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Ai no Sakura

Kirschblütenliebe
von

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Ein neuer Anfang

Titel: Ai no Sakura

Autor: das_Diddy

Disclaimer: Alles MEINS! Finger weg! Wenn ihr mich ganz lieb fragt (und

bezahlt. Dachte da so an 1000 Euro...) dürft ihr die Charas mal ausleihen!

(Bin nett, oder? ^-^* )

Warnings: bad language, bissl sad

Notes: Dat is' ne ganz harmlose Story! Ich widme sie Senety-chan, die immer fein meine Bilder hochläd und dem Jess-Hasen. Danke, dass du mich für meine Stories noch net gekillt hast.

Viel Spaß beim Lesen! das_Diddy *smile*
 

˜Ai Sakura no™
 

1. Ein neuer Anfang

Das große Schultor fiel hinter mir ins Schloss. Da war ich also - in einem

Heim für schwererziehbare Jugendliche! Meine Eltern mussten mich wirklich

hassen, wenn sie mich hierher schickten. Sie selbst sahen das natürlich

nicht so. Schließlich hatten sie mir die Wahl gelassen. WAHL! Tolle Wahl:

Mädcheninternat, Klosterschule oder das hier! So was nannten sie mir

"Entscheidungsfreiheit" geben. Und das alles nur wegen Ryo! Er

hatte mich dermaßen geärgert, dass ich ihn verprügelt hatte. Na und? Er

hatte jetzt neue Schneidezähne, aber ich würde hier die nächsten 2 Jahre

nicht rauskommen. Ich sah eine Frau auf mich zukommen. Man merkte sofort,

dass sie die Heimleiterin war, denn sie hatte diesen

Na-mein-Kleines-Ausdruck auf ihrem Gesicht.

"Du bist sicherlich Sakura Tojokaze, oder?" Blöde Frage - mein

Vater hatte heute Morgen noch mal angerufen und gesagt, dass ich komme! Oder

haben die hier jeden Tag einen Ansturm an verstoßenen Kindern?! Ich nickte

nur. "Ich bin Frau Mizuka, die Leiterin des Heims 'Kirschblütenwald'.

Da passt du ja mit deinem Namen einfach perfekt zu uns!" Sie lachte.

Mir war eher wie heulen zumute bei dem Gedanken einen sehr kostbaren Teil

meiner Jugend in dieser Anstalt zu verbringen. "Komm, ich stelle dich

den anderen vor." Sie nahm mich am Arm und versuchte mich wegzuziehen,

doch schnell wand ich mich aus ihrem Griff. Frau Mizuka schaute etwas

verwirrt, ließ es aber gut sein und ging voraus. Ich trottete hinterher.
 

Frau Mizuka öffnete eine schwere Eichenholztür und wir gelangten in einen

großen Saal, dem Speiseraum, denn dort saßen ungefähr 20 Kinder im Alter

zwischen 10 und 17 Jahren und aßen.

"Ich möchte euch Sakura Tojokaze vorstellen. Sie ist neu hier und ich

möchte, dass ihr nett zu ihr seid und sie in alles einweist."

"Wie 'ne Kirschblüte sieht sie aber nun wirklich nicht

aus." Der schwarzhaarige Junge am hinteren Ende des Tisches grinste.

Ich schaute an mir herunter. Irgendwie hatte er recht, die zerschlissene

Jeans, Turnschuhe, eine Trainingsjacke zusammen mit meinem kurzem braunem

Strubbelhaar wirkte nicht gerade grazil. Außerdem war ich immer noch sauer.

"So, ich zeig dir jetzt dein Zimmer. Du hast eines für dich ganz

alleine. Ist das nicht toll?" Suuuuper! Na wenigstens ein Erfolg an

diesem gottverdammten Tag! Denn wenn ich etwas hasse, dann ist es dieses

Jugendherbergs-Feeling. Da hatte ich wenigstens einen Ort an dem ich meine

Ruhe hatte.
 

Als sie die Tür aufschloss und ich den Raum betreten konnte, fiel mir fast

der Kiefer ab. Zimmer? Das war kein Zimmer, das war ein Abstellraum mit

Fenster! Ein Bett, ein Schrank, ein kleiner Schreibtisch und das Zimmer war

voll! Da hatte ich mich wohl etwas zu früh gefreut...

Endlich allein in meinem neuen 'Zuhause ' war erst mal Sachen auspacken an

der Reihe. Doch beim Anblick des Schrankinneren würgte es mich: der

Vorgänger hatte eine Schnitte und eine halboffene Flasche Orangensaft

vergessen und das schien schon eine Weile her zu sein, denn das alles hatte

ein ziemlich aktives Eigenleben entwickelt!!!

Angewidert warf ich die Reste in den mickrigen Papierkorb.

Kaum war ich fertig klopfte es an der Tür. "Ja!" - Wow! Ich

hatte mein erstes Wort gesprochen seit ich hier war - nein, sogar mein

erstes Wort an diesem ganzen Tag! Das ist nur beeindruckend, wenn man weiß,

dass ich sonst den ganzen Tag ohne Pause rede.

Die Tür öffnete sich und ein zierliches Mädchen von vielleicht 14 Jahren

betrat den Raum. "Hallo! Ich bin Sara. Die anderen spielen Volleyball.

Möchtest du mitmachen?" Volleyball??? Na klasse! Mir fiel einfach

keine Ausrede ein, als das kleine Mädchen mich mit ihren großen blauen Augen

ansah. "Okay, ich komm mit." Sara lächelte. Hatte ich mich also

breitschlagen lassen...
 

"Vielleicht können wir ja Freunde werden." meinte sie, als ich

ihr durch das Haus nach draußen folgte. Ich entgegnete nichts. Die Kleine

war süß. Mit ihren blonden Locken sah sie wie ein Engel aus. Ich hätte gern

eine Schwester wie sie gehabt... Was machte dieser Engel nur in einem Heim

für Schwererziehbare?

Die Magie des Fremden

2.Die Magie des Fremden

Ein paar Sonnenstrahlen fielen in den Hof und schafften es sogar diesem

hässlichen Haus etwas Schönes abzugewinnen. Sara nahm meine Hand und zog

mich zu den anderen Mädchen, die bei den Wäschestangen Volleyball spielten.

"Hallo! Da sind wir wieder!" Plötzlich sahen mich 7 neugierige

Augenpaare an. "Das sind Mira, Korin, Sora, Rei, Kasuko, Miko und Yui.

Sakura kennt ihr ja schon." "Nennt mich einfach Saku."

brummelte ich vor mich hin. Ich mochte meinen Namen nicht. Jedes zweite

Mädchen in Osaka hieß so. Meine Mutter hätte sich ruhig etwas besseres

ausdenken können...

"Los! Fang, Sakura!" Sara schwartete den Ball auf mich.

Reflexartig duckte ich mich und der Ball verfehlte meinen Kopf nur um wenige

Zentimeter. Warum ausgerechnet Volleyball? "He, du sollst

fangen!" "Sorry..." Okay, wo war dieser blöde Ball nur

gelandet? Mit sichtlich wenig Elan schlug ich mich durch die meterhohen

Brennnesseln. Das würde heute Abend Spaß geben!!! In Gedanken sah ich schon

meine Beine mit unzähligen juckenden Pusteln bedeckt. So weit konnte das

Teil doch nicht geflogen sein!
 

Endlich gelangte ich an eine Stelle, die frei von Brennnesseln war und dort

lag auch das verfluchte Vieh. Als ich ihn aufheben wollte, hörte ich

jemanden ein Lied summen. Leise ging ich der Melodie nach.

Auf den unteren Ästen eines vollkommen windschiefen Ginkobaumes saß ein

blasser, hellblonder Junge, ganz in schwarz gekleidet. Der war bestimmt 17,

oder so. Als er mich sah, hörte er auf zu summen und schaute mich mit einem

eiskalten Blick an, dass mir das Blut fast gefror. Trotzdem versuchte ich zu

lächeln. "Konnichiwa! Mein Name ist Sakura Tojokaze, ich bin neu

hier." Der Typ reagierte überhaupt nicht!!! "Äh...sag mal, wie

heißt du? Ich hab dich heute Mittag gar nicht im Speiseraum gesehen."

"Du solltest lieber gehen, sonst werden die anderen noch über dich

reden." Mann, hatte der 'ne tolle Stimme! "Wieso sollten sie das

tun?"

"SAAAKUUU!" Plötzlich tauchte Miko hinter mir auf. "Saku,

wo bleibst du denn?" Dann erblickte sie den Jungen in schwarz.

"Du solltest nicht mit jedem hier reden!" Hä? Seit wann

schrieben mir pubertierende Rothaarige vor mit wem ich sprechen durfte??!!!

Ehe ich etwas sagen konnte, zog mich Miko quer durch die Brennnesseln zurück

zu den Mädchen.

"Sag mal, was ist denn mit dir los?" Ich war immer noch ein

bisschen verwirrt. "Das war Shin Okumura! Mit so jemanden redet man

nicht!!" "Und warum nicht?" "Der ist schwul!"

Schade...niedlich sah er nämlich aus. "Na und?" Irgendwie

kapierte ich das Problem nicht. "An seiner alten Schule hat er einfach

so einen Senpai geküsst. Direkt vor der Nase der anderen!!! Als Yui das

herausgefunden hat und ihn darauf ansprach, hat er sie ganz mies beleidigt

und ihr gedroht, dass wenn sie ihm noch mal zu nahe kommt, würde er sie

verprügeln!"

So war das also...

Ich gab Sara den Ball wieder und verzog mich in mein Zimmer. Sie war zwar

traurig, aber ich hatte absolut keine Lust mehr mir die Birne vom Hals

schießen zu lassen. Den ganzen Nachmittag lang ging mir dieser Shin einfach

nicht aus dem Kopf.
 

Beim Abendbrotessen saß er an einem Einzeltisch. Ich versuchte ihn

unauffällig zu beobachten. Irgendetwas an ihm faszinierte mich... Bloß was?

Vielleicht, weil er mir irgendwie ähnlich war. Shin schien dieses Heim auch

zu hassen - ein Fall, den ich nur zu gut verstehen konnte.

Plötzlich stand Miko auf und ging an Shins Tisch. "Hör mir mal zu! Du

wirst Sakura nicht drohen, klar?!" Unbeeindruckt aß er weiter.

"He, ich rede mit dir!!!" "Aber ich nicht mit dir!"

Miko wurde rot vor Wut. "Was fällt dir ein du...du...!"

"Wenn es dich interessiert: ich habe deiner Freundin nicht gedroht.

Schließlich hat sie mich ja auch nicht so penetrant genervt wie du und dein

Rosa-Schleifen-Team." Miko schluckte. "Du bist ein gemeiner

Perverser! Du ärgerst uns doch nur, weil du Mädchen hasst! Aber Saku lässt

du in Ruhe, klar?!"

Die anderen Kinder sahen auf. Sie schienen sich zu freuen, dass Shin

runtergemacht wurde! Ich saß auf meinem Platz als hätte mich ein Pferd

getreten. Warum machte Miko hier so einen Aufriss? Ich hatte nur versucht

mich mit ihm zu unterhalten! Und sie machte hier ein Drama draus!!! Das ging

mir echt ein Stück zu weit, denn für sowas war mein Gerechtigkeitsgefühl zu

stark ausgeprägt.

"Sag mal Miko, was soll denn das werden? Wir haben uns doch nur

unterhalten! Setz dich wieder hin und gib Ruhe oder wir bekommen noch Ärger

mit Frau Mizuka, wenn du weiter so rumbrüllst." "Ärger wegen

was?" Schock! Frau Mizuka stand urplötzlich hinter mir, die Arme in

die Seite gestemmt. Miko holte Luft um sich in vollem Maße über Shin zu

beschweren. "Weil sonst das gute Essen kalt wird." rief ich

schnell. Großer Gott, was für eine Lüge! Diesen Fraß konnte man unmöglich

als Essen bezeichnen. "Das ist aber schön, dass es dir schmeckt,

Sakura! Möchtest du noch eine Portion?" "Nein danke, ich bin

satt! Darf ich auf mein Zimmer gehen?" "Ja, natürlich. Und

vergiss nicht, morgen ist Montag, also sei bitte pünktlich 7.30 Uhr im

Klassenzimmer zum Mathematikunterricht." Mathe? Nirgendwo auf der Welt

war man sicher vor Funktionen, Gleichungen und Formeln!

Als ich gehen wollte, warf ich noch mal einen Blick auf Shin. Er sah aus,

als würde er gleich anfangen zu heulen. Mikos Worte waren aber auch wirklich

fies gewesen!...Irgendwie tat er mir leid. Shin hatte wohl keine Freunde

hier.

Einsamkeit

3. Einsamkeit

Ich erwachte zum ersten mal in meinem neuen Bett. Zuerst wusste ich gar

nicht, wo ich war, doch dann fiel es mir beim Anblick des 7 m² großen

Zimmers wieder ein. Was für eine Ernüchterung am Morgen, nachdem man so

schön geträumt hatte...

Beim Frühstück war scheinbar alles wieder normal, bloß Shin fehlte. Frau

Mizuka schaute ernst auf die Uhr. Er schien nicht das erste Mal zu fehlen.

