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Konoha Side Stories

von

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Der ewige Chunin 4

3.

Wenn man Maria zwei Dinge nachsagen konnte, die in jedem Fall stimmten, dann waren das erstens, dass sie auch mit den kurzgeschorenen Haaren eine gute Figur machte und definitiv zu den hübscheren der Kunoichi Getsugakures zählte, und zweitens, dass sie nicht dazu neigte, sich selbst mit falscher Sentimentalität zu schwächen. Richtige Sentimentalität war eine andere Geschichte, aber die betraf ohnehin nur eine einzige Person, nämlich Mamoru-sama. Ansonsten neigte sie nicht besonders dazu, sich von ihren Gefühlen ablenken zu lassen. Wozu auch? Sie war ja bereits so sehr verliebt, dass es alle anderen Gefühle mühelos überschattete. Dazu gehörten auch Furcht und Panik. Sie musste nur an Mamoru-sama denken, und daran, wie er wohl eine gefährliche Situation gemeistert hätte, und Angst und Unsicherheit verflogen.

So auch jetzt, als sie ihr Chakra quasi voll aufdrehte, um ihr Jutsu zu erfüllen.

"Wie lange noch, Maria?", fragte Hassin nervös.

"Zehn... Sekunden...", brachte sie mühsam hervor, während sie das letzte Fingerzeichen formte. Schweiß stand auf ihrer Stirn, und sie spürte, wie ihr lebenswichtiges Chakra regelrecht aus ihr heraus floss. "Fünf... Geschafft!"

"Gut, denn da kommen sie!", rief Hassin, sprang und wich so einer Salve Shuriken aus, und wehrte eine zweite mit seinem Kunai ab. "Hat es funktioniert?"

"Es hat funktioniert", versprach sie, sprang auf und zog ihr Schwert. Es war exakt die gleiche Klinge, die sie Mamoru-sama gegeben hatte. Geschmiedet vom gleichen Schwertmeister, aus der gleichen Charge Eisenerz, kurz nacheinander im gleichen Feuer gebadet. Sie war ihre ganz persönliche Verbindung zu ihrem Schwarm. Als ein besonders voreiliger Nukenin mit Step in ihren Rücken gelangen wollte, zuversichtlich, dass der Frontalangriff sie ablenken würde, war dies der letzte Fehler seines Lebens. Da stand er, Marias Rücken vor sich, sein Schwert zum tödlichen Streich erhoben - und eine Klinge in der Lunge. Das kaum erwachsene Mädchen hatte seine Klinge ohne hinzuschauen hinter sich gestoßen, und dabei die Rippen seines Gegners durchbrochen und die linken Lungensäcke durchbohrt. Blutiger roter Schaum trat auf seine Lippen. "Duuu..."

Zu mehr kam er nicht, denn Maria riss die Klinge höher und spaltete sein Herz. Dann zog sie den toten Shinobi vor sich, wo er als Schutzschild für eine weitere Salve Shuriken diente.

"Los, jetzt!", rief Hassin, und benutzte Step.

Maria nickte. Sie vollendete ihre Vorbereitungen, Augenblicke vor dem Generalangriff der anderen Nukenin.
 

Als die angreifenden Nukenin ihren von Wurfwaffen gespickten Kameraden erreichten, erkannten sie, dass die gefährliche Frau ihn gar nicht mehr stützte. Er stand von selbst, obwohl er schon tot war. Und auf seiner durchbohrten Brust klebte ein Spreng-Tag, das in dem Augenblick los ging, als ein besonders voreiliger Ninja den anderen umdrehte. Die Explosion hüllte fünf Nukenin ein, aber nur vier sprangen aus der Explosionswolke wieder hervor. Es war klar, dass die Frau die gefährlichere der beiden Getsu-Nin war. Sie mussten sie zuerst töten.

***

"Langt ordentlich zu", sagte meine Mutter lächelnd, "es ist genügend für alle da."

Meine Genin, Lee, Perine und meine Sempais sahen die extra aufgestellte große Tafel im Wohnzimmer vor sich, überladen mit den exquisitesten Beispielen ihrer Kochkunst. Ja, überladen traf es doch ganz gut.

Nach einem anstrengenden Tag war dieser Anblick genau das Richtige, um gute Laune zu bekommen. Und da sich mein Magen ohnehin schon meldete, beeilte ich mich, meine Gäste am Tisch zu platzieren und zum Essen zu ermuntern.

"Äh, eigentlich hatten wir gar nicht vor...", begann Asuma, aber Mutter war resolut und geradeheraus. "Setz dich, Asuma-chan. Du willst doch nicht, dass das schöne Essen umkommt."

"Natürlich nicht, Yuria-neechan."

Ihr Blick wanderte zu Kakashi. Der zuckte nur mit den Schultern, und nahm neben Asuma Platz. Wenigstens einer, der mit einer aussichtslosen Lage umzugehen verstand.

"Wow! Das sieht so gut aus", sagte Lee freudig, und rieb sich die Hände. "Guten Appetit!"

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. "Guten Appetit."

Nun griffen auch die anderen zu. "Guten Appetit."

Als erstes tat ich mir eine große Portion gebratener Nudeln auf, dazu nahm ich knusprig gebratene Entenbrust mit süßsaurer Soße. Da ich den Tag über nicht gerade wenig Chakra verbraucht hatte, konnte ich auch eine große Portion vertragen.

"Mutter, setz dich", sagte ich auffordernd.

"Danke, ich habe schon mit deinem Vater gegessen. Dies hier sind deine Gäste, und es ist dein Abend. Apropos Gäste." Sie spitzte die Ohren, und tatsächlich klopfte es an der Tür. "Da kommen wohl noch Nachzügler."

Sie verließ das Wohnzimmer und öffnete die Tür. Dem Geräuschorkan vom Flur entnahm ich zwei weibliche Stimmen. Na, das konnten ja nur meine Mädchen sein.

Perine lächelte erfreut, als sie die Ohren spitzte. "Ah. Hanako und Karin."

Tatsächlich standen sie schon bald in der Tür. "Guten Abend", sagte Karin verlegen. "Ich hoffe, wir stören nicht." "N'Abend", schloss sich Hanako weniger förmlich an.

Eine schnelle Zählung der Stühle ergab das Gegenteil. Mutter hatte die beiden erwartet, wenn nicht gleich eingeladen.

"Setzt euch und langt zu. Sonst schaffen wir das hier nie."

"Wenn wir euch auch nichts wegessen", sagte Karin bescheiden. Aus dem Mund einer Akimichi war das Untertreibung pur. "Guten Appetit", sagte sie förmlich, lud sich ihren Teller voll, und tat dann das, was ich für mich "staubsaugen" nannte. Alles, was sie vom Teller mit den Stäbchen zum zierlich-kleinen Mund führte, verschwand dort, als hätte es sich in Luft aufgelöst. Oder wäre eingesaugt worden.

Hanako war da schon ein etwas anderes Kaliber. Sie rieb sich die Hände, während sie die Pracht an Speisen begutachtete, rief gut gelaunt: "Guten Appetit!", und lud sich ebenfalls den Teller voll. Nicht ganz so graziös wie Karin, dafür aber wählte sie ihre Speisen mit Bedacht und in einer wesentlich kleineren Portion. Dass es beiden schmeckte, stand vollkommen außer Frage. Es stand in ihren Gesichtern geschrieben, und Mutter freute sich darüber natürlich.

Dazu gab es Bier für die Erwachsenen, und Fruchtsaft und Tee für meine Genin und Lee.
 

"Superlecker!", rief Shinji begeistert. "Probiert unbedingt das Omelette!"

"Du hast ja keine Ahnung!", tadelte Kira scharf. "Das Curry! Du musst das Curry essen, oder du hast noch nie ein Curry probiert!"

"Amateure", murmelte Mai-chan mehr zu sich selbst. "Wie immer fehlen euch die Sinne für die kleinen Untertöne. Nehmt zum Beispiel das Sushi. Alle tun das Gleiche rein, und es gibt nur wenige Zutaten. Nur ein wahrer Meister schafft es, da noch mehr Geschmack heraus zu kitzeln, als die natürlichen Zutaten überhaupt hergeben, so wie hier geschehen."

"Danke, Mai-chan", flötete Mutter, und stellte ein Schälchen eingelegte Gemüsegurken vor ihr ab. "Süße Kappa?"

"Ui, danke!"

Shinji und Kira sahen sich erstaunt an, und dann beeilten sie sich, noch etwas von den Sushi-Röllchen abzubekommen.

