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Konoha Side Stories

von

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Der Regenmacher 12

Raiton... Was für eine Möglichkeit. Nachdem ich dank Asuma hart daran gearbeitet hatte, neben meiner Feuer-Affinität Wind zu meinem zweiten Element zu machen, um einige seiner besten Tricks übernehmen zu können - natürlich auch die nicht so guten - machte mich die Aussicht auf eine dritte Natur mehr als ein wenig nervös. Die Herrschaft über das Blitz-Naturell zu haben katapultierte mich automatisch in die Oberliga, in die Reihe derer, die Voll-Jounin waren, und unter ihnen noch eine Spur höher, wenn es mir gelang, Jutsu zu erlernen oder gar zu entwickeln, die alle drei Naturen kombinieren konnten. Dazu musste ich nicht einmal das Chakra mixen, ich musste nur verschiedene Künste aller drei Disziplinen kombinieren. Eine Sache hatte ich schon ausgearbeitet: Alle Entzündungs-Katons konnte ich mit Raiton viel leichter entflammen. Der Haken: Ich würde diese Affinität maximal fünf Wochen behalten können, danach würde mein Körper die fremden Haare von Kira und Kakashi wieder abstoßen. Dann würde ich, wenn ich weiterhin Raiton-Künste verwenden wollte, enorm viel Chakra aufwenden müssen, um meine Affinität zu wandeln. Luft war bereits schwierig für mich, aber nicht unmöglich. Blitz hingegen war weit von mir entfernt, eigentlich das Element, mit dem ich die geringsten Berührungspunkte habe. Eine Kunst, die ich aus eigenem Antrieb nie zu erlernen versucht hätte. Nun bekam ich sie geschenkt, wenngleich nur in einem sehr geringen Maß und für eine sehr begrenzte Zeit, denn die Haare produzierten von sich aus Raiton-Chakra, wenngleich nicht sehr viel. Aber es würde reichen, um jene "Blitzschläge" zu erzeugen, mit denen ich Kishio "foltern" würde, um das Interesse der Moerus zu wecken. Und vielleicht würde es noch für die eine oder andere Überraschung gut sein, denn davon lebte ein Ninja nun mal: Überraschung. Leider würde Kakashis bestes Jutsu, das Chidori, für immer und ewig aus meiner Reichweite bleiben. Und das war wirklich schade.
 

"Aniki."

Ich wandte mich um, als ich Kishios Stimme hörte. Nach dem Eingriff für die Haarverpflanzung - ich wollte es nicht eine Operation nennen - war ich in Konoha herum gewandert und stand nun in einem der Geschäftsviertel der Stadt. Wieder einmal drängte sich mir für Konoha der Vergleich mit einer jungen Frau auf, die sich aufgehübscht hatte. Ich mochte dieses Bild.

"Aniki?", fragte Kishio noch einmal, als ich nicht reagierte.

"Entschuldige, ich war in Gedanken. Was gibt es?"

Kishio drückte die Fingerspitzen beider Zeigefinger gegeneinander. "Äh... ja... ich entschuldige mich dafür, dass ich meine Beherrschung verloren und dich angebrüllt habe... Das hätte nicht passieren dürfen, egal, wie aufgebracht ich war. Und es hätte schon gar nicht passieren dürfen, wenn dritte anwesend sind und du dein Gesicht verlierst. Verzeih mir, bitte! Es tut mir leid!"

Verwundert runzelte ich die Stirn. "Aber du hast doch gar nicht geschrien. Zumindest nicht, dass ich mich erinnern könnte."

"Das ist hier nicht das Problem", erwiderte er. "Ich habe die Hierarchie missachtet und dich bloßgestellt. Unter vier Augen ist das in Ordnung, aber nicht vor Dritten. Und gerade nicht vor Mais Eltern."

"Otouto, dies ist Konoha. Du bist in ziemlich starren Clanstrukturen aufgewachsen, aber ich dachte, Du hättest mittlerweile gelernt, dass wir die Dinge hier etwas lockerer sehen. Wir sind weder die Hyuugas, noch die Uchihas. Wenn nicht dann, wann sonst hättest du mir wiedersprechen sollen?"

"Das ist etwas, was ich an dir nicht verstehe", gestand Kishio. "Einerseits bist du mein Taisho. Andererseits bist du so weich und nachgiebig, als würde dich dieser Status nicht interessieren. Als Beschützer der Moerus hast du einen Titel und einen Ruf zu wahren, egal wie liberal Konoha da auch ist. Letztendlich sind die Moerus noch strikter als die Hyuugas."

Ich runzelte die Stirn. "Denkst du nicht, dies wäre eine gute Gelegenheit, die, ah, Regeln etwas zu lockern? Du weißt doch selbst am Besten, wie sehr du unter deinem strikten Großvater gelitten hast."

"Es war damals die einzige Möglichkeit für den Clan, um zu überleben. Und selbst das hat uns letztendlich nicht vor Orochimaru retten können." Kishios Augen bekamen etwas Verlorenes, was ich dort lange nicht gesehen hatte.

Ich nickte unmerklich. Die Geschichte der Moerus, also der Hauptfamilie des Uzumaki-Clans und den überlebenden Moerus, war mir mehr als bekannt. Als ehemalige Verbündete Konohas hatten sie einen hohen Stellenwert genossen, aber nach Zerstörung des Heimatdorfs der Uzumaki hatten sie sich dem Land der Reisfelder zugewandt, nicht Konoha. Nun aber wollten wir den Fehler korrigieren und die Überlebenden hier in Konoha konzentrieren. "Mit Konoha zusammen wird es mehr Möglichkeiten zum Überleben geben, Otouto. Und mehr Freiheiten."

"Eine komische Aussage von einem militärischen Führer", sagte Kishio, halb ernst, halb im Scherz.

"Hm. Lass es mich mal so formulieren. Hast du je bemerkt, dass ich im Feld gezögert hätte, einen Befehl zu geben? Hattest du je das Gefühl, ich würde zögern oder zaudern, auch gefährliche Befehle auszusprechen?"