"Du, Saku?" "Mhh?" "Warum hast du Shin gestern

in Schutz genommen?" Von jedem hätte ich dies Frage erwartet, nur

nicht von Sara! "Hätte ich etwa zulassen sollen, dass Miko ihn ohne

Grund runterputzt?! Er hat mir doch gar nichts getan!" Die Kleine

schaute etwas verlegen drein. "Gomen nasai, Sakura-san! Ich wollte

dich nicht verärgern." "Ist schon gut." Mann-oh-mann, die

Kleine war echt klasse!

"Warum bist du eigentlich hier, Sara?" "Darüber möchte ich

nicht reden. Vielleicht später mal." "Okay, dann halt mal

später." Irgendwie sah sie jetzt sehr traurig aus...
 

Als schon alle im Klassenzimmer saßen, schleppte Frau Mizuka endlich Shin

an. Er schien nicht gerade glücklich. Kein Wunder, denn kaum hatte er den

Raum betreten, erhob sich um mich herum ein Riesen-Getuschel. Shin setzte

sich in die letzte Reihe ans Fenster und sah hinaus.

Mit 13 Minuten Verspätung betrat nun auch endlich der Mathelehrer das

Zimmer. "Ohayo gozaimasu, Kinder!" "Ohayo gozaimasu, Herr

Morida!" antworteten alle 8 Schüler außer mir und Shin. Wie sollte ich

auch seinen Namen wissen. Niemand hatte ihn mir gesagt. Herr Morida nahm

mich durch seine Hornbrille hindurch ins Visier. "Ah, eine neue

Schülerin! Wie heißt du?" Etwas gelangweilt erhob ich mich.

"Sakura Tojokaze." "Wie alt bist du?" "16

Jahre." "Warum bist du hier?" "Das steht in ihren

Akten." War ich hier zufälligerweise in einem Verhör gelandet? Herrn

Moridas Augen verengten sich wütend. "Dann bist du also Tojokaze, die

ihren Mitschüler krankenhausreif geprügelt hat!" Die Klasse drehte

sich erschrocken zu mir um. Sara war so geschockt, dass ich schon fast

dachte, dass sie anfangen würde zu weinen. Was fiel dem Kerl ein??? Wollte

er mich als Schwerverbrecher hinstellen, oder was?!!! Ruhig bleiben! - das

war hier die Devise. "Ja, die bin ich! Warum fragen sie, wenn sie es

doch sowieso schon wissen?" Ich bemerkte, wie Shin hinter mir grinsen

musste. Herr Morida war etwas überrascht - und wütend. Vermutlich hatte er

erwartet, dass ich heulend aus dem Zimmer stürmen würde oder so was in der

Art. Trotzdem erwiderte er nichts. "Haben sie sonst noch

Fragen?" "Nein, setz dich! Und du Okumura, hör auf zu grinsen

und komm gleich mal an die Tafel!" Shin trottete vor, schrieb die

Aufgabe, die ihn Morida diktierte an, löste sie ohne Fehler und ging an

seinen Platz zurück. Ich war schwer beeindruckt.

Moridas Unterricht war die Hölle!!! Ich war sowieso kein Mathe-Ass und bei

dem Tempo qualmte mir nur der Schädel. Nach 30 Minuten ertönte endlich das

erlösende Pausenklingeln. Doch Morida ließ uns nicht gehen ohne nicht eine

dreiseitige Hausaufgabe aufzugeben. Plötzlich schien ich für alle um mich

herum Luft zu sein. Was denn? Sie wussten doch gar nicht, warum ich Ryo

verprügelt hatte! Und außerdem: Wegen was waren sie denn schließlich

hier???!

An diesem Tag folgte noch Physik, Biologie, 2 mal Geschichte, Geographie und

Musik. Danach war endlich Schluss. Sara hatte seit dem Mathe-Unterricht kein

Wort mehr mit mir geredet. Hatte sie etwa plötzlich Angst vor mir? Ich hatte

keine Lust mich vor einem Haufen durchgedrehter Weiber zu rechtfertigen.

Sollten sie doch denken, was sie wollten!
 

Beim Spazieren gehen auf dem Gelände hatte ich einen wunderbaren kleinen Ort

gefunden, wo ich meine vollkommene Ruhe hatte.

"Na, wie fühlt man sich als Außenseiter von Außenseitern?" Schon

wieder zu früh gefreut, hinter mir stand Shin. "Tja, wie soll man sich

schon fühlen? Diese Hühner hören einem doch sowieso nicht zu..." Er

lächelte. "Wow, du kannst ja lachen!" "Ich habe leider

nicht oft Anlass dazu." "Kann ich verstehen...Ziemlich öde hier,

oder? Was hast du verbrochen, dass man dich hierher gesteckt hat?"

"Hat Miko dir das nicht erzählt?" Er sah mir direkt in die Augen

und ich merkte wie ich knallrot anlief. Schnell drehte ich den Kopf weg.

"Ist das alles? Das ist doch kein Grund jemanden hierher zu

schicken." "Für meine Tante schon. Sie ist sehr... konservativ.

Die letzte Schule an der ich war, war ein katholisches Jungeninternat. Da

ist so was eben tödlich, ganz egal ob man was dafür kann, oder

nicht..." "Wie meinst du das?" "Wenn dich jemand

dort loswerden will, dann hängt er dir halt irgendetwas an..." Sein

Gesicht verfinsterte sich. Ich war immer noch ratlos. Von was redete der

nur? Shin bemerkte, dass ich ihm nicht folgen konnte. Er seufzte. "Ich

meine das so, dass Shinohara und seine Kumpels dieses Gerücht frei erfunden

haben. An so einem Internat ist das Grund genug jemanden

rauszuwerfen." "Heißt das, dass du gar nicht..." Shin

lachte, es klang verzweifelt. "Nein, ich bin nicht schwul, aber dank

dieser Typen denken das jetzt alle. Meine Tante fand mich widerlich und

wollte mich loswerden. Deshalb bin ich hier." "Warum haben die

dich nur so gehasst? Und warum hast du deiner Tante und den Lehrern nicht

die Wahrheit erzählt?" "Ich war der Einzige, der sich nicht von

ihnen rumkommandieren ließ. Dass Shinohara das alles eingefädelt hat, hätte

mir doch sowieso keiner geglaubt, wenn die Aussagen eines angesehenen

Oberschülers und seiner Freunde gegen die eines aufmüpfigen Loosers

stehen." "Also für einen Looser halte ich dich nicht! Nicht

nach der Mathestunde heute morgen! Aber warum sagst du den Mädchen nicht,

was wirklich los war? Sie würden dir sicherlich glauben." "Und

warum erzählst du ihnen dann nicht, warum du diesen Typen verprügelt

hast?" Ich wurde knallrot. Er hatte ja recht. Ich sollte keine weisen

Ratschläge geben, wenn ich mich selbst nicht daran hielt. Ich sah Shin an.

Da waren wir also: zwei Kinder denen niemand zuhört, wenn sie was wichtiges

zu sagen haben...

Kleine Geheimnisse

4. Kleine Geheimnisse

Tagelang ging mir das Gespräch mit Shin nicht aus dem Kopf. Was war nur los

mit mir??? Wenn ich so genau darüber nachdachte, sah er ja ganz niedlich

aus... Ach, Quatsch!!! Was sollte ich mit so 'nem Typen?!

Oder besser gesagt: was sollte so ein Kerl wie Shin schon von mir wollen...

Miss Universum war ich mit dem Strubbelkopf sicherlich nicht!

Die Tage zogen sich elendig langsam dahin und mich überkam das Gefühl, dass

es noch eine Ewigkeit bis zu meinem 18ten Geburtstag war... Sara sprach kaum

noch mit mir. Ich hatte sie wohl zu sehr erschreckt. Die anderen Mädchen

machten auch einen Bogen um mich. Die hatten gut reden! Wegen welcher

Scheiße waren sie denn hier?! Sicher nicht wegen besonders lieben Verhalten.

Ne, das konnten sie mir nicht erzählen!!! Die hatten doch ihre eigenen

Leichen im Keller! Die Jungs rückten mir gar nicht mehr von der Pelle.

Meine, im wahrsten Sinne des Wortes, schlagkräftige Art schien sie irgendwie

zu beeindrucken. Alle, außer Shin.

Ich traf mich manchmal nachmittags mit ihm im hinteren Teil des Hofes, da wo

kaum jemand vorbeikommt. Wir redeten über allen möglichen Mist, bloß nicht

darüber wieso ich Ryo verprügelt hatte. Das war meine Sache und Shin

akzeptierte das. Im Laufe der Zeit wurden wir richtig gute Kumpels, ganz

egal wie viele Gerüchte es um uns gab. Die Kinder hier wussten auch nicht,

was sie wollten: einerseits sagten sie, ich hätte was mit Shin, andererseits

sollte er ja angeblich schwul sein!!! Shin hatte außer mir keine Freunde im

Heim, also war ich für ihn da und er half mir. Zum Beispiel in Mathe.
 

"Du Shin?" "Ja?" "Wie lange bist du eigentlich

schon hier?" Er setzte sich neben mich auf mein Bett. Frau Mizuka

würde einen Anfall bekommen, wenn sie ihn hier erwischen würde. Diese Frau

dachte immer um mindestens drei Ecken. "Schon lange." "Wie

lange genau, du Dummkopf?" "4 Jahre." Ich schluckte. Das

war hart. 4 Jahre! Ganz allein! Ohne Freunde! "Hat dich deine Tante

denn nie besucht?" "Die??? Eher würde sie sich sonst was

abreißen!" "Shin? Darf ich dich noch was fragen?"

"Du gibst doch sowieso keine Ruhe." Er grinste mich an.

Irgendwie mochte ich sein Lächeln. "Warum hast du, bevor du hierher

gekommen bist, bei deiner Tante gelebt?" Sein Gesicht wurde ernst -

ernst und traurig. "Meine Eltern sind gestorben, als ich 12 war. Sie

sind bei einem Brand umgekommen. Unser Haus ist bis auf die Grundmauern

abgebrannt. Mein Vater hat mich rausgeschleppt, ist dann aber noch mal

zurück um meine Mutter zu holen.... sie haben es nicht geschafft."

"Wie schrecklich..." Ich rückte ein Stück näher an ihn heran und

legte meinen Arm um ihn. Für Fremde sah das bestimmt aus als wären wir ein

Paar, aber das stimmte nicht. Ich versuchte nur ihn zu trösten. Shin

lächelte leicht. "Ist schon in Ordnung. Es ist ja nun schon 5 Jahre

her. Ich hatte es fast vergessen..." "Und ich hab dich wieder

daran erinnert. Tut mir leid." Er schüttelte den Kopf. "Das

brauch dir nicht leid zu tun, Sakura-chan. Du hast es ja nicht bös

gemeint."

Jetzt sah er mir direkt in die Augen. Klar... nur Freunde... aber sein Blick

machte mich doch trotzdem immer nervös. Ich zog meinen Arm zurück und sah

mich verzweifelt im Zimmer um. Irgendwie musste ich mich ablenken, bevor ich

noch rot wurde. Mein Blick fiel auf den kleinen Kalender an der Wand.

"Schau mal! Nächste Woche ist Halloween! Na wie wär's? Hast du Lust

irgend jemanden zu erschrecken?" "Du bist voll kindisch!"

"Na und?" "Mal sehen...Ich muss jetzt los, sonst erwischt

mich die Mizuka und dann bin ich fällig." Er stand auf und verließ das

Zimmer. Bevor Shin die Tür schloss, drehte er sich noch mal um. "Die

Mizuka würd ich schon mal gern schocken!" "Und ich den

Morida." Shin grinste und ging.

Ich atmete auf. Verdammt! Was war bloß mit mir los? Wenn Shin da war, benahm

ich mich nie wie ich selbst. Oder doch? War vielleicht der Rest gespielt?

Warum? Warum, zum Geier, brachte mich der Typ jedes mal so aus der Fassung?

Wir waren echt nur Freunde!!! Das hatte ich ihm eindeutig gesagt! Freunde,

und nicht mehr!

Ich schmiss mich auf mein Bett. Ein kurzer Blick fiel auf den Schreibtisch,

wo meine Hausaufgaben lagen. Och nö, bloß das nicht!!! Dafür hatte ich jetzt

echt nicht die Nerven. Sollten doch Tazeka, Morida, Yoshihara, Hiko und wie

unsere lieben Lehrer alle hießen, doch von mir aus an die Decke gehen. War

mir doch egal!

Was mich beschäftigte war, wie ich Sara dazu bringen konnte wieder mit mir

zu reden. Ich mochte die Kleine echt gern und wenn sie immer so ein

trauriges Gesicht machte, tat mir das wirklich leid. Ich hatte sie nicht

erschrecken wollen. Vielleicht würde sie wieder mit mir reden, wenn ich ihr

die Sache mit Ryo erklären würde?

Ich musste grinsen. Sicher nicht! Das würde sie nur noch mehr verschrecken.

Nein, das war mein Geheimnis und dabei sollte es auch bleiben!!!

Aber mit ihr reden musste ich trotzdem. Ihr Schweigen machte mich nämlich

total fertig.