"Lecker! Lecker! Lecker!" Lees Augen wurden wässrig, als er die vielen Genüsse in sich hinein stopfte. "Das schmeckt alles so vertraut, und dann doch soviel besser. Du solltest ein Restaurant aufmachen, Yuria-sama!"

Dies brachte sie doch zum Schmunzeln. "Aber ich habe doch ein Restaurant, Lee-kun. Ich koche dort jeden Abend für unsere Gäste. Na, heute macht das Yuriko, weil ich ja hier bin. Ich habe es eröffnet, kaum das Mamoru in die Ninja-Akademie gekommen ist. Sonst wäre mir ja Zuhause die Decke auf den Kopf gefallen."

"Echt jetzt? Wie heißt es denn, und warum kenne ich es nicht?", rief Lee aufgeregt.

"Ach, es ist nur ein kleines Eckrestaurant. Vielleicht hast du schon mal davon gehört. Es heißt Sindo."

Lee fielen die Stäbchen aus der Hand. Mit herabgesunkener Kinnlade starrte er meine Mutter an.

Er schlug die Handflächen aufeinander und verbeugte sich. "Vielen herzlichen Dank, dass ich heute Abend hier essen darf, Yuria-sama!"

Irritiert sah ich auf. "Hey, hey, was ist denn nun kaputt, Lee-kun?"

Hanako seufzte vielsagend. "Das ist so typisch Mamoru, ich habe es kommen sehen."

Karin schloss sich mit einem eigenen Seufzer an. "Ja, nicht wahr?"

Shinji knuffte mich in die Seite. "Deine Mutter betreibt das Sindo!"

"Ja, ich weiß. Wenn ich früher von der Akademie kam, habe ich da gegessen. Ich habe auch ab und an bedient, wenn Not am Mann war. Vor meiner Zeit als Genin."

"A-aber das Sindo! Mamoru-sensei, das Sindo!"

"Vergiss es, Shinji", sagte Hanako resignierend. "Für ihn ist es das kleine, feine Familienrestaurant, in dem er ein- und ausgegangen ist, wie es ihm beliebte, wo er immer was zu essen bekommen hat, wenn er es wollte, und wo er manchmal ein weißes Hemd und eine schwarze Schürze getragen hat, um Abends die Gäste zu bedienen. Ein einfaches kleines Restaurant mit zwölf Tischen für je vier Personen."

"Das trifft es ungefähr. Und?", fragte ich, nun ehrlich erstaunt.

"Dass es eine drei Monate lange Warteliste gibt, um dort essen zu können, interessiert dich wohl auch nicht, oder?", warf Karin ein. "Dass zum Beispiel Tsunade-sama dort Stammgast ist, sagt dir auch nichts, was?"

"Hä? Das weiß ich doch. Ist vollkommen normal. So war es doch schon immer."

Wieder seufzten meine Mädchen, während meine Genin mich entsetzt ansahen.

Da fiel mir endlich der Groschen. "Ach so. Ich glaube, ich habe verstanden. Tut mir leid, aber für mich ist es nun mal alltäglich, von der besten Köchin Konohas bekocht zu werden, und auch heute noch im besten Restaurant der Stadt eine Zwischenmahlzeit zu bekommen, wann immer ich will. Ich gebe zu, dass ich Mutters gutes Essen so sehr gewohnt bin, ist unfair für alle anderen Köche der Welt, weil ich sie an ihrem Essen messe. Ich neige eben dazu, Dinge als gegeben zu sehen."

Hanako starrte mich mit offenem Mund an. "Du hast das tatsächlich mitbekommen?"

"Natürlich hat er das", erklärte Mutter an meiner Statt. "Er hat sogar ein Sammelalbum mit Ausschnitten aus Zeitungen und Magazinen, in denen das Sindo erwähnt wird. Er ist mein größter Fan."

"Also ist er nicht in jeder Hinsicht lernunwillig", schloss Karin lächelnd.

"Wollen wir es hoffen", sagte Mutter. "Immerhin will ich irgendwann einmal auch von ihm Enkel sehen. Nicht wahr, Hana-chan, Karin-chan?"

Karin, die gerade einen Schluck Tee genommen hatte, prustete ihn wieder aus, während Hanako sich an ihrem letzten Bissen verschluckte. Das Opfer der Tee-Attacke wäre Kakashi geworden, hätte dieser nicht geistesgegenwärtig eine Serviette entfaltet und hoch gehalten und den Tee aufgefangen. Den, der ihn beinahe getroffen hätte, und den, der beinahe auf die Speisen gekommen wäre.

"Danke, Kakashi-sensei", sagte Karin verlegen. "Okaa-chan, du kannst das doch nicht so aus heiterem Himmel sagen! Du weißt doch, dass wir noch..."

"Dass Ihr noch was?", fragte sie mit grimmiger Miene. "Der Bengel ist immerhin schon siebzehn. Er kann dem Thema höchstens noch fünf bis zehn Jahre davonlaufen."

"Mutter, du bist gerade nicht sehr konstruktiv", tadelte ich.

"Hm", machte sie. "Glaube nicht, du bist vom Haken. Das Thema ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben."

"Mutter, nicht jeder kann wie du mit zwanzig schon das erste Kind bekommen", sagte ich streng. "Manche sind noch viel früher dran. Maria zum Beispiel, nicht, Karin, Hanako?"

Diesmal erfolgte es umgekehrt. Hanako spuckte den Schluck Bier aus, den sie gerade im Mund gehabt hatte, und Karin verschluckte sich fast an ihrem nächsten Bissen. Asuma tupfte sich gerade pikiert die Weste und das Gesicht mit seiner Serviette ab.

"Maria?" Mutter horchte auf. "Du meinst, die Maria, die dich vor gut zwei Jahren amnesiert und ausgenutzt hat? Sie ist Mutter? Wie alt ist denn das Kind?"

"Ein gutes Jahr. Sie hat ihn Akira genannt", sagte ich.

Deutlich konnte ich sehen, wie sie zu rechnen begann. "Könnte es nicht sein, dass...", begann sie.

Shinji sah mich aus großen Augen an. "Dann bist du vielleicht schon Vater, Sensei?"

Mai-chan wurde rot, und Kira riss die Augen auf.

Ich winkte ab. "Nichts dergleichen. Er ist der Sohn eines Getsu-Ninjas. Man hat mir mehrfach versichert, dass Aki-chan zwei Wochen zu alt ist, um von mir zu sein."

"Zwei Wochen sind doch gar nichts", sagte Mutter bestimmt. "Als ich mit dir schwanger war, bist du drei Wochen vor deinem Termin geboren worden. Nein, zwei Wochen sind kein Argument."

"Das mag ja sein, aber wenn mir jedermann sagt, dass er nicht von mir ist, einschließlich Maria, dann wird da ja wohl was dran sein. Ich meine, abgesehen davon, das sie versucht hat, mich umzubringen, ist Maria mich betreffend von einer schon peinlichen... Wie soll ich das nennen? Verliebtheit? Unterwürfigkeit? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie mir nichts abschlagen würde, und ich habe keine Ahnung, warum das so ist."

Meine beiden Mädchen seufzten erneut, aber ich ging nicht näher darauf ein.

"Und deshalb sehe ich keinen Grund für sie, mich, was Aki-chan angeht, anzulügen."

"Er ist also nicht von dir, weil man dir gesagt hat, er ist nicht von dir, Sensei?", fragte Kira. Er schnaubte amüsiert und schüttelte den Kopf. "War ja so klar."

"Nun, Kira-kun, es gibt Menschen in meinem Leben, denen ich vertraue. Absolut vertraue. Perfekt vertraue. Ich nehme alles, was sie mir sagen, als bare Münze, weil ich keinen Grund habe, an ihnen zu zweifeln." Mein Blick ruhte bei diesen Worten auf Karin, Hanako und P-chan. "Oder an ihren Worten. Ich lege mein Leben zu oft in ihre Hände, als dass ich zweifeln dürfte oder müsste. Warum also sollten ausgerechnet sie mich anlügen? Und wenn sie es doch tun würden, so bin ich sicher, hätten sie ihre Gründe. Wichtige Gründe." Ich sah zu Kira herüber und lächelte. "Und genau aus diesem Grund ist Aki-chan nicht mein Sohn."

Mutters Hände ruhten auf meinen Schultern. Sie drückte sie leicht, und ich spürte, wie etwa ein Viertel meiner Nerven aktiviert wurden, und fiese Stromimpulse bis in meine Zehen jagten.

"Nun, nun, als ehemalige Kunoichi kenne ich das Thema Vertrauen und Ehre ausgiebig, mein lieber Sohn. Und als deine Mutter ist mir deine grenzenlose Naivität natürlich vertraut. Aber ich sage dir eines: Wenn ich Oma bin, und es nicht weiß, weil du wieder mal so grenzenlos zutraulich bist, dann mach dich auf was gefasst, wenn es rauskommt."

