, diese Story wurde ihm seither schon dutzende Male vorgetragen, und wie immer verschränkte Steve daraufhin trotzige seine Arme vor seiner nicht mehr allzu schwachen Brust. „Es war nur eine Rippe.“ Bucky schüttelte ergeben den Kopf.
 

„Wie genau ist es denn dazu gekommen?“ Es war klar, dass Bucky es nicht so einfach darauf beruhen lassen würde, und eigentlich wollte Steve ihm die Einzelheiten auch nicht erzählen. Bucky machte sich einfach immer zu viele Gedanken. Er war nach seiner Mutter der Zweitschlimmste in dieser Disziplin.
 

„Eine Massenkarambolage auf der Williemsburg Bridge. Eines der Stahlseile zum Bergen war nicht ganz so gut in Schuss.“ Er zuckte gleichgültig mit den Schultern, was Bucky seine Augen missgestimmt verengen ließ.
 

„Gibt es da nicht Überprüfungen, dass euer Equipment in Topzustand ist?“
 

„War nicht von unserem Department. Captain Hill würde uns eigenhändig die Köpfe herunterreißen, sollte so etwas bei uns vorkommen.“ Ein noch immer missmutiges Grummeln kam von Buckys Seite. „Es hätte schlimmer kommen können.“ Steve hatte den Satz grade ausgesprochen, als ihm bewusst wurde, dass diese Information reichlich unangebracht war, zeigten Buckys zuckende Nasenflügel seine Frustration nur noch deutlicher. Bucky war nie begeistert davon gewesen, dass er sich gerade für diesen Job entschieden hatte. Dass er selbst einen weitaus gefährlicheren Weg in der Armee gewählt hatte, war ihm nie eine Debatte wert. Denn irgendwie schien er in Steve immer noch den schmalen, asthmatischen Trotzkopf zu sehen, der keinen Sinn für Selbsterhaltung besaß. Dass er nach dem Desaster des 11. September dann auch noch beschlossen hatte, nach New York zurück zu kehren und seine Arbeit dort fortzuführen, hatte Bucky beinahe einen Herzinfarkt beschert.
 

Zumindest machte es zum Zeitpunkt seiner Offenbarung den Eindruck.
 

Dass Steve damals noch einen ganz anderen Grund für seinen Umzug besaß, das wusste Bucky bis heute nicht.
 

Und nun war er ihm eh wieder fern. Somit war dieses Geheimnis ein Geheimnis auf ewig.
 

„Wie geht es denn den Jungs?“, erkundigte er sich daraufhin im ehrlichen Interesse, auch wenn Bucky es nur als eine Ablenkung sehen würde.
 

Es war dennoch das Beste, ein anderes Thema anzuschneiden, bevor sie sich beide zu sehr aufwühlen ließen.
 

***
 

„Was sagt der Doc?“ Sam nahm einen großzügigen Bissen von sein Hotdog, der unter all dem Sauerkraut kaum noch zu sehen war. Sam hatte seine Schicht gerade hinter sich gebracht und da Steve beschlossen hatte, einen persönlichen Bericht über seine Genesung abzugeben, konnte er zusammen mit ihm die Wache verlassen.
 

„Um ganz sicher zu gehen, soll ich schwere Arbeiten damit vorerst unterlassen. Heißt also, dass ich weiter Däumchen drehen darf. Oder eben nur einen.“ informierte er Sam in einem trübsinnigen Ton und schaute ebenso trübsinnig auf seine bandagierte rechte Hand.
 

Sam schenkte ihm einen perplexen Seitenblick. „Mann, ich wäre froh, mal paar Tage Auszeit zu haben, und du hörst dich an, als habe man dir das Spielen mit deinem Lieblingsauto verboten.“ Ein Teil Sauerkraut landete auf dem Gehweg, was Sam innig murren ließ, über diesen Verlust.
 

„Ich langweile mich einfach nur. Mit einer Hand kann man nicht gerade viel machen. Wenn es wenigstens die Linke wäre. Dann könnte ich wenigstens an meinen Skizzen arbeiten.“
 

„Wenn ich dich so höre, Rogers. Was ist denn mit auf der Couch liegen und einfach mal durchrelaxen? Ich hab ne Netflix-Liste, an der ich Monate sitzen würde.“ Steve rollte leicht mit den Augen. „Ich bin mir sicher, dass auch du nicht zwei Wochen am Stück auf der Couch zubringen würdest, wärst du an meiner Stelle.“
 

„Oh, du hast ja keine Ahnung, Kumpel. Gib mir die Zeit und ich zeigte dir die einzigartigen Wilson Couch Relax Skills.“ Steve musste nun doch etwas feixen, hatte seine Fantasie ihm gleich ein Art Zeitraffer vor sein inneres Auge geführt, wie Sam über mehrere Tage langsam aber sicher selig mit seiner Couch eins wurde.
 

„Wie geht es eigentlich Jimmy? Wo treibt er sich denn zurzeit rum?“ Sam hatte noch mit Bucky Bekanntschaft gemacht, bevor dieser wieder aus New York weggezogen war. Sam war es auch gewesen, der Bucky mit der Veteranenhilfe bekannt gemacht hatte, wo sein Freund Riley Gruppensitzungen abhielt, in denen sich ehemalige Soldaten ihre Last von der Seele reden konnten. Bucky hatte es zuerst als vollkommen unnötig abgetan, aber Steve wusste, dass er viel zu oft schlecht schlief und Verleumdung seines tatsächlichen Zustandes schon zu einer Routine zu werden begannen. Bis Steve und auch Buckys Mom ihn dazu überreden konnten, es wenigstens einmal zu versuchen.
 

Bucky hatte letztendlich zugeben müssen, dass es ihm gut tat.
 

Steve hatte Sam somit auch von dessen kleiner Reise erzählt. „Zuletzt waren sie in Richtung Thailand unterwegs. Er wollte versuchen sich in den nächsten Tagen zu melden.“
 

„Thailand, huh? Ich war mal da und ich sage dir, dort gibt es Jungs, die in der passenden Aufmachung mehr her machen, als so manches Mädel. Ich glaube, dein Hübscher wird dort recht gut ankommen.“, witzelte Sam und knuffte ihn leicht mit dem Ellenbogen in die Seite. Steve brauchte einen Moment zum Kontern, über Sams Worte.
 

„Er ist nicht mein Hübscher.“ war letztendlich aber alles, was er dazu hervorbrachte.
 

Sam gab ein kurzes Raunen von sich. „Was auch immer du sagst. Aber Fakt ist, der Jimmy ist ein heißer Kerl und ich stehe nicht mal auf Jungs. Nimm es also als Kompliment für ihn entgegen.“ Steve zeigte ein Lächeln, als Ersatz für eine verbale Zustimmung, was Buckys Erscheinung anbelangte.
 

„Bucky hat es auch nicht mit Jungs, aber ich werde es ihm dennoch ausrichten.“ Sam hielt daraufhin abrupt inne und musterte Steve fragend. „Tut er nicht?“ Steve zog irritiert seine Stirn in Falten über Sams Verwunderung.
 

„Nicht das ist wüsste.“ Und wahrlich. Steve wüsste nicht, wie er damit würde umgehen sollen, hätte Bucky ihn darüber nie eingeweiht. Es war damals für ihn nicht einfach gewesen, sich zu outen. Nicht weil er annahm, dass man ihn deswegen verurteilen würde, sondern weil er Angst hatte, sich zu sehr in seiner Offenheit zu verlieren und dadurch womöglich etwas zu tun, was seine Gefühle für Bucky eindeutig machen würde.
 

Aber Bucky hatte sich nie durch irgendetwas irritiert gezeigt und Steve sah es mit dankbarer Erleichterung.
 

Doch sollte Bucky tatsächlich ein verstecktes Interesse am selben Geschlecht besitzen…Dann würde er damit leben müssen, dass Bucky ihn nicht als eine Option ansah.
 

Steve schüttelte mit einem verhaltenen Murren diesen unsinnigen Gedanken wieder ab. Es brachte rein gar nichts, sich nun deswegen verrückt zu machen.
 

Sollte Sam seinen inneren Zwiespalt bemerkt haben, sagte er nichts dazu. Stattdessen schob er sich den letzten Bissen seines Hot Dog in den Mund.
 

„Wie wäre es mit nem Feierabendbier?“, schlug dieser schließlich vor und Steve war dem gerade wirklich nicht abgeneigt.
 

***
 

James war schon dabei, wieder kehrt machen zu wollen, als er den letzten Treppenansatz in die nächste Etage vor sich sah und er zwei bekannte Stimmen von dort her ausmachen konnte.
 

„Ehrlich, tut mir leid, dass ich verpasst hatte, dir Bescheid zu geben.“ Steve.
 

„Schon ok Mr. S., es war ja so oder so nicht umsonst.“ Darcy; wenn er das richtig in Erinnerung hatte.
 

Er sollte wohl wirklich lieber wieder umdrehen und später noch einmal zurückkommen. Er fühlte sich eh schon recht matt, etwas, das sich stets nach einer seiner Therapiestunden einstellte. Nur ein spontaner, grantiger Impuls hatte ihn letztendlich hier her geführt.
 

Es wäre vielleicht besser darauf zu warten, dass er Steve irgendwann im Hausflur abfangen konnte, um ihm seinen Tupperbehälter wiedergeben zu können. Er hatte ihn nun seit Tagen aufgewaschen auf seiner Küchenteke stehen und je länger er dort wartete, umso mehr fühlte sich James von diesem schikaniert.
 

Der Grund für diesen grantigen Impuls.
 

Nach einer Sitzung war er meist viel zu angreifbar, selbst wenn es sich nur um banale Kleinigkeiten handelte. In diesem Falle die Gegenwart dieses Behälters, der nicht ihm gehörte.
 

Und genau dieser unscheinbare Behälter hatte seine Verärgerung über das Universum an sich und seinen eigenes Befinden nur noch mehr geschürt.
 

Einfach weil er wusste, dass es doch nicht so schwer sein sollte, ihn Steve wieder zurück zu geben. Auch wenn es eigentlich Beccas Aufgabe sein müsste. Schließlich hatte sie ihn auch entgegengenommen.
 

Das Stew war wirklich gut gewesen, das musste man Steve und seinen Kochkünsten lassen. Trotzdem war es ihm unangenehm, dass Steve sich extra die Mühe gemacht hatte, nur weil Becca ihren Mund nicht hatte halten können über sein unbefriedigendes Essverhalten, das sich nach der Szene im Park wieder bei ihm eingestellt hatte.
 

Was kümmerte es Steve auch? Dieser musste ihn mehr denn je für einen verqueren Spinner halten auch wenn ihm Dr. Xavier; sein Psychologe, immer wieder sagte, dass er Zweifel über sich selbst nicht in andere projizieren sollte. Sich von Mutmaßungen beeinflussen zu lassen, war in solchen Fällen zwar der einfachste, aber selten der gesündeste Weg für seine Psyche. Und James hasste es, wenn man ihn durchschaute. Wenn man erkannte, dass er sich einfach nur hinter dieser negativen Sichtweise versteckte, um nicht aus dem Schutz der Zurückgezogenheit hervorkommen zu müssen.
 

Und weil er es ebenso hasste, sich immer und immer wieder von diesen Schwächen beherrscht zu sehen, stand er nun hier.
 

Außerdem…
 

„Dann bis zum nächsten Mal, Mr. S.“ James hatte unnötige Zeit damit verschwendet, sich abermals in Gedanken zu verlieren, anstatt einfach wieder nach unten gegangen zu sein. Und nun war es dafür zu spät, da ihm Darcy auch schon entgegen kam. „Hey Mr?“ Sie hielt inne und ging in eine überlegende Pose über. „Hmm….na da fällt mich schon noch was Nettes ein. Bye erst mal.“ Darcy zwinkerte ihm noch keck zu, bevor sie an ihm vorbeizog und aus seiner Sicht schließlich wieder verschwand.
 

Dafür luckte nun Steves Kopf über das obere Geländer, hatte er wohl noch mitbekommen, dass jemand auf dem Weg nach oben schien.
 

„James.“, strahlte er wie immer viel zu hell, als wäre sein Erscheinen das Highlight seines Tages.
 

„Wolltest du zu mir?“
 

Rückzug stand nun außer Frage und James straffte seine Haltung ein wenig, als er die letzten Stufen bis zu Steve zurücklegte. „Ich wollte die zurückgeben.“ Damit streckte er den Behälter Steve entgegen, der ihm den auch gleich abnahm.
 

„Es…es war gut…uhm danke.“ James senkte seinen Blick in einer Angewohnheit. „Wäre nicht nötig gewesen.“, fügte er an und seine Aufmerksamkeit fiel auf den Verband um Steves rechte Hand. „Was ist passiert?“, rutschte ihm die Frage aus seinem Kopf ungewollt hervor.
 

Das ging ihn nichts an und er sollte schon längst wieder auf dem Weg in seine Wohnung sein.
 

Steve kam seinem angesetztem „Schon gut“ jedoch mit einer Erklärung zuvor.
 

„Und nun langweile ich mich zu Tode.“, meinte dieser schließlich ergeben und James nickte eher aus einem Reflex heraus. Auch wenn er sehr wohl nachvollziehen konnte, wie nervig Langeweile werden konnte, wegen eines Handicaps, was ihn leicht seine linke Hand ballen ließ.
 

Ebenso ein Reflex, wenn er sich unsicher fühlte, und es ließ ihn innerlich grollen. Es war wirklich nicht mehr viel übrig von seiner alten, souveränen Art, mit Menschen umzugehen. Dabei gab es eine Zeit, wo er dies gern getan hatte. Es nichts mit Überwindung zu tun. Und nun…
 

„Hättest du vielleicht Lust, dir einen Film mit mir anzusehen?“, holte ihn Steve aus dem wiederholten Abdriften in seine Gedanken, was James etwas überrumpelt zurück ließ. So gesehen hatte er nichts vor und Steve war auch kein Fremder mehr für ihn.
 

Nur…
 

Nein, gerade deswegen…
 

„Wir könnten uns die alten Star Trek Filme ansehen.“, polterte es aus ihm heraus und Steve schenkte ihm ein verstehendes Lächeln auf seinen Vorschlag. James kam nicht umhin sich erneut zu fragen, warum Steve der Mühe nachging, zu lernen, wie er ihn zu lesen hatte.
 

Diesem Moment folgte der selbstsüchtige Gedanke, dass es gut tat, wenn man ihm entgegen kam.
 

Es war somit auch nicht ganz uneigennützig, Steves Vorschlag zugestimmt zu haben.
 

Denn wenn er ehrlich war, dann war er nach einem dieser Therapiegespräche nur ungern allein, war es ihm danach kaum möglich, sich genug abzulenken, drohte ihn das Vergangene nur wieder zu sehr einzuengen.
 

„In Ordnung, ich bin in 10 Minuten unten.“, ließ Steve in wissen und James nickte kurz, bevor er sich wieder hinab begab.
 

Außerdem…*Steve atmete tief durch, als er die Tür wieder geschlossen hatte und wusste, dass sein Grinsen ihn reichlich albern aussehen ließ.
 

Aber er freute sich einfach, dass James ihm seinen Vorschlag nicht abgeschlagen hatte, auch wenn es ihm im ersten Augenblick, wohl etwas unsicher gestimmt hatte. Aber anstatt abzulehnen, um einer unliebsamen Situation zu entgehen, hatte er subtil darum gebeten, das, wenn er schon zustimmte, es ihm in seinen vier Wänden lieber wäre. Und ebenso froh war Steve, dass er die Situation richtig zu deuten gewusst hatte, ohne James durch eine ungeschickte Aktion erneut zu vergraulen.
 

Jetzt musste er dieses Geschick nur noch über die nächsten Stunden zu verteilen wissen.
 

Rasch zog er sich ein frisches Shirt über, griff nach zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und raffte dazu noch die Tüte mit den japanischen Kräckern ein, die ihm Scott empfohlen hatte.
 

Ein Blick auf Muffins Hundebett zeigte, dass dieser tief schlief, und so verließ er schließlich sein Apartment.
 

James öffnete ihm die Tür und das Erste, was Steve bemerkte, war, dass dieser seine Haare im Gegensatz zu vorhin nun offen trug. Steve hatte beobachten können, dass dieser sein Gesicht gern dahinter verbarg.
 

Ein Schutzverhalten, ohne Frage.
 

James bot ihm einen Platz auf der Couch an und Steve setzte sich. Er stellte die beiden Flaschen auf den Tisch vor ihm.
 

Er wusste, dass es nicht die klügste Option war, James versucht unauffällig mit seinem Blick zu verfolgen, aber er kam nicht umhin zu bemerken, dass dieser nervöser als sonst erschien. Er wirkte fahrig auf seinem Weg in die Küche und auch, als er sich vor dem Fernseher mit dem Recorder befasste.
 

„Wenn es ein ungünstiger Zeitpunkt ist, können wir es auch gern verschieben.“, bot er James an, was diesen seinen Griff um die Blu-ray Hülle etwas verstärken ließ, als habe man ihn auf frischer Tat ertappt.
 

„Nein, nein, schon ok. War nur ein anstrengender Tag.“, haspelte er und fummelte dabei etwas ungeschickt die Disk aus ihrer Verankerung.
 

Steve schaute dem Ganzen mit gemischten Gefühlen zu. Das letzte, was er wollte war, dass James sich zu etwas gezwungen sah. Womöglich hatte er ihn vorhin so überrascht mit seinen Vorschlag, dass dieser aus Affekt gehandelt hatte und nun war es ihm eigentlich zu viel.
 

James setzte sich schließlich ebenso auf die Couch, die dem TV-Gerät direkt gegenüber stand, und schenkte Steve ein holpriges, kurzes Lächeln, dass seine Anspannung in Steves Augen nur noch mehr unterstrich.
 

Dennoch lenkte Steve nicht noch einmal ein.
 

Wie zu erwarten blieb es ruhig zwischen ihnen, nur ab und an verwies Steve auf eine Szene, die ihm besonders gut gefiel, oder wenn er etwas zu kritisieren hatte. James machte nur durch wenige Gesten deutlich, dass er Steve und sein Gerede auch wahrnahm.
 

Schließlich griff Steve nach einer der Flaschen, die er mitgebracht hatte. „Hast du einen Öffner dafür?“ James lenkte seinen Blick nicht vom Bildschirm, noch erhob er sich, sondern streckte nur seinen Arm aus, um anzugeben, dass Steve ihm die Flasche reichen sollte. James legte seine stets verhüllte, linke Hand an den Verschluss und mit einem kurzen Dreh war dieser entfernt. Steve blinzelte etwas perplex, war er sich sicher, dass es sich nicht um einen Drehverschluß gehandelt hatte.
 

James schien daraufhin in seinem Tun zu gefrieren, gefolgt von dem hastigen Zurückziehen seines linken Armes und dem ebenso hastigen Zurückreichen der Flasche, was etwas von deren Inhalt auf Steves Shirt schwappen ließ.
 

Steve hielt rasch seine Hand unter die herabtropfende Flüssigkeit, um eine größere Sauerei zu vermeiden und stellte die Flasche erst einmal zurück auf den Tisch. James war indes aufgesprungen und in der Küche verschwunden, reichte ihm kurz darauf aber schon ein Geschirrtuch.
 

„Sorry.“, murmelte er verdrossen.
 

„Schon gut, ist ja nichts weiter passiert.“ Es war, wie so oft schon, eine sensible Situation entstanden. „Das letzte Mal, als mir jemand Bier über meine Sachen geschüttet hatte, brachte mir nen 1A Blow…“
 

Himmel Rogers! Das war eindeutig die falsche Geschichte, um die Stimmung aufzulockern und Steve spürte wie ihm die Hitze der Verlegenheit unerbittlich ins Gesicht stieg. „Ich meine…“ Da half es auch nicht, sich um Ablenkung bemüht zu räuspern, worauf Steve schließlich beide Hände vor sein Gesicht nahm und ein langgezogenes und peinlich berührtes Raunen von sich gab.
 

Dann vernahm er so etwas wie ein Feixen, was ihn etwas hinter zwei gespreizten Fingern hindurchlinsen ließ.
 

Und tatsächlich stand James ein amüsiertes Grinsen im Gesicht, während er ihn beobachtete.
 

„Was ist das hier für ein Zeug?“, erkundigte dieser sich schließlich und hielt die Tüte mit den Kräckern nach oben.
 

Anscheinend hatte sein kleiner Story-Ausrutscher doch etwas gebracht.
 

Von da an zeigte sich James nicht mehr ganz so verkrampft und Steve war froh, dass er vorhin nicht doch darauf bestanden hatte, es zu verschieben.
 

Eine Stunde später und James hatte sich ein wenig in seiner Ecke der Couch zusammengerollt. Er wirkte schläfrig, auch wenn er versuchte die Augen offen zu halten, bis es sie ihm letztendlich doch gänzlich zuzog.
 

Steve verspürte ein sanftes Wogen in sich über den Gedanken, dass James ihm so weit zu vertrauen schien, dass es ihn nicht unruhig stimmte, wenn er neben Steve einschlief. Zumindest war dieser Gedanke einehmender, als die Möglichkeit, dass James einfach nur zu erschöpft war und er selbst gar nicht mitbekommen hatte, wie er eingeschlafen war.
 

Und eigentlich wäre es nun angebracht, James in Ruhe zu lassen und sich still und leise zu verabschieden. Nur wann bekam er noch einmal solch eine Chance, James zu betrachten, ohne als unhöflich zu gelten?
 

Vorsichtig beugte er sich nach vorn, um James Gesicht vollständig im Blick zu haben. Er hatte bis jetzt nie die Gelegenheit gehabt, dessen Gesicht eingehender studieren zu können. Und er suchte automatisch nach irgendwelchen Unterschieden zwischen ihm und Bucky.
 