Ich drehte mich auf die Seite. Es war fast 10 Uhr. Gleich würde die Mizuka

zur Nachtrunde vorbeikommen und gucken, ob ich schon schlafe. Shin hatte

noch gerade so die Kurve gekriegt.

Morgen würde ich mit dem kleinen Engel reden. So konnte es ja nicht ewig

weitergehen.

Maskeraden

5. Maskeraden

Schnaufend lief ich den Gang entlang. "Sara! Bleib doch endlich

stehen!!!" Ich rannte diesem Mädchen jetzt bestimmt schon 5 Minuten

hinterher und immer wieder schaffte sie es mich abzuhängen. Endlich hatte

ich sie erreicht, nahm ihren Arm und brachte sie dazu mich anzusehen.

"Lass mich los, Tojokaze!" "Waren wir nicht schon beim

Spitznamen angelangt? Ich dachte wir wären Freunde." "Ich will

keine Schläger als Freunde!" "Du verstehst das nicht! Ich hatte

meine Gründe so zu handeln." "Ach ja? Und welche wichtigen

Gründe können das gewesen sein, die dich dazu bringen jemanden zu

verprügeln? Oder brauchst du vielleicht gar keinen Anlass?" Sara riss

ihren Arm los und sah mich mit dunklen Augen an. "He, seh ich aus als

würde ich mich aus Spaß mit irgend welchen Typen anlegen? Hab ich auf dich

etwa diesen Eindruck gemacht?" Ich sah ihr fest in die Augen, doch

Sara wandte den Blick ab. "Nein..." kam es zögerlich zurück. Ich

atmete auf. "Aber warum hast du das dann getan?"

"Das...das kann ich dir nicht sagen..." "Warum

nicht?" "Dann wärest du vielleicht wirklich von mir

enttäuscht..." Sie sah mich mit ihren großen blauen Augen verwirrt an,

sagte aber nichts. "Ich erklär's dir...später..."

Ich nahm Sara in den Arm. Es war doch schön, dass sie wieder mit mir redete.

Dann ließ ich sie los und sah sie an. Ihr Gesicht war leicht gerötet. Ich

hatte sie wohl etwas durcheinander gebracht. "Komm, lass uns gehen.

Der Unterricht fängt gleich an. Yoshihara wird stinksauer, wenn wir auch nur

eine Minute seiner kostbaren Geschichtsstunde verpassen." Sara musste

lachen. Wie wunderbar es war, endlich wieder dieses klare Lachen zu hören...
 

An diesem Abend war Halloween. Im Speiseraum war eine Party organisiert

worden. Natürlich von Frau Mizuka und den Lehrern. Kurz gesagt: es war

todlangweilig! Deshalb hatten Shin, Sara und ich heimlich unsere eigene

Feier auf die Beine gestellt. Damit wollten wir die anderen überraschen.

Sara hatte ich den ganzen Tag davon überzeugt, dass Shin gar kein so

schlechter Kerl war und wie es aussah, glaubte sie mir endlich.

Die Party der Lehrer war wirklich zum einschlafen. Wir standen alle in

irgendwelchen dämlichen Kostümen in der Gegend herum oder tanzten ein wenig

zu sogenannter 'Partymusik '. Als hätte ich es vorhergesehen, kamen die

Mädchen alle als Prinzessinnen oder Feen und die Jungs als Piraten oder

Superhelden. Als Sara kam, war ich vollkommen platt. Ich hatte ihr oft

gesagt, dass sie ein Engel wäre, aber dass sie als solcher hier auftauchen

würde...damit hatte selbst ich nicht gerechnet.

Sara strahlte übers ganze Gesicht, als sie auf mich zukam. Offensichtlich

amüsierte sie sich über meinen perplexen Gesichtsausdruck. "Na? Wie

gefällt dir mein Kostüm?" Ich musste grinsen. "Welches Kostüm?

Endlich erscheinst du mal in deiner wahren Gestalt." Sara wurde

schlagartig rot.

"Wo steckt denn Shin?" "Keine Ahnung! Unsere Primadonna

brauch wohl heute besonders lange für sein Make-up." "Das hab

ich alles gehört!!!" Sara und ich drehten uns schlagartig um. Da stand

Shin vor uns, aber wirklich erkennen, konnten wir ihn nicht. Er war als

Vampir verkleidet und das sah ziemlich echt aus. Besonders die Zähne.

"Wem willst denn du das Blut aussaugen? Doch nicht etwa unseren

heißgeliebten Lehrern?!" Er lachte und musterte mich genauer.

"Ne, die sind mir zu alt. Aber gegen einen frischen Geist hätte ich

nichts einzuwenden."

Er kam auf mich zu und tat so als wollte er mich in den Hals beißen. Eine

Gänsehaut lief mir über den Rücken. Lachend drückte ich ihn weg. "Tut

mir leid, aber Geister haben kein Blut und unser Engelchen ist

unantastbar!" "Schade! Dann stürz ich mich halt auf die

Prinzessinnen!" "Viel Spaß! Aber vergiss ihnen nicht zu sagen,

wann und wo die Party stattfindet!"

Mit einer Verbeugung schwirrte Shin ab. Sara musste furchtbar lachen, als

sie sah wie sich die Mädchen erschreckten, wenn Shin plötzlich vor ihnen

auftauchte. Miko schickte ihm tödliche Blicke nach, er hatte sie beim

Flirten mit Sanji gestört. Auch Sara und ich gingen nun auf Gästejagd. Wir

hatten eine Altersgrenze von 14 festgelegt. Die Kleinen hätten es ja noch

nicht mal bis zum Beginn der Party, um Mitternacht, geschafft wach zu

bleiben. Alle, die wir fragten, wollten kommen. Wir mussten sehr vorsichtig

sein, schließlich sollten die Erwachsenen uns nicht erwischen. Wie jeder

einzelne in die Turnhalle kam, war seine Sache. Dort sollte die

Halloween-Party stattfinden.

Frau Mizuka verschob gnädigerweise die Nachtruhe um eine halbe Stunde. Dann

mussten wir aber gehen. Ich biss mir auf die Lippe, um nicht loszulachen,

als Fräulein Tazeka allen sagte, wir sollten schön schlafen, damit uns keine

Dämonen holen.

"Die glaubt auch noch an den Weihnachtsmann." flüsterte Shin

neben mir. "Spiel einfach mit. Je schneller wir hier raus sind, desto

eher gehen die ins Bett und stören uns nicht."

Eilig und ohne Widerworte verschwanden alle in ihren Zimmern.

Mutproben und andere Geschichten

6. Mutproben und andere Geschichten

Ich starrte auf die Uhr. Warum wurde es nicht endlich Mitternacht??? Mein

Beutel stand fix und fertig im Schrank. Meine Cousine hatte es geschafft mir

eine Flasche Whisky mitzubringen. Das würde reichen! Ich glaubte nicht, dass

einer von uns in der Lage wäre das allein auszutrinken. Danke Rui! Sie war

die einzige, die mich hier besuchte. Der Rest meiner sogenannten Familie

hatte sich in den 3 Monaten, die ich schon hier war nicht einmal blicken

lassen. Und da sag mal einer Blut wäre dicker als Wasser! Meine Familie

musste da ja ziemlich dünnes Blut haben!!!

Endlich! Der Zeiger rückte weiter. Es war jetzt 10 Minuten vor 12. Ich hatte

Zeit eingerechnet um den Schäferhund des Hausmeisters zu bestechen und ein

wenig eher da zu sein als die anderen. Corri mochte mich sehr und außerdem

hatte ich einen großen Knochen dabei, den mir auch Rui mitgebracht hatte. Es

hing sogar noch ein bisschen Fleisch dran.

Leise öffnete ich die Tür und spähte auf den Gang. Niemand zu sehen. Also

dann mal los! An der Treppe musste ich sehr vorsichtig sein, die knarrte

nämlich furchtbar laut an manchen Stellen. Im Erdgeschoss angekommen,

schlich ich mich zur Küche. Dort hatten wir ein Fenster offen gelassen, als

Ausgang für unsere Partygäste. Es war ziemlich klein und zum ersten mal

freute ich mich nicht größer als 1.62 Meter zu sein.

Draußen im Hof lag Corri. Er freute sich mich zu sehen und wedelte mit dem

Schwanz. Was für ein toller Wachhund!!! Wenn er was zu fressen hatte, konnte

jeder, der wollte, ein- und ausgehen. "So mein Süßer, hier ist dein

Schmiergeld. Dafür lässt du die anderen in Ruhe, klar?" Ein freudiger

Blick als ich ihm den Knochen gab, war mir Antwort genug. Corri würde alle

passieren lassen.

Gespannt lugte ich um die Ecke. Man konnte nie sicher sein, ob der

Hausmeister nicht volltrunken irgendwo rumlag. Das kam doch ziemlich oft vor

und ich hatte nicht vor über diese Schnapsleiche zu stolpern. Plötzlich

legte mir jemand von hinten die Hand auf den Mund. Vor Schreck hätte ich

fast geschrieen! Doch zum Glück war es nur Shin. "Wenn du das noch mal

machst, bring ich dich um!!!" Shin deutete mir an ruhig zu sein. Leise

gingen wir zur Turnhalle und quetschten uns durch einen kleinen Türspalt.

"In 3 Minuten beginnt die Party. Wir müssen noch einiges vorbereiten.

Der Hausmeister wird uns nicht stören. Der liegt stockbesoffen am

Eingangstor." "Sehr gut! Hast du das Radio mit, Shin?"

"Klar!" Er grinste mich an. Ich wusste, was er fragen wollte.

"Ja, ich hab den Whisky mit! Hoffentlich hat morgen keiner einen

Kater..."

Shin sah zur Tür. Sara hatte es auch geschafft. "Ich hab alles dabei:

Chips, Cola, Kerzen und Popcorn." "Klasse! Dann müssen wir nur

noch auf die anderen warten!"

Es dauerte nicht lange und einer nach dem anderen betrat die Turnhalle.

Innerhalb von 5 Minuten waren wir vollzählig.

"Let the party start!" rief Shin und schaltete das Radio ein. Um

die Lehrer brauchten wir uns keine Gedanken zu machen. Die Turnhalle war

außerhalb der Sicht- und Hörweite des Hauptgebäudes. Uns würde niemand

bemerken.

Alle hatten Spaß. Unsere Musik war ja auch um Lichtjahre besser als die der

Lehrer. Whisky, Cola und Chips erledigten das übrige. Wir hatten wieder

unsere Kostüme an, schließlich war ja Halloween!

Nach circa einer Stunde kam Miko auf die bekloppte Idee Flaschendrehen zu

spielen. Sie hatte wahrscheinlich die Hoffnung Sanji dadurch etwas näher zu

kommen. Naja, warum nicht? Konnte ja ganz lustig werden.. Shin schien davon

nicht so begeistert. "Is' ja wie im Kindergarten..."

maulte er. Ich zog ihn einfach zu den anderen. Zum Drehen nahmen wir die

leere Whiskyflasche. Ja, die war leer und deshalb war auch die Stimmung echt

gut!

Dass es die Kerle nur darauf angelegt hatten einen Kuss von einem Mädchen zu

ergattern, wurde sehr schnell klar. "Der Nächste hat die Ehre mich zu

küssen!!!" lallte Tomo. Er hatte ein paar mal zu oft ins Glas

geschaut!!! Doch wen erwischte es? Shin! Der arme Kerl lief knallrot an und

murmelte nur "Muss das sein?" "Komm schon! Stell dich

nicht so an! Du hast doch sonst kein Problem damit." Sanji grinste ihn

voll an, doch Shin blickte sehr düster drein. Jetzt musste er wohl sein

Geheimnis preisgeben...

"Doch das hab ich... oder denkst du ich bin schwul?" Den anderen

klappte die Kinnlade runter. "B-bist du nicht???" "Nö, hab

ich doch nie behauptet, oder?" "Aber die Mizuka hat

doch..." "Was die Mizuka den ganzen Tag so redet, darf man nicht

immer ernst nehmen." Tomo schien seeeehr erleichtert. "Na dann

geht's ja!" Und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen.

Shins Ohren sahen aus als würden sie gleich Feuer fangen! Alle mussten

lachen. Sorata, unser 2-Meter-Riese schlug ihm schallend lachend auf die

Schulter, so dass Shins Kopf nach vorne sauste. "Mann, Kunde! Das

hättest du ja auch mal früher sagen können! Aber 'n bisschen lag's ja

auch an uns. Wir hätten dir einfach mal zuhören müssen, nich' wahr,

Leute?" Die anderen nickten ein wenig betreten. Shin versuchte zu

lachen und rieb sich die Schulter. Sorata hatte einen ziemlichen Schlag

drauf. Ich freute mich für ihn. Endlich hatten ihn die anderen akzeptiert.

"Okay, der Nächste bekommt von Tojokaze einen richtigen

Zungenkuss!!!" Sorata grinste und drehte die Flasche.

"He du Idiot!!! Würdest du mich mal bitte fragen, bevor du sowas

machst???" Ich spürte wie ich knallrot wurde. "Is' doch

nur ein Spiel." Ich wollte etwas erwidern, doch dann kam die Flasche

zum Stillstand. Der Auserwählte war.....Shin! Hatte der Junge einen Magneten

in der Hosentasche oder warum war der so oft dran??!!!

