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Tori-chan

entschärfte Version von "sei no tori"
von

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1. Kapitel

Titel: Tori-chan

Autor: das_Diddy

Disclaimer: Alles meine!

Pairing: Toshi x Mina

Warnings: violence, depri, angst, love, inzest, death

Notes: Das is' die stark entschärfte Fassung von "sei no tori". Eigentlich genau die selbe Story, nur ohne shonen ai und lemon...also auch der selbe Scheiß. Ich hab das nur 'n bissl umgeschrieben! ^-^

Für alle, die kein shonen ai mögen.

Viel Spaß trotzdem! das_Diddy ^^
 

Tori-chan
 

1.Kapitel
 

Toshi lehnte sich an sein neues Motorrad und zündete sich eine Zigarette an. In den Augenwinkeln beobachtete er die Schüler, die ihn anstarrten und im großen Bogen um ihn herum gingen. Er musste schmunzeln. Mit der dunklen Sonnenbrille, die seine silbergrauen Augen verdeckte, dem abgewetzten Armeeparker und seinen verdreckten Stiefeln schien er für die Kleinen genau das Bild abzugeben, das ihnen ihre Eltern über den `Bösen Schwarzen Mann ´ erzählt hatten. In aller Ruhe blies er den blauen Rauch in die kalte Novemberluft und strich sich eine dunkelblonde Strähne aus dem Gesicht.

/Wo bleibt die Kleine nur?/

Mina war nun schon 15 Minuten zu spät dran. Die anderen Kinder waren schon längst nach Hause gegangen.
 

Toshi dachte nach.

/Heute ist der 15. ... also werden es nächsten Monat 5 Jahre..../

5 Jahre lebte Mina nun schon bei der Familie Norika, bei Toshi und seinen Eltern. Eigentlich war Mina nur Toshis Halbschwester. Sein Vater war als Computerspezialist nach Berlin gekommen und hatte hier Jasmin Schiller geheiratet, Toshis Mutter. Jedoch war geschäftlich immer wieder nach Japan zurückgekehrt und hatte dort eine kurze Affäre mit einer jungen Frau, Minas Mutter, gehabt.

Vor 5 Jahren erschütterte ein ziemlich schlimmes Erdbeben Tokio. Mina war damals in der Grundschule gewesen und hatte alles gut überstanden bis auf eine kleine Schürfwunde. Doch ihre Mutter hatte sich in der Nähe einer Baustelle befunden und war von einem herabfallenden Stahlträger erschlagen worden. Da Mina außer der Familie Norika keine weiteren Verwandten hatte, entschieden sich Toshis Eltern, die Kleine zu sich nach Berlin zu holen. Toshis Mutter war anfangs nicht sonderlich begeistert gewesen das Kind einer Liebschaft ihres Mannes aufzuziehen, doch mit der Zeit hatte sie die Kleine fest ins Herz geschlossen.
 

Sanfte Schritte rissen Toshi aus seinen Gedanken. Er blickte auf. Über den Schulhof trottete ein zierliches Mädchen von 13 Jahren, den Kopf gesenkt.

"He, Tori-chan! Wo bleibst du denn, du Trantüte?!!"

Die Kleine hob den Blick.

"Toshi!"

Die glockengleiche Stimme hallte über den leeren Schulhof.

/Wunderschön.../

Er hatte Mina wegen ihrer Stimme diesen Spitznamen verpasst. Kleiner Vogel, so hieß das auf japanisch. Seine Mutter sagte immer Mina könnte es sogar mit einer Nachtigall aufnehmen.

Toshi ging ihm ein paar Schritte entgegen. Mina schlang ihre schlanken Arme um die Taille des 16-Jährigen und drückte ihr Gesicht an dessen Schulter. Plötzlich spürte Toshi wie etwas sein Hemd an der Schulter durchweichte und der an ihn gepresste Körper zu zittern begann. Es war wie ein kleiner Stich ins Herz- Mina weinte, weinte bitterlich.

"Was ist denn los...?.....Haben sie dich wieder geärgert...?"

Mina nickte ohne aufzublicken. Sanft fuhr er der Kleinen durch das glänzende schwarze Haar.

"Haben sie...dich wieder...geschlagen...?"

Wieder ein Nicken. Er drückte Mina noch mehr an sich. Er hasste das.

/Wie können 13-Jährige nur schon so braun im Kopf sein?/
 

Das war nicht das erste Mal, dass Mina mit blauen Flecken nach Hause kommen würde. Immer wieder schlugen und schikanierten sie ihre Mitschüler und das nur, weil sie Japanerin war. Sie nannten sie Fidschi-Sau. Sie waren so blöd, dass sie noch nicht einmal Vietnamesen von Japanern unterscheiden konnten! Natürlich fiel es auch den Eltern auf, wenn sie immer mit Verletzungen ankam. Doch sie behauptete steif und fest, dass sie das vom Sportunterricht hatte. Nur Toshi hatte sie die Wahrheit gesagt. Er wusste warum die Kleine so große Angst hatte. Doch er schwieg, auch wenn es ihm sehr schwer fiel. Mina hatte ihn darum gebeten.

Vor drei Monaten hatte ihre Freundin alles dem Direktor erzählt. Marias Eltern kamen aus Italien. Sie war genau wie Mina dauernd gequält worden. Daraufhin warf man 7 Schüler von der Schule. Aber 2 Wochen später hatten sie ihr abends aufgelauert und sie verprügelt. 3 Rippen hatten sie ihr gebrochen. Leider hatte sie niemanden erkennen können. Natürlich wussten alle, wer es gewesen war. Diese Typen hatten ein Zeichen gesetzt. Wer sie verriet, dem würde es genauso gehen wie Maria. Davor hatte Mina Angst. Sie lehnte sogar Toshis Hilfe ab.
 

Langsam beruhigte sie sich wieder und löste sich vorsichtig aus der Umarmung.

"Warum bist du eigentlich hier?"

Toshi grinste sie an und wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht.

"Ich hab dir doch gesagt, wenn ich die Fahrprüfung bestanden habe, hol ich dich von der Schule ab!"

"Du hast bestanden??? Super!"

Sie fiel ihm um den Hals.

"Das Beste weißt du ja noch gar nicht. Komm mit!"

Lachend zog er Mina vom Schulhof bis zum Parkplatz.

"Tada! Na? Wie gefällt es dir?"

Mit einer schwungvollen Handbewegung deutete auf sein neues Motorrad. Monatelang hatte er neben seiner Ausbildung zum Mechaniker als Aushilfe in Supermärkten gearbeitet um das Geld zusammen zu kriegen und heute, wo er die Prüfung bestanden hatte, war er gleich losgegangen um den Kaufvertrag zu unterzeichnen.

"WOW!!! Das ist ja der blanke Wahnsinn!!!"

Toshi drückte der Kleinen einen Helm auf den Kopf.

"Spritztour gefällig?"

"Aber immer doch!"

Vorsichtig setzte sie sich hinter Toshi, sehr darauf bedacht ihren dunklen Rock und die weiße Bluse nicht schmutzig zu machen. Sie wollte Kaasan schließlich nicht unnötig verärgern. Sie klammerte sich fest an Toshi, als dieser losfuhr. Der Fahrtwind fuhr ihr angenehm durch das Gesicht. Toshi schaltete noch einen Gang höher.

"Das ist echt klasse, Toshi!!!"

Dieser musste lächeln. Es freute ihn, wenn die Kleine glücklich war, auch, wenn es ihm selbst nicht so gut ging.
 

Er konnte ihr immer alles erzählen. Mina war auch die Erste dem er gestanden hatte, dass er sich verliebt hatte. Mina hatte sich sehr für ihn gefreut. Sie hatte gelächelt und ihn gefragt, wer es sei. Damals war Janine seine Freundin gewesen. Mina meinte, es sei das Schönste auf der Welt, wenn man jemanden hat, der einen liebt. Toshi könnte sich wirklich glücklich schätzen. Als Toshi vor zwei Monaten von Janine verlassen wurde, war es auch Mina, die ihn getröstet hatte.

Jetzt litt Toshi wieder. Doch diesmal konnte ihm Mina nicht helfen, denn sie durfte sein Problem nie erfahren! Er hatte die Kleine beobachtet wie sie aufwuchs und immer hübscher wurde. Und genau da lag das Problem: Toshi hatte sich in sie verliebt... Immer mehr fühlte er sich zu dem zierlichen Mädchen hingezogen. Oft versank er in den dunkelbraunen, fast schwarzen Augen. Die klare Stimme bewegte sein Herz. Er hatte es sich nicht eingestehen wollen, doch es war wahr. Seine Eltern sollten davon ja nichts mitkriegen!!! Sein Vater hätte ihn vermutlich erschlagen, wenn er DAS erfahren hätte....

Toshis Mutter hätte wohl einen Herzinfarkt erlitten. Sie hielt zwar sonst immer zu ihrem Sohn, doch irgendwo hatte auch ihr Verständnis ein Ende. Doch vor allem wollte Toshi Mina das nicht antun. Sie waren wie richtige Geschwister aufgewachsen, manchmal nannte die Kleine ihn sogar nii-san. Auch wenn sie nur Halbgeschwister waren, so waren sie trotz allem eng miteinander verwandt...
 

Toshi bremste stark ab und bog in die Einfahrt ein. An der Haustür stand seine Mutter. Mina sprang vom Motorrad ab.

"Hallo Kaasan!"

"Hallo, ihr beiden."

Toshi schob das Motorrad in die Garage und umarmte dann seine Mutter zur Begrüßung.

"Und dir Vekehrsraudi haben sie wirklich einen Führerschein gegeben?"

"Natürlich! Was denkst du denn!"

Zum Beweis zog er eine kleine Karte aus seiner Tasche.

"Siehst du! Satoshi Norika. 16 Jahre. Führerschein für Motorrad. Und außerdem: fahr ich denn soooo schlimm?"

"Er ist ganz vorsichtig gefahren, Kaasan!"

"Da hörst du es! Tori-chan kann das bezeugen."

"Tori-chan würde das auch bezeugen, wenn du mit 180 durch die Straßen gerast wärest. Ihr beiden steckt doch immer unter einer Decke! MINA! Wo hast du denn diese blauen Flecke schon wieder her?"

Erschrocken besah sie sich Minas Arme.

"Ist nicht so schlimm. Sport ist eben Mord. Da geht's etwas doll zur Sache."

Sie versuchte zu grinsen. Leicht fiel es ihr nicht sie anzulügen.

/Bitte frag nicht weiter.../

Tatsächlich beließ sie es dabei.

"Na dann kommt rein! Wir wollen das Ereignis erst mal ausgiebig feiern."

Mit diesen Worten gingen sie ins Haus.
 

Mina lebte nun schon sehr lange in Deutschland, aber trotzdem sprach sie manchmal ein bisschen japanisch. Sie mischte es einfach in normale Sätze. Toshis Mutter nannte sie auch nicht Mama, sondern Kaasan. Aber Herrn Norika nannte sie ganz normal Papa. Toshi hatte sie darauf einmal angesprochen und die Kleine hatte geantwortet, dass das nicht böse gemeint sei, aber man habe nur eine wirkliche Mutter im Leben und ihre sei tot. Sie mochte ihre Stiefmutter sehr, auch wenn sie sie nie Mama nennen würde...
 

"Hat Papa angerufen?"

"Ja. Er kommt am Wochenende doch nicht heim, aber zu Minas Geburtstag ist er auf jeden Fall da."

"Das ist schön..."

Etwas müde warf Toshi sich auf das Sofa. Mina, die fernsah, kuschelte sich ein bisschen an ihn. Ein heißes Kribbeln durchfuhr seinen Körper.

/Fang an deinen Verstand zu gebrauchen!!! Tori-chan ist deine Schwester. Außerdem ist sie erst 13!!!/

Gänsehaut überzog seinen Arm dort, wo Minas Atem ihn striff. Die Kleine hatte die Augen geschlossen.

/So unschuldig und schön.../

Sein Blick fiel auf Minas Lippen. Er hätte sich ohrfeigen können.

/BENUTZ ENDLICH DEIN HIRN!!!/

Seufzend erhob er sich. Mina schlug die Augen auf.

"Oh! Ich war wohl kurz eingenickt..."

"Geh lieber ins Bett. Es ist schon fast Mitternacht."

Ohne Widerworte stand sie auf und trottete in ihr Zimmer. Toshi entschied sich auch schlafen zu gehen.
 

Er lag auf seinem Bett und starrte die Decke an. Warum, zum Teufel, musste er sich ausgerechnet in Mina verlieben? Seine Gedanken schienen sich nur um braune Augen, schwarzes Haar, einen schlanken Körper und eine engelsgleiche Stimme zu drehen.

/Gibt es denn aus dieser Hölle kein Entrinnen???/

Er begehrte sie. Sein Körper verzehrte sich fast nach dem Mädchen mit den traurigen dunklen Augen. Beim bloßen Anblick der Kleinen begann sein Herz laut zu klopfen. Insgeheim wünschte er sich sie berühren zu dürfen, zu küssen.... Zum Glück bemerkte es niemand. Wie hätten sie wohl reagiert...?. Bei diesem Gedanken wurde ihm ein bisschen mulmig.

Grummelnd dreht er sich zur Seite und schloß die Augen. Vielleicht konnte er wenigstens im Traum dem Bild des Mädchens entkommen...

2. Kapitel

2.Kapitel
 

Eine Hand tastete nach dem laut piepsenden Wecker. Mit einer geübten Bewegung schaltete Mina die Nervensäge aus. Heute war ihr Geburtstag, der 19. November.

/Endlich 14.../

Langsam setzte sie sich in seinem Bett auf und berührte mit den Fingern vorsichtig ihre Lippen.

/Nein...es war wohl doch nur ein Traum.../

Sie hatte geträumt, dass sie jemand geküsst hätte, aber sie hatte nicht erkannt wer. Seufzend ließ sie sich wieder zurückfallen. Wer sollte sie schon küssen?