"Kö-könntest du bitte aufhören, mit deinem Medi-Jutsu meine Nervenzellen anzuregen?", bat ich.

"Nein!", erklärte sie resolut. Es folgte ein besonders heftiger Schock, der meine Haare aufstellte. "Autsch!"

Damit ließ sie es dann doch bewenden. Ihr Blick ging zu Karin, Hanako und Perine. "Ihr drei. Küche. Jetzt."

Mit mulmigen Mienen erhoben sich die beiden Kunoichi und die Affenkriegerin, um meiner grimmig lächelnden Mutter in die Küche zu folgen.
 

"Sensei, wie kannst du nur so grenzenlos nai...", begann Kira.

"Das ist es, was ich mit Vertrauen meine", erklärte ich. "Ich habe mit Hana-chan und Karin-chan mein Team gebildet. Wir waren als Genin, und später als Chunin fast immer zusammen, haben Seite an Seite gekämpft, uns gegenseitig unsere Leben anvertraut. Jeder hat dem anderen ein Dutzend Mal oder öfter das Leben gerettet. Wenn ich ihnen nicht vertrauen soll, wem dann? Und selbst wenn sie mich angelogen haben, werden sie ihre Gründe haben. Gewichtige Gründe."

"Gut, wenn man es so sieht", murmelte Kira.

"Das nenne ich die Grundform der Kameradschaft", sagte Lee. "Du machst es vollkommen richtig, Mamoru-sempai. Gib Vertrauen, erhalte Vertrauen. Das ist die Kraft der Jugend."

"Wie siehst du das, Kakashi-ji?", fragte Kira.

Der weißhaarige Ninja, ebenso wie Kira ein Teil des Hatake-Clans, lächelte. "Ich denke, es gibt hier zwei Möglichkeiten. Alles ist so, wie es ist, oder es gibt da etwas, was Mamo-chan nicht erzwingen kann, egal wie sehr er es versucht. Weil er damit mehr kaputt machen kann, als er zu gewinnen vermag."

"Oh."

"Ich finde es trotzdem nicht so wirklich richtig", sagte Mai-chan unvermittelt. "Sicher, diese Frau hat dich betrogen, ausgenutzt, gegen deine eigenen Kameraden kämpfen lassen, und angelogen, was sie als Partnerin mehr als disqua... disku... ausscheiden lässt, aber dafür kann doch der Kleine nichts, Mamoru-sensei." In ihren Augen glomm es vorsichtig. "I-ich für meinen Teil hätte nichts dagegen, Klein-Akira mal näher kennen zu lernen."

Ich unterdrückte ein Schmunzeln. Aki-chan war schon immer gut bei Frauen angekommen. Dass das nun auch schon Frauen betraf, die ihn noch nie gesehen hatten, war eine deutliche Steigerung.

"Vielleicht lässt es sich einrichten. Wie ich schon sagte, ich werde mit euch zuerst in ein befreundetes Dorf in den Festlandprovinzen des Landes des Wassers reisen, und dann noch einige wichtige Dinge in Kumogakure mit dem Raikage klären. Anschließend ist es fast soweit..."

"Fast soweit für was, Mamoru-sensei?", fragte Shinji.

"Fast soweit für die alle zwei Jahre stattfindenden Affenparty." Nachdenklich tippte ich mir an den linken Nasenflügel. "Na, warum auch nicht. Es ist so, alle Kontraktpartner fordern ein Opfer von jenen, die sie beschwören. Einen Tribut in einer Form, die ihnen gefällt. Die Schlangen wollen Blut und Fleisch, die Schnecken nehmen - man glaubt es kaum - Salat, die Frösche vereinnahmen ihre Kontraktpartner... Und die Affen wollen in unserer Welt eine zünftige Party feiern."

"Was, bitte? Eine Party?", rief Kira erstaunt. "Wie sinnlos ist das denn?"

"Das sagst du auch nur, weil du noch nie eine Affenparty erlebt hast", erwiderte ich grinsend. "Meine letzte Party hat noch der Sandaime veranstaltet, kurz vor der Vernichtung Otogakures. Durch seinen Tod ist einiges durcheinander geraten, aber langsam muss ich den Tribut leisten. Zu diesem Zweck mieten die Kontraktpartner der Affen gemeinsam ein Lokal, beschwören so viele Affen, wie immer sie können, und feiern mit den Affen so lange, wie sie die Beschwörung aufrecht erhalten können."

"Das kann ja was werden, wo du doch der einzige Kontraktpartner der Affen bist, Sensei", sagte Shinji mit leuchtenden Augen. "Wenn du aber, sagen wir mal, einen Kohai hättest, der ebenfalls Affen beschwören kann, könntest du die Party bestimmt größer machen. Zufälligerweise habe ich..."

"Er hat eine Kohai", sagte Kira bestimmt, was ihm eine bittere Leidensmiene von Shinji einbrachte. "Hä? Was? Wen?"

"Eine junge Kunoichi aus Getsugakure. Sie heißt Anne. Wir haben vor gut einem Monat einen Schergen Orochimarus über drei Länder hinweg gejagt. Sie hat den Affen sehr gefallen, und deshalb wurde ihr ein Kontrakt angeboten. Ich werde sie kontaktieren, und mich mit ihr... In einem bestimmten Lokal mit Onsen-Quelle verabreden. Sie wird mich bei der Beschwörung unterstützen. Ich erwarte nach einem Monat noch nicht allzu viel von ihr, geschweige denn mehr als einen Affen zu beschwören, doch so oder so wird sie mir eine Hilfe sein." Ich lächelte zu Mai-chan herüber. "Ich weiß nicht, ob es möglich ist, aber vielleicht bringt sie ja Aki-chan mit, wenn ich sie darum bitte."

Kurz leuchteten Mais Augen auf. Doch nicht für lange. Sie setzte eine betont gleichgültige Miene auf und murmelte: "Wenn es sich so einrichten lässt, warum nicht? Oder wir gehen mal nach Getsugakure mit. Du musst deinem Kohai doch sicher noch was beibringen, oder, Sensei? Dann würde sich das doch zwangsläufig ergeben."

"Gut mitgedacht, Mai-chan", lobte ich. Das war ungefähr eine Sekunde, bevor ich drei schmerzende Blicke in meinem Nacken verspürte. Ich wandte mich um. Dort standen meine Mädchen, alle drei. "Mamoru, selbstverständlich helfen wir dir, die Party zu entrichten", sagte Hanako bestimmt. "In einem Monat, in dem Onsen-Gasthaus im Land der heißen Quellen, nehme ich an?"

Ich nickte bestätigend.

Karin sah mich ernst an. "Gut, dann ist das abgemacht. Bis dahin wirst du Perine-chan in Beschwörung halten, Mamoru."

Das brachte mich doch zum Schlucken. Wenn beide so förmlich waren, dann war meistens irgendwas im Argen. Nicht unbedingt für die Welt, aber eventuell für mich. "Gut, ich hätte sie eh mitgenommen, aber..."

"Freut mich zu hören, Mamoru-sama", sagte Perine. Sie sah mir mit einem strahlenden Lächeln in die Augen. Spätestens jetzt beim Suffix Sama wären meine Alarmanlagen losgegangen, aber das waren sie ja schon längst.

"Es ist mir immer eine Freude, mit dir unterwegs zu sein. Das weißt du doch, P-chan." Ich sah zu Lee herüber. "Kommst du auch mit?"

"Was? Nein, entschuldige. Aber für die Entscheidung über meinen Chunin-Status muss ich in Konoha bleiben. Wahrscheinlich bekomme ich dann auch schon meine erste Mission als Anführer. Ich werde also wohl auch nicht zur Affenparty mitkommen können. Leider, so sehr ich das auch tun wollte." Er seufzte entsagungsvoll.

"Ach, Mädchen, steht doch nicht in der Tür rum. Setzt euch wieder. Das Essen wird ja kalt", klang Mutters Stimme vom Flur auf. Sie strahlte über das ganze Gesicht, und während sie die Mädchen aufforderte, wieder Platz zu nehmen, schienen sich ihre Hände vervielfältigt zu haben, weil sie allein dreien liebkosend über Köpfe und Schulter ging - und das zugleich. Die Mädchen inklusive P-chan nahmen das mehr als dankbar an. Was hatten die vier bloß in der Küche besprochen? Mein fragender Blick ging zu Asuma, aber dessen Antwort war ein Zieh mich da bloß nicht mit rein, das ist deine Suppe-Blick.