Im Profil zeigte sein Nasenrücken eine leichte Wölbung. Vielleicht hatte man sie ihm irgendwann einmal gebrochen. Damit hatte er selbst genug Erfahrung. Er hatte sie sich als Kind mindestens drei Mal ramponiert. Sein Arzt meinte irgendwann, dass sie ihm wohl besser eine aus Gummi ansetzen sollten, was Steve in seiner kindlichen Unwissenheit, mit Horror aufgenommen hatte. Er hatte in der Zeit darauf keinen Fuß mehr in diese Klinik setzten wollen, aus Angst, man würde ihm einen skurril erscheinenden Nasenersatz verpassen. Jetzt konnte er über seine Panik nur lachen. Und natürlich war es eine von Buckys Lieblingsgeschichten, hatte Steve sein Entsetzen damals ausführlich mit seinem besten Freund geteilt.
 

James hatte außerdem eine längliche Narbe an seinem Haaransatz und eine markantere ein Stück unter der rechten Kieferseite. Seine Haut war zudem blass, wo Bucky selbst über den Winter immer noch braunen Teint aus den Sommermonaten zeigte.
 

An den Dreitagebart und die längeren Haare hatte er sich schon gewöhnt, doch alles im Allem war die Ähnlichkeit mit Bucky noch immer ungemein verblüffend. Er kannte Behauptung, dass jeder Mensch einen Doppelgänger habe, aber er hätte sich nicht träumen lassen, dass ihm ausgerechnet der von Bucky einmal über den Weg laufen würde. Die Vorstellung, dass es sich um eine Art persönlichen Schicksalswink handelte, war beflügelnd wie auch aberwitzig.
 

Steve musste sich nicht zum ersten Mal selbst ermahnen und lenkte seine Aufmerksamkeit zurück auf den Film.
 

Auf ein paar Minuten mehr, die er hier saß, kam es nun auch nicht an.
 

Schließlich erreichte Steve den Abspann und streckte sich kurz, bevor er sich erhob. James war nicht wieder aufgewacht und Steve beließ es auch dabei. Er schalte den Fernseher ab und nach einem weiteren Blick auf James griff er nach der dunkelblauen Decke, die sich über die Rückenlehne der Couch gelegt befand, und breitete diese über ihm aus.
 

James zuckte im Schlaf, als sich das unmerkliche Gewicht über ihn gelegt hatte. Ein kratziges Murren schloss sich dem an, doch nicht als Einleitung, dass James zu erwachen begann.
 

Jedoch wurde sein Schlaf unruhiger, verwoben mit einer unregelmäßigen Atmung und der erkennbaren Bewegung hinter dessen Lidern.
 

Alles Anzeichen, dass James sich in einem schlechten Traum zu befinden schien.
 

Sollte er ihn aufwecken?
 

Sollte er einfach gehen und so tun, als habe er davon nichts mitbekommen?
 

Er konnte sich vorstellen, dass dieser nicht wollte, dass Steve Zeuge eines solch empfindlichen Moments wurde, in welchem er unter solch einer Anspannung wieder zu sich kam. James hatte oft genug gezeigt, wie impulsive er in solchen Situationen reagieren konnte.
 

Steve tat einen unschlüssigen Schritt zurück.
 

„Rumlow!“, hörte es James mit einem Male in einem verzweifelt klingenden Ton rufen, nur um daraufhin mit einem dumpfen Laut von der Couch auf dem Boden zu landen.
 

Einen Moment wand er sich unbeholfen und wimmernd, während er seine rechte Hand krampfhaft um seinen linken Oberarm schloss, bevor er dann ein Stück von Steve wegkroch. Ein anhaltendes „Nein, Gott nein…“ vor sich hin murmelnd. Steve erkannte, dass James nur seinen rechten Arm benutzte, um sich auf dem Boden voranzuziehen.
 

Als wäre der Linke gar nicht da.
 

Diese Beobachtung brachte schließlich auch ihn aus seiner Starre, hatte er eine gewisse Ahnung, was gerade mit James passierte.
 

Steve kniete sich ihm in den Weg, und ohne weitere Umschweife zog er James an sich heran und bildete Halt und Widerstand mit seinem Körper. Es war ein vertrauter Ablauf, auch, als er mit beruhigender Stimme wissen ließ, dass alles in Ordnung sei. Dass er sich nicht in Gefahr befand. Dass er in seinem Apartment in Brooklyn wäre und nicht allein war. Es war ein vertrauter Ablauf, wenn Bucky einen seiner Alpträume hatte und sich desorientiert und von Panik geschüttelt ebenso auf dem Boden vor seinem Bett wiedergefunden hatte.
 

Und egal, was James zugestoßen war, es war bereits mehr als offensichtlich geworden, dass es sein Leben befehligte.
 

Ihn dieser eigens erlebter Horror nicht mehr frei gab.
 

Steve wünschte, er könnte mehr tun, als ihn nur noch weiter an sich zu drücken, auf ihn einzureden und sanft über dessen dunklen Schopf zu streichen.
 

Sein Herz fühlte sich so schwer an.
 

„Ich bin da Buck. Nein, James. Alles ist ok.“ Der Körper um den er seine Arme gelegt hatte, zeigte ein leichtes Beben.
 

„Ich hätte es nicht zulassen sollen. Etwas stimmte nicht… etwas war nicht richtig…ich wusste es…ich wusste es…“, jammerte James gebrochen und das Beben verstärkte sich. „Es ist meine Schuld…“
 

James Finger vergruben sich krampfhaft in Steves Shirt, was einige der Nähte zum Ächzen brachte.
 

„Es ist meine Schuld, dass er gestorben ist. Ich hätte…ich hätte…“ James schüttelte ruckartig den Kopf. „Ich hätte sterben sollen…es war meine Schuld…“ Steve fühlte das erdrückende Gewicht, dass diese Worte auf ihn niedersenkte. Er hatte keine Ahnung, was genau James gerade noch einmal durchlebte, aber er kannte das Survivor Guilt Syndrom. Er hatte sich wegen Bucky viel mit solchen Dingen befasst.
 

„Ich bin froh, dass zu lebst. Hörst du? Ich bin froh, dich getroffen zu haben.“ James schüttelte vehement den Kopf unter dem beständigen Murmeln, dass es seine Schuld sei.
 

Und da Steve nicht sagen konnte, was genau James widerfahren war, um ihn so verbissen an seiner Schuld festzuhalten zu lassen, war es schwer, weitere Worte der Beruhigung zu finden.
 

Somit tat er das, was er zuvor auch schon getan hatte und ließ weiterhin seine Hand über dessen Rücken fahren, während die andere durch dessen Haare strich. Steve merkte erst, dass er in ein leichtes Wiegen übergegangen war, als James nichts mehr sagte und dessen Kopf schwerer gegen seine Schulter lehnte. Es ging nur langsam, dass der Körper in seinem Halt und dessen Finger in seinem Shirt sich lockerten. Steve hörte nicht auf, seine Zuwendung beizubehalten, bis er davon ausging, dass James nahezu vollkommen zur Ruhe gekommen war.
 

Vorsichtig schob er den Mann in seinen Armen ein Stück von sich und Steve zeigte ein erleichtertes Lächeln über dessen schlafende Erscheinung. James jedoch schien nicht zu begrüßen, dass man sich von ihm entfernt hatte, gab dieser ein leises Murren von sich und wirkte Steves distanzierendem Halt mit seinem Körper entgegen.
 

Es war so ein ungemeiner Gegensatz zu James sonst so introvertierten Art.
 

Und auch wenn es merkwürdig war, so empfand es Steve nicht unangenehm, auch wenn es wirklich die falsche Situation darstellte, solch einen Gedanken zu haben. James brüchigen Zustand quasi zu missbrauchen. Sich von seinem heftiger schlagenden Herzen dazu verleiten zu lassen, es auszukosten. So, wie er es auch bei Bucky getan hatte, wenn er durch seine seelischen Schmerzen so verwundbar war.
 

Es machte ihn in beiden Fällen zu einem Egoisten. Und es verstärkte nur wieder die Tatsache, dass Steve sich nach dieser Art von Nähe sehnte. Nähe, die nicht nur flüchtiger, sexuell befriedigender Natur war.
 

Und er wusste, er war erbärmlich.
 

Dass er von Bucky nicht loslassen konnte, egal wie oft er sich auch in eine Beziehung stürzte.
 

Und nun, weil er sich an seinen menschenscheuen Nachbarn haftete, da er irgendwo den verqueren Gedanken hegte, dass es nicht nur Zufall sein konnte, James getroffen zu haben.
 

Steve spürte, wie das Brennen in seinen angespannten Rückenmuskeln zunahm, je länger er mit James auf dem Boden hockte und dieser sich gegen ihn gelehnt befand.
 

Das letzte, was er jedoch wollte, war, ihn wieder aufzuwecken…, ihn schon wieder loslassen zu müssen.
 

Er entdeckte den Überwurf der Couch und angelte ihn sich, um ihn schließlich über James zu legen und sich mit diesem langsam auf dem Boden auszustrecken. Es würde nicht die bequemste Variante sein, aber Steve ging diesen Kompromiss gern ein.
 

James rechte Hand fand ihren Platz wieder auf Steves Brust, wo er seine Finger erneut in dessen Shirt verankerte. Als habe er die Befürchtung, dass man ihn sonst allein lassen würde. Steve verstärkte den Halt um James daraufhin ein wenig und rückte sich, soweit es ihm möglich war, in die angenehmste Position für sie beide.
 

Sollte James aufwachen, würde er auf jeden Fall einiges zu erklären haben, was ihr Schlafarrangement betraf.
 

Doch bis dahin, würde er an ihm und an seinem Wunschdenken festhalten.

James gab ein leises, beschämtes Seufzen in den Schwall lauwarmen Wassers wieder, unter den er sich vor gut zehn Minuten gestellt hatte. Zehn Minuten, in denen seine Gedanken sich in einem ziemlichen Durcheinander befanden, nicht eher hatte er zugelassen, sich mit ihnen zu befassen.
 

Steve.
 

Steve lag womöglich noch immer auf den harten Dielen seines Wohnzimmers, dort, wo auch er aufgewacht war. Es verging ein duseliger Moment, wo er glaubte, sich in einem seltsamen, aber doch so angenehmen Traum zu befinden, als ihn diese solide Wärme umgab, die seinem Geist all die scharfen Ecken und spitzen Kanten nahm.
 

Sie zum Schmelzen brachte.
 

Er fühlte sich wohl und er hatte sich gewünscht, er könnte dieses Gefühl mit in die Realität nehmen. Wenigstens einen Tag lang, davon zehren.
 

Der Schleier seiner schläfrigen Benommenheit wurde jedoch immer lichter und James klammerte sich hilflos an seine Illusion.
 

Nur…
 

Ein kurzes Brummen hatte ihn irritiert blinzeln lassen, bis sich Farben und Formen soweit zurechtrückten, dass er sicher sein konnte, wach zu sein. Alles, was er darauf erfasste, schien jedoch ebenso unrealistisch. Er lag auf dem Boden, was an sich nichts Ungewöhnliches war. Manchmal brachten ihn schwere Träume und Panikattacken dazu, sich dort wiederzufinden, ohne dass es ihm wirklich bewusst gewesen wäre.
 

Neu war allerdings, sich nicht allein dort zu befinden. Seinen Kopf auf einer viel zu breiten Brust ruhen zu haben, in welcher ein beständiger Herzschlag pulsierte. Sich von einem kräftigen Arm umfasst zu sehen, dessen Halt auch nicht nachließ, als er sich wagte, sich ein wenig dagegen zu lehnen.
 

Im Gegenteil, man zog ihn nur noch näher.
 

James konnte nicht sagen, wie lange er daraufhin bei Steve liegen geblieben war. Einfach weil…?Er gab ein frustriertes Grollen von sich. Es war niemand im Raum, der seine Beweggründe hinterfragen konnte, nur war er noch nie gut darin gewesen, sich selbst zu veralbern.
 

Es hatte sich einfach wohlgefühlt.
 

Trotz all der aufwühlenden Emotionen, die sich damit ebenso eingestellt hatten. Es war erstaunlich einfach gewesen, sich nur auf das Angenehme zu konzentrieren und nicht einfach nur aufgeschreckt das Weite zu suchen.
 

Es war auch so ungemein lange her, dass er solch eine Art von Nähe akzeptieren konnte. Auch wenn es nur daran lag, dass Steve sich momentan seiner selbst gar nicht bewusst war. Und genau deswegen wagte er es auch, es auf sich einwirken zu lassen. Es half ebenso, sich einzureden, dass Steve, sollte er plötzlich aufwachen, ausreichend Verlegenheit für sie beide verkörpern würde.
 

Immerhin war er es, der James in seinen Armen hielt.
 

Die plötzliche Erkenntnis, warum sie hier lagen, legte sich allerdings viel zu schnell und viel zu heftig auf ihn nieder, was ihn letztendlich doch hatte die Flucht ergreifen lassen.
 

Ein Grund, warum er es vermied, mit anderen zu tun haben zu wollen, war die unumstößliche Tatsache, dass er nicht in Ordnung war und er nie bestimmen konnte, wann genau sich dieser Zustand offenbarte.
 

Allerdings schien Steve sich davon bis jetzt wenig abgeschreckt, was James unschlüssig auf seiner Unterlippe herumkauen ließ.
 

Wäre Dr. Xavier nicht stolz auf ihn, wenn er ihm das nächste Mal erzählen könnte, dass er tatsächlich den Mut gefunden hatte, jemanden von sich zu erzählen?
 

Sich nicht einfach nur wieder zu distanzieren, (nicht das Steve ihm dieses Vorhaben einfach gestaltete) und Willen zeigte für diesen einen großen Schritt hin zu seinem alten Ich?
 

Wäre Becca nicht ebenso stolz auf ihn?
 

Tief in seinem Inneren wusste er, dass er selbst einen Erfolg ersehnte, ihn brauchte um seinen Kopf wieder ein Stück heben und nach vorn blicken zu können. Nicht nur auf den Boden direkt unter seinen Füßen. Dr. Xavier hatte Recht, denn so kam er nicht voran. Stieß nur weiter auf unerwartete Hindernisse, die ihn nach und nach dazu brachten, einfach nur stehen zu bleiben, um sich mit nichts konfrontieren zu müssen.
 

Und wenn Steve auch jetzt noch nicht davongelaufen war, bestand doch eine Chance, dass es ihm wahrscheinlich wirklich nicht abschreckte, sich mit ihm befassen zu wollen.
 

Selbst nach all den Ungeschicktheiten, die Steve selbst schon zum Besten gegeben hatte.
 

Mit einem Schmunzeln schüttelte James seinen Kopf über die eine oder andere Erinnerung dieser Art.
 

Nach einem tiefen Durchatmen stellte er das Wasser wieder ab und stieg aus der Dusche, um sich abzutrocknen und frische Sachen anzuziehen.
 

Ein letzter zusprechender Blick in den Spiegel und er machte sich zurück ins Wohnzimmer.
 

Er würde Steve alles erklären und hoffen, dass es die richtige Entscheidung war.
 

Jedoch durfte er feststellen, dass Steve verschwunden war. Die Decke wieder ordentlich zusammengelegt und sich auf ihrem üblichen Platz auf der Couch befand.
 

James Entschlossenheit sank zunehmend, je länger er auf die leere Stelle starrte, wo er Steve zurückgelassen hatte.
 

Womöglich hatte dieser die Befürchtung, dass es ihm eh nur wieder unangenehm sei, wenn er hier auf ihn warten würde.
 

Und eigentlich hätte er auch recht damit.
 

Antriebslos ließ er sich auf sein Sofa sinken, seinen Blick wie gewohnt zu Boden gerichtet.
 

Was wenn Steve nun doch das Ende seiner Geduld erreicht hatte und deswegen verschwunden war?
 

Wie sollte er sich dann verhalten, wenn er ihn das nächste Mal zu Gesicht bekam?
 

Sollte er ihn ansprechen?
 

Darauf warten, dass Steve auf ihn zukam?
 

Oder war die Nachricht, ihn in Zukunft in Ruhe zu lassen mit seinem Verschwinden übermittelt worden?
 

Er wollte sich nicht schon wieder blamieren, nur weil er Steves Hinweis nicht kapiert hatte.
 

James ging in ein frustriertes Haare raufen über.
 

Er hasste diese Selbstzweifel. Selbst wenn Steve nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte, dann wäre dies nicht das Ende der Welt.
 

Das Surren seines Handys lenkte ihn vorerst ab von seinen Gedanken und er griff es von Couchtisch auf.
 

„Willst du mit mir frühstücken?“, entnahm er der Nachricht einer ihm unbekannten Nummer, von der er annahm, dass sie sich einfach nur vertan hatte.
 

Schon dabei es wieder zur Seite zu legen, erhielt er eine weitere Nachricht.
 

„Ich hoffe das ist ok, dass ich mir deine Nummer habe geben lassen?“
 

„Wenn nicht dann lösche ich sie wieder.“
 

„Ich dachte nur“
 

„Also wenn du Lust hast natürlich“
 

„OH warte, du weißt gar nicht“
 

„Verdammt“
 

„Steve“
 

„Hier ist Steve“
 

James konnte sich ein Feixen über die Flut an SMS nicht verkneifen. Wirklich, das war so „Steve“.
 

Er hatte ihn also nicht vergrault und es versah ihn mit einer willkommenen Erleichterung, die seine Courage ebenso zurückholte.
 

Dies war seine Chance.
 

„Warum nicht. Ich könnte einen Kaffee vertragen.“, sendete er als Antwort, auch wenn dies bedeuten sollte, dass er seine Geschichte entweder in einem hektischen Café oder in Steves Apartment aufrollen musste, um alles loswerden zu können. Nicht unbedingt ideal, aber er würde es schon irgendwie hinbekommen.
 

„Fantastisch. Würdest du mir dann deine Tür öffnen?“
 

Huh?
 

James erhob sich, um Steves Bitte nachzukommen, und er ihn schließlich vollgeladen vor sich stehen hatte. Erneut zuckte ein Grinsen an seinen Mundwinkeln über dieses Bild.
 

Steve meisterte eine große braune Papiertüte, die unter seinem Arm klemmte und sein Handy, das er in der dazugehörigen Hand hielt. In der anderen zwei To-Go-Becher des Cafés ein paar Blocks von hier. Muffin zerrte unterdes eifrig an seiner Leine, die Steve ebenso noch um sein rechtes Handgelenk trug.
 

Steve selbst sah etwas zerzaust aus.
 

Als habe er nicht viel Zeit damit verschwendet, vom Schlafen störrisch, abstehende Haarsträhnen zu bändigen, bevor er das Haus verlassen hatte.
 

„Uhm…“, hörte er diesen etwas unsicher von sich geben, was James aus seiner Beobachtung riss und er Steve und Muffin hineinließ.
 

„Ich hoffe, er stört dich nicht? Es war nur Zeit für seine Runde und ich hatte es gestern Abend schon ausgelassen, deswegen…“, rasselte Steve herunter, während er alles abstellte und Muffin sofort auf James zuhastete, um ihn endlich richtig begrüßen zu können.
 

James kraulte den Mops liebevoll hinter den Ohren, was diesen wieder zufrieden grunzen ließ.
 

„Ich hab kein Problem damit.“ James tätschelte Muffin über den Kopf. „Außerdem bin ich ja auch schuld, dass er gestern nicht noch einmal raus kam.“, fügte er mit hoffentlich genug Nonchalance an, auch wenn er sich nun wieder deutlich aufgeregter fühlte, über dieses Opening zum vergangenen Abend und dem Ende auf seinem Wohnzimmerfußboden.
 

„Uhm ja das…ich…“ James spürte Steves Unsicherheit daraufhin nur noch mehr und es tat irgendwo gut, dass er nicht der einzige war, der sich deswegen aufgewühlt zu fühlen schien.
 

„Ich denke, es ist Zeit etwas zu erklären.“, nahm er Steve das Wort, worauf ihn dieser unschlüssig anschaute.
 

„James. Du musst das nicht tun, wenn du nicht möchtest.“, bot er ihm einen Ausweg, aber James war es selbst leid, ständig eine Konfrontation zu scheuen.
 

„Ich will es aber. Also hör mir bitte zu, bevor ich doch wieder den Mut verliere. OK?“ Daraufhin ließ Steve erst einmal vom Auftischen ihres Frühstücks ab und nickte James verstehend zu.
 

„In Ordnung.“
 

Zurück auf der Couch, brauchte James einen Moment, sich zu sammeln, bevor er schließlich mit seiner Erklärung anfing.
 

„Ich war Ermittler beim Police Department in Chicago. Ich und mein Partner hatten überwiegend mit Drogen und Raubdelikten zu tun.
 

Nicht unbedingt mein Traumjob, aber ich sah die Notwendigkeit unserer Arbeit. So viele Kids, die einfach nur nach nem Kick suchten und nie wieder davon loskamen. Eltern, die ihre Kinder vernachlässigten oder sogar zur Prostitution zwangen, weil sie Geld für den nächsten Schuss brauchten.
 

Ich hatte einen taffen Start. Mein Boss Fury hätte sicherlich graue Haare bekommen, wenn er denn welche gehabt hätte. Ich scheute keine Auseinandersetzung, was oft haltlose Beschwerden nach sich zog. Aber Fury meinte, er sehe Potenzial und schätze meine Einsatzbereitschaft. Und je länger ich dabei war, umso mehr rückte mein Job in den Vordergrund.
 