"Tori-chan? Bist du schon wach? Steh auf, sonst kommst du zu spät zur Schule!"

"Ja, Kaasan..."

Widerwillig erhob sie sich. Wie sollte das ein schöner Geburtstag werden, wenn sie in die Schule gehen sollte?

/Hoffentlich lassen sie mich wenigsten heute in Ruhe./
 

"Alles Gute zum Geburtstag Minako! Hier das ist für dich."

"Arigatou, Kaasan."

Mina lächelte. Auf dem Frühstückstisch standen 14 Kerzen.

"Das hier ist von mir. Ist zwar nicht so groß, aber ich hoffe es gefällt dir. Alles Liebe zum 14.,Tori-chan!"

"Arigatou gozaimasu, Toshi!"

Sie umarmte ihn heftig.

/Warum müssen Mütter ihren Kindern eigentlich immer Kleidung schenken???/ dachte Mina, als sie den blauen Pullover und die Socken auspackte.

Trotzdem versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen. Dann öffnete sie Toshis Geschenk.

"Wow!!! Cool!" Total begeistert packte sie den Manga aus. `Lost in Galaxy ´. 1.Band.

"Klasse! Wie hast du denn den bekommen?"

"Tja, Beziehungen!"

Toshi grinste sie an. Er verschwieg, dass er durch die halbe Stadt gefahren war um genau DIESEN Band zu finden.

"Papa kommt heute nachmittag. Dann können wir schön feiern!"

"He Kleines! Was hältst du davon, wenn ich dich zur Schule fahre und auch wieder abhole?"

"Musst du nicht arbeiten, nii-san?"

"Nö! Ich hab mir heute extra frei genommen."

"Super!"
 

"Aber fahrt ja vorsichtig!!!"

"Geht klar, Mama!"

Seine Mutter hatte immer noch nicht sehr viel Vertrauen in seine Fahrkünste. Schnurrend sprang die Maschine an.
 

Die anderen Schüler staunten nicht schlecht als sie auf dem Schulparkplatz anhielten. Etwas blass stieg Mina von dem Motorrad ab. Das lag keinesfalls an Toshis Fahrweise, nein, sie überkam nur wieder die Angst- wie jeden Morgen.

"Lass dich nicht unterkriegen! Wenn du willst, knöpf ich mir mal die Typen vor, okay?"

"Toooshiiii!"

"Ist ja schon gut...pass auf dich auf, ja?"

"Mach ich."

"...na dann... bis heute nachmittag..."

"Ja, bis dann."

Mina wollte sich zum gehen wenden, doch sie wurde zurückgezogen. Plötzlich fand sie sich in Toshis Umarmung wieder.

"Ich mein das ernst. Ich würd dich auch gegen die ganze Welt verteidigen, wenn du mich nur lässt..."

Diese Worte berührten Minas Herz.

/Warum sagst du nur so was Liebes, du Dummkopf?/

"Toshi...."

Sie wand sich sanft aus der Umarmung.

"...ich muss jetzt los...Tschüs!"

Dann rannte sie zu dem großen grauen Schulgebäude, nicht wissend, was ihn dort heute wieder erwarten würde.

Toshi blickte ihr traurig nach. Er ließ sie ungern gehen.

"Ich hab das wirklich so gemeint..." flüsterte er, ehe er den Motor startete und davon fuhr.
 

"Na Fitschi-Sau! Hast heute Geburtstag? Wirst deshalb von deinem großen Bruder herchauffiert? Dann wollen wir dir mal auch ´n Geschenk machen!"

Mit diesen Worten rammte ihm Tina die Faust in die Magengrube. Keuchend brach Mina zusammen. Sie schmeckte Blut auf ihren Lippen- ihr Blut. Ein Fußtritt gegen den Kopf folgte, so dass sie zu Boden ging. Unsanft wurde sie an den Haaren gepackt und hochgezogen.

"Ich hab was gegen Leute, die sich aufspielen wollen. Ihr doch auch Leute, oder?"

Die Mädchen, die im Kreis um sie standen nickten stumm.

"Besonders wenn's solche dreckigen Fidschis sin´, wie du! Geh dahin zurück wo du herkommst!"

Ein harter Schlag traf Minas Kinn. Sie fiel zurück auf den schmutzigen Boden der Mädchentoilette.

"Geh zurück zu deiner Hurenmutter!"

Tränen traten ihr in die Augen.

/Ich wünschte, ich könnte zurück zu ihr.../

"Weißt du, was ich noch mehr hasse als Aufschneider und Fidschis?!! Heulsusen!"

Dann traten alle auf sie ein. Mina hatte Angst sie würden sie töten. Endlich hörten sie auf und gingen. Sie ließen sie einfach am Boden liegen.

Mina weinte bitterlich. Noch stärker als ihr Körper schmerzte, tat ihr Herz weh.

"Diese Biester..." brachte sie schluchzend hervor.

Sie hatten ihre Mutter beleidigt... Das war echt zuviel! Alles konnte sie ertragen, die Schläge, die Beleidigungen, aber nicht DAS!

Schwankend stand sie auf und ging zum Waschbecken um sich das Blut und die Tränen abzuwaschen. Hoffentlich glaubte ihr Kaasan, wenn sie ihr erzählte, sie sei die Treppe heruntergefallen. Sie sah heute wirklich schlimm aus... Mina lehnte ihre Stirn gegen den kühlen Spiegel.

/Wenn es doch nur aufhören würde.../
 

"Mina-chan, wie siehst denn du aus!!!"

Niko war total geschockt.

"Mein Gott! Irgendwann schlagen die dich noch tot! Du solltest zum Direx gehen!"

"Damit ich so ende wie Maria?"

"Aber es kann doch nicht so weitergehen!"

"Wird es auch nicht. Nächstes Jahr gehe ich an eine andere Schule."

Mina lächelte. Niko hatte sich ein paar spärliche Japanischkenntnisse zugelegt. Vielleicht versuchte er sie damit zu beeindrucken.

"Das nützt dir aber nichts, wenn sie dich vorher krankenhausreif prügeln, Mina-chan!"

"Ich weiß..."

Es tat gut einen Freund zu haben, der sich in der Schule ein wenig um einen kümmerte.

"Du solltest lieber auf dich selbst aufpassen. Die Freunde von diesen Zicken sind auch nicht zu unterschätzen."

"Die werden es nicht wagen mich anzugreifen, aber um dich mache ich mir Sorgen..."

Niko hatte blondes Haar und blaue Augen, genau wie sich diese rechten Biester einen

`richtigen deutschen Jungen ´ vorstellten. Sie hatten ihm schon ein paar Mal gedroht er solle aufhören mit Mina zu reden, sonst würde es ihm übel ergehen, doch er machte sich nichts draus. Bis jetzt waren es nur Drohungen gewesen, aber bei diesen Typen wusste man ja nie...

"Ich leg die mit einem sauberen Karate-Schlag nieder!" scherzte er.

Mina bewunderte ihn irgendwie. Niko schien vor nichts und niemandem Angst zu haben und sie? Sie war schon zu feige diese Kühe nur zu verpfeifen. Er legte ihr ein feuchtes Taschentuch auf die geschwollene Wange. Mina schloß die Augen und seufzte. Das tat gut.
 

Toshi wartete.

/Schon wieder zu spät! Ihr wird doch nichts.../

Da sah er endlich Mina. Vor Schreck fiel ihm bald die Zigarette aus dem Mund. Seine grauen Augen weiteten sich vor Entsetzen.

"Mina..." brachte er tonlos hervor.

Mina nahm seine Hand und zog ihn zum Motorrad.

"Lass uns gehen, sonst kommen wir noch zu spät zu der Feier."

Toshi blieb wie angewurzelt stehen und rührte sich nicht vom Fleck.

"Tori-chan... was haben sie dir nur angetan?"

Noch nie hatten sie sie so übel zugerichtet.

"Es ist nicht so schlimm wie es aussieht.."

Mina versuchte zu lächeln, doch Toshi schüttelte nur ungläubig den Kopf. Er zog die Kleine in seine Arme und drückte sie fest an sich. Tränen brannten in seinen Augen.

"So geht das nicht weiter! Ich.."

"Bitte nii-san! Es sind nur noch 2 Monate bis zu den Halbjahreszeugnissen! Dann geh ich sowieso an eine andere Schule."

"Und wie willst du DAS Mama und Papa erklären??!!!"

Mina seufzte.

"Ich sag ihnen ich sei die Treppe herunter gefallen..."

Toshi sah die Kleine missmutig an.

/Ob sie dir das glauben, Mina?/

Dann löste er die Umarmung und sie gingen zu Toshis Maschine.
 

"Wie können dies Putzfrauen die Treppe nur während der Schulzeit bohnern???"

Toshis Mutter war ganz aus dem Häuschen und wirbelte herum um Minas Wunden zu versorgen. Sie saß mit nacktem Oberkörper auf einem Küchenstuhl und versuchte zu grinsen.

"Tja, nur Fliegen ist eben schöner!"

Toshi saß mit dem Rücken zu ihnen, schielte aber ein wenig über seine Schulter. Der zarte Körper war mit blauen Flecken, Blutergüssen und Schrammen übersät. Er wandte den Blick ab. Es tat ihm schon vom hinsehen allein weh.

/Ich Idiot! Ich Blödmann! Hätte ich doch nur nicht gebremst.../

Als er am Morgen weggefahren war, waren ihm Tina und ihre Truppe vors Motorrad gelaufen. Er hatte scharf bremsen müssen um sie nicht über den Haufen zu fahren.

/Hätte ich das doch nur nicht gemacht...Dann müsste Mina jetzt nicht leiden../

Die Haustür öffnete sich.

"Konnichiwaaaaaa! Jemand zu Hause? Wo ist denn das Geburtstagskind?"

"Papa!"

Sich schnell ein T-Shirt überziehend, lief Mina ihm entgegen und umarmte ihn fest.

"Hallo meine Kleine! Aaah! Hast du wieder Stuntman gespielt?"

"Sie ist in der Schule die Treppe heruntergefallen."

Toshis Mutter stand mit besorgtem Blick in der Küchentür.

"Meine Güte! Wir sollten dich wohl besser nicht mehr in die Schule gehen lassen, was?"

Er lachte laut.

/Das wäre vielleicht besser.../

Mina lächelte traurig.

"So wie du aussiehst, hätte ich wohl doch etwas anderes für dich kaufen sollen, oder? Aber na ja...zu spät! Hier bitte. Alles Gute zum Geburtstag, meine Große!"

Er drückte Mina ein riesiges Paket in die Hand.

"Was ist das?"

"Pack es aus, dann siehst du es!"

Ungeduldig riss sie das Geschenkpapier ab. Ein Skateboard!

"Cool!"

"Einen Helm brauchst du wohl aber noch."

"Kaasan! Ich fahr doch nicht mit Helm!!!"

"Wollt ihr im Flur stehen bleiben???"

Toshi sah sie wartend an. Schließlich hatte er heute noch was vor...
 

"Hmmmm...Jasmin dein Kuchen ist wirklich göttlich!!!"

Frau Norika lächelte und wandte sich dann an Toshi und Mina.

"Hattet ihr zwei nicht noch was vor?"

Minako sah sie verwundert an.

"Was denn?"

"Frag nicht so blöd! Komm einfach mit!"

Toshi stand auf und zog die Kleine mit sich.

"Nii-san! Wo willst du denn hin?"

"Wirst du schon sehen."

Mit diesen Worten schnappte er sich seine Schlüssel und öffnete die Haustür.

"Aber fahr ja vorsichtig! Und trink nichts!"

"Jaaaaa!"

Diesen Vortrag konnte er nun schon fast auswendig...
 

"Was wollen wir denn bei Niko?"

Anstatt zu antworten klingelte Toshi.

/Familie Krüger..../

Die Tür wurde abrupt aufgerissen. Laute Musik drang in den Hausflur.

"Da seid ihr ja endlich!!! Kommt rein!"

Niko packte Mina am Arm und zog sie in die Wohnung. Drinnen fand eine irre Party mit vielleicht 20, 30 Leuten statt. Nikos kleiner Bruder betätigte sich als DJ. Er machte seinen Job gar nicht so schlecht...

"Noch mal alles Liebe zum Geburtstag Mina-chan!"

"Wow! Habt ihr zwei euch das ausgedacht?"

"Nein. Es war Nikos Idee. Meine Aufgabe war nur dich hierher zu bringen."

Plötzlich drückte Niko jedem ein Glas in die Hand.

"Was ist das denn????"

Prüfend roch Toshi an dem Getränk.

"Von mir selbst kreiert! Und jetzt ab auf die Tanzfläche!!!"

Dann schob er sie einfach in die Wohnstube.

Dort waren alle Möbel an den Rand geschoben worden um viel Platz zu schaffen. Mina tanzte ein wenig. Sie schien sehr viel Spaß zu haben.

/Sie hat das von heute morgen schon scheinbar ganz vergessen.../

Nur ein Pflaster auf ihrer Wange erinnerte im Moment an Minas Schmerzen. Toshi zog es vor sich einen Platz auf der Couch zu suchen.

/Ich will mich hier ja nicht noch blamieren!/

Er nahm einen großen Schluck von dem mysteriösen Mixgetränk.

/Ist da etwa Alkohol drin????/

Sein Blick fiel auf Niko, der hinter einer selbstgebauten Theke stand und eifrig irgend etwas zusammenmixte. Neben ihm stand eine halbvolle Whiskyflasche.

/Na toll! Und sowas gibt er 14-Jährigen!!!/

Toshi musste ein wenig schmunzeln.

Urplötzlich wurde er am Handgelenk gepackt und auf die Tanzfläche gezerrt.

"Das hier ist eine Party! Da tanzt man und verzieht sich nicht in irgendeine dunkle Ecke!"

"Du weißt genau, dass ich nicht tanzen kann!!!"

Doch Mina ließ dies Ausrede nicht gelten.

"Na und?"