Verdammt! Ich nahm mir fest vor Sorata nachher umzubringen. Shin saß mir mit

hochrotem Kopf gegenüber.

"Na Los! Worauf wartet ihr denn?" 12 Augen starrten uns an.

'Okay, bringen wir's hinter uns! ' dachte ich nur.

Langsam beugte ich mich rüber. Ich hatte das unweigerliche Gefühl im

Erdboden versinken zu müssen. Shin kam mir ein Stück entgegen. Als unsere

Lippen sich berührten, hörte ich nur Sanji neben mir zischen "Nicht

vergessen: Zungenkuss!!" Dieses blöde Aas! Ich hatte keinen blassen

Schimmer, was ich tun sollte. Shins Vampirzähne stellten ein ziemliches

Problem dar. Irgendwie hatte ich 10 Sekunden lang einen völligen Blackout,

denn als ich die Augen wieder öffnete, saß mich wieder auf meinem Platz.

Alle um uns herum johlten und grinsten. Verflucht! Ich hatte soeben meinen

Vorsatz Nummer 1 gebrochen: Küsse niemals deine Kumpels! Shin starrte in das

Dunkel der Turnhalle. Ich würde ihm nie wieder in die Augen sehen können!

"Halloooo! Geht's jetzt weiter? Saku? Was ist los?" Sara

winkte mir mit der Hand vor den Augen herum. "Sag mal, träumst

du?" "Wie? Nene, bin wach...Okay, der Nächste sagt mir, warum er

hier im Heim ist." Etwas Besseres fiel mir im Moment nicht ein, aber

an den Blicken der anderen bemerkte ich, dass ich soeben ein ungeschriebenes

Gesetz gebrochen hatte: Frage niemals warum!

Es erwischte Miko. "Na gut!" Ich war ein wenig überrascht, dass

sie bereit war zu antworten. "Als ich 12 war, hab ich ziemlich oft

geklaut. Meine Eltern haben nichts mitgekriegt, bis ich erwischt wurde. Sie

waren echt sauer und irgend so ein Kindertherapeut hat ihnen gesagt, dass

ich in professionelle Behandlung gehören würde. Deshalb bin ich hier...Warum

seid ihr hier? Sanji?"

Sanji hob den Kopf. Er war überrascht, dass Miko ihn ansprach.

"Ich... äh...naja...Ich war als Kind hyperaktiv. Meine Mutter musste

sich um meine 5 Geschwister kümmern und hatte keine Zeit um sich besonders

um mich zu kümmern. So 'ne Tante von der Fürsorge hat ihr dann geraten, mich

hierher zu geben." "Das ist ja fast wie bei mir!" Yui

meldete sich zu Wort. "Ihr wisst doch, dass ich sehr viel rede und

darum bin ich hier. Zur Besserung, damit ich ruhiger werde. Ich ging meinen

Eltern wohl sehr auf die Nerven..."

Irgendwie fiel es ihnen leichter darüber zu reden als ich geglaubt hatte...

"Ratet mal, warum ich hier bin!" Sorata lachte laut. "Da

müsstet ihr doch leicht drauf kommen!" "Hast du jemanden taub

geschrieen?" Shin hielt sich die Ohren zu. Sorata hatte eine wirklich

laute Stimme! "Ne...Ich hab meinen Deutschlehrer verprügelt, weil er

meine Freundin blöd angemacht hat. Was denkt ihr, warum die Erwachsenen alle

so Schiss vor mir haben?! Ich hab jedem Lehrer Dresche angeboten, der sie

geärgert hat. Bloß leider fand sie das gar nicht gut...hat mich nämlich

verlassen. Da bin ich dann freiwillig hierher gekommen." Freiwillig?

Der Typ war wirklich nicht ganz dicht! "Tojokaze, warum hast du den

Kunden damals eigentlich verprügelt?" Ich schreckte hoch. Okay, nun

war ich fällig. Selbst schuld, ich hatte ja damit angefangen!

"Ryo war ein Kleindealer an meiner alten Schule. Ich hab ihm gesagt,

wenn er noch einmal meiner Freundin versucht so 'nen Scheiß

anzudrehen, würde ich ihn verpfeifen." "Aber deshalb hättest du

ihn doch nicht gleich zusammenschlagen müssen!" Sara sah mich

verständnislos an. Ich wuschelte ihr durch die Haare. "Ging nicht

anders...Er drohte damit dem Direx zu sagen, dass ich selber mal sowas

genommen hatte. Außerdem meinte er noch, dass es ihm scheißegal wäre, wenn

jemand an dem unreinen Zeug krepieren würde. Seine Drogen waren wirklich

gefährlich, er stellte sie nämlich selbst her. Als er das gesagt hatte, ist

es bei mir irgendwie durchgeknallt.....tja, erwischt wurde ich auch noch und

den Rest kennt ihr ja."

"Schwarzer Robin Hood für Schüler!" witzelte Tomo. "Ey,

Okumura! Warum bist du hier?" "Weil so ein blödes Aas von

Oberschüler und seine Freunde mich loswerden wollten, um die Schule schön

unter Kontrolle zu haben. Da hab ich gestört! Deshalb haben sie das Gerücht

in die Welt gesetzt, ich wäre schwul." "Das kann doch nicht

alles sein!!!" Sorata war voll fertig. Shin zuckte mit den Schultern.

"Wie du siehst, doch. Es war ein katholisches Jungeninternat. Da

reicht sowas aus. Meine Tante hätte mir sowieso nie geglaubt."

"Und deine Eltern?" Miko war jetzt auf einmal übelst freundlich

zu Shin. "Die sind seit 5 Jahren tot."

"So wie meine....die sind vor 12 Jahren gestorben..."

"Aber Tomo, da warst du doch noch ein Baby!!!" Yui sah ihn

erschrocken an. "Ja, na klar... Sie waren auf Geschäftsreise und das

Flugzeug ist abgestürzt. Ich war bei meinem Kindermädchen. Mein Onkel sollte

sich nach ihrem Tod um mich kümmern. Doch der kann mich nicht leiden. Wegen

mir war das Testament meines Vaters geändert worden und ich wurde als

Alleinerbe eingesetzt. Onkel Sanjoi hasste mich so sehr, dass er mich

hierher geschickt hat." Tomo war kurz davor zu heulen. Yui legte den

Arm um seine Schulter. "Wenn der so 'nen Aufriss macht, dann war

dein Vater doch bestimmt nicht arm." Mann, Sorata!! Der Kunde hatte

das Taktgefühl eines Walrosses! Doch trotzdem musste Tomo lächeln.

"Hast du schon mal was von CAO ELECTRONICS gehört?"

"Waaaas? Du bist der Erbe von Cao??? Ich dachte, dass mit deinem Namen

wäre nur Zufall!!!" Sorata stand kurz vor einem Herzinfarkt.

"Ja, der bin ich. Aber bis ich 18 bin, verwaltet Onkel Sanjoi das Geld

und die Firma. Wenn ich volljährig bin, ist er fällig!" "Richtig

so, Tomo! Bei Geld hört die Verwandtschaft auf!" Ich weiß, es ist ein

blöder Spruch, aber irgendwie passte er doch.

"So Sara-chan! Du bist die Letzte. Erzähl mal!" Miko stupste sie

an. "Sara? Schläfst du schon?" Der kleine Engel schüttelte den

Kopf. "Nein, ich schlafe nicht. Bei mir gibt es nicht viel zu

erzählen. Meine Mutter wollte mich nicht. Großmutter hatte ihr verboten

abzutreiben oder mich zur Adoption freizugeben, aber als Omi vor 2 Jahren

starb, hat sie mich einfach ins Heim gesteckt. Die Leute hier fragen ja nie

nach einem Grund..." "Wieso hasst dich deine Mutter so,

Sara-chan?" "Papa hat sie verlassen, als er erfahren hat, dass

sie schwanger war. Er war die Liebe ihres Lebens. Das hat sie mir immer

vorgehalten....sie hat mich wirklich gehasst...Hier! Das ist das Einzige,

was ich von ihr habe." Sie zog den Ärmel ihres Kleides hoch, so dass

man eine längliche Brandwunde erkennen konnte. "Da hat sie mal mit

einem Bügeleisen nach mir geworfen."

Betretenes Schweigen breitete sich in der Runde aus...

Mitwisser

7.Mitwisser

Ich weiß nicht mehr wie lange wir dort noch saßen. Ich hatte Sara in den Arm

genommen. Alle trösteten sich gegenseitig. Ich hasste mich dafür, dass ich

damit angefangen hatte... Jeder hatte seine Leichen im Keller. Manche

konnten was dafür, andere nicht. Die Turmuhr schlug 4. Saßen wir wirklich

schon 3 Stunden hier? Ich merkte, wie Sara sich gegen mich lehnte. Sie war

eingeschlafen. Der arme kleine Engel...Wie konnte man so ein liebenswertes

Wesen nur hassen? Es war mir ein Rätsel.

Yui gähnte. "Es ist besser, wenn wir jetzt gehen, sonst kommen wir ja

morgen früh gar nicht mehr aus dem Bett. Zum Glück ist heute Sonntag."

Sanji erhob sich torkelnd. Der Whisky steckte ihm ziemlich in den Beinen.

Auch die anderen machten sich daran zu gehen. Shin sammelte die Reste ein,

während ich Sara zum Haus trug. Ich wollte sie nicht wecken und außerdem

wollte ich nicht mit Shin allein sein...
 

Ich hatte keine Ahnung wie ich es geschafft hatte Sara durch das Fenster und

dann noch die Treppen rauf zu tragen... Nun lag ich neben meinem Bett und

hatte Kopfschmerzen. Nein, nicht von dem Alkohol, sondern weil ich im Schlaf

aus dem Bett gefallen war. Und zwar mit dem Kopf zuerst!

Mich aufrappelnd und mir den Kopf haltend, suchte ich die Uhr. Schock!!! Es

war bereits um 9! Normalerweise war 8.30 Uhr immer Frühstück. Wenn ich

wenigstens noch ein Brötchen haben wollte, musste ich mich beeilen! Warum,

zum Geier, hatte mich niemand geweckt??? In Rekordzeit zog ich meine Sachen

an und sprintete aus dem Zimmer. Auf dem Flur rauschte ich mit jemanden

zusammen, so dass wir beide umfielen. Autsch! Schon wieder auf die selbe

Stelle! "Gomen, Sakura-chan!" Ich blickte auf und sah in zwei

olivgrüne Augen. Mist! Warum musste der erste Mensch, dem ich nach dieser

Nacht begegnete ausgerechnet Shin sein?

"Geht schon! Ich hab einfach nicht aufgepasst." 'Schau ihm ja

nicht in die Augen! ' Ich spürte wie ich rot wurde. Die Erinnerungen kamen

langsam wieder...wir hatten uns geküsst. Mir fiel wieder ein, dass ich

Sorata heute erwürgen wollte. Schließlich hatte er das alles angezettelt!

Er half mir auf und wir gingen schweigend hinunter zum Speiseraum. Ich

getraute mir einen kleinen Seitenblick - Shin war genauso rot wie ich.

Vielleicht sollte ich... "Shin? Machst du dir etwa Gedanken wegen

letzter Nacht?" An dem erschrockenen Gesichtsausdruck erkannte ich,

dass auch er darüber nachdachte. "Da hast du wirklich keinen Grund zu!

Es war doch nur ein Spiel, nichts weiter!" Ich versuchte stark zu

lächeln. Irgendwie gelang es mir auch. Er nickte. Alles wieder in Ordnung!

Ich atmete tief durch.
 

Im Speiseraum angekommen, mussten wir uns das Lachen gehörig verkneifen. Da

saßen Tomo, Sorata und Yui und neben ihnen stand Frau Mizuka und schaute

wütend immer wieder auf die Uhr. Die 3 schienen eher tot als lebendig zu

sein. Bei jedem lauten Geräusch zuckten sie mit schmerzverzerrten Gesichtern

zusammen. "Jaja, so ein Kater ist was Schönes!" flüsterte Shin

neben mir. Von Sara, Sanji und Miko war noch nichts zu sehen. Die anderen

Kinder spielten an den Tischen und veranstalteten, zu Tomos, Soratas und

Yuis Leid, einen unglaublichen Lärm. Plötzlich bemerkte uns die Mizuka. Mit

wütendem Blick kam sie auf uns zu gerauscht.

"Was in Gottes Namen habt ihr gestern Nacht gemacht? Los, sagt schon!

Eure Freunde kann ich schlecht fragen, die bringen keinen Ton raus!!!"

"Wir? Wir haben doch nichts angestellt! Oder fällt dir was ein,

Shin?" "Nö! Also ich hab ganz friedlich geschlafen. Aber

vielleicht haben die anderen die Limonade von gestern nicht vertragen. Die

haben Sakura und ich nicht getrunken, weil die so komisch roch."

"Genau! Ich glaub, die war nicht mehr gut." "Ich krieg

noch raus, wo ihr heute Nacht wart!" "Aber Frau Mizuka! Wir

würden doch nie nach 18 Uhr das Gelände verlassen." Mit diesen Worten

ließen wir sie stehen und gingen frühstücken.
 

