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Sei no tori

Yaoi-Version von Tori-chan
von

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1.Kapitel

Titel: sein no tori

Autor: das_Diddy

Disclaimer: Hahahaaaaaa! Die sind MEINE!!! Ganz ehrlich! ^.^

Pairing: Toshi x Haji

Warnings: violence, depri, angst, lime, lemon, death

Notes: Det is meine erste Shonen-ai/yaoi Fanfic! Habt Gnade! Es ist nur ein

Versuch... Vielleicht gefällt sie euch ja trotzdem. Schreibt fein Kommis,

damit ich mich verbessern kann!

Tschö!

das_Diddy - sächlich, sachlich, durchgeknallt ^^
 

Sei no tori
 

1.Kapitel
 

Toshi lehnte sich an sein neues Motorrad und zündete sich eine Zigarette an.

In den Augenwinkeln beobachtete er die Schüler, die ihn anstarrten und im

großen Bogen um ihn herum gingen. Er musste schmunzeln. Mit der dunklen

Sonnenbrille, die seine silbergrauen Augen verdeckte, dem abgewetzten

Armeeparker und seinen verdreckten Stiefeln schien er für die Kleinen genau

das Bild abzugeben, das ihnen ihre Eltern über den 'Bösen Schwarzen Mann '

erzählt hatten. In aller Ruhe blies er den blauen Rauch in die kalte

Novemberluft und strich sich eine dunkelblonde Strähne aus dem Gesicht. /Wo

bleibt der Kleine nur?/ Haji war nun schon 15 Minuten zu spät dran. Die

anderen Kinder waren schon längst nach Hause gegangen.
 

Toshi dachte nach. /Heute ist der 15. ... also werden es nächsten Monat 5

Jahre..../ 5 Jahre lebte Haji nun schon bei der Familie Norika, bei Toshi

und seinen Eltern. Eigentlich war Haji Toshis Cousin. Sein Vater war als

Computerspezialist nach Berlin gekommen und hatte hier Jasmin Schiller

geheiratet, Toshis Mutter. Seine Schwester war in Japan geblieben. Toshi

hatte seine Tante nie gesehen. Sie rief zwar immer zu Weihnachten oder zu

Geburtstagen an, aber sie sprach kein deutsch. Deshalb hatte er auch nie mit

ihr geredet. Zu Hajis Geburt hatte sie ihnen einen Brief mit einem Foto von

Haji geschickt. Toshi war total begeistert von dem Baby gewesen, er selbst

hatte ja keine Geschwister.

Vor 5 Jahren erschütterte ein ziemlich schlimmes Erdbeben Tokio. Haji war

damals in der Grundschule gewesen und hatte alles gut überstanden bis auf

eine kleine Schürfwunde. Doch seine Mutter hatte sich in der Nähe einer

Baustelle befunden und war von einem herabfallenden Stahlträger erschlagen

worden. Da Haji außer der Familie Norika keine weiteren Verwandten hatte,

sein Vater hatte sich schon vor seiner Geburt aus dem Staub gemacht,

entschieden sich Toshis Eltern, den Kleinen zu sich nach Berlin zu holen.
 

Sanfte Schritte rissen Toshi aus seinen Gedanken. Er blickte auf. Über den

Schulhof trottete ein schmächtiger Junge von 13 Jahren, den Kopf gesenkt.

"He, Tori-chan! Wo bleibst du denn, du Trantüte?!!" Der Kleine

hob den Blick. "Toshi!" Die glockengleiche Stimme hallte über

den leeren Schulhof. /Wunderschön.../ Er hatte Haji wegen seiner Stimme

diesen Spitznamen verpasst. Kleiner Vogel, so hieß das auf japanisch. Seine

Mutter sagte immer Haji könnte es sogar mit einer Nachtigall aufnehmen.

Toshi ging ihm ein paar Schritte entgegen. Haji schlang seine zierlichen

Arme um die Taille des 16-Jährigen und drückte sein Gesicht an dessen

Schulter. Plötzlich spürte Toshi wie etwas sein Hemd an der Schulter

durchweichte und der an ihn gepresste Körper zu zittern begann. Es war wie

ein kleiner Stich ins Herz- Haji weinte, weinte bitterlich. "Was ist

denn los...?.....Haben sie dich wieder geärgert...?" Haji nickte ohne

aufzublicken. Sanft fuhr er dem Kleinen durch das glänzende schwarze Haar.

"Haben sie...dich wieder...geschlagen...?" Wieder ein Nicken. Er

drückte Haji noch mehr an sich. Er hasste das.

/Wie können 13-Jährige nur schon so braun im Kopf sein?/
 

Das war nicht das erste Mal, dass Haji mit blauen Flecken nach Hause kommen

würde. Immer wieder schlugen und schikanierten ihn seine Mitschüler und das

nur, weil er Japaner war. Sie nannten ihn Fidschi-Sau. Sie waren so blöd,

dass sie noch nicht einmal Vietnamesen von Japanern unterscheiden konnten!

Natürlich fiel es auch seinen Eltern auf, wenn er immer mit Verletzungen

ankam. Doch er behauptete steif und fest, dass er sie vom Fußballspielen

hatte. Nur Toshi hatte er die Wahrheit gesagt. Er wusste warum der Kleine so

große Angst hatte. Doch er schwieg, auch wenn es ihm sehr schwer fiel. Haji

hatte ihn darum gebeten.

Vor drei Monaten hatte sein Freund alles dem Direktor erzählt. Marios Eltern

kamen aus Italien. Er war genau wie Haji dauernd gequält worden. Daraufhin

warf man 7 Jungen von der Schule. Aber 2 Wochen später hatten sie ihm abends

aufgelauert und ihn verprügelt. 3 Rippen hatten sie ihm gebrochen. Leider

hatte er niemanden erkennen können. Natürlich wussten alle, wer es gewesen

war. Diese Typen hatten ein Zeichen gesetzt. Wer sie verriet, dem würde es

genauso gehen wie Mario. Davor hatte Haji Angst. Er lehnte sogar Toshis

Hilfe ab.
 

Langsam beruhigte er sich wieder und löste sich vorsichtig aus der Umarmung.

"Warum bist du eigentlich hier?" Toshi grinste ihn an und

wischte ihm die Tränen aus dem Gesicht. "Ich hab dir doch gesagt, wenn

ich die Fahrprüfung bestanden habe, hol ich dich von der Schule ab!"

"Du hast bestanden??? Super!" Er fiel ihm um den Hals.

"Das Beste weißt du ja noch gar nicht. Komm mit!" Lachend zog er

Haji vom Schulhof bis zum Parkplatz. "Tada! Na? Wie gefällt es

dir?" Mit einer schwungvollen Handbewegung deutete auf sein neues

Motorrad. Monatelang hatte er neben seiner Ausbildung zum Mechaniker als

Aushilfe in Supermärkten gearbeitet um das Geld zusammen zu kriegen und

heute, wo er die Prüfung bestanden hatte, war er gleich losgegangen um den

Kaufvertrag zu unterzeichnen. "WOW!!! Das ist ja der blanke

Wahnsinn!!!" Toshi drückte dem Kleinen einen Helm auf den Kopf.

"Spritztour gefällig?" "Aber immer doch!"

Vorsichtig setzte er sich hinter Toshi, sehr darauf bedacht seine dunkle

Hose und das karierte Hemd nicht schmutzig zu machen. Er wollte Kaasan

schließlich nicht unnötig verärgern. Er klammerte sich fest an Toshi, als

dieser losfuhr. Der Fahrtwind fuhr ihm angenehm durch das Gesicht. Toshi

schaltete noch einen Gang höher. "Das ist echt klasse,

Toshi!!!" Dieser musste lächeln. Es freute ihn, wenn der Kleine

glücklich war, auch, wenn es ihm selbst nicht so gut ging.
 

Er konnte ihm immer alles erzählen. Haji war auch der Erste dem er gestanden

hatte, dass er schwul war. Das hatte Haji nicht sonderlich abgehoben. Er

hatte nur gelächelt und ihn gefragt, ob er einen Freund hätte. Toshi hatte

dies bejaht. Damals war Mattes sein Freund gewesen. Durch ihn hatte er es

herausgefunden. Haji meinte, es sei das Schönste auf der Welt, wenn man

jemanden hat, der einen liebt. Ob es nun ein Junge oder ein Mädchen sei,

wäre egal. Er sagte, dass die Leute nur zu stur wären das einzusehen. Als

Toshi vor zwei Monaten von Mattes verlassen wurde, war es auch Haji, der ihn

getröstet hatte.

Jetzt litt Toshi wieder. Doch diesmal konnte ihm Haji nicht helfen, denn er

durfte sein Problem nie erfahren! Er hatte den Kleinen beobachtet wie er

aufwuchs und immer hübscher wurde. Und genau da lag das Problem: Toshi hatte

sich in ihn verliebt... Immer mehr fühlte er sich zu dem zierlichen Jungen

hingezogen. Oft versank er in den dunkelbraunen, fast schwarzen Augen. Die

klare Stimme bewegte sein Herz. Er hatte es sich nicht eingestehen wollen,

doch es war wahr. Seine Eltern sollten davon ja nichts mitkriegen!!! Sein

Vater hätte ihn vermutlich erschlagen. Er war sowieso nicht mit der

Lebensart seines Sohnes einverstanden, wenn er DAS erfahren hätte....

Toshis Mutter hätte wohl einen Herzinfarkt erlitten. Sie hielt zwar zu ihrem

Sohn, doch irgendwo hatte auch ihr Verständnis ein Ende. Doch vor allem

wollte Toshi Haji das nicht antun. Sie waren wie Brüder aufgewachsen,

manchmal nannte der Kleine ihn sogar nii-san. Aber auch ohne das waren sie

immerhin noch Cousins. Also verwandt...
 

Toshi bremste stark ab und bog in die Einfahrt ein. An der Haustür stand

seine Mutter. Haji sprang vom Motorrad ab. "Hallo Kaasan!"

"Hallo, ihr beiden." Toshi schob das Motorrad in die Garage und

umarmte dann seine Mutter zur Begrüßung. "Und dir Vekehrsraudi haben

sie wirklich einen Führerschein gegeben?" "Natürlich! Was denkst

du denn!" Zum Beweis zog er eine kleine Karte aus seiner Tasche.

"Siehst du! Satoshi Norika. 16 Jahre. Führerschein für Motorrad. Und

außerdem: fahr ich denn soooo schlimm?" "Er ist ganz vorsichtig

gefahren, Kaasan!" "Da hörst du es! Tori-chan kann das

bezeugen." "Tori-chan würde das auch bezeugen, wenn du mit 180

durch die Straßen gerast wärest. Ihr beiden steckt doch immer unter einer

Decke! HAJI! Wo hast du denn diese blauen Flecke schon wieder her?"

Erschrocken besah sie sich Hajis Arme. "Ist nicht so schlimm. Sport

ist eben Mord. Da geht's etwas doll zur Sache." Er versuchte zu

grinsen. Leicht fiel es ihm nicht sie anzulügen.

/Bitte frag nicht weiter.../ Tatsächlich beließ sie es dabei. "Na dann

kommt rein! Wir wollen das Ereignis erst mal ausgiebig feiern." Mit

diesen Worten gingen sie ins Haus.
 

Haji lebte nun schon sehr lange in Deutschland, aber trotzdem sprach er

manchmal ein bisschen japanisch. Er mischte es einfach in normale Sätze.

Toshis Mutter nannte er auch nicht Mama, sondern Kaasan. Aber Herrn Norika

nannte er ganz normal Papa. Toshi hatte ihn darauf einmal angesprochen und

der Kleine hatte geantwortet, dass das nicht böse gemeint sei, aber man habe

nur eine wirkliche Mutter im Leben und seine sei tot. Er mochte seine Tante

sehr, auch wenn er sie nie Mama nennen würde...
 

"Hat Papa angerufen?" "Ja. Er kommt am Wochenende doch

nicht heim, aber zu Hajis Geburtstag ist er auf jeden Fall da."

"Das ist schön..." Etwas müde warf Toshi sich auf das Sofa.

Haji, der fernsah, kuschelte sich ein bisschen an ihn. Ein heißes Kribbeln

durchfuhr seinen Körper.

/Fang an deinen Verstand zu gebrauchen!!! Tori-chan ist fast sowas wie dein

Bruder. Außerdem ist er erst 13!!!/ Gänsehaut überzog seinen Arm dort, wo

Hajis Atem ihn striff. Der Kleine hatte die Augen geschlossen. /So

unschuldig und schön.../ Sein Blick fiel auf Hajis Lippen. Er hätte sich

ohrfeigen können.

/BENUTZ ENDLICH DEIN HIRN!!!/ Seufzend erhob er sich. Haji schlug die Augen

auf. "Oh! Ich war wohl kurz eingenickt..." "Geh lieber ins

Bett. Es ist schon fast Mitternacht." Ohne Widerworte stand er auf und

trottete in sein Zimmer. Toshi entschied sich auch schlafen zu gehen.
 

Er lag auf seinem Bett und starrte die Decke an. Warum, zum Teufel, musste

er sich ausgerechnet in Haji verlieben? Seine Gedanken schienen sich nur um

braune Augen, schwarzes Haar, einen schlanken Körper und eine engelsgleiche

Stimme zu drehen. /Gibt es denn aus dieser Hölle kein Entrinnen???/ Er

begehrte ihn. Sein Körper verzehrte sich fast nach dem Jungen mit den

traurigen dunklen Augen. Beim bloßen Anblick des Kleinen sein Herz laut zu

klopfen begann. Insgeheim wünschte er sich ihn berühren zu dürfen, zu

küssen.... Zum Glück bemerkte es niemand. Wie hätten sie wohl reagiert...?.