Das war ihre einzige Antwort. Zu der schnellen Musik kam Toshi sich furchtbar ungeschickt vor. Er tapste von einem Fuß auf den anderen. Mina musste über ihn lachen. In den Augenwinkeln beobachtete er ein Mädchen, was zu Nikos Bruder ging und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Dieser verdrehte die Augen, aber nickte.

Der Song klang aus. Dann startete ein langsamer Schmusesong. Den hatte sich das Mädchen wahrscheinlich gewünscht. Viele Kids verließen die Tanzfläche und auch Toshi sah eine Gelegenheit abzuhauen. Doch zu früh gefreut! Etwas unsanft wurde er zurückgezogen.

"Mooooment mal! Es ist sehr schwer dich zum tanzen zu bewegen. Denkst du, ich lasse dich da jetzt schon wieder gehen??!!!"

Mina zog ihn fest an sich. Die volle Röte stieg Toshi ins Gesicht, als die Kleine den Kopf an seine Brust lehnte und die Arme um seinen Hals schlang. Ein schwacher Alkoholgeruch stieg ihm entgegen.

"Sag mal Tori-chan, wieviel hast du heute Abend schon getrunken?"

"Nicht viel. Höchstens 2, 3 Gläser."

"Du weißt schon, wie dein Freund die Drinks mixt? Ein halbes Glas Saft und ein halbes Glas Whisky!"

"Er ist nicht mein Freund!!!"

Minas Stimme klang plötzlich ziemlich schroff.

"Wir sind nur Kumpels..." fuhr sie leise fort.

"So war das auch nicht gemeint..."

Der warme Atem an seiner Brust... Er konnte deutlich Minas Herzschlag spüren.

/Warum schlägt dein Herz so schnell, Tori-chan...?/

Seine Finger glitten den schlanken Rücken herunter, verfolgten die weichen Linien. Schließlich trafen sie auf den Bund der Jeans. Toshi biss sich auf die Lippen und legte seine Hände fest an die Taille des Mädchens.

Mina spürte diese Berührungen. Ihr Herz fing an noch schneller und heftiger gegen ihr Brustbein zu krachen. Tief im Inneren ihres Körpers erwachte ein leichtes Kribbeln. Es war schön so zu tanzen...

/Von mir aus könnte das immer so weiter gehen./

Alle Gedanken schienen sie zu verlassen...

/Endlich ist es zu Ende!/ dachte Toshi und löste sich von der Kleinen um schnell im Bad zu verschwinden.
 

Er verschloss die Tür hinter sich und lehnte sich an die kühle geflieste Wand. Seine Gedanken waren ein einziges Chaos. Mina so nah zu sein, war schwer zu ertragen...

Er ließ sich auf den Boden gleiten und verbarg sein Gesicht in den Armen. Langsam suchten sich Tränen den Weg nach draußen.

/Wieso sie?.... Wieso ich?...Warum liebe ich sie nur so sehr?/

Toshi wusste ganz genau, dass es nicht gut war, dass es falsch war Mina zu lieben und doch....

Und doch konnte er seine Gedanken und Gefühle einfach nicht von dieser schönen Gestalt losreissen...

Die Tränen durchnässten die Ärmel seines Hemdes. Verzweiflung stieg in ihm auf.

/Warum müssen wir nur verwandt sein?/
 

Mina stand etwas verwirrt da und sah Toshi nach, der eilig im Bad verschwand.

/Ist ihm schlecht?/

Niko drückte ihr ein Glas in die Hand.

"Ihr gebt ein hübsches Pärchen ab."

Er nahm einen Schluck aus seinem eigenem Glas. Mina wurde schlagartig knallrot.

"He, kein Grund gleich Feuermelder zu spielen! Es war ja nur eine Feststellung."

Er wandte sich um und wankte zu seiner Theke zurück.

/Du bist auch schon ziemlich zu, Niko./

Gedankenverloren trank sie ein bisschen was. `...ein hübsches Pärchen...´ Sie mochte Toshi sehr. Mehr als sich selbst leibliche Geschwister gern hatten, aber...

Seufzend ließ sie sich auf der Couch nieder.

/Aber er ist nun mal mein Bruder! Nichts weiter.... Du siehst Gespenster, Niko!/

Doch seine Worte ließen sie einfach nicht mehr los...

Der Alkohol tat seine Wirkung. Langsam döste sie ein.
 

Toshi stand vor dem Waschbecken und versuchte die Spuren seiner Tränen loszuwerden. Erst dann getraute er sich wieder vor die Tür. Er hielt die Luft an als Niko auf ihn zu kam.

/Sieht man es etwa doch???/

Er lächelte abwesend.

"Du. Mina-chan ist eingepennt. Wenn ihr wollt, könnt ihr hier übernachten. Meine Eltern sind nicht da. Die letzten Gäste schmeiß ich sowieso gleich raus."

Er lallte ziemlich stark.

"Danke sehr. Kann heute nacht sowieso nicht mehr fahren. Ich ruf nur noch schnell meine Eltern an, okay?"

"Mach nur..."

Dann torkelte er zurück ins Wohnzimmer und machte den letzten klar, dass sie zu verschwinden hatten.

Toshi schnappte sich sein Handy.

"Hallo! Papa?.... Hier ist Toshi. Ich wollte nur sagen, dass wir heute Nacht bei Nadja pennen.... Mina ist schon eingeschlafen......... Wir sind morgen Mittag wieder zu hause, okay?........ Bis dann!...... Gute Nacht!"

Biep!
 

Niko gähnte laut.

"Ab ins Bett!"

"Und was ist mit aufräumen?"

Das Wohnzimmer sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.

"Machen wir morgen...Ihr zwei könnt im Schlafzimmer pennen."

Herzklopfen.

"Ich kann auch auf der Couch schlafen!"

"Nur wenn Nero bereit ist seinen Schlafplatz mit dir zu teilen."

Aus dem Kinderzimmer tapste der riesige Bernhardiner der Familie Krüger.

/Oh nein! Mit diesem Untier teile ich bestimmt nicht die Couch!!!/

Seufzend ging er zu Mina.

"He, Tori-chan! Aufwachen!"

Die Kleine rührte sich nicht.

/Mann, hast du 'nen festen Schlaf./

Also entschied er sich sie einfach zu tragen. Reflexartig legte ihm Mina die Arme um den Hals.
 

Toshi betrat mit Mina auf den Armen das Schlafzimmer. Vorsichtig legte er sie auf das Bett. Es war quälend heiß in dem Raum. Er entschied sich, sein Hemd, seine Hose und die Socken auszuziehen.

Dann stand er unschlüssig neben dem Bett. Sollte er lieber auf dem Fußboden pennen? Nein, dann würde Mina am nächsten Morgen Fragen stellen, Fragen auf die er ihm nicht antworten konnte, antworten wollte.

Sein Blick fiel auf das schlafende Mädchen. Sie schwitzte stark. Morgen früh wäre sie bestimmt klatschnass und würde sich dann vielleicht erkälten...

Behutsam zog er ihr das T-Shirt über den Kopf aus. Sein Herz raste, als er die Knöpfe der Jeans öffnete. Das Kribbeln in seinem Bauch wurde immer stärker, während seine Hände die weiche Haut der Beine streifte.

Er warf die Sachen auf einen Stuhl, der in der Nähe stand. Langsam zog er die Bettdecke über sich und Mina.

/Tief durchatmen!/

Seinen Kopf legte er so auf das Kissen, dass er die Kleine ansehen konnte. Diese atmete ruhig und schien tief zu schlafen. Vorsichtig ließ er seine Hand über das hübsche Gesicht streichen. Zart und ebenmäßig. Seine Finger wanderten über die weiße Haut, fuhren die Konturen der schmalen Augenbrauen nach, die von der Wärme geröteten Wangen, das Kinn. Schließlich tasteten sie ihren Weg über Minas Lippen.

/So weich.../

Er lehnte sich über die Schlafende.

/Es ist wie ein Traum.....lass mich bitte nur einmal träumen.../

Schüchtern berührten sich ihre Lippen. Ein Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus, als würden tausende Schmetterlinge sich darin ausbreiten.

/Lass den Traum nur einmal Wahrheit werden.../

Eine sanfte Erwiderung folgte von den Lippen des schwarzhaarigen Mädchens.

Toshi zuckte zurück. Hatte sich Mina gerade wirklich bewegt??? Doch diese lag ganz ruhig da und rührte sich nicht.

Er seufzte.

/Vielleicht in einem anderen Leben.../

Toshi drehte sich auf die andere Seite und versuchte ein wenig zu schlafen.
 

Langsam öffnete Mina ein Auge. Grelles Sonnenlicht flutete ihr entgegen und verursachte einen schmerzhaften Stich in ihrem Kopf. Schnell schloss sie das Auge wieder. Der Traum von letzter Nacht fiel ihr wieder ein.

/Ein Kuss...hatte ich das nicht schon einmal geträumt?...aber diesmal...war es irgendwie anders./

Mina versuchte sich Details des Traumes ins Gedächtnis zu rufen. Doch da war nichts außer der Erinnerung an eine sanfte Berührung. Kein Bild - nichts!

Erst nach ein paar Minuten wagte sie es endlich beide Augen zu öffnen.

Sie befand sich in einem Raum, den sie nicht kannte. Während sie sich umsah, realisierte sie langsam wo sie war. Neben ihr schlief Toshi. Und sie selbst lag eng an ihn angekuschelt mit ihrem Kopf auf dessen Brust.

Sekundenschnell richtete sie sich im Bett auf. Mit hochrotem Kopf betrachtete sie ihn. Toshi machte nicht den Eindruck, als würde er sobald aufwachen. Er hatte nur noch seine Shorts an. Noch heftiger errötend stellte sie fest, dass sie selbst auch nur noch BH und Slip trug.

/Was ist gestern Nacht nur passiert?/

Ein merkwürdiges Kribbeln durchfuhr ihren Körper.

/Vielleicht will ich es auch lieber nicht wissen!/

In dem Moment hätte sie sich selbst in den Hintern treten wollen. Dachte sie wirklich Toshi hätte die Situation ausgenutzt, dass sie betrunken gewesen war?

/Idiot!!! Toshi hätte so etwas NIE getan! Er ist mein Bruder! Ich bin für ihn nicht mehr als seine kleine Schwester.../

Mina schrak zusammen. Neben ihr begann sich Toshi zu rekeln. Laut gähnend streckte er sich.

"Guten Morgen! Na? Gut geschlafen? Oder hast du 'nen Kater?" Fragend sah ihn Mina an.

/Oh Gott, sie wird sich doch nicht etwa erinnern?!!!/

Aber das war zu Toshis Glück nicht ihr Problem.

"Was ist gestern Abend eigentlich passiert? Und wo sind wir hier? Ich kann mich an kaum was erinnern."

Toshi atmete beruhigt aus.

"Du warst gestern ziemlich betrunken und ich konnte auch nicht mehr fahren. Deshalb haben wir bei Niko übernachtet. Du warst ja schon eingepennt, Tori-chan."

Er grinste.

Mina schaute etwas nachdenklich drein.

"Ich hoffe, ich habe nichts getan, was ich heute bereuen müsste..."

Toshi biss sich auf die Lippe.

/Du nicht, aber ich......vielleicht.../

"Lass uns aufstehen! Ich habe Niko versprochen, ihm beim Aufräumen zu helfen."

Schnell stand er auf und suchte seine Sachen zusammen. Hoffentlich bemerkte die Kleine seine Unsicherheit nicht.

"Toshi?"

"Hm?"

Als er sich umdrehte um ihr in die Augen zu sehen, wandte Mina den Blick ab. Ihre Wangen waren leicht gerötet.

"Warum lieg ich hier eigentlich in Unterwäsche rum?"

Toshi sah sie zuerst verdutzt an, dann lachte er.

"Du hast so geschwitzt, dass ich dir deine Sachen ausgezogen habe. Ich kann doch nicht riskieren, dass du dir in den nassen Klamotten eine Erkältung einfängst. Mama würde mich erwürgen!!!"

Mina antwortete nichts.

/Was hab ich Trottel nur für eine Antwort erwartet??!!!/

Schweigend zog sie sich an.
 

"Wie sieht es denn hier aus???"

Mina stand mit offenem Mund in der Wohnzimmertür. Niko und sein kleiner Bruder waren schon kräftig am Aufräumen.

"Na? Endlich ausgeschlafen??? Habt ihr mal auf die Uhr gesehen? Es ist fast Mittag!!! Meine Eltern sind in 2 Stunden wieder da und die Wohnung ist ein einziges Chaos!!! Wenn sie DAS sehen, krieg ich Stubenarrest bis ich 18 bin."

"Bei guter Führung vielleicht 1, 2 Jahre weniger."

Für diesen Kommentar handelte er sich eine Kopfnuss von seinem Bruder ein.

"Wir helfen dir. Deine Eltern werden gar nicht bemerken, was hier los war."

Toshi versuchte ihn aufzumuntern.

"Das hoffe ich! Denn eigentlich wissen sie ja wirklich nichts von der Party..."

"WAS???"

Minas Kiefer klappte nach unten.

"Dann müssen wir uns jetzt aber wirklich ranhalten!"
 

"Wir sind wieder da!"

Prüfend sah Toshi zuerst in die Küche, dann ins Wohnzimmer. Keiner zu sehen. Er wandte sich an Mina.

"Hast du 'ne Ahnung wo die..."

"Was verstehst du eigentlich unter `Mittag ´?????"

Plötzlich stand seine Mutter hinter ihm, die Hand auf seiner Schulter. Toshi schrak gewaltig zusammen.

"Mama!!! Hast du mich erschreckt!"

"Und ihr habt Papa und mich erschreckt! Wir haben uns Sorgen gemacht. Es ist jetzt halb 3! Ich hatte Angst, dass ihr vielleicht einen Unfall gehabt haben könntet! Warum bist du nicht an dein Handy gegangen, als ich versucht habe dich anzurufen?"

