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Konoha Side Stories

von

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Der ewige Chunin 2

2.

"Maria! Pass auf!"

Auf den Warnruf von Hassin hin warf sich die Getsu-Nin herum, und entging so dem Erdpfahl, der sie andernfalls aufgespießt hätte. Den zweiten blockte sie mit einem Kunai, und benutzte dessen kinetische Energie, um sich in Sicherheit zu bringen. "Danke!", rief sie dem Kampfgefährten zu, ohne den Blick von den Gegnern abzuwenden. Acht waren es jetzt, und durch die Bank waren sie Nukenin. Nicht gut, nicht gut. Und sie vertraten alle fünf Aspekte der Elemente: Erde, Feuer, Wasser, Luft und Blitze. Zudem hingen sie an ihrer Freiheit, und sie würden es überhaupt nicht gerne sehen, wenn die beiden Getsu-Ninjas ihren Dörfern erzählten, wo sie die Deserteure das letzte Mal gesehen hatten. Das hatten sie schon den ganzen Tag über deutlich gemacht. Verdammt hartnäckig, diese Nukenin.

"Sollen wir uns trennen?", fragte Hassin.

Maria winkte ab. "Wir sind stärker als sie, und ihr einziger Vorteil ist ihre Zahl. Wir müssen sie nach und nach reduzieren. Dafür sollten wir aber zusammen bleiben. Fliehen wir, und warten wir auf unsere Chancen."

"Du bist der Boss", sagte Hassin. Die beiden nickten einander zu, dann sprangen sie mit Step davon. Die acht Nukenin folgten ihnen ohne jede Verzögerung.

***

"Guten Morgen, Sempai!"

Zu Tode erschrocken fuhr ich aus dem Bett auf. Ich hatte die ganze Nacht damit verbracht, die Akten meiner drei Genin zu wälzen, und war erst spät ins Bett gegangen. Ich hatte mir schon die ganze Woche einen Kopf drum gemacht, wie ich meine Genin behandeln sollte, und gestern war es nicht besser gewesen. Derart aus dem Bett gebrüllt zu werden machte es nicht gerade leichter.

So, da stand ich also nun hellwach in meinem Bett. Ja, ich stand. Und vor mir stand Lee. Wieder mal. Die Szene kam mir doch sehr bekannt vor. Oder hatte ich die ganze Suna-Geschichte etwa nur geträumt? Nein, unmöglich. "Morgen, Lee-kun", erwiderte ich. "Was machst du hier?"

"Yuriko-chan hat mich geschickt, um dich zu wecken", erklärte der Schüler des Grünen Biests von Konoha mit stoischer Miene.

"Das sehe ich. Aber was machst du hier, Lee-kun?"

Nun sah er ein wenig verlegen zu Boden. "Es ist so... Obwohl du uns auf das Chunin-Examen begleitet hast, bin ich nicht dazu gekommen, dich in Aktion zu sehen. Und bis die Entscheidung, ob ich ein Chunin werde oder nicht, gefallen ist, habe ich keine Aufträge zu erfüllen. Eigentlich habe ich Urlaub. Und da ich gehört habe, dass du deine eigene Genin-Gruppe übernimmst, dachte ich mir... Da dachte ich mir, ich biete dir meine Hilfe an, Sempai."

Gut, das war schlüssig. Ich seufzte, und setzte mich wieder auf mein Bett. "Ich wurde schon mal angenehmer geweckt, weißt du?", tadelte ich ihn.

Lee wurde ein klein wenig nervös. "Yuriko-chan hat mich darauf hingewiesen, dass du einen tiefen Schlaf hast, und..."

"So, hat sie das?", fragte ich teils verärgert, teils amüsiert, und sah zur Zimmertür. Meine große Schwester beobachtete mich durch einen Türspalt und kicherte. War ja wieder klar gewesen.

Ich warf einen Blick auf die Uhr. Acht Uhr morgens. Eine Stunde später, als ich hatte aufstehen wollen. Aber vor zwölf musste ich die Genin auch nicht abholen. Ich hatte noch genügend Zeit, um ein paar drängende Fragen zu klären, die ich mir gestern gestellt hatte.

"Also, darf ich...?", fragte Lee vorsichtig.

"Was? Mitkommen?" Nachdenklich rieb ich mir das Kinn. Männlichmarkante Stoppeln machten diese Geste zu einem maskulinen Erlebnis. Noch zehn mehr, und ich würde mich sogar rasieren müssen. "Warum eigentlich nicht? Wenn du schon mal Zeit hast."

"Danke, Sempai!", rief Lee erfreut. Erstaunt sah ich, dass er vor Freude sogar ein wenig weinte.

"Nun übertreib mal nicht gleich. Genin zu trainieren, die frisch von der Akademie kommen, ist extrem langweilig."

"Merkwürdig. Mir ist die Anfangszeit mit Guy-sensei und den anderen nie langweilig vorgekommen", sinnierte Lee. "Es kommt wohl drauf an, was man daraus macht."

Ich musste lachen. Da war der junge Lee genau eine Minute mein Helfer, und schon hatte er mir eine wichtige Lektion erteilt. "Also gut. Machen wir was draus. Hast du schon gefrühstückt? Lust, mit mir zu essen?"

"Macht Yuriko-chan wieder diese tollen Pfannkuchen?", fragte er hoffnungsvoll.

"Darauf kannst du dich verlassen", brummte ich, und schwang die Beine aus dem Bett. "Wir treffen uns in der Küche."

"Jawohl, Sempai." Mit strahlenden Augen verließ er mein Zimmer. Zeit für mich, um mich anzuziehen. In der vollen Einsatzmontur mit kompletter Bewaffnung. Dazu gehörte nicht nur meine Kunai-Tasche, sondern auch das Kampfschwert, das ich von Maria erhalten hatte, als ich Amnesie gehabt und sie für meine Gefährtin gehalten hatte. Das weckte wiederum meine Erinnerung an die "neue" Maria. Sie verwirrte mich ein wenig, denn sie war genauso wie die Maria, die mir vorgespielt hatte, sie würde mich lieben. Ob sie mir immer noch etwas vorspielte? Das war wahrscheinlich nicht der Fall. Aber wer verstand schon die Frauen? Ich versuchte es seit siebzehn Jahren, und war bisher immer noch gescheitert.