Kakashi lächelte auf meine stumme Frage freundlich mit zusammengekniffenen Auge: Das findest du noch früh genug raus, Mamo-chan, hieß das.

Na, danke. Wenigstens das Essen war ein Erfolg.
 

"Und wann brechen wir auf, Sensei?", fragte Mai-chan schließlich.

"Übermorgen. Wir treffen uns mit vollem Gepäck am Haupttor."

"Hä? Aber warum denn übermorgen?", fragt Shinji erstaunt. "Meinetwegen können wir morgen schon aufbrechen."

"Absolut kein Problem, von mir aus gesehen", stimmte Kira zu.

"Klappt nicht", sagte ich. "Vorher muss ich noch eure Eltern besuchen.

"Was? Wieso das denn?", fragte Mai entrüstet.

"Meinst du, das bringt irgendwas, Sensei?", meinte Kira.

"Geil! Sensei bei mir Zuhause! Da musst du unbedingt mein Zimmer sehen! Und meine Shuriken-Sammlung! Und vielleicht haben wir noch Zeit für die Gamestation! Und..."

"Shinji-kun. Ich besuche deine Eltern, nicht dich."

"Och, menno."

"Und was euch beide angeht, so hängen eure Leben ab sofort von mir ab. Außerdem sind eure Eltern mit meinem bekannt. Es ist eine Frage der Höflichkeit, wenn sich der Metzger meldet, der euch Lämmer zur Schlachtbank führt. Ironisch betrachtet."

"Ironie versaut er also auch", murrte Kira. "Ich sehe da absolut keine Notwendigkeit zu. Ich meine, wir sind alt genug, um zu kämpfen. Warum also sollte es meine Eltern interessieren, wer mein Sensei ist?"

"Weil du noch Zuhause wohnst?", konterte ich. "Und weil sich Eltern immer Sorgen um ihre Kinder machen, egal wie alt sie sind?"

Verblüfft sahen sich die Genin an. "Da hat er Recht."

"Also gut, dann kommst du halt morgen vorbei, und wir gehen übermorgen los", sagte Kira großzügig. "Bei mir bitte nicht so früh. Vater ist auf Handelsreise, und Mutter macht vormittags das Badehaus."

"Bei mir ist es egal", sagte Shinji rasch. "Mein Bruder ist eh auf der Uni am Forschen, und meine Eltern haben beide morgen frei."

"Mein Vater ist auch unterwegs", sagte Mai. "Und Mutter ist erst am Nachmittag wieder Zuhause. Wenn es dir recht ist, Sensei."

"Na also, dann haben wir doch eine Reihenfolge. Vormittags besuche ich Familie Nanahara. Dann kommt Familie Yamada an die Reihe. Und den Abschluss macht dann Familie Kobashi."

Die drei nickten zustimmend.

Mutter lehnte sich schwer auf mich. "So, das ist jetzt aber genug über die Arbeit geredet. Hier warten noch so viele leckere Sachen auf euch. Esst, esst, esst. Ihr zwei auch, Asuma-chan, Kakashi-kun. Ihr langt gar nicht richtig zu."

Das veranlasste Asuma dazu, sich den Teller zuzuschaufeln. Auch Kakashi nahm sich nach. "Bei dem guten Essen lasse ich mich nicht lange bitten", sagte er lächelnd. Obwohl, bei seiner Maske und dem Konoha-Stirnband, das er immer über das Sharingan gelegt hatte, fiel es schwer, das eindeutig zu erkennen.

Aber er hatte Recht, und ich nahm wie alle am Tisch weiter kräftig nach. Wer wusste schon, wann ich wieder so etwas Gutes zu essen bekommen würde?

"Karin, hast du morgen vormittag Zeit?"

"Eh?"

"Ich würde es toll finden, wenn du zu den Nanaharas mitkommst."

"Natürlich, Mamo-chan."

"Warum nur Karin?", fragte Hanako schmollend.

"Dich wollte ich bitten, mich zu den Kobashis zu begleiten."

"Oh. Ah, da habe ich selbstverständlich Zeit für."

"Und du, P-chan, gehst bitte bei den Yamadas mit."

"Was immer du mir befiehlst, mein Kontraktpartner."

"Na, dann kann der Spaß ja kommen." Ich grinste zufrieden. Zumindest jetzt noch.

***

Ein wenig mulmig war es mir schon, als ich nach langer Zeit vor dem großen, wirklich großen Stadthaus stand, das sich ein wenig außerhalb in der Nähe des Stadions befand. Ich wusste, dass Ryouro Nanahara einen wichtigen Posten in der Stadtverwaltung bekleidete, seit er als Jounin ausgeschieden war, und dass die Familie ohnehin Geld hatte. Es reichte zu einigem Luxus. Wenigstens erschien es mir nicht mehr so groß zu sein, wie es mit vier oder fünf Jahren auf mich gewirkt hatte.

Ich wechselte einen Blick mit Karin, die nicht im Mindesten beeindruckt zu sein schien. Was hatte ich auch erwartet? Die Akimichi gehörten selbst zu den reicheren Sippen im Ort, und für sie musste das Haus gerade groß genug sein. Wie bescheiden kam mir da mein Elternhaus und die Wohngegend der Nara an sich vor. Doch bevor ich in Selbstmitleid versinken konnte, räusperte ich mich, straffte meine Haltung, und klopfte an der Haustür an.

"Mamo-chan", sagte die Frau des Hauses erfreut, als sie mir öffnete. "Na, das ist ja eine Freude. Was führt dich denn zu uns? Und wen hast du da mitgebracht? Ist das nicht die kleine Karin?"

"Guten Morgen, Frau Nanahara", sagte Karin ein wenig verlegen.

"Hallo, Soma-sama", sagte ich freundlich. "Hat Shinji-kun mich nicht angekündigt?"

Die braunhaarige Mittfünfzigerin sah mich erstaunt an. "Für was denn?"

"Äh, ich wollte ihn mit auf eine längere Tour nehmen, und muss da vorher mit euch einige Dinge besprechen."

Soma Nanahara nickte gewichtig. "Ja, das ist immer eine gute Entscheidung, wenn man eine Gruppe Genin übernimmt. Ich nehme also an, du besuchst die anderen Familien auch noch. Aber was rede ich, kommt doch rein, Ihr zwei. Papa ist in der Bibliothek, aber Shinji schläft noch. Kawada ist schon auf seiner Arbeit, aber ich nehme nicht an, dass du Shinjis großen Bruder unbedingt sprechen musst." Sie trat beiseite und ließ uns ein. "Geh durch. Du kennst den Weg, Mamo-chan. Ich mache uns Tee."

"Danke, Soma-sama", sagte ich, und beinahe hätte ich mich im Reflex verbeugt. Alte Konditionierungen brach man nur langsam auf, und gegenüber Soma-sama war ich zu Respekt erzogen worden, zumindest bei den seltenen Gelegenheiten, zu denen Mutter mich hierher mitgenommen hatte. Immerhin war Soma-sama ihr Jounin und ihr Ausbildungsleiter zum Medi-Nin gewesen, und die beiden Frauen unterhielten noch immer eine lebhafte Verbindung. Dennoch war es gewiss acht Jahre her, das ich zuletzt in diesem Haus gewesen war. Und wie gesagt, damals war mir alles noch viel größer vorgekommen.
 

"Warst du schon mal hier?", fragte ich Karin, während Soma-sama in der Küche verschwand, um den Tee zuzubereiten.

"Meine Eltern, ja, aber ich noch nicht. Was sollte ich auch hier? Kawada ist zu alt, als dass wir miteinander gespielt hätten, und Shinji-kun viel zu jung."

"Gut, dann gehe ich voran." Hinter uns hörten wir, wie ein Wasserkessel etwas zu schwungvoll auf einen Herd gesetzt wurde.
 

Wir nahmen die Treppe in den ersten Stock. Es war eine breit ausladende Treppe, die sich sicherlich dabei bewährt hätte, wenn es darum ging, einen Konzertflügel um ein Stockwerk zu befördern. Ironischerweise erwartete uns ein solcher Flügel in der Bibliothek. Nach kurzem Anklopfen wurden wir herein gebeten. Ryouro Nanahara sah auf, als wir eintraten. "Mamoru! Akimichi-kun! Was verschafft uns die Ehre eures Besuchs?", fragte er mit strahlendem Lächeln, und eilte auf uns zu, um uns die Hände zu schütteln. "Ach, was druckse ich herum, es geht sicher um Shinji. Ich hoffe, er hat sich bei dem Test gestern gut gemacht." Beinahe lag etwas Ängstliches in seinem Blick.