"Entschuldige bitte. Ich hatte den Ton ausgeschalten."

"Nun sei doch nicht so streng mit den Kindern. Lass sie doch erstmal alles erklären."

Toshis Vater hatte das Gezeter seiner Frau gehört und hatte beschlossen den beiden ein wenig zu helfen.

"Na gut. Und? Wo wart ihr so lange?"

"Wir haben Niko beim Aufräumen geholfen."

Herr Norika lachte.

"Sah die Wohnung denn so schlimm aus?"

Mina druckste ein bisschen herum.

"Na ja..."

"Haben Nadjas Eltern nichts dazu gesagt?"

"Äh..."

Der Vater verstand schon. Nikos Eltern hatten nichts von all dem bemerkt.

"Es sind halt nicht alle Eltern so verklemmt wie wir."

Er zwinkerte den beiden zu.

"Schlaft euch erst mal aus. Ich glaube nicht, dass ihr heute Nacht großartig dazu gekommen seid."

Mit einem dankbaren Blick verzogen sich Mina und Toshi in ihre Zimmer.

3. Kapitel

3.Kapitel
 

Toshi sah verärgert zum Fenster raus.

/Nun fängt das wirklich an zu schneien!/

Der Wetterbericht hatte für heute den ersten Schnee angesagt und tatsächlich: es schneite.

Doch für Toshi hieß das, dass er sein geliebtes Motorrad über Winter in die Garage stellen musste. Seine Mutter war strikt dagegen, dass er bei Schnee und Eis draußen herumfuhr.

Seine Laune sackte immer weiter ab. Seit der Party bei Nadja hatte er sich ein wenig von Mina distanziert. Er nahm sie kaum noch in den Arm und bemühte sich seine Gefühle nicht in seinen Worten anklingen zu lassen. Doch mit diesem Verhalten machte er die Kleine ziemlich unglücklich. Sie wusste ja nicht, was los war.

/Es tut mir leid Tori-chan, aber ich ertrag einfach deine Nähe nicht....nicht so. Nicht wenn ich dir nicht sagen darf, was ich fühle... Glaub mir, es ist bestimmt besser so...hoffe ich.../

"Toshi?"

"Was ist, Mama?"

"Mina hat gerade angerufen. Holst du sie bitte vom Eislaufen ab. Papa und ich wollen heute abend ins Theater. Es könnte spät werden"

"Und der Schnee?"

"Sieh es als Abschlussfahrt."

"Danke Mama!"

Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange während er schon in Gedanken seine Schlüssel suchte.

"Aber denk dran..."

"Jaaaa! Ich fahr vorsichtig!!!!"
 

Blauer Zigarettenqualm stieg in den sternenbedeckten Abendhimmel auf. Toshi versuchte sich ein wenig an seiner Zigarette zu wärmen.

/Kaum Leute hier. Ist ja auch klar... die machen lieber Weihnachtseinkäufe anstatt sich auf der Eisfläche was abzufrieren./

Es war furchtbar kalt und immer noch nichts von Mina zu sehen.

/Im zu spät kommen ist sie ja echt klasse!/

Endlich sah er zwei Gestalten über den fast leeren Parkplatz der Eissporthalle laufen. Zuerst wollte er sie rufen, doch dann stockte er.
 

"He Mina-chan! Sag doch mal was! Den ganzen Nachmittag starrst du nur vor dich hin und sagst kaum ein Wort. Was ist denn los?"

"Wegen Toshi..."

"Was kannst du denn dafür, wenn dein Bruder rumspinnt? Der kriegt sich schon wieder ein. Lass dir davon nicht die Laune verderben!"

"Er ist seit der Party so...hab ich vielleicht irgend etwas gesagt, was ihn verletzt haben könnte?"

"Hör endlich auf dir Gedanken zu machen! Mann! Seit Wochen ist mit dir nichts mehr anzufangen! Ich schlag vor, du stellst ihn heute abend mal zur Rede. Dann muss er mit der Sprache rausrücken!"

"Vielleicht hast du recht.... Ich glaub das mach ich."

Sie schloss die Augen und atmete die schöne kalte Winterluft ein. Plötzlich spürte sie wie weiche Lippen ihre flüchtig streiften. Als sie die Augen aufriss, sah sie Niko vor sich stehen, die Wangen leicht gerötet.

"Lach mal wieder, ja!....Gute Nacht!"

Ehe Mina etwas sagen konnte, wandte er sich um und verschwand in der Dunkelheit. Ein wenig unsicher blieb sie noch stehen.

/Warum hat er mich geküsst?/
 

Schnell drehte sich Toshi wieder um. Sein Herz krachte schmerzhaft gegen seinen Brustkorb. Was war nur los? Damit hatte er doch rechnen müssen. War doch logisch, dass die zwei nicht NUR gute Freunde waren.

`Wir sind nur Kumpels...´

/Warum hast du gelogen, Tori-chan? Ich hätte dann doch nie.../

Es tat weh. Nicht nur, dass sie ihn vermutlich angelogen hatte, nein, Toshi war immer noch in die Kleine verliebt. Er hatte es nicht geschafft seine Gefühle für sie abzutöten. Tränen sammelten sich in seinen Augen.

/Verdammt! Ich darf nicht heulen! Wenn Mina das sieht..../

"Toshi?"

Flüchtig wischte er sich über sein Gesicht und drehte sich dann um.

"Ich wusste gar nicht, dass du schon da bist."

"Tja, hab mich halt beeilt."

/Ich wäre lieber später gekommen.../

"Was ist los mit dir?"

Toshi schrak zusammen.

"W-wieso? Was soll denn los sein?"

Die Kleine sah ihn traurig an.

"Du hast geweint. Warum?"

"Quatsch! Das macht die kalte Luft."

Mina schüttelte ungläubig den Kopf.

`Ich schlag vor, du stellst ihn heute abend mal zur Rede...´ Nikos Worte geisterten ihr durch den Kopf.

"Was ist mit dir los, Toshi?"

"Was soll denn los sein?"

Er tat so, als wüsste er nicht was die Kleine meinte.

"Seit der Party bei Niko verhältst du dich so komisch... Hab ich dich irgendwie verletzt oder verärgert?"

"Nein..."

Toshi sah zu Boden.

"Was ist es dann?"

"Es ist nichts! Du bildest dir das nur ein."

Er grinste sie an.

/Bitte zwing mich nicht ES zu sagen.../

"Komm, lass uns gehen! Es wird langsam echt kalt."

Mit diesen Worten wandte er sich zum gehen, doch Mina hielt ihn an der Schulter fest und zog ihn herum, so dass er sie ansehen musste.

"Bitte sag mir was mit dir los ist. Du bist so kühl geworden... Was hab ich dir getan, dass du mich so behandelst?"

Die Stimme des schwarzhaarigen Mädchens klang erstickt, Träne glitzerten in ihren Augen.

/Bitte nicht! Zu viele Tränen haben schon deine schönen Wangen benetzt, Tori-chan. Ich will keine weiteren verschulden.../

Toshi hatte das Gefühl einen riesigen Kloß im Hals zu haben, der ihm am Sprechen hinderte.

"Ich kann es dir nicht sagen..."

Die Worte waren nur geflüstert doch Mina verstand sie.

"Bitte sag es, ganz egal was es ist!"

"Du willst es wirklich wissen...?"

"Ja..."

Erschrocken riss Mina die Augen auf, als Toshi sie küsste, doch sie stieß ihn nicht weg.

/Er küsst mich.../

Ein wahnsinniges Kribbeln durchströmte ihren Körper. Sie spürte warme Hände ihre Taille hinabwandern. Ihr Herz schlug unüberhörbar laut.

Langsam löste er sich von Mina.

"Ich liebe dich..." hauchte er ihr leise ins Ohr und verursachte so bei dem Mädchen eine unglaubliche Gänsehaut.

Dann drehte er sich weg und blickte zu Boden. Mina stand immer noch regungslos da, unfähig sich zu bewegen.

"Es tut mir leid...vergiss es einfach...Ich fahr dich jetzt nach Hause, ja?"

Die Starre wich aus Minas Körper. Wortlos nickte sie.

Toshi schwang sich auf sein Motorrad. Die Kleine stand neben ihm und sah ihn fragend an.

/Verdammt!/

Endlich stieg auch Mina auf. Ein wenig zitternd legte sie ihre Arme um die Taille des dunkelblonden Jungen. Sie fuhren los.
 

Leise quietschend öffnete sich die Haustür als die beiden eintraten. Toshis Eltern waren schon weg.

/Vielleicht besser so. Sie würden doch nur Fragen stellen./

"Gute Nacht, Tori-chan. Bitte verzeih mir, was ich getan habe..."

Schnell ging er die Treppen hinauf und schloss seine Zimmertür hinter sich.

Mina stand schweigend im Flur. Erst jetzt schienen ihre Gedanken zurückzukehren. Ein Kuss, sanfte Berührungen, `Ich liebe dich ´... Ihr Herz begann wieder zu klopfen.

Darauf achtend keine Lärm zu machen, schlich sie die Treppe hinauf. Mit jeder Stufe jagten ihr tausend Gedanken durch den Kopf. In ihrem Zimmer angekommen, warf sie sich auf ihr Bett und starrte an die Decke.

`Ich liebe dich ´ Diese Worte beherrschten ihren Sinn.

/Liebe... Tust du das wirklich, Toshi? Aber das geht doch nicht! Wir sind doch Geschwister! Was würden Kaasan und Papa dazu sagen?/

Mina seufzte. Es war an der Zeit sich etwas einzugestehen. Kribbeln im Bauch, eine wundervolle Wärme, die sein Herz erfüllte....und das alles nur wenn sie mit Toshi zusammen war. Hatte sie sich in ihn verliebt? War es das, wovor sie sich gefürchtet hatte? Gefürchtet davor ausgelacht, zurückgewiesen zu werden...

/Ich...liebe...ihn.../

Zum ersten Mal ließ sie diesen Gedanken in sich aufkommen. Immer wieder hatte sie sich gesagt, dass ihre Gefühle nicht mehr seien, als die Gefühle für einen großen Bruder, aber...

/Aber es ist nicht nur dieses kleine Gefühl... es ist mehr.../

Ein unbeschreibliches Glücksgefühl breitete sich in ihr aus.

"Ich liebe ihn..."

Leise, kaum hörbar kamen dies magischen drei Worte über seine Lippen. Doch das Glück wich jäh der Traurigkeit als sie sich an Toshis Gesicht erinnerte. Ihm war scheinbar fast zum heulen zumute gewesen als er sie gebeten hatte, zu vergessen, was geschehen war. Doch Mina wollte nicht vergessen.

Langsam richtete sie sich auf und verließ ihr Zimmer.
 

Toshi lag genau wie Mina auf seinem Bett. Schlafen konnte er nicht.

/Ich Idiot! Warum hab ich das nur getan? Warum hab ich die Kleine nur so durcheinandergebracht? Es hat doch sowieso keinen Sinn./

Nun war doch eingetreten, was er befürchtet hatte. Mina würde ihn bestimmt nie mehr in seine Nähe lassen. Nichts würde mehr so sein wie bisher. Er hatte alles kaputt gemacht.

Erschrocken sah er zur Tür. Mina stand dort, die Wangen leicht gerötet.

"Ich...äh... ich wollte nur..."

Toshi richtete sich ein wenig auf und sah sie fragend an. Das zierliche Mädchen nahm allen Mut zusammen und ging auf Toshi zu. Sie beugte sich über den blassen Jungen und küsste ihn sanft. Toshi befürchtet sein Herz könnte aussetzen.

"Ich liebe dich auch."

Er wollte seinen Ohren nicht trauen. Hatte Mina das eben wirklich gesagt??! Sprachlos sah er das Mädchen über sich in die dunklen Augen. Mina errötete noch mehr.

"Sag doch was..." bat sie Toshi flüsternd.

Doch dieser fühlte sich außer Stande etwas zu sagen. Statt dessen gab er ihr einen langen Kuss. Mina erwiderte ihn ein wenig schüchtern.

"Ich kann kaum glauben, dass das kein Traum sein soll..."

Toshi ließ seine Hände durch das seidige schwarze Haar streichen.

"Aber...was ist mit Niko?"

"Was soll mit ihm sein?"

"Na ja...ihr habt euch doch geküsst."

Mina lächelte verlegen.

"Um genau zu sein, hat er mich geküsst. Warum weiß ich nicht... Vielleicht hat er sich nur Sorgen gemacht, weil ich so traurig war."

"Wegen mir?"

"Ja. Aber jetzt nicht mehr."

Glücklich ließ sie sich in Toshis Arme sinken.

"Das hätte ich nie gedacht..."

"Was?"

Braune Augen sahen ihn fragend an. Er gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze.

"Das ich einmal hier mit dir liegen würde."

Mina wurde ein wenig rot.

" Es ist doch einfach das Schönste auf der Welt..."

"...geliebt zu werden. Ich weiß. Und ich liebe dich über alles in der Welt, aber trotzdem bin ich dein..."

"Nicht!"

Mina legte ihm einen Finger auf die Lippen.

"Sag es nicht! Lass uns einfach alles vergessen. Mich interessiert die Welt nicht. Ich bin nur glücklich hier bei dir zu sein."

Eng schmiegte sie sich an den Körper des Jungen, der noch vor ein paar Minuten ihr Halbbruder gewesen war. Und nun? Sie wollte ihm einfach nur so nah wie möglich sein. Toshi schlang seine Arme um sie. Diese Wärme zu spüren... Sein Traum war wahr geworden.

"Aber was sagen wir Mama und Papa? Sie werden ausrasten!"

Mina wurde ein wenig traurig.

"Ich möchte ihnen lieber nichts sagen...Sie würden es doch sowieso nicht verstehen. Wer weiß ob sie uns dann irgendwie trennen würden..."

"Das würde ich nie zulassen!"