Es wurde mein komplettes Leben, bis…“ James hob seinen linken Arm und streifte sich zögerlich den Handschuh ab, der für ihn seine zweite Haut geworden war. Unschlüssig huschte sein Blick von seinem Arm zu Steve, dessen Augen sich deutlich geweitet hatten. James konnte es ihm nicht verübeln, auch wenn es ihm danach verlangte, seine Hand sofort wieder verstecken zu wollen. Aber nun hatte er es angefangen, nun wollte er es auch zu Ende führen. „Es ist ein Prototyp.“ James bewegte die silbernen Fingerglieder nicht weniger agil, als wenn es eine echte, gesunde Hand wäre.
 

Steve schaute noch immer sprachlos. James schob den mulmigen Gedanken, dass Steve eher aus einer bizarren Neugier, als aus reiner Faszination so fixiert wirkte, soweit zurück, dass er nicht vergaß, was er eigentlich erklären wollte.
 

Dennoch konnte er die Unruhe die sich in ihm zusammenbraute nicht gänzlich ausblenden.
 

„Jedenfalls…“
 

„Kann…, darf ich sie berühren?“, hörte er Steve plötzlich fragen, was James jede Scheu nahm, diesen direkt anzusehen. Steves Wangen gewannen beständig an Farbe und er senkte seinen Kopf beschämt, während er sich hektisch entschuldigte. „Sorry, ich wollte dich nicht unterbrechen. Gott, denk jetzt bitte nicht, dass mich deine Erklärung nicht interessiert. Es war eindeutig taktlos… Ich war nur…“ Steve rieb mit beiden Händen über sein Gesicht und gab dabei einen verdrossenen Laut von sich.
 

„Ich bin so ein Idiot. Tut mir leid.“ James schaute den Mann neben sich für einen Augenblick prüfend an. Normalerweise verschloss er sich bei solchen aufdringlichen Aktionen sofort wieder. Das Letzte, was er wollte war, dass man an ihm wie an einer Freak Attraktion herumfummelte.
 

Bei Steve allerdings flammte dieser Impuls von Ablehnung und Abwehr nicht auf. Womöglich lag es daran, dass er Steve und seine tollpatschige Art schon recht gut kannte und es Steve meist peinlicher war als allen anderen.
 

Steve hielt sich noch immer hinter seinen Handflächen versteckt, womöglich aus der Befürchtung heraus, dass man ihn nicht zum ersten Mal der Wohnung verweisen würde über solch einen Ausrutscher.
 

James erlöste ihn aus seiner Starre, indem er ihm seine linke Hand mit der Handfläche nach oben auf das Knie legte.
 

Bis jetzt hatte er nur Becca aus freien Stücken an seinen Arm herangelassen.
 

Es dauerte einen Moment, bis Steve es wagte sich wieder zu zeigen und er mit einem scheuen, entschuldigenden Lächeln erst zu James und dann auf dessen Hand blickte.
 

Zaghaft, als würde er ein wertvolles Artefakt vor sich haben, streiften Steves Fingerspitzen über die glänzende Oberfläche der einzelnen Handpartien.
 

James hatte alle Mühe, ein wohliges Seufzen zu unterdrücken, was ihn erschrocken seinen Hand ein Stück wegziehen ließ. Steve folgte seinem Beispiel ebenso abrupt. „ War das zu viel?“, erkundigte er sich mit besorgter Miene. James brachte ein Kopfschütteln zu Stande. „Nur ungewohnt. Ich vermeide Berührungen meist, es sei denn ich muss zur Kontrolle.
 

Steve nickte verstehend. „Du kannst also damit fühlen?“
 

„Schon. Es ist aber dennoch etwas anders, als wenn es ein normaler Arm wäre. Es ist mehr wie winzige, elektrische Impulse die man spürt.“
 

„Und du kannst damit alles tun?“, fragte Steve nun deutlich neugieriger, als unsicher.
 

„Ja. Vom Geschirr waschen, bis hin zum Panzer aufhalten.“ James konnte sich ein kurzes Lachen nicht verkneifen über Steves perplexen Ausdruck. „Das mit dem Panzer was ein Scherz. Es würde meine Chance, in einem Zirkus auftreten zu können, jedoch ziemlich erhöhen.“, scherzte er, etwas das er äußerst selten tat, wenn es um seinen…diesen Arm ging.
 

Daraufhin blieb es still zwischen ihnen und es machte James wieder etwas zappelig.
 

„Es ist bei einer Explosion passiert.“, brachte er diese Erklärung etwas hastig hervor, um es endlich hinter sich zu bringen. „Es war ein simpler Untersuchungseinsatz. Eine Lagerhalle, wo man angeblich illegale Waren gebunkert hatte.“ James spürte seinen raschen Puls, je mehr er sich die Ereignisse wieder vor Augen führte. Das Schlucken fiel ihm schwer und seine Finger verkrampften sich eisern im Stoff seiner Trainingshose.
 

„Ich hatte einen neuen Partner zugeteilt bekommen, nachdem Clint in eine üble Schlägerei geraten war und er deswegen im Krankenhaus landete.
 

Als wir an dieser Halle ankamen, sagte mir meine Intuition, dass etwas nicht stimmte. Dafür, dass sie illegale Waren verstecken sollte, war sie nicht einmal gesichert.
 

Rumlow, mein neuer Partner, meinte jedoch, dass ich mit meinem Bedenken überreagieren würde.
 

Da ich mit meinen Gedanken zu sehr an dem Vorfall mit Clint hängen würde. Und zu diesem Zeitpunkt fand ich, dass Rumlow womöglich Recht hatte.
 

Am Ende war es tatsächlich nur eine Halle voller Schrott, der längst keinen Wert mehr hatte. Zuerst dachten wir, es wäre einfach nur eine falsche Information, was Rumlow den Stand der Dinge übermitteln ließ, während ich mich etwas weiter umsah. Ich ging der Eingebung nach, auch das Gelände unter die Lupe nehmen zu wollen, als es passierte…“ James verzog sein Gesicht zu einer leidlichen Grimasse.
 

„Ich hätte auf mein Bauchgefühl hören sollen.“ James biss die Zähne so hart aufeinander, dass es in seinem Unterkiefer schmerzte, bevor er mit zittriger Stimme fortfuhr. „Ich habe nicht einmal für voll genommen, dass mir ein Arm fehlte, vor lauter Entsetzen, dass Rumlow sich noch immer in dieser Halle befand.“ Seine Stimme wurde kratzig und das Brennen in seinen Augen penetranter. „Das Feuer hat nichts übrig gelassen.“
 

Mit immer noch zittriger Hand fuhr sich James durch seine Haare und ließ sie dort vergraben. Das merkliche Ziehen, dass er damit dort anrichtete, half ihm, sich auf etwas anderes zu fokussieren, als auf das unerbittliche Lodern der Feuerwand, dass er noch genau vor Augen hatte. Wie auch das unruhige Wippen seiner Beine den intensiven Stress kompensieren sollte, den er wieder zu spüren begann.
 

Er musste sich zusammenreißen! Er hatte Steve schon oft genug diese desolate Seite an sich gezeigt.
 

Er musste sich...
 

zusammenreißen…
 

Er musste…
 

„…ms…ames…James…hey…mich an…den Gefallen…“
 

Steve?
 

Das Gesicht des anderen trat wieder in seinen Fokus. „Atme mit mir. Tut einfach was ich tue, ok?“
 

James verstand nicht ganz.
 

Was…?
 

Doch dann merkte er den immensen Druck in seiner Brust und es erfüllte ihn schlagartig mit Panik.
 

„Schau zu mir und tu was ich tue, verstanden?“ Steves Hände legten sich zurechtweisend auf seine Wangen, während er ihn mit fester Stimme dazu aufforderte, seinem Atemmuster zu folgen. Steve nahm seinen Blick die gesamte Zeit über nicht von ihm und dessen blaue Augen hatte etwas Erdendes.
 

„Gut so.“, drang es zu ihm durch und er merkte, dass der Druck in seine Brust sich wieder löste.
 

„Gut so.“ Steve lächelte erleichtert.
 

James allerdings fühlte sich alles andere als erleichtert.
 

„Ich bin einfach nur noch erbärmlich.“, gab er mit einem humorlosen Auflachen von sich und wünschte sich nichts sehnlicher, als sich in eine dunkle Ecke verkriechen und dort zusammenrollen zu können.
 

Er war es so leid.
 

Steves Ausdruck nahm etwas Mitfühlendes an und es nährte ein flaues Gefühl in seinem Magen.
 

Er wollte kein Mitleid.
 

Davon war er selbst voll genug.
 

Mitleid für sich selbst.
 

„Als ich ein Kind war, war ich wohl das kränklichste Ding, was man sich vorstellen konnte. Ich hatte so viele Leiden, dass die Ärzte meinten, ich würde keine 20 werden. Meine Eltern versuchten dennoch, mir mein Leben so normal wie nur möglich zu gestalten, denn sie glaubten nicht, dass die einzige Lösung ein Daueraufenthalt in einem Krankenhaus sei. Damals war es mir nicht klar, aber heute bin ich ihnen wirklich dankbar, dass sie mir diese Möglichkeit gewährten. Es änderte jedoch nichts daran, dass mein Körper zu schwach war und ich viel zu oft krank wurde. Ich habe stets verflucht, dass ich trotz aller Mühe nicht wirklich gesund werden konnte. Nicht kräftiger. Ich wollte keine Last mehr für meine Eltern sein. Man kann sagen, ich war ein recht verbittertes Kind und tat gerade deswegen oft Dinge die meinen Eltern nur noch mehr Kummer machten.
 

Manchmal…
 

Manchmal, wenn es mir zu schlecht ging und meine Mutter deswegen nicht aufhörte zu weinen, dachte ich es wäre besser, wenn ich sterben würde. Es wäre für alle eine Erleichterung, sagte ich mir.
 

Doch dann gab es immer etwas, das mich schließlich stur bleiben ließ. Mom erzählte mir, dass sie mich an meinem ersten Schultag sehen wolle und Dad hörte nicht auf, davon zu reden, dass er mit mir Fischen gehen würde. Er habe sogar schon eine Angel für mich. Dabei konnte ich Fisch überhaupt nicht leiden.“ Steve lachte etwas betrübt aber mit einem warmen, sinnierenden Schein, der seine Augen ausfüllte.
 

„Ich wollte sie nicht enttäuschen, deswegen…“ Steve senkte verlegen seinen Kopf und rieb sich mit einer Hand über den Nacken. „Was ich damit sagen will ist, ich weiß, für jeden kann es Gründe geben, zu glauben, dass man nicht genug ist, oder eine Last für andere. Aber nicht jeder um einen herum denkt das ebenso.
 

Meine Familie hat mich nie aufgegeben und später als ich Buc…, meinen besten Freund kennenlernte, sah ich ein, dass man anderen nicht aufzwingen kann, wie sie einen beurteilen sollten.“ Steve schaute noch immer mit roten Wangen zu ihm auf. „Ok, ich rede wohl zu viel.
 

Aber…ich möchte, dass du weißt, dass ich es schön finden würde, wenn wir Freunde sein könnten. Nicht einfach nur Nachbarn.“
 

James fühlte sich noch immer etwas benommen, aber er wusste trotzdem, dass er Steve richtig verstanden hatte.
 

Freunde?
 

Er gab zu, dass es ein angenehmes Gefühl auslöste, das Steve, nun da er seine Geschichte kannte, dennoch diesen Wunsch äußerte.
 

„An manchen Tagen kann ich ziemlich schwierig sein. Ich habe Stimmungsschwankungen. Manchmal kommen sie ohne Vorwarnung. Ich bin auch nicht die aufregendste Person. Ich schätze meine Ruhephasen und…“, rasselte James unsicher herunter, denn es wäre besser, wenn Steve genau wusste, auf was er sich einließ.
 

„James, das ist schon in Ordnung. Wirklich. Ich verstehe, wenn dir einiges nicht leicht fällt oder du gern auch mal allein sein willst. Außerdem bin ich auch nicht immer einfach.“
 

James musste auf diesen Hinweis leicht lächeln, bevor er seine Gedanken rotieren ließ. Auch wenn er noch so viele Gründe aufbringen könnte, um Steve zu verdeutlichen, dass er ihn womöglich früher oder später enttäuschen würde, so wollte er es trotzdem darauf ankommen lassen.
 

Steve brachte dieses Empfinden einfach in ihm zum Vorschein.
 

Und ja, Steve war attraktiv und ein Softie wo es angebracht war, wie er auch Konsequenz zeigen konnte, wenn er nicht gerade über seine eigenen Füße stolperte.
 

Nur hatte er unseligerweise genug andere Probleme, als sich an einem Flirt zu versuchen und Steve damit doch noch zu vergraulen.
 

„Ich kann nicht viel versprechen.“, kam er Steve Freundschaftsanfrage entgegen, was diesen jedoch schon zu reichen schien, schenkte er ihm wieder eines dieser sonnigen Lächeln.
 

„Das ist auch nicht nötig.“

„In Ordnung, Mr. Rogers, ich hoffe auf ihre Kooperation bei dieser Mission.“ Dugan warf noch einmal einen prüfenden Blick über seine Schulter. In die Richtung, in die Bucky gerade von Jaques aus dem Zimmer geführt worden war, da er für irgendetwas unbedingt gefragt war in diesem Moment.
 

Bucky hatte sich unter einem Augenrollen erhoben und mit einem „Bin gleich zurück.“ kurz entschuldigt.
 

Schlagartig hatte Dugan dessen Platz eingenommen und zeigte ihm einen dunkelblauen USB-Stick. „Hier ist äußerst wichtiges Bildmaterial gespeichert und wir möchten gern, dass es in Sicherheit gelangt, bevor der Sergeant es in die Finger bekommt.“ Steve war sich nicht sicher, was genau er davon halten sollte und schenkte Dugan einen fragenden Blick. „Einfach anschauen.“, meinte dieser mit einem breiten Grinsen und startete sogleich die Übertragung, nachdem er den Stick angeschlossen hatte.
 

„Gott weiß, der Kerl hat ein Gespür für so was und deswegen wollten wir es bei jemanden in Gewahrsam wissen, bevor er Wind davon bekommt und dieses heikle Material in einer unbeobachteten Minute eliminiert.“
 

Die Übertragung war gerade beendet, als sich etwas im Hintergrund tat und Dugan noch ein knappes „Streng vertraulich.“ mit einen Augenzwinkern unterstrich, bevor er den Stick entfernte und den Platz wieder räumte. Ein paar Sekunden später war Bucky wieder vor ihm, der einen skeptischen Blick über die anderen schweifen ließ, als wisse er genau, dass etwas hinter seinem Rücken ablief.
 

„Haben diese Verrückten wieder irgendwelchen Unsinn über mich erzählt?“, fragte er und Steve hatte alle Mühe unschuldig auszusehen. Bucky kannte ihn zu gut, um nicht mitzubekommen, wenn etwas nicht stimmte.
 

„Nur das Übliche.“, scherzte er in der Hoffnung, dass es ausreichend war, um Bucky abzulenken.
 

Dieser grummelte verdrießlich, bevor er zu einem anderen Thema überging. „Weiß du wie schwierig es ist, hier eine vernünftige Mütze zu bekommen? Ich dachte, es wäre ein Witz, dass Ziegen alles fressen. Ich kann froh sein, dass sie mir nicht noch die Haare vom Kopf gezerrt hat.“ Steve schaute Bucky mit großen, amüsierten Augen an. „Eine Ziege hat dir die Mütze vom Kopf gefressen?“, musste er sich vergewissern, was Bucky schmollend zur Seite greifen ließ und er die Überreste seiner grau-blauen Beanie zeigte. Steve konnte nicht anders, als herzlich zu lachen und dabei unelegant von seinem Stuhl zu kippen.
 

„Geschieht dir recht.“, hörte er Buckys erheiterten Kommentar.
 

Nachdem sie ihr Gespräch beendet hatten, drängte Steves Neugier ihn dazu, sich diese ominösen Bilder ansehen zu wollen, die Dugan ihm geschickt hatte.
 

Es war das zweite Mal an diesem Abend, dass Steve vor Lachen zu Boden ging, als er in hochaufgelösten Fotos verfolgen konnte, wie Buckys Kampf mit besagter Ziege aussah.
 

Es gab sogar ein kurzes Video dazu.
 

Nun verstand er Dugans Geheimnistuerei, denn Steve wusste nur zu gut, dass Bucky nie zulassen würde, dass solch brisantes Material in andere Leute Hände geraten konnte. Dafür waren ihm solche Dinge einfach immer viel zu peinlich.
 

Und dann stach ihm eines der Bilder besonders ins Auge.
 

Bucky investierte immer Zeit, um sich ihm über einen Chat gründlich rasiert zu zeigen und seine Haare versteckt zu halten. Eine Eitelkeit, die Steve schon hinterfragt hatte, aber nur ein Schulterzucken darauf als Antwort bekam.
 

Auf diesem Bild jedoch waren seine Haare unbedeckt und deutlich gewachsen. Sein Gesicht rau, von einem Bartschatten. Es erinnerte ihn übergangslos an James, auch wenn dessen Haare noch etwas länger waren. Dennoch waren es Buckys muntere Augen und breites Grinsen.
 

Es war wie ein Mix aus beiden und Steve erwischte sich dabei, dass er viel zu lange darauf starrte.Schließlich warf er seinen Drucker an und pinnte sich ein paar der Bilder in seine Collage.
 

Das Bild von Bucky fand seinen Platz auf Steves Nachttisch.
 

***
 

„Sorry Steve, aber sie brauchen wirklich einen Ersatz. Du weißt doch, wie es an einem Freitagabend zugeht.“
 

Steve nickte, auch wenn Sharon es über das Telefon nicht sehen konnte. „Ja, natürlich versteh ich das.“
 

Eigentlich hatte er mit ihr heute ins Kino gehen wollen.
 

Und außerdem brauchte er jemanden zum Reden.
 

Er fühlte sich aufgewühlt und das schon über Tage hinweg. Es war ein beklemmendes Schwelen, das sich in ihm eingenistet hatte. Es machte ihm Sorgen, denn der Grund dafür wohnte nur eine Etage unter ihm. Und Sharon war die Einzige, die James bis jetzt gesehen hatte und seinen Zwiespalt kannte. Nun, wo er James gefragt hatte, ob sie Freunde sein konnten, fühlte er sich unruhiger als zuvor. Denn auch wenn er nicht wirklich erwartet hatte, dass James sein zurückhaltendes Verhalten ändern würde, so zeigte sich dieser nun doch etwas lockerer. Steve hatte erkennen müssen, dass er ein Idiot war, zu glauben, dass eine Freundschaft mit James seine konfusen Emotionen richten, beziehungsweise überlagern würde.
 

Nun, wo er mitverfolgen konnte, wie James ab und an wieder ein weiteres Stück auftaute, fühlte er sich nur noch mehr zu ihm hingezogen. Aller Zweifel und Unsicherheiten zum Trotz.
 

Deswegen hatte er unbedingt mit Sharon reden wollen, in der Hoffnung, dass sie ihm womöglich wieder etwas in die rechte Richtung weisen konnte.
 

„Tante Peggy ist heute Morgen aus England zurückgekommen.“, teilte ihm Sharon mit und Steve Herzschlag erhöhte sich merklich. „Sie würde sich freuen dich zu sehen.“, fügte sie an und bevor Steve etwas erwidern konnte, war es Lady Carters Stimme, die er vernahm.
 

„Hallo Steven.“ Steve hörte das sanfte Lächeln in ihren Worten und er konnte nicht anders, als ebenso zu lächeln. Wenn auch in einer verlegenen Variante.
 

„Lady Carter…“ War alles was er sagen konnte, bevor er von einem Schnalzen, am anderen Ende der Leitung unterbrochen wurde. „Bitte, wie oft muss ich dir noch sagen, das mich dieses 'Lady Carter' fühlen lässt, als wäre ich schon 70. Also versuchen wir es noch einmal Steven.“ Steve war froh, dass sie seine roten Wangen über diese Rüge nicht sehen konnte und räusperte sich kurz. „Pegg…Peggy.“, stolperte er über ihren Namen und fühlte sich augenblicklich wie ein kleiner Junge vor ihr.
 

„Wer sagt es denn. Also wenn es dir nicht zu spontan erscheint, dann würde ich den Platz meiner Nichte gern einnehmen.“ Steve fehlten einen Moment die Worte. Es war in der Tat überraschend, aber nicht deswegen fühlte er sich plötzlich so zappelig. Es war die Aussicht auf einen Abend mit Peggy.
 

Nur sie beide.
 

„Es…es würde mich freuen.“, meinte er schließlich etwas zu eifrig, was ihn innerlich raunen ließ.
 

„Sehr schön, dann bis später, Sweetheart.“, neckte sie ihn und nach einem intelligenten „Hmm“ von seiner Seite her, legte sie auf.
 

Steve spurtete sofort in sein Schlafzimmer und vor seinen Kleiderschrank.
 

Gott, was sollte er nur anziehen, um neben ihr nicht gänzlich unpassend zu wirken, oder sie zu blamieren?
 

*
 

James wollte nichts weiter, als sich zu Hause auf seine Couch legen und je nach Elan fernzusehen oder einfach nur ein Schläfchen halten. So wie sich ein Freitagabend für ihn halt immer gestaltete seit…
 

Mit dem Gedanken, ob er eine neue Serie anfangen oder doch lieber einen Film schauen sollte, hielt er auf das Wohngebäude zu, die Erschöpfung des Tages deutlich in seinen Gliedern. Er hatte sich den halben Tag von einem notwendigen Termin zum nächsten quälen müssen und wahrlich, er hatte es nun so satt.
 

Er hob einen stückweit seinen Kopf, nicht dass er noch am Eingang vorbeizog, als ihm etwas ins Stocken brachte.
 