Ich lachte, um den plötzlichen Druck wieder zu nehmen, der in der Bibliothek herrschte. "Nein, keine Sorge. Er hat genau wie die anderen beiden meine Erwartungen erfüllt. Eigentlich sogar noch übertroffen." Ich räusperte mich. "Er hat sich mit Rock Lee angelegt, und den guten Jungen beinahe überlistet."

"So? Guys Schüler, nicht? Dann war das sicher keine schlechte Leistung. Warum ist er gescheitert?"

"Welcher angehende Chunin lässt sich schon von einem frisch gebackenen Genin hinters Licht führen?", erwiderte ich trocken.

Daraufhin lachte Ryouro erneut. Er deutete in Richtung einer Sitzecke. "Kommt, setzt euch doch. Shinji schläft noch, aber das ist nach dem Tag gestern auch kein Wunder. Muss ja hoch hergegangen sein, insgesamt gesehen."

"Ja, insgesamt gesehen", erwiderte ich lächelnd, und ließ Karin den Vortritt.

Wir setzten uns auf die breite Couch. Kaum das wir saßen, betrat Soma-sama mit einem Tablett den Raum. Der Tee roch schon von weitem angenehm.

Während sie die Tassen austeilte und beschenkte, schwiegen wir. Erst als auch sie sich in einen Sessel mir gegenüber gesetzt hatte, nahm ich das Wort wieder auf.
 

Zuerst verneigte ich mich in meiner sitzenden Haltung. "Ich möchte mich in aller Form bei euch entschuldigen, Ryouro-sensei, Soma-sama. Ich weiß, welche Zurücksetzung es für euch bedeuten muss, dass euer Sohn von einem Chunin ausgebildet werden soll, und nicht, wie es sich gehört, durch einen Jounin. Da Ihr beide Jounin wart..."

"Wie kommst du denn darauf, Mamoru?", fragte Ryouro verblüfft, und fiel mir damit ins Wort. "Gewiss, du bist nur Chunin, aber auch nur, weil der Rat dich mit einem Beförderungsstopp belegt hat. Verständlich, wenn ich bedenke, dass du deinen kühlen Kopf von Emotionen hast beherrschen lassen. Davon, und von einem prächtigen..."

"Schatz, ich bitte dich. Wir hatten doch gesagt, dass das kein Thema ist, wenn wir mit ihm reden", mahnte Soma-sama.

Ryouro brummelte etwas Unverständliches, fügte sich aber.

Soma-sama lächelte mich an. "Keine Sorge. Wir denken beide, dass du ein guter Sensei für Shinji sein wirst. Selbst Kawada sagt das, und du weißt, auf sein Urteil ist Verlass."

"Oh. Das freut mich zu hören", erwiderte ich verblüfft.

"Vor allem freut es mich, dass unsere alten Beziehungen aus meiner Zeit als aktiver Medi-Nin berücksichtigt wurden. Dass der Sohn von Yuria-chan nun meinen Shinji betreut, nachdem ich ihr Jounin war, das schließt den Kreis wieder. Ich habe größtes Vertrauen in dich, Mamoru."

Ich verneigte mich erneut. "Danke. Ich fühle mich sehr geehrt."

"Gern geschehen." Sie lächelte.

Nun nahm Ryouro das Wort wieder auf. "Aber erzähl schon. Warum bist du hergekommen?"

"Ich bin hier, um euch um Erlaubnis zu bitten, Shinji auf eine private Reise mitzunehmen. Ich muss zum Raikage, und wollte dabei ein paar Stationen meines bisherigen Lebens besuchen. Dies ist keine offizielle Mission, daher wird er dafür auch nicht bezahlt. Aber ich habe vor, eine sehr lehrreiche Erfahrung daraus zu machen. Für ihn und für seine beiden Kameraden."

"Der finanzielle Aspekt ist absolut kein Problem, das solltest du wissen. Wir sind mehr als bereit, ihm sämtliche Auslagen mitzugeben", sagte Soma-sama bestimmt. "Aber wie ich dich kenne, geht es eher darum, das es kein offizieller Auftrag Konohas ist."

"Richtig, Soma-sama. Wir sind dann quasi im Urlaub. Eventuell wird es sich in seiner Akte nicht so gut machen, wenn er im ersten Monat als Genin nicht mal eine einzige D-Mission hinter sich gebracht hat."

"Und ich denke, dass solide Grundlagen hier das einzig Wahre sind", erklärte Ryouro. Er feixte mir zu. "Nimm ihn mit, und fordere ihn ordentlich. Shinji ist sehr belastbar, recht geschickt und von schneller Auffassungsgabe. Das Einzige, was mich stört, ist sein Hang, dauernd dieses unfeine Wort zu sagen. Dieses "cool". Kannst du das eventuell abstellen, Mamoru?"

"Nein, leider nicht. Ich benutze es selbst ab und an", sagte ich in bedauerndem Tonfall.

"Wie schade."

"Danke für die Erlaubnis. Ich freue mich sehr, den Jungen zeigen zu dürfen, was ich selbst von meinen Senseis gelernt habe."

"Hayate, nicht?" Soma-samas Augen füllten sich mit Mitgefühl. "Es war ein Verlust für uns alle."

"Ebenso wie der Verlust des Sandaime Hokage", fügte Ryouro an.

"Danke", erwiderte ich ehrlich gerührt. Selbst nach all der Zeit, nach zwei langen Jahren tat es immer noch weh.
 

"Eine Frage habe ich noch. Was muss ich beachten, wenn ich Shinji mitnehme?"

"Wie meinst du das?", fragte Ryouro verblüfft.

"Schnarcht er beim Schlafen, schwimmt er im Onsen, ist er Langschläfer oder Frühaufsteher... So etwas halt."

Soma-sama schüttelte den Kopf. "Keine Sorge, er hat keine besonders auffälligen Macken. Sein großer Bruder trainiert viel mit ihm, und Ryouro hat in letzter Zeit viel mit ihm meditiert. Ich meine ja, er sagt nur deshalb dauernd cool, weil du ihn übertrainierst und überforderst, Papa."

"Ich will nur das Beste für ihn, Mama", erwiderte Ryouro mürrisch.

Aufmerksam musterte ich die beiden bei diesem Wortwechsel. "Dann weiß ich jetzt alles, was ich wissen muss." Ich nahm meine Teetasse. "Und ich verspreche, ich bringe ihn unbeschadet wieder zurück."

Auch die anderen ergriffen ihre Teetassen. "Davon gehen wir aus, Mamoru", sagte Soma-sama, und ihre Worte begleitete ein undefinierbarer Blick.

Ich für meinen Teil beschloss jedenfalls, meinen Worten Taten folgen zu lassen.
 

Als wir nach dem Tee wieder auf die Straße traten, ging ich mit Karin in ein Straßencafé, das sich auf Tee und Dangos spezialisiert hatte. Bei einer großen Portion der leckeren Süßspeise reflektierte ich mit Karin das Gespräch. "Dein Eindruck?"

"Shinji hat zwei starke männliche Bezugspersonen, einmal seinen Vater, und einmal seinen Bruder. Beide sind sehr erfolgreich, und es ist klar, das er versuchen wird, ihnen nachzueifern. Dazu kommt eventuell noch ein Schuldkomplex, seine Mutter betreffend. Immerhin hatte sie kurz vor seiner Geburt ihren Job als Medi-Nin an den Nagel gehängt. Und sie ist ja auch nicht gerade von Pappe." Sie seufzte. "Ein Wunder, dass sich der Junge bei so viel Druck ein so fröhliches Gemüt bewahrt hat."

Ich zuckte die Achseln. "Der Kleine ist teuflisch schlau. Das macht wohl das viele Training mit Papa und dem doppelt so alten großen Bruder. Denkst du, er hat wirklich Komplexe? Helden kann ich absolut nicht gebrauchen."

"Oh, zum Helden taugt er schon, denke ich. Aber eher zum Mamoru-Helden, nicht zum toten Helden", tadelte sie mich. "Er wird wohl Ehrgeiz entwickeln, aber nicht zum Risiko neigen. Erst Recht nicht, wenn es seine Kameraden gefährden sollte."

Sie griente mich an. "Jetzt weiß ich wenigstens, warum ich mitkommen sollte. Du hast seine Eltern getestet."

"Ich bin nur sichergegangen, dass ich mir keine Altlasten ins Team hole. Mein Freund Naruto ist auch immer fröhlich wie Shinji, und hast du mal die Dämonen gesehen, die ihn jagen?"

"Gutes Argument. Aber beachte bitte die Hauptweisheit des Niidaime Hokage, auch bekannt als Sejuus Kunai: Wenn ein kleiner fröhlicher Junge ein kleiner fröhlicher Junge ist, dann meistens, weil er ein kleiner fröhlicher Junge ist."