Bei diesem Gedanken wurde ihm ein bisschen mulmig.

Grummelnd dreht er sich zur Seite und schloß die Augen. Vielleicht konnte er

wenigstens im Traum dem Bild des Jungen entkommen...

2. Kapitel

2.Kapitel
 

Eine Hand tastete nach dem laut piepsenden Wecker. Mit einer geübten

Bewegung schaltete Haji die Nervensäge aus. Heute war sein Geburtstag, der

19. November. /Endlich 14.../

Langsam setzte er sich in seinem Bett auf und berührte mit den Fingern

vorsichtig seine Lippen.

/Nein...es war wohl doch nur ein Traum.../ Er hatte geträumt, dass ihn

jemand geküsst hätte, aber er hatte nicht erkannt wer. Seufzend ließ er sich

wieder zurückfallen. Wer sollte ihn schon küssen?

"Tori-chan? Bist du schon wach? Steh auf, sonst kommst du zu spät zur

Schule!" "Ja, Kaasan..." Widerwillig erhob er sich. Wie

sollte das ein schöner Geburtstag werden, wenn er in die Schule gehen

sollte?

/Hoffentlich lassen sie mich wenigsten heute in Ruhe./
 

"Alles Gute zum Geburtstag Hajime! Hier das ist für dich."

"Arigatou, Kaasan." Haji lächelte. Auf dem Frühstückstisch

standen 14 Kerzen. "Das hier ist von mir. Ist zwar nicht so groß, aber

ich hoffe es gefällt dir. Alles Liebe zum 14.,Tori-chan!"

"Arigatou gozaimasu, Toshi!" Er umarmte ihn heftig.

/Warum müssen Mütter ihren Kindern eigentlich immer Kleidung schenken???/

dachte Haji, als er den blauen Pullover und die Jeans auspackte. Trotzdem

versuchte er sich nichts anmerken zu lassen. Dann öffnete er Toshis

Geschenk. "Wow!!! Cool!" Total begeistert packte er den Manga

aus. 'Samurai Galaxy '. 1.Band. "Klasse! Wie hast du denn den

bekommen?" "Tja, Beziehungen!" Toshi grinste ihn an. Er

verschwieg, dass er durch die halbe Stadt gefahren war um genau DIESEN Band

zu finden.

"Papa kommt heute nachmittag. Dann können wir schön feiern!"

"He Kleiner! Was hältst du davon, wenn ich dich zur Schule fahre und

auch wieder abhole?" "Musst du nicht arbeiten, nii-san?"

"Nö! Ich hab mir heute extra frei genommen."

"Super!"
 

"Aber fahrt ja vorsichtig!!!" "Geht klar, Mama!"

Seine Mutter hatte immer noch nicht sehr viel Vertrauen in seine Fahrkünste.

Schnurrend sprang die Maschine an.
 

Die anderen Schüler staunten nicht schlecht als sie auf dem Schulparkplatz

anhielten. Etwas blass stieg Haji von dem Motorrad ab. Das lag keinesfalls

an Toshis Fahrweise, nein, ihn überkam nur wieder die Angst- wie jeden

Morgen. "Lass dich nicht unterkriegen! Wenn du willst, knöpf ich mir

mal die Typen vor, okay?" "Toooshiiii!" "Ist ja

schon gut...pass auf dich auf, ja?" "Mach ich."

"...na dann... bis heute nachmittag..." "Ja, bis

dann." Haji wollte sich zum gehen wenden, doch er wurde zurückgezogen.

Plötzlich fand er sich in Toshis Umarmung wieder. "Ich mein das ernst.

Ich würd dich auch gegen die ganze Welt verteidigen, wenn du mich nur

lässt..." Diese Worte berührten Hajis Herz. /Warum sagst du nur so was

Liebes, du Dummkopf?/ "Toshi...." Er wand sich sanft aus der

Umarmung. "...ich muss jetzt los...Tschüs!" Dann rannte er zu

dem großen grauen Schulgebäude, nicht wissend, was ihn dort heute wieder

erwarten würde.

Toshi blickte ihm traurig nach. Er ließ ihn ungern gehen. "Ich hab das

wirklich so gemeint..." flüsterte er, ehe er den Motor startete und

davon fuhr.
 

"Na Fitschi-Sau! Hast heute Geburtstag? Wirst deshalb von deinem

großen Bruder herchauffiert? Dann wollen wir dir mal auch 'n Geschenk

machen!" Mit diesen Worten rammte ihm Tim die Faust in die Magengrube.

Keuchend brach Haji zusammen. Er schmeckte Blut auf seinen Lippen- sein

Blut. Ein Fußtritt gegen den Kopf folgte, so dass er zu Boden ging. Unsanft

wurde er an den Haaren gepackt und hochgezogen. "Ich hab was gegen

Leute, die sich aufspielen wollen. Ihr doch auch Leute, oder?" Die

Typen, die im Kreis um sie standen nickten stumm. "Besonders

wenn's solche dreckigen Fidschis sin', wie du! Geh dahin zurück wo du

herkommst!" Ein harter Schlag traf Hajis Kinn. Er fiel zurück auf den

schmutzigen Boden der Jungentoilette. "Geh zurück zu deiner

Hurenmutter!" Tränen traten ihm in die Augen. /Ich wünschte, ich

könnte zurück zu ihr.../ "Weißt du, was ich noch mehr hasse als

Aufschneider und Fidschis?!! Heulsusen!" Dann traten alle auf ihn ein.

Haji hatte Angst sie würden ihn töten. Endlich hörten sie auf und gingen.

Ihn ließen sie einfach am Boden liegen.

Haji weinte bitterlich. Noch stärker als sein Körper schmerzte, tat sein

Herz weh. "Diese Schweine..." brachte er schluchzend hervor. Sie

hatten seine Mutter beleidigt... Das war echt zuviel! Alles konnte er

ertragen, die Schläge, die Beleidigungen, aber nicht DAS!

Schwankend stand er auf und ging zum Waschbecken um sich das Blut und die

Tränen abzuwaschen. Hoffentlich glaubte ihm Kaasan, wenn er ihr erzählte, er

sei die Treppe heruntergefallen. Er sah heute wirklich schlimm aus... Haji

lehnte seine Stirn gegen den kühlen Spiegel. /Wenn es doch nur aufhören

würde.../
 

"Haji-kun, wie siehst denn du aus!!!" Nadja war total geschockt.

"Mein Gott! Irgendwann schlagen die dich noch tot! Du solltest zum

Direx gehen!" "Damit ich so ende wie Mario?" "Aber

es kann doch nicht so weitergehen!" "Wird es auch nicht.

Nächstes Jahr gehe ich an eine andere Schule." Haji lächelte. Nadja

hatte sich ein paar spärliche Japanischkenntnisse zugelegt. Vielleicht

versuchte sie ihn damit zu beeindrucken.

"Das nützt dir aber nichts, wenn sie dich vorher krankenhausreif

prügeln, Haji-kun!" "Ich weiß..." Es tat gut eine Freundin

zu haben, die sich in der Schule ein wenig um einen kümmerte. "Du

solltest lieber auf dich selbst aufpassen." "Die werden es nicht

wagen mich anzugreifen, aber um dich mache ich mir Sorgen..."

Nadja hatte blondes Haar und blaue Augen, genau wie sich diese rechten

Schweine ein

'richtiges deutsches Mädchen ' vorstellten. Sie hatten ihr schon ein paar

Mal gedroht sie solle aufhören mit Haji zu reden, sonst würde es ihr übel

ergehen, doch sie machte sich nichts draus. Bis jetzt waren es nur Drohungen

gewesen, aber bei diesen Typen wusste man ja nie... "Ich leg die mit

einem sauberen Karate-Schlag nieder!" scherzte sie. Haji bewunderte

sie irgendwie. Nadja schien vor nichts und niemandem Angst zu haben und er?

Er war schon zu feige dies Kerle nur zu verpfeifen. Sie legte ihm ein

feuchtes Taschentuch auf die geschwollene Wange. Haji schloß die Augen und

seufzte. Das tat gut.
 

Toshi wartete. /Schon wieder zu spät! Ihm wird doch nichts.../

Da sah er endlich Haji. Vor Schreck fiel ihm bald die Zigarette aus dem

Mund. Seine grauen Augen weiteten sich vor Entsetzen. "Haji..."

brachte er tonlos hervor. Haji nahm seine Hand und zog ihn zum Motorrad.

"Lass uns gehen, sonst kommen wir noch zu spät zu der Feier."

Toshi blieb wie angewurzelt stehen und rührte sich nicht vom Fleck.

"Tori-chan... was haben sie dir nur angetan?" Noch nie hatten

sie ihn so übel zugerichtet. "Es ist nicht so schlimm wie es

aussieht.." Haji versuchte zu lächeln, doch Toshi schüttelte nur

ungläubig den Kopf. Er zog den Kleinen in seine Arme und drückte ihn fest an

sich. Tränen brannten in seinen Augen. "So geht das nicht weiter!

Ich.." "Bitte nii-san! Es sind nur noch 2 Monate bis zu den

Halbjahreszeugnissen! Dann geh ich sowieso an eine andere Schule."

"Und wie willst du DAS Mama und Papa erklären??!!!" Haji

seufzte. "Ich sag ihnen ich sei die Treppe herunter gefallen..."

Toshi sah den Kleinen missmutig an.

/Ob sie dir das glauben, Haji?/ Dann löste er die Umarmung und sie gingen zu

Toshis Maschine.
 

"Wie können dies Putzfrauen die Treppe nur während der Schulzeit

bohnern???" Toshis Mutter war ganz aus dem Häuschen und wirbelte herum

um Hajis Wunden zu versorgen. Er saß mit nacktem Oberkörper auf einem

Küchenstuhl und versuchte zu grinsen. "Tja, nur Fliegen ist eben

schöner!" Toshi beobachtete ihn. Der zarte Körper war mit blauen

Flecken, Blutergüssen und Schrammen übersät. Er wandte den Blick ab. Es tat

ihm schon vom hinsehen allein weh. /Ich Idiot! Ich Blödmann! Hätte ich doch

nur nicht gebremst.../ Als er am Morgen weggefahren war, waren ihm Tim und

seine Truppe vors Motorrad gelaufen. Er hatte scharf bremsen müssen um sie

nicht über den Haufen zu fahren. /Hätte ich das doch nur nicht

gemacht...Dann müsste Haji jetzt nicht leiden../

Die Haustür öffnete sich. "Konnichiwaaaaaa! Jemand zu Hause? Wo ist

denn das Geburtstagskind?" "Papa!" Ohne sich sein T-Shirt

überzuziehen, lief Haji ihm entgegen und umarmte ihn fest. "Hallo mein

Kleiner! Aaah! Hast du wieder Stuntman gespielt?" "Er ist in der

Schule die Treppe heruntergefallen." Toshis Mutter stand mit besorgtem

Blick in der Küchentür. "Meine Güte! Wir sollten dich wohl besser

nicht mehr in die Schule gehen lassen, was?" Er lachte laut. /Das wäre

vielleicht besser.../ Haji lächelte traurig. "So wie du aussiehst,

hätte ich wohl doch etwas anderes für dich kaufen sollen, oder? Aber na

ja...zu spät! Hier bitte. Alles Gute zum Geburtstag mein Großer!" Er

drückte Haji ein riesiges Paket in die Hand. "Was ist das?"

"Pack es aus, dann siehst du es!" Ungeduldig riss er das

Geschenkpapier ab. Ein Skateboard! "Einen Helm brauchst du wohl aber

noch." "Kaasan! Ich fahr doch nicht mit Helm!!!"

"Wollt ihr im Flur stehen bleiben???" Toshi sah sie wartend an.

Schließlich hatte er heute noch was vor...
 

"Hmmmm...Jasmin dein Kuchen ist wirklich göttlich!!!" Frau

Norika lächelte und wandte sich dann an Toshi und Haji. "Hattet ihr

zwei nicht noch was vor?" Hajime sah sie verwundert an. "Was

denn?" "Frag nicht so blöd! Komm einfach mit!" Toshi stand

auf und zog den Kleinen mit sich. "Nii-san! Wo willst du denn

hin?" "Wirst du schon sehen." Mit diesen Worten schnappte

er sich seine Schlüssel und öffnete die Haustür. "Aber fahr ja

vorsichtig! Und trink nichts!" "Jaaaaa!" Diesen Vortrag

konnte er nun schon fast auswendig...
 

"Was wollen wir denn bei Nadja?" Anstatt zu antworten klingelte

Toshi. /Familie Krüger..../

Die Tür wurde abrupt aufgerissen. Laute Musik drang in den Hausflur.

"Da seid ihr ja endlich!!! Kommt rein!" Nadja packte Haji am Arm

und zog ihn in die Wohnung. Drinnen fand eine irre Party mit vielleicht 20,

30 Leuten statt. Nadjas kleiner Bruder betätigte sich als DJ. Er machte

seinen Job gar nicht so schlecht...

"Noch mal alles Liebe zum Geburtstag Haji-kun!" "Wow! Habt

ihr zwei euch das ausgedacht?" "Nein. Es war Nadjas Idee. Meine

Aufgabe war nur dich hierher zu bringen." Plötzlich drückte Nadja

jedem ein Glas in die Hand. "Was ist das denn????" Prüfend roch

Toshi an dem Getränk. "Von mir selbst kreiert! Und jetzt ab auf die

Tanzfläche!!!" Dann schob sie sie einfach in die Wohnstube.