Eine schmale Frauengestalt mit roten Haaren, stand mit dem Rücken zu ihm und James schluckte nervös.
 

Er brauchte sich nur wieder umzudrehen und in irgendeiner Seitengasse verschwinden, dann…„James Barnes!“, tönte es in einem beherrschten, aber nicht weniger gefahrverheißenden Tonfall und ließ ihn in seinem Rückzugsversuch inne halten.
 

Verdammt!
 

„Natasha…hey.“, druckste er und überbrückte die sie trennenden Meter zögerlich.
 

Wie hatte sie ihn überhaupt erkannt? Sie hatten sich seit Monaten nicht gesehen und er stach nicht gerade durch Stilbewusstsein und erhabenen Gang hervor. Er hätte jeder X-beliebige sein können!
 

Und woher wusste sie, wo er nun wohnte?
 

„Becca…“, murrte er verhalten.
 

Natasha hatte die Arme in Demonstration von Autorität vor der Brust verschränkt und James wagte es nicht sie direkt anzuschauen.
 

Er fühlte sich wie die Maus vor der Schlange.
 

„Was…was machst du denn hier? Ich meine, lange nicht gesehen. Uhm…nette…nette Schuhe. Ist das Straußenleder?“, verstrickte er sich in unsinniger Haspelei, als ihm Natasha auch schon eine Hand unter sein Kinn schob und ihn zwang, sie anzusehen.
 

„Du bist noch immer eine Katastrophe“, merkte sie mit kritischen Augen an und James hatte dem nicht entgegenzusetzen. Er wusste es ja selbst nur zu gut.
 

„Yasha.“ Ihre Stimme nahm etwas Warmes an, aber ihr Blick blieb weiterhin fest. „Möchtest…möchtest du mit hoch kommen?“, bot er schließlich an, da er sich alles andere als wohl fühlte, weiter hier auf der Straße zu stehen.
 

„Würde ich gern.“
 

*
 

Steve überprüfte seine Frisur zum letzten Mal, mit der Selbstportraitfunktion seiner Handykamera, als er sich vor der Apartmenttür der Carter-Frauen befand.
 

Er fühlte sich albern aufgeregt.
 

Dabei war es nur ein Kinobesuch.
 

Nichts weiter.
 

Mit einem tiefen Durchatmen klingelte er schließlich.
 

Kurz darauf öffnete man ihm die Tür. Jedoch stand Peggy nicht in Ausgehmontur vor ihm, sondern in einen flauschigen Bademantel gehüllt und ihre Haare in einen Handtuchturban gewickelt.
 

„Steve? Ich dachte es wäre um Acht ausgemacht gewesen?“ Steve warf einen hektischen Blick auf seine Uhr, die ihm drei Minuten nach sieben anzeigte.
 

Oh.
 

„Oh Gott! Das tut mir leid. Ich habe die Zeit irgendwie durcheinander gebracht.“ Steve gestikulierte peinlich berührt ins Treppenhaus hinter sich. „Ich…Ich komme später wieder.“ Damit war er schon im Begriff sich abzuwenden, als er an der Hand gegriffen wurde. „Sei nicht albern. Wenn du schon hier bist, kannst du auch drinnen warten.“ Und ohne wirklich eine Antwort abzuwarten, führte sie Steve in das Apartment hinein.
 

„Du kennst dich ja hier aus, also mach es dir bequem.“ Damit verschwand Peggy mit einem Lächeln und Steve fuhr sich frustriert durch seine Haare.
 

Nun stand er da wie ein Trottel und der Abend hatte noch nicht einmal angefangen.
 

Das konnte ja noch was werden.
 

*
 

Natasha ließ ihren Blick durch das Wohnzimmer schweifen, während James sich damit befasste, Kaffee zu kochen. Zum ersten Mal war er dankbar für seine alte, mürrische Maschine, die ihm erlaubte, sich etwas mehr Zeit nehmen zu können, bis der Kaffee fertig sein würde.
 

Er musste sich nun erst einmal sammeln.
 

Aber wie dann weiter, wusste er auch nicht.
 

Er hatte Natasha so lange gemieden, oder besser gesagt sich aus Feigheit distanziert, dass er vollkommen überfordert war, wie er sich ihr nun gegenüber verhalten sollte.
 

Die Kaffeemaschine gab ein Zischen von sich, das James unterdrückte.
 

Er war so in Gedanken vertieft, dass er nicht einmal mitbekam, dass sich Natasha an den Türrahmen gelehnt befand und ihn eingehend musterte.
 

„как у тебя дела?“ Wie geht es dir?
 

James zuckte etwas zusammen, als er ihre Stimme vernahm.
 

„фантастический!“ Fantastisch! , knurrte er, riss sich durch die darin mitklingende Bitterkeit aber selbst aus seinem widerspenstigem Verhalten. „Извините.“ Entschuldige. , meinte er mit einem leichten Kopfschütteln, seinen Blick weiterhin auf die gluckernte Kaffeemaschine gerichtet.
 

Er hatte sich schon für so Vieles bei ihr zu entschuldigen.
 

Natasha sagte nichts dazu. Sie setzte sich einfach nur auf einen der Stühle am Küchentisch.
 

James rieb sich über seine müden Augen ob der wieder eingetreten Stille. Schließlich konnte er zwei Tasse mit Kaffee befüllen und reichte eine davon an sie. „Willst du Brownies dazu? Steve hat sie gemacht und mir welche aufgedrückt.“, versuchte er, etwas von der steifen Stimmung abzulenken, worauf Natasha eine ihrer feingeschwungen Augenbrauen nach oben zog.
 

„Steve?“ Davon konnte er wohl nun nicht mehr ablenken, denn er glaubte nicht, dass Natasha etwas von ihrem Talent, Informationen aus jemanden herauszubekommen, verloren hatte.
 

„Uhm…ein Nachbar.“ Jedoch fühlte sich James für diesen recht neutralen Vergleich sofort undankbar, denn Steve war mehr als nur der simple Nachbar von obendrüber. „Ein Freund.“, setzte er noch nach.
 

Das fühlte sich schon besser an.
 

Natasha studierte ihn über das Nippen an ihrem Kaffee.
 

„Es ist gut zu hören, dass du Fortschritte machst.“, meinte sie schließlich und James verstand, dass sie Bescheid wusste.
 

Dass sie wusste, wie es ihm in den letzten Monaten ergangen war.
 

Dass sie ihn nicht einfach hinter sich gelassen hatte, nachdem er so unfair verletzend zu ihr gewesen war in seinem Selbstmitleid, über all die Dinge, die sich so drastisch für ihn geändert hatten, nach diesem einen letzten Einsatz.
 

„Becca, huh?“ Es war albern anzunehmen, dass seine Schwester nicht mit Natasha in Kontakt geblieben war, nur weil er sich so aufgeführt hatte.
 

„Ihr seid Teil meiner Familie, Yasha.“ Und ja, er wusste das. Und er wusste, dass er endlich die Gelegenheit nutzen sollte.
 

„Tasha, ich….“ Seiner Stimme wohnte ein leichtes Zittern inne. Sie erhob sich daraufhin und kam zu ihm. Ohne, dass sie ihn zu weiteren Worten aufforderte, nahm sie ihn in die Arme. So, wie sie es früher auch immer getan hatte, wenn er mit seinen Sorgen zu ihr gekommen war und nicht mehr weiter wusste. Besonders nach dem Tod seiner Eltern.
 

„Ich weiß, Yasha. Es ist ok.“
 

Gott, er hatte sie so vermisst.
 

*
 

Steve gab ein leises Seufzen wieder, während er die Sanitäreinrichtung des Kinos betrat und sich zum wiederholten Male an diesem Abend einen Trottel nannte. Seit er zu früh bei Peggy aufgetaucht war, hatte ihn die Verlegenheit nicht mehr losgelassen. Es war wirklich zum Verzweifeln, wie ungeschickt er sich benahm. Dabei war er mit 27 ein erwachsener Mann und dies nicht seine erste Verabredung mit einer Frau.
 

Nur war Peggy einfach etwas Besonderes und er fühlte sich so deplatziert an ihrer Seite. Selbst in legerer Kleidung, die aus einer perfekt sitzenden Jeans und einer leichten, weißen Sommerbluse bestand, die sie vorn zu einem Knoten gebunden trug, erschien dieses Ensemble dennoch apart an ihr. Ihr adrett frisiertes, braunes Haar, der verführerisch rote Mund und ihre cleveren, hübschen braunen Augen, rundeten ihren Pin-up-Stil gekonnt ab.
 

Es verwunderte somit auch nicht, dass sie den ein oder anderen interessierten Blick auf sich zog, was Steve sich wie einen tollpatschigen Welpen fühlen ließ, der ihr hinterher tapste.
 

„Verdammt Rogers, reiß dich zusammen.“, murmelte er über das Händewaschen. Mit einem letzten Blick in den Spiegel, straffte er seine Schultern und begab sich zu ihr zurück.
 

Kaum, dass er sie erspäht hatte, zog er in einem unguten Gefühl seine Augenbrauen zusammen und schlängelte sich weiter durch die Masse an Besuchern.
 

Peggy hatte Gesellschaft.
 

Ein Kerl mit dunklen, nach hinten gegelten Haaren stand neben ihr und redete auf sie ein, während er versuchte, sie wohl mit seinen zur Schau gestellten freien Oberarmen zu beeindrucken.
 

Peggys Körperhaltung zeigte, dass sie es begrüßen würde, wenn man sie in Ruhe ließe, was ihr Gegenüber jedoch weiter ignorierte.
 

Steve drängelte sich noch etwas eiliger zu ihr vor.
 

Ihre Blicke trafen sich schließlich und ihr Gesicht hellte sich sofort wieder auf. Steve erkannte, dass sie dem aufdringlichen Typ etwas sagte und sich daraufhin von ihm abwendete, was diesen dazu animierte sie an ihrem Handgelenk festzuhalten. Was folgte was ein abschätzender Blick von ihr und ein gezielter Kniestoß in dessen Mitte, was Steve automatisch mit das Gesicht verziehen ließ.
 

Verdient hatte es der Kerl.
 

Steve war an Peggys Seite, wo sie einem letzten Blick auf die sich krümmende und fluchende Gestalt warf.
 

„Können wir?“ Steve nickte zustimmend.
 

Das gerade von Statten gegangene Szenario war allerdings augenblicklich vergessen, als sie sich bei ihm einhakte und er ihre Wärme so deutlich spüren konnte, was ihn beinahe zum Stolpern über seine eigenen Füße brachte.
 

Peggy schmunzelte keck und lehnte sich noch etwas mehr an seine Seite.
 

*
 

James staunte über sich selbst. Hatte er doch rigoros beschlossen gehabt, sein Apartment heute nicht nochmal verlassen zu wollen. Aber Natasha hatte ihn nach einem kritischen Blick in seinen mager bestückten Kühlschrank dazu gebracht, mit ihr dieses kleine und etwas versteckt liegende Lokal zu besuchen, das den ungewöhnlichen Namen -Scarlet Witch- trug. Er war sich nicht sicher, was er daraufhin zu erwarten hatte. Doch wie sich herausstellte, war es weder ein düsterer und rauch verhangener Schuppen für Leute mit Hang zu Okkulten noch eine bizarre Großstadtversion eines Lebkuchenhauses.
 

Nein, er war sogar recht erstaunt, dass man dort in seiner Muttersprache kommunizierte und irgendwie gab es ihm ein simmerndes Gefühl von Heimat.
 

Natasha schien hier nicht unbekannt zu sein, zumindest wurde sie von der brünetten, schlanken Frau, die sich hinter einer Theke beschäftigt gesehen hatte, recht innig empfangen.
 

James beobachtet diese Szene versucht unauffällig. Schließlich zog ihn Natasha etwas näher heran und er fühlte sich gleich etwas nervös unter der fremden Aufmerksamkeit. „James, darf ich vorstellen, das ist Wanda. Ihr und ihrem Mann gehört dieses Lokal. Wanda, das ist James.“ Wanda streckte ihm mit einem warmen Lächeln die Hand entgegen. „Freut mich James.“
 

„Ebenso.“, erwiderte er und war etwas stolz auf sich, gleichfalls ein freundliches Lächeln zu zeigen, ohne dass es ihm künstlich erschien.
 

Schließlich setzten sie sich und ohne, dass man ihnen das Menü reichen musste, bestellte Natasha für sie beide.
 

*
 

Sie hatten das Kino hinter sich gelassen und Steve fühlte sich ein wenig hibbelig über die Tatsache, dass er Peggy mit zu sich nach Hause nahm. Sie hatte unbedingt den Dachgarten sehen wollen, von dem er ihr erzählt hatte.
 

Und auch Muffin wollte sie kennenlernen.
 

Über den Weg zurück, überlegte Steve krampfhaft, ob es auch ordentlich genug bei ihm war. Nicht, dass er der Peinlichkeit erliegen musste und irgendwo ein schmutziger Socken auftauchte oder er Haare im Bad im Waschbecken hinterlassen hatte nach dem Rasieren.
 

Zu dem Gedanken, ob sie sich etwas zu essen bestellen sollten, hatte Peggy auf Pizza bestanden und Steve damit ein Schmunzeln entlockte.
 

Bei ihm angekommen, war er erst einmal abgeschrieben, als Peggy auf Muffin traf und sich, so wie es aussah, gleich in den fröhlich grunzenden Mops verguckt hatte, der sich von ihr gerade den Bauch kraulen ließ.
 

„Gott, der ist ja allerliebst.“, meinte sie angetan. „Das hat er wohl von seinem Herrchen.“, neckte sie Steve mit einem Augenzwinkern, was diesen unter einem verlegenen Stottern, dass er die Pizza bestelle, die beiden erst einmal für sich ließ.
 

Über das Warten hatte Peggy auch einige seiner Skizzen entdeckt und sie sich mit Interesse angesehen.
 

„Ich mag dieses hier.“ Steve fühlte sich ein wenig ertappt, als sie ihm eine Zeichnung von Bucky entgegenhielt, die er vor einer Weile angefertigt hatte, da er ihn zu diesem Zeitpunkt wieder einmal besonders vermisst hatte.
 

„Ist er immer noch der einzig Wahre für dich?“
 

Es war eine regnerische Nacht gewesen, damals. Das hatte Steve noch gut in Erinnerung, genau wie seine Verzweiflung, die ihn wieder einmal überkommen hatte, als es um seine Gefühle für Bucky ging.
 

Er war vor Sharons Wohnungstür aufgetaucht, da er einfach nicht wusste, wohin mit sich.
 

Es war Peggy, die ihm die Tür geöffnet hatte.
 

Sie waren sich nicht fremd, aber Steve hatte nie genug Lockerheit aufbringen können in ihrer Gegenwart. Gerade, weil sie diese einnehmende Aura umgab, die sein Herz verwirrte.
 

Er hatte sich dumm gefühlt, sie mit seinen Sorgen zu belästigen, aber diese Last wog so immens schwer, dass er sich wenigstens etwas davon befreien wollte.
 

Er hatte das Brennen in seinen Augen gespürt, je mehr er von Bucky erzählte, bis ihn Peggys Hände auf seinen Wangen und ihre mitfühlenden Worte dazu gebracht hatten, sich nur für diesen einen Moment vollkommen auf sie zu konzentrieren. Seinen Schmerz zu verwischen und das matschige Grau seiner unerwiderten Emotionen mit ihren warmen, lebendigen Farben zu übertünchen.
 

Für Peggy mochte es nur Mitleid gewesen sein, aber für ihn war es ein rettender Anker, der ihn davon abhielt, etwas Dummes zu tun.
 

Wie Bucky zu sagen, was er für ihn empfand.
 

Er hatte diese Nacht mit ihr tief in seinem Herzen aufbewahrt.
 

Steve zögerte mit einer Antwort, denn wenn er ehrlich war, dann befand er sich momentan in der Schwebe. Nicht, dass ihm Bucky weniger wert geworden war, aber er konnte nicht abstreiten, dass auch James einen Weg in seine Gefühlswelt gefunden hatte. Aber weder das eine noch das andere gab Hoffnung auf mehr in der Zukunft.
 

„Es ist etwas kompliziert.“, meinte er mit einem erschöpften Seufzen und ließ den Kopf ein Stück hängen.
 

„Wenn du darüber reden möchtest. Ich höre dir gern zu.“, bot sie ihm an und entlockte ihm ein dankbares Lächeln.
 

Vielleicht wäre es gar nicht so verkehrt, mit jemandem darüber zu sprechen, der nicht direkt mit besagten Person in Verbindung stand.
 

*
 

James wusste nicht, wie sehr er hausgemachte Piroggi vermisst hatte, bis er sie probiert hatte und ein angetanes Raunen nicht unterbinden konnte. Es brachte die Erinnerungen an vergangene Zeiten zurück, als seine Eltern noch am Leben waren. An gemeinsame Dinner und wie seine Großmutter ihm und Rebecca versucht hatte, das Kochen beizubringen, mit diesem schmackhaften aber doch nicht allzu komplizierten Gericht.
 

Er hatte jedoch keinen Gedanken mehr daran verschwendet, sie selbst zuzubereiten, nachdem sich sein Leben so unglücklich gewendete hatte.
 

Natasha schien somit zufrieden mit ihrer Wahl und seiner Reaktion darauf.
 

Sie hatte sich noch etwas Zeit genommen und über ein paar Getränken alte Zeiten aufleben lassen. Natasha hielt sich noch immer bedeckt, wenn es um ihren Job ging. Etwas, das sie auch früher schon getan hatte, und James konnte stets nur mutmaßen, welche Art von Beruf solch eine Diskretion verlangte.
 

Es war ein angenehmer Abend gewesen und dieser so selten gewordene Umstand hatte ihn dazu gebracht, sie zu fragen, ob sie noch Lust habe, sich bei ihm einen Film anschauen zu wollen. Denn je länger sie zusammen waren, umso mehr verlangte es ihn nach der Routine ihrer alten Freundschaft.
 

„Schaust du dir noch immer diese billigen Horrorfilme an?“
 

„Hey! Das sind Klassiker. Vincent Price war eine Ikone in diesem Gebiet. Das heutige Zeug ist doch damit gar nicht vergleichen.“ Natasha machte sich die Mühe eines ergebenen Augenrollens auf seine Euphorie über diese alten Schinken.
 

*
 

Sie hatten ihre Pizza auf dem Dach gegessen und dabei den Blick über das Viertel genossen. Steve fühlte sich zudem auch etwas befreiter, nachdem er Peggy von James erzählt hatte.
 

„Da wirst du wohl abwarten müssen, was die Zeit bringt.“, hatte sie ihm gesagt und es war auch alles, was Steve hören musste. Er wusste selbst, dass es keinen ultimativen Ratschlag für seine Situation gab. Aber es tat dennoch gut zu wissen, dass er sich an sie wenden konnte, wenn ihm erneut etwas auf der Seele lag.
 

Und dafür war er ihr auch ungemein dankbar.
 

Hätte sie ihm damals nicht schon gesagt, dass sie sich nicht binden mochte, hätte er sein Glück sicherlich bei ihr probiert.
 

Doch so wusste er, dass es vollkommen unverbindlich war, wenn sie sich küssten und einfach nur die Nähe des anderen genossen.
 

Es war bedenkenlos angenehm.
 

Etwas, von dem Steve merkte, dass er es brauchte, um sich etwas von dieser innerlichen Spannung lossagen zu können.
 

Und sei es nur für einen Moment.
 

Für heut jedoch, musste er sich erst einmal wieder von Peggy verabschieden, weswegen er sie noch nach unten brachte, wo sie ihr Taxi erwartete.
 

„Pass auf dich auf.“ Sie strich ihm sanft mit ihrer Hand über die Wange und küsste ihn erneut, was Steve leise, sehnsüchtig seufzen ließ.
 

Peggy war einfach eine klasse Frau.
 

*
 

Ein sinnierendes Grinsen lag auf James Lippen, als Natasha in fragte, ob er sich noch an den Ausflug ihrer beider Familien ins Kosmonauten-Museum in Moskau erinnere. Es war ein fantastisches Ereignis für ihn als 9-jährigen gewesen, nachdem er sich so für dieses Thema begeistert sah. Bis er und Natasha beschlossen hatten, auf eigene Faust loszuziehen und in ihrem Eifer alles andere ausgeblendet hatten. Das Ende war, dass sämtliches Museums Personal und ihre Eltern nach ihnen suchen mussten, hatten sie sich in eine der Raumkapseln gestohlen und sich in ihrem Spiel, Weltraumentdecker zu sein, vollkommen verloren.
 

„Ich hatte eine heiden Angst, als man uns fand und sagte, man würde uns zur Strafe in ein Heizwerk zum Kohleschaufeln schicken.“, erinnerte er sich weiterhin und auch, dass er die ganze Fahrt zurück glaubte, man würde sie nun in solch einem riesigen Kraftwerk absetzen.
 

Dieses Grinsen erstarb allerdings, als sie nur noch ein paar Schritte von der Treppe zum Hauseingang trennten, vor welcher sich gerade zwei Personen näher kamen.
 

Er wusste es sollte ihm egal sein. Denn wenn er ehrlich war, mutete es schon recht ungewöhnlich an, dass Steve stets allein zu sehen war. Und die Frau vor ihm, erschien wahrlich nicht unattraktiv. James lenkte seinen Blick abrupt zu Boden, als Steve und die Frau sich wieder voneinander trennten und sich in ihm der Impuls regte, sich verstecken zu wollen.
 

Ein lächerlicher Ausweg.
 

Natasha indes, studierte die Szene mit scharfsinniger Beobachtungsgabe.
 

Schließlich legte sich die Aufmerksamkeit der beiden Personen vor der Tür auf sie und Natasha entging der überraschte Gesichtsausdruck des Blonden nicht.
 