Um 11 erschienen dann auch die anderen 3 auf dem Hof. Da saßen wir 8 nun

zusammen und einige hielten sich immer noch den Kopf. "Soll die Mizuka

doch denken, was sie will! Ich sag ihr nichts." Sanji hatte schlechte

Laune, weil die Mizuka versucht hatte ihn auszuquetschen.

"Leute, das von heute Nacht sollte unter uns bleiben. Die Lehrer und

die Kleinen müssen ja nicht alles wissen." Ein einstimmiges Nicken war

die Antwort. Ein stilles Versprechen die Geheimnisse der anderen nicht

weiterzuerzählen. Wir waren alle angetrunken gewesen und jeder hatte mehr

gesagt als er je vorhatte zu sagen.

Mein Blick fiel auf Sara. Der kleine Engel brauchte keine Angst haben.

Solange sie hier war, würde ihr nichts passieren. Dafür würde ich sorgen!

Jetzt verstand ich, warum sie so abweisend gewesen war, als Morida

ausposaunt hatte, weswegen ich im Heim war.

Plötzlich lächelte sie mich an. Wir verstanden uns schon...sie brauchte

keine Angst vor mir zu haben, denn ich wäre der letzte Mensch auf Erden, der

ihr wehtun würde!

Voll verwirrt

8.Voll verwirrt

Viele Wochen waren seit unserem Versprechen nun vergangen und Weihnachten

rückte immer näher. Draußen war es furchtbar kalt, was Herrn Hiko nicht

davon abhielt uns Ausdauerlauf im Freien veranstalten zu lassen. "Sind

wir hier bei der Armee?" murmelte Sorata neben mir. Auch Shin hatte

schlechte Laune. "Ich hab jetzt schon 'ne Erkältung. Zu Weihnachten

wird das wohl eine ausgewachsene Lungenentzündung werden!" "Na

dann, frohe Weihnachten!" Ich erntete ein bitterböses Lächeln.

"Vielen Dank, Sakura-chan!!!" "He, Tojokaze, Okumura! Hört

auf zu quatschen! 3 Runden extra für euch!!" Was??? Noch 3 Runden?!

Sorata blieb plötzlich stehen. "Der Okumura ist total erkältet und die

anderen sind auch voll fertig." "Okay, dann hört halt auf und

geht rein." Die anderen waren schwer beeindruckt. Sorata konnte bei

den Lehrern immer seinen Willen durchdrücken. Sie wussten alle, was Sorata

mit seinem Deutschlehrer gemacht hatte. Jeder hatte Respekt vor dem Riesen.

Es war gut ihn als Freund zu haben!

"D-danke Kumpel!" Tomos schwarze Haare waren mit Schneeflocken

verziert und er zitterte stark. "Schon in Ordnung, Kleiner! Ich kann

doch nicht zulassen, dass ihr beim Rennen noch anfriert!" Sein Lachen

schallte durch die ganze Turnhalle.

Seit Halloween war unsere Klasse zu einem eingespielten Team geworden. Kein

Lehrer hatte eine Chance gegen uns. Frau Mizuka hatte die Hoffnung

aufgegeben je zu erfahren, wo wir in der Nacht gewesen waren und was wir

getan hatten. Keiner hatte auch nur einen Ton verlauten lassen. Wir 8 gegen

den Rest der Welt, oder zumindest gegen die Mizuka und die Lehrer.

Doch auch wir redeten nie mehr über diese Nacht. Mir wurde immer noch

mulmig, wenn ich daran dachte, dass ich wirklich Shin geküsst hatte. Er

schien das vollkommen vergessen zu haben. War vielleicht auch besser so...

"Ey, Sakura! Seit wann bist du ein Junge? Verschweigst du uns

etwas?" "He?" Sanji stand grinsend hinter mir und tippte

an das Schild, das an der Tür angebracht war. 'Jungen ' stand dort in großen

schwarzen Buchstaben. Augenblicklich lief ich rot an. Verflucht!!! Ich war

so in Gedanken versunken gewesen, dass ich Shin einfach nur

hinterhergelaufen war. Fluchtartig verschwand ich im Umkleideraum der

Mädchen nebenan. Mann, war das peinlich gewesen!!! Der Typ würde das

bestimmt zum Mittagessen erzählen. Sanji konnte solche Stories nämlich

unmöglich für sich behalten! Das konnte ja heiter werden!
 

Genau wie ich erwartet hatte! Wunderbar! Da saß ich nun: vor mir ein Teller

mit Bohneneintopf, der irgendwie.... naja... lebendig aussah und neben mir

Sanji, der meine kleine Verirrung zum Besten gab. Die anderen amüsierten

sich übelst! "Sakura-chan, da hast du uns aber einen wichtigen Fakt

verheimlicht!" Wütend funkelte ich Shin an. "Du müsstest es doch

mitkriegen ob du ein Mädchen oder einen Jungen küsst, nicht wahr?"

Shin wurde augenblicklich rot. Aha, er hatte es also doch nicht vergessen...

"Ich garantiere euch, dass Saku ein Mädchen ist." Sara lächelte.

Natürlich konnten das die anderen Mädchen auch bestätigen. "Schade

eigentlich...." "HÄ???? Spinnst du Sorata???" "Ich

meine ja nur... dann könntest du mir ein paar Sachen über die Mädels

erzählen...Aber so rückst du bestimmt nicht mit der Sprache raus,

oder?" Ich lehnte mich ein wenig über den Tisch zu Sorata hinüber und

sah ihm fest in die Augen. ".....Vergiss es! Da kannst du lange warten

bis ich dir was erzähle."

" Tja...einen Versuch war's wert." Er grinste mich frech

an. "Vielleicht hast du ja heute Abend beim Sterne-Gucken ein bisschen

Glück bei einem Mädchen." "Klar! Super Idee!!!" Sorata und

auch Sanji und Tomo waren total begeistert. Man musste auch wohl wirklich

blind sein, wenn man nicht merkte, dass sich Tomo in Yui verguckt hatte und

Sanji dauernd Miko anhimmelte. Unser Großer war heimlich in die kleine Sara

verliebt, doch die nahm überhaupt keine Notiz von ihm. Heute Abend würde er

bei unserer Sonder-Astro-Stunde wohl seine Chance nutzen wollen.
 

Der Abend nahte! Die Mädels warfen sich übelst in Schale. Das würde keine

Astro Stunde werden, sondern ein einziges großes Date für junge Verliebte!!!

Da würde ich wohl am Ende ziemlich einsam in der Gegend rumsitzen und mir

womöglich Fräulein Tazekas Geschichten über die Sterne anhören bis ich

einschlafen würde. Tolle Aussichten!
 

Auf der großen Wiese lag der Schnee dick und weiß und mittendrin standen 4

Bänke, die der Hausmeister hingestellt hatte. Eine Bank war noch komplett

frei. Diesen Platz ergatterte ich mir. Es war 5 Minuten vor um 8, als Shin

antrottete und sich genau neben mich setzte! Warum konnte der sich nicht

hinter zu Sorata verziehen? Mit Shin auf einer Bank zu sitzen und die Sterne

anzuschauen, gefiel mir nicht wirklich. Ein seltsames Gefühl machte sich in

meinem Bauch breit. Kurz darauf erschien dann auch Sara. Sie setzte sich auf

den letzten freien Platz neben Sorata. Ich musste lächeln. Na klar! Shin

wusste natürlich auch, dass der Riese unseren kleinen Engel geradezu

verehrte. Deshalb hatte er sich wohl hierher gesetzt. Mir wurde etwas

wohler...

Fräulein Tazeka erzählte eine Sage nach der anderen... Nur Shin und ich

versuchten ihr zuzuhören. Die anderen waren mit sich beschäftigt. Sorata

versuchte fast verzweifelt ein Gespräch mit Sara anzufangen, doch die Kleine

schaute sich einfach nur die Sterne an und sagte so gut wie nichts.

Plötzlich legte Shin seinen Arm um meine Schultern und zog mich ein Stück an

sich. "W-Was soll das denn werden???" Ich spürte, wie ich

knallrot wurde. "Ich wärme dich ein bisschen." "Dummkopf!

Du bist doch selber schon ganz abgefroren! Außerdem bin ich nicht gerade

scharf darauf deinen Schnupfen zu bekommen." Shin blickte ziemlich

verlegen drein. Erwischt! Trotzdem zog er seinen Arm nicht zurück und das

seltsame Gefühl in meinem Bauch verstärkte sich... Konnte die Tazeka sich

nicht endlich mal ausquatschen??!!!

Noch eine dreiviertel Stunde saßen wir so da bis unsere Lehrerin ihre

mythologischen Ausführungen endlich beendet hatte. Sofort sprang ich auf.

Meine Knie protestierten, doch ich wollte einfach nur weg! "Oyasumi

nasai!" rief Shin hinter mir her. "Dir auch!" rief ich

ohne mich umzudrehen. Einfach nur weg!

Kaltes Wasser rann durch meine Finger. Ich kühlte mein gerötetes Gesicht und

lehnte die Stirn an den verdreckten Spiegel. Warum war ich so nervös? Hatte

ich mich doch verliebt? Nicht doch...

Die Tür ging plötzlich auf und ich schrak etwas zusammen. Sara stand in der

Tür, ihre Zahnbüste und ihren Kamm in der Hand. "Na? Wie fandest du

den Abend?" Mein Herz hämmerte immer noch ziemlich stark.

"Mmmmh...es ging so..." "Ich dachte, du hättest dich gut

mit Sorata unterhalten?!" "Wie? Ach...nein...ich weiß doch gar

nicht, über was ich mich mit ihm unterhalten soll.." Der kleine Engel

schaute etwas bedrückt drein. "Ist was mit dir, Sara? Du scheinst mir

irgendwie so...traurig." "...Saku? Darf ich dich mal was

fragen?" Was war denn jetzt los...? "Na klar! Immer doch!"

"...Magst du....Shin...sehr..?" Ich hatte das Gefühl mein Herz

würde stehen bleiben. "Äh, klar. Wir sind doch Kumpels." Ein

Lächeln zauberte sich auf das hübsche Gesicht. "Ach so..." Eine

Frage drängte sich mir auf. "Wie sehr magst du ihn denn?" Sara

errötete heftig. "...sehr...glaube ich..." Ich hakte noch mal

nach. "Bist du etwa verliebt?" Ich grinste sie an, obwohl mir

irgendwie nicht wirklich zum Lachen zu Mute war. Ein schüchternes Kopfnicken

war die Antwort. "Warum sagst du es ihm nicht?" "Ich

dachte, ihr wäret...nun ja...zusammen." "Kleines

Dummerchen!" Sanft wuschelte ich ihr durch das blonde Haar. "Sag

es ihm doch. Was kann schon schief gehen." Ich ging zur Tür und

öffnete sie. "Aber wie???" "Dir wird schon was

einfallen!...Hör einfach auf dein Herz." Schnell verließ ich das Bad.

Zum zweiten Mal an diesem Abend war ich einfach abgehauen...
 

Ich lag auf meinem Bett, den Blick starr an die Decke gerichtet. Ich hatte

es nicht wahrhaben wollen, doch es ließ sich nicht leugnen. Ich hatte mich

in Shin Okumura, den schlanken Jungen mit dem weichen weißblondem Haar und

den olivgrünen Augen verliebt. Seine Stimme, sein Lachen, das alles ging mir

schon seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf... Warum hatte ich mir das nicht

eingestehen wollen? Ich kannte die Antwort ganz genau: Angst! Ich hatte

einfach Angst vor diesem Gedanken. Es war für mich unvorstellbar. Shin war

mein bester Freund. Wir vertrauten uns blind, hatten Geheimnisse

ausgetauscht... Dieser Gedanke versetzte mich in Panik. Die Angst abgewiesen

zu werden, war einfach zu groß. Ich wollte unsere Freundschaft nicht wegen

eines dummen Gefühls aufs Spiel setzen. Aber das war ja jetzt sowieso

egal... Sara würde ihm morgen bestimmt gestehen, dass sie in ihn verliebt

war. Eigentlich passten die beiden auch viel besser zusammen. Wer sollte

schon etwas von mir wollen? Ich sah doch selber fast aus wie ein Junge und

benahm mich auch so. Nur meine spärliche Oberweite zeigte, dass ich ein

Mädchen war.

Wider meinen Willen sammelten sich Tränen in meinen Augen. Verdammt! Ich

wollte nicht weinen. Nicht wegen meiner eigenen Blödheit. Es war ja eh zu

spät... Doch ich konnte mich nicht dagegen wehren. Reue stieg in mir auf -

Reue, weil ich versucht hatte meine Gefühle zu unterdrücken und nun lag ich

hier...es war mir nicht gelungen...

Ich war doch wirklich blöd. Das Schlimme war nur, dass es das erste Mal war.

Ich hatte mich das erste Mal in meinem Leben wirklich verliebt und dann so

was...

Es Shin trotzdem zu sagen, war ausgeschlossen. Das konnte ich ihm, Sara und

mir nicht antun. Sara. Ich hatte mir geschworen, ihr nie wehzutun. Ich

wollte mein Versprechen nicht brechen. Außerdem hatte ich ihr doch

eigentlich wirklich die Wahrheit gesagt. Wir waren nur Kumpels. Der Gedanke,

dass Shin in mich verliebt sein könnte, erschien mir fast absurd.