Dort waren alle Möbel an den Rand geschoben worden um viel Platz zu

schaffen. Haji tanzte ein wenig. Er schien sehr viel Spaß zu haben. /Er hat

das von heute morgen schon scheinbar ganz vergessen.../ Nur ein Pflaster auf

seiner Wange erinnerte im Moment an Hajis Schmerzen. Toshi zog es vor sich

einen Platz auf der Couch zu suchen. /Ich will mich hier ja nicht noch

blamieren!/ Er nahm einen großen Schluck von dem mysteriösen Mixgetränk.

/Ist da etwa Alkohol drin????/ Sein Blick fiel auf Nadja, die hinter einer

selbstgebauten Theke stand und eifrig irgend etwas zusammenmixte. Neben ihr

stand eine halbvolle Whiskyflasche.

/Na toll! Und sowas gibt sie 14-Jährigen!!!/ Toshi musste ein wenig

schmunzeln.

Urplötzlich wurde er am Handgelenk gepackt und auf die Tanzfläche gezerrt.

"Das hier ist eine Party! Da tanzt man und verzieht sich nicht in

irgendeine dunkle Ecke!" "Du weißt genau, dass ich nicht tanzen

kann!!!" Doch Haji ließ dies Ausrede nicht gelten. "Na

und?" Das war seine einzige Antwort. Zu der schnellen Musik kam Toshi

sich furchtbar ungeschickt vor. Er tapste von einem Fuß auf den anderen.

Haji musste über ihn lachen. In den Augenwinkeln beobachtete er ein Mädchen,

was zu Nadjas Bruder ging und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Dieser verdrehte

die Augen, aber nickte.

Der Song klang aus. Dann startete ein langsamer Schmusesong. Den hatte sich

das Mädchen wahrscheinlich gewünscht. Viele Kids verließen die Tanzfläche

und auch Toshi sah eine Gelegenheit abzuhauen. Doch zu früh gefreut! Etwas

unsanft wurde er zurückgezogen. "Mooooment mal! Es ist sehr schwer

dich zum tanzen zu bewegen. Denkst du, ich lasse dich da jetzt schon wieder

gehen??!!!" Haji zog ihn fest an sich. Die volle Röte stieg Toshi ins

Gesicht, als der Kleine den Kopf an seine Brust lehnte und die Arme um

seinen Hals schlang. Ein schwacher Alkoholgeruch stieg ihm entgegen.

"Sag mal Tori-chan, wieviel hast du heute Abend schon

getrunken?" "Nicht viel. Höchstens 2, 3 Gläser." "Du

weißt schon, wie deine Freundin die Drinks mixt? Ein halbes Glas Saft und

ein halbes Glas Whisky!" "Sie ist nicht meine Freundin!!!"

Hajis Stimme klang plötzlich ziemlich schroff. "Wir sind nur

Kumpels..." fuhr er leise fort. "So war das auch nicht

gemeint..."

Der warme Atem an seiner Brust... Er konnte deutlich Hajis Herzschlag

spüren.

/Warum schlägt dein Herz so schnell, Tori-chan...?/ Seine Finger glitten den

schlanken Rücken herunter, verfolgten die weichen Linien. Schließlich trafen

sie auf den Bund der Jeans. Toshi biss sich auf die Lippen und legte seine

Hände fest an die Taille des Jungen.

Haji spürte diese Berührungen. Sein Herz fing an noch schneller und heftiger

gegen sein Brustbein zu krachen. Tief im Inneren seines Körpers erwachte ein

leichtes Kribbeln. Es war schön so zu tanzen...

/Von mir aus könnte das immer so weiter gehen./ Alle Gedanken schienen ihn

zu verlassen...

/Endlich ist es zu Ende!/ dachte Toshi und löste sich von dem Kleinen um

schnell im Bad zu verschwinden.
 

Er verschloss die Tür hinter sich und lehnte sich an die kühle geflieste

Wand. Seine Gedanken waren ein einziges Chaos. Haji so nah zu sein, war

schwer zu ertragen...

Er ließ sich auf den Boden gleiten und verbarg sein Gesicht in den Armen.

Langsam suchten sich Tränen den Weg nach draußen. /Wieso er?.... Wieso

ich?...Warum liebe ich ihn nur so sehr?/ Toshi wusste ganz genau, dass es

nicht gut war, dass es falsch war Haji zu lieben und doch....

Und doch konnte er seine Gedanken und Gefühle einfach nicht von dieser

schönen Gestalt losreissen...

Die Tränen durchnässten die Ärmel seines Hemdes. Verzweiflung stieg in ihm

auf.

/Warum müssen wir nur verwandt sein?/
 

Haji stand etwas verwirrt da und sah Toshi nach, der eilig im Bad

verschwand. /Ist ihm schlecht?/

Nadja drückte ihm ein Glas in die Hand. "Ihr gebt ein hübsches Pärchen

ab." Sie nahm einen Schluck aus ihrem eigenem Glas. Haji wurde

schlagartig knallrot. "He, kein Grund gleich Feuermelder zu spielen!

Es war ja nur eine Feststellung." Sie wandte sich um und wankte zu

ihrer Theke zurück. /Du bist auch schon ziemlich zu Nadja./

Gedankenverloren trank ein bisschen was. '...ein hübsches Pärchen...' Er

mochte Toshi sehr. Mehr als sich selbst leibliche Brüder gern hatten,

aber...

Seufzend ließ er sich auf der Couch nieder.

/Aber er ist nun mal mein Cousin! Nichts weiter.... Du siehst Gespenster,

Nadja!/

Doch ihre Worte ließen ihn einfach nicht mehr los...

Der Alkohol tat seine Wirkung. Langsam döste er ein.
 

Toshi stand vor dem Waschbecken und versuchte die Spuren seiner Tränen

loszuwerden. Erst dann getraute er sich wieder vor die Tür. Er hielt die

Luft an als Nadja auf ihn zu kam. /Sieht man es etwa doch???/

Sie lächelte abwesend. "Du. Haji-kun ist eingepennt. Wenn ihr wollt,

könnt ihr hier übernachten. Meine Eltern sind nicht da. Die letzten Gäste

schmeiß ich sowieso gleich raus." Sie lallte ziemlich stark.

"Danke sehr. Kann heute nacht sowieso nicht mehr fahren. Ich ruf nur

noch schnell meine Eltern an, okay?" "Mach nur..." Dann

torkelte sie zurück ins Wohnzimmer und machte den letzten klar, dass sie zu

verschwinden hatten.

Toshi schnappte sich sein Handy. "Hallo! Papa?.... Hier ist Toshi. Ich

wollte nur sagen, dass wir heute Nacht bei Nadja pennen.... Haji ist schon

eingeschlafen......... Wir sind morgen Mittag wieder zu hause, okay?........

Bis dann!...... Gute Nacht!" Biep!
 

Nadja gähnte laut. "Ab ins Bett!" "Und was ist mit

aufräumen?" Das Wohnzimmer sah aus, als hätte eine Bombe

eingeschlagen. "Machen wir morgen...Ihr zwei könnt im Schlafzimmer

pennen." Herzklopfen. "Ich kann auch auf der Couch

schlafen!" "Nur wenn Nero bereit ist seinen Schlafplatz mit dir

zu teilen." Aus dem Kinderzimmer tapste der riesige Bernhardiner der

Familie Krüger.

/Oh nein! Mit diesem Untier teile ich bestimmt nicht die Couch!!!/

Seufzend ging er zu Haji. "He, Tori-chan! Aufwachen!" Der Kleine

rührte sich nicht.

/Mann, hast du 'nen festen Schlaf./ Also entschied er sich ihn einfach

zu tragen. Reflexartig legte ihm Haji die Arme um den Hals.
 

Toshi betrat mit Haji auf den Armen das Schlafzimmer. Vorsichtig legte er

ihn auf das Bett. Es war quälend heiß in dem Raum. Er entschied sich, sein

Hemd, seine Hose und die Socken auszuziehen.

Dann stand er unschlüssig neben dem Bett. Sollte er lieber auf dem Fußboden

pennen? Nein, dann würde Haji am nächsten Morgen Fragen stellen, Fragen auf

die er ihm nicht antworten konnte, antworten wollte.

Sein Blick fiel auf den schlafenden Jungen. Er schwitzte stark. Morgen früh

wäre er bestimmt klatschnass und würde sich dann vielleicht erkälten...

Behutsam zog er ihm das T-Shirt über den Kopf aus. Sein Herz raste, als er

die Knöpfe der Jeans öffnete. Das Kribbeln in seinem Bauch wurde immer

stärker, während seine Hände die weiche Haut der Beine streifte.

Er warf die Sachen auf einen Stuhl, der in der Nähe stand. Langsam zog er

die Bettdecke über sich und Haji.

/Tief durchatmen!/ Seinen Kopf legte er so auf das Kissen, dass er den

Kleinen ansehen konnte. Dieser atmete ruhig und schien tief zu schlafen.

Vorsichtig ließ er seine Hand über das hübsche Gesicht streichen. Zart und

ebenmäßig. Seine Finger wanderten über die weiße Haut, fuhren die Konturen

der schmalen Augenbrauen nach, die von der Wärme geröteten Wangen, das Kinn.

Schließlich tasteten sie ihren Weg über Hajis Lippen.

/So weich.../

Er lehnte sich über den Schlafenden. /Es ist wie ein Traum.....lass mich

bitte nur einmal träumen.../

Schüchtern berührten sich ihre Lippen. Ein Gefühl breitete sich in seinem

Bauch aus, als würden tausende Schmetterlinge sich darin ausbreiten. /Lass

den Traum nur einmal Wahrheit werden.../ Eine sanfte Erwiderung folgte von

den Lippen des schwarzhaarigen Jungen.

Toshi zuckte zurück. Hatte sich Haji gerade wirklich bewegt??? Doch dieser

lag ganz ruhig da und rührte sich nicht.

Er seufzte. /Vielleicht in einem anderen Leben.../

Toshi drehte sich auf die andere Seite und versuchte ein wenig zu schlafen.
 

Langsam öffnete Haji ein Auge. Grelles Sonnenlicht flutete ihm entgegen und

verursachte einen schmerzhaften Stich in seinem Kopf. Schnell schloss er das

Auge wieder. Der Traum von letzter Nacht fiel ihm wieder ein.

/Ein Kuss...hatte ich das nicht schon einmal geträumt?...aber diesmal...war

es irgendwie anders./

Haji versuchte sich Details des Traumes ins Gedächtnis zu rufen. Doch da war

nichts außer der Erinnerung an eine sanfte Berührung. Kein Bild - nichts!

Erst nach ein paar Minuten wagte er es endlich beide Augen zu öffnen.

Er befand sich in einem Raum, den er nicht kannte. Während er sich umsah,

realisierte er langsam wo er war. Neben ihm schlief Toshi. Und er selbst lag

eng an ihn angekuschelt mit seinem Kopf auf dessen Brust.

Sekundenschell richtete er sich im Bett auf. Mit hochrotem Kopf betrachtete

er ihn. Toshi machte nicht den Eindruck, als würde er sobald aufwachen. Er

hatte nur noch seine Shorts an. Noch heftiger errötend stellte er den selben

Fakt bei sich fest.

/Was ist gestern Nacht nur passiert?/ Ein merkwürdiges Kribbeln durchfuhr

seinen Körper.

/Vielleicht will ich es auch lieber nicht wissen!/ In dem Moment hätte er

sich selbst in den Hintern treten wollen. Dachte er wirklich Toshi hätte die

Situation ausgenutzt, dass er betrunken gewesen war?

/Idiot!!! Toshi hätte so etwas NIE getan! Er ist mein Cousin! Ich bin für

ihn nicht mehr als ein kleiner Bruder.../

Haji schrak zusammen. Neben ihm begann sich Toshi zu rekeln. Laut gähnend

streckte er sich.

"Guten Morgen! Na? Gut geschlafen? Oder hast du 'nen

Kater?" Fragend sah ihn Haji an.

/Oh Gott, er wird sich doch nicht etwa erinnern?!!!/ Aber das war zu Toshis

Glück nicht sein Problem. "Was ist gestern Abend eigentlich passiert?

Und wo sind wir hier? Ich kann mich an kaum was erinnern." Toshi

atmete beruhigt aus. "Du warst gestern ziemlich betrunken und ich

konnte auch nicht mehr fahren. Deshalb haben wir bei Nadja übernachtet. Du

warst ja schon eingepennt, Tori-chan." Er grinste.

Haji schaute etwas nachdenklich drein. "Ich hoffe, ich habe nichts

getan, was ich heute bereuen müsste..." Toshi biss sich auf die Lippe.

/Du nicht, aber ich......vielleicht.../ "Lass uns aufstehen! Ich habe

Nadja versprochen, ihr beim Aufräumen zu helfen." Schnell stand er auf

und suchte seine Sachen zusammen. Hoffentlich bemerkte der Kleine seine

Unsicherheit nicht.

"Toshi?" "Hm?" Als er sich umdrehte um ihn in die

Augen zu sehen, wandte Haji den Blick ab. Seine Wangen waren leicht gerötet.

"Warum lieg ich hier eigentlich in Unterhosen rum?" Toshi sah

ihn zuerst verdutzt an, dann lachte er. "Du hast so geschwitzt, dass

ich dir deine Sachen ausgezogen habe. Ich kann doch nicht riskieren, dass du

dir in den nassen Klamotten eine Erkältung einfängst. Mama würde mich

erwürgen!!!" Haji antwortete nichts.

/Was hab ich Trottel nur für eine Antwort erwartet??!!!/ Schweigend zog er

sich an.
 