„James.“, kam es von diesem und Natasha meinte, eine fast unscheinbare Nuance von Unsicherheit darin vernommen zu haben.
 

Ihr Blick richtete sich auf die Frau, die nicht weniger analysierend über das Geschehen wirkte.
 

„Uhm, hey.“ James Blick auf den Blonden war flüchtig und ausweichend. „Sorry, wir wollten nicht stören.“, setzte er fort, was die unbekannte Frau eine ihrer Augenbrauen mit einem seichten Schmunzeln nach oben ziehen ließ. „Oh, schon in Ordnung, ich muss nun eh los. Er gehört also ganz ihnen.“ Auf diesen Hinweis folgte, dass James leicht die Augen weitete und sich etwas mehr Rot auf seinen Wangen zeigte. Der Blonde indes schaute mit einem kritischen Blick auf die dunkelhaarige Frau.
 

Interessante Reaktionen, stellte Natasha für sich fest.
 

„Bis bald Steve.“ Dieser nickte etwas steif, worauf die Frau sich zu einem Taxi begab und schließlich nur noch sie drei übrig waren.
 

Das war also Steve.
 

James hatte ihr das ein oder andere über ihn erzählt, aber sie hatte nicht angenommen, dass dieser einer Model-Vorlage glich.
 

Ein Seitenblick auf James und Natashas Ahnung verfestigte sich ein Stück mehr.
 

Konnte es sein?
 

„Hallo. Mein Name ist Natasha. Ich bin die Freundin von James.“, unterbrach sie die Stille und reichte Steve eine Hand. Mit der anderen Griff sie nach der von James und zog ihn näher zu sich.
 

„Oh.“ Steve versuchte nonchalant zu wirken. Eine Reaktion die Natasha schmunzeln ließ. „Seine Freundin. Das…das freut mich. Ich meine, es freut mich.“ Steve schüttelte ihre Hand, sein Blick schweifte allerdings wieder zu James.
 

„Dann will ich euch mal nicht im Wege stehen.“ Was Steve zur Seite treten ließ, nur um dann etwas unbeholfen dazustehen, bis sie an ihm vorbeigegangen wären.
 

James tat dies noch immer mit gesenktem Blick, ließ aber ein „Man sieht sich" hören, bevor er im Hausflur verschwand. Natasha lächelte Steve kurz an und war im Begriff James zu folgen, als dieser wieder vor ihnen auftauchte und einen resoluten Gesichtsausdruck wiedergab. „Sie ist nicht meine Freundin.“, teile er daraufhin an Steve gewandt mit, bevor sich seine Augen ein Stück weiteten und ein kurzes Räuspern folgte. „Ich meine, sie ist meine beste Freundin. Wir kennen uns schon seit Kindertagen.“ Für Natasha war es nicht schwer zu erkennen, dass das Lächeln, das Steve darauf zeigte, mit so etwas wie Erleichterung verbunden war. James allerdings schien dieser Geste nichts weiter zu entnehmen.
 

Sie standen sich schlicht gegenüber, aber keiner brachte noch ein Wort hervor, was Natashas Vermutung weiter bestätigte.
 

James war für sie schon immer ein offenes Buch gewesen und Steve machte sich auch nicht wirklich die Mühe, subtil zu erscheinen. Zumindest wenn man eine wache Auffassungsgabe besaß.James allerdings schien mehr verunsichert als zuversichtlich und es machte ihr das Herz etwas schwer, ihn so zu sehen. Er war zwar immer schon etwas ungelenk gewesen, wenn es ums Flirten ging, aber meist richtete er dies mit anderen Eigenschaften wieder. Selbstzweifel waren jedoch nie ein Teil seines Charakters gewesen.
 

Dennoch sah sie es als ein gutes Zeichen, dass James sich in Bezug auf Steve trotzdem nicht gänzlich geschlagen zu geben schien.
 

Also konnte man durchaus annehmen, dass dieser es ihm wirklich ein wenig angetan hatte.

Steve wischte sich geschafft mit dem Handrücken über seine Stirn. Endlich hatte er alles soweit fertig.
 

Morgen war der 4. Juli.
 

Sam und Scott waren vor einer Stunde wieder gegangen, nachdem sie ihm bei den Vorbereitungen für die Feier geholfen hatten und er sich schließlich nur noch um die Kleinigkeiten kümmern musste.
 

Jetzt allerdings wollte er nur noch duschen und ins Bett.
 


 

Er hatte sich gerade hingelegt, als ihn eine Nachricht über eine E-Mail von Bucky erreichte. Ein Blick auf die Zeitanzeigte sagte, dass es gerade eine Minute nach 24 Uhr war, was Steve automatisch zum Schmunzeln brachte.
 

Steve öffnete die Nachricht auf seinem Tablet, an die sich ein Video angehängt befand.
 

Also lud er es herunter, um es sich auch gleich ansehen zu können.
 

Steve lachte leicht auf, als er Bucky und seinen Jungs zu sehen bekam, die sich noch etwas zurechtzupften.
 

Dann holte Bucky eine Gitarre hervor, die er wo weiß wer aufgetrieben haben musste, und Steve lächelte angetan.
 

Er liebte es wenn Bucky Gitarre spielte.
 

Er brauchte einen winzigen Moment, um den flotteren Rhythmus, Stevie Wonders -Happy Birthday- zuordnen zu können.
 

Dann stimmten auch schon Dugan mit der ersten Strophe ein.
 

Steve kam aus dem Feixen nicht mehr heraus, als jeder der Jungs abwechselnd eine Zeile vortrug und sie dabei immer überschwänglicher wurden. Als sie dann beim Refrain auch noch anfingen zu tanzen, war es für Steve ganz aus und er hielt sich vor Lachen den Bauch.
 

Das Video war kaum vorbei, als er eine Anfrage für einen Chat von Bucky erhielt.
 

„Himmel Buck.“, lachte er erneut, als er dessen zerknautschtes Gesicht zu sehen bekam und den tranigen Blick, als wäre er geradewegs aus dem Bett gefallen.
 

„Wo ist der adrette Typ aus den Video hin?“, grinste er, was Bucky mit einem herzhaften Gähnen beantwortete.
 

„Punk. Hab nur drei Stunden geschlafen“, nuschelte er müde und Steve verspürte den Drang ihn so schlaftrunken wie er war in die Arme ziehen zu wollen.
 

„Jetzt noch mal ein separates Happy Birthday von mir Stevie.“, meinte er dann schließlich mit warmer Stimme und einem sanften Lächeln. „Die Jungs hatten darauf bestanden, dir auch gratulieren zu wollen. Also haben mir das Ganze ein paar Stunden zuvor aufgenommen. Das Ergebnis hast du ja gesehen.“
 

„Ja, wie ein Rudel heulender Wölfe.“, gab Steve amüsiert seinen Eindruck wieder. „Sag den Jungs Danke von mir. Es war das grandioseste Geburtstagsständchen, was ich je bekommen hab.“
 

Bucky grinste etwas albern, sah dann aber wieder etwas schuldbewusst aus.
 

„Sorry, die Umarmung muss warten und auch dein Geschenk. Aber ich werde es nachholen, versprochen.“
 

Daran hegte Steve auch keinen Zweifel.
 

„Komm einfach wohlbehalten wieder zurück, mehr brauchst du mir nicht schenken.“, sprach er seinen innigsten Gedanken aus, was Bucky weiterhin reumütig aussehen ließ.
 

„Klar doch. So schnell wirst du mich nicht los.“
 

„Ich vermiss dich Buck.“, rutschte es ihm womöglich etwas zu sehnsüchtig heraus, was Bucky jedoch nur leicht lächeln ließ.
 

„Ich dich auch du Chaot.“ Verbunden mit einem leiseren, „ Mehr als du denkst.“ Was diesen ein kurzes Murren nachsetzen ließ.
 

„Ich meine…“
 

„Du kannst nicht ohne mich sein?“, neckte ihn Steve. „Du möchtest mich heiraten und gemeinsam Kinder großziehen? Meine Güte Buck, du bist so ein Charmeur.“ Bucky zeigte ein ergebenes Kopfschütteln.
 

„Als könntest du mich handhaben Rogers.“, stieg er auf dessen Scherz mit ein, was Steve kurz ins Stocken brachte, musste er sich daran erinnern, dass dies nicht der Boden dafür war in zweideutige Flirterei überzugehen.
 

Bucky würde sich nichts dabei denken, das wusste er, aber ihm würde es die ganze Sache nur wieder erschweren.
 

„Da hast du wohl Recht. Außerdem hätte ich auch gar nicht die Zeit all deine Verehrerinnen mit dem Stock von dir fern zu halten. Da beneide ich Debby wirklich nicht drum.“
 

Bucky schaute einen Moment zu ernst, was Steve schon annehmen ließ er habe es übertrieben.
 

„Es ist eine Gabe Stevie. Also nur keinen Neid.“, gab dieser dann aber in seiner gewohnt selbstsicheren Art wieder, was nun Steve ergeben raunen ließ. „Gut nur das du so bescheiden bist.“
 


 

*
 


 

Bucky hatte ihr Gespräch kurz gehalten, da er und die anderen noch einiges an Weg zurücklegen wollten über den Tag. Dennoch war Steve nicht sofort eingeschlafen nachdem sie sich verabschiedet hatten. Er war einfach zu aufgewühlt gewesen, da er Bucky wieder einmal zu sehr vermisste. Somit hatte er sich das Video auch noch ein, zwei Mal angeschaut und sich dadurch wieder etwas aufmuntern lassen.
 

Er hatte demnach auch nicht viel geschlafen, als ihn seine Mom und sein Dad vorhin angerufen hatte, um ihm zu gratulieren und ihn wie immer daran zu erinnern, dass er sie bald wieder einmal besuchen kommen sollte.
 

Eigentlich hatte er gedacht, dass er es in diesem Jahr vielleicht zusammen mit Bucky machen könnte, aber das hatte sich ja nun leider erledigt.
 

Steve fühlte sich folglich etwas träge, als er sich aus seinem Bett schälte und in Richtung Badezimmer schlurfte.
 

Die Feier würde zwar erst am frühen Abend beginnen, aber er hatte trotzdem noch das ein oder andere zu tun, bevor es soweit war.
 

Wie seine morgendliche Runde mit Muffin. Der Mops döste noch in seinem Hundekorb, als er die Küche betrat, war aber sofort hell wach, als er das Befüllen einer Futterschale mitbekam.
 

Steve indes zog sich seine Laufsachen über, da er nach ihrem Spaziergang noch etwas Joggen anhängen würde.
 

Auf dem Weg den Hausflur hinunter stoppte Steve einen Augenblick vor James Wohnungstür und schaute unentschlossen darauf. Er hatte ihn nicht nach seinen Plänen für den heutigen Tag gefragt. Auch wenn ihm öfter auf der Zunge lag ihn einzuladen. Dann jedoch dachten er daran, dass James kein Freund von zu vielen Menschen war und dazu auch noch fast alles Fremde. Ihm kam außerdem der Gedanke, dass James sich womöglich vor diesen Tag so gut wie nur möglich abschotten wollte. Er konnte sich vorstellen, dass er mit der Last seines PDSS keinen Wert auf gleisende Feuerwerksexplosionen und die damit verbundene Geräuschkulisse legte. Sam wie auch Bucky hatte ihm erzählt, dass es für viele Veteranen ebenso war und sie sich deswegen lieber verkrochen, um Panikattacken und Flashbacks aus dem Weg zu gehen.
 

Er hatte ihm somit auch nicht gesagt, dass es gleichzeitig sein Geburtstag war, um ihm nicht das Gefühl zu geben er müsse sich zu Anwesenheit zwingen.
 

Somit verließ er mit Muffin das Haus und ließ James seine Ruhe.
 


 

*
 


 

„Komm her Birthday-Boy!“ Steve konnte gar nicht so schnell reagieren, wie ihn Sam in eine Umarmung zog, noch bevor er die Wohnung überhaupt betreten hatte.
 

„Du siehst keinen Tag älter aus als 28.“, ließ er Steve mit einem breiten Grinsen wissen, als er ihn wieder freigab und einen musternden Blick über ihn schweifen ließ.
 

„Na immerhin.“ Sam drückte ihm daraufhin noch eine Schüssel mit selbstgemachter Guagamole in die Hand und ließ sich dann erst einmal von Muffin abschlabbern.
 


 

Es war wirklich von Vorteil, wenn man die oberste Etage für sich hatte und es somit niemanden störte, wenn Gäste zwischen seiner Wohnung und dem Dach hin und her pilgerten.
 

Er hatte dennoch den anderen Bewohner Bescheid gegeben, dass es etwas belebter zugehen könnte. Und wenn sie es wollten auch ruhig mit vorbei schauen konnten, da es mehr als genug zu Essen und zu Trinken gab.
 

„Sagt mal ist das bei den Europäern so üblich derart…naja innig mit seinen Geschwistern umzugehen? Oder ist das nur so eine Odinson Sache?“ Steve saß mit ein paar seiner Freunde zusammen, und jeder schaute auf Scotts Kommentar zu Thor und dem dunkelhaarigen Mann, den dieser ihnen als seinen Bruder vorgestellt hatte.
 

Thor hatte einen seiner kräftigen Arme um die dagegen etwas schmal wirkenden Schultern seines Bruders gelegt, der reichlich genervt wirkte.
 

„Ich glaube er hat einmal erwähnt, dass sein Bruder adoptiert wurde, was auch durchaus Sinn ergibt, wenn ich mir die beiden so betrachte.“ Sharon nickte zustimmend. „Ich kenn die beiden zwar nicht, aber ich finde sie würden dennoch ein niedliches Paar abgeben.“ Daraufhin zogen sich die Augenbrauen der Männer in der Runde skeptisch zusammen, war gerade zu beobachten wie Loki, soweit sie das richtig verstanden hatten, sich Thor Arm nun energisch von der Schulter schob, ihm mit finsteren Blick bedachte und einem stechenden Zeigefinger gegen dessen Brust drückte. Er schien aufgebracht, was Thor wie einen gescholtenen Welpen wirken ließ, je länger sein Bruder ihn anzischte.
 

Und weil es so typisch Thor war, zog dieser Loki über sein Wettern nun einfach wieder an sich heran, was diesen aber nur noch mehr verärgerte. Ein synchrones, mitfühlendes „Uhhh“ begleitete ihre Beobachtung, als Loki Thor einen seiner Ellenbogen fest in den Magen rammte und auf dessen Jappsen, wütend davon stampfte.
 

„Also, wenn man darauf steht, warum nicht.“, meinte Sam und widmete sich wieder dem Steak auf seinem Pappteller.
 

Steve indes erhob sich erst einmal wieder, um sich auch ein wenig um seine anderen Gäste zu kümmern.
 

Ein wenig später schob sich Sharon an seine Seite, während er neue Getränke platzierte.
 

„Wie geht es deinem Nachbarn? Ich dachte er wäre vielleicht auch hier.“ Steve hielt einen Moment darin inne benutzte Plastikbecher ineinander zu stellen über Sharons Worte. Darcy hatte ihn das vorhin auch schon gefragt und er nahm nicht an das Peggy, die leider schon wieder zurück in England war, ihr etwas erzählt habe. Doch dann fiel ihm wieder ein, dass Sharon ihn und James in der U-Bahn gesehen hatte und setzte sein Aufräumen fort, während er leicht mit den Schultern zuckte.
 

„Ich wollte ihn nicht damit belästigen. Er vermeidet es lieber zu viele Leute um sich haben zu müssen. Von daher.“
 

Sharon schwieg darauf kurz, bevor sie ihm mit einem „Schade.“ zur Hand ging.
 

Steve mochte es nicht zugeben, aber sie hatte einen Nerv mit ihrer Frage getroffen, denn er hatte James den Abend über nicht wirklich aus dem Kopf bekommen. Er fragte sich noch immer, was dieser heute tat und ob er ihn nicht doch hätte einladen sollen. James hätte auch nicht mehr als ablehnen können. So jedoch fühlte es sich an, als habe er ihn ausgeschlossen.
 

Es nagte an seinem Gewissen und an der Hoffnung, dass James vielleicht doch zugesagt hätte.
 

Ein Blick über seine Gäste zeigte, dass diese sich gut versorgt sahen und sich zu beschäftigen wussten, was ihn kurzentschlossen das Dach verlassen ließ, um daraufhin vor James Wohnungstür zu stehen.
 

Das Betätigen der Klingel schürte seine Nervosität weiter an, das es ihn beinahe zappelig machte.
 

Ein weiterer Versuch und weiteres Warten zeigte jedoch, dass James nicht zu Hause war, oder einfach nicht öffnen wollte.
 

Steve zog somit schließlich wieder davon.
 


 

*
 


 

Das Feuerwerk war soweit abgeklungen und ein paar seiner Gäste machten sich auch wieder auf den Weg. Am Ende waren es noch eine Hand voll guter Freunde, die ihm weiter etwas Gesellschaft leisteten und mit denen er den Abend auslaufen ließ.
 

Peter und Gamora hatten ihm eine Flasche guten kanadischen Whisky geschenkt, die er gern bereit war zu teilen.
 

Dafür holte er sogar richtige Gläser hervor.
 


 

„Jesus Christ Rogers!“ Sam hatte seine liebe Mühe Steve in sein Bett zu bekommen, vor allem weil er selbst nicht mehr der Nüchternste war. Aber Steve hatte es ziemlich erwischt über dieses Trinkspiel, das Thor ihnen vorgeschlagen hatte. Er hatte die Feier nicht zusammen mit seinem Bruder verlassen und sich schließlich mit zu ihrer kleinen Runde gesellt.
 

Nun allerdings war Sam der Einzige der Herren, der noch in der Lage war, Steve von Dach herunter und irgendwie hier in sein Schlafzimmer zu kriegen. Muffin war keine wirkliche Hilfe, indem er sich ständig zwischen ihre Beine schob, um zu sehen was denn mit seinem Herrchen los sei.
 

Mit einem lauten Raunen landete Steve schließlich auf der Matratze. Alle Viere von sich gestreckt und gab kurze, schmatzende Laute von sich, die Sam zum Feixen brachten. Es war selten Steve derart neben sich zu erleben.
 

Gamora betrat das Zimmer, in einer Hand ein Glas mit Wasser und in der anderen ein paar Tabletten für den kommenden Kater.
 

Sharon holte einen Eimer aus dem Badezimmer und platzierte ihn neben dem Bett.
 

„Steve hey.“, sprach sie ihn an, was diesen aber nur ein betrunkenes Stöhnen entlockte.
 

„Steve komm, trink das Wasser noch und dann kannst du schlafen. OK?“ Steve blinzelte etwas schwerfällig, ließ sich aber dann mit etwas Hilfe aufrichten, wo Sharon ihm das Glas an die Lippen setzte.
 

„So ist es gut.“
 

Ein Poltern war zu hören, gefolgt von einem Jammern, worauf Gamora ein ergebenes Seufzen über die Lippen rutschte.
 

„Das ist wohl meiner. Sorry.“ Peter hatte auch einiges wegschlucken müssen, aber im Gegensatz zu Steve versah ihn seine Trunkenheit mit noch genug Energie um lautstark einen 80`Song nach dem anderen vorzutragen.
 

Was auch immer diesem gerade geschehen war, hatte ihn abrupt von Like a Virgin abgebracht.
 

Gut das solche Aktionen an so einem Feiertag nichts Ungewöhnliches darstellte und es auch noch keine Beschwerden darüber gab.
 

Thor indes war auf dem Dach geblieben und meinte er würde auf einer der Liegen schlafen, was Sam daran erinnerte ihm noch eine Decke bringen zu wollen.
 

Er fragte sich, ob es womöglich auch etwas mit seinem Bruder zu tun habe, dass er nicht nach Hause wolle.
 

Steve indes hatte sich wie eine Katze zusammengerollt und war eingeschlafen.
 

Sam ließ es sich nicht nehmen noch ein, zwei Fotos von ihm zu machen, wie dieser so drollig in sein Kissen sabberte.
 


 

*
 


 

Bucky!
 

Steve schreckte wie vom Blitz getroffen hoch.
 

Er hatte Bucky vergessen!
 

Er hatte doch noch nie vergessen Bucky einzuladen.
 

Wie konnte ihm das nur passiert sein?
 

Steve rutschte über diese Eingebung aus seinem Bett. Es war dunkel um ihn herum, was ihn etwas durch das Zimmer stolpern ließ, in seinem Bestreben Bucky zu finden, um ihm sagen zu wollen, dass es keine Ansicht war, das er vergessen hatte ihn einzuladen.
 

Er wollte nicht das Bucky enttäuscht von ihm war.
 

Es brauchte einige Anläufe, bis er in seine Schuhe gefunden hatte und da dies schon anstrengend genug war, verzichtete er auf das Zubinden.
 

Seine Umgebung drehte sich aberwitzig, als er sich wieder aufrichtete, doch er ignorierte es so gut es ging.
 

Er musste schließlich zu Bucky.
 

Steve verließ seine Wohnung und schaukelte die Stufen hinunter. Zum Glück war das Geländer gut befestigt und bewegte sich nicht wie der Rest um ihn herum.
 

An seinem Ziel angekommen, betätigte er energisch den Klingelknopf, damit man ihn auch mitbekommen würde.
 

Es war wichtig das Bucky wusste, dass er ihn nicht absichtlich vergessen hatte.
 

Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis sich etwas hinter der Tür tat und diese sich schließlich einen Spalt aufschob.
 

Steve konnte nicht viel erkennen, bis die Tür sich weiter öffnete und er ein breites Lächeln aufsetzte.
 

