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Konoha Side Stories

von

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Vor dem Finale I

Die Bauweise Kumogakures war polyzentral. Das Leben spielte sich in den sich auftürmenden Häusern ab, die in die Berge hinein gebaut waren. Jedes mehrstufige Haus war eine Kleinstadt für sich, und die Shinobi waren der Kitt, der aus den kleinen Zentren ein großes Ganzes machte. Es kam vor, das eine Familie seit Generationen in ihrem Haus lebte, manche ihr ganzes Leben vielleicht nie ein anderes betraten. Aber die Shinobi wurden ungeachtet der Häuser eingesetzt, bunt durchgemischt, und waren zudem nur dem Raikage und dem Rat gegenüber verantwortlich. Selbst wenn es Ressentiments, kleinliche Eifersüchteleien oder spießbürgerliche Kleinkriege zwischen den Häusern gab, die Shinobi garantierten dafür, dass diese nicht eskalierten, verhinderten sie. Ihnen wurde schon vom ersten Tag in der Akademie beigebracht, dass alle Häuser zusammen Kumogakure bildeten, und das einzelne Häuser auch einzeln fallen würden.

Damit ging eine Art natürlicher Gerechtigkeit einher. Keines der Häuser durfte mehr oder weniger belastet werden als die anderen. Die Kleinstädte innerhalb der Stadt hielten ihren Aufwand stets auf gleichem Maßstab, gemessen an den Gesamtmöglichkeiten. Um dem gerecht zu werden, hatte der Raikage auch die drei auswärtigen Gruppen, die sich den Weg ins Finale erkämpft hatten, in drei verschiedenen Turmstädten untergebracht. Dabei hatte er die Gruppe aus Konoha allerdings besonders bevorzugt; er hatte sie im Wohntrakt des Großgebäudes einquartiert, in dem sich auch der Arbeitsbereich des Raikages selbst befand. Diese kleine Maßnahme war A-sama angemessen erschienen, nachdem die Ressentiments gewisser Gruppen der Kumo-Shinobi gegenüber Konoha dazu geführt hatten, dass Kumo nun nur noch einen einzigen Genin im Examen hatte. Und das nach dem so viel versprechenden Start der gastgebenden Stadt. Dies brachte den Raikage nur erneut zu der Erkenntnis, das die Mentoren dieser gescheiterten Genin einer Philosophie und Weltsicht anhingen, die längst überkommen war. Und deshalb gehörte sie ausgemerzt. Die Unterbringung von Konoha Eins in seiner direkten Nähe war somit auch ein Signal an diese Gruppierungen, dass der Raikage sie bemerkt hatte, und sie missbilligte. Und dass er eine Einmischung in das Training der Konoha-Genin als persönliche Beleidigung verstehen und entsprechend ahnden würde.

Leider entsprach es der Natur einiger Menschen, solche eindeutigen Zeichen als Herausforderung zu verstehen. Die beinahe komplette Niederlage der Kumogakure-Genin wurde auch von vielen hitzköpfigeren Vertretern der Stadt als eigene Niederlage empfunden, nicht nur von der Anti-Konoha-Fraktion.

Das Ergebnis waren viele nicht sehr schöne Szenen, die uns eher selten zugetragen wurden. Viele entdeckten wir selbst, einige bestritten wir selbst, und nicht selten waren jene in Gefahr, die uns verteidigten. Ein paarmal mussten wir uns selbst verteidigen, wenn es unseren Gegnern gelungen war, uns wenigstens für eine gewisse Zeit zu isolieren. Erst Jahre später realisierte ich, in welcher Gefahr wir geschwebt hätten, wenn Kirabi-sama, der Raikage und unsere Freunde nicht auf uns acht gegeben hätten. Sie hatten viel von dem Ärger abgefangen, bevor er uns erreichen konnte. Und das waren nicht nur Samui, Karui und Omoi gewesen, auch einige andere Kumo-Ninjas standen auf unserer Seite oder wenigstens für unseren Schutz. Dann waren da noch Tooma und seine Suna-Genin, und Amir mit seinen Getsu-Nin, die sich im Zweifel ebenfalls auf unsere Seite stellten.

Ach, und da waren auch noch Uzuki-sensei... Und Ranko-sama.

***

Der Ninja-Trupp setzte sich aus einigen der talentiertesten Kriegern Kumos zusammen. Eine klassische Dreier-Gruppe mit einem Anführer. Drei Chunin, ein Jounin. Der Leiter war ein sensorischer Ninja, der sich zudem auf Genjutsu spezialisiert hatte.

Der Angriffstrupp bestand aus zwei Wind-affinen Taijutsu-Nutzern und einem Erd-affinen Ninjutsu-Nutzer. Alle vier hatten bereits Jahre für Kumo im Feld gestanden, aber nur zwei von ihnen schon gemeinsam. Dennoch erfüllten sie mit Professionalität und der Sicherheit von langjähriger Routine ihre Aufgaben. Es gab einen Aspekt, der sie vereinte. Sie gehörten alle der Fraktion an, die Konoha für militärisch schwach und ihre Ninjas für verweichlicht hielt. Sie waren alle der Meinung, das es das Beste für Kumogakure wäre, wenn der Ninja-Krieg gegen die versteckte Stadt unter den Blättern wieder aufgenommen werden würde. Und im Gegensatz zu jenen Gruppierungen, die bis zu diesem Tag ihrem Unmut Luft gemacht hatten, waren sie bereit zu töten. Notfalls auch Kumo-Shinobi, die auf der falschen Seite standen.

Die Infiltration des Turms, in dem die Residenz des Raikage stand, bereitete keine Probleme. Alle vier waren für den regulären Wachdienst eingeteilt. Sobald ihre Schicht begann, hatten sie ein Zeitfenster von zehn Minuten bis zur ersten Überprüfung ihrer Wachpositionen. In dieser Zeit würden sie nicht behelligt werden, nicht einmal von ihren Kollegen, die ebenfalls im Ratsgebäude Wache schoben. Die Schwierigkeit bestand darin, innerhalb dieser zehn Minuten das Einsatzziel zu erreichen und die alten Positionen zu beziehen, und in keinem Fall die Ersten am Fundort des grausamen Verbrechens zu sein - jenem Ort, an dem die Konoha-Delegation ohne erkennbare Gegenwehr ermordet worden war.

Es würde eine Untersuchung geben, es würden Spuren verfolgt werden, und die vier Ninja würden übereinstimmend aussagen, in ihrer Schicht nichts Ungewöhnliches bemerkt zu haben. Die Leichtigkeit, mit der Konoha Eins ermordet worden war würde dann vor allem ein schlechtes Licht auf die Fähigkeiten der Genin und ihrer Jounin werfen, sich zu verteidigen. Man konnte es Konoha regelrecht vorwerfen, warum sie keine besseren Ninja geschickt hatten. Auch wenn der Raikage das nicht tun würde, einige einflussreiche Räte würden es tun. Und entweder würde es für einen Abbruch der Beziehungen mit Konoha führen, was Kumogakure einen großen Freiraum ermöglichen würde, oder noch besser, ein offener Krieg brach aus. Und wie man anhand der Toten von Konoha Eins dann sehen konnte, brauchte Kumogakure einen Krieg gegen das schwache Ninjadorf aus dem Feuerland nicht zu fürchten.
 

Eine Minute nach dem Wachwechsel verließen die drei Chunin und der Jounin ihre Positionen. Das schrumpfte ihr Zeitfenster auf neun Minuten, war aber erforderlich um zu gewährleisten, dass die Abgelösten ihre alten Positionen wirklich verlassen hatten.

In Minute zwei sammelten sich die Chunin und gaben über Funk durch zuvor vereinbarte Störungsgeräusche ihre Bereitschaft bekannt. Der Jounin, nun ebenfalls in Position, antwortete mit eigenen Störgeräuschen. Er sicherte das Dach. Zu diesem Zweck hatte er die drei hier eingesetzten Genin unter ein Genjutsu gesetzt, und schaltete sie danach einzeln aus. Es war für den Erfolg der Mission nicht erforderlich, dass sie starben. Sie würden weder Augenzeugen sein, noch andere Eindrücke schildern können. Die Illusion hatte der Jounin extra für diesen Einsatz erst entwickelt. Sie würde keinen Aufschluss über den Anwender bieten.