Toshi lächelte ihn an. War das wirklich Realität? Vor ein paar Minuten noch war er todunglücklich gewesen und jetzt? Er drückte die Kleine fest an sich um sich zu davon zu überzeugen, dass das hier wirklich geschah. Mina hatte die Augen geschlossen und atmete ruhig.

/Das war wohl heute etwas zu viel für dich gewesen, Tori-chan./

Doch auch ihm fielen langsam die Augen zu.

Friedlich und eng aneinandergekuschelt waren sie eingeschlafen.
 

Panisch riss Toshi die Augen auf und suchte seinen Wecker.

/Oh Gott!!! Schon halb 10!!!/

Seinen Eltern waren 100%ig wieder da. Was war wenn sie mitbekommen hatten, dass Mina heute nacht bei ihm geschlafen hatte?

In seinem Gedankenchaos fiel ihm keine vernünftige Begründung ein.

Neben ihm wachte langsam Mina auf.

"Was ist denn los?...Oh!"

"Was denn?"

Die Kleine drückte sich fest an ihn.

"Ich dachte, ich hätte das alles nur geträumt..."

Toshi musste lächeln. Sanft gab er ihr einen Kuss auf die Wange.

"Du hast nicht geträumt, aber wenn Mama und Papa wirklich nichts mitbekommen sollen, müssen wir uns eine gute Ausrede einfallen lassen, warum du hier und nicht in deinem Zimmer bist!"

"Oh oh... Vielleicht sind sie ja noch nicht wach."

"Hoffen wir's!"
 

Das Glück schien auf ihrer Seite zu sein, denn Toshis Eltern waren nirgends zu sehen. Mina schlich sich ins Bad während Toshi unten in der Küche Frühstück machte. Nach ein paar Minuten hörte man auf dem oberen Flur schwere Schritte - Herr Norika war aufgestanden.

Mina war mittlerweile auch in der Küche und half Toshi.

"Guten Mooooorgen!" gähnte er zur Begrüßung.

"´ Morgen Papa!" kam es von den beiden Kindern.

"Es ist gestern....äh, wohl doch eher heute....`etwas ´ spät geworden. Mama wollte unbedingt noch mal nachsehen ob ihr `auch wirklich schlaft ´, aber ich hab sie erfolgreich davon abgehalten. Es muss ja wirklich nicht sein, dass sie euch nachts um 3 noch mal aufweckt. Wer weiß, wann ihr ins Bett gegangen seid, na???" grinste er sie an.

" Och eigentlich gar nicht so spät..."

/Papa wenn du wüsstest...du würdest uns vermutlich den Hals umdrehen!/

Toshi und Mina warfen sich einen vielsagenden Blick zu.

Es gibt nun mal Dinge auf der Welt, die Eltern besser nicht wissen sollten.
 

"Übrigens sind Mama und ich gestern von den Schneiders eingeladen worden. Wir sollen das Wochenende vor Weihnachten mit ihnen in ihrer Skihütte in den Alpen verbringen."

Herr Norika schnappte sich noch ein Brötchen.

"Toll! Habt ihr schon zugesagt?"

Toshi fand die Idee gar nicht schlecht. Ein Wochenende nur zu zweit!

"Neee, Mama wollte euch vorher noch fragen..."

"Ist ja auch so! Wir können euch doch nicht einfach so alleine lassen! Was ist wenn was passiert? Oder euch langweilig wird."

/Langweilig bestimmt nicht!/

Mina musste sich das Grinsen verkneifen.

"Kaasan! Wir sind doch keine Babys mehr. Zur Not haben wir ja Papa´s Handynummer und die Telefonnummer der Polizei und der Feuerwehr kann ich auch auswendig."

"Werd mir ja nicht frech! Na gut. Ich glaub nicht, dass ihr Unsinn anstellt. Aber veranstaltet mir ja keine Riesenpartys, verstanden?"

"Versprochen."
 

Toshi zog Mina mit in sein Zimmer.

"Sollen sie doch ruhig fahren. Ich hab hier alles was ich brauch."

Mit diesen Worten küsste er das schwarzhaarigen Mädchen lange und intensiv.

"Meinst du nicht, dass sie es irgendwann rauskriegen werden? Was werden sie dann tun?"

Mina schaute traurig drein und löste sich vorsichtig aus Toshis Umarmung.

/Ja, was dann...?/

Dieser Gedanke war ihm heute morgen auch gekommen, aber trotzdem bereute er nichts.

"Ich weiß nicht, was dann passiert, aber ich möchte bis dahin jeden Moment mit dir genießen. Denk nicht darüber nach! Ich bleib auf jeden Fall bei dir."

"Das ist schön."

Mina schloss die Augen und ließ sich in den Arm nehmen.

/Trotzdem wünsche ich mir, dass dieser Tag nicht so schnell kommt.../

4. kapitel

4.Kapitel
 

Mina saß im Wohnzimmer auf dem Boden und blätterte im Lexikon.

`Inzest: Geschlechtsverkehr zwischen nahen Verwandten, z.B. Eltern und Kindern oder Geschwistern. Strafbar....´

/Wir sind ja keine richtigen Geschwister, aber was ist bei Halbgeschwistern...und außerdem.../

Mina wurde knallrot. Sie hatte bisher noch gar nicht daran gedacht mit Toshi schlafen zu wollen. Bis jetzt hatten sie sich nur geküsst, weiter nichts...

Wenn sie ehrlich war, hatte sie sogar ein wenig Angst davor. Aber heute abend würden die Eltern abfahren und was wäre wenn nur das Toshis Absicht war? Minas Herz begann laut zu klopfen.

/Bitte nicht.../

"He, was schaust du denn so traurig, Tori-chan?"

Toshi küsste sie leicht auf die Stirn.

"Bist du verrückt?!!! Was ist wenn Papa oder Kaasan vorbeikommen?"

"Die sind oben und packen Koffer. Keine Panik! Aber du hast meine Frage nicht beantwortet."

"Nichts. Es ist nichts."

Toshi wollte weiter nachhaken, aber seine Eltern kamen die Treppe herunter.

"So, ich glaub wir haben alles!"

Herr Norika schien mächtig stolz auf sich zu sein.

"Du würdest ohne mich doch die Hälfte vergessen!"

Seine Frau war scheinbar die ganze Zeit damit beschäftigt gewesen all das einzupacken, was ihr Mann dagelassen hätte.

"Ach was! So viel Zeug brauchen wir doch für ein Wochenende gar nicht!"

"Na? Du wirst schon sehen."
 

Toshis Vater wuchtete die riesigen Koffer ins Auto und seine Mutter hielt den beiden zum zehntausendsten Mal den gleichen Vortrag. Alles was sie antworteten war immer nur: `Ja, machen wir. ´

Endlich, endlich und nachdem Frau Norika noch einen tränenreichen Abschied inszeniert hatte, fuhren die Erwachsenen ab. Sichtlich geschafft schlossen Toshi und Mina die Tür hinter sich und setzten sich erst mal aufs Sofa.

"Ich dachte schon die gehen gar nicht mehr.." seufzte Toshi.

"Die Ruhe jetzt ist echt entspannend." pflichtete Mina ihm bei.

"Endlich ein wenig Zeit nur für uns..."

Zärtlich verteilte er kleine Küsse auf Minas Hals, dann auf seiner Schulter indem er ihr T-Shirt ein wenig zur Seite schob. Er ließ seine Hände die schlanke Taille hinauf wandern und langsam den Stoff zurückschieben.

Doch plötzlich durchzuckte ein Gefühl von Angst Minas Körper. Toshi spürte, dass der Kleinen unwohl war und brach ab.

"Was ist los Mina?"

Er schaute ihr direkt in die Augen, doch Mina wandte den Blick ab.

"He....Was ist? Bist du traurig? Warum?..."

Er legte seine Hand auf Minas Wange und brachte sie mit sanfter Gewalt dazu ihn anzusehen.

"Mina..?"

"Ich...ich.........ich weiß nicht...."

"Hast du etwa Angst?"

"Ein wenig...glaub ich..."

Mina sprach so leise, dass sie fast flüsterte. Toshi lächelte und fuhr der Kleinen durch das glänzende schwarze Haar.

"Das brauchst du nicht. Ich würde dir nie weh tun oder irgend etwas gegen deinen Willen machen. Okay?"

Er gab ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn und nahm sie in den Arm.

"Okay."

"Na endlich lächelst du wieder! Was hältst du davon, wenn wir heute abend ins Kino gehen?"

"Gute Idee."
 

Die beiden standen vor der Programmtafel des Kinos.

"Wie wär's mit der Neuverfilmung von `Rambo ´?" schlug Toshi vor.

"Uuuh, wie anspruchsvoll!!!"

"Na gut...He! Es gibt einen neuen Mr.-Bean-Film!"

Minas Gesicht schlief bei diesen `tollen ´ Vorschlägen fast ein.

"Hast du vielleicht `ne bessere Idee?"

"Aber immer doch! Schau mal! Heute ist `Horrornight ´. Da bringen sie die ganzen berühmten Horrorfilme. Wie gefällt dir das?"

Toshi überlegte kurz und antwortete dann mit fachmännischer Miene:

"Manchmal hast du wirklich ganz gute Einfälle..."

"He!!! Nur manchmal?"

"Sorry, immer."

Damit gab er ihr einen leichten Kuss auf die Wange.

"Toshi...."

"Was ist? Hier ist doch niemand der uns kennt. Komm! Gehen wir, sonst verpassen wir den Anfang."
 

Eigentlich hatte Mina erwartet, dass die ganzen alten Filme gezeigt werden würden, doch da hatte sie sich getäuscht. Es handelte sich hier um die besten Horrorfilme der letzten 3 Jahre und die waren ziemlich realistisch! Sie war nur dabei sich an Toshis Arm festzukrallen.

"Tori-chan, es war dein Vorschlag und nun machst du kaum die Augen auf."

Mina murmelte kurz etwas unverständliches vor sich hin und versuchte dann nicht gleich wieder zusammenzuzucken. Doch da musste sie scheitern. Noch nicht mal eine Minute später schlitzte das Monster ein junges Mädchen auf, dass das Filmblut nur so spritze.

/Wenn draußen `ab 18 ´ dransteht, dann sollte ich wohl beim nächsten Mal auch draußen bleiben.../ dachte sie noch während sie wieder in seinem Sitz runter rutschte.

Toshi musste grinsen. Vorsichtig näherte er sich dem zitterndem Mädchen.

"Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin bei dir..." hauchte er ihr ins Ohr.

Gänsehaut jagte Mina bei diesen Worten über den Rücken. Sie öffnete wieder die Augen und sah Toshi an. Dieser zog sie in seine Arme und küsste sie lange. Als er sich wieder von ihr löste, hämmerte sein Herz laut gegen sein Brustbein. Sie saßen allein in der letzten Reihe und niemand konnte sie sehen, doch irgendwie fühlte Toshi sich von den Leuten gestört.

"Vielleicht sollten wir lieber nach Hause gehen...Schon um deine Nerven nicht weiter zu belasten."

Mina verzog etwas beleidigt das Gesicht doch insgeheim war sie froh, dass Toshi gehen wollte. Zustimmend nickte sie.
 

Arm in Arm gingen sie durch die Nacht. Es war schon sehr spät und furchtbar kalt. Mina hatte ihren Kopf an Toshis Schulter gelehnt und genoss die nächtliche Ruhe in der Stadt. Hier in Werder, ein paar Kilometer von der Stadt entfernt, wurden schon um 21 Uhr förmlich `die Bordsteine hochgeklappt ´. Kaum ein Auto fuhr mehr durch die völlig verschneiten Straßen der kleinen Vorstadt. Ohne einem einzigen Menschen begegnet zu sein, erreichte das Pärchen nach einer halben Stunde Fußmarsch endlich das Haus. Um dies Uhrzeit fuhr ja leider kein Bus mehr.

Mit klammen Fingern suchte Toshi den Hausschlüssel aus seiner Jeanstasche und schloss auf.

Drinnen war es angenehm warm. Ziemlich steifgefroren zog Mina ihren Mantel aus und hängte ihn an die Garderobe. Um noch ein wenig aufzutauen, setzten sie sich erst mal in das Wohnzimmer.

Toshi fuhr zusammen als Mina neben ihm laut nieste.

"Na? Du wirst dich doch hoffentlich nicht erkältet haben, oder?"

"Mir ist verdammt kalt...haaaatschi!"

"Soll ich dich ein bisschen wärmen?"

Dieser Vorschlag war einfach zu gut um ihn abzulehnen. Mina seufzte zufrieden als Toshi seine Arme um sie legte. Er lauschte dem ruhigen Atem der Kleinen, die langsam an seiner Schulter einschlief.

"Ich bring dich lieber ins Bett bevor du mir hier vollends wegpennst."

Als einzige Reaktion hörte Toshi ein unverständliches Murmeln. Vorsichtig hob er sie hoch und trug die Schlafende die Treppe hoch in ihr Zimmer.
 

"He Chefin!"

Total aufgeregt platzte Johanna in den Clubraum von Tinas Bande.

"Was is´n los, Joi? Haste ´n Alien gesehen oder was?"

"Ne, was andres. Rat mal wen ich im Kino gesehn hab!"

"Bin ich ´n Rathaus?!"

Tina war ein bisschen sauer, weil ihr Freund sie bei einem Date versetzt hatte. So wirklich interessierte es sie nicht, was Joi auch immer gesehen haben wollte.

"Die Fitschi-Sau und ihren Bruder! Aber du ahnst nich´ WIE!!!"

Die anderen Weiber drehten sich zu Joi um. Es musste doch was besonderes sein wenn sie freiwillig auf eine Ladung Horrofilme verzichtete.

"Na dann spuck's aus!"

Tina hoffte, dass dies Neuigkeiten ihre Stimmung etwas heben würden.

"Also, ich saß da im Kino mit 'ner Tüte Popcorn und zieh mir 'nen voll genialen Horrorfilm rein, als die Fitschi-Sau mit ihrem Brüderchen auftaucht. Ich dacht mir noch so: `Ob den ihre Nerven das aushalten? ´ Und wirklich, bei jedem kleinen Scheiss is´ die im Sitz zusammengerutscht!..."