Doch warum tat es dann trotzdem so weh...?

Zu allem Überfluss war nächste Woche Weihnachen...

Ich hasste mich irgendwie....

Ich war ja so doof....

Das Weinen hatte mich müde gemacht. Mit tränenverschmierten Gesicht schlief

ich endlich ein...

Der Zeiger der Wanduhr rückte auf 2 Uhr nachts.

Die Dummheit und die Strafe

9.Die Dummheit und die Strafe

Das monotone Piepen meines Weckers riss mich unsanft aus dem Schlaf. Mein Kopf fühlte sich an, als wollte er zerspringen. Grummelnd und ohne hinzusehen, tastete ich nach dem Störenfried. Mit einem lauten Scheppern fiel das Vieh zu Boden und ging nun endgültig zu Bruch. Wenigsten hält es jetzt die Klappe.... dachte ich mir noch im Halbschlaf. 4 Stunden Schlaf waren einfach zu wenig...

Mein Atem kondensierte in der eiskalten Luft des kleinen Raumes. Dieser dämliche Säufer kriegte es noch nicht einmal auf die Reihe eine Heizung so zu reparieren, dass sie wenigstens eine Woche hielt!!! Schnell schlüpfte ich in meine Jeans und zog mir noch einen dicken Wollpullover über. Die Kälte der letzten Nacht hing mir immer noch in den Knochen. Na toll! Ich hätte mit jedem wetten können, dass ich mir eine schöne Erkältung eingefangen hatte! Das hob meine Laune ungemein!!
 

Im Speiseraum war es angenehm warm. Kein Wunder! Dort stand ja auch ein großer Ofen und keine Heizung, die unser lieber Hausmeister schrotten konnte. Dieses riesige Monster würde ihn vielleicht sogar überleben...

Ich schnappte mir ein Brötchen und eine Tasse heißen Kaffee und verzog mich in die Nähe des Ofens. Von dieser Ecke aus hatte ich fast den ganzen Speiseraum im Blickfeld und konnte die müden Kinder beobachten, die widerwillig hereintrotteten.

Ich hatte gerade meine Tasse angesetzt, als Shin den Raum betrat. Normalerweise frühstückten wir immer zusammen, aber heute war mir wirklich nicht danach... Mir fiel das von gestern ein. Ob Sara wohl schon mit ihm geredet hatte? Plötzlich sah ich sie. Schüchtern sprach sie ihn an, in der Hand einen kleinen Brief. Verdutzt nahm Shin den Brief an. Dann rannte Sara weg und Shin machte sich auf den Weg zum Ofen. Was sollte ich nur machen??? Wenn ich jetzt abhauen würde, würde er gleich merken, dass etwas nicht stimmte. Also entschied ich mich, sitzen zu bleiben und so zu tun, als wäre nichts. Doch da war was...mein Herz raste wie verrückt!

"Ohayo gozaimasu, Sakura-chan!" Der Junge war immer so verdammt höflich, dass es einen manchmal fast zum ausrasten bringen konnte!!! "'N Morgen..." murmelte ich, ohne von meiner Tasse aufzusehen. Das hier fiel mir doch schwerer, als ich gedacht hatte. "Was'n das?" fragte ich ihn und deutete auf den Brief. Sofort errötete er. "Das....äh...ach, nur so ein Brief..." "Von wem denn?" Wenn ich schon hier sitzen blieb, dann wollte ich wenigstens wissen, was Sara geschrieben hatte. "Von Sara." "Ein kleiner Liebesbrief???" Ich grinste ihn an, doch eigentlich fiel es mir nicht leicht... "Ich... ich weiß nicht.." "Dann öffne ihn doch und schau nach!" Shin zögerte erst ein wenig, doch dann öffnete er ihn doch. Sorgfältig las er sich durch die sauber geschriebenen Zeilen. "Und?" "Ich muss weg!" Mit diesen Worten stand er auf und verließ schnell den Saal.

Ein wenig bedrückt sah ich ihm nach. Ich zweifelte kaum daran, dass Shin Sara mochte, vielleicht sogar in sie verliebt war. Seufzend wand ich mich wieder meiner Tasse zu. Ich sollte nicht so egoistisch sein... Schließlich waren die beiden meine Freunde und dem kleinen Engel konnte ich ja nicht vorwerfen, dass ich zu feige war. Mit einem großen Schluck heißen Kaffee versuchte ich diese Gedanken wegzuspülen, doch ich verbrannte mir nur die Zunge.
 

Erste Stunde Musikunterricht bei Frau Manabe. Diese Furie morgens zu ertragen, war wirklich nicht gerade einfach... Ich hielt nach Shin und Sara Ausschau. Die beiden fehlten immer noch und dabei würde der Unterricht in 2 Minuten anfangen. Außerdem rastete die Manabe immer total aus, wenn einer auch nur eine Sekunde zu spät kam!!! Ich konnte nur hoffen, dass sie es noch schafften.

Pünktlich mit dem Stundenklingeln betraten beide den Raum. Sara lächelte mich an. Also doch! Shin blickte nur etwas verlegen drein, als die Kleine schüchtern seine Hand berührte. Ein starker Seufzer entrang sich meiner Brust. Ich sollte mich eigentlich für die beiden freuen...aber... ich war ein wenig eifersüchtig auf Sara. Sie hatte das getan, was ich mich nicht getraut hatte. Sofort hätte ich mich für meine Gedanken ohrfeigen können. Nein, der kleine Engel und Shin gaben ein wirklich hübsches Bild ab... In sowas sollte ich mich echt nicht einmischen....Die beiden waren wirklich ein süßes Paar.
 

In der Pause konnte ich es mir trotzdem nicht verkneifen, Sara anzusprechen.

"Und, Engelchen, was hat Shin gesagt?" Ich lächelte sie an. 45 Minuten lang hatte ich auf mich selbst eingeredet und mir gesagt, dass es so besser wäre. Aus Shin und mir würde eh nie etwas werden. So hatte ich mir wenigstens eine große Enttäuschung erspart...

Sara war auf meine Frage hin knallrot geworden und senkte verlegen den Blick. "Er...hat gesagt, dass er sich zwar nicht 100%ig sicher ist, doch dass er es trotzdem mit uns probieren will..." "He, klingt doch super! Na, was hab ich dir gesagt?!" Sara nickte leicht. Was war denn nur los? Eigentlich sollte sie die Personifizierung des puren Glücks sein und nicht wie ein kleiner Trauerkloß in der Gegend rumstehen. Ich fand das irgendwie unmöglich. Deshalb sagte ich auch nichts, sondern verzog mich mit meinem Pausenbrot auf den Hof in meine Lieblingsecke.
 

Ich bin ja so bescheuert!!! Um meinen Frust loszuwerden, schwartete ich einen alten Fußball immer wieder gegen die marode Mauer, so dass der Putz abbröckelte. Mein ganzer Körper schien zu dampfen, aber trotzdem hörte ich nicht auf, bis...

"Willst du dir ein Loch in die Freiheit schießen?" Schlagartig drehte ich mich um und sah Shin, der grinsend an einem Baum gelehnt dastand und mich, wer weiß wie lang schon, ansah. "Hast du nichts besseres zu tun als arme Leute zu erschrecken? Warum bist du nicht bei Sara?" Volltreffer! Irgendwie hatte ich da einen empfindlichen Nerv getroffen, denn Shins Grinsen verschwand augenblicklich und er sah mich düster an. "Wieso sollte ich?" "Hä?...Ich dachte...ihr seid doch...zusammen...oder?" Der Typ brachte mich total aus der Fassung. Wenn das nicht stimmte, was Sara mir erzählt hatte, was war das dann heute Morgen gewesen? Und überhaupt...warum sollte Sara lügen?

"...Jaaaa...." Kam es schließlich ziemlich gedrückt von ihm. "Das stimmt schon, aber..." "Aber?" "Weißt du...ich mag sie...und als sie mir diesen Brief gegeben hat, konnte ich sie ja nicht einfach so abblitzen lassen...und wer weiß, vielleicht wird das doch noch was Richtiges zwischen uns..."

Ooookay! Das war erst mal ziemlich viel für mich. Was sollte ich jetzt tun? Einerseits mochte ich Sara echt gern und ich würde ihr wünschen, dass sie glücklich würde, doch andererseits....war Shin nicht nur mein bester Freund ...ich hatte mich auch in ihn verliebt. Aber würde es jetzt nicht ziemlich fies sein, wenn ich die beiden nun auseinanderbringen würde? Ganz gleich ob sie nun wirklich zusammen gehören, oder nicht?

In meinem Kopf begann sich langsam alles zu drehen.

"Sakura-chan? Geht's dir nicht gut? Du siehst so blass aus." "Äh... wie?...Nein, nein...mir geht's gut...aber ich finde du solltest dir ziemlich schnell klar darüber werden, was du für Sara empfindest. Wenn das nämlich nicht mehr als nur Freundschaft ist, solltest du sie nicht im Glauben lassen, dass du in sie verliebt bist. Das tut ihr nur mehr weh als wenn du ihr ehrlich sagst, was los ist!" Ohne es zu merken, fuchtelte ich mit den Händen in der Gegend rum und versuchte Shin klar zu machen, was ich ihm sagen wollte....Was, zum Teufel, tat ich da überhaupt???! Ich gab dem Jungen, in den ich verliebt war, Beziehungstipps???

Shin war jedenfalls ziemlich geplättet von meinem Vortrag und es schien eine Weile zu dauern bis er es verdaut hatte. Dann sah er mich verlegen an. "Du hast ja recht..." ECHT? "...ich war wohl einfach nur zu feige Sara die Wahrheit zu sagen..." "Also seid ihr doch nur Freunde?" Shin nickte leicht. "Ich glaube, ich geh das mal lieber aufklären bevor es noch schlimmer wird..." meinte er kleinlaut und wandte sich zum Gehen. "Arigatou, Sakura-chan. Ich bin froh jemanden wie dich zum Freund zu haben." Er lächelte mich noch kurz an und trottete dann zurück zum Schulhaus.

Ich stand noch einen Moment stumm an meinem Platz bis ich ausholte und den Ball mit voller Wucht gegen die Hausmauer trat. SCHEIßE!!!

Der Ball prallte an der Wand ab und kam direkt auf mich zugeschossen. Viel zu spät riss ich die Arme hoch um mein Gesicht zu schützen und so traf mich dieses blöde Teil mitten im Gesicht. Ziemlich benommen, mit blutender Nase und laut fluchend ging ich zu Boden.

Im Schnee blieb ich erst mal liegen und starrte in den Himmel. Er war strahlend blau, doch trotzdem war der heutige Tag als einer der schwärzesten Tage meines Lebens vermerkt worden. Meine beste Freundin würde in ein paar Minuten erfahren, dass sie sich umsonst Hoffnungen gemacht hatte, vielleicht müsste sie es auch ihren Freundinnen erklären, falls sie ihnen schon über ihre Beziehung zu Shin erzählt hatte. Mein bester Freund würde sich furchtbar blamieren, was seinem Gewissen nicht unbedingt half. Und ich lag auf dem Boden, Blut lief über mein Gesicht und fraß sich in den Stoff meines Mantels und ich war immer noch wahnsinnig unglücklich...

Wie schlimm konnte dieser Tag eigentlich noch werden???
 

Die Antwort bekam ich, als ich, nach einem kurzen Besuch im Krankenzimmer, den Kunstraum betrat.

Shin war nicht da, Sara saß auf ihrem Platz und sah aus als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen und um sie herum standen Yui und Miko und lästerten scheinbar in den höchsten Tönen über Shin ab.

Hätte ich eine Münze bei mir gehabt, hätte ich die Entscheidung, ob ich sofort mit Sara reden sollte, davon abhängig machen können, doch meine Taschen waren leider leer. Aber ich brauchte mir keine weiteren Gedanken darüber zu machen, denn in diesem Augenblick betrat Frau Tazeka, unsere allseits beliebte Astro- und Kunstlehrerin, betrat den Raum. Shin hatte sie nicht dabei wie ich ihrem genervten Gesichtsausdruck entnehmen konnte. Wenn der Typ sich in eine Ecke verkrochen hatte, wo er allein sein wollte, konnte ihn niemand finden!

Den ganzen Unterricht über versuchte ich mit Sara zu reden, doch alle Versuche scheiterten an Tazekas Adleraugen. Ihr Gekeife über Ruhe im Unterricht konnte ich irgendwann nicht mehr hören, also gab ich auf...
 

Fast 2 Stunden waren nun seit meinem Gespräch mit Shin vergangen und er war immer noch nicht wieder aufgetaucht. Mein kleiner Engel blockte auch alle meine Versuche mit ihr zu reden ab, aber jetzt hatte wir große Pause und ich hatte 25 Minuten Zeit rauszubekommen, was passiert war.

Endlich ergab sich eine Chance sie ohne die beiden Tratschweiber anzutreffen.

