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Konoha Side Stories

von

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Schneidender Wind 14

14.

Am späten Nachmittag des Tages der Abreise der Konoha-Ninjas traf ein prominenter Vertreter der gleichen Ninja-Stadt ein. Ein Clan-Chef, ein Ratsherr, ein herausragender Ninja. Shikaku Nara.

Er wurde im kleinen Kreis empfangen. Nur Hanako Yodama, Karin Akimichi, Hassin und Khal erwarteten ihn.

Mit steinerner Miene musterte der Herr des Nara-Clans die Angetretenen. "Es ist also passiert", sagte er anstelle einer Begrüßung.

Hanako nickte zögerlich. "Ja, Onkel Shikaku. Es ist passiert. Und beinahe hätte er etwas gemerkt."

"Aber das ist doch großartig. Dann werden endlich auch die letzten Gerüchte verstummen, die Yuria immer unterstellen, Mamoru könnte eventuell doch nicht von Kenshiro sein. Wie hat es sich geäußert?"

Karin lächelte verlegen. "Als Mamoru gehen wollte, hat Akira-chan ihn mit Hilfe der Nara-Schattenkunst gestoppt. Du kannst dir nicht vorstellen, wie wir uns erschrocken haben, Onkel Shikaku. Zweimal musste ich sein Jutsu auflösen. Danach hat der Kleine eine Stunde geschmollt."

"Hm." Nachdenklich rieb sich der Nara das Kinn. "Gibt es einen besonderen Grund dafür, das er Mamoru nicht hatte gehen lassen wollen?"

"Und dafür, das er Mamo-chan Papa genannt hat?", hakte Hassin nach.

Die beiden Mädchen drucksten verlegen und sahen zu Boden. "Nun. Maria hat Aki-chan wohl ein Foto von ihm gezeigt, und ihm erklärt, dass das sein Papa ist", sagte Hanako in entschuldigendem Tonfall.

Shikaku Nara musterte die Frauen mit strengem Blick. "Und das Foto hat sie wie bekommen?"

"Wir haben es mitgebracht", gestand Karin. "Aber es konnte ja auch keiner wissen, dass er ausgerechnet hierher kommt, ohne sich anzukündigen. Zum Glück ist Khal in die Bresche gesprungen und hat sich als Vater ausgegeben."

Shikaku sah den riesigen Ninja an. "Und das hat er geglaubt?"

Khal grinste schief. "Ich kann sehr überzeugend sein, wenn ich will."

"Gut. Soviel dazu. Bringt mich zu ihm."

"Hier entlang, bitte, Nara-tono", sagte Hassin, und ging voran.
 

Während sie in Richtung von Marias Haus gingen, brummte Shikaku, wer weiß zum wievielten Male: "Warum um alles in der Welt wollt Ihr Akiras Existenz unbedingt vor Mamoru verheimlichen? Sicher, mit sechzehn ist er etwas jung dafür, um ein Kind aufzuziehen, aber das steht doch auch gar nicht zur Debatte, oder?"

"Es...", stammelte Karin, "es ist etwas komplizierter."

"So? Ich habe Zeit."

Hanako wischte sich flüchtig den Schweiß von der Stirn. "Da ist zum Beispiel Maria. Mamo-chan hasst sie, und sie hat Angst, das er sein eigenes Kind auch hasst, nur weil es von ihr ist."

"Was für ein Schwachsinn."

"Mag ja sein, dass es Schwachsinn ist. Und sie hat ja auch nicht ewig vor, Aki-chan vor Mamo-chan zu verheimlichen. Nur ein paar Jahre, bis etwas Gras über die Oto-Sache gewachsen ist", erklärte Karin. "Und dann ist da noch die andere Geschichte."

"Welche andere Geschichte?", fragte der Nara.

"Daran sind wohl wir schuld", murmelte Hanako fast unhörbar.

Shikaku schnaubte amüsiert. "Oh, ich ahne übles. Was also habt Ihr getan, in eurer grenzenlosen Eifersucht?"

Die beiden Mädchen sahen betreten zu Boden, und sagten lange Zeit kein einziges Wort.

"Volltreffer, nehme ich an", sagte Shikaku, und für einen Augenblick amüsierte ihn diese doch sehr ernste Situation.

"Wir...", begann Karin leise, "...wir dachten halt, da Mamo-chan Maria hasst... Ich meine, sie hat ein Kind von ihm. Das haben sie gemacht als er glaubte, sie wäre seine Geliebte. Wenn sie jetzt mit dem Kind kommt, und an die Gefühle von damals appelliert, dann hat sie einen unfairen Vorteil, finde ich. Und Hanako sieht das auch so. Und P-chan ebenso."

"Moment mal, ihr habt Maria VERBOTEN, Mamoru die Wahrheit zu sagen?", rief Shikaku entsetzt.

"N-nicht verboten", verteidigte Hanako sich und Karin. "Sie hatte selbst keinerlei Hoffnung, dass Mamo-chan Aki-chan anerkennen würde. Wir haben ihr den Vorschlag einfach nie gemacht. Wir haben das immer ausgespart für den Tag, an dem Mamo-chan ihr vergeben kann, dass sie Katou getötet hat."

"So, wie ich ihr vergeben habe", murmelte Karin.

"Und bis zu diesem Tag kümmern wir uns gemeinsam um Aki-chan. Ich meine, er ist Mamorus Sohn."

Shikaku legte eine Hand an die Stirn und schüttelte seinen plötzlich schwer gewordenen Kopf. "Oh, Ihr selbstsüchtigen kleinen Mädchen."

Die beiden Kunoichi zuckten wie unter einem Schlag zusammen. "Du... Du wirst es Mamo-chan doch nicht sagen?"

"Wie könnte ich, wenn die Mutter wünscht, dass Ihr damit noch etwas wartet? Es ist vollkommen plausibel, noch ein wenig Zeit ins Land gehen zu lassen, damit Mamorus Zorn verraucht. Aber ich denke, dieser Tag ist nicht mehr allzu fern. Sein Besuch hier in Getsugakure hat sicherlich einiges von seiner Wut genommen."