Zum Beispiel war da Aki-chan. Es bestand eine ziemlich hohe Wahrscheinlichkeit, das ich sein Vater war, dass er entstanden war, als Maria - um mich noch enger an die fliehenden Oto-Nin zu ketten - mit mir geschlafen hatte. Dass sie ausgerechnet mit Khal geschlafen haben sollte, war in etwa so wahrscheinlich wie das es in Sunagakure regnete, aber dennoch mühten sie eine ganze Stadt ab, um mich davon zu überzeugen, dass ich mit Akira nichts zu tun hatte.

Gut, ohne einen Beweis konnte ich nur vermuten, sein Vater zu sein, und den blieben mir Maria und die Mädchen schuldig. Ich wusste nicht, warum sie zu so einer hanebüchenen Ausrede gegriffen hatten, aber wenn sie es unbedingt so wollten, dann war ich eben nicht sein Vater. Das war mir genauso Recht. Ich mochte den kleinen Burschen zwar sehr, und hatte ihn tief in mein Herz geschlossen, und es würde mir nichts ausmachen, tatsächlich für ihn ein Fremder zu sein... Aber wenn es doch so war, dann würden sie es mir irgendwann von selbst erzählen. Irgendwann. Und bis dahin spielte ich eben mit. Dann war es halt so, und nicht anders. Ich hatte ja Erfahrung darin, den Naivling zu spielen, der nichts mitbekam.
 

Als ich voll ausstaffiert war, schnappte ich mir die drei Akten meiner Genin und trat ich auf den Gang, und von dort in die Küche. Kou erwartete mich grinsend, einen Becher Kaffee in der Hand. "Morgen, Mamo-chan."

"Guten Morgen, du Perle der Hyuuga. Was treibt dich so früh in unser Haus?"

"Wer sagt dir, das ich erst heute gekommen bin?", fragte er grinsend.

Ich zuckte die Achseln und setzte mich an den Tisch, wo Lee bereits an einem Pfannkuchen mampfte. "Yuriko-oneechan ist eine erwachsene Frau, gesund obendrein, und sehr attraktiv. Sie kann tun und lassen, was immer sie für richtig hält. Wenn sie sich also an dich Trottel verschenken will, kann ich wohl schwerlich was dagegen haben."

Kou sah missmutig zu meiner Schwester herüber. "Früher hat es mehr Spaß gemacht. Da ließ er sich noch foppen."

"Tja, wir alle werden erwachsener. Ich, mein kleiner Bruder, Lee... Und sogar du, Kou Hyuuga. Aber die letzte Nacht war schon toll."

Nun regte sich doch so etwas wie Widerstand in mir, als die Fopperei von Kou einen wahren Kern zu bekommen schien. "Ha! Wissen Mama und Papa davon?"

Yuriko schaufelte mir einen Pfannkuchen auf den Teller. "Reg dich gar nicht erst auf, kleiner Bruder. Wir sind verlobt, und da ist es heutzutage normal, dass man auch die Nächte miteinander verbringt."

Ich stutzte. "Verlobt? Seit wann das denn?"

"Seit über drei Wochen. Ich habe es dir erzählt, Mutter hat es dir erzählt, Vater hat es dir erzählt, Kou hat es dir erzählt, aber du läufst ja seitdem herum wie ein Schlafwandler, ständig am Grübeln, und immer in diese drei Akten vertieft. Ich kenne deine drei Genin noch nicht mal, und schon werde ich eifersüchtig, weil ich dich nicht mal mit ihnen teilen kann. Sie nehmen dich total ein", tadelte sie mich.

"Ihr seid tatsächlich verlobt?", hakte ich nach.

Yuriko seufzte. "Ich gebe es auf. Mehr hat er nicht mitgekriegt. Und so ist er schon, seit Tsunade-sama ihn einbestellt hat. Ja, Mamoru, wir sind verlobt. Wir hatten dir eine Nachricht geschickt, damit du deinen Aufenthalt in Suna unterbrichst und für die Feier nach Konoha zurückkehrst, aber du bist ja lieber diesem Kabuto hinterher gejagt, als beim großen Tag deiner Schwester und deines besten Freundes dabei zu sein."

Mein Kinnladen klappte nach unten. Was? WAS? Das hörte ich echt zum ersten Mal. Und genau das war das Problem. Mit einer erbärmlich winselnden Stimme versuchte ich, mein Leben zu retten. "Entschuldigung?"

Kou lachte. "Ist schon in Ordnung, Mamo-chan. Wir haben damit gerechnet, dass du es nicht schaffst. Aufträge gehen immer vor, und es war auch eine sehr spontane Entscheidung, damit ich aus dem Anwesen der Hyuuga-Familie ausziehen konnte."

"Ausziehen? Wohin?", fragte ich erstaunt.

Kou warf meiner Schwester einen amüsierten Blick zu. "Er hat wirklich nichts mitbekommen, was?"

"Jedenfalls ziehen Kou und ich bald zusammen. Das Nebenhaus wird frei, weil der alte Herr Nobu nach dem Tod seiner Frau zu seinem ältesten Sohn zieht. Und dann machen wir die alte Verbindungstür auf, und es wird sich nicht allzuviel ändern."

"Oh. Das ist toll. Beides, meine ich. Die Verlobung, und dass Ihr zusammenzieht. Aber ich hatte ja eigentlich immer die Hoffnung, dich mal selbst heiraten zu können, Onee-chan", scherzte ich.

Sie drohte mir amüsiert mit dem Pfannenwender. "Du! Du hast mich gar nicht verdient, mich, deine unglaubliche, talentierte und wunderschöne große Schwester. Gib dich mit dem zufrieden, was du kriegen kannst. Und das ist ja auch ganz nett."

"Kann man so sagen", kommentierte Kou, und schenkte sich Kaffee nach. "Nicht so gut wie meins, zugegeben."

"Das hast du schön gesagt, Schatz." Sie gab meinem besten Freund einen Kuss auf den Mund.

"Gerne wieder, Yuriko."

"Aber Ihr turtelt jetzt nicht jeden Tag vor meinen Augen, oder?", stöhnte ich.

"Wieso nicht? Das haben wir vorher doch auch schon gemacht."

"Stimmt auch wieder." Ich ächzte leise. Und ich stand auf, um zuerst Kou brüderlich zu umarmen, und dann meine Onee-chan. "Na, da wünsche ich euch doch verdammt viel Glück, wenn Ihr wirklich versuchen wollt, euch zusammenzuraufen. Ich helfe gerne, wo ich nur kann."