„Da bist du ja.“, leierte er und fiel dem anderen beinahe entgegen, als er sich in Bewegung brachte. Aber das war ok, er hatte eh vor ihn zu umarmen und schlang daraufhin seine Arme fest um ihn. „Es tut mir leid Buck. Ich wollte es dir sagen. Bestimmt. Aber ich…ich wusste nicht…“Steve fühlte sich mit einem Male so schlapp auf seinen Beinen und sackte nur noch mehr gegen den Körper vor sich.
 

„Ich wollte dich dabei haben. Du bist mir wichtig. So wichtig…“, murmelte er über den Verlust seiner Energie und dem Drang nach Schlaf, dem er nicht nachgeben wollte.
 

Nicht jetzt, wo er bei Bucky war.
 

„Na hier hat sich wohl jemand etwas zu viel gegönnt.“ Steve spürte wie man ihn zurückschieben wollte, was ihn mit einem Murren nur noch inniger festhalten ließ. „Nein, nur noch einen Moment.“, nuschelte er und wünschte er hätte nicht so viel Watte im Mund.
 

Wie kam die da überhaupt hin? Wohl einer von Peters albernen Scherzen.
 

Doch egal wie sehr er auch versuchte dieses Gefühl das seine Zunge schwerfällig machte loszuwerden, es brachte keinen Erfolg.
 

Dann fand er sich auf einmal auf etwas Weichem wieder, was ihn instinktiv zur Seite kippen ließ.
 

Gott, er war so müde.
 

Jemand legte seine Beine nach oben und Steve rückte sich sogleich in die bequemste Position, die er für sich finden konnte. Das kurze Zerren an seinen Füssen, bekam er nicht einmal mit und auch nicht wie man ihm etwas überlegte.
 

„Schlaf dich erst mal aus.“, sagte jemand und Steve streckte automatisch seine Hand in einer suchenden Geste aus. „Verschwinde nicht einfach wieder.“, gab er einer unangenehmen Ahnung folgend von sich, bis man seine Hand schließlich ergriff und er ein zufriedenes Seufzen von sich gab.
 

„Vermiss dich so sehr…“, war alles was er noch vorbrachte und er schließlich einschlief.
 


 

*
 


 

„Shit!“ Steve hievte sich in Sitzposition, was seinen hämmernden Kopf höhnisch über ihn spotten ließ.
 

Es dauerte eine Weile, bis ihm klar wurde, dass es weder seine Couch noch seine Wohnung war in der er gerade aufgewacht war, was ihn ein erneutes Fluchen hervorbringen ließ.
 

Wie war er denn hier her gekommen? Er konnte sich wage daran erinnern, dass sie dieses Trinkspiel gestartet hatten und er eindeutig kein Glück darin hatte. Ein kurzer unscharfer Gedanke meinte, dass man ihn später in sein Bett verfrachtet hatte, zu den unscharfen Klängen von George Michael Monkey.
 

Aber wie schon festgestellt, war er nicht in seinem Bett.
 

Er kramte noch etwas weiter in seinem Kopf herum, bis ihn Etwas erschrocken die Augen weiten ließ.
 

Er hatte von Bucky geträumt, wie er ihn gesucht hatte. Dass er sich entschuldigen wollte. Dass er so froh war ihn tatsächlich gefunden zu haben. Da er ihm unbedingt bei sich haben wollte.
 

Dass er nun bei James zu Hause war, konnte daher nur eines bedeuten!
 

Steve vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Gott, ich hab mich sicherlich schon wieder bis auf die Knochen blamiert.“
 

„Wenigstens hast du mir nicht noch auf den Teppich gekotzt.“, drang James Stimme an ihn heran, was Steve mit einer zu ruckartigen Bewegung zu ihm schauen ließ und nicht mehr viel fehlte, um auch das noch nachzuholen.
 

„James…Gott es tut mir so leid.“, stammelte er beschämt und hoffte inständig, dass er nicht noch irgendetwas angestellt hatte, dass ihn nur noch mehr in Verlegenheit bringen würde.
 

„Nah, du bist nicht der erste Typ, der stutzbetrunken vor meiner Tür aufgetauchte wäre. Es ist dir zu Gute zu halten, dass du im Gegensatz zu manch anderen Personen, dennoch ziemlich pflegeleicht warst.“ James ließ ein Schmunzeln durchblicken. „Ich musste schon mal jemanden davon abhalten, splitterfasernackt durch eine russische Winternacht rennen zu wollen. Und ich rede nicht von albernen -10°C. Aber damit nicht genug, er hörte auch nicht auf Lenin zu rezitieren.“ Er schüttelte nun den Kopf. „Wir haben ihn mit Handschellen an den Kühlschrank ketten müssen.“
 

Steve rutschte tatsächlich ein Grinsen hervor über diese kleine Story, auch wenn er sich immer noch unglaublich dämlich vorkam.
 

„Naja Fesselspiele können ja auch ihren Reiz haben.“, versuchte er etwas von seinem nächtlichen Erscheinen abzulenken, nur um sich daraufhin bewusst zu werden was er da gerade gesagt hatte.
 

Er sollte wirklich langsam eine Auszeichnung dafür bekommen, sich mit dieser ungemeinen Präzision von einer peinlichen Aktion in die nächste zu manövrieren.
 

„Das überrascht mich nun doch.“, ließ ihn James wissen. „Hätte dich nicht für den Typ dafür gehalten. Aber jedem was ihm gefällt.“, fügte er mit einen aufziehenden Unterton an und lachte schließlich amüsiert über Steves leidlich, verschämten Gesichtsausdruck.
 

James entging nicht, dass Steve es nicht abstritt. Ein Gedanke der seinen Platz nicht hier haben sollte.
 

„Kaffee?“, bot er ihm daraufhin an und Steve gab ein dankbares „Ja, Bitte.“ von sich.
 

„Übrigens ist Muffin mit dem großen, blonden Hünen unterwegs, den ich oberkörperfrei in deiner Küche vorgefunden habe.
 

Du hattest deine Wohnung aufstehen gelassen und heute Morgen stand dein Mops-Kumpel vor meiner Tür und scharrte daran herum. Ich muss zugeben er machte einen äußerst drolligen Eindruck mit seinem kleinen, Papppartyhut, denn er aufhatte.“
 

Oh Mann!, ging es Steve durch den Sinn, dachte er daran, was alles hätte passieren können, während er in einer anderen Wohnung seinen Rausch ausschlief. Wiederholt war er froh darüber, dass er der einzige Bewohner der obersten Etage war. Dennoch war es unverantwortlich auch Muffin gegenüber.
 

„Thor, wenn ich den Namen richtig verstanden habe, meinte er würde eine Runde mit ihm gehen und auch etwas zum Frühstück mitbringen. Als Dankeschön, da er deine Dusche benutzt hat und auf dem Dach schlafen durfte.“
 

James schaltete die Kaffeemaschine an. „Ehrlich Rogers, du lässt deine Gäste auf dem Dach schlafen?“
 

Steve hatte nicht wirklich eine Erklärung dafür, konnte er sich an dieses Detail ebenso nicht erinnern.
 

Er würde wohl jemanden der anderen dazu befragen müssen.
 

Zuerst allerdings, sollte er ebenfalls duschen und sich etwas Sauberes anziehen.
 

Mit dem Versprechen, das er danach wieder zurückkäme, machte er sich erst einmal zurück in seine eigenen vier Wände.

„Der Termin ist um 11 Uhr. Mr. Odinson wird ebenfalls vor Ort sein.“ Steve nickte verstehend über den Zettel, den Captain Hill ihm gereicht hatte und auf welchem sich noch einmal Uhrzeit, die Adresse und ein paar andere Informationen befanden.
 

Man sollte ausgeschlafen und entspannt erscheinen.
 

Es deutete darauf hin, dass man womöglich ihre Leistungsfähigkeit testen würde, was Steve nicht als ein großes Problem betrachtete.
 

Es ginge um ein spezielles Programm, zu dem aus verschiedenen Feuerwachen Mitarbeiter geschickt wurden, um dort ihr Department zu vertreten. Um was genau es sich handelte, würde man ihnen dann vor Ort mitteilen.
 

Womöglich wollte man ihre spontane Einsatzbereitschaft testen, was nicht ungewöhnlich wäre, war in ihrem Job schnelles und taktisch überlegtes Handeln für die unterschiedlichsten Situationen ein wichtiger und meist auch lebensrettender Fakt.
 

Steve war gern bereit sich solch einer Herausforderung zu stellen, wenn er und Thor gerade dafür ausgewählt worden waren.
 

Damit verließ er ihr Büro wieder, wo er auch schon von Sam erwartet wurde.
 

„Und hat sie dich wieder dazu überredet, als Manager für das jährliche BBQ herzuhalten?“ Steve reichte Sam den Zettel, welchen dieser kurz überflog. „Na, dann lasst uns mal nicht alt aussehen, dort.“
 


 

*
 


 

„Hast du Lust auf ne Runde Früh-Fitness Rogers? Allein macht es keinen rechten Spaß.“ Steve war gerade dabei sich für seine Jogging Runde anzuziehen, als er Sam Anruf bekam. Es war eine ungewöhnliche Zeit, was ihn zu aller erst annehmen ließ, dass vielleicht etwas passiert wäre.
 

„Wie kommt es denn, dass du schon so voller Tatendrang bist?“, erkundigte er sich etwas skeptisch. Sam lachte kurz und munter. „Manchmal gibt es solche Tage eben.“ Steve hatte keinen Grund dies anzuzweifeln und letztendlich konnte er auch im Studio das Laufband nutzen. Er hatte schließlich noch einiges an Zeit übrig, bis er sich zu diesem Termin auf den Weg machen musste.
 

„Wenn du mir einen dieser neuen Protein-Shake spendierst, bin in einer halben Stunde dort.“, stichelte er mit einem neckenden Unterton.
 

„Ja, ja Rogers. Also schwing deinen Hintern endlich hier her.“
 


 


 

*
 


 


 

Thor hatte vorgeschlagen, das sie sich zuvor noch einen kleinen Imbiss leisten könnten, wogegen Steve auch nichts einzuwenden hatte.
 

Was ihn allerdings ziemlich überraschte war die Tatsache, dass Thor in Begleitung war.
 

Und zwar von James.
 

Ein unerwünschtes Gefühl machte sich in ihm breit, als er die beiden dort an einem Tisch sitzen sah und James den Eindruck erweckte, als würde er Thor Gesellschaft begrüßen.
 

Etwas zögerlich hielt er auf die beiden zu.
 

„Hey.“ Er ahnte, dass sein Lächeln aufgesetzte wirken musste, aber das war ihm gerade ziemlich unwichtig.
 

„Was…, was machst du denn hier?“ Steve wünschte ihm wäre der folgende, kleine Blickaustauch zwischen James und Thor entgangen, denn er schürte dieses nervige Gefühl nur noch mehr an.
 

„Uhm, Thor hat mich eingeladen und da ich gerade Zeit hatte…“
 

„Ich hatte noch etwas gut bei ihm für seine Gastfreundschaft vom letzten Mal.“, führt Thor mit einem typischen Strahlen an.
 

Es sollte so gesehen nichts Ungewöhnliches sein. Natürlich stand es Thor frei, sich wie auch immer bei anderen zu bedanken. Nur das er James dafür durch halb Manhattan hatte kommen lassen, erschien recht merkwürdig. Auch, dass es ausgerechnet heute sein musste.
 

Und wann hatten die beiden angefangen sich so gut zu verstehen? Steve hatte ewig gebraucht um James aus der Reserve zu locken und Thor gelang es einfach so?
 

Selbst wenn dieser über ein überaus sonniges Gemüt verfügte, das so gut wie jeden einnehmen konnte, so fühlte sich Steve doch etwas eifersüchtig über diese Tatsache.
 

Er setzte sich schließlich dazu und versuchte so locker wie möglich zu wirken, auch wenn es ihm nicht sonderlich leicht fallen wollte.
 

Es war Thor der das Reden die meiste Zeit übernahm und Steve war auch nicht böse darüber.
 

Er hatte merklich die Lust daran verloren, je länger er die beiden beobachten konnte. Ab und an schaute James zu ihm und schenkte ihm ein schmales Lächeln. Als wüsste er genau, was in Steve vor ginge und versuchte sich damit zu entschuldigen.
 

Steve war sich nicht sicher, ob er wollte, der James es wusste, oder ob es doch weiter unter Verschluss bleiben sollte.
 

Er fühlte sich nicht zum ersten Mal in einem Zwiespalt, wenn es um James und ihre Beziehung ging.
 

Bei ihrem Aufbruch musste Steve feststellen, dass Thor James nicht nur zum Frühstück eingeladen hatte, sondern auch zu ihrem Kurs, oder was auch immer sie erwartete. Er hatte nicht gelesen, dass man auch Gäste mitbringen durfte.
 

Handelte es sich womöglich um eine Demonstration ihrer Arbeit für Zivilisten?
 

Nur warum hatte sich Thor dann ausgerechnet James ausgesucht?
 

Steve konnte sich ein frustriertes Murren gerade so verkneifen. Nicht weil James ihnen weiterhin Gesellschaft leisten würde. Sonders weil er erneut miterleben durfte, wie leicht sich James auf Thor einzulassen schien.
 

Was war nur passiert, während er noch im Delirium gelegen hatte und die beiden das erste Mal in seiner Küche aufeinander getroffen waren?
 

James selbst hatte Steves nächtliches Erscheinen nicht noch einmal aufgerollt und er war darüber auch recht froh, war ihn diese Angelegenheit auch so schon mehr als unangenehm.
 

Er hatte auch keine Erinnerung daran, was er in Bezug auf Bucky hatte durchblicken lassen und er versteckte sich in dieser Hinsicht bereitwillig unter dem Mantel der Ahnungslosigkeit.
 


 

Sie erreichten ihr Ziel nach ein paar Minuten zu Fuß. Es handelte sich um ein altes Backsteingebäude, das einem Industriekomplex zugehörig schien.
 

Kurz nachdem sie es betreten hatten, teilte ihnen Thor mit, das er schon einmal die nötigen Erkundigungen einholen würde und war damit auf und davon.
 

„Wenn du weiter so die Stirn runzelst bekommst du nur Falten.“, füllte James die Stille aus die aufzukommen drohte, was Steve einfach die erste Frage stellen ließ, die ihm schon die gesamte Zeit über auf der Zunge lag. „Warum bist du hier?“ Es mochte etwas brüsk geklungen haben, was Steves Gesichtszüge schnell erweichen ließ. Er wollte nicht unfair werden, nur weil er sich zurückgestellt fühlte.
 

„Es hörte sich interessant an, als er mir davon erzählte.“ James zuckte mit den Schultern. Doch noch bevor Steve ihn fragen konnte, ob er denn mehr über diese ganze Angelegenheit hier wisse, war Thor auch schon wieder zurück.
 

Er dirigierte sie ohne Umschweife in einen weiß beleuchteten Flur, der diverse, nummerierte Türen aufwies.
 

„Hier, das ist dein Raum.“, meinte Thor schließlich und deutete auf einen der Eingänge. „Ich bin gleich nebenan. Man wird jemanden schicken, der uns dann mit dem Rest vertraut macht.“ Mit einem Grinsen und einem Zwinkern, begab sich Thor in besagtes Zimmer, was Steve einen Moment unschlüssig im Gang stehen bleiben ließ.
 

Irgendetwas war merkwürdig an dieser ganzen Sache.
 

James indes hatte den ihm zugewiesenen Raum schon betreten, worauf Steve nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen.
 

Das Innere war recht spartanisch eingerichtet. Es gab einen Tisch vor einem Wandspiegel und einen Drehstuhl davor. Eine mobile Kleiderstange mit diversen Feuerwehruniformen stand an einer der Wände. James ließ sich auf dem Sessel neben der Tür sinken und griff nach einem der Magazine, das sich auf einem kleinen Abstelltisch daneben befand.
 

Ansonsten gab es nur weißgestrichene Wände und zwei Doppelfenster mit Blick auf ein gegenüberliegendes Gebäude.
 

„Kannst du mir verraten was hier nun eigentlich los ist?“ James schaute kurz von seinem Heft auf.
 

Es klopfte an der Tür und herein kam eine junge, blonde Frau mit einem kleinen Koffer und einem unsicheren Lächeln.
 

„Hallo. Ist jemand von ihnen Mr. Rogers?“
 

„Ja, ich bin Mr. Rogers.“ Die Unsicherheit verschwand von ihrem feinen Gesicht. Stattdessen streckte sie ihm ihre schmale Hand entgegen. „Dann bin ich hier richtig. Meine Name ist Gwen und ich werde mich um ihr Styling kümmern.“
 

Steve erwiderte die Begrüßung, während er die Situation als immer seltsamer empfand.
 

Styling?
 

Automatisch ging er wieder dazu über seine Stirn zu runzeln. „Falten.“, hörte er James mahnende Stimme, was Gwen ein amüsiertes Lächeln entlockte.
 

„In Ordnung.“ Sie stellte ihren kleinen Koffer auf den Tisch vor dem Spiegel. „Ich wäre dann soweit.“ Sie deutete auf dem Drehstuhl und Steve folgte der Aufforderung zögerlich.
 

„Uhm, könnten sie noch ihr Hemd ausziehen?“ Das allerdings brachte ihn wieder zum Stillstand. „Huh?“
 

„Naja ich muss mich auch um ihren Oberkörper kümmern, damit alles so gut wie möglich aussieht.“ Gwen hatte wenigstens den Anstand rote Wangen zu bekommen auf ihre Bitte hin. Steves Blick fiel auf den Spiegel, wo er die Reflektion von James einfangen konnte, der sich zurückhaltend auf seine Unterlippe biss. Dieser fand das Ganze wohl äußerst belustigend.
 

„Ist das ein Scherz?“, erkundigte er sich folglich und bracht Gwen damit dazu irritiert auszusehen über Steves Unwillen sich frei machen zu wollen.
 

„Dafür sind sie doch hier. Zumindest wurde mir das so mitgeteilt.“ Sie setzte ein kesses Schmunzeln auf. „Schließlich ist es das, was die Käufer sehen wollen.“
 

„Die Käufer!“ Steve schaute nun sichtlich empört über diese Information. „Na, die Leute die diesen Kalender kaufen werden.“
 

„Kalender?“ Steve schaute von Gwen über die Dinge die sich im Zimmer befanden hin zu James, der versucht unbeteiligt in dieser Zeitschrift blätterte. Steve glaube ihm keine Sekunde lang, dass er sich für flippige, bunte Sommerhandtaschen aus Japan interessierte.
 

Dann traf ihn eine unzweifelhafte Eingebung. „SAM!“
 

Dieser hatte ihm schon das letzte und das Jahr davor dazu überreden wollen, an der Auswahl für solch einen Kalender teilzunehmen. Aber Steve hatte sich nicht überzeugen lassen.
 

Es war ihm einfach unangenehm sich vor wildfremden Leuten so darzustellen. Und dann auch noch für Fotos, die dann in zig Haushalten eine Wand oder sonst etwas schmücken würden. Es war ihm schlicht peinlich, denn irgendwo war er doch immer noch der schmächtige Kerl den man gern übersah.
 

Unfassbar auch, dass er sogar Captain Hill mit in diesen Hinterhalt hatte einspannen können.
 

Höchstwahrscheinlich hatte Sam deswegen auch all diese Fotos gemacht.
 

Er wollte gar nicht wissen, welche er schließlich eingeschickt hatte, um ihn ins Rennen zu schicken.
 

Oh, Sam konnte sich auf was gefasst machen, so viel stand fest.
 

Steve holte leise grollend sein Handy hervor. „Das ist wirklich nicht nett Stevie.“ Steve hielt etwas perplex in seinem Vorhaben inne, als er James dies sagen hörte. Oder eher diesen Kosenamen. Und für einen winzigen Augenblick, war ihm als habe er Bucky vor sich.
 

James deutete mit einer Kopfbewegung auf Gwen die etwas unruhig wirkte.
 

„Also, wir haben einen Zeitplan einzuhalten.“, gab ihm diese zu verstehen und öffnete schon einmal demonstrativ ihrem Koffer, in dem sich allerlei kosmetische Utensilien befanden.
 

„Hast du davon gewusst?“, schmollte er in James Richtung, der ihn nur unschuldig anblinzelte.
 

„Ernsthaft!?“ Damit ließ er sich ergeben auf den Stuhl sinken und befreite sich trotzig von seinem Hemd.
 

Im Hintergrund war das Geräusch eines zu Boden fallenden Magazins zu vernehmen.
 

Steve richtete seinen Blick über den Spiegel zu James der nun etwas fahrig das Heft wieder aufhob. Kurz trafen sich ihre Blicke und Steve schwor, dass James verlegen wirkte, bevor er sich wieder hinter seiner Zeitschrift versteckte.
 

Trotz seiner etwas angekratzten Stimmung, legte sich daraufhin ein Schmunzeln auf Steves Lippen.
 

Sollte diese Reaktion bedeuten, was er hoffte das sie bedeutete?
 

Plötzlich schien es gar nicht mehr so unangenehm sich für diesen Kalender ablichten zu lassen, wenn er James damit noch den einen oder anderen Rotschimmer besorgen konnte.
 


 

*
 


 

Gott, er hätte nicht gedacht, dass es tatsächlich derart anstrengend sein würde, für ein paar Fotos zu posieren. Vor allem, wenn ständig an einem herumgezupft, gefummelt und gesprüht wurde, damit er auch so nass und sexy wie möglich aussah, während er mit einem der Feuerlöschschläuche zu hantieren hatte.
 

Thor indes schien richtig in seinem Shooting aufzugehen. Jemand drückte ihm gerade eine der Feuerwehräxte in die Hand und auch ohne sich in Positur gebracht zu sehen, war dessen Ausstrahlung beeindruckend genug, das die Kamera nicht zur Ruhe zu kommen schien.
 