"Wie sieht es denn hier aus???" Haji stand mit offenem Mund in

der Wohnzimmertür. Nadja und ihr kleiner Bruder waren schon kräftig am

Aufräumen. "Na? Endlich ausgeschlafen??? Habt ihr mal auf die Uhr

gesehen? Es ist fast Mittag!!! Meine Eltern sind in 2 Stunden wieder da und

die Wohnung ist ein einziges Chaos!!! Wenn sie DAS sehen, krieg ich

Stubenarrest bis ich 18 bin." "Bei guter Führung vielleicht 1, 2

Jahre weniger." Für diesen Kommentar handelte er sich eine Kopfnuss

von seiner Schwester ein. "Wir helfen dir. Deine Eltern werden gar

nicht bemerken, was hier los war." Toshi versuchte sie aufzumuntern.

"Das hoffe ich! Denn eigentlich wissen sie ja wirklich nichts von der

Party..." "WAS???" Hajis Kiefer klappte nach unten.

"Dann müssen wir uns jetzt aber wirklich ranhalten!"
 

"Wir sind wieder da!" Prüfend sah Toshi zuerst in die Küche,

dann ins Wohnzimmer. Keiner zu sehen. Er wandte sich an Haji. "Hast du

'ne Ahnung wo die..." "Was verstehst du eigentlich unter

'Mittag '?????" Plötzlich stand seine Mutter hinter ihm, die Hand auf

seiner Schulter. Toshi schrak gewaltig zusammen. "Mama!!! Hast du mich

erschreckt!" "Und ihr habt Papa und mich erschreckt! Wir haben

uns Sorgen gemacht. Es ist jetzt halb 3! Ich hatte Angst, dass ihr

vielleicht einen Unfall gehabt haben könntet! Warum bist du nicht an dein

Handy gegangen, als ich versucht habe dich anzurufen?"

"Entschuldige bitte. Ich hatte den Ton ausgeschalten."

"Nun sei doch nicht so streng mit den Jungs. Lass sie doch erstmal

alles erklären." Toshis Vater hatte das Gezeter seiner Frau gehört und

hatte beschlossen den beiden ein wenig zu helfen.

"Na gut. Und? Wo wart ihr so lange?" "Wir haben Nadja beim

Aufräumen geholfen." Herr Norika lachte. "Sah die Wohnung denn

so schlimm aus?" Haji druckste ein bisschen herum. "Na

ja..." "Haben Nadjas Eltern nichts dazu gesagt?"

"Äh..." Der Vater verstand schon. Nadjas Eltern hatten nichts

von all dem bemerkt.

"Es sind halt nicht alle Eltern so verklemmt wie wir." Er

zwinkerte den Jungs zu. "Schlaft euch erstmal aus. Ich glaube nicht,

dass ihr heute Nacht großartig dazu gekommen seid."

Mit einem dankbaren Blick verzogen sich Haji und Toshi in ihre Zimmer.

3.Kapitel

3.Kapitel
 

Toshi sah verärgert zum Fenster raus. /Nun fängt das wirklich an zu

schneien!/ Der Wetterbericht hatte für heute den ersten Schnee angesagt und

tatsächlich: es schneite.

Doch für Toshi hieß das, dass er sein geliebtes Motorrad über Winter in die

Garage stellen musste. Seine Mutter war strikt dagegen, dass er bei Schnee

und Eis draußen herumfuhr.

Seine Laune sackte immer weiter ab. Seit der Party bei Nadja hatte er sich

ein wenig von Haji distanziert. Er nahm ihn kaum noch in den Arm und bemühte

sich seine Gefühle nicht in seinen Worten anklingen zu lassen. Doch mit

diesem Verhalten machte er den Kleinen ziemlich unglücklich. Er wusste ja

nicht, was los war.

/Es tut mir leid Tori-chan, aber ich ertrag einfach deine Nähe

nicht....nicht so. Nicht wenn ich dir nicht sagen darf, was ich fühle...

Glaub mir, es ist bestimmt besser so...hoffe ich.../

"Toshi?" "Was ist, Mama?" "Haji hat gerade

angerufen. Holst du ihn bitte vom Eislaufen ab. Papa und ich wollen heute

abend ins Theater. Es könnte spät werden" "Und der

Schnee?" "Sieh es als Abschlussfahrt." "Danke

Mama!" Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange während er schon

in Gedanken seine Schlüssel suchte. "Aber denk dran..."

"Jaaaa! Ich fahr vorsichtig!!!!"
 

Blauer Zigarettenqualm stieg in den sternenbedeckten Abendhimmel auf. Toshi

versuchte sich ein wenig an seiner Zigarette zu wärmen. /Kaum Leute hier.

Ist ja auch klar... die machen lieber Weihnachtseinkäufe anstatt sich auf

der Eisfläche was abzufrieren./ Es war furchtbar kalt und immer noch nichts

von Haji zu sehen.

/Im zu spät kommen ist er ja echt klasse!/ Endlich sah er zwei Gestalten

über den fast leeren Parkplatz der Eissporthalle laufen. Zuerst wollte er

sie rufen, doch dann stockte er.
 

"He Haji-kun! Sag doch mal was! Den ganzen Nachmittag starrst du nur

vor dich hin und sagst kaum ein Wort. Was ist denn los?" "Wegen

Toshi..." "Was kannst du denn dafür, wenn dein Bruder rumspinnt?

Der kriegt sich schon wieder ein. Lass dir davon nicht die Laune

verderben!" "Er ist seit der Party so...hab ich vielleicht

irgend etwas gesagt, was ihn verletzt haben könnte?" "Hör

endlich auf dir Gedanken zu machen! Mann! Seit Wochen ist mit dir nichts

mehr anzufangen! Ich schlag vor, du stellst ihn heute abend mal zur Rede.

Dann muss er mit der Sprache rausrücken!" "Vielleicht hast du

recht.... Ich glaub das mach ich."

Er schloss die Augen und atmete die schöne kalte Winterluft ein. Plötzlich

spürte er wie weiche Lippen seine flüchtig streiften. Als er die Augen

aufriss, sah er Nadja vor sich stehen, die Wangen leicht gerötet.

"Lach mal wieder, ja!....Gute Nacht!" Ehe Haji etwas sagen

konnte, wandte sie sich um und verschwand in der Dunkelheit. Ein wenig

unsicher blieb er noch stehen. /Warum hat sie mich geküsst?/
 

Schnell drehte sich Toshi wieder um. Sein Herz krachte schmerzhaft gegen

seinen Brustkorb. Was war nur los? Damit hatte er doch rechnen müssen. War

doch logisch, dass die zwei nicht NUR gute Freunde waren.

'Wir sind nur Kumpels...' /Warum hast du gelogen, Tori-chan? Ich hätte dann

doch nie.../ Es tat weh. Nicht nur, dass er ihn vermutlich angelogen hatte,

nein, Toshi war immer noch in den Kleinen verliebt. Er hatte es nicht

geschafft seine Gefühle für ihn abzutöten. Tränen sammelten sich in seinen

Augen. /Verdammt! Ich darf nicht heulen! Wenn Haji das sieht..../

"Toshi?"

Flüchtig wischte er sich über sein Gesicht und drehte sich dann um.

"Ich wusste gar nicht, dass du schon da bist." "Tja, hab

mich halt beeilt." /Ich wäre lieber später gekommen.../

"Was ist los mit dir?" Toshi schrak zusammen. "W-wieso?

Was soll denn los sein?" Der Kleine sah ihn traurig an. "Du hast

geweint. Warum?" "Quatsch! Das macht die kalte Luft." Haji

schüttelte ungläubig den Kopf.

'Ich schlag vor, du stellst ihn heute abend mal zur Rede...' Nadjas Worte

geisterten ihm durch den Kopf.

"Was ist mit dir los, Toshi?" "Was soll denn los

sein?" Er tat so, als wüsste er nicht was der Kleine meinte.

"Seit der Party bei Nadja verhältst du dich so komisch... Hab ich dich

irgendwie verletzt oder verärgert?" "Nein..." Toshi sah zu

Boden. "Was ist es dann?" "Es ist nichts! Du bildest dir

das nur ein." Er grinste ihn an.

/Bitte zwing mich nicht ES zu sagen.../ "Komm, lass uns gehen! Es

wird langsam echt kalt." Mit diesen Worten wandte er sich zum gehen,

doch Haji hielt ihn an der Schulter fest und zog ihn herum, so dass er ihn

ansehen musste. "Bitte sag mir was mit dir los ist. Du bist so kühl

geworden... Was hab ich dir getan, dass du mich so behandelst?" Die

Stimme des schwarzhaarigen Jungen klang erstickt, Träne glitzerten in seinen

Augen.

/Bitte nicht! Zu viele Tränen haben schon deine schönen Wangen benetzt,

Tori-chan. Ich will keine weiteren verschulden.../ Toshi hatte das Gefühl

einen riesigen Kloß im Hals zu haben, der ihm am Sprechen hinderte.

"Ich kann es dir nicht sagen..." Die Worte waren nur geflüstert

doch Haji verstand sie. "Bitte sag es, ganz egal was es ist!"

"Du willst es wirklich wissen...?" "Ja..."

Erschrocken riss Haji die Augen auf, als Toshi ihn küsste, doch er stieß ihn

nicht weg. /Er küsst mich.../ Ein wahnsinniges Kribbeln durchströmte seinen

Körper. Er spürte warme Hände seine Taille hinabwandern. Sein Herz schlug

unüberhörbar laut.

Langsam löste er sich von Haji. "Ich liebe dich..." hauchte er

ihm leise ins Ohr und verursachte so bei dem Jungen eine unglaubliche

Gänsehaut. Dann drehte er sich weg und blickte zu Boden. Haji stand immer

noch regungslos da, unfähig sich zu bewegen.

"Es tut mir leid...vergiss es einfach...Ich fahr dich jetzt nach

Hause, ja?"

Die Starre wich aus Hajis Körper. Wortlos nickte er.

Toshi schwang sich auf sein Motorrad. Der Kleine stand neben ihm und sah ihn

fragend an. /Verdammt!/ Endlich stieg auch Haji auf. Ein wenig zitternd

legte er seine Arme um die Taille des dunkelblonden Jungen. Sie fuhren los.
 

Leise quietschend öffnete sich die Haustür als die beiden Jungen eintraten.

Toshis Eltern waren schon weg. /Vielleicht besser so. Sie würden doch nur

Fragen stellen./ "Gute Nacht, Tori-chan. Bitte verzeih mir, was ich

getan habe..." Schnell ging er die Treppen hinauf und schloss seine

Zimmertür hinter sich.

Haji stand schweigend im Flur. Erst jetzt schienen seine Gedanken

zurückzukehren. Ein Kuss, sanfte Berührungen, 'Ich liebe dich '... Sein Herz

begann wieder zu klopfen.

Darauf achtend keine Lärm zu machen, schlich er die Treppe hinauf. Mit jeder

Stufe jagten ihm tausend Gedanken durch den Kopf. In seinem Zimmer

angekommen, warf er sich auf sein Bett und starrte an die Decke.

'Ich liebe dich ' Diese Worte beherrschten seinen Sinn. /Liebe... Tust du

das wirklich, Toshi? Aber das geht doch nicht! Wir sind doch fast Brüder!

Was würden Kaasan und Papa dazu sagen?/ Haji seufzte. Es war an der Zeit

sich etwas einzugestehen. Kribbeln im Bauch, eine wundervolle Wärme, die

sein Herz erfüllte....und das alles nur wenn er mit Toshi zusammen war.

Hatte er sich in ihn verliebt? War es das, wovor er sich gefürchtet hatte?

Gefürchtet davor ausgelacht, zurückgewiesen zu werden...

/Ich...liebe...ihn.../ Zum ersten Mal ließ er diesen Gedanken in sich

aufkommen. Immer wieder hatte er sich gesagt, dass seine Gefühle nicht mehr

seien, als die Gefühle für einen großen Bruder, aber... /Aber es ist nicht

nur dieses kleine Gefühl... es ist mehr.../ Ein unbeschreibliches

Glücksgefühl breitete sich in ihm aus. "Ich liebe ihn..." Leise,

kaum hörbar kamen dies magischen drei Worte über seine Lippen. Doch das

Glück wich jäh der Traurigkeit als er sich an Toshis Gesicht erinnerte. Ihm

war scheinbar fast zum heulen zumute gewesen als er ihm gebeten hatte, zu

vergessen, was geschehen war. Doch Haji wollte nicht vergessen.

Langsam richtete er sich auf und verließ sein Zimmer.
 

Toshi lag genau wie Haji auf seinem Bett. Schlafen konnte er nicht. /Ich

Idiot! Warum hab ich das nur getan? Warum hab ich den Kleinen nur so

durcheinandergebracht? Es hat doch sowieso keinen Sinn./ Nun war doch

eingetreten, was er befürchtet hatte. Haji würde ihn bestimmt nie mehr in

seine Nähe lassen. Nichts würde mehr so sein wie bisher. Er hatte alles

kaputt gemacht.

Erschrocken sah er zur Tür. Haji stand dort, die Wangen leicht gerötet.

"Ich...äh... ich wollte nur..." Toshi richtete sich ein wenig

auf und sah ihn fragend an. Der zierliche Junge nahm allen Mut zusammen und

ging auf Toshi zu. Er beugte sich über den blassen Jungen und küsste ihn

sanft. Toshi befürchtet sein Herz könnte aussetzen. "Ich liebe dich

auch." Er wollte seinen Ohren nicht trauen. Hatte Haji das eben

wirklich gesagt??! Sprachlos sah er den Jungen über sich in die dunklen

Augen. Haji errötete noch mehr. "Sag doch was..." bat er Toshi

flüsternd. Doch dieser fühlte sich außer Stande etwas zu sagen. Statt dessen

gab er ihm einen langen Kuss. Haji erwiderte ihn ein wenig schüchtern.

"Ich kann kaum glauben, dass das kein Traum sein soll..." Toshi

ließ seine Hände durch das seidige schwarze Haar streichen.

"Aber...was ist mit Nadja?" "Was soll mit ihr sein?"

"Na ja...ihr habt euch doch geküsst." Haji lächelte verlegen.

"Um genau zu sein, hat sie mich geküsst. Warum weiß ich nicht...

Vielleicht hat sie sich nur Sorgen gemacht, weil ich so traurig war."

"Wegen mir?" "Ja. Aber jetzt nicht mehr." Glücklich

ließ er sich in Toshis Arme sinken. "Das hätte ich nie

gedacht..." "Was?" Braune Augen sahen ihn fragend an. Er

gab ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. "Das ich einmal hier mit dir

liegen würde." Haji wurde ein wenig rot. "Es ist egal ob man ein

Mädchen oder einen Jungen liebt. Es ist doch das Schönste auf der

Welt..." "...geliebt zu werden.

Ich weiß. Und ich liebe dich über alles in der Welt, aber trotzdem bin ich

dein..." "Nicht!" Haji legte ihm einen Finger auf die

Lippen. "Sag es nicht! Lass uns einfach alles vergessen. Mich

interessiert die Welt nicht. Ich bin nur glücklich hier bei dir zu

sein." Eng schmiegte er sich an den Körper des Jungen, der noch vor

ein paar Minuten sein Cousin gewesen war. Und nun? Er wollte ihm einfach nur

so nah wie möglich sein. Toshi schlang seine Arme um ihn. Diese Wärme zu

spüren... Sein Traum war wahr geworden.

"Aber was sagen wir Mama und Papa? Sie werden ausrasten!" Haji

wurde ein wenig traurig. "Ich möchte ihnen lieber nichts sagen...Sie

würden es doch sowieso nicht verstehen. Wer weiß ob sie uns dann irgendwie

trennen würden..." "Das würde ich nie zulassen!" Toshi

lächelte ihn an. War das wirklich Realität? Vor ein paar Minuten noch war er

todunglücklich gewesen und jetzt? Er drückte den Kleinen fest an sich um

sich zu davon zu überzeugen, dass das hier wirklich geschah. Haji hatte die

Augen geschlossen und atmete ruhig.

/Das war wohl heute etwas zu viel für dich gewesen, Tori-chan./ Doch auch

ihm fielen langsam die Augen zu.

Friedlich und eng aneinandergekuschelt waren sie eingeschlafen.
 

Panisch riss Toshi die Augen auf und suchte seinen Wecker. /Oh Gott!!! Schon

halb 10!!!/ Seinen Eltern waren 100%ig wieder da. Was war wenn sie

mitbekommen hatten, dass Haji heute nacht bei ihm geschlafen hatte?

In seinem Gedankenchaos fiel ihm keine vernünftige Begründung ein.

Neben ihm wachte langsam Haji auf. "Was ist denn los?...Oh!"

"Was denn?" Der Kleine drückte sich fest an ihn. "Ich

dachte, ich hätte das alles nur geträumt..." Toshi musste lächeln.

Sanft gab er ihn einen Kuss auf die Wange. "Du hast nicht geträumt,

aber wenn Mama und Papa wirklich nichts mitbekommen sollen, müssen wir uns

eine gute Ausrede einfallen lassen, warum du hier und nicht in deinem Zimmer

bist!" "Oh oh... Vielleicht sind sie ja noch nicht wach."

"Hoffen wir's!"
 

Das Glück schien auf ihrer Seite zu sein, denn Toshis Eltern waren nirgends

zu sehen. Haji schlich sich ins Bad während Toshi unten in der Küche

Frühstück machte. Nach ein paar Minuten hörte man auf dem oberen Flur

schwere Schritte - Herr Norika war aufgestanden.

Haji war mittlerweile auch in der Küche und half Toshi. "Guten

Mooooorgen!" gähnte er zur Begrüßung.

"' Morgen Papa!" kam es von den beiden Jungen. "Es ist

gestern....äh, wohl doch eher heute....'etwas ' spät geworden. Mama wollte

unbedingt noch mal nachsehen ob ihr 'auch wirklich schlaft ', aber ich hab

sie erfolgreich davon abgehalten. Es muss ja wirklich nicht sein, dass sie

euch nachts um 3 noch mal aufweckt. Wer weiß, wann ihr ins Bett gegangen

seid, na???" grinste er sie an. " Och eigentlich gar nicht so

spät..."

/Papa wenn du wüsstest...du würdest uns vermutlich den Hals umdrehen!/

Toshi und Haji warfen sich einen vielsagenden Blick zu.

Es gibt nun mal Dinge auf der Welt, die Eltern besser nicht wissen sollten.
 

"Übrigens sind Mama und ich gestern von den Schneiders eingeladen

worden. Wir sollen das Wochenende vor Weihnachten mit ihnen in ihrer

Skihütte in den Alpen verbringen." Herr Norika schnappte sich noch ein

Brötchen. "Toll! Habt ihr schon zugesagt?" Toshi fand die Idee

gar nicht schlecht. Ein Wochenende nur zu zweit!

"Neee, Mama wollte euch vorher noch fragen..." "Ist ja

auch so! Wir können euch doch nicht einfach so alleine lassen! Was ist wenn

was passiert? Oder euch langweilig wird." /Langweilig bestimmt nicht!/

Haji musste sich das Grinsen verkneifen. "Kaasan! Wir sind doch keine

Babys mehr. Zur Not haben wir ja Papa's Handynummer und die Telefonnummer

der Polizei und der Feuerwehr kann ich auch auswendig." "Werd

mir ja nicht frech! Na gut. Ich glaub nicht, dass ihr Unsinn anstellt. Aber

veranstaltet mir ja keine Riesenpartys, verstanden?"

"Versprochen."
 

Toshi zog Haji mit in sein Zimmer. "Sollen sie doch ruhig fahren. Ich

hab hier alles was ich brauch." Mit diesen Worten küsste er den

schwarzhaarigen Jungen lange und intensiv.

"Meinst du nicht, dass sie es irgendwann rauskriegen werden? Was

werden sie dann tun?" Haji schaute traurig drein und löste sich

vorsichtig aus Toshis Umarmung.

/Ja, was dann...?/ Dieser Gedanke war ihm heute morgen auch gekommen, aber

trotzdem bereute er nichts. "Ich weiß nicht, was dann passiert, aber

ich möchte bis dahin jeden Moment mit dir genießen. Denk nicht darüber nach!

Ich bleib auf jeden Fall bei dir." "Das ist schön." Haji

schloss die Augen und ließ sich in den Arm nehmen.

/Trotzdem wünsche ich mir, dass dieser Tag nicht so schnell kommt.../

4.Kapitel

4.Kapitel
 

Haji saß im Wohnzimmer auf dem Boden und blätterte im Lexikon.

'Inzest: Geschlechtsverkehr zwischen nahen Verwandten, z.B. Eltern und

Kindern oder Geschwistern. Strafbar....'

/Wir sind ja keine Brüder, aber was ist Cousins...und außerdem.../ Haji

wurde knallrot. Er hatte bisher noch gar nicht daran gedacht mit Toshi

schlafen zu wollen. Bis jetzt hatten sie sich nur geküsst, weiter nichts...

Wenn er ehrlich war, hatte er sogar ein wenig Angst davor. Aber heute abend

würden die Eltern abfahren und was wäre wenn nur das Toshis Absicht war?

Hajis Herz begann laut zu klopfen. /Bitte nicht.../

"He, was schaust du denn so traurig, Tori-chan?" Toshi küsste

ihn leicht auf die Stirn. "Bist du verrückt?!!! Was ist wenn Papa oder

Kaasan vorbeikommen?" "Die sind oben und packen Koffer. Keine

Panik! Aber du hast meine Frage nicht beantwortet." "Nichts. Es

ist nichts." Toshi wollte weiter nachhaken, aber seine Eltern kamen

die Treppe herunter. "So, ich glaub wir haben alles!" Herr

Norika schien mächtig stolz auf sich zu sein. "Du würdest ohne mich

doch die Hälfte vergessen!" Seine Frau war scheinbar die ganze Zeit

damit beschäftigt gewesen all das einzupacken, was ihr Mann dagelassen

hätte. "Ach was! So viel Zeug brauchen wir doch für ein Wochenende gar

nicht!" "Na? Du wirst schon sehen."
 

Toshis Vater wuchtete die riesigen Koffer ins Auto und seine Mutter hielt

den beiden Jungen zum zehntausendsten Mal den gleichen Vortrag. Alles was

sie antworteten war immer nur: 'Ja, machen wir. '

Endlich, endlich und nachdem Frau Norika noch einen tränenreichen Abschied

inszeniert hatte, fuhren die Erwachsenen ab. Sichtlich geschafft schlossen

Toshi und Haji die Tür hinter sich und setzten sich erst mal aufs Sofa.

"Ich dachte schon die gehen gar nicht mehr.." seufzte Toshi.

"Die Ruhe jetzt ist echt entspannend." pflichtete Haji ihm bei.

"Endlich ein wenig Zeit nur für uns..." Zärtlich verteilte er

kleine Küsse auf Hajis Hals, dann auf seiner Schulter indem er sein T-Shirt

ein wenig zur Seite schob. Er ließ seine Hände die schlanke Taille hinauf

wandern und langsam den Stoff zurückschieben.

Doch plötzlich durchzuckte ein Gefühl von Angst Hajis Körper. Toshi spürte,

dass dem Kleinen unwohl war und brach ab. "Was ist los Haji?" Er

schaute ihm direkt in die Augen, doch Haji wandte den Blick ab.

"He....Was ist? Bist du traurig? Warum?..." Er legte seine Hand

auf Hajis Wange und brachte ihn mit sanfter Gewalt dazu ihn anzusehen.

"Haji..?" "Ich...ich.........ich weiß nicht...."

"Hast du etwa Angst?" "Ein wenig...glaub ich..."

Haji sprach so leise, dass er fast flüsterte. Toshi lächelte und fuhr dem

Kleinen durch das glänzende schwarze Haar. "Das brauchst du nicht. Ich

würde dir nie weh tun oder irgend etwas gegen deinen Willen machen.

Okay?" Er gab ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn und nahm ihn in den

Arm. "Okay." "Na endlich lächelst du wieder! Was hältst du

davon, wenn wir heute abend ins Kino gehen?" "Gute Idee."
 


 

Die beiden Jungen standen vor der Programmtafel des Kinos. "Wie

wär's mit der Neuverfilmung von 'Rambo '?" schlug Toshi vor.

"Uuuh, wie anspruchsvoll!!!" "Na gut...He! Es gibt einen

neuen Mr.-Bean-Film!" Hajis Gesicht schlief bei diesen 'tollen '

Vorschlägen fast ein. "Hast du vielleicht 'ne bessere Idee?"

"Aber immer doch! Schau mal! Heute ist 'Horrornight '. Da bringen sie

die ganzen berühmten Horrorfilme. Wie gefällt dir das?" Toshi

überlegte kurz und antwortete dann mit fachmännischer Miene: "Manchmal

hast du wirklich ganz gute Einfälle..." "He!!! Nur

manchmal?" "Sorry, immer." Damit gab er ihm einen leichten

Kuss auf die Wange. "Toshi...." "Was ist? Hier ist doch

niemand der uns kennt. Komm! Gehen wir, sonst verpassen wir den

Anfang."
 

Eigentlich hatte Haji erwartet, dass die ganzen alten Filme gezeigt werden

würden, doch da hatte er sich getäuscht. Es handelte sich hier um die besten

Horrorfilme der letzten 3 Jahre und die waren ziemlich realistisch! Er war

nur dabei sich an Toshis Arm festzukrallen.

"Tori-chan, es war dein Vorschlag und nun machst du kaum die Augen

auf." Haji murmelte kurz etwas unverständliches vor sich hin und

versuchte dann nicht gleich wieder zusammenzuzucken. Doch da musste er

scheitern. Noch nicht mal eine Minute später schlitzte das Monster ein

junges Mädchen auf, dass das Filmblut nur so spritze. /Wenn draußen 'ab 18 '

dransteht, dann sollte ich wohl beim nächsten Mal auch draußen bleiben.../

dachte er noch während er wieder in seinem Sitz runter rutschte. Toshi

musste grinsen. Vorsichtig näherte er sich dem zitterndem Jungen. "Du

brauchst keine Angst zu haben. Ich bin bei dir..." hauchte er ihm ins

Ohr. Gänsehaut jagte Haji bei diesen Worten über den Rücken. Er öffnete

wieder die Augen und sah Toshi an. Dieser zog ihn in seine Arme und küsste

ihn lange. Als er sich wieder von ihm löste, hämmerte sein Herz laut gegen

sein Brustbein. Sie saßen allein in der letzten Reihe und niemand konnte sie

sehen, doch irgendwie fühlte Toshi sich von den Leuten gestört.

"Vielleicht sollten wir lieber nach Hause gehen...Schon um deine

Nerven nicht weiter zu belasten." Haji verzog etwas beleidigt das

Gesicht doch insgeheim war er froh, dass Toshi gehen wollte. Zustimmend

nickte er.
 

Arm in Arm gingen sie durch die Nacht. Es war schon sehr spät und furchtbar

kalt. Haji hatte seinen Kopf an Toshis Schulter gelehnt und genoss die

nächtliche Ruhe in der Stadt. Hier in Werder, ein paar Kilometer von der

Stadt entfernt, wurden schon um 21 Uhr förmlich 'die Bordsteine hochgeklappt

'. Kaum ein Auto fuhr mehr durch die völlig verschneiten Straßen der kleinen

Vorstadt. Ohne einem einzigen Menschen begegnet zu sein, erreichten die

Jungen nach einer halben Stunde Fußmarsch endlich das Haus. Um dies Uhrzeit

fuhr ja leider kein Bus mehr.

Mit klammen Fingern suchte Toshi den Hausschlüssel aus seiner Jeanstasche

und schloss auf.

Drinnen war es angenehm warm. Ziemlich steifgefroren zog Haji seinen Mantel

aus und hängte ihn an die Garderobe. Um noch ein wenig aufzutauen, setzten

sie sich erst mal in das Wohnzimmer.

Toshi fuhr zusammen als Haji neben ihm laut nieste. "Na? Du wirst dich

doch hoffentlich nicht erkältet haben, oder?" "Mir ist verdammt

kalt...haaaatschi!" "Soll ich dich ein bisschen wärmen?"

Dieser Vorschlag war einfach zu gut um ihn abzulehnen. Haji seufzte

zufrieden als Toshi seine Arme um ihn legte. Er lauschte dem ruhigen Atem

des Kleinen, der langsam an seiner Schulter einschlief. "Ich bring

dich lieber ins Bett bevor du mir hier vollends wegpennst." Als

einzige Reaktion hörte Toshi ein unverständliches Murmeln. Vorsichtig hob er

ihn hoch und trug den Schlafenden die Treppe hoch in sein Zimmer.
 

"He Boss!" Total aufgeregt platzte Johannes in den Clubraum von

Tims Bande. "Was is'n los, Joe? Haste 'n Alien gesehen oder

was?" "Ne, was andres. Rat mal wen ich im Kino gesehn

hab!" "Bin ich 'n Rathaus?!"

Tim war ein bisschen sauer, weil er in der U-Bahn beim schwarzfahren

erwischt worden war. So wirklich interessierte es ihn nicht, was Joe auch

immer gesehen haben wollte. "Die Fitschi-Sau und seinen Bruder! Aber

du ahnst nich' WIE!!!" Die anderen Jungs drehten sich zu Joe um. Es

musste doch was besonderes sein wenn er freiwillig auf eine Ladung

Horrofilme verzichtete. "Na dann spuck's aus!"

Tim hoffte, dass dies Neuigkeiten seine Stimmung etwas heben würden.

"Also, ich saß da im Kino mit 'ner Tüte Popcorn und zieh mir

'nen voll genialen Horrorfilm rein, als die Fitschi-Sau mit seinem

Brüderchen auftaucht. Ich dacht mir noch so: 'Ob den seine Nerven das

aushalten? ' Und wirklich, bei jedem kleinen Scheiss is' der im Sitz

zusammengerutscht!..." "Is' das ALLES??? Und deshalb machst du

hier so 'nen Aufstand?" Joe grinste verschwörerisch. "Das

is' ja noch nich' alles. Ich hab mir erstmal in Ruhe den geilen Streifen

weiter angekuckt, weil ich mir gesagt hab, der soll sich da hinten ruhig vor

Angst einschiffen, is' ja nich' mein Bier. Aber als dann die Szene mit dem

Sumpfmonster kam...." "KOMM ZUR SACHE!!!" Die anderen

waren auch sauer so auf die Folter gespannt zu werden. "Is' ja gut,

is' ja gut...jedenfalls dreh ich mich um, um mir anzusehen wie der Typ vor

Schreck 'nen Herzinfarkt kriegt, da seh ich...na was wohl?"

"JOE!!!" Johannes grinste noch breiter. "...wie die beiden

rumknutschen..." Weiter brauchte er gar nicht zu erzählen. Die

Reaktionen reichten von Brechreizen bis übelsten Beschimpfungen.

"SCHNAUZE!" brüllte Tim endlich. "So weit is' es also

gekommen... jetzt ham wir hier nich' nur Ausländer in unserem feinen

Dörfchen sondern auch noch Schwule! Aber damit is' Schluss!!!" Lauter

Beifall ertönte. " Bis jetzt waren wir noch friedlich doch nun is' das

Maß voll. Die Fitschi-Sau verdient 'ne kräftige Abreibung, denn solche

Perversen Schweine wollen wir hier nich' ham, oder?!"

"NE!" Der Raum füllte sich mit Gegröle, so das jedes weitere

Wort untergegangen wäre. 'Ausländer und Schwule raus! '- das war ihre neue

Parole.

5. Kapitel

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

6. Kapitel

6.Kapitel
 

Haji lag auf dem Sofa und träumte ein wenig während Toshi in der Küche das

Frühstück vorbereitete. Eigentlich war es dafür schon fast zu spät. Der

Zeiger der Uhr rückte gerade auf halb 12, was die beiden aber nicht wirklich

interessierte. Was ist schon Zeit für 2 Verliebte?

"Mist! Wir haben ja gar keine Milch mehr. Mama muss wohl vergessen

haben, welche zu kaufen." "Ich geh schnell eine Packung holen,

ja?" "Tori-chan, das musst du wirklich nicht." - Doch zu

spät. Haji hatte sich schon ein wenig Kleingeld und seinen Schlüssel

geschnappt und war gerade dabei sich anzuziehen. "He, ich hab gesagt,

du brauchst nicht extra loszugehen. Draußen ist es viel zu kalt und wir

kommen auch ohne Milch aus." "Quatsch! Ich bin doch gleich

wieder da. Deck du den Tisch und eh du dich versiehst bin ich schon

zurück." Schnell drückte er Toshi einen Kuss auf den Mund und

verschwand. Toshi ließ er einfach stehen. "Unmöglich..."

murmelte er grinsend.
 

Es war wirklich sehr kalt und der Schnee lag scheinbar meterhoch. /Zum Glück

schneit es nicht auch noch.../ Doch da hatte er sich zu früh gefreut! Grazil

tänzelte eine Schneeflocke vor ihm her und landete schließlich auf seiner

Nase. "Auch das noch..." Der 10-minütige Weg zum nächsten

Supermarkt schien endlos!

Gerade ging er an einer schmalen Gasse vorbei, als er urplötzlich am Arm

gepackt und vom Weg gezogen wurde. Eine eiskalte Hand auf seinem Mund

hinderte ihn am schreien. "Halt ja die Fresse, sonst kannst du was

erleben!" Es war Tim! Im Dunkel hinter ihm meinte Haji die anderen zu

erkennen. Haji spürte kühles Metall an seinem Hals. /Ein Messer? Verdammt!/

"Mach keine Zicken und komm schön mit, klar?!" Eine Wahl hatte

er ja nicht. Er kannte Tim lang genug um zu wissen, dass er keine Skrupel

hatte. Widerwillig ließ er sich mitschleifen.

Auf einmal wurde er durch eine Tür geschubst und landete im Dunkeln. Erst

als jemand das Licht anschaltete, erkannte Haji wo er war. Es sah wie eine

alte, ausgediente Lagerhalle aus. Die Wände waren voll mit Graffiti und in

der Ecke stand ein verdrecktes Sofa. Das musste der Clubraum von Tims Bande

sein mit dem sie in der Schule immer angaben.

Haji hatte sich gerade eben aufgerafft, als plötzlich alle im Kreis um ihn

herum standen. Diese Situation kannte er schon aus der Schule. Sie kreisten

einen ein damit man nicht abhauen konnte. Aber dieses Mal hatte Tim ein

Taschenmesser in der Hand und das gefiel Haji überhaupt nicht. /Wer kommt

nur auf die Idee einem Vollirren ein Messer in die Hand zu geben???/

"So Fidschi-Sau, hast du uns vielleicht irgendwas zu sagen?" Bei

dem scheinheiligen Ton in Tims Stimme wurde Haji ziemlich unwohl. "Ich

wüsste nicht was." Es sollte selbstbewusst klingen, aber es war eher

ein Piepsen. "Weißt du, unser Freund Joe war gestern im

Kino...Horrorfilme..." Haji stockte der Atem. /Der weiß doch nicht

etwa../ Tim unterbrach seine Gedanken. "Du warst ja auch dort. Mit

deinem Brüderchen, nich' wahr?" Haji schwieg. Tim packte ihn hart am

Kinn. "Ich will 'ne Antwort!" Haji wimmerte vor Schmerz. Jeder

Versuch sich aus Tims Eisengriff zu entwinden war aussichtslos.

"Ja...ich war dort..." "Na bitte, geht doch." Er

tätschelte Hajis Wange bevor er ausholte und ihn niederschlug. Blut tropfte

aus seinem Mundwinkel.

Doch schnell wurde er am Kragen wieder hochgezogen. "Weißt du noch,

dass ich dir gesagt hab, dass ich nichts mehr hasse, als Heulsusen? Ich hab

meine Meinung geändert. Ich hasse nix mehr als schwule Säue!" Ein

Schlag in die Magengrube folgte, aber noch immer hielt Tim ihn fest.

"Wie pervers bist du eigentlich??? Knutschst mit deinem eigenen Bruder

rum!" /Er ist nicht mein Bruder.../ Doch das Tim zu erklären wäre

sowieso sinnlos gewesen. Außerdem hätte der Fakt, dass sie 'nur ' Cousins

waren, seine Meinung nicht wirklich geändert. "So was wie dich woll'n

wir in Werder nich' ham." Tim ließ ihn auf den Boden fallen. Schläge

und Tritte kamen von allen Seiten.

"Genug!" brüllte Tim endlich. "Jetzt will ich die Sau

bluten seh'n!" Schweigend traten die anderen von dem am Boden

liegenden Verletzten weg. /Bluten???/ Panik stieg in Haji auf. Schnell

versuchte er auf die Beine zu kommen, als Tim mit dem Taschenmesser in der

Hand auf ihn zukam. "Woll'n wir doch mal seh'n wieviel du

abhältst." Ein irres Grinsen legte sich auf sein Gesicht. Immer wieder

stieß er mit dem Messer in Hajis Richtung. Dieser wich schrittweise nach

hinten. Plötzlich berührte er versehentlich Johannes, der mit den anderen

einen Kreis um die beiden gebildet hatte. Dann schien alles gleichzeitig zu

geschehen. Verwirrt drehte sich Haji zu Joe um und wurde von ihm unsanft

weggestoßen. Tim stieß gerade wieder mit dem Messer zu - doch dieses mal

nicht in die Luft. Die Klinge bohrte sich tief in Hajis Rücken. Keuchend

brach der Junge zusammen. "Scheiße!" Kreidebleich stand Tim vor

Haji. "Verdammt! Was mach'n wir jetzt? Ey, der krepiert uns hier doch!

Ich will nich' in 'n Knast!" "Beruhig' dich, Tim! Los, schaffen

wir den Typen hier raus, bevor der uns noch die Bude versaut."

"Joe! Der STIRBT!!!" "Na und? Soll er draußen sterben. Dem

is' sowieso nich' mehr zu helfen. Pack' mal mit an!" gemeinsam

schleppten sie den Blutenden zurück zu der Stelle, wo sie ihn abgefangen

hatten. Danach machten sie sich so schnell es ging aus dem Staub.
 

Haji bekam kaum noch etwas von all dem mit.

Der Schmerz benebelte seine Sinne und er glaubte zu schweben.

Die Dunkelheit wich dem Licht und die Kälte der Wärme.

/Toshi....wo bist du...?/

Eine dunkle Gestalt tauchte vor ihm auf. Dann wurde alles schwarz...
 

Toshi sah nervös auf die Uhr. /Er ist nun schon über eine Stunde weg. So

lange kann das doch nicht dauern.../

Immer wieder lief er zwischen der Tür und dem Telefon hin und her. Der Tisch

war schon längst gedeckt und der Tee war auch schon wieder kalt. /Wo bleibst

du nur, Tori-chan?/

Das Telefon klingelte. Eilig nahm er ab, ließ dabei fast den Hörer fallen.

"Hallo? Hier bei Norika."

"Guten Tag. Kennen sie einen gewissen...äh...Hajime?"

"Ja, das ist mein kleiner Bruder. Was ist mit ihm?"

"Er wurde vor 10 Minuten bei uns im St. Peters Hospital

eingeliefert."

"Oh Gott. Was ist nur passiert?" Toshi war leichenblass.

"Er hat eine Stichverletzung im Rücken...leider in Herznähe. Er wird

gerade operiert."

Toshi hielt sich an der Kommode fest um nicht wegzukippen. Sein Körper

schien völlig kraftlos.

"Ich komme sofort hin. Wiederhören." Tuuuut!

Er knallte den Hörer auf die Gabel und stürmte los, schnappte sich seine

Motorradschlüssel und seinen Mantel und rannte aus dem Haus. Natürlich war

es draußen glatt, aber auf den Bus zu warten, hätte viel zu lange gedauert.

Um sich selbst hatte er keine Angst. All seine Gedanken waren bei Haji.
 

Keine 15 Minuten später war er am Krankenhaus angelangt. Auf dem Weg wäre er

zweimal fast gestürzt und einmal sogar fast mit einem Lkw zusammengefahren.

Ziemlich achtlos ließ er sein Motorrad liegen und hastete in das Gebäude.

"Mein Name ist Satoshi Norika. Mein kleiner Bruder wurde hier

eingeliefert." "Er wird noch operiert." "Ist es sehr

schlimm?" "Das kann ich ihnen leider nicht sagen, aber gleich

müsste einer der behandelnden Ärzte vorbeikommen. Bitte warten sie

solange." Mit diesem Satz wurde Toshi von der Schwester abgespeist.

Sie hatte ja schließlich noch andere Sachen zu erledigen. Toshi war viel zu

nervös um sich irgendwo hinzusetzen, also lief er den Gang entlang und

suchte den Arzt, von dem die Schwester gesprochen hatte.