"So klein ist er doch gar nicht", erwiderte ich grinsend.

"Du weißt was ich meine, Mamo-chan", sagte sie, und versetzte mir einen Klaps auf die Schulter. "Schade, das ich bei den anderen beiden Gesprächen nicht dabei sein kann."

Ich zog die Stirn kraus. "Ich muss jede von euch dreien zu ihrem Recht kommen lassen. Das ist wohl besser so, wenn ich dran denke, wie Mutter euch nach dem Gespräch in der Küche behandelt hat. Oder?"

"Äh...", machte sie verlegen.

"Na also", sagte ich zufrieden. Langsam wurde das besser mit mir und den Frauen. Wie hoffnungsvoll.

***

Es war kurz nach eins, als ich mit Perine, diesmal hatte sie die Ninja-Uniform Konohas angelegt, vor dem Haus der Yamadas stand. Auf mein Klopfen hin öffnete Kira selbst die Tür. "Ihr seid zu früh", sagte er, öffnete aber den Weg für uns. "Mutter ist noch nicht wieder aus dem öffentlichen Bad da. Aber ich kann uns Tee machen."

"Danke, mein großer Held", flötete Perine, beugte sich ein wenig vor, und gab dem Genin ungeniert einen Kuss auf die rechte Wange. Verlegene Röte huschte durch sein Gesicht, und ich hütete mich davor, zu lachen.

"Wo lang, Kira?"

"D-da lang. Geradeaus und zweite Tür rechts", stotterte er. "Das Wohnzimmer."

Ich ging voran. Der Gang war klein, und wenn ich von den Türen auf die Größe der Zimmer schloss, war es hier etwa so groß wie bei mir Zuhause. Es war sauber, ordentlich, aber vor allem gemütlich eingerichtet. An jedem verfügbaren Fleck Wand hing ein Seidenmalereibild.

"Das sind gute Arbeiten, sehr gute Arbeiten", lobte ich, als ich vor dem Bild einer Frau im Kimono stehen blieb. "Wer ist denn der Künstler in eurer Familie?"

Kira gab mir keine Antwort. Stattdessen ging er an mir vorbei, öffnete die Tür zum Wohnzimmer und sagte: "Hier rein, Sensei. Ich mache den Tee."

"Ui, da hast du ihn aber gekniffen", raunte Perine mir zu.

"Das sehe ich", murmelte ich bedrückt.

Ich trat in das Wohnzimmer, und das Erste, was mir auffiel, war ein kleiner Schrein, wie er in vielen Häusern zu finden war. Meist war er einem nahen Verwandten gewidmet, der tot war. Tatsächlich stand auch hier ein Bild im Mittelpunkt, das auf einer Ecke einen schwarzen Trauerflor trug. Ich erschrak, als ich erkannte, dass ein vielleicht sechsjähriges weißhaariges Mädchen das Portrait zierte. Darunter stand eine besonders gelungene Seidenmalerei, die ein Blumenfeld zeigte.

"Das muss seine Schwester gewesen sein. Sie starb beim Angriff Otos auf Konoha", murmelte ich mehr zu mir selbst. Vor zwei Jahren noch hätte ich ihren Tod auf meine Kappe genommen. Heute sah ich das etwas realistischer.

Ich sank vor dem Abbild in den Saizen-Sitz und legte die Hände wie zum Gebet aufeinander, um ihr Respekt zu zollen. "Du musst Ai-chan sein. Ich will deinen Bruder ein wenig entführen, damit er die Welt zu sehen bekommst. Es ist wahrscheinlich nicht verkehrt, wenn du ihm dafür deinen Segen mit auf den Weg gibst, Ai-chan. Aber ich verspreche ohnehin, gut auf ihn aufzupassen."

"Ähm, Mamo-chan", sagte Perine leise.

In der Tür stand Kira, ein Tablett in der Hand. Er musterte mich aufmerksam. Als ich seinem Blick begegnete, räusperte er sich, murmelte ein Danke, und deckte den Tisch ein.
 

Ich erhob mich und setzte mich mit P-chan an den Tisch. Kira schenkte ein, und ich kostete von dem Tee. Ein Grüntee mit Jasmin-Note.

"Ach, da habe ich mich so beeilt, und dann bin ich doch zu spät", klang eine Frauenstimme von der Tür her auf. "Guten Tag, Mamoru. Die junge Dame in deiner Begleitung kenne ich leider noch nicht. Ich hätte auch eher Fräulein Akimichi oder Fräulein Yodama erwartet."

Ich lächelte, als ich die Frau in der Eingangstür sah. "Guten Tag, Frau Yamada. Entschuldigen Sie, dass wir so hereingeplatzt sind." Ich deutete auf meine Begleiterin. "Das ist Perine. Sie ist eine meiner Kontraktpartner im Clan der Affen."

"So? Na, ich habe schon Unglaublicheres gesehen." Sie gab uns beiden die Hand, und setzte sich anschließend zu Kira auf die Couch. "Also, was kann ich für dich tun, Mamoru?"

Erneut verbeugte ich mich. "Zuerst einmal will ich mich entschuldigen, weil Ihr Sohn nur einen Chunin bekommen hat, und keinen Jounin."

Die Mutter von Kira lachte glockenhell. "Das macht dir doch hoffentlich nicht wirklich Sorgen, Mamoru. Du bist der Sohn meiner alten Partnerin Yuria. Wenn ich mich nicht auf dich und deine Fürsorge verlassen kann, wenn es um meinen Sohn geht, auf wen dann? Nein, ich bin ganz froh, dass die Gruppen so zusammengestellt wurden, und dass du ihr Anführer geworden bist. So ist Kira mit seinen Freunden zusammen, und ich weiß, du wirst darauf aufpassen, dass er sich nicht zu weit vorwagt. Er macht immer gerne einen auf träge und faul, aber wehe, er wittert seine Chance. Dann kann er gefährlich werden." Sie lachte begeistert und schlug sich auf die Schenkel. "Was meinst du? Seit ich meinen Beruf an den Nagel gehängt habe, musste ich meine Heilkünste glatt öfter anwenden als vorher, weil dieser Lausejunge kein Risiko scheut. Welchen Knochen, außer dem Ossicula Auditus, vornehmlich dem Linken, hat er sich wie oft gebrochen?"

"Ossi-was?", raunte Perine.

"Das Gehörknöchelchen", raunte ich zurück. "Gilt als kleinster Knochen im Körper und arbeitet mit dem Trommelfell."

Ich lächelte verlegen, als ich Haruna Yamadas Blick bemerkte. "Ich habe mir ein wenig Fachliteratur angelesen."

"Es ist nie verkehrt, ein wenig Basiswissen über den menschlichen Körper zu haben", schmunzelte sie. "Also, ich habe kein Problem damit, dass du Kiras Sensei bist, und Mitsurugi hat das ebenfalls gesagt, bevor er zu seiner Handelsreise aufgebrochen ist."

"Gut. Dann sind wir auch schon beim nächsten Thema. Ich wollte Kira mit auf eine private Reise nehmen. Es ist keine Mission, deshalb wird Kira dafür auch nicht bezahlt. Aber ich dachte mir, er sieht mal was von der Welt. Der Raikage erwartet mich."

Sie knuffte ihren Sohn gegen die Schulter. "Was für ein Pech aber auch, Kira. Da geht es für dich und deine neue Gruppe in die Welt, und dann besucht Ihr die Stadt, die du ohnehin schon auswendig kennst, was? Aber das trifft sich gut. Du kannst deinen Onkel ja bitten, mit dir ein wenig Raiton zu trainieren. Kakashi hat ja so wenig Zeit für dich."

"Oh, es geht nicht direkt nach Kumogakure", sagte ich schnell. "Wir nehmen einen kleinen Umweg. Ich möchte Freunde besuchen."

"Na, das klingt doch schon besser. Aber kommst du damit aus, jemanden zu treffen, der deinen Sensei womöglich als fähigen Shinobi ansieht, vielleicht sogar verehrt?"

"Mutter, bitte", sagte Kira gequält. "Mamoru-sensei hat seinen Chunin-Titel durchaus nicht geschenkt bekommen. Das habe ich gestern gemerkt."

"So? Na gut. Also, ich habe nichts dagegen, wenn du Kira mitnimmst, Mamoru. Vielleicht trefft Ihr ja unterwegs seinen Vater. Er dürfte dann gerade von Kumogakure zurückkommen."

"Vielleicht", erwiderte ich. "Aber eine Reise besteht aus vielen Schritten, und jeder Schritt ist anders."