Es ging auch eindeutig nicht darum praktisch zu erscheinen, im Verbildlichen ihrer Arbeit.
 

„Hier Mr. Rogers.“ Einer der Praktikanten, Peter, reichte ihm einen Becher mit Wasser den Steve dankend annahm. Er fühlte sich noch immer etwas unwohl, sich so freizügig zu präsentieren, etwas das ihm aus seiner Kindheit erhalten geblieben war, bedeutete sich bloß zu zeigen doch viel zu oft unangenehme Untersuchungen.
 

Diese Erinnerung hatte ihn ausreichend geprägt, selbst wenn er jetzt alles andere als zerbrechlich war.
 

Es half allerdings, dass die Leute hier routiniert ihren Job machten und man sie nicht einfach nur als Fleischbeschau behandelte.
 

Er mochte immer noch selbst endscheiden von wem er sich unverhohlen anschauen ließ.
 

Automatisch dachte er an James und seine Verhalten vorhin zurück.
 

Steve schaute sich um, in der Erwartung ihn irgendwo am Rande stehen zu sehen.
 

Als er ihn schließlich fand, stand er zwar Außerhalb doch nicht wie er angenommen hatte mit Blick auf ihn, sondern unter einem der kräftigen Arme von Thor der ihm etwas erzählte.
 

Es war eine Eigenart von Thor, Leuten die er mochte einen Arm über die Schulter zu legen, wenn er sich mit ihnen unterhielt.
 

Nur…
 

Nur war er dabei nicht unbedingt oberkörperfrei. Steve fühlte sich plötzlich vergleichsweise schmächtig gegen seinen Freund und Kollegen. Auch wenn dies bei weitem nicht das erste Mal war, dass er ihn so sah, schließlich bekam man in einer Umkleide das ein oder andere schon mit.
 

Dennoch ärgerte ihn der Gedanke, dass er letztendlich wohl den Kürzeren gezogen hatte, was James Interesse anbelangte. Dabei hatte er fast geglaubt es könnte eine Chance geben, selbst wenn er diese erst noch ein wenig untersuchen musste.
 

Seine Laune sank merklich, je länger er darüber nachdachte, das egal wie viel Mühe er bereit war, sich mit jemanden geben zu wollen, man ihn immer schon im Vorfeld den Wind aus den Segeln nahm.
 

Und je länger er hier saß, mit nichts weiter an, als dieser viel zu tief sitzenden Arbeitshose und dem albernen Gefühl von Hosenträgern auf blanker Haut, desto mehr wollte er einfach verschwinden.
 

„Alles…alles in Ordnung Mr. Rogers?“ Steve richtete seinen Blick auf Peter, der noch immer neben ihm stand und sich eines dieser Klemmbretter vor die Brust gedrückt hielt.
 

Er wirkte etwas unruhig und Steve verstand nicht ganz, was diese Reaktion hervorgerufen hatte. Peter schaute auf Steves fragenden Ausdruck auf dessen Hand und erst jetzt bemerkte er, dass er den Plastikbecher zerdrückt hatte ohne auch nur einen Schluck daraus getrunken zu haben.
 

„Oh. Sorry. Ich…“ Steve gab das geschundene Plastik wieder frei, welches Peter ihm sofort abnahm.
 

„Soll ich etwas Neues holen?“ Steve nickte stumm, auch wenn er nichts zu trinken brauchte, aber er wollte einen Moment für sich.
 

„Du verhältst dich einfach nur lächerlich Rogers.“, mahnte er sich selbst leise und sprang beinahe aus seinen Stuhl, als er daraufhin James unverhoffte Stimme vernahm.
 

„Was ist los? Wird es dir unter alle den taffen Typen zu heiß?“ James wippte belustigt mit den Augenbrauen über seinen Kommentar. Steve schüttelte mit einem Schmunzeln entgeistert den Kopf. „Das war mehr als flach, mein Lieber.“ James zuckte mit den Schultern. „Ich hätte es mir nie verziehen, wenn ich nicht wenigstens einen feurigen Witz hier gemacht hätte.“
 

„Na du scheinst je deinen Spaß zu haben.“, meinte er und klang selbst in seinen Ohren etwas zu bitter.
 

James musterte ihn daraufhin eingehend. „Bist du immer noch sauer, weil sie dich für diese Aktion angemeldet haben? Oder liegt es daran, dass ich hier bin?“ James stellte diese Fragen ohne einen negativen Unterton. Trotzdem fühlte sich Steve augenblicklich schlecht ihn annehmen zu lassen, er wäre hier nicht erwünscht. Dabei war Steve immer froh, wenn er mit James Zeit verbringen konnte. Dennoch war diese ganze Situation aufreibend und es machte ihn mürrisch.
 

„Es liegt nicht daran, dass du hier bist. Ich frage mich nur, warum du mir nichts gesagt hast. Oder was dich dazu gebracht hat, dem überhaupt zuzustimmen. Ich hatte angenommen du würdest solche Dinge eher meiden. Oder habe ich das falsch verstanden? Oder ist es wegen Thor? Du scheinst dich recht gut mit ihm zu verstehen, dafür dass ihr euch doch noch gar nicht so lange kennt. Ich meine, ich weiß ich bin zu Weilen etwas umständlich, nur dachte ich…“
 

„Meine Güte Steve! Hast du dir diesen Knoten, die ganze Zeit über in deinem Kopf zusammengeschnürt? Kein Wunder, das du so verstimmt bist.“ Steve senkte geschlagen sein Kopf. Es war ein Tick, das wusste er und dazu einer der ungesunden Sorte. Er redete sich manchmal zu viel ein. Vor allem, wenn es um Personen ging die er mochte. Es dauerte demnach immer eine Weile, bis er genug Vertrauen aufgebaut hatte um zu wissen, dass er einfach nur überreagierte. Dass es für alles eine Erklärung gab.
 

„James rückte sich einen anderen Stuhl heran und setzte sich ihm schräg gegenüber. „Also die Wahrheit ist, das man mich dazu geladen hat, weil man der Meinung war ich könnte dir als Ruhepol dienen. Deine Freunde meinten, du wärst manchmal etwas zu verspannt.“
 

„Du solltest mir also das Händchen halten, hm?“
 

„Haargenau.“ James lehnt sich ein wenig nach vorn für seine nächsten Worte. „Thor scheint der Meinung zu sein zwischen uns läuft was, deswegen kam er zu mir und fragte, ob ich hierbei mitspiele.“
 

„Er denkt was?“ James setzte ein Grinsen auf. „Der Gedanke kam ihm wohl, nachdem ich ihm damals sagte, dass du nach dieser Feier bei mir geschlafen hast. Eine kleine Missinterpretation.“
 

Steve schaute James daraufhin aus großen Augen an.
 

„Warum hast du es nicht aufgeklärt, als er dich fragte, ob du mit hier her kommen würdest?“ Steve sah die gespielte Fassungslosigkeit in James Gesicht. „Machst du Witze? Wann bekommt man schon mal die Gelegenheit ein Rudel knackiger, halbnackter Jungs bestaunen zu dürfen, ohne als Perverser zu gelten oder dafür bezahlen zu müssen?“
 

Ein Impuls drängelte sich in Steve nach oben und über seine Lippen, noch bevor er sich dem vollkommen bewusst wurde und er fragte, „Stehst du auf Jungs?“ gefolgt von der Hitze die seinen Körper durchzog und welche nichts mit den Feuern zu tun hatte, die zur Kulisse gehörten.
 

„Sagen wir mal so, ich schätze es die Wahl zu haben.“ James Ausdruck wurde etwas kühl. „Gibt es denn ein Problem damit?“
 

Ach ja, James konnte ja nicht wissen, dass er ganz bestimmt kein Problem damit hatte und Steve schaffte es hoffentlich nicht wie ein Idiot zu grinsen über die Gewissheit, dass James nicht nur Frauen bevorzugte.
 

„Nein, alles ok.“
 

Sollte er vielleicht auch gleich anfügen, dass er ebenso bisexuell war, oder wirkte das als wolle er etwas Bestimmtes damit andeuten? Hätte er denn überhaupt eine Chance bei ihm?
 

Womöglich war Thor viel eher sein Typ. Außerdem wollte er auch nicht zu eifrig erschein, auch wenn er das Gefühl hatte, wenn er zu lange zögerte, dass es am Ende tatsächlich zu spät war und James sich jemand Anderen gesucht hatte. Nur wie würde er sich fühlen, wenn James ihm gleich hier und jetzt sagte, dass er mit ihm nicht mehr als Freundschaft wollte?
 

Nein…
 

Nein, er mochte es nicht hören.
 

Nicht jetzt, wenn er noch nicht einmal etwas Einsatz gezeigt hatte.
 

Sollte es trotz allen nichts bringen, dann hatte er es wenigstens versucht.
 

„Ganz sicher?“ James schaute skeptisch und Steve wurde bewusst, dass er sich abermals in seine Gedanken verstrickt hatte, was auf James so wirken musste, als würde er die Wahrheit zurückhalten.
 

„Ganz sicher.“ Steve ließ schließlich ein sonniges Lächeln zu, als er James anschaute.
 


 

***
 


 

„Na hier sieht aber jemand happy aus.“ Steve kam sich augenblicklich ertappt vor, was ihm ein Lachen von Bucky einbrachte. „Mensch Stevie, es ist dir durchaus erlaubt Spaß zu haben oder dich über etwas zu freuen.“
 

Buckys Augen strahlten amüsiert und plötzlich fühlte sich Steve merkwürdig unruhig. „Was ist denn der Anlass für deine Gute Laune?“, hakte Bucky nach und plötzlich fehlten Steve die Worte.
 

Der Grund seiner guten Laune war, das James zugestimmt hatte ihn am Wochenende zur Werkhalle zu begleiten, wo er seine Holzarbeiten anfertigte, da dieser sich sichtlich interessiert an seinem Hobby zeigte, als er es erwähnt hatte.
 

Es gab auch noch andere Fortschritte mit James.
 

Sie trafen sich wenn Steves Schichten es zuließen. Entweder nur um etwas zu reden, zusammen etwas zu essen oder sich auch mal einen Film oder dergleichen anzusehen.
 

An manchen Abenden, gingen sie auch weiterhin zusammen mit Muffin spazieren.
 

Es war Sommer geworden und James vermied es, zu oft über den Tag nach draußen zu müssen, war es nicht unbedingt von Vorteil bei hohen Temperaturen langärmlig herumzulaufen.
 

Außerdem bekomme er immer recht schnell einen Sonnenbrand. „Die russische Blässe ist kein Freund von amerikanischen Sommern.“ So hatte er ihm erzählt. Steve war auch dieses Detail nicht entgangen, denn im Vergleich mit Bucky, der rasch und ohne großen Aufwand eine attraktive Bräune annahm, wenn er in der Sonne war, so war James schon etwas bleich.
 

Aber deswegen nicht weniger ansehnlich.
 

Und nun wusste er auch den Grund dafür und er war froh, dass es sich dabei nicht um ein zuerst vermutetes gesundheitliches Problem handelte.
 

Und dann war da noch das Handicap mit James Arm, denn er nicht gewillt war offen zu zeigen.
 

Deswegen war er so happy, dass James nun tatsächlich mit ihm an seinem freien Wochenende etwas unternehmen wollte.
 

„Du hast jemanden kennengelernt, stimmt´s?“, teilte Bucky seine Theorie auf einmal mit, als habe er Steves Gedanken lesen können.
 

„Was? Wie…wie kommst du darauf?“ Bucky setzte einen prüfenden Blick auf, dem Steve zu seinem Leidwesen gerade nicht standhalten konnte.
 

„Deswegen. Es ist wie damals, als du mit Mary Phillips zum Jahrmarkt gegangen bist. Oder als du zusammen mit Susi Foster dieses Schulprojekt machen durftest. Nicht zu vergessen Choselyn Hamsher aus deinem Kunstkurs. Die mit den faszinierenden grünen Augen.“, ahmte er Steve damalige Begeisterung nach, was Steve ein trotziges Gesicht ziehen ließ.
 

„Ja, ja, als wären das alles auch potenzielle Chancen gewesen. Mary hatte nur keine Lust allein zu gehen und ist am Ende mit einer Freundin abgezogen die sie dort getroffen hatte. Susi hatte keine andere Wahl, wenn sie nicht durchfallen wollte und mit Chosy habe ich, wenn es hoch kommt, vielleicht drei Mal gesprochen. Und das auch nur, wenn es um Dinge ging die den Kurs betrafen.“ Seine Jungend- Schwärmereien waren wahrlich nicht das, woran er sich nun mit einem sinnierenden Lächeln erinnerte. Erst als sein Körper kräftig und gesünder geworden war, boten sich plötzlich überall Optionen. Doch zu diesem Zeitpunkt, war er derart vorsichtig geworden, nicht verletzt zu werden, dass er kaum einer gefolgt war.
 

Am Ende ging nichts über Bucky.
 

Mit James allerdings verhielt es sich anders.
 

Natürlich gab es immer die Möglichkeit, dass es ein weniger wünschenswertes Ende nahm, aber in diesem Falle wollte er das Risiko einfach wagen.
 

„Was war mit diesen einen Typen im College? Uhm…Wade Watson…Williams? Der war doch ganz vernarrt in dich.“
 

Oh ja, Wade.
 

Wade Wilson ein grandioser Chaot. Und auch der Grund, dass Steve sich schließlich geoutet hatte. Es war aus einem Impuls heraus passiert, als man Wade wiederholt gepiesackt hatte für seine Neigung zum gleichen Geschlecht und Steve daraufhin dazwischen ging. Es hatte sich ein positiver Ruf um seine Person aufgebaut, ohne dass er selbst zu viel darauf gab. Zu viele Oberflächlichkeiten von Leuten, die nur das in ihm sahen, was sie sehen wollten.
 

Der vorzeigte Student mit guten Noten und sportliche Erscheinung. Stets aufmerksam und höflich mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, der keine Auseinandersetzung scheute wenn jemand unfair oder grob behandelt wurde.
 

So wie es eben in diesen Fall gewesen war. Und er hatte noch genau die Gesichter vor Augen, als er der Gruppe an halbstarken Mitstudenten mitteilte, das, wenn sie Wade nur seiner Orientierung wegen so mies behandelten, sie es doch ruhig auch bei ihm versuchen sollten.
 

Es hatte einen Moment gedauert, bis diese Info tatsächlich gegriffen hatte. Und auch wenn er in der Zeit darauf, von Einigen immer mal ablehnend gemustert wurde, so ließ man ihn und auch Wade doch zum größten Teil in Ruhe, hielt man sie wohl für ein Pärchen.
 

Denn Wade war ihm danach kaum noch von der Seite gewichen.
 

Steve hatte eine verworrene Art von Sympathie für Wade empfunden, aber er hatte ihn dennoch nur als einen Freund gesehen. Zum Glück war Wade nicht der nachtragende Typ, auch wenn er nicht aufgehört hatte, auf eine kumpelhafte Weise weiter mit ihm zu flirten.
 

Er hatte damals mit allem Mut den er besaß Bucky diese Geschichte erzählt, da er sich auch vor ihm nicht mehr verstecken wollte.
 

Buckys Reaktion auf sein Coming Out war aufwühlend gewesen. Er erinnerte sich noch gut an dessen skeptisch wirkenden Blick, als glaube er man wollte ihn veralbern.
 

Doch dann hatte Bucky ihm einen Arm über die Schultern gelegt und ihm eine triezenden Kopfnuss verpasst, mit den Worten, dass er kein Problem damit habe und es nichts an ihrer Freundschaft ändern würde.
 

Der Gedanke, dass er ihre Freundschaft auch gern gegen ein etwas intimeres Miteinander tauschen würde, war ungefragt miteinher gegangen. Und er war kurz davor gewesen sich dafür selbst zu Ohrfeigen.
 

„Diesmal ist es etwas anderes.“, rutschte es ihm hervor, ohne es beabsichtigt zu haben.
 

Das letzte was er gerade wollte, war mit Bucky darüber zu sprechen.
 

Es fühlte sich eh schon an, als würde er ihn irgendwie hintergehen. Er etwas Unmoralisches tun, indem er sich zu einem Mann hingezogen fühlte, der Bucky so unglaublich ähnlich sah.
 

„Und in wie weit ist es etwas anderes?“ Es war klar, dass Bucky nun nicht locker lassen würde.
 

„Es ist eben so.“
 

„Du meinst, diesmal gibst du nicht schon im Vorfeld auf, weil du meinst es liege eh immer nur an dir, dass du kein Glück mit Beziehungen hast? Oder das potenzielle Optionen sich nur auf deine Äußerlichkeiten fixieren?“
 

Gott, Bucky kannte ihn wahrlich in und auswendig.
 

„So in etwa.“ Bucky sagte daraufhin nichts und Steve wusste nicht wie er das Thema am besten wechseln konnte, ohne es zu offensichtlich erscheinen zu lassen.
 

„Also entweder ist es jemand der sonst gar nicht deinem Typ entspricht oder aber diese Person ist genau das und du hast einfach nur Muffensausen ihr nicht gerecht werden zu können.
 

Die Variante Ritter in goldener Rüstung, womöglich?“, gab er seine Theorie schließlich wieder, was Steve ein Schmunzeln bescherte, dachte er an James und dessen Arm der durchaus einem Rüstungsteil ähnlich war.
 

„Silber, nicht Gold.“ Und zum wiederholten Male gab er Dinge preis, die ihn nur noch mehr in Buckys Aufmerksamkeit zu diesem Thema rückten.
 

„Also ist es schon mal ein Er?“ Steve verzog ein wenig das Gesicht über den Gedanken Buckys Vermutung abzustreiten. Er war stets ziemlich lausig, wenn es darum ging Bucky etwas vormachen zu wollen. Also entschied er sich für –ab durch die Wand-
 

„Uhhh, du lässt ja eh nicht locker. Ja es ist ein Er. Zufrieden?“
 

Buckys folgendes Lächeln wirkte eine Sekunde lang seltsam. „So lange du es bist.“ Steve konnte nicht zuordnen, ob es ein Zuspruch war oder eine Frage, die ihm Bucky hier stellte.
 

„Ich bin auf dem Weg es herauszufinden.“
 

Steve hoffte damit wäre das Thema vorerst durch, denn er fühlte sich einfach nicht wohl dabei.
 

Bucky atmete hörbar durch und Steve wartete ab.
 

„Ok, ich muss los. Sorry. Ich gebe dir bescheid, wann es wieder mal klappt.“
 

Ok, das war nicht unbedingt, was er erwartete hatte, aber er hinterfragte Bucky plötzlichen Abschied auch nicht. „Oh, na gut. Dann pass auf dich auf Buck.“ Dieser nickte darauf und Steve bemerkte sofort, dass dessen folgendes Lächeln abermals steif wirkte.
 

„Ja, du auch auf dich.“ Steve mochte sich unwohl gefühlt haben, während ihres Gespräches, aber er fühlte sich ebenso aufgewühlt, als ihm Bucky mit einem Male bedrückt erschien. Nur hatte er keine Gelegenheit mehr nachzufragen, hatte dieser die Verbindung auch schon beendet.
 

Er mochte es gar nicht, wenn ihre Gespräche in solch einem merkwürdigen Klima zu Ende gingen.
 

Aber er hatte es ja selbst mit heraufbeschworen.
 

Der Gedanke das Bucky verärgert oder enttäuscht war, weil er ihm nichts weiter hatte erzählen wollen, kam ihm kurz darauf ein. Sie hatten sich schließlich immer alles erzählt, egal wie peinlich oder albern es auch sein mochte.
 

Steve spürte nicht zum ersten Mal, dass ihre Freundschaft etwas belastete über das weder er noch Bucky sprechen wollten. Er mochte sich nicht vorstellen, dass sie beide jemals den Punkt erreichten, wo sie sich nichts mehr weiter zu sagen hatten, da sie sich nach all den Jahren der Distanz und ihrer unterschiedlichen Leben doch zu sehr voneinander entfremdet hatten.
 

Plötzlich wollte er wieder nichts sehnlicher, als Bucky bei sich zu haben. Ihm endlich seine Gefühle gestehen und beten, dass dieser, wenn sie schon nicht erwidern, sie wenigstens tolerieren könnte.
 

Ein Leben ohne Bucky?
 

Er wäre nur noch eine halbe Person.
 


 


 

***
 


 

Die Sache mit dem Kalender, habe ich mir nicht ausgedacht. Es gibt ihn wirklich : )
 


 

http://thechefsconnection.com/2016-new-york-firefighters-calendar/

James war sich nicht sicher, ob es wirklich so eine gute Idee von Tasha war, aber er konnte auch nicht abstreiten, dass er es vermisste.
 

Street Ball.
 

Es war etwas das ihm immer den nötigen Energieausgleich gebracht hatte. Egal ob nun von der Monotonie des Lernens für die Uni oder nach einem stressvollen Tag im Job.
 

Mit seinem neuen Arm allerdings, hatte er es noch nie versucht. Er hatte eindeutig andere Sorgen und Gedankengänge. Außerdem war hier auch niemand, mit dem er hätte eine Runde spielen können. Und sich unter eine Gruppe Fremder zu mischen, wie es auch schon mal üblich war, das war etwas das er tunlichst vermeiden wollte.
 

Heute allerdings, fühlte er sich ausgeruht und in der Verfassung dieses Experiment zu wagen.
 

Generell fühlte er sich besser, dachte er an die letzten Wochen zurück.
 

Es gab ihm ebenso Hoffnung, auf das Licht am Ende des Tunnels.
 

Dass diese Verbesserung seines Zustandes auch einem guten Teil, einer gewissen blonden, gutgebauten und liebenswert ungeschickten Person zuzuschreiben war, behielt er aus gewissen Gründen für sich.
 