"Ja, das hat er", sagte Hassin. "Er hat Aki-chan sehr gut kennen gelernt, und sich auch selbst um ihn gekümmert. Wenn du meine Meinung als Vater hören willst, Nara-tono, dann sollten diese drei Frauen sich nicht mehr allzu viel Zeit lassen, solange Mamoru positive Gefühle für Aki-chan hat."

Nun sahen die Mädchen erst Recht betrübt zu Boden. Selten hatte Shikaku so niedergeschlagene Kunoichi gesehen. Kunststück, wenn alles, was sie gesagt und gedacht hatten, von anderen als falsch auseinander genommen wurde.

"Hier ist es", sagte Hassin, und öffnete die Tür.
 

Hassins Frau Padme empfing sie. "Nara-sama", sagte sie, und nickte den Konoha-Nin freundlich zu. "Ist es normal, dass ein Kleinkind die Schattenkunst anwenden kann, ohne ein Jutsu erlernt zu haben?" Sie reichte ihm Akira.

Shikaku nahm den Jungen auf den Arm, und musterte ihn eingehend. Der fasste das als Einladung auf, und zupfte interessiert an seinem Kinnbart herum.

"Na, du bist aber ein lebendiger kleiner Bursche. Du hast eindeutig Yurias Augen. Und das Gesicht geht recht genau in Richtung Nara." Mit dem kleinen Jungen auf dem Arm setzte er sich auf die Couch. "Nehmt Platz. Ich fürchte, das dauert länger."

Gehorsam setzten sich die Mädchen. Die Getsu-Nins folgten ihrem Beispiel. "Es ist nicht gerade üblich, das ein Kind die Nara-Schattenkunst beherrscht. Ich würde auch nicht behaupten, dass Akira sie beherrscht. Ich denke aber, das er sie auf einer unbewussten Ebene anwenden kann. Ohne Form, ohne besondere Kunst. Einfach nur... anwenden kann."

Er kitzelte den Jungen am Bauch, was diesen erfreut kichern ließ. "Ja, das mögen alle Nara-Jungs."

Sein Blick ging zu den Frauen. "Es kommt selten vor, das ein Nara-Kind so etwas kann. Aber es ist gefährlich. Ein so junger Körper kann dem Jutsu nicht so viel Chakra spenden, wie die Schattenkunst braucht. Wenn wir ihn das Jutsu weiterhin unkontrolliert ausführen lassen, kann er daran sterben."

Erschrocken sprangen Hanako und Karin wieder auf. "Sterben?"

Shikaku lächelte zufrieden, als er die ehrlichen, positiven Gefühle für Mamorus Sohn in ihren Augen las. Ja, das war wohl der Hauptgrund, warum sie hier waren. Nur für Mamorus Kind, wohl eher weniger für Getsugakure oder gar Maria. "Keine Sorge, deshalb bin ich ja hier. Padme-san, von einhundert Kindern kann das vielleicht eines. Es passiert meistens dann, wenn die Schattenkunst eine Generation überspringt. In diesem Fall aber hat sie zwei Generationen übersprungen. Kenshiro, Mamorus Vater, beherrscht die Nara-Kunst ebenfalls nicht. Aber er hatte auch nie Ambitionen, ein Ninja werden zu wollen. Mamoru ist ebenfalls das, was wir einen Aussetzer nennen, und das war schon mehr als ungewöhnlich. Und einer der Gründe dafür, warum die Shinobi unter den Nara Mamorus Karriere aufmerksam verfolgt haben. Beziehungsweise zu Unrecht geglaubt haben, ohne Schattenkunst würde sich Mamoru selbst umbringen." Er griff dem Kleinkind unter die Arme und setzte es auf seinem Schoß um. "Das Ergebnis ist hier. Ein Nachkömmling der Naras, der das Jutsu der Nara auf einem Level beherrschen können wird wie ich oder mein eigener Sohn. Und wir gehören zu den Stärksten im Clan. Allerdings muss er da erst einmal hinkommen."

"Was schlägst du vor, Nara-tono?", fragte Hassin.

"Ich werde sein Chakra versiegeln. Das verhindert, das er sich durch unkontrollierten Gebrauch seiner Kunst zu sehr verausgabt und sich selbst tötet. Wenn er sechs ist, werden wir die Siegel entfernen, und ihm die Grundlagen unserer Kunst beibringen. Allerdings werde ich dann ein zusätzliches Siegel anbringen, das ich jederzeit aktivieren kann."

Hassin und Khal nickten zustimmend. Die Schattenkunst der Nara einem fremden Ort zu überlassen machte nur Sinn, solange beide Ninja-Dörfer Verbündete waren. Es war weitaus humaner, im Falle eines Krieges die Kunst dieses Kindes zu versiegeln, als es zu töten.

"Hana-chan, nimm ihn bitte mal", sagte Shikaku, und reichte ihr das Kind.
 

Der Nara erhob sich und trat in den Raum hinein. Aus seiner Shuriken-Tasche holte er Kreide hervor. Mit geübtem Griff begann er einen Beschwörungskreis aufzuzeichnen.

"Ich gestatte eure Anwesenheit im Zuge der guten Beziehungen, die Getsugakure und Konohagakure unterhalten", sagte er in Richtung der Getsu-Nin, die mit Interesse die Elemente musterten, die Shikaku für seinen Kreis verwendete.

"Wir werden es nicht gegen Konoha verwenden", versprach Hassin.

"Lügner", sagte der Nara grinsend. Sie wussten beide nur zu genau, dass er es doch tun würde, sollten sie einmal Feinde sein.

"Aber ein guter", erwiderte Hassin, ebenfalls grinsend.

"Gebt mir jetzt Akira", sagte Shikaku.

Zögerlich erhob sich Hanako, den Kleinen auf dem Arm. "Und ihm kann nichts passieren?"

"Er wird danach ein normaleres Kleinkind sein als zuvor", versprach der Clanchef.

Es dauerte trotzdem einige Zeit, bis sich Hanako dazu entschließen konnte, Akira in die Mitte des Bannkreises zu setzen. Der kleine Junge musterte interessiert seine Umgebung. Womöglich ahnte er, das gleich etwas passieren würde.
 

Der Ratsherr aus Konoha legte beide Hände auf den Kreis, dessen Symbole dabei aufleuchteten. Sie begannen, um Akira als Mittelpunkt zu rotieren. Als eine bestimmte Konstellation erreicht war, setzte Shikaku Nara das Siegel an. "FUIN!"

Der Kreis erlosch, die Kreideschriftzeichen lösten sich vom Boden. Sie flossen auf das Kleinkind zu, krochen an ihm hoch, und verschwanden mit einem letzten Aufglühen in seinem Körper.

Shikaku atmete erleichtert auf. "Gut. Sein Leben hätten wir erst mal gerettet."

"Danke, Onkel Shikaku", sagte Hanako, beeilte sich aber, Akira wieder auf den Arm zu nehmen und zu ihrem Platz auf der Couch zurück zu gehen.

Der Nara grinste. "Nachdem wir das erledigt haben, versprecht mir eines."

"Wenn wir es erfüllen können", sagte Karin gedehnt.

"Sobald Ihr Mamoru diesen ganzen Schlamassel erklären müsst, will ich dabei sein."

"Ich übrigens auch", sagte Hassin todernst. "Und Khal sicherlich auch."

Der Riese lachte. "Vergessen wir Amir nicht. Der wird für sein Leben gerne dabei sein wollen."

Deprimiert sahen die beiden Mädchen in die Runde.

Padme lachte verhalten, bevor sie es mit einem Hüsteln unterdrückte. "Wer den Schaden hat, braucht für den Spott eben nicht zu sorgen", sagte sie würdevoll.

Sie hatte vollkommen Recht.

***

Auch wenn Kabuto Yakushi es nicht zeigte - als er den Raum betrat, in dem sein Meister residierte, verspürte er kreatürliche Angst angesichts seines Versagens.

"Orochimaru-sama, ich bin zurück", sagte er in seinem üblichen, freundlichen Tonfall, der diese Angst überdecken sollte.

"Oh, gut. Du kommst rechtzeitig genug, um einige Fortschritte von Sasuke zu begutachten", erwiderte der ehemalige Sannin. "Er entwickelt sich gut, der kleine Uchiha."

Für einen Moment war Kabuto verwirrt. War Orochimaru-sama etwa noch nicht über das Geschehen im Land der Steine informiert worden?

Kabuto beschloss, konkreter zu werden, anstatt darauf zu hoffen, dass die Niederlage der Aufmerksamkeit seines Meisters entgehen würde. "Orochimaru-sama, ich habe versagt."

Dies erzeugte die erste wirkliche Reaktion des Nukenin. Er sah zu Kabuto herüber, und Erstaunen lag in seinem Blick. "Was? Wobei hast du versagt?"

Nun war Kabuto erst recht verwundert. Er machte eine fahrige Geste, und setzte zu einer Erklärung an. "Nun, ich habe den Stützpunkt im Land der Steine verloren."

"Ach, das." Der große, schwarzhaarige Mann wandte den Blick wieder ab. "Halb so wild."

"Halb so..." Entsetzt schnappte Kabuto nach Luft. "Halb so wild? Orochimaru-sama, ich habe den gesamten Stützpunkt verloren! Ich habe alle unsere Verbündeten in der Stadt verloren! Ich habe die Experimente verloren! Ich habe etliche Versuchsobjekte verloren!"

"Ja, ich weiß. Es ist gut, Kabuto."

"Orochimaru-sama!" Entsetzt eilte er an die Seite seines Meisters. "Ich habe versagt!"

"Und?", fragte Orochimaru ironisch. Er sah seinen Schüler ernst an. "Was erwartest du jetzt, was ich tue?"

Kabuto straffte sich. "Ich erwarte eine nachdrückliche Bestrafung für mein Versagen."

Orochimaru musterte den jungen Mann einige Zeit, bevor er leise zu lachen begann. Aus dem leisen Lachen wurde ein lautes, und daraus ein schallendes Gelächter, das im Raum widerhallte.

Kabutos Verwirrung wuchs. Noch schlimmer, für einen winzigen Moment zweifelte er an der geistigen Zurechnungsfähigkeit seines Meisters. "Orochimaru-sama, ich..."

"Kabuto, Kabuto", tadelte der Nukenin. "Denkst du nicht auch, dass deine Arbeit mir mehr wert ist, als es jeder Stützpunkt sein könnte?"

Überrascht erstarrte der Medi-Nin. So hatte er das noch nicht gesehen. "Aber...", haspelte er hervor, "die Verbündeten! Die Experimente!"

Orochimaru seufzte. "Du machst dir so viele Sorgen darum, angemessen bestraft zu werden, sodass ich mir mehr als bewusst bin, wie sehr du unter dem Geschehenen leidest. Selbst wenn du Strafe verdient hättest, nichts könnte schlimmer sein als diese Selbstkasteiung, die du dir antust, Kabuto."

Orochimaru erhob sich. "Darüber hinaus bist du nicht mit leeren Händen zurückgekommen. Man sagte mir, du hättest die besten acht Ninjas aus dem Labor mitgebracht."

"Ursprünglich waren es neun, aber meine Verfolger haben einen gefangen genommen."

Orochimaru schien ihn gar nicht gehört zu haben. Oder seine Erwiderung interessierte ihn einfach nicht. "Aus diesem Experiment die Essenz mitzubringen, war eine gute Idee. Alleine das hat meine Truppen verstärkt. Die besten acht, die nun Kampferfahrung haben. Ich habe gehört, das es ein schwieriger Rückweg war. Eure Verfolger müssen gut gewesen sein."

Für einen Moment brannte Kabutos Gesichtshaut so heftig, als wäre er wieder in dem Raum im Versteck, Augenblicke nachdem dieser Wahnsinnige sein Dai Endan ausgespien hatte. Zwar hatte er sich mittlerweile selbst geheilt, aber diese Phantomschmerzen würden ihn wohl noch einige Zeit begleiten. "Sie waren sehr hartnäckig."

"Berichte mir von ihnen", verlangte Orochimaru.

"Es waren Kankurou vom Sand, Ratsherr aus Sunagakure, und Mamoru Morikubo, einer der Schüler des Sandaime. Der, der den Kontrakt mit den Affen hält."

"Mit den Affen?" Interessiert sah Orochimaru seinen Gefolgsmann an. "Ah, ich erinnere mich. Man sagt, alles was er kann, ist, Affen zu beschwören und für sich kämpfen zu lassen. Aber das sagen sie zu allen, die Affen beschwören können. Was denkst du?"

"Er hat durchaus Talent. Er ist alleine ins Versteck eingedrungen und hat die Gefangenen befreit. Damit hat er uns von innen heraus besiegt. Dabei bediente er sich dreier Affen, aber..."

"Du hast einen der Affen mit deiner Kunst verletzt", sagte Orochimaru bestimmt. "Einen Hibiki."

Kabuto war überrascht über die Detailgenauigkeit, mit der sein Meister informiert zu sein schien. "Ich kenne seinen Namen nicht. Aber Morikubo nannte ihn Ryoga."

"Eindeutig ein Hibiki. Sein Sohn, nehme ich an", murmelte Orochimaru zu sich selbst. "Wurde er getötet?"

"Nein, Meister. Morikubo hat ihn auf den Affenberg zurück geschickt."

"Dann können wir davon ausgehen, das er noch lebt." Ein kühles Lächeln glitt über Orochimarus Züge. "Du hast Glück gehabt, dass dir so ein Streich gegen einen Affenkrieger gelungen ist. Viele von ihnen können es mit einem Jounin aufnehmen."

"Ich habe so gehandelt, wie ich es in dieser Situation für angemessen gehalten habe", erwiderte Kabuto.

"Zweifellos hast du so dein Leben gerettet." Nachdenklich ging Orochimaru ein paar Schritte. Kabuto folgte ihm.

"Wie viele Affen konnte er zugleich beschwören?"

"Drei, Orochimaru-sama."

"Drei?" Verblüfft sah er wieder herüber. "Das ist nicht schlecht für einen so jungen Shinobi. Er muss gute Chakra-Reserven haben."

"Ja, Orochimaru-sama. Das denke ich auch. Und hartnäckig ist er auch noch."

Der Nukenin nickte zufrieden. "Alleine diese Informationen sind es wert, das wir diesen unsäglichen Stützpunkt losgeworden sind."

"Losgeworden?", fragte Kabuto erstaunt.

Orochimaru seufzte. "Weißt du, Kabuto, die Sache mit der Stadt und dem Versteck stand von vorne herein auf wackligen Füßen. Die Menschen in der Stadt wollten zu schnell zu viel, und in ihrer Arroganz nutzten sie ihre Macht aus. Und das nicht gerade unauffällig. Sie hielten sich für unverwundbar."

"Jetzt wo du es sagst, Orochimaru-sama, sehe ich die Anzeichen dafür auch."

Der Nukenin nickte zustimmend. "Es war schon lange abzusehen, das sich die Stadt diesen Kurs nicht mehr lange würde leisten können. Ihr Hochmut hatte längst die Behörden alarmiert, und ich habe schon vor langer Zeit begonnen, den Stützpunkt zurückzubauen und in den Labors falsche Fährten zu legen. Weißt du, wenn die Shinobi der fünf großen Nationen nicht ab und an einen meiner Stützpunkte finden, suchen sie zu intensiv nach den anderen, die wirklich wichtig sind. Und deren Verlust würde mich sehr treffen."

"I-ich verstehe, Orochimaru-sama", sagte Kabuto, meinte aber doch das Gegenteil. Hatte Orochimaru tatsächlich vorgehabt... Den Stützpunkt im Land der Steine zu opfern? Dann hatte er die Dinge nur unwesentlich beschleunigt.

"Du hast nichts falsch gemacht, Kabuto. Du bist mit wichtigen Informationen zurückgekommen, und mit acht wertvollen Shinobi, die nun mehr Erfahrung haben als zuvor. Weit mehr Erfahrung. Und was den Kontraktnehmer angeht..."

"Morikubo, Orochimaru-sama."

"Morikubo. Nun, sollte er das Pech haben, erneut auf uns zu treffen, werden wir uns seiner angemessen annehmen. Aber... Bis dahin interessiert er mich nicht, der kleine Kohai."

Es kam nicht oft vor, aber Kabuto spürte, dass Orochimaru log. Ob er nun seinen Untergebenen anlog oder sich selbst, konnte der Medi-Nin nicht sagen. Aber er tat es. Und die Verwendung des Suffix Kohai, der für Untergebene in der eigenen Abteilung oder Schule gedacht war, zeigte an, das er seine Zeit als Kontraktpartner der Affen nie wirklich hinter sich gelassen hatte. Kabuto wusste natürlich, dass Orochimaru von der Schriftrolle gelöscht worden war, und er hatte gehört, dass sein Meister darüber sehr betrübt gewesen war. Konnte es sein, dass Morikubo nun einen Bonus erhielt, weil er selbst Kontraktträger der Affen war?

"Sehen wir uns jetzt Sasukes Fortschritte an, Kabuto."

"Jawohl, Orochimaru-sama." Er machte einen Schritt vorwärts, und mit dieser Bewegung kam die Erkenntnis. Er war immer noch am Leben. Er stand weiterhin hoch im Ansehen bei seinem Meister. Und er würde nicht bestraft werden. Na, wenigstens etwas Positives nach all dem Ärger mit diesem hartnäckigen Spürhund aus Konoha.

***

Ich nieste. Mehrfach hintereinander.

"Sand in der Nase?", fragte Kankurou, was im Anbetracht der riesigen Wüste, über die wir hinweg flogen, eine logische Erklärung gewesen wäre.

"Nein, da hat wohl jemand an mich gedacht."

"War sicherlich nichts nettes", murmelte Pakkun.

"Du bist still, du Hund", tadelte ich. "Ich habe zwar gesagt, wir machen Urlaub, aber das du drei geschlagene Tage auf der Insel herumstreunst und erst Minuten vor dem Abflug auftauchst, war nicht sehr nett von dir."

"So interpretiere ich eben Urlaub", murrte Pakkun.

"Wir wäre fast ohne dich geflogen, weil wir dich schon fast vergessen hätten", erwiderte ich streng.

"Ist ja schon gut", murrte er, rollte sich zusammen, und gab vor zu schlafen.

Gut, das ließ ich ihm durchgehen. Diesmal noch.

"Mamo-chan!", gellte Nekohimes helle Stimme zu uns herüber. Die ANBU und Kaminari, der sich langsam mal in Konoha melden musste, flogen auf einem eigenen von Sais Zeichenvögel, während diejenigen, die nach Suna weiter reisen würden, mit mir zusammen waren. "Wir müssen hier ab! Aber Sai sagt, wenn Ihr euren Vogel aus Sandstürmen und Regenschauern raus haltet, wird er euch bis Sunagakure tragen!"

Ich winkte. "Verstanden! Jeder Meter, den wir nicht laufen müssen, ist pure Erholung für uns! Ich sollte dich öfter dabei haben, Sai!"

"Besser nicht, Mamoru-san!", rief der blasse Ninja zurück. "Du bist so anstrengend!"

Das brachte Kankurou zum Lachen. "Oh, da kenne ich aber einige Konoha-Shinobi, auf die das auch zutrifft!"

"Wie dem auch sei!", rief ich, den Ratsherr aus Suna ignorierend, "ich wünsche euch eine gute Heimreise!" Ich winkte erneut.

Die ANBU und Kaminari winkten zurück, dann machte ihr Vogel einen scharfen Schwenk nach Nordosten in Richtung Konohagakure. Es dauerte nicht lange, und sie waren außer Sicht.

"Tja, damit wäre unser Begleitschutz passé. Aber wir sind unserem Ziel einen Riesenschritt näher gekommen." Ich sah hinter mich, wo die Getsugakure-Kunoichi saß. "Du hast dann noch ungefähr eine Woche, um für das Finale zu trainieren, Anne-chan."

Das Mädchen griente mich an. "Du denkst doch nicht, dass ich nach dieser Tour mit dir ein Trainingsdefizit haben könnte? Außerdem, wenn es dicke kommt, kann ich immer noch einen Affenkrieger beschwören."

Energisch schüttelte ich den Kopf. "Von wegen. Du solltest sofort einen Affenkrieger beschwören. Es nützt überhaupt nichts, wenn du mit deinen starken Jutsu zurückhältst und deshalb verlierst."

"Aber ich will aus eigener Kraft gewinnen", erwiderte sie störrisch.

"Kapiere es: Affenkrieger zu beschwören ist ab jetzt Teil deiner eigenen Kraft. Es ist absolut legitim, sie zu beschwören, damit sie dich unterstützen können. Du wirst übrigens hart an dir arbeiten, damit du möglichst bald zwei Krieger zugleich beschwören kannst. Und dann noch härter, damit es für drei reicht. Es muss für dich so selbstverständlich sein wie atmen, Chakra für die Stabilisierung ihrer Beschwörung zu spenden. Ich sage dir das als dein Sempai."

Missmutig sah Anne mich an. "Aber ich hätte durchaus aus eigener Kraft..."

"Sagte die Genin, die sich mit Kabuto angelegt hat", kam es spöttisch von Kankurou. "Seit wann hast du ein so überbordertes Selbstbewusstsein?"

"Überbordert?", fragte sie erstaunt. "Was bedeutet das?"

"Das bedeutet soviel wie dass du dich selbst überschätzt, und zwar gewaltig", sagte ich. "Und ein Shinobi, der sich selbst überschätzt, hat in Shinobi-Kreisen einen eigenen Fachbegriff."

"Habe ich noch nie gehört. Wie lautet dieser Fachbegriff?", fragte Anne maulig.

Kankurou grinste sie an, was bei seiner voll aufgetragenen Schminke schon ein wenig gruselig war. "Wir nennen diese Shinobi Opfer."

Ein kalter Schauder ging über Anne hinweg. Es war deutlich zu sehen, wie es sie schüttelte. "Okay", murmelte sie, "ich glaube, ich habe es kapiert."

"Wir werden sehen", sagte ich. "Wenn wir zurückgekehrt sind, wirst du als erstes einen Affenkrieger beschwören und mit ihm trainieren."

"Ja, ja, Sempai."

"Das Sempai klang ja schon ganz gut, aber zweimal Ja heißt Arschloch, oder?"

Das junge Mädchen wurde rot. "S-so habe ich das aber nicht gemeint, Mamoru-sama!"

"Also?", fragte ich lächelnd.

"Ich habe verstanden, Mamoru-sama. Wenn wir in Sunagakure sind, beschwöre ich einen Affenkrieger, und trainiere mit ihm."

"So will ich das hören", murmelte ich zufrieden.

Und was mich betraf - ich hatte ein wenig Angst, Hatake-sempai unter die Augen zu treten und ihm zu erklären, dass ich Kabuto hatte entwischen lassen.

***

Wir landeten vor dem Haupttor Sunas, um die Luftabwehr nicht unnötig zu beschäftigten. Ich löste das Jutsu Sais auf, und zu viert schritten wir auf die lange Schneise zu, die in die Stadt führte.

Wir wurden schon früh erkannt, und anfangs befürchtete ich Probleme, aber ich konnte unmöglich wissen, was sich in Sunagakure während unserer Abwesenheit abgespielt hatte. Dementsprechend war ich schon sehr erstaunt, dass ich den Wachen nicht erklären musste, wieso ein Mamoru Morikubo in die Stadt wollte, während er doch als Gast von Lians Familie bereits drin war.

Schon beim ersten Wachtposten erfuhr ich, dass Kurenai-sensei meine Tarngeschichte nach der Ankunft Kakashis und der anderen eingestellt hatte. Danach war es allgemein bekannt gewesen, was ich in der Zeit getrieben hatte. Also ich, Kankurou, Anne, Pakkun, und meine Affenkrieger in wechselnder Besetzung.

Hinter dem Gang erwartete uns auch das Empfangskomitee: Kakashi Hatake, der Kazekage, Ratsmitglied Baki, wieder gesund, wie es schien, und Amir. Letztgenannter starrte so intensiv auf Anne herab, dass sie sich spontan hinter mir versteckte.

"Alles in Ordnung, Amir!", sagte ich hastig. "Sie hat nicht allzu viel falsch gemacht, war den Großteil der Zeit nützlich, und ist jetzt Getsugakures einzige Kontraktträgerin mit den Affen."

Amir sah mit dem gleichen missbilligenden Blick von Anne zu mir. "Die lange Version will ich auch noch hören."

"Das ist doch selbstverständlich", versicherte ich.

Jemand räusperte sich. Es war der Kazekage, den ich dank des Disputs mit Amir ungewollt ignoriert hatte. "Ihr seid spät dran", sagte er.

Kankurou machte ein zustimmendes Geräusch. "Wir haben einen Kurzurlaub an einem herrlichen Sandstrand eingelegt. Getsugakure hat sich fast schon rührend um uns gekümmert."

"Einen Kurzurlaub?" Gaara hob eine Augenbraue. Ein äußerst seltenes Ereignis bei dem jungen Mann, der nur Wut als Emotion zu kennen schien.

"Kurzurlaub", bestätigte ich. "Meine Entscheidung. Meine Verantwortung."

Kakashi lachte leise. "Niemand klagt dich an, Mamo-chan."

"Noch nicht?", riet ich.

"Überhaupt nicht", versicherte der Copy-Ninja. "Übrigens, Kabuto konnte nicht aufgespürt werden. Er muss während des Sturms unerkannt an Land gegangen sein."

Ich ächzte auf. Wäre ja auch zu schön gewesen um wahr zu sein. "Also Versagen auf der ganzen Linie", sagte ich deprimiert. Ich hatte ihn gehabt, verdammt, ich hatte ihn gehabt! Ganz nahe war ich dran gewesen! Und warum hatte ich nicht zugegriffen? Ach ja, weil das bedeutet hätte, sich nicht nur mit Kabuto anzulegen, sondern auch mit seinen sieben Gefolgsleuten, während ich alleine auf weiter Flur gewesen wäre. Mist, verdammter.

"Was Suna angeht, so war die Mission erfolgreicher, als sie hätte sein müssen", sagte Gaara. "Das Reich des Windes ist zufrieden, wie der Daimyo mir versichert hat."

Na, immerhin etwas.

"Hätte mich auch schwer gewundert", sagte Kankurou, und das tat er mit beeindruckender Selbstsicherheit. "Haben wir schon Nachricht aus dem Reich der Steine erhalten?"

Gaara ließ für einen winzigen Augenblick den Ansatz eines Lächelns aufblitzen. "Du meinst wegen dem Versteck Orochimarus, das Ihr ausgehoben habt?"

Baki räusperte sich. "Uns wurde ein Dankesschreiben des Daimyos zugestellt. Damit verbunden war eine Prämie, die wir, deine Entscheidung vorweg nehmend, einem guten Zweck zur Verfügung gestellt haben."

Kankurou starrte seinen Sensei entsetzt an. "Äh, ja, ich hätte selbstverständlich ebenso entschieden."

"Nachdem das geklärt ist, kommt bitte in mein Büro. Ich will aus erster Hand wissen, was ich bisher nur durch deine äußerst knappen Berichte lesen konnte, Kankurou. Danach könnt Ihr zwei, Anne und Mamoru, zum Haus der Toroza zurückkehren. Ich glaube, da muss sich auch jemand noch dringend auf die Abschlussprüfung vorbereiten, oder?"

Unter Gaaras Blick zuckte Anne schuldbewusst zusammen. "Ja, Kazekage-sama."

Kein Widerspruch, ein reines Schuldbekenntnis. Ich wusste nicht, wie Gaara das gemacht hatte, aber ich wollte das auch können. Definitiv.

"Also los, gehen wir. Kakashi-sensei, es ist wohl eine gute Idee, die anderen Konoha-Jounin hinzu zu ziehen, damit die drei nicht alles doppelt erzählen müssen."

"Wir werden sie in deinem Büro treffen, Kazekage-sama", erwiderte der Ninja.

"Wie immer hast du mitgedacht. Das ist sehr erfreulich. Also los, gehen wir."

Gaara wandte sich um, ging los, und verließ sich absolut darauf, das wir ihm folgten. Ohne Zweifel, ohne Zaudern. Und was taten wir? Wir folgten ihm. Ich wusste nicht, wie Gaara das hinbekam, aber auch das würde ich sehr gerne erlernen.

***

Nach der Sitzung mit den Jounin und dem Kazekage musste ich meine Geschichte doch noch ein zweites Mal erzählen - zumindest die Passagen, die nicht unter Geheimhaltung fielen. Und zwar unseren Genin, und dem Haushalt Lokke-samas im Toroza-Stammhaus.

Und diesmal mussten Anne und ich auch noch jenen Part übernehmen, den Kankurou erzählt hatte, da er nicht mit uns gekommen war.

Der Abschied von ihm war merkwürdig gewesen, obwohl wir nur wenige hundert Meter voneinander getrennt waren. Aber nachdem wir fast drei Wochen miteinander verbracht hatten, fiel es mir schwer, ihn nach all den überstandenen Abenteuern und Gefahren nicht an meiner Seite zu wissen. Ich fand wirklich, wir waren ein sehr gutes Team. Deutlich merkte ich, dass sich meine Bande zu Suna erneut vertieft hatten. Und der Kazekage schien da auch nichts gegen zu haben.

Wenigstens war Pakkun noch bei uns. Noch hatte Kakashi-sensei es nicht für nötig befunden, ihn zurück zu senden.
 

Als wir geendet hatten, bemerkte ich die gedrückte Stimmung unter den Genin. Und das konnte nicht an der Erzählung unserer Abenteuer liegen. "Also, was ist los?", fragte ich geradeheraus.

Neji zuckte die Schultern. "Wir haben die Aufteilung für die Kämpfe ausgelost. Es gibt zwölf Finalteilnehmer, also sechs Kämpfe."

"Das heißt also, selbst im ungünstigsten Fall führt Ihr drei Kämpfe gegen euch selbst, wenn ich eure Getsu-Kohais mitrechne."

Neji nickte. "Das Problem ist, dass wir in vier von vier möglichen Kämpfen gegeneinander antreten werden." Er deutete auf Tenten und auf Lee. "Die beiden sind im ersten Kampf."

Dann sah er Hinata an. "Hinata-sama wird gegen Kiba antreten."

Sein Blick ging zu Anne. "Du kämpfst gegen Shino. Und Affenkrieger hin oder her, den du jetzt beschwören kannst, damit hast du den schwerstmöglichen Gegner erwischt."

Er sah zu Mohad herüber. "Du hast das unglaubliche Pech, gegen mich antreten zu müssen."

"Pech oder nicht, wir werden es noch sehen", erwiderte Mohad, und reckte gespielt das Kinn herausfordernd vor. Die anderen lachten, als sie das sahen.

"Nur Illan hat einen Shinobi aus Sunagakure zugelost bekommen. Ach, und dann gibt es noch den sechsten Kampf. Der besteht ebenfalls aus zwei Suna-Shinobi."

Mit einem Schlag wurde mir wieder bewusst, weshalb ich eigentlich nach Suna gekommen war. Ich hatte zwar die ganzen Tage immer daran gedacht, Anne rechtzeitig zum Finale zurück zu schaffen, aber die Bedeutung war mir nicht mehr so richtig ins Bewusstsein gerutscht. Es ging darum, diese jungen Menschen auf die nächste Stufe der Verantwortung vorzubereiten, zu schauen, ob man ihnen Leben anvertrauen konnte.

"Bullshit", murmelte ich. "Natürlich ist es toll, wenn man seinen finalen Kampf gewinnt, aber das ist nicht nötig, um zum Chunin befördert zu werden. Erinnerst du dich an deinen Kampf, Neji? Naruto hat dich nach allen Regeln der Kunst eingeseift, obwohl du seine Tenketsu, die Chakra-Knoten, geschlossen hattest. So hat man es mir zumindest erzählt."

Ein flüchtiges Lächeln huschte über das Gesicht des Hyuugas. "Das kann man durchaus so stehen lassen."

"Und? Wurde Naruto ein Chunin? Nein. Warum nicht? Weil er zwar hervorragende Fähigkeiten gegen einen überlegenen Gegner bewiesen hat, aber sich diese Fähigkeiten mehr für einen Einzelkämpfer eignen. Shikamaru hingegen, der sachlich einem nachvollziehbaren Plan gefolgt ist, unter Einbeziehung aller Möglichkeiten und Fähigkeiten, hat aufgegeben, und wurde dennoch Chunin."

"Ja. Das ist wahr", gab er zu.

Shino räusperte sich. "Und das heißt für uns?"

"Das heißt für euch, dass Ihr gar nicht gewinnen müsst. Ihr müsst euch nur so gut Ihr könnt verkaufen. Bei einem Chunin wird auch gerne gesehen, wenn er zurückzieht, sobald er merkt, dass es nicht geht. Es gibt zehntausende Shinobi, aber jeder ist ein Einzelstück. Ich habe mal in einem Buch gelesen. In dem hieß es, die Shinobi wären Goldstücke, die man oft benutzen, aber nur einmal ausgeben kann. Hat man sie ausgegeben, dann hoffentlich für eine wichtige Sache, denn dann sind sie weg." Ich grinste in die Runde. "Wenn erkennbar wird, dass Ihr eure Goldstücke beisammen haltet, anstatt sie sinnlos zu verschleudern, bringt euch das dem Chunin-Rang näher. Also, wenn der Kampf unmöglich zu gewinnen ist, bricht man lieber ab und wartet auf die nächste, bessere Gelegenheit. Und da das so ist, müsst Ihr auch keine Angst umeinander haben. Im Gegenteil, Ihr solltet die seltene Gelegenheit nutzen, und mit voller Kraft gegeneinander kämpfen. Nie wieder werdet Ihr aus erster Hand erfahren, wie die Kampfkunst eurer Freunde ist. Verstanden?"

Rock Lee stand mit verbissenem Gesichtsausdruck vor mir. Seine Augen füllten sich mit Tränen der Rührung, und sein Mundwinkel war eisern verkniffen. "Das ist der Elan der Jugend! Das soll unser Ziel sein! Lasst uns alle mit voller Kraft kämpfen und Ruhm erwerben! Keiner soll zögern oder zaudern! Das Finale soll unser Wendepunkt werden, an dem sich für uns alles verändert!"

Nach dieser reichlich Pathos enthaltenden Rede flossen die Tränen richtig bei ihm. Aber zu meinem großen Erstaunen reckte ausgerechnet Neji die rechte Faust. "So soll es sein!"

Kiba grinste und hob ebenfalls die Faust. Akamaru bellte zustimmend.

Illan sprang auf die Füße und reckte die Rechte empor. "Ich bin dabei!"

Nach und nach folgten auch die anderen Genin, und schließlich waren sie sich alle einig, ihr Bestes geben zu wollen, um ihre Kameraden nicht zu enttäuschen.

"Und damit", sagte ich lächelnd, "habt Ihr den ersten Schritt auf dem Weg zum Chunin bereits hinter euch gebracht."

Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Sie gehörte Asuma. Als ich ihn ansah, nickte er zufrieden. Anscheinend hatte auch ich gerade etwas richtig gemacht. Von Asuma sah ich zu Kakashi-sensei, der mit zugekniffenem rechten Auge zu mir herüberlächelte. Ebenso Kurenai-sensei - Yuuhi-sensei! - Yugao-sensei und Guy-sensei, wobei sich die Augen des grünen Biests von Konoha ebenfalls mit Tränen gefüllt hatten. Selbst Amir grinste mich sehr zufrieden an. Ich musste irgend etwas sehr richtig gemacht haben.
 

Später am Tag nahmen Lian und Tooma mich beiseite. Keema, Lians Mutter, gesellte sich dazu, und wir gingen auf mein Zimmer. In das wohlgemerkt die Wohnung meiner Eltern hinein gepasst hätte. Allein daran konnte ich erkennen, wie sehr mich Clan Toroza schätzte. Aber mittlerweile konnte ich damit umgehen.

Wir ließen uns auf Sitzmatten am Boden nieder, einen flachen Tisch zwischen uns, und Lian schenkte jedem einen Grüntee ein.

"Also?", eröffnete ich das Gespräch. "Was ist so wichtig, dass Ihr mich vom Training meiner Kohais wegholt?"

"Geradeheraus direkt ans Ziel", sagte Keema staunend. "Ohne sich groß bei Höflichkeitsfloskeln aufzuhalten oder ein wenig Small Talk zu betreiben."

Verlegen räusperte ich mich. "Verzeihung, Keema-sama, aber ich dachte, das ist unter uns nicht notwendig."