"Nein."

"Ich habe auch nicht vor, je zu zögern. Ich habe zu viele Genin trainiert und aus ihnen Drei Mann-Zellen gemacht, um nicht mit jeder Form von Schwierigkeit vertraut zu sein, von einfachem Trotz bis hin zu Insubordination."

"Insub-was?"

"Äh, offenes Aufbegehren", erklärte ich. Manchmal vergaß ich, dass Kishio sein halbes Leben in der Wildnis verbracht hatte. Der Junge holte so verdammt schnell auf, dass ich manchmal selbst daran zweifelte, ihn irgendwo halbtot im Wald aufgelesen zu haben, anstatt zu glauben, er wäre ein echter Konoha-Junge. "Aber hier in Konoha... Natürlich ist es nicht nett, wenn du mir vor Mais Eltern widersprichst. Aber wann hättest du dann widersprechen sollen?"

Kishio druckste verlegen. "Später. In einem Hinterzimmer. Nicht vor deinen Gästen. Ich habe mich hinterher sehr unwohl gefühlt, mich beinahe geschämt. Nein, Aniki, ich hätte nie so reagieren dürfen. Zwar hatte ich kurz zuvor mit Mai-chan gesprochen, wir haben alles geklärt zwischen uns, daijoubu, und hatten vereinbart, es langsam angehen zu lassen - da kommen wir wieder rein und man erklärt uns, wir wären jetzt verlobt."

"Na, dann weißt du ja, wie ich mich gefühlt habe, als mir der Rat nahegelegt hat, Maria zu heiraten", erwiderte ich trocken. "Oh, ein Eigentor."

"Mein Hauptproblem ist einfach, dass du mir die Wahl gelassen hast. Hättest du radikal gesagt: Otouto, du tust das jetzt zum Wohle der Nara, zum Wohle Konohas und zum Wohle Mais, was hätte ich da erwidern sollen? Aber es ist ja alles freiwillig. Und wenn du mir Freiheiten gewährst, dann nutze ich sie auch. Aber das reicht noch nicht als Ausrede, dich vor den Eltern meiner Verlobten derart bloßzustellen. Deshalb bitte ich dich, meine Entschuldigung anzunehmen."

"Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob du das tatsächlich musst, Kishio, aber ich nehme die Entschuldigung an. Und ich verspreche dir, das nächste Mal, wenn ich versuche, dein Leben umzukrempeln, beziehe ich dich von Anfang an mit ein."

"Du meinst, du willst so was noch mal mit mir machen?", fragte Kishio mit hochgezogenen Augenbrauen.

"Wer weiß, wer weiß? Wir werden noch eine sehr lange Zeit zusammen bleiben, Kishio. Unser ganzes restliches Leben noch. Und ich kann heute noch nicht sagen, was uns alles passieren wird." Ich lächelte und reichte ihm die Hand. "Manchmal bin ich ein wenig egoistisch oder sehe die Welt nicht, weil ich Scheuklappen aufhabe. Und ich bin auch nicht dein Großvater und nicht das, was du als Taisho gewohnt bist. Ich bin eben nur ich. Das sind meine größten Fehler. Aber willst du es trotzdem mit so einem dummen Aniki probieren?"

Nun, zumindest lächelte er wieder. Er ergriff meine Hand und drückte sie fest. "Jederzeit. Und es ist vielleicht ganz gut, dass es so passiert ist und nicht anders. Ich denke, es wäre eh an der Zeit gewesen, unsere Beziehung neu zu definieren, jetzt, wo ich tatsächlich wieder so etwas wie einen Clan habe. Ich meine, du bist der Mann, der mich gerettet hat, als ich ganz am Ende war. Du hast mich zu meinem Bruder geführt und uns wieder miteinander vereint. Du warst mir Halt und Stütze, wann immer ich dich gebraucht habe. Aber der Clan ist der Clan, und..."

"Und da habe ich nichts zu sagen, verstehe."

"Ja. Nein. Ja. Du hast mir was zu sagen, und damit auch dem Clan. Und die meisten Dinge, die du anordnest, wird Shin-chan auch ohne Rückfragen ausführen. Weil du Teil der Familie bist. Aber eben mit der Einschränkung, das er nichts tun wird, was mir schaden könnte - nicht, dass ich glaube, du würdest je so etwas anordnen. Und im Prinzip muss alles über mich laufen, was den Clan und seine Mitglieder betrifft. Ich bin das Oberhaupt." Entschlossen sah er mich an. "Verstehst du das, Aniki? Ich kann halt nicht aus meiner Haut raus. Und sollte der Clan jetzt wieder größer werden, dann... Nun."

Ich lachte abgehackt und klopfte ihm auf die Schulter. "Schon gut, schon gut, ich wollte dir nie deinen Clan wegnehmen. Und ich wollte auch nie einen Untergebenen haben, sondern tatsächlich einen kleinen Bruder. Auch wenn die Bedeutung, die du in das Wort Aniki liegst, durchaus strenger interpretiert wreden kann. In deine internen Clan-Angelegenheiten werde ich dir nicht reinreden. Aber es wird mich freuen, wenn du hier und da meinen Rat annimmst."

Er lächelte und legte die Rechte auf meine Hand. "Das werde ich. Das weißt du doch, Aniki."

Oh ja, das wusste ich tatsächlich.

"Ach, und da ist noch etwas." Nun wirkte er verlegen, als er seine Hand abnahm.

Ich nickte in Richtung eines Teehauses. "Dauert es länger? Wollen wir dazu Tee trinken und ein paar Dangos essen?"

"Dazu sage ich nicht nein!", rief er fröhlich.

Ich zog meine Hand zurück und legte ihm den Arm um die Schultern. Was war er doch für einen weiten Weg gegangen vom verschreckten Wild, ständig auf der Hut zu jemandem, der hier und heute fast wie ein normaler Mensch leben konnte. Wirklich, ich war sehr stolz auf ihn.