Endlich kam einer dieser Weißkittel. Er sprach kurz mit der Schwester am

Empfang und ging dann direkt auf Toshi zu. "Guten Tag. Ich bin Dr.

Schmidt. Und sie sind Hajimes großer Bruder, richtig?" Wortlos nickte

er. "Wie geht es Haji?" fragte er leise. Seine Stimme zitterte.

"Er hat großes Glück gehabt. Ein Anwohner hat ihn gefunden und den

Krankenwagen gerufen. Hätte er noch lange dort gelegen, hätten wir nichts

mehr für ihn tun können. Er hat eine sehr tiefe Stichverletzung im Rücken,

nur wenige Zentimeter neben dem Herzen. Der Blutverlust war sehr hoch,

deshalb schläft er jetzt noch. Aber keine Sorge, er ist auf jeden Fall über

den Berg." Erleichtert atmete Toshi auf. "Kann ich zu

ihm?" "Ja, natürlich.....äh, einen Moment bitte! Ich bräuchte

noch die Telefonnummer unter der ich ihre Eltern erreichen kann."

"Sie sind übers Wochenende zu Bekannten gefahren. Ich kann ihnen nur

die Handynummer meines Vaters geben." Er suchte in seinen Taschen nach

seinem kleinen Telefonbuch, das er immer mit sich rumschleppte, entnahm ihm

einen Zettel mit der Nummer und übergab ihm Dr. Schmidt. "Gut. Die

Schwester wird gleich versuchen sie zu erreichen." Dann drehte sich

der Arzt um und brachte den Zettel der Schwester. Anschließend kam er wieder

zu Toshi zurück. "Ich bringe sie dann mal zu ihrem Bruder."
 

Monotones Piepen drang an Hajis Ohr. Als er die Augen öffnete, schien zuerst

alles um ihn herum dunkel. Nach einer kleinen Weile realisierte er, dass er

wohl im Krankenhaus war. Das Zimmer und die Geräte ließen keinen anderen

Schluss zu. /Was ist nur passiert..?/ Noch immer war Haji ziemlich benebelt,

doch er versuchte aufzustehen. Ein furchtbarer Schmerz im Rücken ließ ihn

keuchend wieder zurücksinken.

"Bleib liegen! Du bist schwer verletzt und solltest dich

ausruhen." /Diese Stimme.../ "Toshi?" Er hörte seine

eigene Stimme, sie klang fremdartig rauh. "Ja, ich bin hier. Du hast

sehr lange geschlafen. Wie fühlst du dich?" "Es geht. Wie lang

hab ich denn geschlafen? Und was mach ich überhaupt hier?"

"Weißt du das denn nicht mehr?" "Nein...nicht

genau." "Man hat dich mit einer tiefen Stichwunde auf der Straße

gefunden und dich hierher ins Krankenhaus gebracht. Du wurdest operiert und

hast dann 8 Stunden geschlafen." Haji hörte sich alles genau an.

Langsam kam seine Erinnerung zurück. "Ja...jetzt weiß ich es wieder.

Tim und seine Kumpels haben mich auf dem Weg zum Supermarkt abgefangen...oh

Gott! Toshi!"

Blitzschnell richtete er sich auf, den Schmerz missachtend, und sah Toshi

mit geweiteten Augen an. "Toshi, sie wissen das wir zusammen sind! Was

ist, wenn sie es irgend jemandem erzählen und Kaasan und Papa es

erfahren?" "Beruhige dich. Die sollten mal lieber die Klappe

halten, nach all dem, was sie dir angetan haben." Mit sanfter Gewalt

drückte er den Kleinen zurück in die weichen Kissen. "Es kommt alles

in Ordnung. Das verspreche ich dir." Natürlich wusste er, dass wenn

auch nur ein falsches Wort zu seinen Eltern gelangen würde, gäbe es

fürchterlichen Ärger, aber damit wollte er Haji nicht auch noch beunruhigen.

Zärtlich streichelte er seine Hand. "Ich bin froh, dass es dir gut

geht. Ich hatte furchtbare Angst dich zu verlieren..." Haji blickte

ihm in die Augen und sah etwas darin glitzern. Tränen.

Toshi war mit dem Gedanken konfrontiert worden, was wäre, wenn Haji etwas

zustoßen und er ihn verlieren würde. Ein unerträglicher Gedanke. Nie könnte

er ohne ihn leben. Keinen Tag könnte er überstehen ohne ihn zu

sehen, zu berühren oder sein Lachen zu hören.

Vorsichtig beugte er sich zu ihm herunter, sehr darauf bedacht ihm nicht

wehzutun. Ihre Lippen berührten sich, als wäre es eine Ewigkeit her. Jeder

wollte die Nähe des anderen spüren, brauchte diese Wärme, diesen Moment des

vollkommenen Glücks...

"Satoshi! Hajime!" Die beiden Jungen zuckten zusammen. In der

Tür standen Toshis Eltern!

"Mama. Papa..." Leise kam es über Toshis blasse Lippen.

"Ich kann es nicht glauben!!!" donnerte sein Vater los.

"Wir lassen euch 2 Tage alleine und DU? DU nutzt das schamlos aus um

Haji zu verführen??? Deinen eigenen Cousin? Deinen....deinen BRUDER?"

"Papa, ich..." "Ich will NICHTS hören, rein GAR NICHTS!

Ich habe bisher alles toleriert, aber DAS geht definitiv zu weit! Einen

14-Jährigen zu verführen! Satoshi!" "Papa, Toshi hat mich

nicht..." stammelte Haji. Er war vollkommen verzweifelt, aber der

Vater hörte ihm überhaupt nicht zu. "Wie lange geht das schon?"

"..." "Hä? Wie lange???" Er packte seinen Sohn hart

am Arm und zog ihn hoch. Er bekam trotzdem keine Antwort. Toshi schaute nur

zu Boden. BAMM! Die Ohrfeige saß! "Wenn Haji nicht verletzt und wir

hier nicht in einem Krankenhaus wären, würde ich dich schon zum reden

bringen!" Jetzt war seine Stimme bedrohlich leise. Nur Toshi konnte

ihn noch verstehen. So hatte er seinen Vater noch nie erlebt. Er gab ihm

keine Chance alles zu erklären. Toshis Blick fiel auf Haji. Der Kleine saß

zitternd auf seinem Bett und starrte ihn an. Natürlich hatten sie gewusst,

dass es Ärger geben würde, doch mit so etwas hatten sie nicht gerechnet.

"Kaasan, bitte lass mich doch alles erklären..." Mit

tränenerstickter Stimme wand er sich an Frau Norika, die die ganze Zeit

wortlos in der Ecke gestanden hatte. "Nein, Tori-chan! Es gibt nichts

zu erklären!" Haji hörte die Bitterkeit in ihrer Stimme. Sie war von

ihren Jungs sehr enttäuscht.

"Ich muss sie bitten, den Patienten nicht so aufzuregen. Er braucht

dringend Ruhe und Schlaf." Dr. Schmidt hatte den Lärm gehört und war

gekommen um Herrn Norika zur Räson zu rufen. "In Ordnung Herr Doktor.

Wir gehen ja schon." Toshis Arm immer noch fest im Griff, verließ er

ohne jedes weiter Wort das Krankenzimmer. Toshi ließ sich willenlos

hinterher schleifen, den Blick zu Boden gerichtet. "Wir besuchen dich

morgen noch mal." sagte Frau Norika zu Haji - monoton und ohne jedes

Gefühl.

Haji blieb allein in dem halbdunklen Raum zurück. Erst nach ein paar Minuten

verstand er, was hier gerade geschehen war. Alles war aus. ALLES! Sie würden

bestimmt dafür sorgen, dass Toshi und er sich nie wieder zu nahe kommen

würden. Verzweiflung stieg in ihm auf . Er schluchzte trocken und ließ sich

ins Kissen sinken. Tränen bahnten sich ihren Weg über seine blassen Wangen.

/Warum habt ihr mir nicht wenigstens eine Minute zugehört? Warum.../

Seine Gedanken verloren sich. Traurigkeit erfüllte sein ganzes Herz.
 

"Guten Morgen!" Haji hörte, wie jemand die Jalousie hochzog.

Warme Sonnenstrahlen berührten seine Haut.

Für Haji war alles kalt. Langsam öffnete er die Augen. "Na? Gut

geschlafen?" /Wie denn?/ Die halbe Nacht lang hatte er geweint und

dann nur ein paar Stunden geschlafen. Aber das Schlimmste war am Morgen ganz

allein in diesem kalten Raum aufzuwachen. Allein. Ohne Toshi.

"Ah! Heute ist ein wunderschöner Morgen und die Sonne scheint! Das

wird bestimmt ein toller Tag, nicht wahr?" Langsam, aber sicher ging

ihm diese furchtbare gute Laune, die die Krankenschwester verbreitete ganz

gewaltig auf die Nerven. "Möchtest du ein leckeres Frühstück?"

"Nein! Lassen sie mich einfach in Ruhe, ja?" Okay, es klang

vielleicht wirklich nicht sehr freundlich, aber Haji wollte nur einfach nur

allein sein und auf gar keinen Fall weiter diese Frau im Zimmer haben.

"In einer halben Stunde komme ich noch mal vorbei um die Betten zu

machen." Mit einem eingeschnappten Gesichtsausdruck rauschte sie

davon.

/Endlich Ruhe.../ Hajis Herz schien nichts mehr zu spüren. Seit gestern

hatte er das Gefühl, eine eiskalte Hand hätte sich um es gelegt und würde

ganz langsam zudrücken. Er wollte nicht, dass sie ihn heute besuchen würden.

Er hatte richtig Angst davor. Toshi würde doch sowieso nicht mitkommen.
 

15 Uhr. Die Besuchszeit hatte gerade eben erst begonnen als sich die Tür

öffnete. /Jetzt schon ?/ dachte er ängstlich. Doch der Besuch war ein

anderer. Es war Nadja. "Hey! Was machst du denn hier? Woher weißt du,

dass ich hier bin?" Er war doch ziemlich froh sie zu sehen. "Ich

hab bei dir zu Hause angerufen." Haji stutzte. Irgendwas war anders an

Nadja. Sie sah sehr ernst aus. "Was ist los?" "Das fragst

du noch?" Fragend sah er sie an. /Was meint sie bloß?/ "Ich

hätte dich echt nie für so krank gehalten." /Was???/ "Er ist

zwar nicht dein leiblicher Bruder, aber ihr seid immerhin Cousins!"

Traurig sah er zu Boden. "Woher weißt du das?" "Herr

Norika hat es mir erzählt." "Ach. Will er das jetzt jedem in der

Stadt erzählen?" "Das tut nichts zur Sache. Ich bin echt

enttäuscht von dir! Wie weit seid ihr gegangen, hä? Habt ihr vielleicht

sogar miteinander geschlafen?" "Ich wüsste nicht, was dich das

angeht!" Wut stieg in Haji auf. Nadjas eiskalte Art ließ ihn fast

ausrasten. "Also doch....hab ich es doch gewusst! Das ist doch

pervers! Haji-kun, du bist erst 14!" "Na und? Vielleicht würdest

du dir erst mal die Mühe machen und mir zuhören, bevor du dein Urteil

fällst. Aber so ist es natürlich viel einfacher!" Er bemerkte gar

nicht, dass er schrie. Doch das alles machte ihn furchtbar wütend. Niemand

hörte ihm zu.

"Okay. Dann erklär's mir." Überrascht sah er sie an, dann senkte

er den Blick. Leise begann er zu sprechen. "Ich hab mich verliebt,

Nadja. Wirklich verliebt! Ich weiß, dass das nicht geht und ich wusste auch,

dass es Ärger geben würde, wenn alles rauskommt, aber das war mir egal...ich

kann doch auch nichts dafür. Warst du schon mal richtig verliebt? Dann

müsstest du mich verstehen." Doch Nadja schüttelte den Kopf.

"Ich kann und will dich nicht verstehen! Für mich bist du gestorben!

Gott....und so einen hab ich wirklich geküsst! Ich muss doch total dämlich

sein!" "Nadja.." "Nein! Vergiss es! Komm mir in

Zukunft bloß nicht zu nahe!" Laut knallte die Tür hinter ihr zu. Haji

saß wie vom Blitz getroffen in seinem Bett. Nadjas Worte taten weh,

besonders, weil sie geweint hatte. Sie hatte sich in ihn verliebt und er

hatte es nicht gemerkt. Irgendwie tat sie ihm trotzdem leid.

Langsam ließ er sich zurück in die Kissen sinken. /Nun hab ich wirklich

ALLES verloren...Nadja wird nie mehr mit mir sprechen, Kaasan und Papa

verstehen mich auch nicht...sie hören mir ja nicht mal zu...und Toshi.../

Bei dem Gedanken an Toshi kamen ihm wieder Tränen. /Toshi werde ich nie

wieder nah sein können...Warum bin ich überhaupt noch hier...?/ Von schweren

Schluchzern geschüttelt, drückte Haji sein Gesicht in seine Hände.

Nein, er bereute keine Sekunde, die er mit Toshi verbracht hatte. Doch nun

hatte er das Gefühl ohne Toshis Wärme, seine Berührungen, seine

Zärtlichkeit, einfach nicht weiterleben zu können.

Erneut öffnete sich die quietschende Tür zu seinem Krankenzimmer. /Nein! Ich

will sie jetzt nicht sehen!/

Weiche Hände berührten plötzlich seine Wange. Erschrocken blickte er auf.

"...Toshi!" Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Glücklich

fiel er dem 16-Jährigen um den Hals. "Schön dich wiederzusehen...ich

bin ja so froh..." Sanft streichelte er dem Kleinen über das schwarze

glatte Haar. "Was ist los? Du schaust so ernst..." Toshis

Gesicht zeigte große Traurigkeit. "Haben Papa und Kaasan etwas

gesagt?" "Sie...sie haben mir gesagt, dass es besser ist, wenn

ich in ein Jugendwohnheim ziehen würde. Papa hat sogar schon bei einem

angerufen..." Haji schluckte. Das konnte doch nicht wahr sein.

"W-wo liegt es denn?" "Berlin. Charlottenburg." Haji

riss die Augen auf. Wollten seine Eltern ihn wirklich ans andere Ende der

Stadt schicken? "...außerdem...haben sie mir verboten dich noch je

wieder zu sehen. Sie haben gesagt, dass ich für sie gestorben bin..."

/Genau wie ich für Nadja./ "Aber...aber das können sie doch nicht

einfach so machen. Das können sie nicht!" "Doch, das können sie.

Zur Not wollen sie sogar rechtliche Schritte gegen mich

einleiten...Ich...bin nur hier...um...mich ...zu verabschieden..." Nun

standen auch Toshi die Tränen in den Augen. /Das kann nicht wahr sein! Soll

jetzt etwa wirklich alles vorbei sein?/ Weinend fiel er Toshi um den Hals.

"Ich will nicht, dass du gehst. Bitte bleib bei mir..."

"Tori-chan...ich möchte ja auch hier bleiben, aber ich darf

nicht..." Er bettete sein Gesicht an Hajis Schulter um sein Schluchzen

zu unterdrücken.

Plötzlich wurden sie von einem Räuspern unterbrochen. "Ä-hem,

Entschuldigung. Der Patient muss zu einer Kontrolluntersuchung." Schon

wieder diese nervige Schwester von heute morgen. "Ich wird dann mal

gehen..." "Nein!" Er hielt ihn am Ärmel fest. "Bitte

warte hier. Es dauert bestimmt nicht lange." "Es geht nicht,

Haji. Wenn Mama und Papa mich hier erwischen, kriegen wir beide einen

riesigen Ärger..." Er seufzte. In seiner Stimme konnte man deutlich

die sich androhenden Tränen heraushören. "Ich werde dich nie

vergessen." "Ich dich auch nicht..." "Ich liebe

dich, Tori-chan." Haji wollte antworten, doch ein riesiger Kloß in

seinem Hals hinderte ihm am Sprechen. "Machs gut." Toshi wollte

gehen, doch Haji zog ihn zurück und drückte sich fest an ihn. Ein letzter

Kuss...Voll von Leidenschaft und Zärtlichkeit...all dem, was nun für sie

verloren war...
 

Haji sah von dem Fenster des Behandlungsraumes aus, wie Toshi auf seinem

Motorrad davonfuhr. Die Tränen, die nie endend wollend über seine Wangen

strömten, bemerkte er nicht mehr. Genauso wenig wie er dem Arzt zuhörte, der

mit lausigen Kommentaren versuchte ihn aufzuheitern. Was wusste der denn

schon...?
 

Kälte...

Noch nie hatte er sie so empfunden. Aber Haji war auch noch nie so einsam

gewesen.

Nun war sein schlimmster Alptraum wahr geworden.

Allein...

/Was soll ich denn noch hier?/
 

Nach 15 Minuten saß Haji wieder auf seinem Krankenbett. Seine Eltern hatten

ihn nicht besucht.

/Ist vielleicht auch besser so.../ Langsam zog er unter dem Kopfkissen ein

Skalpell hervor. Diese Ärzte hier waren echt dämlich. Die kriegten es noch

nicht einmal mit, wenn so etwas fehlte. Aber wollte er das wirklich tun?

/Dann hat alles ein Ende./ Und was würde aus Toshi werden? /Ich sehe ihn

sowieso nie mehr wieder.../ Bei diesem Gedanken begannen seine Augen wieder

zu brennen, obwohl er gar keine Tränen mehr übrig hatte. Zitternd setzte er

die scharfe Klinge an seine Brust. Mitten ins Herz. Die Stelle töten, die

seine Schmerzen verursachte. Die Tür quietschte und Haji schrak hoch. Im

Türrahmen stand Toshi! /Das ist nicht wahr! Das kann nur ein Traum sein!/

"Tori-chan!!! Was tust du da? Bist du verrückt geworden??!!!" Er

wollte auf ihn zugehen um ihn das Skalpell abzunehmen. "Halt! Bleib

stehen!" Toshi stoppte in seiner Bewegung. "Haji...bitte tu das

nicht..." Leise und eindringlich redete er auf den Kleinen ein.

"Warum? Es gibt für mich keinen Grund mehr weiterzuleben..."

"Doch den gibt es! Es gibt tausend Gründe am Leben zu bleiben. Du bist

doch erst 14. Du hast Freunde, Mama und Papa. Du hast doch dein ganzes Leben

noch vor dir! Bitte...gib mir das Skalpell." Toshi streckte ihm die

Hand entgegen. Doch Haji schüttelte nur leicht den Kopf. "Was ist denn

mein Leben noch? Nadja hasst mich, genau wie Kaasan und Papa. Und du gehst

auch weg...tut mir leid, Toshi..." "HAJI! NEIN!!!"

Zu spät... Tief drang die Klinge in den zierlichen Körper ein. Keuchend

klappte Haji zusammen. "HAJI! Verdammt!" Toshi rannte zur Tür

und schrie auf den Gang hinaus. "Schwester! Doktor! Verflucht! Er

verblutet!" Schnell rannten ein paar Schwestern über den Gang auf der

Suche nach einem Arzt. Toshi hastete zurück in Hajis Zimmer. Die weiße

Bettdecke war rot von Blut. Hastig ließ sich Toshi neben dem Bett auf die

Knie fallen.

"Tori-chan! Bitte halt durch! Bitte!" Heiße Tränen rollten über

seine Wangen. "To...Toshi..." Rauh erklang Hajis Stimme an

seinem Ohr. "Haji? Bitte bleib ruhig liegen, der Arzt..."

"Nein...zu spät...genau wie für uns...vielleicht in einem anderen

Leben...Ai shiteru..." Mit seiner verbliebenen Kraft richtete sich

Haji ein wenig auf und küsste Toshi sanft auf den Mund. Dann lehnte er den

Kopf an die Schulter des Blonden. Toshi spürte ganz deutlich wie Tränen sein

Hemd dort durchdrangen bevor die Bewegungen des Kleinen erstarben.

Wie eine Feder, die zu Boden fällt. So sanft streifte Hajis letzter Atem

seinen Hals...

Schluchzend zog er ihn an sich... Jetzt war wirklich alles aus.

Die Ärzte brachten ihn wenige Momente später raus.

Die Nachricht, die sie ihm mitteilten war klar und eindeutig. Stich direkt

ins Herz. Herzversagen. Exitus.

Letztes Kapitel

Letztes Kapitel
 

/Funeral Blues
 

Stop all the clocks, cut off the telephone,

Prevent the dog from barking with a juicy bone,

Silence the pianos and with muffled drum

Bring out the coffin, let the mournes come.
 

Let aeroplaues circle moaning overhead

scribling on the sky the message He is dead,

Put crêpe bows round the white necks of the public doves,

Let the traffic policeman wear black cotton gloves.
 

He was my North, my South, my East and West,

My working day and Sunday rest,

My moon, my midnight, my talk, my song:

I thought that love would last forever; I was wrong.
 

The stars are not wanted now; put out everyone;

Pack up the moon and dismantle the sun,

Pour away the ocean and sweep up the wood,

For nothing now can ever come to any good./
 

Toshi schlug das Buch zu und stellte es zurück ins Regal. Dieses Gedicht

traf genau das, was er fühlte.

Es war nun 3 Monate her, dass Haji sich umgebracht hatte. Draußen wurde es

langsam Frühling, doch in ihm schien immer noch alles zu Eis erstarrt.

Schlurfend verließ er die Bibliothek. Draußen stand sein Motorrad. Seit 2

Wochen konnte er wieder damit fahren. Es war nicht das Eis auf den Straßen,

was ihn gehindert hatte - nein, es war die Erinnerung an Haji, wie sie beide

das erste Mal damit gefahren waren.
 

Mal wieder viel zu schnell ging er in die Kurve und konnte die Maschine nur

mit Mühe und Not unter Kontrolle bringen. Mit quietschenden Reifen hielt er

vor dem schneeweißen Hochhaus an.

*Dingdong* Der helle Ton der Klingel hallte durch die enge Gasse. Der Knopf

befand sich direkt unter dem polierten Messingschild, welches die Aufschrift

trug:

Dr. Rüdiger Polmann

Facharzt für Psychologie
 

Am Neujahrstag hatten sie Hajime beerdigt. Toshi war neben dem Sarg

zusammengebrochen. Seine Eltern hatten ihn daraufhin hierher geschickt. Sie

gaben nicht ihm, sondern sich selbst die Schuld an Hajis Tod. Toshi machte

ihnen keine Vorwürfe, trotzdem war er in das Apartment im Jugendwohnheim

gezogen. Zu Hause erinnerte ihn zuviel an Haji.
 

"Hallo Toshi. Wie geht es dir heute?" Wie jede Woche wurde er

auch an diesem Tag von Dr. Polmann begrüßt. "Ganz gut. Wird endlich

Frühling." Mit einem Kopfnicken deutete er auf das große Fenster.

"Ja. Schön, nicht?" Toshi erwiderte nichts. "Heute beginnt

der Prozess gegen Tim und seine Bande." "Ach! Hat man doch

genügend Beweismaterial gegen sie zusammenbekommen?" "Hat wohl

gereicht. Aber mehr als eine Jugendstrafe bekommen die eh nicht."

"Bist du dir da so sicher?" "Schon." Toshi sah den

Doktor nicht an, sondern schaute aus dem Fenster. Er wusste genau, dass sich

Dr. Polmann sowieso nur Notizen machte und ihm dann erklären würde, was für

exzellente Fortschritte er in letzter Zeit gemacht hatte.

Draußen auf dem Fensterbrett saß ein junger Amselhahn und begrüßte munter

die Sonne. Sein seidiges schwarzes Gefieder glänzte im Licht und seine klare

Stimme übertönte sogar den Verkehrslärm der naheliegenden Hauptstraße.

Toshi lächelte.

/Vielleicht wird es ja auch für mich Frühling...wir sehen uns wieder

Tori-chan. Aber noch nicht jetzt..../
 

OWARI
 


 

Kennt ihr das Gedicht? Das is die Originalversion des Gedichtes aus "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" von W.H.Auden. Es hat so schön gepasst,da hab ich's halt verwendet. ^.^

Tschö!

das_Diddy - sächlich, sachlich, durchgeknallt ^^



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von:  Zeckchen
2007-07-07T20:14:44+00:00 07.07.2007 22:14
ich schlies mich da Tsuki-no-Kage es ist eine echt wnsinig gut geschriebene geschichte und ich hätte auch gern noch ein zwei kapitel^^ würde mich voll freun
Von:  JounouchiKatsuya
2007-07-04T20:21:47+00:00 04.07.2007 22:21
Das ist irgendwie traurig =(
Ich habs den beiden eigentlich gegönnt glücklich zu sein und dann das :/
Naja aber der altersunterschied ist bisschen extrem gewesen finde ich, also zumindestens in so jungen Jahren ist es das >,<'
Naja ich hoffe für Toshi er findet jemanden =)
Von: abgemeldet
2007-07-03T15:14:37+00:00 03.07.2007 17:14
hmm...ich würde sagen, du hast das etwas leblos geschriben...
Du solltest solche Momente mehr und augiebiger beschreiben. Das war eher ein rein, raus und Hose an verstehst du?

Im Grunde genommen kämpfe ich ja noch mit mir. Da es eine Yaoiszene mit Minderjährigen ist....

Von: abgemeldet
2007-07-03T14:58:46+00:00 03.07.2007 16:58
HE!!!!
Arschratten, habt doch keine Ahnung. Scheiß Nazis!!!!

*fauch*
*zeter*
*brüll*
Von: abgemeldet
2007-07-03T14:45:29+00:00 03.07.2007 16:45
xDD
Wieder so ein süßes Kapitel~
|3
Ich freu mich schon auf die nächsten Seiten.....
tehehe...

*hg*
Von: abgemeldet
2007-07-03T14:15:14+00:00 03.07.2007 16:15
*freu
*lach*
Das Pitel gefällt mir auch~
||3
Die sind ja so süß~
xDD~
Wenn doch nur einer was sagen würde....
ó__ò

Von: abgemeldet
2007-07-03T12:04:50+00:00 03.07.2007 14:04
O__O'
Wieso sieht das hier mit den Kommentaren so spärlich aus??!!!!
<unverständlich dreinschau>
tse....alles Ignoranten...
ò____ó

Ich mag die Story und les mal heiter bis zum Ende~
||3
<lach>
Von:  Tsuki-no-Kage
2005-04-13T08:26:38+00:00 13.04.2005 10:26
*gg*
einfach wunderschoen.
ich find, die faschobande, die du mit rein gebracht hast ziemlich extrem aber das is ja nun mal deren 'ideologie'... *kopf schuettel* naja, was soll man machen.
was mich aber noch interessieren wuerde: wie siehts in drei oder vier jahren aus.
konnte er seinen kleinen vergessen und is mit jemandem anderen gluecklich geworden?
is er total depri?
hat er sich ne maske zugelegt, die anderen weiss machen soll, ihm get es gut, obwohl es gar nich so is?
hat er sich an der bande geraecht???
hast du nich lust, da noch ein oder zwei chapis zu zu schreiben?
*hundeblick aufsetz*


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