Als die Chunin eintrafen, war bereits alles wieder vorbei. Minute drei brach an, und der erste Ninja begann sich an der Fassade abzuseilen. Ihm folgte schnell der zweite, dann der dritte Chunin. Alles, was Chakra emissierte, wurde so früh in der Mission tunlichst vermieden. Sie würden über das einzige Fenster in den Schlafraum eindringen, schnell nacheinander, und sich sofort auf ihre Ziele stürzen. Die ersten beiden hatten Uzuki zum Ziel. Der dritte hatte die Aufgabe, die Genin zu töten. Sollte er dabei Schwierigkeiten bekommen, würden ihm die anderen beiden helfen, sobald der Konoha-Jounin tot war. Aber was war schon schwierig daran, ein paar Kinder zu töten?

Auf dem Dach deckte der Jounin mit seinen sensorischen Fähigkeiten den größten Teil des Turmes ab. Dabei überwachte er vor allem die Positionen jener, die ihnen in den Plan pfuschen konnten. Der Raikage war nicht anwesend; sie hatten einiges an Mühe aufgebracht, um einen entsprechenden Termin zu finden. Auch Kirabi war nicht im Gebäude. Das war beruhigend, auch wenn der Jounin der festen Meinung war, dass nicht nur der Raikage seinen kleinen Bruder maßlos überschätzte. Dennoch, es gab einige verschiedene Signale, mit denen er eine veränderte Situation weitergeben konnte. Unter anderem die verfrühte Rückkehr des Raikages. Oder den Abbruchbefehl durch eine irreguläre Patrouille, die in die Ermordung der Konoha-Nin eingreifen konnte

Nichts davon schien einzutreffen, deshalb gab er, nachdem Minute vier halb verstrichen war, das Zeichen zum Missionsbeginn.
 

Der erste Ninja, er hing mit einem Seil links vom Fenster, stieß sich ab und machte sich bereit, die Holzläden mit seiner Körpermasse zu durchstoßen. Das war der Augenblick der Überraschung, der Moment, in dem es begann. Zumindest schien das so, bis die Fensterläden plötzlich aufklappten. Dabei wurde der Chunin rechts vom Fenster getroffen und verlor den Griff um das Seil. Überrascht sauste er mehrere Meter in die Tiefe, bevor er Chakra aufwendete, um sich am Mauerwerk festzuhalten. Diese Maßnahme alarmierte einen der anderen Wächter des Gebäudes.

Im Fenster stand eine große schwarzhaarige Frau. Sie lächelte, als der erste Chunin auf sie zugerast kam. Dann streckte sie die rechte Hand aus und stoppte die volle, beschleunigte Masse alleine mit ihrem Zeigefinger. Überrascht keuchte der Mann auf. Vielleicht ahnte er, dass die Mission nicht so verlaufen würde, wie er es erwartet hatte.

Die schwarzhaarige Frau zog den Zeigefinger ein und ballte die Hand zur Faust. Diese stieß sie so weit vor, bis sie den Körper des Chunin berührte. Der kinetische Impuls, den sie ihm dabei mitgab, schleuderte ihn erst vom Seil fort, und dann meterweit in die Tiefe. Mit einem entsetzten Schrei verschwand er in der Finsternis unter dem Turm.

Der dritte Chunin reagierte sofort und schleuderte eine Serie von Kunais. Diese trugen Kibakufuda, mit Chakra geformte Jutsu auf Pergament, die explodierten. Doch die schwarzhaarige Schönheit fing die Waffen ab, bevor sie den Innenraum erreichen konnten. Sie hielt insgesamt drei Kunai in Händen, und die Pergamente mit den explosiven Formeln begannen erst zu qualmen, dann verschwanden die Formeln auf ihnen. "Keine Sorge, ich habe dich nicht vergessen", versprach sie dem dritten Chunin. Dieser setzte nun auch sein Chakra ein, um den Turm wieder hoch laufen zu können. Und das machte ihn für die Überwachungszentrale ebenso wie seinen Kameraden, der zuerst abgestürzt war, zu einem Chakra-Leuchtfeuer.
 

Auf dem Dach bekam der sensorische Ninja mit, wie der wohldurchdachte Plan in Trümmer ging. Die Chunin scheiterten bereits am Fenster, ohne dass sich die Chakren der Genin und der Jounin Konohas von ihren Positionen bewegt hatten. Alles deutete auf einen wirklich großen Fehlschlag hin; Alarm klang auf, und dem Jounin blieb nicht viel Zeit, um eine Position zu erreichen, die ihn als Mittäter an diesem missglückten Anschlag ausschloss. Das war Minute fünf. Nicht einmal in seinen pessimistischsten Überlegungen war ihm in den Sinn gekommen, so rigoros und so schnell zu scheitern.

"Nicht so eilig!", erklang hinter ihm eine Frauenstimme. Er wirbelte herum, erkannte einen ANBU mit Katzenmaske, der vor einem Dreiertrupp stand. Etwas irritierte ihn an diesem Anblick, bis er bemerkte, dass der vordere ANBU nicht in die in Kumogakure üblichen Uniformen gehüllt war; der Stil wich erheblich ab. Also die Konoha-Jounin? Aber er hatte keinerlei Informationen darüber, dass die Frau eine ANBU war!

"Es wäre sehr unhöflich von mir, unsere Gäste schon nach so kurzer Besuchszeit wieder gehen zu lassen. Glaube mir, wir würden uns gerne mehr um dich und deine Leute kümmern!"

Daran zweifelte der Jounin nicht eine Sekunde, ebenso wenig wie daran, dass ihm nur wenige Sekunden blieben, um aus dieser Falle noch zu entkommen. Hastig bereitete er ein Genjutsu zu. Das war eine Sekunde, bevor ihn jemand an der Schulter herum riss und er eine Faust sah, die mehr und mehr sein Blickfeld ausfüllte. Dass er wie ein nasser Sack meterweit entfernt auf dem Boden aufschlug, bekam er gar nicht mehr mit.
 

Kirabi schnaubte abfällig, als er den Bewusstlosen betrachtete. Er nickte den Kumo-ANBU zu. "Bringt ihn weg. Und sucht nach den anderen drei."

Die ANBU reagierten sofort, teilten sich auf. Nur der ANBU mit der Katzenmaske blieb zurück.

Yugao Uzuki lüftete ihre Maske. "Danke, das du mich hieran hast teilhaben lassen, Kirabi-sama."

Der große Jounin schnaubte erneut. "Du hattest jedes Recht dazu. Sie hatten zweifellos nicht vor, euch aus Höflichkeit zu besuchen und Geschenke zu bringen. Wenn mein Bruder nicht eine Doppelüberwachung angeordnet hätte, um eure Sicherheit zu gewährleisten, hätte das einen neuen Krieg auslösen können. Ganz davon abgesehen, dass ich die Kinder nicht tot sehen will."

Uzuki lächelte hintergründig. "Es sind schon lange keine Kinder mehr, und das weißt du."

"In vielen Dingen sind sie noch wie Kinder, in vielen Dingen nicht mehr. Aber eines weiß ich genau. Ich bin stärker als sie, und solange das der Fall ist, werde ich sie beschützen. So einfach ist das."

"Das kann ich akzeptieren", erwiderte die Konoha-Jounin. "Und ich danke dir dafür."

Neben den beiden erschien eine dritte Gestalt auf dem Dach. Es war die schwarzhaarige Schönheit, die den Angriff am Fenster abgefangen hatte.

"Dir danke ich natürlich auch, Ranko-sensei." Sie verbeugte sich leicht vor der Frau aus dem Affenclan.

"Keine Ursache. Ich hatte sie ohnehin schon selbst bemerkt. Allerdings hätte ich Mamo-chan und die Mädchen geweckt, wenn wir die Unterstützung der Kumo-ANBU nicht gehabt hätten. Die drei hatten so einen harten Tag." Sie seufzte voller Mitgefühl für die Härten des Alltags der drei Genin.

"Das war deine einzige Sorge? Ob wir Mamoru und die anderen wecken, wenn wir diesen Anschlag abwehren?", fragte Uzuki ungläubig.

"Yaguo-chan, meine allererste Priorität war die Sicherheit von Team drei, nicht mehr und nicht weniger. Wenn ich dies schaffe, ohne Mamoru, Hinako und Karin aus ihrem Erschöpfungsschlaf zu wecken, ist das für mich eine zusätzliche Belohnung. Seit wir die Möglichkeit eines solchen Anschlags diskutiert haben und als wahrscheinlichstes Zeitfenster einen Tag erkannt hatten, an dem A-sama und du, Kirabi, nicht im Gebäude seid, habe ich deinen Planungen vertraut. Und was soll ich sagen, Yaguo-chan musste nicht einmal aktiv eingreifen. Es ist natürlich beruhigend, dass das Kumo-ANBU-Team bereit stand und sofort aktiv wurde, als die zweite Überwachungszentrale meldete, dass vier der Wachen ihre Positionen verlassen hatten. Eine Dreier-Gruppe plus Anführer."

"Sie hielten sich für besonders schlau, hatten viel durchdacht und geplant. Ihre Gruppe isoliert, nichts nach außen dringen lassen. Sie kennen sich wahrscheinlich nicht einmal persönlich. Aber dass wir einen Anschlag erwarten würden, und dass wir erkennen könnten, wann die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Anschlag am höchsten sein würde, das haben sie nicht gesehen. Und diese offensichtliche Dummheit schränkt den Kreis der Anstifter dankenswerterweise erheblich ein." Kirabi ging zu den Genin-Wachen herüber, die vom Jounin bewusstlos geschlagen worden waren. "Sie leben noch. Es wäre mir auch ein sehr hoher Preis gewesen, wenn heute jemand anders gestorben wären als diese Narren."

"Sie sind nicht alle gestorben", warf Uzuki ein.

"Wir werden nicht viel aus ihnen heraus holen können", erwiderte Kirabi ernst. "Es sind Kumo-Shinobi."

"Wir haben in Konoha Methoden, um jemanden zu verhören."

"Du meinst das spezielle Jutsu des Yamanaka-Clans, das es dem Anwender erlaubt, direkt in den Geist eines anderen Menschen einzutauchen?", fragte Kirabi lächelnd.

Yaguo Uzuki versuchte nicht zusammen zu zucken, als sich eines der wichtigsten Geheimnisse Konohas als nicht ganz so geheim heraus stellte, wie die Stadt es eigentlich gerne hätte.

Kirabi übersah es höflich. "Sie werden dagegen abgesichert sein. Ihre Auftraggeber sind Fanatiker, aber auch Paranoiker. Sie werden keine direkten Beweise gegen sich zulassen. Die brauchen wir auch nicht, um sie ernsthaft in ihre Schranken zu verweisen. Jetzt, wo sie sich angreifbar gemacht haben."
 

Einer der Kumo-ANBU erschien vor Kirabi und verneigte sich leicht. "Die Aktion wurde abgeschlossen, Kirabi-sama. Ein Attentäter stürzte zu Tode, die anderen konnten wir einfangen. es gab nur leichte Verletzungen im ANBU-Team. Die drei Wächter vom Dach konnten aus dem Genjutsu geweckt werden."

Kirabi nickte zufrieden. "Tun Sie jetzt Ihre Pflicht, Gruppenführer."

Der ANBU nickte zustimmend. "Jawohl, Kirabi-sama. Soll Uzuki-sama uns begleiten?"

Der Kumo-Nin und die Konoha-Shinobi maßen sich kurz mit einem Blick. Es würde ein ungeheurer Vertrauensbeweis sein, der ANBU Einblicke in die Verhörmethoden Kumogakures zu gestatten. Andererseits waren es aber auch Informationen, die man selbst seinem besten Freund nur ungern weiter geben sollte.

Uzuki lächelte freundlich. "Dazu besteht keine Notwendigkeit, Gruppenführer. Ich bedanke mich für die Unterstützung durch Ihr Team, aber meine Aufgabe ist drei Stockwerke unter mir und sägt gerade sämtliche Wälder Konohas um."

Kirabi neigte leicht das Haupt, um seine Zustimmung und seine Anerkennung auszudrücken.

"Verstanden", sagte der ANBU, und verschwand vor den Augen der beiden.

Kirabi runzelte die Stirn. "Wie lange müssen wir das noch mal durchhalten?", fragte er in einem Anflug aus ironischem Trotz heraus.

"Noch zwei Wochen und vier Tage", antwortete Uzuki im gleichen Tonfall. "Aber sehen wir es positiv. So viel wie die drei in diesen vier Wochen lernen werden, kriegen sie sonst in einem ganzen Jahr nicht mit. Also egal ob sie den Chunin-Rang erreichen werden, es wird gut für sie sein."

"Und für das, was nicht gut für sie ist, sind wir ja da", sagte Ranko-sama mit einem feinen Lächeln. Sie verwandelte sich vor den beiden Jounin wieder in den kleinen Affen, kletterte geschickt an Uzukis Rüstung empor und setzte sich auf ihre Schulter. "Gehen wir zurück, Yaguo-chan. Auch du brauchst deinen Schönheitsschlaf."

"Ich beuge mich deinem Rat, Ranko-sama", erwiderte sie lächelnd. Sie nickte Kirabi noch einmal zu, und verschwand dann ganz konventionell im Treppenaufgang.
 

Der Kumo-Jounin blieb noch einige Zeit alleine auf dem Dach. Er wartete auf die Ablösung für die Wachen, die im Genjutsu gefangen gewesen waren und erst untersucht werden würden. Das gab ihm ein wenig Gelegenheit, über einige Dinge nachzudenken. Nicht nur über den Bijuu, den sein eigener Vater nach dessem siebten Ausbruch in ihn gepflanzt hatte - ganz nach dem Motto, dass es nur dem Stärksten gelingen konnte, den Achtschwänzigen dauerhaft zu bändigen - auch über seine Aufgaben und seine Rollen in Kumogakure. Als Sohn des vorigen und Bruder des jetzigen Raikage hatte er wesentlich mehr Pflichten und Verantwortungen als andere Ninja, ja selbst als andere Jounin. Pflichten, die nicht immer so angenehm waren wie jene, auf die jungen Konoha-Genin zu achten und ihre faire Chance auf das Finale zu bewahren. Bisher hatte er immer alles ohne zu zaudern ertragen und akzeptiert. Warum auch nicht, er war ja ein Shinobi im Dienste der Stadt. Aber in ihm war auch das Gefühl, der Wunsch, sich auf mehr als eine Art zu verwirklichen. Vielleicht würde eine Veränderung gut tun. Vielleicht würde noch eine Pflicht, egal was sein Bruder sagte, mehr eine Entlastung bringen als zusätzliche Last. Vielleicht sollte er auf Kamui hören und sich einen Bart stehen lassen. Eine Sonnenbrille war vielleicht auch nicht schlecht. Nicht besonders praktisch, aber bestimmt verdammt cool. Und vielleicht sollte er in Zukunft mehr Musik machen, wenn seine Arbeit als Jounin ihm dafür Zeit ließ. Denn egal wie sehr er seine Arbeit als Shinobi liebte, egal wie sehr er diese Stadt und ihre Einwohner beschützen wollte, er liebte auch seine Musik. Und ohne Übung würde sie ewig nur ein Hobby bleiben. Und er, Kirabi-sama, machte niemals halbe Sachen, ließ niemals unfertige Dinge zurück. Und außerdem schob er selten Dinge auf.

"Kirabi-sama, wir übernehmen jetzt den Wachdienst", meldete einer der drei Wachen aus der Reserve.

"Was? Oh, ja. Gut, ich gehe dann wieder." Er grüßte die drei Wachen, von denen er eine persönlich kannte. Sie war Genjutsu-Nutzerin. Also hatte der Wachführer auf die Taktik des Angriffs bereits reagiert. Beeindruckend und naheliegend. Kumogakure halt.

Doch, einen Aufschub würde er noch machen müssen, was seine Gesangskarriere anging: Er würde erst morgen starten. Mit diesem Gedanken verließ auch er das Dach. Morgen. Was für ein viel versprechendes Wort voller Magie.

***

Training konnte eine sehr schmerzvolle Erfahrung sein. Und das meine ich nicht als Metapher. In meinem speziellen Fall, unter der brütenden Mittagshitze in unglaublich dünner Luft, hingen die Schmerzen vor allem mit einem harten Fußboden zusammen, auf das mein Gesicht kraftvoll klatschte. Das würde einen blauen Fleck geben, der sich gewaschen hatte.

"Was tust du da, Mamo-chan? Ausruhen?", erklang über mir eine spöttische Stimme.

Ich setzte im Liegen zu einer Beinsichel an, doch mein Gegner sprang darüber hinweg. Damit hatte ich gerechnet, ich zog das linke Bein an und stieß es in Richtung meines gerade wieder gelandeten Gegners. Der wich zwar aus, musste dafür aber gleichzeitig Distanz aufbauen. Das bedeutete für mich, dass ich wieder auf die Beine kommen konnte.

Perine-chan war schon wieder auf der Trainingsmatte, von der sie mich kraftvoll vertrieben hatte. Sie hatte zwei Finger auf die Matte gestemmt, hielt die Beine waagerecht in der Luft und den Oberkörper gerade. Eine reine Angeberpose, vor allem weil sie mir mit der freien Linken auch noch herausfordernd zuwinkte. Das brachte ihr natürlich entsprechende Bewunderung der Mädchen ein, die es nicht lassen konnten, bei meinen Taijutsu-Stunden zuzuschauen. Und dabei Zeugen wurden, wie ich jedes Mal von Perine durchgeprügelt wurde. So wie heute. Ich seufzte, drehte mich auf den Rücken, zog die Beine an und streckte sie ruckartig aus, während ich mich mit der Linken kräftig abstieß. Wacklig zwar, aber ich kam so wieder auf die Beine. Wenn ich dieses Manöver einmal perfekt beherrschte und zudem beide Hände benutzen konnte, würde es eine herbe Überraschung in meinen Kämpfen werden. "Ich bin nicht zum ausruhen hier. Du etwa, P-chan?"

Die goldblonde Affenkriegerin verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse des Widerwillens. "Mamo-chan, du sollst meinen Namen doch nicht abkürzen. Da klinge ich ja so... So... Wie ein kleines Schweinchen."

Ich lachte auf. "Also, ich finde P-chan niedlich."

"Du bist aber nicht hier, um etwas niedlich zu finden, sondern um dein Taijutsu zu trainieren. Um es anwenden zu können, ohne den rechten Arm zu belasten. Vorerst jedenfalls."

Für einen winzigen Moment zuckte mein Blick zum rechten Bizeps, der noch immer nicht ganz verheilt war. Ich hatte den Arm geschont, wo es nur ging. Im Moment steckte ich in der Physiotherapie, um den frisch verwachsenen Muskelfasern nach und nach die alte Stärke zu verleihen, aber es würde ein langer Weg für mich werden, selbst mit der Unterstützung durch Medi-Nin. Ich konnte ja schon froh sein, dass es mir zumindest wieder gelang, Fingerzeichen zu formen. Auch wenn es mir schwer fiel und langsam war. Deshalb trainierte ich mit Perine. Sie war in der Hierarchie des Affenclans eine Kriegerin, die irgendwo zwischen Genin und Chunin gestanden hätte, wenn der Clan eine solche Einteilung gekannt hätte. Vor drei Jahren war sie meine erste Beschwörung gewesen; da hatte sie noch nicht einmal einen halben Meter Körpergröße gehabt. Außerdem hatte sie sich vor mir gefürchtet. Heute war sie beinahe so groß wie Hanako und eine voll ausgebildete Kriegerin. Und wie die meisten Affenkrieger eine Meisterin im Taijutsu. Noch lange nicht auf dem Level von Ranko-sama oder Ranma-sama, aber mit einem verletzten Mamoru Morikubo nahm sie es allemal auf.

So wie jetzt, als sie meine kurze Ablenkung ausnutzte, auf mich zuschoss und mein Kinn mit einem Spinkick anvisierte.

Ich reagierte gerade noch rechtzeitig und nahm den vollen Impakt des Tritts mit der linken Hand auf, die ihren Fußknöchel fest umschloss. Der Schmerz raste durch meinen Körper, ich rückte durch die Wucht mehrere Zentimeter nach hinten. Aber ich behielt den Griff um den Knöchel. Was nun ohne mein weiteres Hinzutun dazu führte, dass P-chan wie ein Stein zu Boden fiel.

Das war natürlich noch nicht das Aus in dieser Runde. P-chan fing sich mit Links auf, stieß sich wieder vom Boden ab und wirbelte um ihre Längsachse. Dabei verlor ich den Griff um ihren Knöchel und sah den anderen Fuß auf mich zukommen. Doch anstatt nun auch diesen mit links abzuwehren und meinen Bauch damit für einen Tritt zu entblößen, brachte ich mein rechtes Bein ins Spiel. Hart trat ich sie mit meinem Schienbein in den Körper und gab ihr einen satten kinetischen Bewegungsimpuls mit, der sie mehrere Meter weit beförderte. Sie rutschte sogar von der Matte, und ich konnte ihren überraschten, quiekenden Schmerzensschrei hören.

Für einen Augenblick ruckte ihr Kopf über den Rand der Matte empor. Doch ihr Blick wurde glasig, und sie sackte wieder zurück.

Darauf fiel ich natürlich nicht herein, dazu kannte ich P-chan zu lange, hatte zu oft mit ihr trainiert. Das letzte Mal, als wir Sparring gehabt hatten, war ich ihr überlegen gewesen. Nun aber fehlte mir ein Arm, und sie war auch noch ein Stück gewachsen. Außerdem wusste ich, dass ein Trainingskampf erst dann Zuende war, wenn einer der Partner dreimal auf die Matte schlug, oder meinetwegen auf den Boden. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass sie mich in eine Falle zu locken versuchte, indem sie mein Mitleid und meine Sorge ausnutzte - und mir dann anschließend sehr bestimmt austrieb, so etwas für meinen Gegner zu empfinden.

Die Mädchen hingegen fielen nur zu gerne darauf herein. Als Perine nach einer Minute noch immer nicht hoch gekommen war, hörte ich halblautes Gemurmel der zwei, die mit Wörtern gespickt waren wie "zu brutal", "Rücksicht nehmen" und "Mädchen respektieren".

Ich sah für einen Moment unsicher zu Uzuki-sensei herüber, aber sie hatte den Kampf nicht abgebrochen. Noch immer stand sie am Nordrand der Matte und beobachtete uns mit einem feinen Lächeln.

Die beiden Mädchen erreichten Perine und knieten sich neben ihr nieder.

Hanako fuhr entsetzt hoch. "Sie atmet nicht mehr!"

Nun gab ich meine Abwehrhaltung auf, kam ein paar Schritte näher. Als ich bemerkte, das Sensei den Kampf immer noch nicht abgebrochen hatte, riss ich beide Arme zum Block hoch. Prompt traf mich ein Tritt von Perine, während ihr Schattenklon am Mattenrand zwischen Karin und Hana-chan verpuffte.

"Na, danke für diese nette kleine Falle", murrte ich.

"Du hast viel zu fest zugetreten! Das macht man nicht mit einem Mädchen!", erwiderte Hanako mürrisch.

"Aber sie darf das, oder wie? AUTSCH!" Nun sackte ich zu Boden. Der Tritt war hart gewesen, sehr hart. Dabei umschloss ich mit der linken Hand den rechten Oberarm. "Ah, Mist! Verdammt!"

"Akira, habe ich den rechten Arm verletzt?" Die Affenkriegerin kniete sich vor mich. "Lass mich mal sehen!"

In diesem Moment ließ ich meine Rechte vorschnellen und traf Perine mit den Fingerspitzen auf den Bauch. Dann ballte ich die Hand zur Faust und schlug mit ihr ohne erneut auszuholen zu. Von diesem Doppelschlag wurde P-chan die Luft aus der Lunge getrieben. Sie selbst landete auf dem Rücken, wo sie keuchend liegenblieb. Mich durchfuhr dafür heißer Schmerz im rechten Oberarm.

"Das war schon wieder viel zu brutal!", rief Hanako entrüstet. "Außerdem darfst du den rechten Arm nicht einsetzen!"

"Wer hat das denn behauptet, Hanako-chan?", fragte Sensei. Sie musterte die japsende Affenkriegerin einen Augenblick. "Sieger ist Mamoru-kun. Erhebt euch und grüßt."

Ich kämpfte mich auf die Beine. Okay, das ging leidlich. Das schuf Hoffnung für die Finalrunde des Chunin-Turniers. Ich reichte Perine die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen, doch die Affenkriegerin richtete sich ohne meine Hilfe auf. Also, entweder hatte ich ihr nur halb so weh getan wie ich geglaubt hatte, oder sie zog eine Riesenshow für mich ab, wie taff sie doch war.

"Hast ja einen guten Kampf geliefert, Mamo-chan. Das traut man dir gar nicht zu mit dem Arm." Sie trat an mich heran, ergriff den rechten Arm und bewegte ihn.

"Nanu, seit wann bist du denn unter die Ärzte gegangen, P-chan?", spöttelte ich.

"Halt die Klappe, Mamo-chan", tadelte sie mich. Zufrieden ließ sie den Arm wieder los. "Sieht gut aus. Der Schlag eben hat der Heilung nicht geschadet. Du hast aber eben auch zugelangt. Wenn ich nicht mitgegangen wäre, würde ich wahrscheinlich immer noch auf der Matte liegen."

"Äh..." "Ja, ja, ich bin in Ordnung." Sie lächelte mich an. "Was wäre ich für eine Kriegerin, was wäre ich für eine Kontraktpartnerin, wenn mich das schon umhauen würde? Aber gut warst du, richtig gut, Mamo-chan."

Das machte mich ehrlich gesagt verlegen. "Ich versuche eben, an dir zu wachsen, P-chan", erwiderte ich und tätschelte ihren Kopf.

"L-lass das. Du weißt, dass ich das nicht mag", murrte sie, versuchte aber auch nicht, meine Hand abzuschütteln.

"Ich lerne in jeder Lektion eine Menge von dir", sagte ich lächelnd und tätschelte weiter. "Und ich werde mit meinen Beschwörungen immer besser. Nicht, dass ich wieder Ranko-sensei beschwöre, für nichts und wieder nichts." Ein kalter Schauder ging über meinen Rücken. Ich hatte sie im Kampf gesehen, in einem echten Kampf. Und seither hatte ich vor allem an einer Sache kein Interesse: Eines Tages einmal ihr Gegner zu sein.

"Ach", lachte Perine, und schüttelte meine Hand nun doch ab, "ausgerechnet ihr Lieblingsschüler sollte seinen Sensei auch mal für nicht so wichtige Dinge beschwören können, denkst du nicht?"

"Ich denke da vor allem an ihre Rache", sagte ich mit einem leichten Zittern in der Stimme. Moment mal, Lieblingsschüler? "P-chan, ich bin ihr einziger Schüler. Zumindest ihr einziger Menschenschüler."

"Also habe ich doch Recht, oder?", erwiderte sie mit einem breiten Grinsen. Suchend schaute sie umher. "Wo ist sie überhaupt? Ich dachte eigentlich, sie treffen zu können, wenn wir trainieren. Aber das ist schon der zwanzigste Tag in Folge, an dem sie nicht da ist."

"Ist sie nicht beim Clan?", fragte ich verwundert, da ich sie schon einige Tage nicht mehr gesehen hatte.

"Nein, seit du sie beschworen hast, ist sie nicht wieder zurückgekehrt." Sie dachte kurz nach. "Zumindest habe ich sie nicht gesehen. Da lag es doch nahe zu vermuten, das sie bei dir geblieben ist, um dich beim Chunin-Examen zu unterstützen, oder, Mamo-chan?" Sie schlug mir derbe auf den Rücken. "Ein Glück hast du. So viel Aufmerksamkeit hätte ich auch gerne mal von ihr."

"Äh, P-chan, Sensei ist nicht hier."

Sie schnaubte als Antwort. "Aber sie ist auch nicht auf dem Affenberg. Vielleicht macht sie auch irgendwo richtig einen drauf. Ein Kind von Traurigkeit war sie ja noch nie."

Noch einmal rieb sie sich den schmerzenden Bauch, dem folgte ein wohlwollendes Lächeln. "Morgen gleiche Stelle, gleiche Zeit?"

"Klar."

"Gut, dann gehe ich jetzt wieder. Und falls du bis dahin Ranko-sama siehst, erzähl es mir morgen. Ich schaue mal bei uns nach, Okay?"

"Okay."

Perine lächelte mich noch einmal an, dann winkte sie den Mädchen. Schließlich verschwand sie in einer weißen Rauchwolke.

Das war immer der gefährlichste Moment für mich, denn traditionell bildeten die Mädchen eine verschworene Zweckgemeinschaft, die selbst dann zusammenhielt wenn es nicht nötig war. Oder mit anderen Worten: Sie hatten mich auf dem Kieker. Das Wort "Trainingsstunden" und dessen Bedeutung war ihnen dabei ziemlich egal. Ich ahnte, dass das weibliche Eigenschaften waren, mit denen ich in meinem weiteren Leben noch sehr zu kämpfen haben würde. Dabei waren es weniger ihre Worte, die mir zu schaffen machten. Es waren die stummen Vorwürfe. Blicke, die töten konnten. Blicke, die sie mir seit dem Ende des Kampfes zuwarfen, und die bewirkten, dass ich mich kleiner fühlte als ich eigentlich war. Oh ja, Mädchen waren gut in solchen Dingen. Aber ich sollte in meinem Leben noch viele weitere Dinge herausfinden, in denen sie gut waren. Und einige würden sich als nützlich erweisen, andere als... Angenehm. Damals aber taten mir nur die schneidenden Blicke der beiden Mädchen weh, aber ich war zu stolz und zu stur, um sie mit ihrem kindischen Verhalten und meiner Seelenpein zu konfrontieren. Also stieg ich einfach nur von der Trainingsmatte herab und postierte mich neben Uzuki-sensei. Das war der sicherste Platz für mich. Sie als Frau wusste, was Frauen anrichten konnten, und sie beschützte mich. In einem gewissen Sinne.
 

Hanako und Karin lösten mich auf der Matte ab. Beide waren keine Taijutsu-Nutzer wie ich, aber Hayate-sensei hatte immer darauf bestanden, dass wir alle drei ein Mindestmaß an Nahkampf beherrschten. Dieses Mindestmaß hatte er immer wieder angehoben, und so waren auch die beiden Mädchen von Team drei schließlich auf einem beachtlichen Level angelangt. Das Witzige daran war, dass es zuträglich für ihre Kunst war. Andererseits hatte ich noch nie gesehen, wie ein Akimichi mit Baika no Jutsu die Kraft des Gegners gegen ihn wandte. Es war ein obskures Bild, wenn Karin Hana-chan mit Daumen und Zeigefinger den Arm auf den Rücken drehte. Darüber hinaus hatte sie ihr Jutsu weiter verfeinert. Wir wussten alle, dass der Akimichi-Clan sich allergrößte Sorge um sie machte, weil sie einfach kein "gesundes Gewicht" erreichen wollte und so dünn blieb wie eh und je. Selbst ihr kleiner Cousin Choji wog schon mehr als sie. Daraus resultierend, dass sie nie die Masse aufbauen würde, um alle Aspekte des Baika no Jutsu auszunutzen, waren Hayate-sensei und Karin dazu übergegangen, ihr neue Möglichkeiten zu finden.

Ihr einfachstes Jutsu war das mit den übergroßen Händen; das kostete sie erstaunlicherweise nur wenig Chakra. Sie hatte es beinahe mit der Muttermilch aufgesogen, und es hatte sich in vielerlei Hinsicht als nützlich erwiesen. Mit dieser zusätzlichen Körpermasse, die sie erzeugen konnte, ohne sofort an totaler Entkräftung zu sterben, hatten Sensei und sie gearbeitet, ihr neue Wege eröffnet. Im Clan wäre das niemals möglich gewesen. Die Akimichi waren sehr traditionsbewusst und stur. Bei ihnen gab es nur größer, dicker, stärker. Hayate-sensei hingegen hatte neue Grenzen entdeckt. Zum Beispiel konnte Karin mittlerweile mit der existierenden Masse arbeiten. Anstatt also weitere Körperteile zu vergrößern, konnte sie sie strecken. Bis zu einer Entfernung, bei der ihre Hände und Arme ihre normale Größe erreicht hatten. Das war ihr Limit. Besonders gefährlich waren diese auch noch schwer zu kontrollierenden Hände nicht, deshalb war ihr Limit der verlängerten Gliedmaßen bei zehn Metern zu finden. Gerade weit genug entfernt von ihr, um noch kontrollierbar zu sein, und noch groß genug, um weh zu tun. Das überwand ihre Beschränkung als Nahkämpferin und machte sie auch für mittlere Distanzen gefährlich. Weiterhin beherrschte sie einige recht gefährliche Ninjutsu ihrer Erd-Affinität. Da diese aber einiges an Zeit brauchten, kam sie in einem Gefecht eher selten dazu, sie zu nutzen. Bis dahin hatte ihr Baika no Jutsu meistens schon aufgeräumt.
 

Hana-chan beherrschte das klassische Genjutsu des Yamanaka-Clans, die Körperkontrolle. Es wäre ungerecht ihr gegenüber gewesen zu sagen, das wäre ihre einzige Stärke gewesen. Selbst damals hatte sie sich immer bemüht, wichtige gängige Jutsu ihrer Wind-Affinität zu beherrschen. Es unterstützte ihr Jutsu nicht merklich, aber seit sie das Genjutsu des Oto-Nin Santori erlebt hatte, trainierte sie hart daran, ihre Stimme ebenfalls mit Hilfe des Windes zu dirigieren. Verwirrung, das war genau das was sie brauchte, um erfolgreich einen Verstand zu überwältigen.

Sie beherrschte auch einige andere interessante Fuuton, aber ihre Körperübernahmetechnik war definitiv ihre stärkste Waffe und ihre erste Wahl. Außerdem besaß sie in der Gruppe die stärkste Befähigung, um nicht unter ein Genjutsu zu fallen. Ich schrieb das ihrem unvergleichlichen Dickkopf zu. Und vermutlich hatte ich damit auch Recht.
 

Als ich aus meinen Gedanken erwachte, war der Kampf der beiden schon einige Zeit im Gange. Es war ein ausgewogenes Duell, was mich erstaunte. Ich hätte nie gedacht, dass die schüchterne Karin so viel Energie und Willen aufbringen würde, um ausgerechnet gegen Hana-chan zu bestehen. Das tägliche Training machte sich hier wirklich bemerkbar. Und die zielsicher gesetzten Ermutigungen von Uzuki-sensei spornten und förderten beide Mädchen gleichermaßen.

Als Hanako erschrocken aufquiekte, weil sie unerwarteterweise von Karins Baika no Jutsu getroffen wurde, reagierte ich automatisch. Mit einem Step erschien ich am Rand der Matte und fing Hana-chan auf, als sie über den Rand der Matte hinweg segelte. Das war für Karin-chan der erste derartige Sieg über Hanako. Das war ein Riesenfortschritt für sie.

Für einige lange Sekunden ruhte Hana-chan in meinen Armen, und ich wunderte mich, warum das sonst so vorlaute Mädchen plötzlich so rot wurde und regelrecht verstummt war. "D-dan...", kam es leise aus ihrem Mund.

Karin hatte entsetzt eine Hand auf ihren Mund gelegt. "Mamo-chan, du berührst ihre...", haspelte sie.

"Ihre was?", fragte ich verwundert.

"AH!" Entsetzt begann Hanako in meinem Griff zu strampeln, bis ich sie wieder auf den Boden setzte. Sie wandte sich sofort von mir ab, beide Hände schützend vor ihren Brustkorb gelegt. "Wie kannst du die Situation nur so ausnutzen, Mamoru?", fragte sie vorwurfsvoll. "Wenn sich das rum spricht, bin ich bei allen Mädchen in Konoha unten durch."

Beinahe verzweifelt fragte ich: "Was meinst du? Hätte ich dich nicht auffangen sollen? Ich weiß, das war unfair Karin gegenüber. Aber diesmal war sie stärker als du." Schüchterne Röte schoss über die Wangen der kleinen Akimichi.

"Und ich sehe dich so ungern an der nächsten Wand zerschmettert, Hana-chan."

Nun konnte ich auch auf ihren Wangen eine kräftige Röte erahnen.

"D-dafür danke ich dir ja auch", stotterte sie. "A-aber das du dafür einem Mädchen an den Busen fassen musstest... J-jetzt muss ich dich ja wohl hei..."

"Welcher Busen?", fragte ich irritiert.

Ehrlich, für einen winzigen Moment hatte ich das Gefühl, in der Hölle gelandet zu sein. Karins entsetzter Blick, die erschrockenen Augen von Sensei und die pochende Ader auf Hanakos Stirn, als sie sich zu mir umdrehte, flößten mir eine Heidenangst ein.

"Autsch!"

Hana-chan rieb sich die schmerzende Faust, mit der sie mir die Kopfnuss meines Lebens verpasst hatte. "War ja auch nicht anders zu erwarten bei einem kleinen Idioten, der noch ein halbes Kind ist. Hast du überhaupt bemerkt, dass du mit zwei Frauen in einem Team bist?" Sie wartete keine Antwort ab. Mit eine Geste absoluter Verachtung wandte sie sich ab und ging stolz wie eine Daimyou zurück zu Karin auf die Matte.

Mit hoch erhobenen Augenbrauen sah mich Uzuki-sensei an. "Mamo-chan, ich fürchte, wir müssen uns über gewisse Aspekte des Lebens dringend unterhalten."

"Ich bin nicht sicher, ob ich diese Unterhaltung führen will."

"Ich habe dich nicht um deine Meinung gefragt", schloss Sensei.
 

Eine Stunde später bekam ich einen erweiterten Kurs über die Sensibilität weiblicher Heranwachsender und deren Physis. Das war noch in Ordnung. Aber die Andeutungen Senseis, dass ich dieses Wissen eventuell einmal in meiner Arbeit als Shinobi brauchen könnte, trug dazu bei, mich ernsthaft zu verunsichern.

Als ich nach dieser Lektion entlassen war, verließ ich die Halle als Letzter, den Kopf voll wirrer Gedanken, die sich nicht ordnen wollten. Wer hätte je gedacht, dass Frauen so etwas Kompliziertes waren? Ich hatte eigentlich erwartet, alle Frauen würde so wie Uzuki-sensei sein. Oder es zumindest versuchen. Nach diesem Gespräch vermutete ich, dass Sensei sich verstellte, und einige ihrer nicht so erfreulichen Eigenarten zu ihrem eigenen Vorteil unterdrückte. Ein nicht besonders netter Gedanke über sie. Vor allem irritierte mich, dass sie auf meine direkte Frage danach nur nichtssagend gelächelt hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das ausgerechnet Hayate-sensei verborgen geblieben sein sollte. Und das bedeutete im Umkehrschluss, dass er die Eigenschaften, die Uzuki-sensei uns gegenüber verbarg, willentlich in Kauf nahm. Ich begann mich ehrlich zu fragen, ob die Freuden einer Beziehung zwischen Mann und Frau diesen Ärger wert waren. Und wenn sie es waren, wie viel Freude brachte eine solche Beziehung?
 

"Na, Kleiner, fertig für..." Omoi runzelte die Stirn. "Was machst du denn für ein Gesicht?"

"Ach, nichts weiter. Ein wenig Ärger mit Hanako, weil ich ihr an den Busen gefasst habe."

"Du hast was?" Vor Schreck wäre ihm fast sein Lutscher aus dem Mund gefallen.

"Sie wurde von der Matte geschleudert. Ich habe automatisch reagiert und sie aufgefangen. Dabei habe ich ihren Oberkörper berührt, und Hana-chan behauptet jetzt, ich habe ihren Busen berührt. Und Sensei meinte daraufhin, sie müsse mich aufklären. Über die sensible Psyche eines Mädchens und über die Eigenarten der sich verändernden Körper."

Omoi klappte den Mund wieder zu. "War wohl nicht sehr interessant, was?"

"Was soll ich sagen? Ich fand das Thema schon in der Schule nicht sehr prickelnd. Und auch jetzt fehlt mir da ein wenig der Bezug. Was ist so toll an Mädchen, die sich entwickeln? Und warum ist Hana-chan einerseits sauer auf mich, weil ich ihren Busen berührt habe, und andererseits sauer auf mich, weil es mir nichts ausmacht?"

"Junge, Junge, Junge. Du bist ein ganz schön schwieriger Fall, Mamo-chan." Er musterte mich aufmerksam, dann klopfte er mir auf Arme, Hüfte und Beine. "Also, hintendran bist du eigentlich nicht. Das muss sich bei dir im Kopf abspielen. Hm. Hm."

"Dieses Hm gefällt mir nicht, Omoi. Du heckst doch gerade wieder etwas aus."

Seine Zähne blitzten weiß wie Schnee in seinem Gesicht auf. "Ach, so gut kennst du mich mittlerweile? Sehr schön, dann brauche ich ja nichts weiter zu sagen. Sag mal, wie gut ist deine Imitationstechnik?" Omoi legte nachdrücklich den rechten Arm um meine Schulter, hielt mich fest im Griff und zog mich mit sich.

"An dieser Stelle möchte ich gegen meine Entführung formellen Protest einlegen", sagte ich mit Resignation in der Stimme.

"Protest wird im Protokoll festgehalten. Aber das ist alles nur zu deinem Besten, mein junger Freund. Nur zu deinem Besten."

"Wieso habe ich das Gefühl, dass damit ein hohes Risiko verbunden ist?", stöhnte ich entsetzt.

"Weil alle Dinge, die es wirklich wert sind, mit hohen Risiken verbunden sind, kleiner Bruder."

Er grinste mich erneut an, aber diesmal hatte ich ein ähnliches Gefühl wie in der Halle vor einer Stunde. Die Hölle tat sich auf und würde mich verschlingen. Definitiv.

***

Keine Stunde später saß ich noch ein wenig blessierter als ich ohnehin schon war im Büro des Raikage. Ein blutrot strahlender Handabdruck in meinem Gesicht überlappte sich mit einem zweiten und kündete von meinem Schicksal. Das Nasenbluten hingegen hatte mit den Schlägen, die ich kassiert hatte, nichts zu tun.

Neben dem Schreibtisch des Raikage standen Kirabi-sama und Uzuki-sensei. Es war schwierig, in ihren Gesichtern zu lesen, aber seltsamerweise erkannte ich keine Anzeichen für Wut.

Omoi, der neben mir saß und vollkommen unverletzt war, hatte allerbeste Laune - noch.

Im Hintergrund lehnten eine wutschnaubende Karui und eine außerordentlich kalt dreinschauende Samui an der Wand, während Nii-Sensei, die den ersten Part des Chunin-Examens geleitet hatte, mit hochroten Wangen und sich überschlagender Stimme eine Erklärung abhielt, die immer wieder von ihrem eigenen Eifer unterbrochen wurden.

"U-u-u-und nicht nur mich! Oder Karui-chan und Samui-chan! Die beiden ha-haben m-mindestens neun weitere Kunoichi n-n-nackt gesehen! Splitterfasernackt!" Ihre eigenen Worte steigerten ihr Entsetzen. "D-dieses freche Eindringen ins Frauenbad m-muss bestraft werden! M-mit aller Härte!"

Sie warf mir einen schiefen Seitenblick zu. Einer der Handabdrücke gehörte ihr. Der andere Karui. "Omoi-kun, zumindest. Es steht wohl außer Zweifel, dass Morikubo-kun von diesem verantwortungslosen Drückeberger zu dieser unglaublichen Aktion angestiftet wurde."

Omoi grinste von einem Ohr bis zum anderen und stieß mir mit seinem Ellenbogen in die Seite. "Deinen Schlag bei den Frauen möchte ich haben, Mamo-chan."

Yugito Nii-sensei errötete noch mehr. Beinahe erwartete ich, kleine Dampfwolken aus ihrem Kopf steigen zu sehen. Sie machte einen hastigen Schritt auf uns zu.

"Autsch! Aiii! Uuuuh!" Omoi hielt sich den schmerzenden Schädel. Nicht nur Nii-sensei, sondern auch die beiden Mädchen hatten ordentlich zugelangt, und ihm eine Kopfnuss verpasst, die sich gewaschen hatte. Auch so ein Ding. Warum waren Frauen so schrecklich brutal? Was mich gleich auf den nächsten Gedanken brachte: Da Omoi und ich so grandios und effektvoll gescheitert waren, was würden Hana-chan und Karin-chan wohl mit mir anstellen? Der Gedanke daran ließ mich vor Entsetzen sogar für einen Moment die schmerzende Wange vergessen.

"Jedenfalls gehört hier jemand bestraft!", sagte Nii-sensei mit Nachdruck.
 

Der Raikage, der bis dato schweigend zugehört hatte, hob die Rechte. Nii-sensei schwieg sofort.

"Lass mich das doch mal zusammenfassen, Yugito-chan. Du warst im Frauenbad. Du, Karui-chan, Samui-chan, und dazu weitere Kunoichi, einige davon auf Chunin-Level."

"Das ist richtig, Raikage-sama."

"Vor dem Badehaus haben sich Mamoru-kun und Omoi-chan der Imitationstechnik bedient und sich in Frauen verwandelt."

"Das ist richtig, Raikage-sama."

"Und anschließend sind sie dreist und frech ins Frauenbad gegangen."

Nii-sensei nickte diesmal nur stumm.

"Dort haben sie mitten unter zwölf ausgebildeten und erfahrenen Kunoichi Kumogakures für fast eine halbe Stunde gebadet, ohne das ihr Jutsu aufgedeckt wurde. Obwohl euch allen die Frauen vollkommen fremd waren."

"Ja", sagte Nii-sensei, diesmal kleinlaut, "auch das ist richtig."

"Und die Imitationstechnik ist euch nur aufgefallen, weil..."

Nun ging ein gehetzter Blick von Nii-sensei zu den Mädchen. "Nun, Maria-chan war... Ich meine Morikubo-kun wirkte in seiner Verkleidung so blass und ängstlich und so gehetzt. Und Omiko-chan, ich meine Omoi-kun in seiner Verwandlung hatte sich solche Sorgen darum gemacht, wie sich Maria in eine fremde Frauengruppe integrierte... Und ihre Schüchternheit war so erheiternd und niedlich... Da habe ich... Da haben wir..."

"Kommt jetzt die Stelle mit dem Nasenbluten?", fragte Kirabi-sama mit neutraler Stimme. Ein amüsiertes Schnauben war zu hören, aber das war von Uzuki-sensei gekommen.

"So in etwa. Maria war so niedlich, da haben wir sie geknuddelt und geherzt, und... Und dann bekam sie dieses schreckliche Nasenbluten. Karui-chan hat versucht, ihr zu helfen, ihren Kopf hochgehalten und auf ihrem Brustkorb abgestützt, doch dann wurde es noch mehr Blut... Und dann wurde Maria so schwindlig, und wir haben uns noch mehr um sie bemüht, und dann stand plötzlich Omoi unter uns und schickte uns weg... Und dann verwandelte sich Maria in Moribuko-kun, und wir... Und wir..."

Erneut war ein Schnauben zu hören. Uzuki-sensei sagte mit leidlich amüsierter Stimme: "Mamo-chan, ich hatte nicht erwartet, dass du meine Nachhilfelektion sofort umsetzt und einen Feldversuch startest."

"Also bitte, die Sache ist doch zu ernst, um sie so herunter zu reden, Uzuki-sensei." Kirabi-sama warf ihr einen mürrischen Seitenblick zu, den sie mit einem Schmunzeln beantwortete.

Der Raikage räusperte sich laut und vernehmlich. "Ich habe eine Frage, Yugito-kun: Ist irgendjemand außer Morikubo-kun zu Schaden gekommen?"

Die Jounin errötete bis unter die Haarspitzen. "N-nein, Raikage-sama, nicht körperlich."

"Aber sowohl er als auch Omoi-kun haben ein schönes Exempel dafür abgeliefert, was passiert, wenn ein Shinobi leichtfertig wird und sich zu sicher fühlt."

"D-das kann man so stehen lassen", gab sie tonlos zu.

"Und sie haben auch ein exzellentes Imitations-Jutsu gezeigt, richtig?"

"Es war ein wenig zu exzellent, Raikage-sama."

Der große Mann schlug mit beiden Händen auf die Tischplatte. Es gab einen lauten Knall, der alle Anwesenden zusammenzucken ließ. "Wie dem auch sei. Ich spreche hiermit ein ausdrückliches Verbot für die beiden aus, sich jemals wieder ins Frauenbad zu schleichen. Sollten sie das dennoch tun, können die beobachteten Frauen mit den beiden tun und lassen, was sie wollen. Habt Ihr das verstanden, Ihr zwei Helden? Wir reden hier von Kriegserfahrenen Kunoichi, die in solchen Momenten verdammt sauer auf euch sind!"

Ich nickte heftig. Das hatte ich nur zu gut verstanden. Omoi grinste als Antwort und nickte ebenfalls bestätigend.

"Darüber hinaus habt Ihr die beiden bereits ausgiebig bestraft. Der arme, rekonvaleszente Morikubo hat darüber hinaus auch noch viel Blut verloren. Außerdem wird die Geschichte ihre Runde machen, daran habe ich keinen Zweifel. Von offizieller Seite sehe ich hier allerdings keinen weiteren Grund zum Handeln. Die weitere Bestrafung dieses peinlichen Eindringens in die Privatsphäre der Kunoichi Kumogakures überlasse ich euren Gruppenleitern. Uzuki-sensei, Ototo, ich erwartete eine gerechte, aber harte Bestrafung."

Auf die Züge von Kirabi-sama stahl sich ein Lächeln. "Ich delegiere die Bestrafung in eure Hände, Karui-chan, Samui-chan."

Ich warf einen schnellen Blick nach hinten - und wünschte, es nicht getan zu haben. Beide Mädchen sahen Omois Rücken mit dem Blick rasender Dämonen an. Rotes Licht schien als kräftiges Leuchtfeuer aus ihren Augen zu treten, und ihre Auren hatten etwas Bedrohliches an sich, als sie näher taten, links und rechts nach Omois Armen griffen und ihn fortschleppten.

"OMOI!", rief ich ihm entsetzt nach.

Doch der Kumo-Ninja winkte nur ab. "Keine Sorge. Ich werde es überleben. Hoffe ich."

"OMOI!"

"Benimm dich, Morikubo-kun!", sagte der Raikage streng. "Yugito-chan, ist diese Bestrafung für euch Frauen ausreichend?"

Zögerlich nickte die große blonde Frau. Die Röte wollte einfach nicht von ihren Wangen weichen. "J-ja, Raikage-sama. Aber ich bitte Uzuki-kun nachdrücklich darum, Morikubo-kun nachdrücklich zu bestrafen. Da, wo es weh tut."

"Da, wo es weh tut?" Wieder glitt ein Lächeln über ihre schönen Züge. "Oh. Oh, da gibt es tatsächlich etwas, was ihm richtig weh tun wird. Nicht wahr, Mamo-chan? Hast du uns nicht alle im Land der heißen Quellen zum Barbeque-Essen eingeladen und diese horrend hohe Rechnung bezahlen müssen?"

Ich schluckte hart. Karin war naturgemäß ein Schmelzofen für Chakra und hatte einen Stoffwechsel, mit dem sie Nahrung geradezu einatmete. Und Hanako war laut ihrer eigenen Aussage ein "wachsendes Mädchen", das Karins Appetit nur wenig nachstand. Die doppelten Portionen, die Sensei verspeiste, fielen dabei kaum noch ins Gewicht.

Sie klatschte begeistert in die Hände. "Genau. Du wirst uns zum Essen einladen, Mamo-chan! Mich, die Mädchen, Kirabi-sama und sein Team, und natürlich Nii-kun." Ihr Lächeln wurde düster. "Und wenn du nicht genügend Geld hast, werde ich dir etwas leihen. Zu sehr günstigen Konditionen. Die Schulden kannst du einfach bei einigen niederen Arbeiten hier im Kumogakure abarbeiten."

Ich dachte an dieses Abendessen am Tischgrill. Dachte an die Mengen, die drei Kunoichi verspeist hatten. Dachte daran, wie viel sechs von ihnen vertilgen würden. Und da waren Omoi und Kirabi-sama noch nicht einmal in der Rechnung enthalten. Das Geld, das ich vorsichtshalber mitgenommen hatte, würde sich verbrauchen wie Rauch im heftigen Wind. "Können wir mich nicht stattdessen einfach töten?", flehte ich. "Das wäre viel humaner!"

"Das Ermessen der Strafe liegt in meinen Händen, Mamo-chan", flötete sie. "Also keine Ausflüchte. Einverstanden, Nii-kun?"

Die Kumo-Jounin lächelte nun auf die gleiche Art wie Sensei. "Einverstanden, Uzuki-kun. Und mir fallen da auch gleich ein paar schöne Arbeiten ein, die Mamo-chan erledigen kann, wenn sein Geld nicht reicht. Das Bad müsste zum Beispiel mal richtig ordentlich dreifach geschrubbt werden. Und ich bin sicher, es gibt noch viel mehr zu tun, wo dieser listige kleine Bursche helfen kann."

"Und was ist mit meinem Training?", wagte ich vorsichtig einzuwenden. Damit waren das Finale und der Inhalt meines Geldbeutels in weite Ferne gerückt.

"Das hättest du dir vorher überlegen sollen", sagte Uzuki-sensei. "Abgesehen davon - das ist dein Training."

Ich seufzte und ließ die Schultern hängen. Ich gab mich geschlagen. Bevor ihnen noch mehr einfiel.

Raikage-sama lachte laut auf. "Dann ist das ja geklärt."

Okay, ich war besiegt, aber dies war nur eine Schlacht, nicht der Krieg. Und ich konnte dies alles noch zu einem kleinen Erfolg für mich drehen. "Raikage-sama, selbstverständlich lade ich Sie auch ein."

"Was?" "Was?" "WAS?"

Drei verblüffte Augenpaare starrten mich an, nur Kirabi-sama zeigte eine mühsam beherrschte ausdruckslose Miene.

"Na, wenn ich schon bezahlen muss, dann kann ich doch noch jemanden dazu einladen, nehme ich an. Oder wollt Ihr A-sama nicht dabei haben?"

Das brachte die beiden Kunoichi in Erklärungsnöte. "Natürlich nicht!", rief Nii-sensei hastig.

"Wenn der Raikage also zustimmt...", sagte ich gedehnt.

"Und er stimmt zu. Ein geselliger Abend ab und zu ist eine tolle Idee. Sehr gut, Mamoru Morikubo."

Nun war es an mir zu grinsen. Ein kleiner Erfolg in diesem großen Malheur. Ach ja, und da waren noch die positiven Aspekte meines Ausflugs mit Omoi in das Damenbad. Ich hatte entdeckt, das ich auch nur ein Mann war.

"Gut. Du bist entlassen, Moribuko-kun."

Ich erhob mich, verneigte mich vor den Kage Kumogakures und verließ den Raum.

Vor der Tür atmete ich erst einmal erleichtert auf. Das hätte wesentlich schlimmer ausgehen können. Noch viel schlimmer als die anständigen Schmerzen in meiner linken Wange. Dass das Thema für den Raikage noch nicht beendet war ahnte ich, als ich ihn, Nii-sensei, Uzuki-sensei und Kirabi-sensei in seinem Büro weiter reden hörte.
 

"Da ist er! Der Lustmolch!" Hanako, natürlich. Ich wandte mich der Richtung zu, aus der ich ihre Stimme gehört hatte. Sie kam mit Karin heran, die Augen blitzend, als wäre sie eine höhere Entität der Rache. Kaum hatte sie mich erreicht, spürte ich ihren heftigen Schlag auf der rechten Wange. Dankenswerterweise schlug sie nicht meine lädierte linke Wange. "So. Das ist dafür, dass du Konohas Ruf schädigst, du Perversling! Machst du das jetzt auch in unserer Heimatstadt? Und warum hast du erst hier damit angefangen? Es hätte alleine im Land der heißen Quellen so viele Möglichkeiten gegeben, uns... Nun sag doch auch mal was, Karin! Los, scheuer ihm auch eine!"

Die junge Akimichi wurde von Hanako vor mich geschoben.

Doch statt mich zu schlagen, sah sie beschämt zu Boden. Das berührte mich. Das berührte mich wirklich tief, und das erste Mal seit mich Omoi in dieses Abenteuer geschleppt hatte, spürte ich, dass ich damit einen Freund verletzt hatte. "Karin-chan...", hauchte ich. "Es tut mir..."

"Mamoru, wenn..." Sie öffnete und schloss den Mund wie ein Karpfen auf dem Trockenen. "Ich meine, wenn du... Wenn du eine Frau nackt sehen wolltest, warum hast du dann nicht einfach mich..."

Entsetzt hielt Hanako ihr den Mund zu. "Unfair! Keinen Vorsprung holen, Karin!"

"A-aber wenn es doch für Mamo-chan ist!"

Ungläubig sah ich die beiden an. "Ihr schafft mich eines Tages. Irgendwann schafft Ihr mich wirklich."

"Das musst du gerade sagen. Du Dummkopf und Nichtsversteher", erwiderte Hanako böse. "Was haben sie denn drinnen mit dir angestellt? Wie sieht deine Strafe aus?"

"Ich soll euch zum Essen einladen."

"U-uns? Wir drei gehen essen? H-habe ich denn überhaupt was ordentliches zum anziehen mitgenommen? Oder kann man hier was kaufen? Karin, hast du einen schönen Laden entdeckt?"

"Wir müssen einfach Samui und Karui fragen! Die kennen bestimmt ein schönes Geschäft!"

"Euch beide, Sensei, Nii-sensei, Kirabi-sama und sein Team, und den Raikage", fügte ich hinzu.

"Oh, das ist aber schön!" Hanako schien hoch erfreut, wenngleich nur für eine Sekunde. "Also nicht nur wir drei?" Und dann wechselte ihre Miene wieder auf glücklich. "Aber eine schöne Runde ist das."

"Und es heißt ja nicht, dass wir immer so viele sind", fügte Karin schüchtern hinzu. "Trotzdem müssen wir Karui und Samui finden!"

"Richtig! Am Besten sofort!" Mit diesen Worten ließen sie mich stehen. Ich kam zu der Erkenntnis: Ich verstand Frauen einfach nicht, und ich würde und wollte es auch gar nicht. Aber ich wusste, ich ahnte, dass es da noch viele Aspekte gab, die Frauen für mich in Zukunft mehr als interessant machen würden. Alleine beim Gedanken, was ich alles im Bad gesehen hatte, hüstelte ich verlegen.

"Das mir das aber niemand P-chan erzählt!", rief ich den beiden nach.

"Natürlich nicht!", rief Karin zurück. Sie hatte schon überzeugender gelogen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ace_Kaiser
2011-08-03T18:12:20+00:00 03.08.2011 20:12
Hehe, danke. ^^
Von:  fahnm
2011-08-02T19:13:35+00:00 02.08.2011 21:13
Klasse Kapi^^


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