"Geht es um deine Verwendung als ANBU? Kannst du es nicht mehr erwarten?", scherzte ich. "Immerhin kriegst du ja bei der Mission schon einen gewissen Vorgeschmack, wenn du mit einem echten ANBU in einer Drei Mann-Zelle arbeitest."

"Äh, nein, darum geht es nicht. Und es wird auch keine Dreier-Zelle werden. Ich habe von Kintaro gehört, dass wir ein viertes Mitglied kriegen." Er grinste frech. "Scheint so, als wäre der Spitzname für deine Gruppe mehr und mehr gerechtfertigt, Aniki."

"So?" Ich orderte Tee und Dangos für uns beide. Doppelte Portionen, denn ich wusste, dass Kicchan diese spezielle Süßspeise sehr mochte. "Wie lautet denn der Spitzname?"

"Mamorus Wanderzirkus."

Ich lachte abgehackt. "Ja, das passt.

Und, worüber willst du mit mir sprechen?"

"Es geht um das Schauspiel, das wir laut der Godaime Hokage veranstalten sollen, Aniki..."

Für einen Moment glaubte ich, eine Erkenntnis zu haben. "Der Part als Sklave macht dir Sorgen, nicht? Dass deine Autorität als Clanführer leiden könnte, wenn du dich öffentlich derart erniedrigst, auch wenn es nur eine Show ist. Das tut mir leid. Falls ich eine bessere Idee habe, wie wir unsere Suche umsetzen können, werde ich..."

"Nein, das ist es nicht, Aniki." Er dachte kurz nach. "Auch. Aber für einen Shinobi ist so etwas bei einem Auftrag nicht wichtig. Doch Fakt ist, wir brauchen es nicht. Genauer gesagt ist es sogar kontraproduktiv, denn wir können uns nicht gegenseitig anlügen. Wenn die Moerus erkennen, was für eine Farce wir für sie abhalten, könnte sie das verschrecken.

Abgesehen davon, dass wir auf diese Weise Orochimaru anlocken würden. Ich weiß nicht, ob Tsunade-sama genau das geplant hat, aber ich wette mit dir, er wird zumindest Leute dorthin schicken, wohin immer ich mich wende."

"Er hat Spione in Konoha, die wir noch immer nicht entdeckt haben. Vielleicht liest er auch einfach nur ein paar Zeitungen aus Konoha, ich weiß es nicht", bestätigte ich. "Aber wenn wir die anderen Moerus aufspüren wollen, müssen viele Gerüchte über dich kursieren. Gerüchte sind schneller als das Licht und werden sie neugierig machen."

"Nein, das ist ja der Punkt. Wir brauchen das alles nicht."

Ich musste zugeben, ich war baff. Tee und Dangos kamen, und ich starrte Kishio mit offenem Mund an. "Wieso?"

"Wir sind Moerus", sagte er schlicht und zuckte die Schultern.

"Und das bedeutet?"

Für einen Moment sah er mich verwundert an. Dann aber schien es Klick zu machen. "Aniki... Ich bin der stärkste Moeru, der gerade lebt. Ich habe eine so verdammt große Reichweite, dass ich einmal um die ganze Welt auf meinen eigenen Hintern gucken kann."

"Und was hat die verdammt große Reichweite mit... Oh."

"Ja. Genau. Die Moeru-Kommunikation. Wir müssen nichts schauspielern, müssen nichts versuchen zu erreichen. Ich muss sie einfach nur rufen. Und wenn Shinpa-chan und ich uns aufteilen, decken wir fast den doppelten Bereich ab. Wir rufen sie, und die Moerus werden uns hören. Und wenn sie das, was wir ihnen vorschlagen werden, anhören wollen, werden sie sich melden." Er schnaubte leise. "Ich bin zu lange mit dir unterwegs, Aniki. Damals, in meinem Dorf, wäre es undenkbar gewesen, einem einfachen Clansmitglied die Entscheidung zu lassen, ob er oder sie dem Ruf des Clansführers vielleicht antwortet. Sie hatten es zu tun! Oft genug hing unser aller Überleben von dieser Reaktion, dieser Treue ab. Und ehrlich gesagt, wenn sie mir nahe genug kommen, könnte ich sie zwingen. Denn ich glaube nicht, dass es einen lebenden Moeru gibt, der stärker ist als ich. Aber... Was nützt es, sie zu zwingen zu etwas, von dem sie nicht überzeugt sind? Das ist Sklaverei, und da ich genügend Formen von Zwang und Hilflosigkeit erlebt habe und weil ich die Einstellung Konohas zu diesem Thema kenne, werde ich ihnen die freie Wahl lassen, sich mir anzuschließen, und damit Konoha. Die Alternative wäre, dass Kintaro, Shina-nii und ich ihre Kanshi versiegeln, damit sie nicht gegen Konoha, nicht gegen uns eingesetzt werden können."

Ich schwieg beeindruckt. "So, so. Du rufst also einfach nach ihnen. Und wenn sie gute Laune haben, werden sie antworten."

"Das ist besser als anders herum, wenn wir versuchen, sie mit obskuren Gerüchten anzulocken. Das hat Orochimaru sicherlich ein paarmal selbst probiert. Sie werden da sensibel sein. Sehr sensibel."

"Bleibt aber immer noch der Punkt, ihr Interesse zu wecken, damit sie dir nahe genug kommen, um dich zu hören. Abgesehen davon, dass sie vielleicht nicht erbaut sein könnten, ihre Kräfte versiegelt zu bekommen. Aber immerhin, es ist besser als ewig von Orochimaru gejagt zu werden."

Kishio grinste schief. "Dafür haben wir doch dich, ewiger Chunin. Ich bin sicher, ein Shinobi wie du, um den sich so viele Legenden ranken, wird von ihnen zumindest oberflächlich kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass er keine Gefahr für sie ist." Ein Seufzen folgte. "Falls die Moerus, deren Existenz wir vermuten, auch nur annähernd so sicherheitsbedürftig sind wie damals im Dorf."

Ich trank von meinen Tee und aß einen Spieß Dangos. "Heißt das also, ich habe mir Kiras Haare ganz umsonst einpflanzen lassen?"

"Das liegt ja wohl einzig an dir. Immerhin, Kakashi-sensei will dir ein paar kleinere Tricks beibringen, richtig? Das alleine ist es doch schon wert. Apropos, zeig mal her."

Ich wandte den Kopf, sodass er meinen Hinterkopf sehen konnte, auf dem nun ein Büschel von Kiras Haaren prangte. Kishio kicherte so sehr, dass er beinahe seinen Tee verschüttete.

"Was ist?", fragte ich irritiert.

"Aniki, die Haare sind so hell und so ungünstig platziert, es sieht aus, als hättest du da schon eine Platte."

"Na, danke", murrte ich. Kira würde seine Haare aber sowas von zurückkriegen, wenn die Mission vorbei war...

"Warte, ich weiß, was dich tröstet. Noch zwei Portionen, bitte!", rief Kishio.

"Und?", hakte ich nach, während ich den frischen Tee lächelnd entgegen nahm. "Wer wird der vierte ANBU sein?"

"Kin-chan musste es auch nicht, aber ich hoffe, es wird Neko-san sein. Er hat ein gutes Chakra und ich denke, wir würden gut zusammenarbeiten."

Neko-san, das war der ANBU, der das Team anführte, das zur Überwachung der Moerus angesetzt war. Zumindest nannte Kishio ihn so, weil er meist eine Katzenmaske trug. Und natürlich kannte er auch den richtigen Decknamen des ANBU: Tenzou. Aber er bevorzugte den Namen, den er Tenzou selbst gegeben hatte, warum auch immer. Da schlug wahrscheinlich der Shinobi in ihm durch, der ums Verrecken nicht leichtfertig Informationen weitertrug. Gute Eigenschaften für einen Ninja.

Und es würde Sinn machen, wenn Tenzou uns begleitete. Er kannte die Moerus bereits. Andererseits hatte ich leise Zweifel daran, dass er sich unter Kishio als Taisho so ohne weiteres einfügen würde, aber das sprach ich nicht aus. Spätestens wenn wir beide die Moeru-Kommunikation wieder etablierten, würde er von diesen Gedanken erfahren. Kein Grund, ihm jetzt schon den Tag zu versauen.

"Du glaubst nicht daran, dass es Neko-san wird, nicht, Aniki?", fragte er enttäuscht.

Hatte er mir meine Gedanken am Gesicht abgelesen? Mist. "Nein", gestand ich. "Aber ich denke, du hast Recht. Er hätte sich gut im Team gemacht."

Ich aß einen weiteren Spieß Dangos. "So, kleiner Bruder, wir futtern hier auf, und dann gehen wir zu Tsunade-sama. Wenn sie Zeit für uns hat."

"Um was zu tun?", fragte Kishio argwöhnisch.

"Um sie erstens zu fragen, welcher ANBU uns zusätzlich begleiten wird. Nicht, dass ich etwas dagegen habe, neben Kintaro einen weiteren ANBU mitzunehmen. Wenn wir Ärger mit Orochimaro, Akatsuki oder einem der anderen großen Dörfer bekommen, können wir die zusätzliche Kampfkraft sicher gebrauchen." Für einen Moment spürte ich mein Blut hochkochen. Oh ja, Orochimaru-sempai, ich wünschte mir, dass er uns verfolgte, damit ich die Gelegenheit bekam, die Rechnung zwischen uns auszugleichen. Er hatte mich zum Sterben zurückgelassen, in den Mittelpunkt einer Sprengfalle platziert und war dann seiner Wege gegangen. Das würde ich ihm zurückzahlen, bis auf den letzten Ryou! Und danach würde ich eifrig Zinsen zahlen!

Kishio legte mir eine Hand auf die Schulter und lächelte mich an. In diesem Moment wusste ich nicht, ob er meine Gedanken lesen konnte, oder sie nur erriet, aber sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass er die Sache mit mir durchziehen würde, bis zum bitteren Ende. Auch er hatte mehr als genügend Gründe, den Konflikt mit Orochimaru zu suchen.

"Und was ist der zweite Grund, Aniki?"

Ein flüchtiges Lächeln huschte über mein Gesicht. "Wir werden ihr erklären müssen, dass ihr Plan mit einem Sklaven Kishio, der von mir mit Elektroschocks traktiert wird, leider nicht funktioniert."

"Na, das kann ja was werden", murmelte Kishio ernüchtert.

***

"WAS?"

Wie ich befürchtet hatte - Tinnitus. Ich prokelte mir mit beiden kleinen Fingern in den Ohren und sah dabei Tsunade-sama vorwurfsvoll an. Das schien sie für einen kleinen Moment verlegen zu machen. Kishio hingegen grinste mich verstohlen an. Er hatte sich Watte in die Ohren gestopft, etwas, was ich natürlich nicht gekonnt hatte, wenn ich der Hokage antworten wollte, wenn sie etwas sagte.

Dabei hatte es so vielversprechend angefangen. Wir hatten an ihr Büro geklopft, und Shizune-chan hatte uns hocherfreut geöffnet. "Ah, Kishio-kun, Mamoru-san. Gerade wollte ich nach euch schicken lassen. Da sparen wir gleich Zeit. Kommt rein."

Also waren wir eingetreten und vor Tsunade-samas Schreibtisch getreten.