"Is´ das ALLES??? Und deshalb machst du hier so 'nen Aufstand?"

Joi grinste verschwörerisch.

"Das is´ ja noch nich´ alles. Ich hab mir erstmal in Ruhe den geilen Streifen weiter angekuckt, weil ich mir gesagt hab, die soll sich da hinten ruhig vor Angst einschiffen, is´ ja nich´ mein Bier. Aber als dann die Szene mit dem Sumpfmonster kam...."

"KOMM ZUR SACHE!!!"

Die anderen waren auch sauer so auf die Folter gespannt zu werden.

"Is´ ja gut, is´ ja gut...jedenfalls dreh ich mich um, um mir anzusehen wie die Schlampe vor Schreck 'nen Herzinfarkt kriegt, da seh ich...na was wohl?"

"JOI!!!"

Johanna grinste noch breiter.

"...wie die beiden rumknutschen..."

Weiter brauchte er gar nicht zu erzählen. Die Reaktionen reichten von Brechreizen bis übelsten Beschimpfungen.

"SCHNAUZE!" brüllte Tina endlich.

"So weit is´ es also gekommen... jetzt ham wir hier nich´ nur Ausländer in unserem feinen Dörfchen sondern auch noch so was! Aber damit is´ Schluss!!!"

Lauter Beifall ertönte.

"Bis jetzt waren wir noch friedlich doch nun is´ das Maß voll. Die Fitschi-Sau verdient 'ne kräftige Abreibung, denn solche perversen Schweine wollen wir hier nich´ ham, oder?!"

"NEE!"

Der Raum füllte sich mit Gegröle, so das jedes weitere Wort untergegangen wäre. `Ausländer und Perverse raus! ´- das war ihre neue Parole.

5. Kapitel

5.Kapitel
 

Toshi legte die Kleine sanft auf ihr Bett und setzte sich neben sie. Zärtlich fuhr er ihr durch das glänzende Haar. Mina verzog ein wenig das Gesicht und öffnete ein Auge.

"Gomen ich bin total eingepennt..."

"Macht doch nichts."

Er warf einen Blick aus dem Fenster.

"Schöner Sternenhimmel heute Nacht, nicht wahr?"

"Hmm..."

Am schwarzen Himmelszelt glänzten tausende kleiner Sternchen. Einer schöner als der andere.

"Kennst du die Geschichte vom Sternenvogel, Tori-chan? Oma hat sie mir immer erzählt als ich noch klein war."

Mina lächelte.

"Erzähl mal!"

"Bist du nicht etwas zu alt für Märchen?"

"Für sowas ist man nie zu alt."

"Na gut...mal sehen, ob ich es nach so langer Zeit noch zusammenkriege.

Vor langer Zeit lebte im hohen Norden der Sternenvogel. Wann immer sich ein Mensch aus dem kleinen Dorf in der Nähe in den Bergen, wo der Vogel lebte, verirrt hatte, zeigte er ihm den Weg und rettete ihn so vor dem Erfrieren. Das Tier war wunderschön. Er hatte ein nachtschwarzes Gefieder, der Schwanz und die Enden der Flügel waren mit silbernen Sternen besetzt, seine glasklare Stimme schallte im Gebirge meilenweit und wenn man in seine schwarzen Augen blickte, hatte man das Gefühl weit in das Universum hinein zu schauen. Die Leute aus dem kleinen Dorf liebten und verehrten den Vogel. Für sie war er heilig. Eines Tages hörte der König des Landes von den sagenumwobenen Tier. Gier erfüllte sein Herz und er wollte das schöne Wesen unbedingt für sich haben. Also zog er mit seinen Jägern in die Berge um den Sternenvogel zu jagen. Doch ein Schneesturm kam auf und der König und sein Gefolge verirrten sich ausweglos. Sie dachten, sie müssten sterben, als der Sternenvogel vor ihnen auftauchte. Das gute Tier hatte ein reines Herz und kannte keine Bosheit. Es wollte ihnen nur helfen und führte sie aus dem Sturm. Doch der König kannte keine Dankbarkeit und kaum hatten sie den Rand der berge erreicht, spannte er seinen Bogen und erschoss den Sternenvogel. Mit einem langen kristallenen Schrei starb dieser. Von dem Schrei aufgeschreckt kamen die Dorfbewohner angelaufen und sahen das ihr geliebter Vogel tot war. Der König wollte sie fortjagen doch sie ließen sich nicht vertreiben und beweinten das unschuldige Tier, was gestorben war, weil es an das Gute im Herzen der Menschen geglaubt hatte. Die Tränen blieben am Gefieder des Tieres hängen und begannen plötzlich zu leuchten. Der ganze Sternenvogel begann im Licht zu schimmern und wurde zu einer Lichtkugel die zum Himmel aufstieg und sich zu den Sternen gesellte.

Er war dahin zurückgekehrt, wo er hergekommen war. Aber als der König zu dem neuen Stern aufsah, fiel ein Strahl auf seine Brust und Tränen rannen aus seinen Augen. Der Sternenvogel hatte ihm das geschenkt, was ihm bis dahin gefehlt hatte - ein Herz..."

Mit diesen Worten verstummte Toshi. Mina, die neben ihm saß, blickte traurig in die Nacht hinaus.

"Das war eine sehr traurige Geschichte..." sagte sie so leise, dass man es kaum verstand.

Kaum sichtbar nickte der Blonde.

"Es gibt manche schöne Dinge in der Welt, aber so viel wird einfach zerstört und verschwindet..."

Er drehte sich zu der Kleinen um.

"Egal wie schön der Vogel aus Omas Geschichte auch immer gewesen sein soll, er war sicher nie so schön wie du."

Er beugte sich zu Mina herunter und küsste sie sanft auf die Lippen. Diese schlang ihre Arme um Toshis Hals und zog ihn zu sich auf sein Bett.

"Ich liebe dich, Toshi." flüsterte sie ihm leise ins Ohr.

"Ich liebe dich auch und ich würde sterben wenn ich dich jemals verlieren würde."

"Sag so etwas nicht..." "Wenn es doch wahr ist."

Mina schaute ihm in die Augen und irgend etwas darin ließ ihr Herz schneller schlagen und verursachte ein unglaubliches Kribbeln in seinem Bauch. Langsam trafen sich ihre Lippen wieder - doch dieses Mal anders. Es lag eine Frage darin. Wie weit durfte Toshi gehen? Mina wurde ein wenig nervös.

Natürlich liebte sie Toshi über alles, doch..... so weit wollte sie nicht gehen.

"Wir müssen das nicht tun, wenn du nicht willst, Tori-chan..."

Mina schaffte es nicht ihm in die Augen zu sehen.

"He! Denkst du etwa, dass ich sauer auf dich wäre wenn du nicht mit mir schlafen willst?"

Mina wurde knallrot.

"Tut mir leid..."

Toshi küsste die Kleine sanft auf die Stirn.

"Baka!"

Beleidigt sah ihn Mina an.

"Ich hab dir versprochen, dass ich dir niemals wehtun würde und daran werde ich mich auch halten. Ich bin doch schon glücklich, wenn ich nur mit dir zusammen sein kann."

"Arigatou..."

Sie schmiegte sich ganz eng an Toshi.

/Er ist so lieb...kein Wunder, dass ich ihn liebe. Bitte lieber Gott, lass diesen Augenblick nie enden.../

Sanft kraulte Toshi der Kleinen den Nacken. Ein leises Schnurren kam zurück.

Der Mond trat hinter einer Wolke hervor, als die beiden friedlich Arm in Arm eingeschlafen waren...
 

"He aufwachen! Wach endlich auf, du Schlafmütze!"

Langsam öffnete Toshi die Augen. Mina war über ihn gebeugt und sah ihm fest in die Augen.

"...Ich schlaf noch..." murmelte er dösig.

"Hä?"

"Na klar. Das kann nur ein Traum sein. Es gibt doch gar keine Engel."

Die Kleine errötete heftig. Gerade wollte sie etwas antworten, als Toshi sie an den Handgelenken packte und zu sich hinunterzog. Jeder weitere Protest erstickte an seinen Lippen. Eine kleine Ewigkeit später ließ er sie endlich wieder los.

"Jetzt weiß ich, dass ich wirklich wach bin." antwortete er grinsend.

6. Kapitel

6.Kapitel
 

Mina lag auf dem Sofa und träumte ein wenig während Toshi in der Küche das Frühstück vorbereitete. Eigentlich war es dafür schon fast zu spät. Der Zeiger der Uhr rückte gerade auf halb 12, was die beiden aber nicht wirklich interessierte. Was ist schon Zeit für 2 Verliebte?

"Mist! Wir haben ja gar keine Milch mehr. Mama muss wohl vergessen haben, welche zu kaufen."

"Ich geh schnell eine Packung holen, ja?"

"Tori-chan, das musst du wirklich nicht."

- Doch zu spät. Mina hatte sich schon ein wenig Kleingeld und seinen Schlüssel geschnappt und war gerade dabei sich anzuziehen.

"He, ich hab gesagt, du brauchst nicht extra loszugehen. Draußen ist es viel zu kalt und wir kommen auch ohne Milch aus."

"Quatsch! Ich bin doch gleich wieder da. Deck du den Tisch und eh du dich versiehst bin ich schon zurück."

Schnell drückte sie Toshi einen Kuss auf den Mund und verschwand. Toshi ließ sie einfach stehen.

"Unmöglich..." murmelte er grinsend.
 

Es war wirklich sehr kalt und der Schnee lag scheinbar meterhoch.

/Zum Glück schneit es nicht auch noch.../

Doch da hatte sie sich zu früh gefreut! Grazil tänzelte eine Schneeflocke vor ihr her und landete schließlich auf ihrer Nase.

"Auch das noch..."

Der 10-minütige Weg zum nächsten Supermarkt schien endlos!

Gerade ging sie an einer schmalen Gasse vorbei, als sie urplötzlich am Arm gepackt und vom Weg gezogen wurde. Eine eiskalte Hand auf ihrem Mund hinderte sie am schreien.

"Halt ja die Fresse, sonst kannst du was erleben!"

Es war Tina! Im Dunkel hinter ihr meinte Mina die anderen zu erkennen. Mina spürte kühles Metall an ihrem Hals.

/Ein Messer? Verdammt!/

"Mach keine Zicken und komm schön mit, klar?!"

Eine Wahl hatte sie ja nicht. Sie kannte Tina lang genug um zu wissen, dass sie keine Skrupel hatte. Widerwillig ließ sie sich mitschleifen.

Auf einmal wurde sie durch eine Tür geschubst und landete im Dunkeln. Erst als jemand das Licht anschaltete, erkannte Mina wo sie war. Es sah wie eine alte, ausgediente Lagerhalle aus. Die Wände waren voll mit Graffiti und in der Ecke stand ein verdrecktes Sofa. Das musste der Clubraum von Tinas Bande sein mit dem sie in der Schule immer angaben.

Mina hatte sich gerade eben aufgerafft, als plötzlich alle im Kreis um sie herum standen. Diese Situation kannte sie schon aus der Schule. Sie kreisten einen ein damit man nicht abhauen konnte. Aber dieses Mal hatte Tina ein Taschenmesser in der Hand und das gefiel Mina überhaupt nicht.

/Wer kommt nur auf die Idee einer Vollirren ein Messer in die Hand zu geben???/

"So Fidschi-Sau, hast du uns vielleicht irgendwas zu sagen?"

Bei dem scheinheiligen Ton in Tinas Stimme wurde Mina ziemlich unwohl.

"Ich wüsste nicht was."

Es sollte selbstbewusst klingen, aber es war eher ein Piepsen.

"Weißt du, unsere Freundin Joi war gestern im Kino...Horrorfilme..."

Mina stockte der Atem.

/Die weiß doch nicht etwa../

Tina unterbrach ihre Gedanken.

"Du warst ja auch dort. Mit deinem Brüderchen, nich´ wahr?"

Mina schwieg. Tina packte sie hart am Kinn.

"Ich will ´ne Antwort!"

Mina wimmerte vor Schmerz. Jeder Versuch sich aus Tinas Eisengriff zu entwinden war aussichtslos.

"Ja...ich war dort..."

"Na bitte, geht doch."

Sie tätschelte Minas Wange bevor sie ausholte und sie niederschlug. Blut tropfte aus ihrem Mundwinkel. Tina war für ein Mädchen ziemlich stark. Doch das war nicht so sehr verwunderlich, wenn man wusste, dass sie jede Woche mit ihrem Freund zum Bodybuilding ging.

Schnell wurde Mina am Kragen wieder hochgezogen.

"Weißt du noch, dass ich dir gesagt hab, dass ich nichts mehr hasse, als Heulsusen? Ich hab meine Meinung geändert. Ich hasse nix mehr als solche Perverse, wie dich!"

Ein Schlag in die Magengrube folgte, aber noch immer hielt Tina sie fest.

"Wie abartig bist du eigentlich??? Knutschst mit deinem eigenen Bruder rum!"

Mina schwieg beharrlich. Sie glaubte nicht, dass die Tatsache, dass Toshi und sie "nur" Halbgeschwister waren Tinas Meinung grundsätzlich geändert hätte...

"So was wie dich woll´n wir in Werder nich´ ham."

Tina ließ sie auf den Boden fallen. Schläge und Tritte kamen von allen Seiten.

"Genug!" brüllte Tina endlich. "Jetzt will ich die Sau bluten seh´n!"

Schweigend traten die anderen von der am Boden liegenden Verletzten weg.

/Bluten???/

Panik stieg in Mina auf. Schnell versuchte sie auf die Beine zu kommen, als Tina mit dem Taschenmesser in der Hand auf sie zukam.

"Woll´n wir doch mal seh´n wieviel du abhältst."

Ein irres Grinsen legte sich auf ihr Gesicht. Immer wieder stieß sie mit dem Messer in Minas Richtung. Diese wich schrittweise nach hinten. Plötzlich berührte sie versehentlich Johanna, die mit den anderen einen Kreis um die beiden gebildet hatte. Dann schien alles gleichzeitig zu geschehen. Verwirrt drehte sich Mina zu Joi um und wurde von ihr unsanft weggestoßen. Tina stieß gerade wieder mit dem Messer zu - doch dieses mal nicht in die Luft. Die Klinge bohrte sich tief in Minas Rücken. Keuchend brach das Mädchen zusammen.

"Scheiße!"

Kreidebleich stand Tina vor Mina.

"Verdammt! Was mach´n wir jetzt? Ey, die krepiert uns hier doch! Ich will nich´ in ´n Knast!"

"Beruhig´ dich, Tina! Los, schaffen wir die hier raus, bevor die uns noch die Bude versaut."

"Joi! Die STIRBT!!!"

"Na und? Soll sie draußen sterben. Der is´ sowieso nich´ mehr zu helfen. Pack´ mal mit an!"

Gemeinsam schleppten sie die Blutenden zurück zu der Stelle, wo sie sie abgefangen hatten. Danach machten sie sich so schnell es ging aus dem Staub.
 

Mina bekam kaum noch etwas von all dem mit.

Der Schmerz benebelte ihre Sinne und sie glaubte zu schweben.

Die Dunkelheit wich dem Licht und die Kälte der Wärme.

/Toshi....wo bist du...?/

Eine dunkle Gestalt tauchte vor ihr auf. Dann wurde alles schwarz...
 

Toshi sah nervös auf die Uhr.

/Sie ist nun schon über eine Stunde weg. So lange kann das doch nicht dauern.../

Immer wieder lief er zwischen der Tür und dem Telefon hin und her. Der Tisch war schon längst gedeckt und der Tee war auch schon wieder kalt.

/Wo bleibst du nur, Tori-chan?/

Das Telefon klingelte. Eilig nahm er ab, ließ dabei fast den Hörer fallen.

"Hallo? Hier bei Norika."

"Guten Tag. Kennen sie eine gewisse...äh...Minako?"

"Ja, das ist meine kleine Schwester. Was ist mit ihr?"

"Sie wurde vor 10 Minuten bei uns im St. Peters Hospital eingeliefert."

"Oh Gott. Was ist nur passiert?"

Toshi war leichenblass.

"Sie hat eine Stichverletzung im Rücken...leider in Herznähe. Sie wird gerade operiert."

Toshi hielt sich an der Kommode fest um nicht wegzukippen. Sein Körper schien völlig kraftlos.

"Ich komme sofort hin. Wiederhören."

Tuuuut!

Er knallte den Hörer auf die Gabel und stürmte los, schnappte sich seine Motorradschlüssel und seinen Mantel und rannte aus dem Haus. Natürlich war es draußen glatt, aber auf den Bus zu warten, hätte viel zu lange gedauert. Um sich selbst hatte er keine Angst. All seine Gedanken waren bei Mina.
 

Keine 15 Minuten später war er am Krankenhaus angelangt. Auf dem Weg wäre er zweimal fast gestürzt und einmal sogar fast mit einem Lkw zusammengefahren. Ziemlich achtlos ließ er sein Motorrad liegen und hastete in das Gebäude.

"Mein Name ist Satoshi Norika. Meine kleine Schwester wurde hier eingeliefert."

"Sie wird noch operiert."

"Ist es sehr schlimm?"

"Das kann ich ihnen leider nicht sagen, aber gleich müsste einer der behandelnden Ärzte vorbeikommen. Bitte warten sie solange."

Mit diesem Satz wurde Toshi von der Schwester abgespeist. Sie hatte ja schließlich noch andere Sachen zu erledigen. Toshi war viel zu nervös um sich irgendwo hinzusetzen, also lief er den Gang entlang und suchte den Arzt, von dem die Schwester gesprochen hatte.

Endlich kam einer dieser Weißkittel. Er sprach kurz mit der Schwester am Empfang und ging dann direkt auf Toshi zu.

"Guten Tag. Ich bin Dr. Schmidt. Und sie sind Minakos großer Bruder, richtig?"

Wortlos nickte er.

"Wie geht es Mina?" fragte er leise.

Seine Stimme zitterte.

"Sie hat großes Glück gehabt. Ein Anwohner hat sie gefunden und den Krankenwagen gerufen. Hätte sie noch lange dort gelegen, hätten wir nichts mehr für sie tun können. Sie hat eine sehr tiefe Stichverletzung im Rücken, nur wenige Zentimeter neben dem Herzen. Der Blutverlust war sehr hoch, deshalb schläft sie jetzt noch. Aber keine Sorge, sie ist auf jeden Fall über den Berg."

Erleichtert atmete Toshi auf.

"Kann ich zu ihr?"

"Ja, natürlich.....äh, einen Moment bitte! Ich bräuchte noch die Telefonnummer unter der ich ihre Eltern erreichen kann."

"Sie sind übers Wochenende zu Bekannten gefahren. Ich kann ihnen nur die Handynummer meines Vaters geben."

Er suchte in seinen Taschen nach seinem kleinen Telefonbuch, das er immer mit sich rumschleppte, entnahm ihm einen Zettel mit der Nummer und übergab ihm Dr. Schmidt.

"Gut. Die Schwester wird gleich versuchen sie zu erreichen."

Dann drehte sich der Arzt um und brachte den Zettel der Schwester. Anschließend kam er wieder zu Toshi zurück.

"Ich bringe sie dann mal zu ihrer Schwester."
 

Monotones Piepen drang an Minas Ohr. Als sie die Augen öffnete, schien zuerst alles um sie herum dunkel. Nach einer kleinen Weile realisierte sie, dass sie wohl im Krankenhaus war. Das Zimmer und die Geräte ließen keinen anderen Schluss zu.

/Was ist nur passiert..?/

Noch immer war Mina ziemlich benebelt, doch sie versuchte aufzustehen. Ein furchtbarer Schmerz im Rücken ließ sie keuchend wieder zurücksinken.

"Bleib liegen! Du bist schwer verletzt und solltest dich ausruhen."

/Diese Stimme.../

"Toshi?"

Sie hörte ihre eigene Stimme, sie klang fremdartig rau.

"Ja, ich bin hier. Du hast sehr lange geschlafen. Wie fühlst du dich?"

"Es geht. Wie lang hab ich denn geschlafen? Und was mach ich überhaupt hier?"

"Weißt du das denn nicht mehr?"

"Nein...nicht genau."

"Man hat dich mit einer tiefen Stichwunde auf der Straße gefunden und dich hierher ins Krankenhaus gebracht. Du wurdest operiert und hast dann 8 Stunden geschlafen."

Mina hörte sich alles genau an. Langsam kam ihre Erinnerung zurück.

"Ja...jetzt weiß ich es wieder. Tina und ihre Kumpels haben mich auf dem Weg zum Supermarkt abgefangen...oh Gott! Toshi!"

Blitzschnell richtete sie sich auf, den Schmerz missachtend, und sah Toshi mit geweiteten Augen an.

"Toshi, sie wissen das wir zusammen sind! Was ist, wenn sie es irgend jemandem erzählen und Kaasan und Papa es erfahren?"

"Beruhige dich. Die sollten mal lieber die Klappe halten, nach all dem, was sie dir angetan haben."

Mit sanfter Gewalt drückte er die Kleine zurück in die weichen Kissen.

"Es kommt alles in Ordnung. Das verspreche ich dir."

Natürlich wusste er, dass wenn auch nur ein falsches Wort zu seinen Eltern gelangen würde, gäbe es fürchterlichen Ärger, aber damit wollte er Mina nicht auch noch beunruhigen. Zärtlich streichelte er ihre Hand.

"Ich bin froh, dass es dir gut geht. Ich hatte furchtbare Angst dich zu verlieren..."

Mina blickte ihm in die Augen und sah etwas darin glitzern. Tränen.

Toshi war mit dem Gedanken konfrontiert worden, was wäre, wenn Mina etwas zustoßen und er sie verlieren würde. Ein unerträglicher Gedanke. Nie könnte er ohne sie leben. Keinen Tag könnte er überstehen ohne sie zu

sehen, zu berühren oder ihr Lachen zu hören.

Vorsichtig beugte er sich zu ihr herunter, sehr darauf bedacht ihr nicht wehzutun. Ihre Lippen berührten sich, als wäre es eine Ewigkeit her. Jeder wollte die Nähe des anderen spüren, brauchte diese Wärme, diesen Moment des vollkommenen Glücks...

"Satoshi! Minako!"

Die beiden Kinder zuckten zusammen. In der Tür standen Toshis Eltern!

"Mama. Papa..."

Leise kam es über Toshis blasse Lippen.

"Ich kann es nicht glauben!!!" donnerte sein Vater los.

"Wir lassen euch 2 Tage alleine und DU? DU nutzt das schamlos aus um Mina zu verführen??? Deine...deine eigene SCHWESTER?"

"Papa, ich..."

"Ich will NICHTS hören, rein GAR NICHTS! Ich habe bisher alles toleriert, aber DAS geht definitiv zu weit! Eine 14-Jährige zu verführen! Satoshi!"

"Papa, Toshi hat mich nicht..." stammelte Mina.

Sie war vollkommen verzweifelt, aber der Vater hörte ihr überhaupt nicht zu.

"Wie lange geht das schon?"

"..."

"Hä? Wie lange???"

Er packte seinen Sohn hart am Arm und zog ihn hoch. Er bekam trotzdem keine Antwort. Toshi schaute nur zu Boden.

BAMM!

Die Ohrfeige saß!

"Wenn Mina nicht verletzt und wir hier nicht in einem Krankenhaus wären, würde ich dich schon zum reden bringen!"

Jetzt war seine Stimme bedrohlich leise. Nur Toshi konnte ihn noch verstehen. So hatte er seinen Vater noch nie erlebt. Er gab ihm keine Chance alles zu erklären. Toshis Blick fiel auf Mina. Die Kleine saß zitternd auf ihrem Bett und starrte ihn an. Natürlich hatten sie gewusst, dass es Ärger geben würde, doch mit so etwas hatten sie nicht gerechnet.

"Kaasan, bitte lass mich doch alles erklären..."

Mit tränenerstickter Stimme wand sie sich an Frau Norika, die die ganze Zeit wortlos in der Ecke gestanden hatte.

"Nein, Tori-chan! Es gibt nichts zu erklären!"

Mina hörte die Bitterkeit in ihrer Stimme. Sie war von ihren Kindern sehr enttäuscht.

"Ich muss sie bitten, die Patientin nicht so aufzuregen. Sie braucht dringend Ruhe und Schlaf."

Dr. Schmidt hatte den Lärm gehört und war gekommen um Herrn Norika zur Räson zu rufen.

"In Ordnung Herr Doktor. Wir gehen ja schon."

Toshis Arm immer noch fest im Griff, verließ er ohne jedes weiter Wort das Krankenzimmer. Toshi ließ sich willenlos hinterher schleifen, den Blick zu Boden gerichtet.

"Wir besuchen dich morgen noch mal." sagte Frau Norika zu Mina - monoton und ohne jedes Gefühl.

Mina blieb allein in dem halbdunklen Raum zurück. Erst nach ein paar Minuten verstand sie, was hier gerade geschehen war. Alles war aus. ALLES! Sie würden bestimmt dafür sorgen, dass Toshi und sie sich nie wieder zu nahe kommen würden. Verzweiflung stieg in ihr auf . Sie schluchzte trocken und ließ sich ins Kissen sinken. Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre blassen Wangen.

/Warum habt ihr mir nicht wenigstens eine Minute zugehört? Warum.../

Ihre Gedanken verloren sich. Traurigkeit erfüllte ihr ganzes Herz.
 

"Guten Morgen!"

Mina hörte, wie jemand die Jalousie hochzog. Warme Sonnenstrahlen berührten ihre Haut.

Für Mina war alles kalt. Langsam öffnete sie die Augen.

"Na? Gut geschlafen?"

/Wie denn?/

Die halbe Nacht lang hatte sie geweint und dann nur ein paar Stunden geschlafen. Aber das Schlimmste war am Morgen ganz allein in diesem kalten Raum aufzuwachen. Allein. Ohne Toshi.

"Ah! Heute ist ein wunderschöner Morgen und die Sonne scheint! Das wird bestimmt ein toller Tag, nicht wahr?"

Langsam, aber sicher ging ihr diese furchtbare gute Laune, die die Krankenschwester verbreitete ganz gewaltig auf die Nerven.

"Möchtest du ein leckeres Frühstück?"

"Nein! Lassen sie mich einfach in Ruhe, ja?"

Okay, es klang vielleicht wirklich nicht sehr freundlich, aber Mina wollte nur einfach nur allein sein und auf gar keinen Fall weiter diese Frau im Zimmer haben.

"In einer halben Stunde komme ich noch mal vorbei um die Betten zu machen."

Mit einem eingeschnappten Gesichtsausdruck rauschte sie davon.

/Endlich Ruhe.../

Minas Herz schien nichts mehr zu spüren. Seit gestern hatte sie das Gefühl, eine eiskalte Hand hätte sich um es gelegt und würde ganz langsam zudrücken. Sie wollte nicht, dass sie sie heute besuchen würden. Sie hatte richtig Angst davor. Toshi würde doch sowieso nicht mitkommen.
 

15 Uhr. Die Besuchszeit hatte gerade eben erst begonnen als sich die Tür öffnete.

/Jetzt schon ?/ dachte sie ängstlich. Doch der Besuch war ein anderer. Es war Niko.

"Hey! Was machst du denn hier? Woher weißt du, dass ich hier bin?"

Sie war doch ziemlich froh ihn zu sehen.

"Ich hab bei dir zu Hause angerufen."

Mina stutzte. Irgendwas war anders an Niko. Er sah sehr ernst aus.

"Was ist los?"

"Das fragst du noch?"

Fragend sah sie ihn an.

/Was meint er bloß?/

"Ich hätte dich echt nie für so krank gehalten."

/Was???/

"Er ist zwar nicht dein leiblicher Bruder, aber ihr seid immerhin Halbgeschwister!"

Traurig sah sie zu Boden.

"Woher weißt du das?"

"Herr Norika hat es mir erzählt."

"Ach. Will er das jetzt jedem in der Stadt erzählen?"

"Das tut nichts zur Sache. Ich bin echt enttäuscht von dir! Wie weit seid ihr gegangen, hä? Habt ihr vielleicht sogar miteinander geschlafen?"

"Ich wüsste nicht, was dich das angeht!"

Wut stieg in Mina auf. Nikos eiskalte Art ließ sie fast ausrasten.

"Ist ja auch egal.... Das alles ist doch pervers! Mina-chan, du bist 14!"

"Na und? Vielleicht würdest du dir erst mal die Mühe machen und mir zuhören, bevor du dein Urteil fällst. Aber so ist es natürlich viel einfacher!"

Sie bemerkte gar nicht, dass sie schrie. Doch das alles machte sie furchtbar wütend. Niemand hörte ihr zu.

"Okay. Dann erklär´s mir."

Überrascht sah sie ihn an, dann senkte sie den Blick. Leise begann sie zu sprechen.

"Ich hab mich verliebt, Niko. Wirklich verliebt! Ich weiß, dass das nicht geht und ich wusste auch, dass es Ärger geben würde, wenn alles rauskommt, aber das war mir egal...ich kann doch auch nichts dafür. Warst du schon mal richtig verliebt? Dann müsstest du mich verstehen."

Doch Niko schüttelte den Kopf.

"Ich kann und will dich nicht verstehen! Für mich bist du gestorben! Gott....und so eine hab ich wirklich geküsst! Ich muss doch total dämlich sein!"

"Niko.."

"Nein! Vergiss es! Komm mir in Zukunft bloß nicht zu nahe!"

Laut knallte die Tür hinter ihm zu. Mina saß wie vom Blitz getroffen in ihrem Bett. Nikos Worte taten weh, besonders, weil er geweint hatte. Er hatte sich in sie verliebt und sie hatte es nicht gemerkt. Irgendwie tat er ihr trotzdem leid.

Langsam ließ sie sich zurück in die Kissen sinken.

/Nun hab ich wirklich ALLES verloren...Niko wird nie mehr mit mir sprechen, Kaasan und Papa verstehen mich auch nicht...sie hören mir ja nicht mal zu...und Toshi.../

Bei dem Gedanken an Toshi kamen ihr wieder Tränen.

/Toshi werde ich nie wieder nah sein können...Warum bin ich überhaupt noch hier...?/

Von schweren Schluchzern geschüttelt, drückte Mina ihr Gesicht in ihre Hände.

Nein, sie bereute keine Sekunde, die sie mit Toshi verbracht hatte. Doch nun hatte sie das Gefühl ohne Toshis Wärme, seine Berührungen, seine Zärtlichkeit, einfach nicht weiterleben zu können.

Erneut öffnete sich die quietschende Tür zu seinem Krankenzimmer.

/Nein! Ich will sie jetzt nicht sehen!/

Weiche Hände berührten plötzlich ihre Wange. Erschrocken blickte sie auf.

"...Toshi!"

Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Glücklich fiel sie dem 16-Jährigen um den Hals.

"Schön dich wiederzusehen...ich bin ja so froh..."

Sanft streichelte er der Kleinen über das schwarze glatte Haar.

"Was ist los? Du schaust so ernst..."

Toshis Gesicht zeigte große Traurigkeit.

"Haben Papa und Kaasan etwas gesagt?"

"Sie...sie haben mir gesagt, dass es besser ist, wenn ich in ein Jugendwohnheim ziehen würde. Papa hat sogar schon bei einem angerufen..."

Mina schluckte. Das konnte doch nicht wahr sein.

"W-wo liegt es denn?"

"Berlin. Charlottenburg."

Mina riss die Augen auf. Wollten seine Eltern ihn wirklich ans andere Ende der Stadt schicken?

"...außerdem...haben sie mir verboten dich noch je wieder zu sehen. Sie haben gesagt, dass ich für sie gestorben bin..."

/Genau wie ich für Niko./

"Aber...aber das können sie doch nicht einfach so machen. Das können sie nicht!"

"Doch, das können sie. Zur Not wollen sie sogar rechtliche Schritte gegen mich einleiten...Ich...bin nur hier...um...mich ...zu verabschieden..."

Nun standen auch Toshi die Tränen in den Augen.

/Das kann nicht wahr sein! Soll jetzt etwa wirklich alles vorbei sein?/

Weinend fiel sie Toshi um den Hals.

"Ich will nicht, dass du gehst. Bitte bleib bei mir..."

"Tori-chan...ich möchte ja auch hier bleiben, aber ich darf nicht..."

Er bettete sein Gesicht an Minas Schulter um sein Schluchzen zu unterdrücken.

Plötzlich wurden sie von einem Räuspern unterbrochen.

"Ä-hem, Entschuldigung. Die Patientin muss zu einer Kontrolluntersuchung."

Schon wieder diese nervige Schwester von heute morgen.

"Ich wird dann mal gehen..."

"Nein!"

Sie hielt ihn am Ärmel fest.

"Bitte warte hier. Es dauert bestimmt nicht lange."

"Es geht nicht, Mina. Wenn Mama und Papa mich hier erwischen kriegen wir beide einen riesigen Ärger..."

Er seufzte. In seiner Stimme konnte man deutlich die sich androhenden Tränen heraushören.

"Ich werde dich nie vergessen."

"Ich dich auch nicht..."

"Ich liebe dich, Tori-chan."

Mina wollte antworten, doch ein riesiger Kloß in ihrem Hals hinderte sie am Sprechen.

"Machs gut."

Toshi wollte gehen, doch Mina zog ihn zurück und drückte sich fest an ihn. Ein letzter Kuss...Voll von Leidenschaft und Zärtlichkeit...all dem, was nun für sie verloren war...
 

Mina sah von dem Fenster des Behandlungsraumes aus, wie Toshi auf seinem Motorrad davonfuhr. Die Tränen, die nie endend wollend über ihre Wangen strömten bemerkte sie nicht mehr. Genauso wenig wie sie dem Arzt zuhörte, der mit lausigen Kommentaren versuchte sie aufzuheitern. Was wusste der denn schon...?
 

Kälte...

Noch nie hatte sie es so empfunden. Aber Mina war auch noch nie so einsam gewesen.

Nun war ihr schlimmster Alptraum wahr geworden.

Allein...

/Was soll ich denn noch hier?/
 

Nach 15 Minuten saß Mina wieder auf seinem Krankenbett. Ihre Eltern hatten ihn nicht besucht.

/Ist vielleicht auch besser so.../

Langsam zog sie unter dem Kopfkissen ein Skalpell hervor. Diese Ärzte hier waren echt dämlich. Die kriegten es noch nicht einmal mit, wenn so etwas fehlte. Aber wollte sie das wirklich tun?

/Dann hat alles ein Ende./

Und was würde aus Toshi werden?

/Ich sehe ihn sowieso nie mehr wieder.../

Bei diesem Gedanken begannen ihre Augen wieder zu brennen, obwohl sie gar keine Tränen mehr übrig hatte. Zitternd setzte sie die scharfe Klinge an ihre Brust. Mitten ins Herz. Die Stelle töten, die ihre Schmerzen verursachte. Die Tür quietschte und Mina schrak hoch. Im Türrahmen stand Toshi!

/Das ist nicht wahr! Das kann nur ein Traum sein!/

"Tori-chan!!! Was tust du da? Bist du verrückt geworden??!!!"

Er wollte auf sie zugehen um ihr das Skalpell abzunehmen.

"Halt! Bleib stehen!"

Toshi stoppte in seiner Bewegung.

"Mina...bitte tu das nicht..."

Leise und eindringlich redete er auf die Kleine ein.

"Warum? Es gibt für mich keinen Grund mehr weiterzuleben..."

"Doch den gibt es! Es gibt tausend Gründe am Leben zu bleiben. Du bist doch erst 14. Du hast Freunde, Mama und Papa. Du hast doch dein ganzes Leben noch vor dir! Bitte...gib mir das Skalpell."

Toshi streckte ihr die Hand entgegen. Doch Mina schüttelte nur leicht den Kopf.

"Was ist denn mein Leben noch? Niko hasst mich, genau wie Kaasan und Papa. Und du gehst auch weg...tut mir leid, Toshi..."

"MINA! NEIN!!!"

Zu spät... Tief drang die Klinge in den zierlichen Körper ein. Keuchend klappte Mina zusammen.

"MINA! Verdammt!"

Toshi rannte zur Tür und schrie auf den Gang hinaus.

"Schwester! Doktor! Verflucht! Sie verblutet!"

Schnell rannten ein paar Schwestern über den Gang auf der Suche nach einem Arzt. Toshi hastete zurück in Minas Zimmer. Die weiße Bettdecke war rot von Blut. Hastig ließ sich Toshi neben dem Bett auf die Knie fallen.

"Tori-chan! Bitte halt durch! Bitte!"

Heiße Tränen rollten über seine Wangen.

"To...Toshi..."

Rau erklang Minas Stimme an seinem Ohr.

"Mina? Bitte bleib ruhig liegen, der Arzt..."

"Nein...zu spät...genau wie für uns...vielleicht in einem anderen Leben...Ai shiteru..."

Mit ihrer verbliebenen Kraft richtete sich Mina ein wenig auf und küsste Toshi sanft auf den Mund. Dann lehnte sie den Kopf an die Schulter des Blonden. Toshi spürte ganz deutlich wie Tränen sein Hemd dort durchdrangen bevor die Bewegungen der Kleinen erstarben.

Wie eine Feder, die zu Boden fällt. So sanft streifte Minas letzter Atem seinen Hals...

Schluchzend zog er sie an sich... Jetzt war wirklich alles aus.

Die Ärzte brachten ihn wenige Momente später raus.

Die Nachricht, die sie ihm mitteilten war klar und eindeutig. Stich direkt ins Herz. Herzversagen. Exitus.

Letztes Kapitel

Letztes Kapitel
 

/Funeral Blues
 

Stop all the clocks, cut off the telephone,

Prevent the dog from barking with a juicy bone,

Silence the pianos and with muffled drum

Bring out the coffin, let the mournes come.
 

Let a reoplaues circle moaning overhead

scribling on the sky the message He is dead,

Put crêpe bows round the white necks of the public doves,

Let the traffic policeman wear black cotton gloves.
 

He was my North, my South, my East and West,

My working day and Sunday rest,

My moon, my midnight, my talk, my song:

I thought that love would last forever; I was wrong.
 

The stars are not wanted now; put out everyone;

Pack up the moon and dismantle the sun,

Pour away the ocean and sweep up the wood,

For nothing now can ever come to any good./
 

Toshi schlug das Buch zu und stellte es zurück ins Regal. Dieses Gedicht traf genau das, was er fühlte.

Es war nun 3 Monate her, dass Mina sich umgebracht hatte. Draußen wurde es langsam Frühling, doch in ihm schien immer noch alles zu Eis erstarrt.

Schlurfend verließ er die Bibliothek. Draußen stand sein Motorrad. Seit 2 Wochen konnte er wieder damit fahren. Es war nicht das Eis auf den Straßen, was ihn gehindert hatte - nein, es war die Erinnerung an Mina, wie sie beide das erste Mal damit gefahren waren.
 

Mal wieder viel zu schnell ging er in die Kurve und konnte die Maschine nur mit Mühe und Not unter Kontrolle bringen. Mit quietschenden Reifen hielt er vor dem schneeweißen Hochhaus an.

*Dingdong*

Der helle Ton der Klingel hallte durch die enge Gasse. Der Knopf befand sich direkt unter dem polierten Messingschild, welches die Aufschrift trug:

Dr. Rüdiger Polmann

Facharzt für Psychologie
 

Am Neujahrstag hatten sie Minako beerdigt. Toshi war neben dem Sarg zusammengebrochen. Seine Eltern hatten ihn daraufhin hierher geschickt. Sie gaben nicht ihm, sondern sich selbst die Schuld an Minas Tod. Toshi machte ihnen keine Vorwürfe, trotzdem war er in das Apartment im Jugendwohnheim gezogen. Zu Hause erinnerte ihn zuviel an Mina.
 

"Hallo Toshi. Wie geht es dir heute?"

Wie jede Woche wurde er auch an diesem Tag von Dr. Polmann begrüßt.

"Ganz gut. Wird endlich Frühling."

Mit einem Kopfnicken deutete er auf das große Fenster.

"Ja. Schön, nicht?"

Toshi erwiderte nichts.

"Heute beginnt der Prozess gegen Tina und ihre Bande."

"Ach! Hat man doch genügend Beweismaterial gegen sie zusammenbekommen?"

"Hat wohl gereicht. Aber mehr als eine Jugendstrafe bekommen die eh nicht."

"Bist du dir da so sicher?"

"Schon."

Toshi sah den Doktor nicht an, sondern schaute aus dem Fenster. Er wusste genau, dass sich Dr. Polmann sowieso nur Notizen machte und ihm dann erklären würde, was für exzellente Fortschritte er in letzter Zeit gemacht hatte.

Draußen auf dem Fensterbrett saß eine junge Amsel und begrüßte munter die Sonne. Ihr seidiges schwarzes Gefieder glänzte im Licht und ihre klare Stimme übertönte sogar den Verkehrslärm der naheliegenden Hauptstraße.

Toshi lächelte.

/Vielleicht wird es ja auch für mich Frühling...wir sehen uns wieder Tori-chan. Aber noch nicht jetzt..../
 

OWARI
 

P.S.: Das Gedicht gehört W.H. Auden und net mir. ^^ Schade...is so schööööön...

das_Diddy



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