"Ha", machte Yuriko, "als wenn ausgerechnet du uns in Beziehungsfragen eine Hilfe sein könntest."

"Nun sei doch nicht so gemein zu ihm, Yuriko. Er gibt sich schließlich Mühe", tadelte Kou.

"So? Ich bin wie immer zu ihm. Würde ich das ändern, dann würde ihn das mehr stören." Sie bleckte grinsend ihre Zähne. "Nicht, Mamoru?"

"Oh ja, eine verständnisvolle, sanfte und liebe Onee-chan würde mich zu Tode ängstigen."

Yuriko schlug mir gegen den Oberarm. "Redest du wieder. Ab, zurück auf deinen Platz. Der Pfannkuchen wird kalt."

Grinsend nahm ich wieder Platz. "Tee, bitte."

"NACHSCHLAG, BITTE!", rief Lee. "Yuriko-chans Pfannkuchen sind die Besten von ganz Konoha!"

"Dann bist du gar nicht gekommen, um mir zu helfen, sondern weil du Pfannkuchen essen wolltest, Lee-kun?", scherzte ich.

"E-ein bisschen von beiden, zugegeben."

Ich senkte den Blick und schnaubte leise. "Ihr schafft mich. Ehrlich, irgendwann schafft Ihr mich."

"Das war der Plan, kleiner Bruder", sagte Kou, und grinste mich über den Rand seiner Tasse an.
 

"Ach ja, bevor ich es vergesse. Ich war in der Kommission, die die neuen Genin-Gruppen zusammen gestellt hat. Ich habe dafür plädiert, dir Kira Yamada zuzuteilen. Er gehört zum Hatake-Clan, und seine Familie hat gute Beziehungen zum Haupthaus."

Ich horchte auf. Mit "Haupthaus" meinte er natürlich die Hyuuga-Familie, und dort die offiziellen Oberhäupter.

"Sein Vater ist Händler, aus Kumogakure eingewandert, ein, zwei Jahre vor dem Krieg. Er wird auch heute noch, fünfzehn Jahre später, sporadisch von den ANBU kontrolliert."

"Hm. Aus Kuro, Händler und in Konoha eingeheiratet, ausgerechnet bei den Hatakes", sagte ich nachdenklich. "Lass mich raten: Er wird verdächtigt, ein Spion zu sein."

"Ja, noch immer, obwohl es nie Beweise dafür gab. Und obwohl Tsunade-sama sagte, dass es immer ein paar Spione geben müsste. Er unterhält eben noch familiäre Bindungen nach Kumo, und sein Sohn hat eine Raiton-Affinität. Typisch für Kumo."

"Blitze also. Wie nett. Und wo ist das Problem? Ich nehme jeden Genin."

Kou schüttelte den Kopf. "Du verstehst nicht. Genau deswegen habe ich dafür plädiert, ihn dir unterzuschieben. Du denkst nicht alle zwei Minuten drüber nach, ob der Junge ein Spion sein könnte. Oder ob sein Vater einer ist. Du stehst da so vollkommen drüber, das es bewundernswert ist. Du weißt doch, der normale Bewohner Konohas ist von Natur aus misstrauisch und argwöhnisch."

"Ja, das unterschreibe ich sofort. Und was mache ich mit diesem Kira dann? Selbst ausbilden kann ich ihn nicht."

"Für sein Raiton wird Kakashi-san sorgen, sobald der Junge weit genug ist. Mach dir also darum keinen Kopf. Bring du ihm die Grundlagen des Teamplays bei, so wie es sich gehört."

Yuriko schenkte mir Tee ein. "Grüner heute mal."

"Danke, Onee-chan. Kou, alter Freund, mach dir keine Sorgen um Kira Yamada. Ich behandle ihn wie die anderen Genin auch."

"Das wollte ich hören", erwiderte Kou, und nahm einen Schluck Kaffee.

"Nur habe ich noch absolut keine Ahnung, wie ich die behandeln sollte", gab ich zu.

Kou erschrak von diesen Worten so sehr, dass er den Schluck Kaffee wieder ausspuckte. "Ach ja", murmelte er, "da haben wir wieder das Mamoru-Prinzip."

Yuriko hielt ihm einen Lappen vor die Nase.

"Hä?"

Sie deutete zu Boden. "Aufwischen, mein Lieber. Oder denkst du, ich bin deine Putzfrau?"

"Natürlich nicht", erwiderte er, und trocknete den Boden vom ausgespuckten Kaffee.

"Ah, ich sehe schon, wer von euch die Hosen anhaben wird." Grinsend machte ich mich über meinen Pfannkuchen und den Tee her.

"NACHSCHLAG BITTE!", rief Lee.

Was mich wieder daran erinnerte, worüber ich schon die ganze Woche gegrübelt hatte. Da waren immer noch drei Genin.

***

Etwa gegen halb neun Uhr morgens fand ich den ersten Menschen auf meiner Liste, die ich befragen wollte. Ich erwischte Asuma zwischen Tür und Angel im Sarutobi-Haupthaus. "Asuma! kann ich dich was fragen?"

Der große, bärtige Mann steckte sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. "Mamo-chan, Lee, guten Morgen. Ich gratuliere zu deiner ersten eigenen Gruppe, Mamo-chan."

"Da sind wir ja genau beim Kern. Wie soll ich meine Genin eigentlich behandeln? Ich weiß, ich soll sie ausbilden, aber..."

"Ja, das weiß man anfangs nie so genau. Lass es doch einfach so auf dich zukommen, und entscheide spontan. Außerdem hast du doch einen guten Anfang, wenn ich dir und zweien deiner Genin die Grundlagen des Fuuton beibringe." Er dachte kurz nach. "Nein, das ist keine gute Idee. Dann stündest du mit ihnen auf einer Stufe, und das ist sehr, sehr schlecht. Besser, ich bilde dich aus, und du gibst dann das an deine Genin weiter. Schritt für Schritt für Schritt."

"Ist das nicht ein bisschen falsch? Und täuscht das nicht eine Stärke vor, die ich gar nicht besitze?", tadelte ich.

"Sagte der Mann, der Otogakure vernichtet hat", schmunzelte Asuma. "Ich sage, lass es auf dich zukommen, und entscheide spontan. Der Rest wird sich ergeben. Komm morgen vor sieben noch mal vorbei. Ich zeige dir dein erstes Fuuton-Jutsu."