"Ah, Mamo-chan, Kicchan, das spart uns Zeit. Ich wollte euch eh herrufen, um euch das vierte Teammitglied für Kishio vorzustellen. Meine Wahl fiel auf einen kampfstarken ANBU, der für die Möglichkeit beitritt, dass sowohl du, Kishio, als auch Shinpachi beschützt werden müssen, während Ihr mit euren Kanshi recherchiert. Zugleich ist er ein erfahrener Feldagent und ein Infiltrator, also die perfekte Ergänzung für eure Fähigkeiten." Sie grinste zufrieden. "Aber erzählt. Was führt euch von selbst her?"

Nun, in diesem Moment machte ich den Fehler, ES TATSÄCHLICH ZU SAGEN!

Da standen wir also, ich mit einem Pfeifen im Ohr, Kishio mit unbewegter Miene und Tsunade-sama teils peinlich berührt, teils verärgert. "Lass mich mal", murrte sie schließlich, kam um den Schreibtisch herum und legte beide Hände auf meine Ohren. Nach einiger Zeit ließ das Pfeifen nach.

"Danke, Tsunade-sama", sagte ich erleichtert. "Du hast aber auch Atü auf der Stimme."

"Das kommt davon, wenn man mit Jiraiya und Orochimaru in einer Gruppe sein muss. Irgendwann lernt man da das Brüllen, sonst dringt man nicht zu den beiden durch." Sie dachte kurz nach. "Aus unterschiedlichen Gründen, natürlich.

Aber jetzt erklär mir mal, warum mein exzellenter Plan nicht funktioniert. Und du, Kicchan, nimm die Watte aus den Ohren."

Kishio musste sie nicht verstehen. Ihr Blick in seine Richtung sagte genug aus, also entfernte er die Watte wieder.

Danach setzte sie sich wieder hinter ihren Schreibtisch und wir erklärten ihr ausführlich, warum es einerseits nicht notwendig war, die Moerus anzulocken, dass es sogar kontraproduktiv sein konnte, weil Orochimaru das sicher auch schon probiert und die Moerus damit sensibilisiert hatte, und dann andererseits, dass ein "versklavter" Kishio, der kein Sklave war, sie für immer vertreiben konnte, weil sich Moerus nicht anlügen konnten. Immerhin, sobald sie Kontakt zu Kishio hatten und es verstanden, sich vor ihm zu verbergen, bestand die Möglichkeit, dass sie die Wahrheit erfuhren, ohne sich offenbaren zu müssen. Und je näher wir uns dann an der Wahrheit hielten, desto wahrscheinlicher war es dann, dass die Dinge so laufen würden, wie wir sie uns wünschten.

Tsunade-sama hatte uns bei unserer zweistimmigen Erklärung nicht unterbrochen, und nun saß sie da und grübelte. Sie wirkte enttäuscht, was mich verwunderte. Bis ich begriff, oder vielmehr erriet, dass sie ein Freund von solchen Scharaden war. Vor allem, wenn sie Blutvergießen verhinderten. Sie war ganz Ninja, und wenn jemand oder etwas gewonnen werden konnte, ohne kämpfen zu müssen, war dieser Weg ihre erste Wahl. Erst wenn dieser Weg scheiterte, kämpfte sie. Dann aber ohne Kompromisse und ohne falsche Zurückhaltung.

"Also gut", murmelte sie. "Kein unwillfähiger Diener, der mit Elektroschocks gebändigt wird. Ich sehe ein, dass wir außerdem Orochimaru nicht mit Gewalt anlocken sollten. Wahrscheinlich wird er euch sowieso auf den Fersen sein. Wenn er nicht gleich eines der "leeren Kinder" einsetzt, die Kishio bereits einmal angegriffen haben." Ihr Blick war ernst, als sie Kishio ansah. "Das bedeutet Verkleidung für euch. Und weil wir gerade beim Thema sind, am besten eine ANBU-Ausrüstung. Du bist zwar formell kein ANBU, Kicchan, aber du bringst die Voraussetzungen für einen von ihnen mit. Außerdem hast du Anführerqualitäten. Das hast du oft genug bewiesen, wenn du die Gruppe anstelle von Mamo-chan führen musstest. Deshalb unterstelle ich die ANBU auch dir. Zumindest für diese Mission. Ihr alle seid aber Mamo-chan unterstellt, und er hat in jeder Angelegenheit das letzte Wort, verstanden?"

"Das steht außer Frage", sagte Kishio.

Als Tsunade-sama eine Augenbraue hob, schluckte der Moeru kurz. "Verstanden, Hokage-sama."

"Was uns gleich zum richtigen Punkt bringt. Die beiden ANBU, die dich begleiten werden, Kicchan. Kintaro kennst du ja schon, aber den anderen Kandidaten noch nicht. Kitsune!"

"Tsunade-sama!" Vor ihrem Schreibtisch kam ein ANBU aus dem Shunshin, dem Step, auf dem rechten Knie ruhend, die Rechte auf dem Boden aufgesetzt. Ich sah ihn von hinten, gekleidet in die typische graue Weste der ANBU, und ich spürte dankenswerterweise keine Anzeichen dafür, dass er ein ANBU-Ne war. Sie, korrigierte ich mich. Meine sensorischen Fähigkeiten signalisierten mir, dass ich es mit einer Frau... Ich versteifte mich, als ich das Chakra erkannte. Sicher, letztendlich hatten sie sich vertragen, aber dies war die Frau, die ausgerechnet in Puny-samas Haus meinem kleinen Bruder ohne Erlaubnis penetrant zu nahe gekommen war.

"Kitsune. Du wirst unter Kishio no Moerus Kommando in Mamoru Morikubos Einheit dienen. Dein Deckname für die Operation wird Hitomi sein."

"Äh, Tsunade-sama, mein wirklicher Name ist...", begehrte sie auf, aber sie stockte im Wort, als sie Tsunade-samas bösen Blick sah.

"Denkst du, ich weiß das nicht, Hitomi-chan? Für den Einsatz verzichtet Ihr auf ANBU-Kleidung, aber nicht auf die ANBU-Ausrüstung, verstanden?"