Einzig Dr. Xavier hatte er ab und zu etwas über diese kleinen Hochs erzählt die er Steve zu verdanken hatte und an die er sich immer mehr klammerte, wann immer sie passierten.
 

„Hey, hat hier etwa wer unanständige Gedanken, so früh am Morgen?“ James konnte den Basketball gerade so noch abfangen, den ihm Natasha zugeworfen hatte und welche er nun empört anschaute.
 

Er gab ihr nicht die Genugtuung sich aufgeflogen zu zeigen.
 

„Was wenn ich ihn nicht gefangen hätte und du mir meine kostbare, antike Vasen zu Fall gebracht hättest?“
 

„Meinst du die dort für 3 Dollar. War die nicht vom Flohmarkt?“ Rebecca taucht aus der Küche auf und drückte jeden von ihnen einen von Steves gebackenen Chocolate Chip Cookie in die Hand, die er James mit einem Lächeln und einen Schulterzucken, auf die Frage nach dem Anlass, den Abend zuvor vorbeigebracht hatte. „Spart euch eure Querelen fürs Spielfeld.“ Damit klopfte sie James kurz auf dem Bauch. „Du kannst etwas Bewegung auch gut gebrauchen Bruderherz. Nimm dir ein Beispiel an Steve.“ James rollte etwas genervt mit den Augen. „Steve verbringt wahrscheinlich auch die Hälfte der Woche im Fitnessstudio oder trägt ständig übergewichtige Personen aus brennenden Häusern. Ich bin mir sicher, dass er auch ein Motorrad stemmen könnte, wenn er es versuchen würde. Niemand ist einfach nur So fit.“
 

Und wahrlich, er hatte sich bei diesem Photoshooting eingehend davon überzeugen können.
 

Er hingegen hatte nur ein paar Handeln die er meist in einer antriebslosen, aber angebrachten Routine unter seinem Bett hervorholte, da auch ihm klar war, das es lächerlich aussah, wenn sein rechter Arm von den Proportionen nicht dem Linken glich.
 

Denn im Vergleich dazu, war Steve geradezu perfekt trainiert.
 

Es war einfach nur unfair.
 

Unfair, dass er nur schauen aber nicht anfassen durfte.
 

Er musste sich manchmal scharf zurechtweisen, nicht zu offensichtlich auf dessen gestählte Brust zu starren, die Steve mit dem Steigen der Temperaturen in immer engeren Shirts präsentierte.
 

Er war auch froh, dass Steve nach seiner Offenbarung, dass er bisexuell sei, nicht dazu übergegangen war sich stets und ständig peinlich berührt zu geben, wenn sie sich mal zufällig streiften.
 

Steve schien also wirklich kein Problem mit seiner Orientierung zu haben.
 

„Na hier scheint sich aber jemand schon ausreichend mit Steve Anatomie befasst zu haben.“ James hatte aus gutem Grund weder Becca noch Tasha etwas von diesem Shooting erzählt. Er wusste sie würden ihn nicht wieder damit in Ruhe lassen.
 

„Ok, dann lasst uns endlich losziehen.“, lenkte James um, und zog sich eine Sweatjacke über. Auch wenn es jetzt am Morgen schon ausreichend warm war.
 

Die beiden Frauen sagten dennoch nichts dazu.
 

Vor der Haustür angekommen hielt Becca jedoch wieder inne. „Ich glaube ich habe mein Handy oben vergessen.“, meinte sie und war daraufhin wieder im Haus verschwunden.
 

Es war eine ausgeprägte Angewohnheit seiner Schwester immer irgendetwas zu vergessen.
 

Also warteten sie geduldig.
 

James überbrückte die Zeit mit etwas leichtem Dribbeln, um seinen linken Arm damit zu testen, während Natasha mit ihrem Handy beschäftigt war.
 

Das folgende Öffnen der Haustür ließ annehmen, das Becca es geschafft hatte. „Hast du noch einen Kaffee getrunken oder warum…“ James schaute mit hochgezogenen Augenbrauen auf Steve der neben seiner grinsenden Schwester stand und Muffin auf dem Arm hatte.
 

„Guten Morgen, James. Natasha.“ Natasha nickte ihm kurz zu, bevor sie sich wieder um ihr Telefon kümmerte. „Dir auch.“, erwiderte James mit einen kurzen kritischen Blick auf Becca die daraufhin unschuldig zur Seite wegschaute. „Unterwegs zu einem Spiel?“, erkundigte sich Steve der auf den Ball in James Hand deutete.“
 

„Ja, dachte es könnte nicht schaden sich mal wieder zu versuchen.“
 

„Und um wieder etwas in Form zu kommen.“, fügte Becca an, was ihr erneut einen mahnenden Blick ihres Bruders einbrachte.
 

„Ich hab es als Kind ab und zu probiert, aber Gott war ich lausig.“
 

„Hast du vielleicht Lust uns Gesellschaft zu leisten? Wir wollen zum Platz in der Nähe des Parks.“ War Becca recht schnell mit ihrem Angebot. „Lausiger als ich kannst du sicherlich nicht sein.“, fügte sie als offensichtliche Motivation noch hinzu, was James innerlich mit den Kopf schütteln ließ. Auch wenn Becca nicht unrecht hatte, was ihr Talent in diesem Sport betraf.
 

Steve schenkte James daraufhin wieder eines dieser Lächeln, bevor er sich mit einem „Warum nicht.“ ihnen anschloss.
 


 

Der Platz war wie erhofft frei und auch sonst waren so früh am Morgen nur wenige Leute unterwegs, das James sich auch nicht so befangen fühlte, sich in der Öffentlichkeit aktiv zeigen zu wollen.
 

„In Ordnung Barnes. Lass uns mal sehen, was du noch drauf hast.“ Natasha hatte sich den Ball geschnappt und betrat das Feld, wo sie nach etwas Dribbeln einen Korb warf. James rutschte automatisch ein Raunen hervor. Hoffentlich blamierte er sich nicht zu sehr. Ein Seitenblick zeigte, dass Steve und Becca am Rand platzgenommen hatten und James atmete noch einmal tief durch.
 

Fünf Minuten später und James spürte nur zu deutlich, wie lange er seinen Körper nicht mehr richtig gefordert hatte. Aber wenn er eines war, dann stur. Auch wenn ihm der Schweiß schon auf der Stirn stand und seine Knie protestierten unter dieser alten, jedoch nun ungewohnten Anstrengung. Und nicht zu vergessen sein linker Arm. Es war im Ganzen also eine ziemliche Umgewöhnung zu seinem sonst eher aktionslosen Alltag der letzten Monate.
 

Natasha allerdings hatte sichtlich Freude daran ihn etwas vorzuführen. James machte sich nichts vor, er merkte, dass sie sich zurückhielt. Dennoch war sie auch dann agil wie eine Katze.
 

Es war demnach auch nicht verwunderlich, dass er das erste Spiel verlor.
 

Zurück auf der Bank reichte ihm Becca ein Handtuch und eine Flasche Wasser, die er auch gleich leerte. Es war definitiv anstrengend gewesen, aber James fühlte, dass es ihm gut tat.
 

Es tat gut sich wieder einmal auszupowern und es tat gut mit Menschen zusammen zu sein, die ihm wichtig waren und die solch eine Aktivität mit ihm teilten.
 

Es gab ihm genug Energie Natasha nach einer kurzen Pause zu einem Rückmatch herauszufordern, doch nach einem weiteren Blick auf ihr Handy, teilte sie mit das sie sich leider schon verabschieden müsse, da die Pflicht rufe.
 

James lehnte sich auf der Bank zurück und schaute in den morgendlichen, wolkenlosen Himmel.
 

„Na komm.“, hörte er Becca sagen, die sich daraufhin mit Muffin zum anliegenden Park begab.
 

„Heut gar keine Arbeit?“, unterbrach er die Stille. „Nicht in den nächsten 12 Stunden. Ich kam von einer Nachtschicht, und wollte mit Muffin noch eine Runde drehen, als Becca auftauchte.“
 

„Sie hat dich abgefangen, hab ich Recht?“
 

„Es würde erklären, warum sie wissen wollte, wie ich die Tage über zu arbeiten habe. Sie hat mir da wohl die ein oder andere Information entlockt, ohne dass ich mir etwas dabei gedacht habe.“ Steve schenkte James einen endschuldigenden Gesichtsausdruck, als dieser ihn folglich ansah. „Sorry, wenn ich mich also einfach so eingeklinkt habe. Ich wollte sicher nicht stören.“
 

James gab ein kurzes Schnaufen von sich. Wenn Steve wüsste, dass es ihm weiß Gott nichts ausmachte, wenn er Zeit mit ihm oder ihnen verbrachte. „Na gut, als Wiedergutmachung für dein dreistes Dazwischendrängen, spielst du ne Runde mit mir.“ James warf Steve den Ball ohne weitere Worte zu.
 

„Wer zuerst 11 Punkte hat, hat gewonnen.“ Damit begab er sich wieder auf den Platz. Steve folgte ihm stumm.
 

James kam der Gedanke, dass Steve womöglich Angst hatte sich reichlich bloßzustellen, wenn er, so wie er gesagt hatte, lausig in diesem Spiel sei.
 

James lächelte verschmitzt. Dann wäre er wenigstens nicht der einzige, der hier eine weniger gute Figur abgab.
 

Es sei denn Steve neigte in dieser Hinsicht zur Untertreibung.
 

Ein paar Minuten später und James tat es fast schon leid, dass er Steve aufgefordert hatte. Bis jetzt hatte Steve einen Korb gelandet, doch war er nicht unbedingt jemand den man gewandt nennen mochte. Er schien seinen kräftigen Körper einfach nicht richtig synchronisieren zu können.
 

Es stand somit schon 1 zu 7.
 

Und auch wenn Steve keine wirkliche Herausforderung darstellte, so vergas James darüber die körperliche Anstrengung recht schnell. Nicht zuletzt, weil dieses Spiel ihm die Möglichkeit bot, Steve ungefragt näher sein zu dürfen als sonst.
 

Ein Hoch auf Kontaktsportarten.
 

Ein weiterer verpatzter Korb von Steve und James konnte ein belustigtes Lachen nicht zügeln. „Ich habe ja fast Mitleid mit dir.“, feixte er, was Steve ein Schmollen aufsetzten ließ. „Vielleicht will ich es dir nur leicht machen!“
 

„Oh, dann erledigst du wirklich einen guten Job Rogers. Du solltest es aber nicht sooo offensichtlich aussehen lassen.“ Steve gab ein trotziges „Pfff.“ von sich. „Du bist genauso ein Witzbold wie Bucky.“, raunte er unbewusst.
 

James ging nicht weiter darauf ein, sondern schnappte sich den Ball aus seinen Händen und landete den nächsten Korb. „HEY! Du hast mich abgelenkt!“
 

„Das Spiel ist noch nicht vorbei Stevie. Also…“ James grinste noch immer, als sich Steve nun mit entschlossener Miene vor ihn positionierte, um ihm nun seinerseits den Ball abluchsen zu können.
 

„In Ordnung. Wenn du es darauf anlegst.“ Vielleicht hatte Steve ihn ja tatsächlich nur in Sicherheit wiegen wollen, dachte sich James und zeigte sich ebenso Einsatzbereit.
 

„Na, dann zeig´s mir mal.“ Es war James Zug sich von Steves zweideutigem Lächeln ablenken zu lassen, was dieser sofort ausnutzte und sich den Ball aneignete.
 

Steve zeigte daraufhin deutlich mehr Kampfgeist, was zu wesentlich mehr Gerangel um den Ball führte. Doch ein verborgenes Talent offenbarte Steve trotzdem nicht.
 

Soviel Körpernähe machte es James dennoch schwer sich auf das wesentliche zu konzentrieren, was Steve weitere Chancen bot aufzuholen.
 

Es war spät genug geworden, das die Luft an Wärme dazugewann, was James nur noch mehr zum Schwitzen brachte.
 

„Auszeit.“, meinte er schließlich und ohne weiter darüber nachzudenken, legte er seine Sweatjacke ab und wandte sich wieder zu Steve.
 

„Hey nicht fair, ich hab ne Schwäche für den Arm.“, moserte Steve bevor ihm klar wurde, was er da gerade laut gesagt hatte und er ins Stottern geriet. „Ich meine, er hat noch immer seine Faszination.“ Steve hoffte er war von Spiel schon rot genug, dass es nun nicht weiter auffiel. „Oder willst du mich damit blenden, um nicht doch noch zu verlieren?“, scherzte er etwas lahm. James amüsiertes Lachen traf ihn unerwartet aber es hob die Schwere seiner Unbeholfenheit sofort wieder auf.
 

„Glaubst du wirklich ich bräuchte so ne billige Masche, um dich zu schlagen? Ich glaube ich könnte dich sogar mit einem Arm besiegen.“, forderte er ihn deutlich heraus, was Steve mit einem, „Ach, ist das so?“ beantwortete.
 

Steve war folglich wild entschlossen sich nicht unterkriegen zu lassen, was jedoch nichts daran änderte, das James zuerst 10 Punkte erreichte und ihm nur noch ein Korb fehlte.
 

Er war merklich außer Puste und seine langen Haare hatten sich vereinzelt aus dem Haargummi gestohlen und klebten ihm in seinem verschwitzen Gesicht. Steve mochte mehr Kondition besitzen aber in diesem Falle war es definitiv kein allzu großer Vorteil für ihn.
 

James hatte Lust sich etwas wagemutig zu zeigen. Vielleicht bekam er ja ein glanzvolles Ende zu Stande. Immerhin war er einmal wirklich gut hierin gewesen.
 

Sobald er in Ballbesitz war und Steve zur Verteidigung überging, scheuchte er ihn etwas bei dem Versuch, das Steve ihn bloggen und gleichzeitig den Ball abnehmen wollte.
 

Steves Bewegungen hatten etwas an Präzision dazugewonnen, und er zeigte sich aggressiver.
 

Ein Dribbelfehler seinerseits und Steve machte den nächsten Punkt für sich mit einem Slam Dunk.
 

James gönnte ihm diesen Erfolg. Er mochte es Steve mit diesem breiten, herausfordernden Grinsen zu sehen.
 

Es blieb bei einem vor und zurück, das James etwas zu frustrieren wusste, fehlte ihm doch nur noch dieser eine Punkt, den er sich nun auch endlich holen wollte.
 

Er hatte Steve den Ball gerade abgenommen, als er seine Chance auch schon wahrnahm und sich an einem Fadeaway versuchte. Steve indes versuchte den Wurf zu verhindern, was damit endete das er James zurückweichen beim Wurf nicht vorhergesehen hatte und dadurch ins Stolpern geriet. Der Ball war in der Luft und Steve dabei James mit sich zu Boden zu befördern. Das Aufkommen des Balls auf dem Betongrund war zu hören doch hatte am Ende keiner gesehen, ob James tatsächlich gepunktet hatte.
 

James was das momentan auch ziemlich egal, konzentrierte sich seine Aufmerksamkeit doch gänzlich auf Steve. Dieser hatte sich zwar noch soweit Abfangen können, das er James nicht unter sich zerquetschte doch war dessen Nähe immer noch intim genug, dass James trocken schluckte. Steve raffte sich mit ein gestöhnten „Sorry.“ etwas auf, wo sich ihre Blicke schließlich trafen und der Moment kurz stillzustehen schien.
 

Es war eine dieser verfänglichen Positionen, die gut und gern aus einem dieser schnulzigen Filme stammen könnte, auf die Becca so versessen war und von denen James stets meinte, dass so etwas doch nie im echten Leben geschah.
 

Er war definitiv nicht der romantische Typ.
 

Aber das brachte ihn dennoch nicht dazu diesen Augenblick von sich aus unterbrechen zu wollen.
 

„Muffin warte.“, hörte er Beccas Stimme noch im Hintergrund, bevor der Mops auch schon neben seinem Kopf auftauchte und ihn herzlich ableckte. Das Gesicht des James dabei zog, ließ Steve in ein ebenso herzliches Lachen übergehen.
 

Schließlich richtete er sich wieder auf und reichte James eine helfende Hand, um ihn nach oben zu ziehen. Der Umgang mit Steve war ihm vertraut genug geworden, dass er sich nicht daran störte, ihm seine linke Hand zu reichen, ohne sie bei Kontakt hektisch wieder wegzuziehen.
 

„Ich denke ich habe gewonnen.“, teilte James ihm dann auch schon mit einen selbstgefälligen Grinsen mit, was Steve schon empört dagegensprechen lassen wollte, als sich nun auch ein paar andere Personen auf dem Platz einfanden, was James einen eiligen Blick zu seiner Jacke werfen ließ. Rebecca war schon an seiner Seite und reichte sie ihm verstehend.
 

Sie hatte ihre Sachen schon dabei und Steve würde auch nicht auf ein Weiterspielen drängen. „In diesem Falle sage ich Unentschieden.“ James schenkte ihm einen entgeisterten Blick. „Du warst 5 Punkte hinter mir Rogers. Selbst wenn ich nicht getroffen habe, wäre es nicht Unentschieden.“, informierte er ihn, was Steve jedoch nur grinsen ließ und dieser ihm einen Arm über die Schultern legte. „Ach unwichtige Details James, unwichtige Details.“
 

„Unglaublich Rogers! Hast du so wenige Erfolgserlebnisse, dass du deine Niederlage hier rigoros ignorierst?“
 

Sie verließen den Platz, ohne dass Steve seinen Arm von James löste. „Du solltest mich mal bei Frisbee erleben.“
 

„Beim was?“, gab James mit einem Feixen wieder. „Frisbee. Nur was für echte Könner.“
 

„Gott Steve, du bist der Inbegriff von aufregend.“ Steve sagte nichts dazu, sondern behielt sein Lächeln bei.
 

Rebecca indes kraulte einen glücklich grunzenden Mops auf dem Arm und beobachtete die Szene mit anhaltendem Interesse.
 

Steve tat ihrem Bruder definitiv gut.
 


 

***
 


 

„Also wann bekomm ich deinen geheimnisvollen, neuen Freund denn auch mal zu Gesicht?“ Steve schenkte Sam über diese Frage einen überraschten Blick. Sie waren gerade dabei ihren Truck wieder zu beladen, nachdem sie einen kleineren Brand in einer Garage gelöscht hatten.
 

„Thor ist so angetan von ihm, da bin ich eben neugierig.“, erklärte Sam sein Interesse, auch wenn es nicht das erste Mal war, dass er sich nach James erkundigte, nachdem ihm Thor vom Photoshooting berichtet hatte.
 

„Dann wirst du es auch weiterhin bleiben müssen. Glaub nicht, das ich die Sache mit dem Kalender schon vergesse hätte Wilson.“ Sam gab ein Murren von sich. „Nun sei doch nicht so nachtragend. Ich habe mich doch schon entschuldigt und dir sogar eine Kiste deiner Lieblingsdonuts gekauft.“ Sam griff sich daraufhin theatralisch mit der Hand an sein Shirt in Brusthöhe. „Aber wenn es mein Körper ist denn du willst, um mir verzeihen zu können, dann…“
 

„Schon gut, schon gut.“, zischte Steve um unnötige Aufmerksamkeit zu vermeiden. „Gott Wilson, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich tatsächlich glauben du machst dich an mich ran mit deinen Marotten.“
 

Sam legte Steve mit einem Lachen einen Arm über die Schulter. „Heißt das, du stellst ihn mir nun endlich mal vor?“ Steve schüttelte den Kopf. „Es heißt ich nehme deine heutige Entschuldigung an, nicht das ich dich mit James bekannt mache.“ Sam ging in ein Schmollen über. „Wie fies.“
 

Steve wusste, dass es reiner Selbstschutz war, der ihn davon abhielt Sam und James aufeinander treffen zu lassen. Denn Sam kannte Bucky und wenn dieser James zu Gesicht bekommen würde, dann hätte er einfach zu viel zu erklären. Und außerdem wollte er tunlichst vermeiden, dass James erfuhr, dass er seinem besten Freund zum Verwechseln ähnlich sah. Soweit war er einfach noch nicht und er wollte James nicht dadurch verschrecken, wenn es womöglich nicht hoffnungslos war, dass sie sich näher kommen könnten.
 

Nein, diese Chance wollte er auf keinen Fall aufs Spiel setzen.
 

„Dann muss ich mich wohl mal bei dir einschleichen, um einen Blick erhaschen zu können.“, hörte er Sam verkünden, was dazu führte, das Steve erschrocken eine der Schlauchdüsen zu Boden fallen ließ.
 

Als er Sam nach dem wieder Aufheben anschaute, sah dieser nicht amüsiert aus, sondern hatte einen prüfenden Ausdruck in seinem Gesicht.
 

„Warum habe ich das Gefühl, dass es etwas mehr mit diesem James auf sich hat, als das er einfach nur der heiße Nachbar von untendrunter ist?“ Sam setzte daraufhin ein leichtes Lächeln auf und Steve wusste, dass er ihm deutlich machen wollte, dass er ihm nichts vorhielt. „Du hast wohl Angst, dass ich ihn dir wegschnappe, hm?“
 

„Sorry.“, meinte Steve etwas verhalten und Sam seufzte daraufhin ergeben. „Steve was auch immer es ist, solange du glücklich bist ist es ok. Ich misch mich da nicht ein. Ich wollte dich nur etwas aufziehen.“ Steve nickte erleichtert. Er kannte Sam lange genug, um zu wissen, dass dieser dazu neigte sich Sorgen zu machen.
 

„Wenn sich die Dinge sortiert haben, dann würde ich ihn dir gern vorstellen wollen.“ Sam klopfte ihm verstehend auf die Schulter. „Ich werde warten.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück