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Konoha Side Stories

von

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Der Regenmacher 14

Als wir das Land der Reisfelder erreichten, waren ein Tag und eine Nacht vergangen. Gut, nur ein halber Tag, und den größten Teil der Nacht hatten wir in unserer bevorzugten Herberge verbracht, direkt an der Nordgrenze. Damit betraten wir jenes Land, in dem Orochimaru einst sein eigenes Verstecktes Ninjadorf unterhalten hatte, Otogakure, das von mir zerstört worden war. Beim Gedanken an die Falle unter der Stadt, in die ich hineingelaufen war und daran, dass an der Stelle Otos nun ein See stand, lief ein kurzer Schauder über meinen Rücken. Ohne Maria und ihre Kunst, Korridore durch die Raumzeit zu treiben, hätte ich nicht überlebt. Natürlich hatte sie mich überhaupt erst in diese Lage gebracht, allerdings hatte ich so die Gelegenheit gehabt, die Falle so lange offen zu halten, bis die Einwohner und die Konoha-Shinobi unter meinem Kommando hatten fliehen können. Hätte ein anderer diese Falle ausgelöst, wären mit Pech Hunderte gestorben, viele von ihnen Shinobi meiner Stadt.

„Ich kann deine Gedanken lesen“, sagte Ryuji grinsend. Dies tat er, während er mit mit dem Eisenblock, den er dreist als Schwert bezeichnete, auf meine Schulter tippte. Ja, tippte. Hätte er auch nur leicht geklopft, alleine die Masse seiner Waffe hätte mir die Schulter zertrümmert. Wahrscheinlich wäre er ein ziemlich guter Shinobi geworden. Vielleicht aber war er da, wo er jetzt war, am besten aufgehoben. „Denkst du noch immer daran?“

„An die Zerstörung Otogakures?“ Ich seufzte. „Heute mehr denn je zuvor. Es ist das Land, in dem damals die Moeru ihr Dorf unterhalten hatten, bevor es von Orochimaru und Itachi Uchiha zerstört wurde. Ich weiß nicht, wie es für Kishio und Shinpachi sein wird, wenn sie an dem See stehen, der einmal ihre Heimat war, und wenn sie wissen, dass ich daran schuld bin.“

„Loben werden sie dich, Sensei“, sagte Shinji mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. „Immerhin war es Orochimarus Dorf, oder nicht?“

„So leicht ist es nicht“, mischte sich Kira ein. „Heimat ist Heimat, bedenke das.“

„Und da kommt ja auch noch die Tatsache hinzu“, fügte Mai an, „dass die meisten Einwohner von Orochimaru und dem Nukenin aus dem Uchiha-Clan getötet wurden. Die meisten. Die, die noch leben, suchen wir ja gerade.“

„Ach, interessant. Und wann wolltet Ihr mir das sagen?“, beschwerte sich Gosunkugi und tat, als würde er schmollen. „Also echt, Shinji, und du willst mein Kontraktpartner sein, der mit mir auf Augenhöhe sein will? Freundschaft sieht anders aus.“

„Ich glaube“, sagte Shinji gedehnt und klopfte dem Affenkrieger in der schmächtigen Tarngestalt auf die Schulter, „dies ist der richtige Augenblick, um dir zu sagen, dass ich vorhabe, dich zu unterwerfen und in Zukunft an einer Leine zu führen, um meine Macht über dich zu verdeutlichen.“

„Du und welche Armee?“

„Mamo-chan reicht dazu vollkommen aus.“

Hikari Gosunkugi öffnete den Mund zu einer Antwort, sah zu mir herüber und schloss ihn wieder. „Verdammt, du hast recht, das wird reichen. Darf ich die Farbe der Leine bestimmen?“

Verdutzt sah ich meinen Genin und den Affenkrieger an. Dann begannen die beiden lauthals zu lachen, und die Szene, die sich für mich immer bedrohlicher angefühlt hatte, stellte sich als großer Witz heraus. Nun, es wäre auch arg gegen den Charakter des kleinen blonden Genin gewesen, vor allem da Hikari tatsächlich schon so etwas wie ein Freund für ihn war.

„Aber wenn uns arme Affen trotzdem jemand kurz in die Mission einführen könnte...“, fügte er an.

Kuzomi räusperte sich und hob dozierend den Zeigefinger. „Wir gehen davon aus, dass Orochimaru bei der Vernichtung des Moeru-Dorfs nicht alle erwischt haben kann. Also weder getötet, noch entführt. Und Ryuji-samas Agenten haben ja, wie du weißt, nach akribischer Recherche und durch viel Glück eine Spur zu möglichen Überlebenden der Moeru entdeckt, die ins Land des Schnees führt. Soweit so gut. Und wir sind auf dem Weg, um die aktuellen und sehr eindeutigen Hinweise entgegen zu nehmen.“

„Dabei gehen wir allerdings davon aus, dass die Heimat der Nekozumi bereits von Agenten Orochimarus infiltriert wurde“, sagte ich. „Höchste Geheimhaltung ist also Pflicht.“

„Auch vor Kishio?“ Mai war bei diesem Thema leicht reizbar, wie ich mittlerweile festgestellt hatte. Diese Verlobungsgeschichte hatte sie weit besser aufgenommen als ich erwartet hatte.

„Gerade vor Kishio. Wir werden ihm und Shinpachi viele wesentliche Daten vorenthalten. Vorenthalten müssen“, erklärte ich. „Und zwar, weil...“

Mai runzelte die Stirn. Schließlich aber nickte sie. „Das heißt also für uns beide, dass wir während des Einsatzes kein Moeru-Chakra aufnehmen dürfen.“

Ich nickte lächelnd. Sie war ein kluges Mädchen und nicht umsonst meine erste Wahl als Führerin der Genin gewesen.

„Moment mal, da komme ich jetzt nicht ganz mit. Warum Kishio und Shinpa-chan alles verheimlichen? Ich meine, okay, sie haben die Moeru-Kommunikation, aber sie sind auch die mit dem größten Talent auf diesem Gebiet. Kein Moeru kann gegen ihren Willen in ihre Gedanken einbrechen“, ereiferte sich Kira. „Geschweige denn in ihnen spionieren. Also, warum diese übertriebene Geheimhaltung?“

„Du bist naiv, kleiner Genin.“ Haru lächelte, aber es war kein verschmitztes Lächeln. „Nur, weil du und die beiden Moerus davon ausgehen, dass niemand in ihre Gedanken einbrechen kann, heißt das nicht, dass es unmöglich ist. Im Gegenteil, wir wissen, dass Orochimaru mit der unfreiwilligen Hilfe von Moeru no Shinpachi bereits eigene Moerus erzeugt hat. Und Orochimaru ist ein extrem findiger Mann, der einen Pfad zur Unsterblichkeit entdeckt hat. Wenn nicht er, wer dann könnte ein Kind mit Moeru-Fertigkeiten derart ausstatten, dass es sogar Moeru no Kishio belauschen könnte?“

„Oh“, machte Kira.

„Ja, oh. Also überlass die Informationsfrage und was wir den Moerus zukommen lassen, deinem Sensei. Er ist für diese Frage der mit Abstand Kompetenteste im Team.“

Für einen Moment fühlte ich mich gelobt, auch ein wenig gebauchpinselt. Bis mir bewusst wurde, dass er nur das Offensichtliche ausgesprochen hatte. Immerhin WAR ich der Anführer in diesem Einsatz. Und dann erinnerte ich mich daran, dass er selbst Hanako teilweise für sich hatte einnehmen können, und das, nachdem sie vor ihm geflohen war. Sie hatte seine Komplimente angenommen und über einen seiner Witze gelacht. Haru war definitiv gefährlich, und das in mehr als einer Hinsicht. Zum Glück war er auf unserer Seite. ...Er war doch auf unserer Seite? Ich konnte mir nicht vorstellten, dass Mei-chan, ich meine die Mizukage irgendetwas angeordnet haben könnte, was für mich gefährlich wäre, aber ich traute ihm durchaus zu, sein eigenes Süppchen zu kochen. Immerhin hatte ich seine Burg zerstört und seine Regentschaft beendet. Und damit war ich vielleicht auch der Grund, warum er bald sterben würde. Genug Gründe also, um mich zu hintergehen und zum Beispiel meinem Sempai Orochimaru ans Messer zu liefern. Wir tauschten einen Blick, ich täuschte ein Lächeln vor, und Haru lächelte ebenso falsch zurück. Schön, wir verstanden uns also.
 

„Also“, begann Shinji wieder, „wenn dein Haushalt mit Spionen überflutet ist, Ryuji-kun, warum erzählst du uns nicht alles, was du weißt, hier im Wald?“

„Hast du gerade Kun zu mir gesagt, kleiner Genin?“, grollte Ryuji mit dunkler Stimme. „Kun?“

Shinji schürzte die Lippen zu einem verächtlichen Lächeln. Natürlich kannte er die Suffixe wie Kun oder San und wusste um ihre Bedeutung und die Zusammenhänge der Bedeutung, die sie bekamen, wenn sie an Namen angehängt wurden. „Ich hielt Chan für zu familiär. Später vielleicht, Ryuji-kun.“

Für einen Moment wirkte Ryuji, als wäre er ein Fisch auf dem Trockenen. Sein Mund öffnete und schloss sich, aber kein Wort kam über seine Lippen. Er sah zu mir herüber. „Brauchst du den noch? Darf ich ihn mal eben töten?“

„Das hast du dir jetzt selbst zuzuschreiben, Shinji“, sagte ich ärgerlich.

„Heißt das, ich darf?“ Ryuji hob sein Schwert und richtete es auf den blonden Genin. Der wurde plötzlich blass, bewegte sich aber keinen Millimeter. Gosunkugi griff in Richtung seiner Kunai-Tasche, aber Shinji winkte ihn unauffällig ab.

„Also, kleiner Genin, willst du das mit dem Kun noch mal überdenken? So in den nächsten fünf Teilen einer Sekunde?“

„Nein“, antwortete er schlicht.

„Nein?“

„Nein. Du bist ein Freund vom Sensei, ein sehr guter sogar, und es wäre mir eine große Freude, wenn auch ich mal in diesen Kreis treten dürfte, denn ich halte dich für einen verdammt feinen Kerl.“

„So, tust du das?“ Ryuji hob das Schwert. „Und weißt du, was ich dazu zu sagen habe?“ Das Schwert sauste hernieder, ging neben Shinji in den Boden und spaltete ihn. „Ich halte das für eine sehr gute Idee. Schön, dass mal einer von euch das auf die Tagesordnung bringt. Kun ist vielleicht etwas zu direkt. Immerhin habe ich als Herr meines Hauses einen Ruf zu wahren. Aber ich denke, wenn du mich einfach Ryuji nennst, geht das in Ordnung.“ Er grinste in die Runde. „Das gilt für alle hier.“

Haru hob eine Hand. „Bin ich da inbegriffen?“

„Hm. Tja. Gute Frage. Du darfst mich San statt Sama nennen, in Ordnung?“

„Oh. Damit kann ich leben, Nekozumi-san.“

Innerlich atmete ich erleichtert auf. Aber ich nahm mir fest vor, in nächster Zeit mal mit Shinji über „Takt“, „Risikobereitschaft“ und „Selbstmord“ zu reden. Suizidale Tendenzen wollte ich bei meinen Genin nicht sehen.

„Wenn wir dann alle mit frotzeln, scherzen und verbrüdern fertig sind, können wir dann weiter?“ Ich deutete nach Nordwesten. „Diese Richtung, Shunshin, etwa vier Kilometer, dann eine kurze Pause.“ Ich verschwand mit Step, und nacheinander folgten mir meine Begleiter.
 

„Bist du nicht etwas zu unwirsch?“, klang die Stimme von P-chan neben mir auf. „Die haben doch nur gespielt.“

„Das ist es ja gerade. Das ist mir nicht aufgefallen. Für ein paar Sekunden habe ich echt Blut und Wasser geschwitzt.“

Die Affenkriegerin kicherte. „Keine Sorge, Hikari hat das auch geglaubt.“

„Na, das beruhigt mich jetzt“, murmelte ich, während wir durch das Land der Reisfelder hetzten.

Ich dachte über den kommenden Einsatz nach. Darüber, dass Orochimaru uns zweifellos überwachen würde, wann immer die Gelegenheit dazu hatte. Wann würde er wieder die Chance haben, direkt zu weiteren Moerus geführt zu werden, wenn nicht durch uns? Es würde uns einige Mühe kosten, seine Ratten abzuschütteln und endlich unsere Arbeit zu tun. Das lag noch etwas in der Zukunft, zugegeben, aber man machte sich besser früher als später dazu seine Gedanken, fand ich.

„Bist du sicher, dass wir sie abschütteln müssen?“, fragte Perine.

„Was?“

Sie lächelte mich an. „Du hast laut gedacht.“

Ich zwinkerte und schaltete von „innere Gedanken“ auf „Konversation“ um. „Was schlägst du vor?“

„Die Problematik ist doch schlicht und einfach, dass wir Orochimarus Spionen nicht ausweichen können. Sie wissen, dass wir kommen.“

Damit hatte die Affenkriegerin den Nagel auf den Kopf getroffen. Mir war klar, dass unsere Tarngeschichte, nach der wir die Ausbildung der kommenden Shinobi des Yuki no Kuni von Kirigakure übernehmen sollten, nicht einmal mich überzeugt hätte. Zudem reisten wir mit den überlebenden Moeru, also bald wieder, was erst Recht die Aufmerksamkeit Orochimarus wecken würde. Die Frage war also in der Tat nicht, ob wir mit seinen Agenten konfrontiert werden würden, sondern wann. Und Frage Nummer zwei: Würden wir ihm selbst begegnen? Zwar hatte Sarutobi-sensei sein Bestes gegeben, um ihn zu schwächen und sein eigenes Leben geopfert, um seinem ehemaligen Schüler zumindest die Arme zu nehmen, aber er war immer noch ein Shinobi, der weit über dem Jounin-Level stand. Aber dank Kakashi-sempai hatte ich ein Ass im Ärmel, um genau in diesem Fall... Nun, ich war nicht sicher, ob es stechen würde, aber ziehen würde ich die Karte auf jeden Fall. Gefallen würde es Orochimaru-sempai auf keinen Fall, dessen war ich mir sehr, sehr sicher.

„Das Problem ist nicht unbedingt, dass sich die Ratten an unsere Fersen heften und sich von uns zu den Moerus führen lassen, sondern, dass sie Kabuto oder gar Orochimaru rufen könnten. Und dann haben wir ein Problem.“

„Ja, schon, aber was sagt dir, dass einer von beiden oder gar beide bereits vor Ort sind? Komm schon, du hast doch sicher für diesen Fall etwas in der Hinterhand.“

„Oh, es gibt da in der Tat einen kleinen Trick, den mir Kakashi gezeigt hat“, sagte ich gedehnt. „Aber das ist nicht der einzige Grund. Ich mache mir auch Sorgen, wie wir auf die Moerus, die wir im Yuki no Kuni vermuten, wirken werden, denn wenn wir Orochimarus Agenten direkt auf die Spur der Moerus bringen, sobald wir ins Yuki no Kuni einreisen, wenn wir sie eben nicht abschütteln können, wenn es ein Wettrennen zu ihnen wird, kann ich mir eigentlich eine bessere Maßnahme zur Vertrauensbildung kaum vorstellen. Wahrscheinlich wimmelt es dort jetzt schon von seinen Agenten, und zwar seit dem Augenblick, in dem bekannt wurde, wohin Mamoru Morikubo und die Moerus das nächste Mal geschickt würden.“

P-chan nickte verstehend. „Zugegeben. Aber wir wussten von vorne herein, dass es nicht leicht werden würde. Davon abgesehen, bist du dir sicher, dass du tatsächlich die Moerus suchst?“

Erstaunt sah ich sie an. „Was, bitte?“

„Es kann ja immer noch eine große Ablenkung sein, genial in Szene gesetzt von Tsunade-sama. Sie pflegt doch oft zu sagen, dass weniger mehr ist. Manchmal reicht es, dem Feind einzureden, man würde eine komplizierte Aktion planen, nur damit er Kraft, Zeit und Personal darauf verschwendet, die Pläne hinter den Plänen aufzudecken.“

„Auf den Gedanken kann ich mich nicht einlassen, Perine“, erwiderte ich eine Spur zu grimmig. „Davon abgesehen glaube ich, dass nur Moerus Moerus finden können, und wir haben nur einen einzigen Versuch.“

„Vielleicht können wir Orochimaru aber weismachen, dass wir nur eine Ablenkung sind“, erwiderte sie gedehnt. „Ich meine, wenn sie sich verwandeln, andere Gestalten annehmen und ihre Moeru-Talente runterdrehen, könnte Orochimaru versuchen, die „echten“ zu finden.“

„Oh, das würde er. Aber er würde uns trotzdem verfolgen oder verfolgen lassen.“ Ich seufzte. Oh, ich HASSTE verzwickte Geschichten, Konterstrategien und Konterkonterstrategien. Deshalb spielte ich auch nicht mit allzu viel Enthusiasmus Shogi. Vor allem nicht gegen meinen jüngeren Cousin, aber das war eine andere Geschichte. Go war da eher meins. Übersichtliche, klare Strukturen, das war meine Welt.

„Aber seine Agenten wären vielleicht zahlenmäßig geschwächt oder sogar selbst abgelenkt“, gab sie zu bedenken.

Ich dachte über ihre Worte nach. Gewiss, Orochimaru zu täuschen konnte Vorteile bringen. Der Versuch wäre es wert. Aber es blieb eine Ungewissheit: Hatten wir ihn auch getäuscht? Außerdem hatte mein Sempai mir genau dafür diesen einen Trick beigebracht...

„Lassen wir es drauf ankommen, Perine“, sagte ich entschlossen. Jedenfalls weit entschlossener, als ich mich gerade fühlte.
 

Hinter mir klang Shinjis Stimme auf. „Also, warum sagst du es uns nicht einfach schon hier, Ryuji? Ich meine, spielen wir den Agenten einfach eine große Komödie vor und schicken wir sie nach Suna.“

„Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens habe ich in meinem Haus ein Bad mit Wasserfall. Ich pflege alle absolut geheim zu haltenden Gespräche unter dem Wasserfall zu führen, weil er alle Überwachungsgeräte übertönt und auch das Mitlauschen unmöglich macht.“

„Respekt“, sagte Shinji. „Und Grund Nummer zwei?“

Ryuji lachte auf, und ich warf während des Steps einen Blick hinter mich. Ja, die beiden verstanden sich plötzlich ziemlich gut. „Das ist ganz einfach. Ich wurde zwar darüber informiert, dass meine Ermittler neue Hinweise gefunden haben, aber ich kenne sie selbst noch nicht. Und ich würde nirgends darüber sprechen wollen als unter dem Wasserfall. Zumindest nicht, solange wir im Land der Reisfelder sind.“

„Und wann wolltest du mir das sagen?“, fragte ich nach hinten.

„Habe ich das nicht? Oh, Verzeihung. Allerdings sollte der Ewige Chunin kleinere Fehler wie diesen leicht vergeben können, richtig?“

Bei seinem Grinsen fühlte ich mich an eine ganze Reihe an Fehlern erinnert, die auf mein Konto gingen. Zum Beispiel mein Versäumnis damals, als wir Kishio gefunden hatten, mich vollständig über seine Fähigkeiten zu informieren, anstatt anzunehmen, er würde seine Clantechniken vor mir geheim halten wollen. Als er mir seine Sicht der Dinge geschildert hatte, da hatten wir beide sehr gelacht, aber ich vor allem, weil ich die Lage vollkommen falsch eingeschätzt und ihn indirekt damit gefährdet hatte. Das würde mir nicht noch mal passieren.
 

Was mich zu Haru brachte. Unwillkürlich sah ich hinter mich. Sein Blick ging nach rechts zu jener Seite, den er in seiner Position in der langen Reihe an Steps zu decken hatte. Zugegeben, er war gut ausgebildet. Aber, und das war ein Punkt, den ich vor mir herschob, ich würde mich von ihm aufklären lassen müssen, welche Jutsu er beherrschte, damit ich ihn besser in das Team einbinden konnte. Das hätte ich in Konoha längst erledigen können, aber ich gebe zu, die letzten Tage hätte ich ihn ein paarmal fast vergessen, so viel war geschehen.

Er würde unser Kiri-Kontaktmann sein. Aber ich war sicher, dass Mei-chan, ich meine, die Mizukage Mei Terumi, auch Interesse daran hatte, in ihrem Dorf Moerus anzusiedeln. Ha, DAS Interesse hätten die Moerus verdient gehabt, als es sie noch gegeben hatte. Andererseits war vielleicht genau das passiert. Sie hatten Interesse geweckt. Viel Interesse. Zu viel Interesse. Und nun waren die meisten tot, verbrannt von Itachis Amaterasu, ihr Dorf dem Erdboden gleich gemacht, und nur eine Handvoll Kinder neben Shinpachi waren am Leben gelassen worden... Und vielleicht gab es noch ein paar Moerus, die während der Zerstörung nicht im Ort gewesen waren, so wie Kishio. Diese suchten wir nun. Vielleicht ergab sich eine Gelegenheit, und wir konnten jenes Labor von Orochimaru entdecken, in dem er versuchte, Moerus zu züchten – mit Shinpachis Sperma. Aber tat er dies mit „Freiwilligen“, oder mit Moeru-Frauen? Oder beiden Varianten? Es gab keine sichere Faktenlage diesbezüglich, und dank Amaterasu hatte man später nicht gerade feststellen können, wie viele Moerus gestorben waren. Shinpachi selbst wusste nur, wer mit ihm zusammen gefangengenommen worden war, aber nicht einen von ihnen hatte er je wiedergesehen. Tja, bis auf Kishios kleine Schwester, die aber von Orochimaru tüchtig durch den mentalen Fleischwolf gedreht worden und nun seine Erfüllungsgehilfin war... Eine Fremde mit einem großen Teil der Moeru-Fähigkeiten, ausgestattet mit überragenden sensorischen Fähigkeiten, aber anscheinend nicht mit dem Talent, mit Hilfe ihres Chakras zu töten. Und das war vielleicht der einzige Grund, warum sie noch lebte. Orochimaru brauchte alle drei Jahre einen Shinobi, dessen Körper er übernehmen konnte, einen Wirt quasi. Und mit dem Wirt übernahm er einen Großteil von dessen Fähigkeiten. Deshalb züchtete er sich entsprechenden Nachwuchs heran, mächtigen, und vor allem willigen Nachwuchs. Einer von ihnen war Itachis kleiner Bruder Sasuke. Mit seiner Übernahme erhoffte sich Orochimaru garantiert, über das Sharingan und einige damit verbundene Katon-Jutsu verfügen zu können. Ein erschreckender Gedanke. Der einzige Trost: Nach drei Jahren war der Wirtskörper dermaßen verbraucht, dass er starb und Orochimaru einen neuen Wirt benötigte. Und deshalb hatte er begonnen, Moerus zu züchten, in der Hoffnung, ihr Kanshi übernehmen zu können. Und wenn er nur genügend „machte“, würde ihm alle drei Jahre ein Wirt zur Verfügung stehen... Ein logischer Plan, aber kein besonders netter. Vor allem den Moerus gegenüber nicht. Obwohl, ich zweifelte nicht daran, dass er schon dafür sorgte, dass seine Probanden ihre Leben willentlich opferten. Für ihren Meister. Und das machte die Sache sehr gespenstisch, geradezu makaber. Jedenfalls sollte den Moeru ein solches Schicksal erspart bleiben. Das war das Ziel unserer Mission. Und wenn sich Hinweise auf das Moeru-Labor ergaben, umso besser.
 

„Du hast umgebaut“, rief ich nach hinten, als das Dorf der Nekozumis in Sicht kam. Ach was, Dorf, eine Stadt war es.

„Ein klein wenig“, rief er zu mir nach vorne. Eine bodenlose Untertreibung. In den beiden Jahren, in denen Ryuji den Clan anführte, hatte er entweder das Familienvermögen für Baumaßnahmen verpulvert, oder viele Dinge richtig entschieden und expandierte jetzt. Ich hoffte letzteres.

„Ist das deine Stadt?“, rief Shinji aufgeregt. „Mamo-chan erzählt manchmal davon, aber nicht genug. Dazu und zur Vernichtung Otos muss man ihm immer die Würmer aus der Nase ziehen, weil er von sich aus nie was sagt.“ Er verstummte für einen Moment. „Nun gut, einiges darf er uns ja auch gar nicht erzählen, weil es der Geheimhaltung unterliegt und nicht für Genin gedacht ist. Aber er hat die Stadt immer kleiner geschildert.“

„Das liegt vielleicht daran, dass ich ein paar Investitionen durchgeführt habe, die mein Vater immer gescheut hat, als er noch Familienoberhaupt war. Der alte Sack hat stets befürchtet, dass uns entweder ein anderer Clan oder Orochimaru bis auf die Grundmauern vernichten, deshalb hat er es leicht und übersichtlich gehalten. Aber auf die Dauer war das ein Hemmschuh für die Entwicklung meines Clans, deshalb habe ich mit seiner Vorsicht gebrochen. Etwas, zumindest.“

Ich hätte beinahe aufgelacht. Die bauten an einer neuen Außenmauer, Dutzende Gebäude entstanden, und er hatte etwas mit der Vorsicht seines Vaters gebrochen. Ryuji war ein fähiger Anführer. Zumindest hoffte ich das, denn es wäre eine Schande gewesen, wenn all dies wieder vernichtet worden wäre.
 

Meine Gedanken gingen wieder zu den Moerus im Labor. Wenn es tatsächlich Hinweise auf diese Zuchtstation gab, würde ich ihnen nachgehen und auch nicht zögern, Verstärkung aus Konoha anzufordern, um es garantiert hochnehmen zu können. Notfalls würde ich es alleine versuchen, wenn es sein musste. Immerhin war ich der Konoha-Ninja mit dem Kontrakt mit dem Affenclan.

Orochimaru-sempais Geheimverstecke hob ich am liebsten aus. Es würde dann mein viertes sein. Vielleicht einer der Gründe, warum er auf mich, seinen Kohai, nicht besonders gut zu sprechen war. Leider zeigte es auch sehr deutlich, dass vier Verstecke bei weitem nicht sein Limit waren. Die Mission, die uns bevor stand, versprach, schwierig und komplex zu werden. Ein Fehler von uns, und mein Sempai bekam weitere Moerus in die Hände, etwas, was wir um jeden Preis vermeiden mussten, vor allem im Sinne der Moerus. Und dann galt es auch noch, auf Kishio und Shinpachi aufzupassen. Kicchan war geradezu prädestiniert, Orochimarus Wirt zu werden, und Shinpachi war ein unwilliger Lieferant für Moeru-Gene gewesen. Liebend gerne hätte ich sie Zuhause gelassen, außerhalb der Schusslinie. Aber um Moerus zu finden, setzte man eben am besten Moerus ein. Zudem hatte Kishio die größten Fähigkeiten, die ein Moeru besaß. Er war essentiell für diese Mission. Es war zu erwarten, dass das Kanshi der Moerus, die wir zu finden hofften, nicht so stark war wie das meiner beiden Brüder. Was es uns vielleicht erleichtern würde, die anderen zu finden. Falls es sie wirklich gab. Es eröffnete uns auch die Möglichkeit für uns, die anderen Moerus dank Kishios und Shinpachis überlegener Moeru-Kräfte zu unterwerfen, wenn ich dies befahl. Aber wollte ich das? Nein, sicher nicht. Wollte Konoha das? Konoha wollte Sicherheit darüber, ob und wem diese Moeru dienten. Das schloss ihre Unterwerfung nicht einmal ansatzweise ein. Aber ihre Anwerbung. So sie denn wollten.

Blieb noch eine wichtige Frage zu klären, die sich zwangsläufig ergab: Warum hatten sie damals Kishio quasi im Regen stehen gelassen? Das war gegenüber einem kleinen Jungen, der nicht mal in Konoha schon ein vollwertiger Ninja gewesen war, nicht sehr nett gewesen. Und das war noch die freundliche Formulierung vom Albtraum, den Kishio durchgemacht hatte, bevor ich ihn hatte retten können. Ja, retten können. Dieser einen Sache war ich mir sehr sicher. Ein Gefühl, das mir wohlige Wärme im Magen bescherte. Dann kamen wir aus dem Step und waren vor dem Tor.

Als wir den Familiensitz der Nekozumi erreichten, wurde mir klar, dass ich einiges Gewohntes getrost vergessen konnte. Der Hausherr wurde zu seiner Rückkehr begrüßt, und für einen Moment glaubte ich, aus Versehen an den Hof eines Daimyos geraten zu sein. Ehrenwachen traten auf, Beamte reihten sich zum Empfang auf, Gesinde und Bürger verneigten sich. Es war ein Wunder, dass er bei all dem Trara alleine nach Konoha hatte gehen dürfen.

Ryuji tat die Szene nicht ab, handhabte sie aber professionell und sorgte damit dafür, dass sie erheblich verkürzt werden konnte. Dann führte er uns, seine Ehrengäste, in sein Haus. Ich hätte eher die Bezeichnung Residenz oder Palast verwendet.

„Der Platz im Bad ist begrenzt“, sagte er. „Ich, zwei Ermittler und maximal zwei weitere Personen, Mamo-chan.“

Ich nickte. „Ryoga. Du kommst mit mir. Sobald die Besprechung vorbei ist, kommt Ihr nach, und ich informiere euch über das Gesagte. Aber erinnert euch dran: Was Kishio und Shinpa-chan erfahren, kommt ausschließlich von mir, verstanden?“

„Verstanden, Sensei!“
 

Wir trennten uns von meinen Genin und gingen mit Ryoga ins Bad. Für den Moment war es einfach wichtig, dass so wenige Ohren wie möglich zu hören bekamen, was Ryujis Agenten herausgefunden hatten, dementsprechend führte er mich in den lautesten Raum im Haus – eben jenes Bad. Wir entkleideten uns, reinigten uns vorab, wie es sowohl hier als auch im Land des Feuers üblich war und betraten, mit dem üblichen Badehandtuch um die Hüften geschwungen, den großzügigen Baderaum, der manchem öffentlichen Bad in Konoha Ehre gemacht hätte. Ein kleiner Wasserfall fiel in das Becken und erzeugte dabei ein recht lautes Rauschen. Wir stiegen in das Wasser und traten direkt unter den Wasserfall. Das Wasser selbst war angenehm warm. Hier konnten wir sicher sein, dass die zweifellos vorhandenen heimlichen Lauscher oder elektronischen Überwachungsspielereien so wenig wie möglich von unserer Konversation mitbekommen, der Wasserfall unsere leise gesprochenen Worte übertönen würde. Ein vierter Mann und eine Frau in Badetücher gehüllt, gesellten sich zu uns unter den Wasserfall. Aus Sicherheitsgründen hatten wir vereinbart, das Wort Moeru nicht in den Mund zu nehmen und stattdessen nur von der „Sache“ zu sprechen.

Ryuji stellte uns vor. „Dies sind Mamoru Morikubo und Ryoga vom Clan der Affen. Mamo-chan, dies sind zwei meiner Agenten. Tarnname: San und Unagi. Ich habe sie mit der „Sache“ beauftragt.“

Ich nickte beiden zu und versuchte dabei höflicherweise die Frau nicht zu lange anzuschauen. Sie war darüber hinaus nicht gerade das, was man hässlich nannte, und ihr durchgeweichtes Badetuch enthüllte mehr, als es verdeckte. „Danke für die Ermittlungen in der „Sache“, San, Unagi“, sagte ich und verbeugte mich leicht.

„Es ist unsere Arbeit“, sagte die Frau. „Unagi und ich sind spezialisierte Ermittler. Wir versuchen, ein drittes Fiasko wie die Auslöschung der Moeru oder die Okkupation unserer Nation durch Orochimaru künftig zu verhindern.“

Das war ein verständliches Ziel, wie ich fand, und mir war klar, dass Ryuji der Geschichte, seit er der Boss war – übrigens eines von sieben Familienoberhäuptern im Land der Reisfelder, das die Fäden der Innen-, und Außenpolitik zog – eine hohe Priorität eingeräumt hatte. „Weiter.“

„Bei der Suche nach der „Sache“, sagte die Frau, San, „mussten wir Schnitzeljagd spielen. Uns war klar, dass, wenn es Überlebende gegeben hatte, sie einen Rückzugspunkt gehabt haben mussten. Dieser aber war verbrannt in dem Moment, als Shinpachi-san in Orochimarus Hände gefallen ist. Eventuell ist er auch schon früher wertlos gewesen, wir können das nicht mehr sagen. Auf jeden Fall haben wir ein mehrere Jahre altes Grab in einem nahen Wald entdeckt, in denen sich vier Leichen befanden, die mit Pfeilen getötet worden sind – also aus der Distanz, was uns zu der Vermutung führte, die Toten könnten Moerus gewesen sein, die man aus Angst vor ihrem Jutsu aus der sicheren Distanz getötet hat. Eventuell war dieser Ort der Rückzugsort, eventuell war es auch nur ein Zufall, das lässt sich nicht mehr sagen. Aber wenn es der Rückzugsort war, dann wurden alle, die dorthin geflohen sind, von Bogenschützen erwartet und ermordet.“

Ich nickte verstehend. Es gefiel mir allerdings überhaupt nicht, was ich zu hören bekam.

„Falls es weiter Alternativen gegeben hat, vielleicht einen ultimativen Sammelpunkt, der nur gewissen Clansmitgliedern bekannt war, so haben wir davon keine Spuren entdecken können“, sagte Unagi bedauernd. „Als wir mit den Ermittlungen begonnen haben, war einfach zu viel Zeit vergangen, um so weit in die Vergangenheit sehen zu können.“ Mehr und mehr wurde mir klar, dass ich es weniger mit Spionen, und mehr mit Ermittlern zu tun hatte.

„Was darauf folgte“, nahm San den Faden wieder auf, „war detektivische Kleinstarbeit. Wir ermittelten erst einmal die geschätzte Anzahl der Mitglieder des Clans, um überhaupt einen Anfang zu haben. Dann verbrachten wir eine große Zeit in den Archiven des Clans, in denen Missionslogs geführt wurden, also eine Statistik über alle Aufträge, die den Clansmitgliedern erteilt wurden. Das Gleiche taten wir bei allen anderen großen Familien, nachdem Nekozumi-sama mit der richtigen Mischung aus Druck, Entgegenkommen und politischem Einfluss auch ihre Archive für uns geöffnet hat.“

„Und ganz zum Schluss haben wir auch noch die Kopfgeldbüros abgeklappert und für den fraglichen Tag, der Zerstörung der „Sache“, alle Kopfgelder eingesehen und an wen sie ausgezahlt worden waren“, fügte Unagi an. „Unsere Ausbeute war nicht besonders groß, zugegeben, aber uns ist zumindest ein Fall bekannt, an dem ein Kopfgeld an ein Clansmitglied ausgezahlt wurde, und zwar Stunden nach der Vernichtung der „Sache“.“

„Darüber hinaus wissen wir, dass damals mindestens fünf von ihnen auswärts waren, um Aufträge zu erledigen. Bei dreien von ihnen wissen wir allerdings genau, dass sie in Fallen liefen und getötet wurden. Ob sich noch weitere Clansmitglieder nicht im Dorf befanden, lässt sich nicht mehr rekonstruieren, auch nicht, ob der Empfänger des Kopfgeldes Begleiter hatte. Aber wir gehen jetzt zumindest von drei potentiellen Überlebenden aus, potentiell sogar bis zu zwanzig, aber das ist reine Spekulation. Es spricht nichts dafür, dass sie zusammengefunden haben, und es ist unwahrscheinlich, dass sie zusammengefunden haben, auch wenn man die besonderen Talente dieser Familie berücksichtigt, aber es ist nicht unmöglich.“ San legte den Kopf schräg und dachte nach. „Aber zugegeben, ihre besondere Kommunikation hätte es erleichtert.“

„Drei also mindestens“, sagte ich.

San nickte. „Von denen wir nicht sicher wissen, dass tatsächlich alle überlebt haben. Aber auch nicht, ob sie Begleiter hatten. Wir rechnen aber maximal mit einer oder mehreren Gruppen, deren Mitglieder nicht über die erwarteten zwanzig Personen hinausgeht, von denen nicht alle zwangsläufig erwachsen gewesen sein müssen. Die Clansmitglieder müssen sich nach der Vernichtung der „Sache“ möglichst unauffällig bewegt haben, um nicht die Aufmerksamkeit von Orochimarus Agenten und ihren Verbündeten aus den sieben großen Familien auf sich zu ziehen. Wir wissen allerdings, dass Grenzübergänge und Häfen besonders überwacht wurden, was bedeuten kann, dass sich die Clansmitglieder über die grüne Grenze aufgemacht haben, oder außerhalb der Häfen eingeschifft haben.“

„Was uns zum wichtigsten Hinweis bringt, den wir aufgespürt haben“, sagte Unagi. „Am Tag nach der Vernichtung der „Sache“ hat jemand bei einer Bank ein Konto aufgelöst. Es war ein sogenanntes Nummernkonto, mit Passwort geschützt, auszahlbar an jedermann, der die Kontonummer und das Passwort kennt. Interessant an der Geschichte sind drei Dinge, abgesehen vom zeitlichen Zusammenhang. Erstens, es war eine Bank im größten Seehafen des Landes. Zweitens, das Konto wurde bis zum letzten Ryou belastet. Drittens: Es handelte sich um eine Summe von zwei Millionen Ryou, also nicht gerade um Kleingeld.“

„Der Verdacht liegt nahe, dass ein Konto des Clans für den Notfall geplündert wurde“, sagte ich nachdenklich. „Können wir das belegen?“

„Das ist der interessante Aspekt“, sagte San. „Normalerweise würde ein Bankdirektor des Landes der Reisfelder ums Verrecken nichts über seine Kunden preisgeben, aber in diesem Fall waren uns die Agenten Orochimarus leicht voraus. Wir trafen ein, als sie den Direktor folterten, um an zusätzliche Informationen zu gelangen. Es gelang uns, sie zu liquidieren, den Bankdirektor zu retten und die bereits fertige Nachricht an Orochimaru zu dechiffrieren. Somit lagen uns alle Informationen vor, aber Orochimaru keine.“

„Bis auf den Anfangsverdacht, der seine Agenten zur Bank gebracht hat“, schränkte ich ein.

„Zugegeben.“ Die Frau lächelte erfreut. Mein Verstand schien ihr zu gefallen. „Aber wir haben die Gelegenheit genutzt und eine Falle rund um die Bank aufgestellt. Bisher haben sich zwei Agenten darin verfangen. Wir hoffen auf mehr.“

„Gut. Die Informationen?“

„Sie betrafen denjenigen, der das Konto eröffnet hat. Eine Sicherheitskamera hat ein Foto von ihm geschossen, natürlich ohne sein Wissen. Den Namen konnten wir nicht ermitteln, aber wir wissen nun, wie er ausschaut. Er war rothaarig, schlank und blasshäutig, etwas über sechzig, schien allerdings gut trainiert. Das Konto wurde zwei Jahre vor der „Sache“ eröffnet und der Betrag auf einen Schlag eingezahlt.“

Ich nickte erneut. „Ein Clansmitglied, eventuell ein hochrangiges.“ Das war eine handfeste Spur, vor allem aber eine, die Orochimaru nicht mehr verfolgen konnte. Zumindest nicht ohne einen Krieg.

„Wir wissen, dass in den umgebenden Städten und Dörfern an den folgenden Tagen einiges gekauft wurde, was für den täglichen Bedarf notwendig ist. Das Auffallende: Eine einzelne Person kaufte stets Versorgungsgüter für ein halbes Dutzend ein, und es war immer ein anderer. Manche sprachen von einem alten Greis, andere von einem riesigen, stiernackigen Kumo-Shinobi, andere von einer unbekannten, biederen Hausfrau. Und genau diese biedere Hausfrau hat Tage später im Hafen versucht, eine Überfahrt ins Yuki no Kuni zu arrangieren. Soweit wir wissen, ohne Erfolg.“

„Allerdings“, sagte Unagi, „wurde ein paar Tage später ein Geisterschiff aufgebracht, eine kleine, schnelle Ruderbarke, wie sie von den hiesigen Piraten gerne verwendet wird. Neunzehn Tote waren an Bord, und alle waren sie steckbrieflich gesuchte Piraten. Das Besondere: Alle schienen an einem Hirnschlag oder plötzlichem Herztod gestorben zu sein. Diese Information, im richtigen Zusammenhang gesehen, ergibt ein klares Bild, das nach Yuki no Kuni deutet. Wir haben diese Fakten erst vor einigen Wochen aufgedeckt und langsam zusammengefügt. Daraufhin haben wir überhaupt erst Ermittlungen im Yuki no Kuni begonnen. Aber wir haben selbstverständlich Nekozumi-sama darüber informiert, und von ihm ging die Information an Tsunade-sama weiter. Selbstverständlich ermitteln wir mit aller gebotenen Vorsicht vor Ort weiter, aber wir gehen davon aus, dass Orochimaru Bescheid weiß oder zumindest etwas vermutet, seit Sie den Auftrag haben, nach Yuki no Kuni zu gehen, Morikubo-sama.“

„Davon ist leider auszugehen. Orochimaru ist kein Idiot und definitiv vorsichtig genug, um zumindest zu überprüfen, ob er Spuren des Clans finden kann“, sagte ich nickend. „Was haben Ihre Ermittler herausgefunden?“

„Das Yuki no Kuni ist relativ klein und damit überschaubarer als das Land des Feuers. Es entspricht etwa dem Land der Reisfelder, sodass außergewöhnliche Ereignisse mehr auffallen und länger im Gedächtnis der Menschen haften bleiben. Wir wissen daher definitiv, dass zur Zeit des Diktators Kazahana Doto etwa vier Jahre vor der Machtübernahme durch seine Nichte Kazahana Koyuki eine Anzahl an Elitesoldaten Dotos während eines Auftrags spurlos verschwunden ist. Eine Leiche konnte man finden. Sie wies keinerlei äußere Verletzungen auf, aber dafür starke Blutungen im Gehirn.“

„Ich erkenne ein Muster. Wo hat man die Leiche gefunden?“

„Das ist das Problem“, sagte San. „An einer Hauptstraße. Wer immer den Soldaten getötet hat, er wollte, dass Kazahana Doto erfuhr, was mit seinen Männern passiert ist. Wo er getötet wurde lässt sich daher nicht nachvollziehen. Wir wissen allerdings, dass der Auftrag der Soldaten sie in den Nordwesten geführt hat. Ein relativ raues Gebiet, weit entfernt von der Hauptstadt. Sehr weitläufig, stark bewaldet und auch bergig. Jemanden zu finden, der sich dort versteckt und nicht gefunden werden will, dürfte schwierig werden. Gerüchten zufolge hat sich dort eine ganze Armee an Rebellen versteckt gehalten, und das über Jahre, seitdem Doto seinen Bruder ermordet und die Macht ergriffen hatte.“

Ich nickte. „Das wird kein großes Problem für uns werden. Aber eine ungefähre Richtung zu haben, ist die wertvollste Information, die ich hier und heute bekommen konnte. Vielen Dank Ihnen beiden. Ich werde Sie in meinem Bericht lobend erwähnen.“

„Danke, Morikubo-sama.“ Die beiden verbeugten sich leicht vor mir und verließen das Wasser wieder.
 

Ryuji begann übergangslos zu lachen und klopfte mir heftig auf die Schulter.

„Hm?“, machte ich verständnislos.

„Bist du enttäuscht, Morikubo-sama?“

„Enttäuscht weswegen?“

„Dass dir San nicht sofort mit Haut und Haaren verfallen ist, kaum dass sie dich gesehen hat.“

„Was, bitte?“, fragte ich irritiert.

„Oh, ich habe von der Szene gehört, die du dir geleistet hast. Vor einem halben Jahr. Die mit Suirin-chan.“

Ich fühlte, wie ich errötete. „Damit habe ich ihr das Leben gerettet.“

„Ja, das hast du. Zweifellos. Und das auf so angenehme Weise. Sie muss sich ziemlich gut angefühlt haben, oder? Und wie war der Kuss so?“

„Ryuji, das ist nicht fair.“

„Natürlich ist das nicht fair. Genauso wie es nicht fair ist, dass San sich nicht augenblicklich in dich und deinen Heldenblick verliebt hat.“

„Gibt es einen besonderen Grund, warum du so auf San-san herumreitest?“, fragte ich. „Bist du etwa in sie verliebt?“

Er lachte und schlug mir erneut kräftig auf die Schulter. „Da hast du vollkommen Recht. San ist meine Verlobte. Dies ist die letzte Ermittlung, die sie leitet, bevor sie als meine Frau den Familienvorsitz übernimmt.“

„Du willst eine so fähige Frau den Ermittlern entziehen?“

„Im Gegenteil. Ich gebe ihr noch mehr Macht, indem ich sie zur höchsten Instanz in diesem Teil des Landes mache. Polizei, Shinobi, Agenten, alle sind ihr fortan Rechenschaft schuldig. Und sie hat die undankbare Aufgabe, alle Informationen zu einem großen Gesamtbild zusammenzusetzen. Ich verstehe es zwar nicht, aber sie scheint sich darauf zu freuen.“

„Na, da gratuliere ich dir aber. Sie scheint in mehr als einer Hinsicht ein guter Fang zu sein. Wie habt Ihr euch kennengelernt?“

Sein Lächeln bekam etwas wehmütiges. „Als ich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt habe, um einen gewissen Shinobi zu finden, von dem alle Welt glaubte, er wäre bei der Zerstörung Otogakures umgekommen. Sie war die erste, die sich ohne Rücksprache mit meinem Vater in die Ermittlungen gestürzt hat. Sie hat einfach ein Team um sich geschart und angefangen. Ich glaube, da habe ich mich ernsthaft in sie verliebt. Sie ist ein Macher, so wie ich.“

Ryuji verließ den Wasserfall und setzte sich auf eine Liege innerhalb des Beckens. Das war ein etwas merkwürdiger Anblick. Mir hätte die Liege bequem Platz geboten, aber der Herr der Nekozumi war selbst für einen Hünen zu groß und ließ die gemauerte Liege wirken, als wäre sie für ein Kind gemacht. „Und, Zuhause alles in Ordnung? Deine Frauen vertragen sich miteinander?“

„Ja, alles in Ordnung.“ Leise seufzend setzte ich mich auf die Nachbarliege und machte es mir bequem. „Du hast es doch selbst mitbekommen, oder?“

„Es ist eine Sache, was man als Besucher sieht, und eine andere, was hinter geschlossenen Türen passiert, Mamo-chan. Aber wenn du sagst, dass sich Maria gut integriert hat und deine Verlobte, deine Mama und deine große Schwester mit ihr gut auskommen, dann will ich zufrieden sein.“ Er runzelte die Stirn, während er versuchte, auf der Liege eine einigermaßen bequeme Haltung einzunehmen. „Dein Sohn ist sicher? Ich weiß, deine Eltern geben sich viel Mühe, aber zumindest dein Vater ist kein Shinobi, oder?“

„Oh, mach dir um Akira keine Sorgen. Er hat, nun, seit einigen Tagen einen ganz besonderen Begleitschutz.“

„Wie darf ich das verstehen?“

Ich lächelte. „So, wie ich es gesagt habe. Nur ein Wort: Fuse.“

„Die Katzendämonin? Begleitet sie nicht Kishio-kun?“

„Das weiß ich im Moment nicht. Und, haben diese Dinger auch Massagedüsen?“

„Selbstverständlich.“

Kurz darauf begannen diverse Düsen mit sehr warmem Wasser und einem erträglichen Druck, meinen Körper zu massieren. „Ah, das ist Luxus.“ Ein Teil meiner Probleme war gelöst, ein anderer Teil wartete darauf, noch erledigt zu werden, und einige neue waren hinzu gekommen. Nicht, dass ich etwas anderes erwartet hatte. Während ich in Gedanken die neu gewonnenen Daten zu sortieren versuchte, versuchte ich den Körper zu entspannen, zumindest bis...

„ARSCHBOMBE!“

Zumindest, bis meine Genin auch ins Bad durften.

„Ryoga, würdest du...?“

Der Affenkrieger grinste. „Natürlich, großer Anführer. Ruhe dich ruhig weiter bei der Massage aus. Ich übernehme es, deine Genin unter dem Wasserfall auf dem neuesten Stand zu bringen.“

„Danke. Ich schulde dir was, Ryoga.“ Oh, ich genoss das Wasser wirklich.

„Mamo-chan“, sagte Kira, als er den anderen zu Ryoga unter dem Wasserfall folgte, „warten wir hier auf Kicchan und die anderen, oder ziehen wir weiter?“

Ich öffnete ein Auge, um ihn anzusehen. „Sagen wir es so: Morgen baden wir hier auch.“

„Yossha!“ Er ergriff Kuzomis Hand. „Leute, nicht ohne uns anfangen! Und wir bleiben mindestens bis morgen!“

„Dieser Enthusiasmus erinnert mich an dein jüngeres Ich“, kommentierte Ryuji grinsend.

Ich musste leise lachen. „Mich auch, Ryuji. Mich auch.“

***

In der Nacht sind alle Katzen grau, lautet ein typisches Sprichwort in Konoha. Eingeführt wurde es von niemand geringerem als Jiraiya-sama. Das Sprichwort besagte nicht mehr und nicht weniger, dass, wenn das Licht knapp wurde, eine Identifikation von Individuen optisch stark erschwert wurde. Shinobi wussten das. Schon seit Jahrzehnten. Deshalb hatten sie, und das auch seit Jahrzehnten, ihre anderen Sinne trainiert, um im Dunkeln nicht allein auf ihre Augen angewiesen zu sein. Manche entwickelten dabei besondere Fähigkeiten, um die Umgebung rund um sich zu erspüren; das waren die sensorischen Ninjas. Manche gingen den anderen Weg und versuchten, ihre Augen besser an die schlechteren Sichtbedingungen anzupassen, oder sie verfügten über ein Kekkai Genkai wie die Sharingan oder die Byakugan. Aber es war wie mit allen Dingen im Leben: War eine Fähigkeit erst einmal bekannt, dann konnte sie mit genügend Aufwand, Training und Wissen um die Details der Fähigkeiten gekontert werden. Die ANBU waren darin wahre Meister, denn die Infiltration gehörte zu ihren primären Aufgaben. Ob dies nun heimlich schleichend in der Nacht erfolgte, unsichtbar für Augen-Jutsu oder unspürbar für sensorische Ninja, mit Hilfe einer undurchschaubaren Verwandlung, oder, wie die Hana-Shinobi unter vollem Körpereinsatz, war nur ein Detail. Und die ANBU-Ne hatten diese Künste noch einmal vorangetrieben, versucht, unter den ANBU eine eigene Elite zu werden. Die Elite zu werden. Nicht ohne Grund waren sie darum auch sehr stolz auf ihre Schleichfähigkeiten. Ja, stolz. Stolz allerdings war eine zweischneidige Klinge. Er konnte schnell verletzt werden, und verletzter Stolz bedeutete oft genug unüberlegte, vorschnelle oder gar hastige Handlungen. Nach der Niederlage im Wald gegen die ANBU und Kishio no Moerus Team war der Stolz der ANBU-Ne definitiv verletzt. Verletzt genug, um ein Risiko einzugehen. Aber interessanterweise war der Preis, der zu gewinnen möglich schien, durchaus das eine oder andere Risiko wert. Genauer gesagt war es ein Doppel-Jackpot. Gelang die Mission, dann würde Danzou-sama dem Fähigkeitenpool der ANBU-Ne nicht nur die Möglichkeiten der Moeru hinzufügen können, sondern auch die Künste der Nara, die sich bisher standhaft geweigert hatten, ihre Kinder Danzou zur Verfügung zu stellen. Alles, was sie für diesen Erfolg tun mussten, war, die ANBU-Wache zu überlisten, die das Morikubo-Haus überwachte, und Mamoru Morikubos Sohn sowie das Moeru-Kind zu entführen, das erst am Mittag an die Hausherrin übergeben worden war. Das Moeru-Kind war in einem sehr guten Alter für die Aufnahme und Ausbildung als ANBU-Ne, der Nara-Junge eigentlich noch zu jung, aber er würde wachsen. In mehrerlei Hinsicht. Die ANBU-Ne waren sauer und in ihrem Stolz verletzt genug, um es zu riskieren, um den beiden Kindern diese Ungeheuerlichkeit anzutun.

Ein großer Auflauf wäre kontraproduktiv gewesen. Zwar stand eine größere Gruppe ANBU-Ne bereit, um den Rückzug des Einsatzteams zu decken, sobald sie erfolgreich gewesen waren, aber die eigentliche Mission würde von nur drei Mitgliedern durchgeführt werden. Mehr durch die Überwachung der ANBU zu bringen wäre illusorisch gewesen. Der größere Aufwand hätte sie zwangsläufig verraten. Immerhin kannten die ANBU-Ne ihre Kollegen recht gut, wussten auch das aktuelle Team gut einzuschätzen, das mit der Überwachung betraut worden war. Und so nahm die Operation ihren Lauf.
 

Es hätte niemanden verwundert, zu so später Stunde den Hausherrn Kenshiro Morikubo nach Hause zurückkehren zu sehen, der nach getaner Arbeit in seinem Büro und einem kurzen Besuch im Restaurant seiner Frau endlich den heimischen Futon aufsuchte. Und es wäre auch niemand verwundert gewesen, als Yuriko Morikubo, die Tochter des Hauses, Seite an Seite mit ihrem Verlobten Kou nach Hause kam, nachdem sie einen längeren Abendspaziergang gemacht hatten, einmal zur Hyuuga-Residenz und zurück. Verwundert hätte die ANBU höchstens, wären die drei ihn ihren richtigen Gestalten durch die Fronttür des Hauses geschlüpft.

Einen Sharingan-Benutzer, einen Hyuuga und seine Byakugan oder einen sensorischen Shinobi vom Range eines Moerus hätten sie damit nicht täuschen können, aber im aktuellen ANBU-Team war kein sensorischer Ninja vertreten, geschweige denn ein Träger des Byakugans. Da das Restaurant von Yuria-sama, das Sindo, nicht überwacht wurde, war das ANBU-Team auch nicht darüber informiert, dass Opa Morikubo noch immer dort saß und sein Abendessen genoss. Und die Kommunikation innerhalb des Ortes war nicht auf Alarmstufe, sodass niemand das Team darüber informieren konnte, dass Yuriko und Kou noch nicht einmal an der Hyuuga-Residenz angekommen waren. Ihr einziger Gegner im Haus war also die Tsukigakure-Jounin, die ein uneheliches Kind mit Mamoru Morikubo hatte. Und die war ein kalkulierbares Risiko. Im Zweifelsfall würden sie das Nara-Kind eher zurücklassen, als sich aufhalten zu lassen, in der berechtigten Hoffnung, dass sie sich mehr für das eigene Kind interessierte als für das aus dem Nichts aufgetauchte Moeru-Balg. Der Plan war gut. Ziemlich gut sogar.

Im Haus angekommen, hielten sie ihre Tarnungen dennoch aufrecht. Der Anführer, als Kenshiro Morikubo getarnt, nickte seinen beiden Begleitern zu. Er würde als Hausherr Maria ablenken, und die beiden, die Yuriko und Kou mimten, würden die Kinder entführen. All das würde so schnell gehen, dass selbst eine Jounin wie Maria kaum wissen würde, was gerade geschah. Oder warum.

Die beiden nickten zurück, und der falsche Kenshiro atmete ein, um nach Maria zu rufen, als...

„Ich habe dir gleich gesagt, sie riechen falsch“, klang eine nörgelnde Männerstimme über ihnen auf. „Und Yuriko-chan riecht außerdem auch noch nach Männerschweiß.“ Etwas prallte irgendwo neben ihnen auf und trat in den kleinen Lichtkegel des Vorraums. Es war eine grau getigerte, recht große Katze. Genauer gesagt ein Kater. Von der anderen Seite klang ein amüsiertes Schnauben auf. „Und ich habe dir gleich gesagt, dass diese Typen so etwas gleich am ersten Abend versuchen würden. Wie nennen sie sich? ANBU-Nein?“ Nun trat auch von dort eine Katze ins Licht. Dieser Kater war schmaler, etwas länger, und schwarz wie die Nacht. „Und, was machen wir jetzt mit ihnen, Aniki?“

„Ich denke, das sollte Maria entscheiden.“

Eine dritte Person trat ins Licht. Eine große, junge Frau mit schwarzen Haaren und einer Zornesader, die auf ihrer Stirn pulsierte. „ Yūrei...“, sie sah den grau getigerten Kater an, „Yami...“, ihr Blick ging zum schwarzen Kater, „sie heißen ANBU-Ne, und sie werden jetzt wieder gehen, ohne eine Dummheit zu versuchen. Zum Beispiel zu versuchen, es mit uns dreien aufzunehmen. Oder zu hoffen, dass ihre Verstärkungen schnell genug hier sein könnten, bevor wir sie getötet haben.“

Der Anführer, noch immer in der Verkleidung als Kenshiro Morikubo, wollte das Zeichen zum Angriff geben. Dies war der gleiche Moment, in dem die beiden Kater aufhörten, ihr Chakra zu maskieren. Genauer gesagt fuhren sie es hoch, wie vor einem wirklich miesen Jutsu, und wurden damit zu Leuchtfeuern in Konoha für jeden, der über sensorische Fähigkeiten verfügte. Und damit war selbst dem dümmsten ANBU-Ne – in diesem Fall dem, der Kou Hyuuga darstellte – klar, dass sie es nicht nur mit sprechenden Katzen zu tun hatten, sondern mit Shinobi-Katzen. Brandgefährlichen Shinobi-Katzen.

„Was spricht dagegen, wenn wir sie sofort fertig machen, Anego?“, fragte Yūrei mit grollender, in den Bass abgleitender Stimme, während Chakra-Entladungen über sein Fell tanzten. „Töte einen ANBU-Ne, und warne damit einhundert ANBU-Ne.“

Maria lachte. „Ich bin kein Konoha-Shinobi. Ich habe eigentlich nichts dagegen. Aber Tsunade-sama wird es lieber haben, wenn sie eine Chance hatten, sich zurückzuziehen.“ Ihre Miene wurde hart und eiskalt. „Verschwindet. Jetzt.“

Was war es genau gewesen? Die Chakra-Präsenz der beiden Kater? Die stille Wut in den Augen der Tsukigakure-Jounin? Das drastisch schrumpfende Zeitfenster für die Operation? Oder die Todesdrohung, zu deren Ausführung eine Jounin mehr als in der Lage war, geschweige denn die beiden Shinobi-Katzen? Vielleicht alles zusammen. Der Anführer gab das Zeichen zum Rückzug. Fast zugleich verschwanden die drei Shinobi per Shunshin.
 

Maria atmete auf und wischte sich kurz über die Stirn. Ihr Adrenalin war bis zum Anschlag aufgedreht und ließ sie zittern. Es würde einige Zeit dauern, bis sie wieder „runter“ gekommen war. Auch die beiden Kater waren auf Kampfbereitschaft und mussten nun wieder herunter dimmen. Daher maskierten sie als erstes wieder ihr Chakra.

Yūrei knurrte wütend: „Ich hätte sie fressen sollen. Die kommen nämlich wieder, und dann hätten wir es mit drei weniger zu tun gehabt.“

„Ruhig, mein großer, böser und zu Recht wütender Katzenkrieger“, klang eine vierte Stimme auf, eine ruhige, weiche Frauenstimme im Sopran. Eine dritte Katze kam herbei. Sie war weiß und hatte rote Flecken über das Fell verteilt, der Schwanz war ebenfalls rot. Sie strich um die beiden Kater herum und rieb ihren Kopf an ihre, bis sie sich wieder besser im Griff hatten. „ Yūrei, Yami, eure Anego ist stolz auf euch.“

„Ach, darauf, Rin-sama? Die drei hätten wir mit Maria-chans Hilfe durchaus geschafft“, sagte Yami, noch immer mürrisch.

„Nein, darauf, dass ihr euch beherrscht habt“, sagte die Katze schnurrend. „Das macht Anego sehr zufrieden.“ Sie kicherte spöttisch. „Also arbeitet an euch, damit es so bleibt.“

„Jawohl, Anego.“

Die Katze zwinkerte zufrieden. „Zurück auf eure Posten.“

Die beiden Kater verschwanden, als hätte es sie nie gegeben. Die Katze aber sprang Maria auf den Arm. „Männer. Wenn du sie bestimmt behandelst, kannst du sogar mit ihnen auskommen. Sagt Fuse-sama immer, und ich denke mittlerweile, sie hat recht.“

Maria lachte und kraulte die Katze hinter den Ohren. Wirklich, sie fühlte sich sehr viel sicherer, seit Fuse, Kishios Katzendämon, angeboten hatte, einige ihrer Shinobi-Katzen zum Schutz des Morikubo/Moeru-Haushalts abzustellen. „Ich denke, ich behalte den Tipp mal im Hinterkopf.“

Langsam ließ das Zittern ihrer Hände nach. Sie wurde wieder ruhiger. Danzou würde der Hokage einiges zu erklären haben.



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