"Verstanden, Tsunade-sama." Die junge Frau erhob sich und riss sich die Maske vom Kopf. Dass sie weit mehr tat, erkannten wir, als sie kurz darauf in einem kurzen violetten Kimono dastand, der halb auf den Oberschenkeln endete und die bei einigen Kunoichi üblichen Bandagen an den Beinen zeigte. Ihr Haar war braun und lang, und ihr Konoha-Stirnband lag um ihren Hals. Sie war so hübsch, wie ich sie in Erinnerung hatte. Aber ihr Gesicht war geprägt von einem ängstlichen Aspekt. Woran das lag, konnte ich mir lebhaft denken.

"Auf gute Zusammenarbeit, Morikubo-sama, Moeru-sama!" Sie verbeugte sich tief vor uns beiden.

Ich spürte, wie es in Kishio arbeitete. Die Situation war ihm nicht einfach unangenehm, sie störte ihn. Wusste das Mädchen überhaupt, welcher Herausforderung es sich da stellte? Vielleicht ja.

Tsunade lächelte. Und so, wie sie das tat, geschah gerade etwas so, wie sie es geplant hatte.

"Mamo-chan, du hast einen Termin mit Kakashi, nicht wahr? Und Kicchan, Hitomi steht ab sofort unter deinem Kommando."

"Ich... Verstehe, Tsunade-sama."

Und sie grinste immer noch. Was immer sie plante, es war in vollem Gange. Verdammt.

"Also dann, ich verabschiede mich", sagte ich, verbeugte mich vor der Hokage und verließ das Büro. Ich konnte nur hoffen, dass Kishio ab hier besonnen agierte und die richtigen Entscheidungen traf. Denn der renitenteste Untergebene, den er je in Konoha gehabt hatte, war Kira gewesen, und der war nicht wirklich aus Prinzip renitent gewesen. Wie also würde er mit Hitomi umgehen? Mir war klar, dass es eine Lektion war, die er als zukünftiger Anführer einer ANBU-Einheit lernen musste. Das machte es aber nicht weniger ärgerlich für mich. Verdammte Pflicht. Die stille Hoffnung, dass dieser Kontakt gut ausgehen würde, schob ich weit von mir. Ich war kein Träumer.

...Gut, ich WAR ein Träumer, aber auch Realist.

***

"Kakashi-sempai."

Der weißhaarige Ninja schreckte hoch, als er meine Stimme hörte. "Mamo-chan?"

Wie üblich, wenn ich ihn schnell finden wollte und er in der Stadt war, hatte ich Kakashi auf dem Heldenfriedhof gesucht. Und gefunden. Er hatte bei der ewigen Flamme gestanden und so getan, als würde er in seinem Lieblingsbuch lesen. Er klappte es zusammen. "Ist es denn schon soweit?"

"Hm. Eine Zeit wurde mir nicht gesagt. Aber ich wusste, wo ich dich finde." Ich tippte ihm gegen die Brust. "Nämlich in der Vergangenheit."

Für einen Moment sah er mich verdutzt an, dann aber lächelte sein rechtes Auge. Erstaunlich, wie er mit einem Gesicht, das zu fast achtzig Prozent verdeckt war, Emotionen ausdrücken konnte. "Gomen, Mamo-chan. Es fällt mir immer noch schwer, mich von meinen eigenen Dämonen zu lösen. Ich stehe oft hier und frage mich..."

Ich hockte mich vor das Mahnmal und berührte den Stein, bevor ich den weißhaarigen Ninja unterbrach. "Wann und wo ich etwas hätte besser machen können. Was passiert wäre, hätte ich eine Sekunde schneller reagiert oder eine andere Entscheidung getroffen. Wäre jenen Weg gegangen und nicht den, den ich genommen habe. Und war es weise, sich zu dem einen Zeitpunkt nicht von meinen Kameraden zu trennen, war es weise, sich doch von ihnen getrennt zu haben?"

"Du fasst das ziemlich gut zusammen", gestand er.

"Weil es die gleichen Dämonen sind, die mich beuteln, Kakashi. Weil ich ebenso verloren habe. Wir alle haben verloren. Das ist kein Privileg eines Ninjas, aber Ninjas leben schneller und sterben jünger, deshalb kriegen wir davon besonders viel ab." Meine Hände krampften sich um den Stein, bis meine Knöchel weiß hervor traten. "Ich komme selbst ab und zu hierher und setzte mich an Sarutobi-senseis Grab und frage mich, was wohl gewesen wäre, hätte ich meine Truppe nur einen halben Tag früher nach Hause gebracht, als Suna und Oto uns angegriffen haben. Hätte ich Hiruzen Sarutobi retten können? Nein, sicher nicht. Aber wäre meine Truppe damals das Zünglein an der Waage gewesen und hätten wir dadurch den Angriff verhindern können? Vielleicht früher kippen können? Und wäre ich nie auf diese verdammte Mission gegangen, hätte ich Gekko zur Seite stehen können, um sein Leben zu retten? Ich weiß, ich hätte es zumindest versucht, auch wenn es mein Leben gekostet hätte. Ich habe nie gezögert und mich selbst auch in aussichtslose Situationen gestürzt. Ich habe nie von vorneherein aufgegeben. Dennoch zehren diese Dämonen an mir mit ihren Was wäre wenn's und Wie wäre es gewesen's... Sie fressen an mir, an meiner Seele, und werden Tag für Tag für Tag satter. Und sie werden mehr und mehr mit jedem Tag, mit jeder Mission."

Kakashi schwieg. Was hätte er auch darauf sagen sollen?

Ich erhob mich abrupt. "Aber weißt du, was die Dämonen im Zaum hält, Sensei? Ich mache es besser, im Hier, im Jetzt, für diejenigen, die ich liebe und die noch am Leben sind. Ich behaupte nicht, dass ich perfekt bin, oder dass ich es für sie besser mache, aber ich versuche es zumindest."

"Und das funktioniert?", fragte er.

"Ich habe auf jeden Fall weniger Zeit, um mir wegen Gekko und Sarutobi-sensei Selbstvorwürfe zu machen", erwiderte ich.

"Das war ein Tiefschlag."

"Zweifellos", erwiderte ich dünn lächelnd.

Kakashi seufzte geräuschvoll und klappte sein Buch zu. "Vielleicht sollte ich mich wirklich mehr auf die Gegenwart konzentrieren."

"Du hast mir schon einmal gesagt, die Vergangenheit hätte zu viel Macht über dich und du wolltest das ändern", erinnerte ich ihn.

"Ich habe es nicht geändert", erwiderte er.

"Augenscheinlich nicht. Aber das ist in Ordnung. Wenn du es weißt, bist du schon einen Schritt weiter."

Er schnaubte erneut, doch diesmal amüsiert. "Also zurück in die Gegenwart. Bereit für eine kleine Lehrstunde in Raiton, Mamoru Morikubo?"

"Äh, das wollte ich auch noch erwähnen. Die Geschichte mit dem Sklaven, den ich mit Blitzen foltere, hat sich erledigt. Du brauchst mir also nichts beibringen, Kakashi-sempai."

"So? Du hast aber immer noch Kiras und meine Haare, oder?", fragte er.

Ich nickte. "Und?"

"Weißt du, ich wollte dir nicht nur beibringen, wie du Kishio vermeintlich mit Blitzen quälst. Ich wollte dir noch den einen oder anderen Trick mitgeben. Sicher, dein Raiton wird von einer erbärmlichen Schwäche sein, sodass sogar Kira darüber lachen wird, aber... Es gibt da eine Sache, die du lernen musst, Mamo-chan."

Ich gebe zu, mein Interesse war erwacht. Ach, Quatsch, es loderte hell auf. "Und das wäre, Kakshi-sensei?"

"Folge mir, und ich erkläre es dir." Er verschwand per Step. Ich setzte ihm nach.

Ich verrate nicht zuviel, wenn ich erzähle, dass das, was ich von ihm lernte, erfuhr und tat, jemandem auf der Mission im Yuki no Kuni das Leben gerettet hat.

***

"Kishio-sama?", fragte die junge Frau vorsichtig, nachdem sie dem Moeru bereits zwanzig Minuten gefolgt war, ohne dass dieser eine Reaktion auf sie gezeigt hatte. Er hatte ihr lediglich zu verstehen gegeben, ihm zu folgen. Und so irrten sie durch die Straßen, scheinbar wahllos und ziellos. Für einen Moment erwischte sie sich dabei, wie sie nach der Schulter des Rothaarigen greifen wollte, aber sie hielt sich zurück, rechtzeitig. "Kishio-sama?"

Endlich zeigte er eine Reaktion, sah sie an und lächelte. "Dreizehn Minuten länger, als ich dir zugetraut habe. Interessant. Folge mir." Er verschwand mit Step, und Hitomi beeilte sich, ihm nachzukommen.

Im Stadtwald Konohas beendeten sie den Step. Kishio ließ sich in einer eleganten Geste in den Saiza nieder und bedeutete der jungen Frau, vor ihm Platz zu nehmen.

Ebenfalls im Saiza ließ sie sich nieder.

"Den Test hast du bestanden. Du hast abgewartet, aber nicht bis in alle Ewigkeit", sagte Kishio mit zufriedener Stimme. "Aber du hast länger gewartet, als ich von deinem Auftritt bei Puny-sama erwartet habe, deshalb bewerte ich es als eine positive Entwicklung."

Er sah sie freundlich, aber auch distanziert an. "Warum willst du an dem Auftrag teilnehmen?"

Sie senkte den Blick. "Ich bin ANBU. Ich frage nicht nach den Gründen für meine Aufträge, sondern führe sie aus."

"Hitomi-kun", mahnte Kishio.

Verlegen sah sie auf. "Also gut, ich habe ausdrücklich darum ersucht, bei deiner nächsten Mission dabei sein zu dürfen, Kishio-sama. Ich habe damals in Puny-samas Haus einen unverzeihlichen Fehler begangen, habe mich, obwohl ich eine Anfängerin war, als Meistertherapeutin aufgespielt und bin grandios gescheitert. Ich habe Mist gebaut, der unter anderen Umständen ein Leben hätte vernichten können, und dafür bin ich nicht zu Puny-sama gegangen. Im Gegenteil. Ich wollte erlernen, wie ich in meiner Arbeit auch positive Aspekte erleben und herbeiführen kann. Das ist gescheitert, weil ich zu schnell zu viel wollte und mich überschätzt habe. Zudem war ich vor Eifer blind für die kleinen Zeichen..." Spontan verbeugte sie sich. "Ich kann mich gar nicht genug entschuldigen. Meine Sempais haben mir ordentlich den Kopf gewaschen und es hat eine Zeit gedauert, bis ich eine weitere Sitzung begleiten durfte, bis man mir wieder vertraut hat. Aber du vertraust mir nicht, Kishio-sama, und dabei bist du derjenige, dem ich den größten Schaden zugefügt habe." Ein unsicheres Lächeln spielte um ihre Lippen. "Ja, an dieser Stelle kann man es belassen, wir gehen jeder unsere getrennte Wege und dienen Konoha auf unsere eigenen Arten. Aber es war mein verdammter Ehrgeiz, der mich meinen Weg einschlagen ließ, und ich will verdammt sein, wenn ich dir nicht beweisen kann, dass ich meine zweite Chance wert bin."

Kurz huschte ein Schmunzeln über Kishios Züge, eine Ahnung, ein flatternder Schmetterling, nicht lang genug, um sagen zu können, dass es wirklich da gewesen war. "Das kann ich akzeptieren." Er beugte sich vor. "Was bringst du in die Einheit?"

"Kishio-sama?"

"Ich werde meinem Aniki berichten müssen, was deine Stärken und Schwächen sind. Dazu muss ich sie von dir erfahren. Vielleicht legen wir sogar noch einen Testkampf ein, wir werden sehen. Aber ich brauche ein klares Bild von dir, vor dem Einsatz, damit ich weiß, wie du eingesetzt werden kannst. Und Aniki braucht meine Einschätzung von mir über dich, damit er mein Team entsprechend einsetzen kann."

Die junge Frau straffte sich. "Mein Element ist das Feuer, wie bei vielen hier in Konoha. Aber ich arbeite hart an einer Erd-Affinität. Mein Ziel ist es, spezialisierte Jounin zu werden, und, oder ein ANBU-Team zu leiten. Ich bin eine Expertin im Taijutsu, meine größte Kraft aber liegt im Genjutsu." Sie schwieg für einen Moment, dachte nach. "Als Kunoichi bin ich als Hana ausgebildet worden."

"Hana?", fragte Kishio interessiert.

"Ein interner Begriff, den du sicher noch nicht kennst. Wir Kunoichi tragen ihn nicht oft nach draußen, weil er Männer... Nun, manchmal auf dumme Gedanken bringt. Wie soll ich das erklären? Ich habe besonderes Training in der Infiltration erhalten und dabei gelernt, mein hübsches Gesicht und meinen weiblichen Körper einzusetzen. Ich wurde ausgebildet, um als Kurtisane zu dienen, um hochklassige Gesellschaften infiltrieren zu können."

"Kurtisane... Das beinhaltet auch..."

"Richtig, Kishio-sama. Das war der eigentliche Grund für meine Lehrzeit bei Puny-sama. Ich lernte spezielle Techniken, um einerseits als Bettgespielin dienen zu können, andererseits erlernte ich effektive Abwehrtechniken, um meinen Verstand bei sexuellen Übergriffen zu schützen. Inklusive einiger Methoden, mit denen ich mir selbst ein Ende setzen kann, wenn es zu schlimm wird." Beinahe fröhlich zuckte sie die Schultern. "Das Leben als Ninja ist hart, als Kunoichi nicht viel besser, aber auch Shinobi haben nicht immer gut zu lachen."

"Wem sagst du das?", murmelte Kishio.

Sie wurde blass. "Verzeihung, Kishio-sama, ich wollte dich nicht daran erinnern, dass du..."

"Schon gut. Es ist lange her, ich habe es einigermaßen verarbeitet und wir unterhalten uns in einer abstrakten Weise darüber." Er seufzte. "Was sonst bleibt uns übrig, als solch ein Geschehen zu verdauen, abzuhaken und weiterzuleben? Und ich habe mich für das Leben entschieden, Hitomi."

"Das bewundere ich sehr", erwiderte sie ehrlich. "I-ich war noch nie in einer solchen Situation, und ich weiß nicht, ob ich stark genug wäre, um... Nun."

"Das weiß niemand vorher." Kishios Augen verloren für einen Moment ihren Schimmer. "Es ist schlimm, was Menschen einander antun, wenn sie glauben, keine Strafe fürchten zu müssen. Beinahe genauso schlimm ist es, seine Rache zu haben und zu merken, dass sie nicht annähernd die Leere füllt, die eine solche Misshandlung in deine Seele reißt. Aber ich finde Trost darin, dass diese Burschen nie wieder jemandem etwas Vergleichbares antun können."

Ihr Blick schwankte zwischen mitfühlend und offener Härte. "Zu dem Zeitpunkt warst du kein Shinobi, der damit rechnen musste, vergewaltigt zu werden, richtig, Kishio-sama?"

Der Moeru lachte freudlos, kurz und abgehackt. "Nein, das war ich nicht. Aber ich hatte mein Training, mein eigenes Training, das im Clan gelehrt wurde. Ich war nachgiebig wie Bambus im Wind und zog mein Ich zurück in ein Versteck, ein Nest, und dort wartete ich auf meinen Moment, meine Gelegenheit, um zurückzukehren in die Welt der Schmerzen, der Demütigung, der Todesgefahr. Ich kam zurück... Entschuldige, ich wollte das alles nicht erzählen. Aber da du dafür trainiert hast, eine ähnliche Situation überstehen zu können, habe ich mich gehen lassen."

Die junge Frau richtete sich kerzengerade auf. "Kishio-sama, vielen Dank, dass du diese Gedanken mit mir geteilt hast. Ich verstehe immer mehr, wie wenig ich eigentlich erst weiß. Und ich verspüre in mir mehr und mehr den Wunsch, meine Fehler wieder gutzumachen und dir zur Seite zu stehen." Sie dachte einen Moment nach. "Und Mamo-chan, natürlich."

Kishio lachte. Es war nur kurz, aber es klang befreiend. "Ihr nennt ihn alle Mamo-chan, nicht?"

Nun lächelte die Kunoichi. "Alle", bestätigte sie. "Oder wir rufen ihn ewiger Chunin, auch wenn er jetzt endlich befördert wurde. Ihm eilt ein Ruf voraus."

Sie lächelte. "Was mich zum Gedanken bringt, dass wir deinen Ruf vergrößern sollten, Kishio-sama."

"Eventuell tun wir das", erwiderte Kishio. Er erhob sich in einer einzigen, fließenden Bewegung. "Also gut, ich akzeptiere dich. Deine Worte haben mich überzeugt, vorerst. Wir werden aber noch ein oder zwei Sparrings abhalten, damit ich, Shinpachi und Kintaro dich besser einschätzen können. Und sei versichert, fällst du in dein altes Verhalten zurück, bist du schneller auf dem Heimweg als der Bussard kreischen kann. Aber du kriegst deine Chance."

Die junge Frau unterdrückte das Strahlen, das ihre Züge zu überwältigen wollte. Stattdessen wahrte sie ihre neutrale Miene. "Mehr wollte ich nie, Kishio-sama."

"Dann solltest du die anderen kennenlernen." Kishio verschwand mit Shunshin. Hitomi folgte ihm ohne zu zögern.

***



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