Damit sollte ich Recht behalten. Doch das konnte ich damals nur ahnen.
 

Als wir das Haus der Yamadas wieder verlassen hatten, kehrte ich mit Perine im Ichiraku Ramen ein. Während wir unsere Nudelsuppen verspeisten, startete ich meine Analyse. "Was denkst du, Perine?"

"Über Kira und seine Eltern? Sie ist mit einem der wichtigsten Jounin Konohas direkt verwandt, und ihr Mann geht in Kumogakure als Händler ein und aus. Würde mich nicht wundern, wenn ständig ein ANBU in seiner Nähe ist."

"Er wird sporadisch überwacht", sagte ich leise genug, sodass nur sie mich hören konnte. "Und Kira selbst?"

"Du spielst auf seine tote Schwester an. Nein, ich denke nicht, dass er einen Rachekomplex hat. Aber sicherlich einen leichten Schuldkomplex. Weil er lebt, und Ai-chan tot ist. Ich denke, das liegt vor allem an seinen Eltern. Ich meine, das er sich zwar schuldig fühlt, aber kein mörderischer Rächer ist. Sie sind rau, aber herzlich. Damit locken sie ihn immer wieder aus der Reserve, sodass er gar kein Eigenbrödler werden kann."

"Und was denkst du, wie er sich in der Gruppe machen wird?"

"Schwierig zu sagen. Er ist schlau, gewitzt, schnell, aber auch zurückhaltend, abwartend, lauernd. Nicht gerade Anführermaterial, wenn er nicht aus sich raus gehen kann. Ich sehe ihn eher als Strategen. Jemand, der vorher plant. Größere Risiken wird er nicht eingehen, außer er kann sich entsprechend absichern."

"Aha. Unsere Meinungen decken sich." Ich schlürfte einen großen Happen Nudeln ein. "Und, denkst du, er schnarcht?"

Perine lachte glockenhell auf, und knuffte mich in die Seite. "Wenn du das gefragt hättest..."

Ich grinste. "Bei Shinji habe ich das. Aber für Kira wäre damit eine Welt zusammengebrochen, fürchte ich." Ich trank einen großen Schluck Brühe. "Fehlt nur noch ein Genin."

***

"Mamoooo-chaaaan!", rief Hanako fröhlich, kaum das sie mich entdeckte.

"Hana-chan. Pünktlich wie immer. Oder bin ich zu spät?"

"Nein, keine Sorge. Ich bin gerade erst gekommen", versicherte sie mir. Sie deutete auf das große Mehrfamilienhaus, da so typisch für das Stadtbild Konohas war. Wenngleich die Wohneinheiten ein wenig größer auf mich wirkten, als es in der Innenstadt üblich war. "Kennst du die Kobashis?"

"Nein, leider nicht. Aber Shouta, Mais Vater, hat als Händler öfters mit meinem Vater und dem Vater Kiras zu tun." Ich runzelte die Stirn. "Manchmal erschaudere ich, wenn ich daran denke, wie sehr Tsunade-sama, meine Genin betreffend, vorgeplant hat."

"Das lässt dich erschaudern? Denk doch mal an uns. Wir sollten doch so eine Art Neuauflage des Ino-Shika-Chou-Teams werden, oder? Ein Nara, eine Akimichi, und eine Yamanaka. Hat doch soweit ganz gut geklappt, also vertrau mal denen, die die Teams zusammenstellen."

"Ich beschwere mich nicht. Es ist eine gute Zusammenstellung", erwiderte ich.
 

Entschlossen klopfte ich an.

"Ah, Mamoru. Und Yodama-kun", sagte die fröhliche Frau, die uns die Tür öffnete. "Kommt doch bitte rein. Ich bin Hitomi, Mais Mutter."

"Danke, Frau Kobashi. Mai sagte uns, Shouta-san wäre auf Geschäftsreise?"

"Ja, er ist auf dem Weg nach Suna." Sie schloss die Haustür hinter uns wieder. "Geht bitte in den zweiten Raum rechts. Das ist das Wohnzimmer."

"Danke." Ich musterte die Einrichtung. Sie war ähnlich gehalten wie bei den Yamadas. Gehaltvoll, fröhlich, lebendig. Als ich das Wohnzimmer betrat, natürlich nachdem ich Hanako vorgelassen hatte, wurden wir von Mai begrüßt. "Guten Tag, Mamoru-sensei. Hallo, Hanako-sama."

"Hallo, Mai-chan", sagte Hanako fröhlich. "Na, freust du dich schon?"

"Es geht so", erwiderte sie.

"Freuen auf was?", fragte Hitomi Kobashi, als sie mit einem Tablett ins Wohnzimmer kam.

"Oh, das ist genau der Grund meines Besuchs", sagte ich.

"Setzt euch. Mai, schenk doch bitte den Tee ein."

"Ja, Mama."

Die Hausherrin nahm mir gegenüber Platz. "Also, was gibt es so wichtiges, dass Mais Sensei persönlich herkommt?"

Zum dritten mal an diesem Tag verbeugte ich mich tief. "Ich möchte mich zuallererst aufrichtig dafür entschuldigen, dass Mai nur einen Chunin, und keinen Jounin als Lehrmeister bekommen hat."

"Entschuldigen?" Hitomi zog eine Augenbraue hoch. "Du denkst doch nicht ernsthaft, dass du ein schlechter Lehrer für Mai sein könntest, oder? Immerhin dürftest du der erste Chunin seit über dreißig Jahren sein, dem in Konoha erlaubt wurde, eine Gruppe Genin zu trainieren. Alleine das spricht doch schon für deine Qualifikation, oder?"

Verblüfft sah ich sie an. "So kann man es auch sehen."

"Und ich sehe es so", sagte sie lächelnd. "Außerdem hat mir Mai heute morgen erzählt, wie du gestern mit ihr Schlitten gefahren bist, Mamoru. Ich habe keine Bedenken, sie dir anzuvertrauen."

"Womit wir beim zweiten Thema wären. Hat sie auch schon davon erzählt?"

"Oh, ja. Die Reise. Klar, kein Problem. Ich bin sicher, sie wird eine Menge dabei lernen."

"Das Problem ist, dass es keine offizielle Mission ist. Es könnte sich merkwürdig in ihrer Akte machen, wenn sie im ersten Monat als Genin nicht mal eine D-Mission erfüllt hat", erklärte ich.

"Lieber ein holpriger Anfang, als ein abruptes Ende", erwiderte sie. "Nicht, Mai? Und du willst doch unbedingt mit."

Leichte Röte schoss dem Mädchen in die Wangen. "E-es ist doch unsere Pflicht, unserem Sensei zu folgen", haspelte sie.

"So? Vorhin klang das aber noch ganz anders.

"Mamaaaaa...", sagte Mai gequält.

"Auf jeden Fall wird sie eine Menge lernen", sagte ich amüsiert.

"Ach, eines noch, Mamoru. Du kennst doch ihre Akte, richtig?", fragte Hitomi gerade heraus.

"Ja."

"Und dann kennst du auch den Hintergrund ihres Auslandjahres."

"Ja."

"Hä? Was? Aber..."

"Eine Akte kann man nicht so leicht manipulieren, Mai", erklärte ich. "Aber keine Sorge, ich werde es vertraulich behandeln. Deine Teamkameraden erfahren nichts. Aber ich werde dich auch nicht verhätscheln. Die letzten Untersuchungsberichte lasen sich sehr positiv. Kein Grund, dich in Watte zu packen."

Das schien das Mädchen etwas aufzustacheln. "Gut, so will ich es auch, und nicht anders", sagte sie zufrieden.

"Na, na, na", machte ihre Mutter. "Das Gegenteil ist der Fall. Mamoru, du brauchst sie nicht in Watte zu packen, aber ich erwarte schon, dass du auf sie achtest. Sollte sie einen Rückfall bekommen, dann musst du sie beschützen."

"Mamaa..."

"Rede nicht, Kind. Ich bin deine Mutter, und weiß es besser."

"Natürlich, Frau Kobashi. Nichts anderes hatte ich vor. Ich bringe alle meine drei Genin wohlbehalten und ohne Kratzer wieder mit nach Hause." Ich dachte einen Moment nach. "Vielleicht mit ein paar Kratzern, oder ein paar blauen Flecken."

"Oh, damit wird sie klarkommen." Hitomi beugte sich vertraulich vor. "Und was die Reise angeht: Mai spricht im Schlaf. Außerdem wälzt sie sich, wenn sie auf einem Futon schläft, durchs ganze Zimmer. Und wenn sie in einem Bett schläft, durchquert sie es fünfmal in einer Nacht."

"Mama, das ist mir jetzt aber peinlich", sagte Mai.

Hitomi fuhr ungeachtet des Protests fort. "Und in einem Schlafsack robbt sie einmal rund ums Lagerfeuer, und solche Scherze. Mit ihr hast du echt eine Handvoll zu tun, Mamoru."

Ich lachte. "Das werde ich hoffentlich überleben. Außerdem nehme ich eine gute Freundin mit, die nicht viel anders schläft. Die beiden werden sich gut ergänzen."

"Du auch noch, Sensei?", sagte Mai gequält.

"So? Das freut mich. Und trinkt den Tee, bevor er kalt wird."

Ein gutes Argument, wie ich fand.
 

Als wir das Haus wieder verließen, ging ich mit Hanako ein Eis essen. "Also, was denkst du?"

"Ich weiß einiges über Mai-chan. Auch, dass sie sich große Mühe gegeben hat, um ihr Fehljahr in der Akademie aufzuholen. Dabei hat sie sich oft genug überfordert. Darauf solltest du achten, Mamo-chan. Sie wird mehr leisten wollen, als sie wirklich kann. Und dabei wird ihr immer die Angst vor einem Rückfall in den Knochen stecken."

"Hm, interessant. Was denkst du ansonsten von ihr?"

"Sie ist die Fernkämpferin der Truppe. Das macht sie zum taktischen Anführer, der von hinten die Attacken koordiniert. So sehe ich es zumindest im Moment noch. Mehr lässt sich erst sagen, wenn die drei gemeinsam in ihrem ersten Kampf gesteckt haben."

"Ja, der erste Kampf. Erinnerst du dich an unseren ersten Kampf? Mit diesen Kiri-Nin?"

"Ja, so als wäre er erst gestern gewesen. Was habe ich dich für ein Weichei gehalten. Und dann erledigst du den dreimal so schweren Angreifer, der dir auch noch mit seiner Wasserkunst gegenüber im Vorteil ist, einfach mal eben so mit Taijutsu." Sie griente mich an. "Da habe ich mich übrigens in dich verliebt, Mamo-chan."

"Ich dachte, das war erst später, im Chunin-Examen", sagte ich erstaunt.

"Da waren Karin und ich schon über ein Jahr von dir hin und weg. Und du hast nichts gemerkt, du Dummerchen."

Okay, das waren neue Informationen für mich. "Tut mir leid."

"Muss es nicht. Sieh nur zu, dass deine drei Genin nicht in eine ähnliche Situation kommen, in der sie sofort ernsthaft kämpfen müssen. Ich habe damals nicht von dir erwartet, das du in der Lage wärst, deinen Gegner tatsächlich zu töten. Und außer Kira hat noch keiner deiner Genin getötet. Ob es ihm wieder gelingt, wissen wir nicht. Damals ging es um seine Schwester. Worum geht es ihm heute?"

"Danke für den guten Rat. Ich hoffe, ich bin nur halb so gut wie unser Sensei."

"Das wirst du sein, Mamoru", erwiderte sie im Brustton der Überzeugung. Sie gab mir einen kurzen Kuss. "Aber sicherheitshalber. Damit du Glück hast."

"Ich fürchte, ich werde es brauchen", murmelte ich.

Wie Recht ich doch hatte.

***

Gegen Abend erreichte mich eine unerwartete Einladung von Tsunade-sama. Sie schrieb, wenn ich noch ein wenig Zeit hätte, sollte ich doch bitte noch in ihrem Büro vorbei schauen.

Übersetzt: Wenn du nicht in zwei Minuten hier bist, lernst du mich kennen!

Entsprechend beeilte ich mich, und hätte ich nicht darauf verzichtet, durch ihr Fenster zu brechen, hätte ich auch die zwei Minuten unterboten. So aber stand ich in ihrem Büro, atmete schwer, und versuchte mich auf ihre Worte zu konzentrieren.

Aber sie sagte nichts. Sie musterte mich nur stumm. Endlich fragte sie ihre Assistentin: "Seine Zeit, Shizune?"

"Tagesrekord."

"Gut." Zufrieden wandte sie sich wieder mir zu. "Ich habe einen Auftrag für dich. Eine D-Mission."

Das ließ mich verwundert die Stirn runzeln. "Aber Tsunade-sama, ich habe doch Urlaub für mich und meine Genin genehmigt bekommen."

Wütend sah sie mich an. "Lässt du mich vielleicht mal ausreden, Mamoru?"

Ich zuckte zusammen. "Ja, Tsunade-sama."

"Schon besser. Setz dich, es könnte vielleicht länger dauern."

Hastig nahm ich Platz. Ich war so schon viel zu sehr auf Tsunade-samas Kieker, als das ich riskieren wollte, von ihr richtig in die Mangel genommen zu werden.

Sie quittierte das mit einem ergebenen Seufzer. "Fakt ist, dein Urlaub ist genehmigt, und die Abwesenheit deiner Genin ist vermerkt. Außerdem wird dir Shizune nachher noch Geheimkorrespondenz für unsere Vertreter in Kumogakure und für den Raikage mitgeben. Du wirst sie sicher dort abliefern."

"Versteht sich von selbst, Tsunade-sama. Ich werde die Post mit meinem Leben verteidigen."

"Gut. Und auf dem Weg nach Norden erfüllst du eine D-Mission für Konoha. Ich dachte mir, dass es deinen Genin nur gut tun kann, wenn sie ihre erste offizielle Mission bestreiten können. Und D-Rang, weil die erste Mission eines Genin immer eine D-Mission ist. Aber bedenke dabei, dass ein Auftrag, der mit D gekennzeichnet ist, nicht unbedingt D bleiben muss. Du hast nie die Garantie, dass es nicht plötzlich C-Rang, A-Rang oder sogar S-Rang werden kann."

"Oh ja, davon kann ich ein Lied singen", murmelte ich, in Erinnerungen an meine Solo-A-Missionen schwelgend.

"Aber danach sieht es eigentlich nicht aus. Shizune?"

Die junge Assistentin der Godaime Hokage räusperte sich. "Wir haben einen Auftrag von Murata No-Son erhalten, einem Waldarbeiterdorf im Land des Feuers nahe des Ta no Kumi. Die Dorfbewohner beklagen sich seit mehreren Tagen über denVerlust alltäglicher Dinge ohne jede Spur oder Hinweis auf den Dieb. Dies, so der Dorfvorsteher, könne nur auf die Aktivität eines Shinobi hinweisen, womöglich eines versprengten Ninjas aus Otogakure. Bevor wertvolle Dinge wie Schmuck und Barmittel aus den Holzverkäufen verschwinden, oder sogar jemand verletzt oder umgebracht wird, sollen wir uns der Sache annehmen."

"Im Klartext heißt das, du wirst dich der Sache annehmen, denn wenn es sich um einen oder mehrere Oto-Nin handelt, dann fällt es in dein ureigenstes Interesse, diese aufzuspüren."

Es war unnötig von Tsunade-sama, das auch noch zu betonen. Seit das Wort Otogakure zum ersten Mal gefallen war, hatte sie meine volle Aufmerksamkeit. Und sie hatte Recht: Versprengte und auf eigene Faust operierende Oto-Nin waren immer meine volle Aufmerksamkeit wert.

"Ich verstehe. Ich werde das regeln."

"Nicht du wirst das regeln. Deine Genin nehmen das in die Hand. Du überwachst sie aus dem Hintergrund, verstanden? Du greifst nur ein, wenn es gefährlich zu werden droht."

"Alles klar. Kriege ich eine Karte?"

Shizune reichte mir ein dickes Bündel. "Hier die Briefe und eine Karte der Umgebung von Murata No-Son inklusive eines Empfehlungsschreibens für dich und deine Begleiter."

"Danke. Wenn es das jetzt gewesen ist, dann..."

"Dann bist du entlassen. Ganz richtig. Ach, und Mamoru: Übertreib es nicht bei der Affenparty. Wenn die erste Mission mit deinen Genin zu meiner Zufriedenheit läuft, wird Konohagakure die Feier ein wenig subventionieren."

"Danke, Tsunade-sama. Solche Hilfe ist mir immer willkommen."

"Du bist unser einziger Kontraktträger mit den Affen. Solche Leute muss man pflegen." Sie lächelte dünnlippig. "Du kannst gehen, Mamoru."

Ich verbeugte mich vor meiner obersten Chefin, wiederholte das nicht ganz so tief vor Shizune, und verließ das Büro wieder. Als ich aber draußen auf dem Gang stand, fragte ich mich, seit wann Tsunade-sama mich bei meinem Vornamen rief, und was das für meine Karriere bedeuten mochte...



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