"Oh, ich habe dich nicht getadelt, Mamo-chan", erwiderte sie lächelnd. "Ich war eher beeindruckt."

"Oh." Nun war ich beeindruckt.

"Die Sache ist die", sagte Tooma, und hüstelte leise, "zuerst einmal, denke ich, sollten wir dir gratulieren, dass du ausgerechnet diesen Kabuto vor dir hergetrieben hast, und einen von Orochimarus Stützpunkten zerstören konntest."

"Mit geringer Hilfe von Kankurou-sama", warf Lian ein. Alle drei lachten darüber. Mir hingegen wäre jedes Lachen im Halse stecken geblieben, wenn es Kankurous Leistungen gemindert oder lächerlich gemacht hätte. Mir war klar, dass die drei es so nicht gemeint hatten. Aber nachdem wir so lange Seite an Seite gereist waren und gekämpft hatten, kam es mir nicht richtig vor.

"Er ist mir entwischt", betonte ich.

"Ach, komm", erwiderte Tooma. "Die Tatsache, dass du die Verfolgungsjagd überlebt hast, ist doch schon ein Riesenerfolg. Ich meine, wir reden hier von Kabuto."

"Dann bedanke ich mich bei euch." Bedächtig nahm ich die Teeschale auf und trank einen Schluck. "Und was ist der wahre Grund?"

Lian und Tooma wechselten einen schnellen Blick. "Der Termin für unsere Vermählung steht fest", sagte sie mit ernster Miene. "Und ich hätte gerne, dass Hanako meine Brautjungfer wird."

Dazu musste ich lächeln. "Und ich soll sie dazu überreden? Das wird nicht notwendig sein. Um nichts auf der Welt würde sie sich dieses Erlebnis entgehen lassen. Wann soll es denn soweit sein?"

Tooma sagte: "Zwei Jahre hat sie noch. Wenn wir beide zwanzig sind, werden wir heiraten. Aber Lokke-sama war es wichtig, so früh wie möglich einen Termin festzulegen, damit die Planung beginnen kann. Und auch mein Clan hat gerne etwas mehr Vorlaufzeit, und deshalb..."

Lian stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. "Los jetzt, du Feigling", flüsterte sie ihm zu.

"Äh, ja. Mamo-chan, hättest du etwas dagegen, bei der Hochzeit mein Sekundant zu sein? Natürlich nur wenn du willst."

"Dein Sekundant?", fragte ich verwirrt. "Musst du dich vorher duellieren?"

Keema seufzte laut und lange auf. "Tooma hat dich gerade gefragt, ob du sein Trauzeuge werden wirst, Mamo-chan. Sekundant ist ein alter Name für diese Aufgabe, der schon eine Ewigkeit nicht mehr benutzt wird."

"Trauzeuge? Ich?" Bestürzt sah ich die beiden an. "Ich meine, ich?"

Tooma und Lian verschränkten je eine Hand in die des anderen. "Es ist unser gemeinsamer Wunsch, das unser Lebensretter uns hilft, den neuen Lebensabschnitt, den wir betreten werden, begleitet. Und das in prominenter Rolle."

"Muss ich da viel machen? Kann ich was falsch machen? Kann ich euch was versauen?", fragte ich ängstlich.

"Nein, du musst nur zeugen", sagte Keema.

"Wie, zeugen? Vor allen Leuten? Und wieso ausgerechnet ich?"

Lian lachte auf. "Mutter, jetzt hast du ihm den Rest gegeben. Mamo-chan, du sollst Zeugnis ablegen, dass Tooma und ich die Ehe geschlossen haben. Mehr nicht. Und, wenn es geht, dabei vielleicht einen guten Anzug tragen."

Mein Entsetzen wich einer gewissen Erleichterung. "Okay, das werde ich wohl hinkriegen. Ich meine, ich habe einen Angriff von zweihundert Shinobi koordiniert. Da werde ich ja wohl neben euch stehen können und eure Ehe bestätigen."

"Okay, jetzt hat er es kapiert", sagte Lian amüsiert. Sie streckte ihre andere Hand über den Tisch aus und griff nach meiner Rechten. Sanft drückte sie die Hand. "Und du musst natürlich Karin bequatschen, damit sie meine zweite Brautjungfer wird."

"Oh, das sollte ich auch noch hinkriegen." Ich erwiderte den Druck ihrer Hand. "Es ist mir eine Ehre, das Ihr mir eine so bedeutende Aufgabe anvertraut. Auch wenn ich zugegeben nicht viel falsch machen kann. Was vielleicht besser so ist."

"Es bedeutet uns auch sehr viel, dass du diesen Job machst." Tooma klopfte mir auf die Schulter. "Wenn ich mich nicht auf dich verlassen könnte, Konoha, dann wäre diese ganze Welt für mich verlassen."

Ich fühlte Stolz bei diesen Worten. Stolz, von Tooma und Lian Freund genannt zu werden. Stolz, ihnen nützlich zu sein. Stolz, hier in Suna beinahe eine zweite Familie zu haben, die mich derart hoch schätzte.

"Du weißt, wenn ich es kann, bin ich für dich da. Bin ich für euch da."

"Ja, das wissen wir." Die beiden grienten sich an, und lächelten für mich. Gut, das Thema hätten wir abgearbeitet.

"Und?", fragte Keema salopp. "Wann ist es bei dir mal so weit, dass du zumindest in feste Hände kommst, Mamo-chan?"

Ich verschluckte mich, und versuchte hustend, meine Kehle frei zu bekommen. Mist, das war wirklich ein schlechtes Thema.

"Und jetzt", lachte Lian erneut, "hast du ihn wieder verschreckt, Mutter."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ace_Kaiser
2012-07-09T21:17:07+00:00 09.07.2012 23:17
Hehe, danke. Ich freue mich sehr über Dein Lob. ^^
Von: abgemeldet
2012-07-09T20:34:11+00:00 09.07.2012 22:34
So Kurzfassung bin müde xD

Wieder sehr gut

"Der Wahnsinnige mit dem Dai Endan" Kabuto sollte diesen Spitznamen für Mamo publik machen :-D

Wollte eig noch nen Punkt ansprechen aber hab vergessen was ^^


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