"Danke für's Jutsu, Asuma, aber bei meinem Problem mit den Genin hast du mir nicht sehr geholfen. Ich kann es doch nicht unvorbereitet auf mich zukommen lassen. Ich brauche doch einen Plan. Irgendwas."

Asuma klopfte mir auf die Schulter. "Und den muss jeder Jounin für sich alleine herausfinden, wenn er eine Gruppe übernimmt. Also auch du."

"Ja, verstehe. Nur bin ich eben nur Chunin", murrte ich.

"Und du meinst, deshalb muss bei dir alles perfekter laufen als bei uns? Ach komm, Mamo-chan, versuch doch einfach Spaß zu haben."

"Auch das", murmelte ich bedrückt, "hilft mir nicht weiter. Die sollen was lernen bei mir, oder?"

"Auch", wandte Asuma ein. "Hm, vielleicht fragst du mal Yuuhi. Kiba, Shino und Hinata sind ihre allererste Gruppe. Du kannst sie fragen, wie sie sich vorbereitet hat."

"Okay, das ist eine gute Idee. Danke, Asuma."

"Viel Glück bei deinem Projekt. Lee, was machst du eigentlich hier? Bist du nicht auf einer Mission?"

"Äh, ich habe Freizeit, bis die Chunin-Kommission tagt. In der Zeit wollte ich Mamoru-sempai helfen, und mit ihm daran arbeiten, die Wunder der ungezügelten Jugend in kämpferische Bahnen zu lenken, sprich: Mich nützlich machen."

Asuma lachte lauthals. "Eine gute Idee. Wer rastet, der rostet. Yuuhi ist übrigens Zuhause, Mamo-chan."

"Danke dir", erwiderte ich, reichte ihm die Hand, und machte mich mit Lee auf den Weg.
 

Gegen halb zehn fand ich Kurenai-sensei. Ich wollte sie rufen, gerade als sie aus ihrem Haus kam, und zwar mit ihrem Nachnamen. Das erinnerte mich allerdings an ihre Reaktion. "Yuuhi... sensei", rief ich. Sie bestand zwar immer darauf, das ich sie mit ihrem Vornamen ansprach, aber ich konnte das Sensei einfach nicht weglassen.

Die Genjutsu-Nutzerin lächelte, als sie uns kommen sah. "Oh, schön, du lernst ja doch dazu. Hallo, Mamo-chan. Hallo, Lee. Was gibt es denn?"

"Wir wollen der Unrast der stürmischen Jugend nachgehen", sagte Lee mit ernster Stimme.

"Was er meint, ist, ich habe keine Ahnung, wie ich meine Genin-Gruppe handhaben soll. Asuma war mir keine große Hilfe. Er sagte, ich solle es einfach auf mich zukommen lassen."

"Und damit hast du ein Problem?", fragte sie mitfühlend. "Deine erste Gruppe, hui, da werden Erinnerungen wach."

"Ja, ja, genau darauf habe ich gesetzt! Wie hast du das gehandhabt, mit Hinata-chan, Shino und Kiba?"

Mitleidig sah sie mich an. "Ich habe es einfach auf mich zukommen lassen. Tut mir leid, Mamo-chan, aber es ist die beste Methode."

"Aber doch nicht für mich! Ich meine, ich bin nur ein Chunin, und da muss ich doch besser vorbereitet sein als Ihr. Tsunade-sama lässt mich bestimmt beobachten. Und sobald ich Mist baue..."

"Na, na, na, nicht so wehleidig. Hast du es denn schon bei Guy oder Kakashi probiert?"

"Kakashi ist mein Notnagel, wenn alles andere versagt. Aber Might Guy fragen ist auch eine gute Idee. Wo finde ich ihn denn?"

"Äh", machte Lee, "er ist gerade auf einer Mission an der Küste. Kommt nicht vor morgen zurück."

"Mist", entfuhr es mir. "Wen außer Kakashi kann ich denn noch fragen?"

"Wie wäre es mit Yamashiro-kun? Du kennst ihn doch recht gut."

"Ja, aber Aoba-san ist spezialisierter Jounin, und hat mit einer eigenen Gruppe nichts am Hut. Der Glückliche", erwiderte ich.

"Wie wäre es dann mit Genma? Oder gleich mit Yugao-chan?"

"An Shiranui habe ich noch gar nicht gedacht. Und Uzuki-sensei ist auch eine gute Idee. Danke dir, Yuuhi." Ich stutzte. "Entschuldige bitte, aber warum lächelst du so entrückt?"

Kurenai-sensei legte lächelnd den Kopf schräg. "Du hast mich gerade das erste Mal Yuuhi genannt, ohne ein Suffix zu benutzen. Das macht mich glücklich, Mamo-chan. Ich glaube, für dich gibt es tatsächlich Hoffnung."

"Wirklich?", fragte ich verblüfft.

"In der Tat. Und nun beeil dich mit den anderen. Deine Genin warten, oder?"

"Danke für die Hilfe, Yuuhi." Teufel, es ging ganz leicht über die Lippen. Ich umarmte sie zum Abschied, und eilte mit Lee davon. Wo also fand ich Genma Shiranui?
 

Gegen zehn, und zwar im Büro der Hokage. Dort wartete ich bis elf im Vorraum darauf, das Genma wieder rauskam, aber es tat und tat sich nichts. Schließlich wurde es mir zu bunt, und ich beschloss Uzuki-sensei zu suchen. "Komm, lass uns gehen, Lee. Es gibt noch andere Jounin, die ich fragen kann."

"Aber Mamoru-sempai, Ausdauer ist auch eine wichtige Eigenschaft für einen Shinobi", erwiderte er.

"Mamoru? Soll reinkommen!", hörte ich Tsunade-samas Stimme durch die Tür donnern.

Mist, das hatte ich jetzt davon. Entsprechend vorsichtig öffnete ich ihr Büro. "Ich wollte nicht stören, Tsunade-sama, nur mit Shiranui sprechen."

"Da hast du aber Glück. Er steht vor dir", sagte sie. "Nur zu, die kleine Unterbrechung können wir uns leisten. Oder, Shizune?"

"Wir liegen gut in der Zeit", sagte ihre Sekretärin nach einem Blick auf ihr Klemmbrett.

"Was gibt es denn, Mamo-chan?", fragte der große Jounin.

"Äh, das ist mir jetzt ein bisschen peinlich, aber Kurenai-sensei meinte, ich sollte dich mal fragen, Shiranui."