"He, Sara-chan, wie geht's denn so?" "Ich weiß, was du willst, Saku, aber ich will nicht darüber reden!" "Aha, verstehe..." "Gar nichts verstehst du!" fauchte sie mich an. "He, he mal ganz langsam! Du brauchst mich doch nich' gleich so anzufahren. Ich will doch gar nix böses. Ich dachte nur, ich könnt dir vielleicht helfen. ...weißt du...Shin war heute Morgen bei mir und hat mir alles erklärt, aber wie mir scheint, seid ihr nicht bis zu dieser Erklärung gekommen, oder?" Sara schaute mich an als würde sie stark vermuten, dass ich sie nicht mehr alle hätte. "Was für eine Erklärung, bitteschön?" "Nun ja..." Ich pflanzte mich auf ihren Tisch und beugte mich ein wenig zu ihr herunter, damit nicht gleich jeder mithörte. "Shin mag dich wirklich und als du ihn gefragt hast ob er mit dir gehen möchte, wusste der Volldrops nicht, was er machen sollte. Er wollte dich nicht verletzen, also hat er ja gesagt." Tränen standen in Saras leuchtend blauen Augen und ich war mir gar nicht mehr so sicher ob sie meine Worte auch wirklich aufheitern würden... "Wenn das so ist "; begann sie leicht schluchzend. "warum hat er das dann gemacht? Warum hat er es mir nicht gleich gesagt anstatt mir falsche Hoffnungen zu machen? Jetzt hat er es wirklich geschafft mich zu verletzen..." Einige kleine Tränchen rollten über Saras Wange und ich war so hilflos wie nie zuvor. "Sara... Shin hat es im Grunde doch nur gut gemeint... Der Vorschlag dir reinen Wein einzuschenken kam von mir, weil... weil ich dir einfach die Enttäuschung ersparen wollte irgendwann herauszufinden, dass er dich nicht so liebt wie du ihn..."

Eigentlich hatte ich gedacht, dass Sara spätestens in diesem Moment auf mich sauer sein würde, doch statt dessen sah sie nur zu mir auf und lächelte unter Tränen. "Du bist lieb, Saku...... Vielleicht sollte ich einfach noch mal mit Shin reden." "Wenn du ihn findest..." "Irgendwann wird er schon wieder auftauchen.", sagte sie lächelnd und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

Dann stand sie auf, nahm ihre Tasche und ging aus dem Zimmer in Richtung Speisesaal.

Ich blieb noch einen Moment lang stehen und sah ihr nach.

Ich bin nicht lieb, Sara....du bist es.

Du und Shin.

Weihnachtszeit, schöne Zeit...

10.Weihnachtszeit, schöne Zeit...
 

Am späten Nachmittag tauchte die Mizuka mit Shin im Gepäck auf. Wo der Typ sich versteckt hatte, wusste niemand. Vielleicht hatte er auch versucht abzuhauen. Das hätte zumindest den biestigen Ausdruck auf Tazekas Gesicht erklärt, als sie ihn zur Heimleiterin schleifte.
 

Zum Abendessen erschien Shin dann jedoch nicht und erst nachdem ich die Hälfte meiner "Mitinsassen" gefragt hatte, sagte man mir im Flüsterton, dass Shin im Karzer sei. Im ersten Moment dachte ich, ich hätte mich verhört, doch man erklärte mir, dass hier, im wunderbaren ,Kirschblütenwald', es noch durchaus üblich sei Kinder bei groben Fehlverhalten für einige Zeit in den Karzer zu stecken.
 

Ziemlich sauer darüber in welchem Mittelalterknast ich hier gelandet war, suchte ich Sara und bat sie mir den Weg zum Karzer zu zeigen. Zu erst wollte sie nicht, doch dann sagte ich ihr, dass Shin dort sei und so ließ sie sich breitschlagen und führte mich hinab in den Keller.
 


 


 

Hier unten, in diesem dunklen, muffigen, gruftartigen Keller hatte man wirklich fast das Gefühl in einer Festung zu sein. Nur die widerlich orangen Neonröhren, die ständig irgendwelche surrenden Geräusche von sich gaben, störten Atmosphäre entschieden!
 

Als wir einem langen Gang bis zum Ende gefolgt waren, standen wir plötzlich vor einer arg lädierten Metalltür.
 

"Ist es das?", fragte ich Sara. Warum ich flüsterte, wusste ich auch nicht so genau, schließlich war hier weit und breit niemand zu sehen. Sara nickte und klopfte an die Tür. Jedes Klopfzeichen dröhnte hier unten wie ein Tempelgong. "Shin? Bist du hier?", fragte sie mit lauter Stimme. Zunächst bekam ich keine Antwort, doch als ich schließlich erneut klopfte, hörte ich drinnen jemanden rufen. "Ja, verdammt! Was ist denn?" Das war eindeutig Shins Stimme! "He! Hier draußen stehen deine besten Freunde, also hör auf so rumzukeifen, du Zwerg!" Nun schrie ich fast, weil ich mir nicht sicher war, ob Shin mich durch diese massive Knasttür hörte. "Sakura-chan? Bist du das?" "Ne, du Depp! Hier ist der Weihnachtsmann mit seinem Christkind...was denkst du denn, wer hier is'?!" Sara lachte leise. "Wie geht es dir, Shin?", fragte sie schüchtern. "Sara!...Ähm...mir geht's...ganz gut..." Er hörte sich plötzlich ziemlich verlegen an. Vermutlich hatte er immer noch Schiss, dass der kleine Engel sauer auf ihn wäre... "Ich glaub's dir glatt aufs Wort! Hier unten ist es ja auch wirklich gemütlich..." Irgendwie war ich ein bisschen stinkig. Aber das hatte auch seinen Grund! "Wie hast du's eigentlich geschafft, dass sie dich hier einknasten? Das hab ja noch nicht mal ich geschafft."
 

Von Drinnen hörte man Shin leicht lachen. "Ich hab mittlerweile über 50 unentschuldigte Fehlstunden. Dafür gibt es eine Ordnungsmaßnahme! Kurz gesagt: ich hab dieses äußerst schöne Zimmer mit fließend Wasser, Plumpsklo und mäßiger Verpflegung 3 Tage ganz für mich allein..." "WAAAAS?! In 3 Tagen ist Weihnachten!!! Und du sitzt hier in diesem Kinderknast rum. Das kann doch nicht dein Ernst sein!" "Ist ja auch nicht mein Ernst, sondern der unserer geliebten Heimleiterin."
 

Ich griff mir an den Kopf. Das war doch echt nicht zu glauben... In dem halben Jahr, was ich nun schon hier war, hatte ich zwar schon einige sehr seltsame Dinge hier erlebt, aber das war trotzdem echt krass!
 

"Und was machen wir jetzt?", fragte Sara schüchtern. "Da fragst du mich zuviel... Die Tür aufzubrechen hätte wohl recht wenig Sinn. Ich glaube das Teil würde sogar die Zündung einer Atombombe überstehen...Vielleicht hat es das sogar schon mal..." Zum Test strich ich über die raue Oberfläche der Tür. Ich hatte mal so etwas mal an einem Stromverteilerhäuschen gesehen und wenn diese Tür hier genauso dick war, hatten wir noch nicht einmal mit einem Schweißbrenner eine Chance.
 

"Wir könnten vielleicht mit Frau Mizuka reden, dass sie Shin eher rauslässt." "Natürlich! Sie wird eurem Vorschlag mit Freuden zustimmen, mich rauslassen und sich bestimmt noch bei mir für die Unannehmlichkeiten entschuldigen.", meinte Shin in seiner Zelle sarkastisch. "Hast du vielleicht 'ne bessere Idee, du Intelligenzbestie?!", keifte ich zurück. Die darauffolgende Stille war mir Antwort genug. "Nun gut...einen Versuch ist es wert. Falls wir dir in etwa einer Stunde da drin Gesellschaft leisten, war die Mizuka von unserem Vorschlag nicht gerade...sagen wir begeistert." "Dann würde ich sagen, dass wir uns jetzt lieber mal auf den Weg zu Frau Mizuka machen. Um diese Uhrzeit müsste sie in ihrem Büro sein." Sara sah auf ihre Uhr. Mittlerweile war es dreiviertel 6 und in etwa einer Stunde würde es Abendbrot geben. Mitleidig überlegte ich mir, was Shin wohl heute Abend wohl zu Essen bekommen würde. "Also dann... wir müssen los...Wir sehen uns morgen, Shin. Besser gesagt, wir hören voneinander..." "Ist gut. Bis morgen." "Tschau." Shin klang ziemlich traurig und auch Sara und mir gefiel es überhaupt nicht den armen Kerl hier unten zu lassen.
 

Hoffentlich ließ sich die Mizuka überreden. Denn jemanden an Weihnachten einzusperren war wirklich gemein. Apropos Weihnachten...Mist! Morgen war Samstag und da musste ich unbedingt in die Stadt um Geschenke zu kaufen. Meine lieben Eltern hatten mir mein Taschengeld erst diese Woche durch Frau Mizuka überreichen lassen. Deshalb wäre es bisher lächerlich gewesen mit meinen jämmerlichen Ersparnissen einkaufen zu gehen.
 

Das musste ich morgen unbedingt noch erledigen, sonst war ich an Heiligabend total aufgeschmissen!
 


 


 

Sara und ich hatten Glück, denn Frau Mizuka war wirklich in ihrem Büro und außerdem schien sie ungewöhnlich gute Laune zu haben, die ich mir, nachdem ich gesehen hatte wie sie eine kleine Flasche Sherry in einer Schublade verschwinden ließ, mit reichlichem Alkoholkonsum erklärte. Nun gut, vielleicht wirkte sich dieser Zustand ja zu unseren Gunsten aus...hoffentlich!
 

Sara stand wie versteinert neben mir und schien kein Wort rauszukriegen, also übernahm ich das Himmelfahrtskommando.
 

"Ähm...Komban wa, Frau Mizuka-san.", begrüßte ich sie übermäßig höflich. "Wir wollten mit Ihnen über eine wichtige Sache sprechen." Ja, wenn es nötig war, konnte ich verdammt nett sein und so tun als wäre ich das wohlerzogenste Kind der Welt! "Ja, ja. Setzt euch doch.", sagte sie mit einem leichten Lallen in der Stimme. Wir taten artig wie uns geheißen. Nach einem kleinen Seitenblick zu Sara ergriff ich erneut das Wort. "Wir...sind wegen Shin hier." Das Lächeln in Mizukas Gesicht erlosch schlagartig. Bevor ich auch nur noch ein weiteres Wort sagen konnte, schrie sie schon los. "Dieser freche Bastard bleibt wo er ist! Keine Diskussion!!!" Oh Mann! Es forderte mir einiges ab der alten, faltigen Tante nicht die Meinung zu sagen. Shin? Ein Bastard? Frech??? Und was, bitteschön, stellte sie dann dar? Eine entlaufene Schauspielerein aus der Rocky Horror Show?! Ich zwang mich zu einer buddhistischen inneren Ruhe. "Frau Mizuka, Ihnen ist sicherlich aufgefallen, dass in 3 Tagen Weihnachten ist, das Fest der Liebe und der Vergebung. Ich weiß, Shin hat die unangenehme Angewohnheit immer mal wieder zu verschwinden, aber es ist nun mal Heiligabend. Bitte lassen Sie ihn wenigstens an diesem Tag raus. Es wäre geradezu unmenschlich-" "Er bleibt, wo er ist!" "Aber-" Jetzt mischte sich auch Sara ein. "RUHE! Ich bin hier die Heimleiterin und ich lasse mir von zwei kleinen Gören nicht vorschreiben wie ich mein Kinderheim zu führen habe! Ist das klar?!" Hatte sie eben wirklich Gören gesagt? Das war zuviel! Auf dieses Wort reagierte ich überaus allergisch und das sollte diese blöde Kuh jetzt auch lernen!!! Ohne es zu bemerken war ich aufgestanden und beugte mich nun weit über das veraltete Modell eines Büroschreibtisches zu Mizuka hinüber.
 

"Das nennen Sie ein Heim leiten??? Das hier ist doch 'ne totale Irrenanstalt! Wir leben im 21. Jahrhundert und hier werden Kinder für ihre Fehler immer noch eingesperrt. Was soll das bitteschön für ein tolles Heim sein, dass ohne nach den Hintergründen zu fragen Kinder aufnimmt, die vielleicht gar nichts getan haben? Was ist das für ein Saustall, wo Lehrer versuchen ihre Schüler zu schikanieren und der Hausmeister sich offensichtlich ein Saufduell mit unserer ach-so-tollen Heimleiterin liefert, die beide nur so vor Ignoranz und Inkompetenz strotzen?!" Mizukas Gesicht wurde mit jedem Satz, den ich sprach immer röter. Als ich meine Wutarie beendet hatte und erschöpft auf meinen Stuhl zurücksank, sah sie mich ganz ruhig an, öffnete ihren Schreibtisch und holte eine Akte - offensichtlich meine - heraus um etwas hineinzuschreiben. Nachdem sie das getan hatte, sah sie mich biestig an.
 