"Yuuhi weiß keinen Rat für dich? Na, das ist ja mal interessant", murmelte die Hokage.

Ich spürte, wie mir leichte Röte in die Wangen schoss. Gleich würde ich mich restlos blamieren.

"Es ist so...", begann ich, mit meinem Leben abschließend...
 

Schallendes Gelächter hallte durch den Amtssitz der Hokage. Es stammte von Tsunade-sama, und mit jeder Sekunde, die es anhielt, wurde ich kleiner und kleiner.

Als sie meinen zutiefst getroffenen Blick sah, hörte sie auf zu lachen und räusperte sich. "Entschuldige, Mamoru. Ich lache nicht über dich. Es ist die Duplizität der Ereignisse, die mich amüsiert."

"Duplizität der Ereignisse?", fragte Lee interessiert.

"Nun, diese Frage, die sich Morikubo da stellt, die hat sich jedem von uns gestellt, als er seine erste Gruppe anzuführen hatte", erklärte sie, und faltete ihre Hände vor dem Gesicht, die Ellenbögen auf dem Schreibtisch abgestützt, "und es wird wahrscheinlich so bleiben, solange Konoha Jounin an Genin zuteilt, um Drei Mann-Zellen zu bilden. Und ich gestehe, ich war genauso ratlos, als ich meine eigene Gruppe übernommen hatte. Ehrlich gesagt bin ich Zeit meines Lebens besser damit zurecht gekommen, Medi-Nin auszubilden. Was nicht heißen soll, dass ich meine Gruppe von damals missen möchte. Nicht, Genma?"

"Nicht eine Sekunde, Tsunade-sama", erwiderte der Shinobi fröhlich. Er nahm den Senbon aus dem Mund, auf dem er stets zu kauen pflegte - eine kleine Erniedrigung für den kurzen Wurfspieß, fand ich - und deutete damit auf mich. "Wenn du erlaubst, Tsunade-sama..."

"Oh, sei mein Gast. Dich wollte er doch von vorne herein fragen. Und mich interessiert, wie du antwortest, Genma."

"Ich bemühe mich, Tsunade-sama", sagte er grinsend, und steckte den Senbon wieder zwischen die Zähne. "Weißt du, Mamo-chan, am besten lässt du alles auf dich zukommen."

Lee und ich ächzten auf. "Wieder der gleiche Rat", murrte ich. "Ich kann aber so nicht arbeiten. Hast du nicht was besseres für mich?"

"Nun, so hat es Tsunade-sama mit uns gemacht, und so habe ich es mit meiner Gruppe gemacht. Aber es gibt noch eine Methode, die Aobas Jounin benutzt hat. Der hat seine Genin bestochen."

"Mit dem Kunai?", fragte ich argwöhnisch.

"Mit einer Belohnung. Hat sie super motiviert. Und schau dir an, wo Aoba heute steht. Er ist spezialisierter Jounin."

"Okay, darüber werde ich nachdenken. Aber das ist noch nicht die Antwort, die ich suche. Ich werde Uzuki-sensei fragen gehen."

"Das ist schwer möglich. Sie ist mit ihrem Team im Reich der Steine unterwegs", sagte Shizune.

"Oh. Dann also gleich zu Kakashi." Ich nickte Lee zu. "Und ich weiß auch schon, wo wir ihn finden könnten. Lass uns gehen."

Ich sah kurz zur Hokage herüber. "Tsunade-sama, Genma, Shizune, entschuldigt noch mal die Unterbrechung, und vielen Dank für eure Zeit."

Hinter Lee und mir schloss ich die Tür.

"Er entwickelt sich, nicht wahr?", hörte ich Tsunade-sama sagen. Meinte sie mich damit? War sie mit mir zumindest ein bisschen zufrieden? Das machte mich zufrieden.
 

Gegen halb zwölf fanden wir Kakashi auf dem Friedhof. Von den drei Orten, an denen ich ihn erwartet hatte, war er der letzte, den wir besuchten.

Nachdem ich den Gräbern meines Senseis und des Sandaime Hokages Respekt gezollt hatte, suchte ich ihn auf. Zu diesem Zeitpunkt plapperte Lee allerdings schon ausgelassen mit ihm. Das hieß, Lee redete, und Kakashi hörte zu. War der Junge doch zu was nütze. Er hatte Kakashi für mich schon vorgewärmt.

"Ah Mamo-chan", begrüßte er mich lächelnd. "Lee hat mich schon weitestgehend eingeweiht. Was bereitet dir denn Schwierigkeiten, wenn du an deine Genin denkst? Du hast doch so oft große Genin-Gruppen trainiert."

"Ach, das ist doch das Problem. Diese Genin waren alle ausgebildet, hatten Erfahrung. Was ich tun musste, war, sie subtil oder mit der Brechstange dazu zu bringen, zusammen zu arbeiten, und das in Gruppen, die größer als die üblichen Drei Mann-Zellen sind. Aber bei den dreien weiß ich nicht, was ich... Ich bin unsicher. Die älteren Genin musste ich korrigieren. Aber die kleinen muss ich ausbilden. Genma meinte, ich sollte sie bestechen, aber das hilft mir nicht weiter. Ebenso wenig wie Asuma und Kurenai-sensei, die sagten, ich solle es auf mich zukommen lassen."

Kakashi nickte. "So, so. Verstehe. Du hast die Hosen voll, weil du denkst, du könntest was falsch machen, oder ordentlich versauen."

"Ja, so in etwa, Kakashi."

"Ich würde damit anfangen, sie zu beeindrucken. Dann wissen sie gleich, wie der Hase läuft. Kennst du das Zwei Glöckchen-Spiel? Der Sandaime hat es erfunden, Jiraiya-sama hat es beim Yondaime angewendet, der hat es bei mir benutzt, und ich wende es auch an. Dabei geht es darum, herauszufinden, ob deine Genin echte Kameraden sein können und einander unterstützen, selbst wenn ihnen ihr Jounin das verbietet. Ich könnte dir..."

Hastig winkte ich ab. "Keine Sorge. Gute Kameraden zu sein bringe ich ihnen schon so bei."

"Mamo-chan", sagte Kakashi in weinerlichem Tonfall. "Ich spreche hier von einer Methode, die ich vom Yondaime geerbt habe, und die ich an dich weiter geben will. Und du bist so herzlos..."

Mit leichtem Entsetzen sah ich den Hatake an. Ich hatte ihn verärgert, schlimmer noch, verletzt. "Äh, vielleicht erklärst du mir noch mal, was du da gemacht hast. Eventuell kann ich es in meinem Sinne extrapolieren."

"Wirklich? Und das sagst du nicht auch nur so?"

"Wirklich. Du bist mein Sempai, Kakashi, und der Sandaime war mein Lehrer. Es geht mir ja auch nur darum, dass dieses Kameradenschwein-Spiel nichts für mich ist", sagte ich hastig.

"Oh, dann musst du dir eben deinen eigenen Schlussgag suchen. Jedenfalls geht das Spiel so: Du sagst ihnen, sie sollen am nächsten Morgen zum Trainingsgelände kommen, und das nüchern. Da hängst du dir zwei Glöckchen an den Gürtel, genau zwei. Wer von deinen drei Genin eines der Glöckchen kriegt, hat deine Prüfung bestanden, und kommt in die neue Gruppe, erklärst du. Dazu bringst du ihnen Mittagessen mit. Aber nur zwei Portionen. Du lässt sie dich ein wenig jagen, gönnst ihnen kleinere Erfolge, aber achtest darauf, das sie die Glöckchen nicht wirklich kriegen. Und wenn einer von ihnen schwach wird und wegen dem beißenden Hunger vor dem Mittag an die Bentos geht, bindest du ihn an die Pfähle. Es gibt immer einen, der das tut."

"Ach, deshalb stehen die Pfähle da. Ich habe mich immer darüber gewundert", murmelte ich.

"Ja, unter anderem. Dann sagst du den anderen beiden, sie dürfen zu Mittag essen, aber dem Dritten am Pfahl nichts abgeben, oder sie fallen durch. Na ja, ab hier setzt dann die Philosophie ein, die ich vom Sandaime und Jiraiya-sama habe. Sobald sie ihrem gefesselten Kameraden was abgeben, weil er ihnen nur etwas nützt, wenn er bei Kräften bleibt, tauchst du wieder auf, und verkündest, das alle drei bestanden haben. Wer seinen Auftrag nicht ausführt, ist ein wertloser Ninja, aber wer seine Kameraden in Stich lässt, ist ein noch wertloserer Ninja."

Nachdenklich strich ich mir übers Kinn. "Ja, das hat doch Potential. So kann ich mir gleich ein Bild von ihrem Leistungsstand machen. Aber die Motivation, die Motivation, die muss woanders her kommen."

"Heißt das, du nimmst die Methode an?", fragte Kakashi strahlend.

"Ja, im Großen und Ganzen schon. Ich brauche halt nur, wie du so schön sagtest, Sempai, einen anderen Schlussgag."

"Oh, das freut mich zu hören. Willst du dann morgen das Trainingsgelände haben?"

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, ich denke, das kann ich auch heute noch durchziehen. Ich weiß noch nicht ganz wie, aber... Mir fällt schon was ein. Danke, Kakashi. Du bist mir wie immer eine große Hilfe."

"Das freut mich zu hören, Mamo-chan."

"Was die Motivation angeht", meldete sich Lee zu Wort, "hätte ich eine Idee. Wenn ich schon mal dabei bin, warum sollte ich sie nicht prüfen? Einen anderen Genin werden sie schnell unterschätzen, und das werden wir ausnützen können."

Verblüfft sah ich Lee an. "Das ist eine grandiose Idee. Wir lassen sie gegen dich antreten, und dann sehen wir, was sie können, wie ihr Teamwork ist, und wo noch Bedarf zur Bearbeitung ist. Was denkst du, Kakashi?"

"Ich habe eine Idee, wie du sie mit Aobas Rat motivieren kannst. Und schon weißt du auch, wie du deine Genin behandeln musst. Spätestens nach dieser Erfahrung."

Erneut lächelte er, und mir kam das Grinsen. "Ich bin ganz Ohr, Sempai."

***

Mit Lee vorweg ging ich zur Akademie. Auf dem Wege machte ich mir klar, das ich diesen Ort vor fünf Jahren das letzte Mal betreten hatte. Ich verband mit ihm einige Erinnerungen, obwohl ich mich meistens im Hintergrund gehalten hatte. Nach all der Kritik durch die Erwachsenen der Naras war mein Motto gewesen: Nur nicht auffallen. Also hatte ich mich zwanghaft bemüht, möglichst mittelmäßige Leistungen zu erbringen. Nicht zu gut, nicht zu schlecht. War mir nicht ganz gelungen. Von neun Absolventen meines Jahrgangs war ich Viertbester geworden. Doch, ich hatte hier meinen Spaß gehabt, das konnte ich sagen.

Wie war es mit meinen Genin? Wie würden sie diese Schule ansehen? Würden sie sie vermissen? Ich träumte manchmal noch von ihr, lief durch Hallen und Gänge, weil ich zu spät kam. Wahrscheinlich eine Spätfolge des Drucks durch die älteren Naras... Wenn ich es recht bedachte, sollte ich eventuell einigen von ihnen bei Gelegenheit den Arsch aufreißen, für mein Seelenheil. Andererseits waren sie nie gehässig gewesen. Also richtig gehässig. Eher besorgt, und das war eigentlich nett. Aber ein wenig Arsch aufreißen würde schon nicht schaden.
 

Wieder nahm ich die Akten zur Hand, die ich in der letzten Woche so oft durchgelesen hatte.

Wieder wälzte ich den Inhalt, den ich schon lange auswendig kannte.

Mai Kobashi, dreizehn, wegen Krankheit ein Jahr ausgefallen. Mochte es nicht, darauf angesprochen zu werden. Vater spezialisierter Jounin. Keine besonderen Taijutsu-Fähigkeiten, keine besonderen Veranlagungen für Genjutsu, dafür gute Affinität für mittlere und große Reichweite im Ninjutsu. Wind-Nutzerin. Vom Charakter ruhig, überlegt, zurückhaltend, mit gelegentlichen cholerischen Zügen, die wahrscheinlich von ihrer Krankheit her rührten.

Ich schloss die Akte und dachte über sie nach. Anführermaterial? Kontraktpartnermaterial? Ich wusste es nicht. Noch nicht.

Shinji Nanahara, zwölf, Vater ehemals spezialisierter Jounin, Mutter ehemalige Medi-Nin. Älterer Bruder, 21, in der Chakra-Forschung tätig. Wenig Talent für Genjutsu, recht begabt im Ninjutsu, besser im Taijutsu. Ebenfalls Wind-affin. Der Nahkämpfer der Truppe? Neigte dazu, größere Brocken abzubeißen, als er kauen konnte. Hm. Keine schlechten Eigenschaften für jemanden, der vorne stand. Und er beherrschte Senpuken bereits, eine Fuuton-Technik. Nicht mal ich hatte das drauf. Aber ich hatte mein Fuuton-Training ja auch noch gar nicht begonnen, wenn man es genau nahm.

Der Letzte: Kira Yamada, zwölf, Vater Händler aus Kumogakure, Mutter Medi-Nin im Ruhestand.

Beim Angriff auf Konoha vor drei Jahren wurde Ai getötet, die jüngere Schwester. Kira hatte daraufhin die Oto-Nin erdolcht, die diese schreckliche Tat ausgeführt hatte. Seither keine Anzeichen von Labilität, aber pathologische Schuldgefühle. Oh, das war interessant. Die Mutter war Shinjis Mutters Sensei gewesen. Also gab es da schon mal eine Bindung. Yamada? Ich erinnerte mich an eine Schalterdame im öffentlichen Badehaus. War das seine Mutter? Ach nein, das wäre ein zu großer Zufall gewesen. Was gab es noch von ihm zu berichten? Raiton-Natur, hatte sich bei mehreren Besuchen in Kumogakure bei dem dortigen Zweig der Familie einige der leichteren Künste der Blitzkunst beibringen lassen. Vom Charakter verschlossen, keine Freunde. Wird aber als loyal beschrieben. Und tatsächlich, die ANBU überwachten seinen Vater spontan und sporadisch auf Geheimdienstaktivitäten.

Ein Vermerk machte mich stutzig: Er hatte die Akademie weit unter seinen Fähigkeiten abgeschlossen. Genjutsu kein erkennbares Talent, aber besondere Fähigkeit, sich aus einem Genjutsu zu wecken. Bevorzugte Taijutsu, Schwertkampf mit dem Wakizashi, mit dem er die Mörderin seiner Schwester getötet hatte. Ninjutsu passabel, aber nur Grundkenntnisse. Noch ein Nahkämpfer? Auf jeden Fall ein überlegterer Kämpfer als Shinji. Aber was und wie sie alle drei waren, würde sich erst entscheiden, wenn sie in ihrem ersten wirklichen Kampf waren. Kira ausgenommen.
 

"Wir sind da, Sempai", klang Lees Stimme zu mir herüber. Der junge Genin schob die Tür zum Klassenraum auf, und prompt fiel ein schmutziger Tafelschwamm auf seinen Kopf. Eine Kreidewolke flog auf, und staubte ihn ein. Er hustete pikiert. "Also, was mich angeht, Mamoru-sempai, ich mag diese Genin schon mal nicht besonders."

Kurz war ich versucht zu lachen. Aber nur bis ich realisierte, dass der Schwamm für mich gedacht gewesen war. Und dabei war es noch nicht mal zwölf.

"Hm. Das scheinen ja drei wirkliche Früchtchen zu sein", kommentierte ich, während Lee versuchte, den Staub abzuklopfen.

Ich betrat den Klassenraum. Shinji sah erfreut zu mir herüber. Beinahe mit Herzchenaugen, wie man im Jargon zu sagen pflegte. Mai war interessiert, aber auch distanziert. Kira wirkte gelangweilt. "Mahlzeit, Team dreizehn", sagte ich, und trat an das Lehrerpult. "Ich bin euer Gruppenführer Mamoru Morikubo, und dies ist mein Assistent Rock Lee. Die nächsten Tage und Wochen werdet Ihr mit uns beiden verbringen, und ehrlich gesagt bin ich mir nach der Lektüre der Akten noch nicht sicher, ob ich wirklich Zeit in euch investieren sollte."

Diese harschen Worte lösten unterschiedliche Reaktionen aus. Für Shinji schien eine Welt zusammen zu brechen. Seine Miene zierte blankes Entsetzen. Kira sah plötzlich interessiert zu mir herüber. Wohl wegen der Möglichkeit, das ich sie aufgeben würde. Und Mai spielte die Desinteressierte, lauschte aber aufmerksam auf jedes meiner Worte. Na, das war ja ein Haufen.

"Ich will es kurz machen. Die Godaime Hokage hat mich dazu verdonnert, euch zu trainieren, und euch die Grundlagen beizubringen, die Ihr braucht, um in der Ninja-Welt zu überleben. Leider habe ich gerade verdammt wenig Zeit, weil eine Mission ansteht, die eine längere Reise erfordert. Der Groß-Daimyo des Reichs des Wassers hat mich in sein Land gerufen, genauer gesagt in die Festlandprovinzen."

"In die Provinzen, wo du eine Burg erobert hast, Sensei?", rief Shinji aufgeregt.

Ich war erstaunt. War das tatsächlich Allgemeinwissen?

Ich räusperte mich verlegen. "Ja."

"Geil!"

"Wie dem auch sei. Ich werde übermorgen aufbrechen. Und ich werde euch mitnehmen. Dazu gehört auch ein Abstecher nach Kumogakure, weil ich einiges mit dem Raikage zu besprechen habe. Das wäre eine gute Gelegenheit für dich, Kira, um an deinem Raiton zu feilen."

Nun zeigte der Junge aufrichtiges Interesse. "Das klingt interessant. Ich habe Verwandte in Kumo."

Ein leises Seufzen entrang sich meiner Kehle. Da war ja jemand nicht gerade freigiebig mit seinen Emotionen.

"Außerdem", fuhr ich fort, "bietet der Weg nach Kumogakure einige berühmte Onsen, die durch legendäre Heilquellen gespeist werden. Bisher habe ich in jeder einzelnen gebadet, wenn ich diesen Weg gegangen bin, und seht mich an. Gesund wie ein Bär."

Nun hatte ich auch Mais Aufmerksamkeit. "Heilquellen?"

"Mich interessiert natürlich eher der Bäder-Aspekt."

"M-mich auch", korrigierte sie sich.

"Also", sagte ich, und legte beide Handflächen auf den Tresen, "ich kann diese Reise mit euch machen, oder ohne euch. Im Moment sieht es so aus, als würde ich sie ohne euch machen, aber ich will nicht unfair sein. Ihr bekommt eine faire Chance, euch euren Platz zu erstreiten. Schafft Ihr es nicht, werdet Ihr bis zu meiner Rückkehr mit Lee-sensei hier neben mir Grundlagen trainieren. Und das zehn Stunden am Tag, volle sieben Tage. Ich verspreche euch, das wird kein Zuckerschlecken." Ich sah zur Seite. "Lee, die Beingewichte."

Ein Grinsen huschte über das Gesicht des Taijutsu-Spezialisten. "Gerne doch."

Er entfernte die Beingewichte, und legte sie auf den Tisch, vor dem die drei Genin saßen. Das heißt, er versuchte es. Sie krachten sofort durch die Deckplatte und landeten auf dem Fußboden, den sie ebenfalls durchbrachen, bis sie blanken Beton erreichten.

"Er wird euch trainieren. Ohne Gewichte."

Blankes Entsetzen stand nun in den Augen der Genin, während Lee seine Gewichte wieder einsammelte und erneut befestigte.

"Wie sieht diese Chance aus?", fragte Kira direkt, ohne zu zögern.

"Nun, das erkläre ich euch vor Ort. Trefft mich in einer Stunde auf dem Konoha-Trainingsgelände."

Und damit begann das Spiel.

***

Die drei Genin fanden sich pünktlich ein, beinahe auf die Minute. Shinji kam als Erster, aber das hatte ich erwartet. Er schien begeistert von mir zu sein. Mai als zweite. Sie hatte eine neutrale, aber latent interessierte Haltung. Kira kam als Letzter, aber nicht zu spät nach den anderen. Einerseits demonstrierte er Desinteresse, andererseits war er nicht zu nachlässig. Immerhin drohte Lees unbarmherziges Training.

Mittlerweile hatten Lee und ich alles vorbereitet. Wir waren bereit.

"Willkommen auf meinem Spielplatz", begrüßte ich meine drei Genin, während ich auf dem mittleren von drei Pfählen hockte. "Willkommen in meinem Spiel."

Ich hielt drei Glöckchen hoch. "Das Spiel geht folgendermaßen. Ich verteile genau sechs Glocken. Drei behalte ich. Ich werde sie an die drei Pfähle heften. Zwei bekommt Rock Lee. Das dritte bekommt P-chan. Eure Aufgabe wird es sein, jeweils ein Glöckchen zu erobern. Nur wer eines hat, wird mich begleiten. Wer keines ergattern kann, sagen wir bis Sonnenuntergang, bleibt in Konoha, und trainiert mit Lee."

Kira hob eine Hand. "Frage. Wer ist P-chan?"

Ich zwinkerte, und ein kleiner Affe kletterte von meinem Rücken auf meine Schultern. In Händen hielt er bereits ein Glöckchen. "Das ist P-chan. Sie ist eine Affenkriegerin von großer Macht, aber heute wird sie lediglich vor euch davon laufen. Wenn Ihr sie einholt und berührt, gibt sie euch das Glöckchen freiwillig. Das bedeutet für einen von euch, mich begleiten zu dürfen."

"Aha. Für einen."

"Ja."

Kira zuckte die Achseln. "Eine reicht mir."

"Das hättest du wohl gerne", giftete Shinji. "Wenn jemand Morikubo-sensei begleiten wird, dann bin ich das."

"Jungs, Jungs", mischte sich Mai ein, "über ungelegte Eier streitet man sich nicht." Sie wandte sich wieder mir zu. "Gibt es auch Auflagen für Lee-sempai?"

Bemerkenswert, dass sie das fragte. "Keine Auflagen. Er ist schließlich nur Genin wie Ihr. Er ist älter, erfahrener, aber Ihr solltet ihm in Teamarbeit die Glöckchen abnehmen können. Oder Ihr fragt einfach."

"Ja, ja, sehr witzig", murrte Shinji.

"Und wie sieht es mit dir aus, Morikubo-sensei?", fragte Shinji mit leuchtenden Augen.

"Oh, ich werde die drei Glöckchen hier mit all meinen Fähigkeiten verteidigen. Verlasst euch nicht darauf, dass mich zwei ablenken können, und einer sammelt die Glöckchen ein. Ich kämpfe mit voller Kraft. Und das erwarte ich auch von euch."

"Und wir brauchen jeder ein Glöckchen?", hakte Kira nach.

"Eventuell, wenn mich eure Performance überzeugt, lasse ich vielleicht bei einem Gnade vor Recht ergehen, wenn er kein Glöckchen hat... Also strengt euch bitte an. Okay?"

Die drei Genin tuschelten miteinander. "Also jeder für sich", schloss Shinji laut. "Vorerst."

"Ja, vorerst", sagte Kira.

"Hm. Ich bin skeptisch. Aber wir können es erst mal auf eure Art versuchen, Jungs", murrte Mai.

"Also seid Ihr dabei? Nicht, dass Ihr eine Wahl hättet. Wer ablehnt, bleibt automatisch für das Training mit Lee-sensei hier in Konoha."

"Wir sind dabei", sagte Mai. "Und wir werden jeder so ein verdammtes Glöckchen erobern. Versprochen, Morikubo-sensei."

"Ach, eines noch. Nennt mich bei meinem Vornamen. Mamoru-sensei."

"Jawohl, Mamoru-sensei."

"Dann kann es ja los gehen. Ich hoffe, Ihr seid in guter Form. Bis zum Sonnenuntergang ab... Jetzt!"

P-chan schnellte von meiner Schulter, sprang ins Gras hinab, und raste mitten zwischen den drei überraschten Genin hindurch in Richtung Wald.

Lee nutzte genau diesen Moment, zwei Glöckchen am Gürtel, um ebenfalls stiften zu gehen. Zurück blieb ich allein. Ich sprang vom Pfeiler herab, und befestigte in aller Seelenruhe die drei Glöckchen an den Stämmen. "Wir haben bereits angefangen", kommentierte ich.

Die drei Genin wechselten einen entschlossenen Blick, dann verschwanden sie zugleich per Step.

Meine sensorischen Fähigkeiten verrieten mir, dass Kira hinter P-chan her war, und sich Shinji anschickte, Lee hinterher zu jagen. Mai hingegen war gar nicht gesprungen, sondern hatte nur ein nahes Gebüsch erreicht, von dem aus sie mich beobachtete. Für Anfänger gar nicht mal schlecht. Das versprach interessant zu werden.



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