"Nun...", begann sie ungewöhnlich ruhig und kalt. "Ich werde nach diesem Vorfall nicht umhin kommen deine Eltern zu benachrichtigen." Ich schnaufte verächtlich. Meine Eltern würde das Ganze genauso brennend interessieren wie die neuesten Wasserstandmeldungen. "Herzlichen Glückwunsch!" "Hä?" "Du hast es geschafft. Da du ja augenscheinlich so viel Wert darauf legst Weihnachten mit Okumura zu feiern, darfst du das auch. Die nächsten 5 Tage darfst du es dir dort unten gemütlich machen. Dies nennt man eine pädagogische Erziehungsmaßnahme und eine solche ist im 21. Jahrhundert durchaus üblich." Sie zischte beim Sprechen derartig, dass ich das ungute Gefühl nicht los wurde vor einer hässlichen großen Kobra zu sitzen, die mich jeden Moment verschlingen könnte.
 

Langsam sickerte die Nachricht bis zu meinem Hirn durch. Ich hatte es nicht geschafft Shin aus dem Kittchen rauszuholen, nein, ich war nun selber auch mit drin. Fragend sah ich Sara an, die mit großen Augen neben mir saß. Ob es der Ablehnung oder Bewunderung war, die sich in ihren blauen Augen widerspiegelte wusste ich nicht genau. Ehe ich großartig darüber nachdenken konnte, stand die Mizuka plötzlich neben mir und zog mich am Arm hoch. Noch etwas verwirrt ließ ich mir zur Tür zerren. Sara folgte uns nachdem auch sie sich wieder gefangen hatte.
 

Wie ein Schwerverbrecher wurde ich über den Gang geführt. Sara wollte mir folgen, doch sie wurde von Mizuka barsch auf ihr Zimmer geschickt.
 

Viele neugierige Augenpaare verfolgten meine Abführung hinab in den Keller und einige folgten uns sogar heimlich ein kleines Stück um zu sehen wohin es ging.
 


 


 

Wohl noch geschockter als ich selbst war Shin, als ich von der Mizuka grob in die Zelle gestoßen wurde. Mit einem dumpfen Knall fiel die Tür, die wirklich so dick war wie ich befürchtete hatte, hinter mir ins Schloss.
 

Es war Shin, der die nervige Stille, die sich nun im Raum ausgebreitet hatte, unterbrach.
 

"Was hattest du vorhin noch gesagt? 'Falls wir dir in etwa einer Stunde da drin Gesellschaft leisten, war die Mizuka von unserem Vorschlag nicht gerade begeistert.' War es nicht sowas in der Art? Nun...und wo hast du dann Sara gelassen?", fragte er zynisch. "Das glaubst du doch wohl selbst nicht, dass unser kleiner Engel jemals etwas verbrechen würde für das man sie hier unten einkerkern würde!" Shin grinste. "Nö. Sowas schaffst echt nur du."
 

War da etwa ein leichter Hauch von Bewunderung in Shins Stimme? Ach Quatsch!
 

Ich sah mich in dem Zimmer um. Es war noch kleiner als mein Zimmer im ersten Stock, hatte keine Fenster, dafür aber ein Klo, ein total verdrecktes Waschbecken und zwei Doppelstockbetten.
 

Es war wirklich ein echter Knast.
 

Na dann...frohe Weihnachten!

Ein echt doofes Weihnachtsgeschenk

11.Ein echt doofes Weihnachtsgeschenk
 

War das nicht eine Ironie des Schicksals, dass ich Weihnachten ganz allein mit dem Jungen in den ich verliebt war verbringen sollte...? Sicher nicht! Ich hatte, ehrlich gesagt, im Moment überhaupt nicht die Nerven mir über so etwas Gedanken zu machen. Eher fragte ich mich, was man Großartiges in 5 Tagen hier unten anstellen konnte. Angesichts der puristischen Einrichtung hatten wir nicht wirklich viele Möglichkeiten.
 

Aus lauter langer Weile dekorierten Shin und ich mithilfe der überflüssigen Bettlagen, Kissen und Decken den kahlen Raum zu einer sehr bequemen Höhle um. Dann putzten wir, um uns nicht wer weiß was für Krankheiten einzufangen das Waschbecken und das Klo. Jaaaa...das war echt eklig, doch was tut man nicht alles um sich die Zeit zu vertreiben...
 

Pünktlich halb 7 hörten wir wie sich der Schlüssel im Schloss umdrehte und die Tür aufging. Zum Glück war es nicht die Mizuka, sondern Fräulein Tazeka. Sie reichte jedem von uns eine dampfende Schüssel - Mhhh, lecker. Schon wieder Eintopf...ärks! - und bedachte Shin noch mit einem nahezu hasserfülltem Blick. Sie konnte ihn nicht leiden - wer von den Lehrern konnte das schon - weil er in ihren Stunden besonders oft gefehlt hatte, doch ich hatte bei ihr einen riesigen Stein im Brett. Deshalb nahm ich mich zusammen und fragte sie: "Ähm...könnten Sie mir vielleicht bitte meinen Block, Farbe und Pinsel aus meinem Zimmer holen?" Yo, Strike! Mit so einer Frage kriegte man jede Kunstlehrerin rum. Unsicher sah sie mich an. "Ich weiß nicht ob das geht...Frau Mizuka hat bestimmt etwas dagegen." Jetzt setzte ich das äußerste Mittel ein: den Hundeblick! "Och, biiiiitteeee! Ich würde so gern zeichnen..." "Also gut..." Shin verkniff sich geradeso noch das Grinsen. "Aber räumt mir diesen Saustall wieder auf, verstanden?" "Verstanden!", riefen wir beide im Chor. Mit einem Lächeln schloss Fräulein Tazeka die Tür hinter sich.
 

Shin und ich schnappen uns unsere Schüsseln und pflaumten uns auf die Kissen.
 

"Damit eins klar ist: Du räumst das hier wieder auf!", meinte Shin nachdem er einen Löffel Eintopf runtergewürgt hatte. "Aufräumen?", fragte ich ihn entsetzt, "Wer wird denn hier diese gemütliche Atmosphäre wieder zerstören wollen?" "Na, du wolltest doch unbedingt deine Farbe haben." "Jepp! Findest du nicht auch, dass das Zimmer mal wieder einen Anstrich nötig hätte?" Shins Blick war eine Mischung von Überraschung und Begeisterung. "Sie werden uns hier drin schmoren lassen bis wir alt und grau sind..." "Ach, Quatsch! Sie werden die Malerrechnung an meine Eltern und deine Tante schicken, nix sonst. Wenn ich hier raus komme, werden sie wohl nicht auf die Idee kommen mich hier noch einmal einzuknasten und deine Tante hat dann auch einen schönen Weihnachtsgruß von dir. Was meinst du?" Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht. "Oooookay! Das ist es mir wert und wenn ich Silvester, Neujahr und Ostern mit dir hier verbringen muss!" "Das ist die Antwort, die ich hören wollte!"
 

Unsere Euphorie wurde von dem erneuten Auftreten Tazekas leider unterbrochen...
 

"Aber, dass ihr mir jetzt auch wirklich aufräumt!", sagte sie noch, nachdem wir ihr unsere leeren Schüsseln - ja, ja...der Hunger treibt's 'nein - gegeben hatten. Shin schwor beim Grab seiner Tante das Zimmer tiptop aufzuräumen! Glücklicherweise wusste Fräulein Tazeka nicht, dass Shins Tante sich einer unmenschlich guten Gesundheit erfreute...
 

RUMMS! Tür zu, Affe tot. Damit waren wir wohl den letzten Besuch für diesen Abend los...
 

"Also....entweder wir fangen jetzt noch an oder wir erledigen das morgen im Laufe des Tages.", schlug ich Shin vor, während ich überprüfte ob die Tazeka mir auch alles mitgebracht hatte. "Warum?" "Na, es wäre doch schade, wenn wir mitten in der Arbeit unterbrochen werden würden. Oder glaubst du echt, dass sie uns die Farbe dalassen, wenn sie gesehen haben, was wir damit anstellen?" Ich wartete nicht erst auf eine Antwort, sondern sprach gleich weiter. "Morgen früh um 7 wird hier wohl wieder einer auf der Matte stehen um uns Frühstück zu bringen. Bis dahin sollte das Zimmer entweder komplett in Ordnung oder das komplette Chaos sein. Also, was is' nun?" Shin blickte auf seine Uhr und kratzte sich am Kopf. "Jetzt ist es kurz vor dreiviertel 9...Um 10 wird im ganzen Haus das Licht abgeschalten, also auch hier unten......Ich denke wir sollten morgen anfangen. Zwischen Mittagessen und Abendbrot liegen 6½ Stunden. Da haben wir genügend Zeit und keine nervigen Lehrer, die ständig hier vorbeischauen. Was meinst du, Sakura-chan?" "Wie du meinst. ...Und was machen wir jetzt...?" Unsere tolle rebellische Stimmung war schon wider verflogen. Shin warf einen erneuten Blick auf seine Uhr als hoffte er, dass die Zeit schneller vergehen würde. "...keine Ahnung..." Argh! Schon wieder dieses dämliche Schweigen! Entnervt ließ ich mich nach hinten in die Decken fallen. Shin murmelte irgendwas und... lag plötzlich neben mir! OH MEIN GOTT!!! Hatte ich irgendwas verpasst oder was ging hier vor??!!! Verzweifelt rang ich nach Konzentration um meine stark ausgeprägte Nervosität unter Kontrolle zu kriegen. "Ich will dich ja nicht stören, aber...Was zum Geier machst du da???" "Schlafen." HÄ? Ich sah ihn total verwirt an. So eine trockene Antwort hätte ich von Shin, Mister Höflichkeit und Anstand in Person, nicht wirklich erwartet. Dementsprechend doof schien ich in diesem Moment auch dreinzuschaun, denn Shin brach in einen unglaublichen Lach krampf aus. "Wahnsinn! Was hast du jetzt nur gedacht, hm?", brachte er schließlich heraus. "Na, wenn du hier so ne plumpe Anmache startest!!!", keifte ich. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, lehnte sich Shin so weit zu mir herüber, dass er fast auf mir lag! Mein Gesicht verfärbte sich dunkelrot. "Aber so wie du aussiehst, scheint dir meine Nähe nicht ganz unangenehm zu sein, oder?"
 

Das war zu viel! "DU ARSCH!!!" BAMM! Mit Schwung schmiss ich Shin eines der Kopfkissen ins Gesicht. Lachend ließ er sich fallen als ich mich auf ihn stürzte um ihn zu erwürgen. "Bist du total lebensmüde?!" Shin antwortete nicht, sondern schoss das Kissen einfach zurück. Das war der Start unserer unbeschreiblichen Kissenschlacht, die leider Punkt 10 endete, als das Licht ausgeschalten wurde. Aufgeräumt hatten wir natürlich nicht. Statt dessen lagen wir fix und alle in einem riesigen Berg aus Kissen, Decken und Laken. "Puh! Na, das war doch ein netter Zeitvertreib. Was meinst du, Sakura-chan?" Schweigen. "Sakura-chan?" "Wenn du mich noch einmal so erschreckst, bist du ein toter Mann, klar?", sagte ich monoton. Shin hatte mich wirklich arg in Bedrängnis gebracht, als er mir so nahe gekommen war. Ich war kurz davor gewesen Regel Nummer 1 zu brechen und ihn einfach zu küssen. Küssen! Meinen besten Freund! "Tut mir leid..." Was denn? Irrte ich mich oder klang Shin wirklich betreten? Ich richtete mich etwas auf um ihn anzusehen, doch das war vergebens. Da es hier unten kein Fenster gab, war es stockdunkel. Irgendwie tat er mir schon wieder leid. Vorsichtig tastete ich im Dunkeln nach seiner Hand und fand sie auch glücklicherweise. Er zuckte erschrocken zusammen. "Freunde?", fragte ich kleinlaut. Ich konnte fast spüren wie Shin lächelte. "Freunde." Ich lächelte erleichtert. "Na dann... Gute Nacht, Shin." "Gute Nacht, Sakura-chan. Träum süß."
 

Ich schloss meine Augen. Zufrieden schlief ich ein mit dem wohligen Gefühl, dass Shin und ich uns noch immer an den Händen hielten...

Home, sweet home

12.Home, sweet home
 

Boah ey....Punkt 7 stand die dämliche Tazeka schon wieder auf der Matte und laberte irgendwas von wegen aufräumen und Essenskürzungen. Mein armes halb schlafendes Hirn kapierte überhaupt nix.
 

Das laute Knallen der Tür ließ jedoch meine Sinne langsam aufwachen. Gähnend rollte ich mich auf den Rücken. ....Mhh...die Kissen waren aber verdammt unbequem. Wie hatte ich da nur schlafen können...?
 

Plötzlich gaben die "Kissen" Geräusche von sich. Uaaaah! Was war das???
 

In Rekordzeit rappelte ich mich auf und beobachtete argwöhnisch den Kissenberg, der sich bewegte!!!
 

Vorsichtig nahm ich ein Kissen zur Seite und....
 

"Sag mal, was machst du denn da???", fragte ich Shin etwas entnervt, der offensichtlich wegen Luftknappheit fast ohnmächtig geworden war.
 

"Eigentlich ging's mir ganz gut bis du alle Kissen auf mich geschmissen hast und dann noch versucht hast mich zu erdrücken.", meinte er sachlich monoton als würde er einen Vortrag über das Leben der afrikanischen Waldameise halten.
 

Trotzdem tat er mir etwas leid - war schließlich meine Schuld, dass er hier fast abgekratzt wäre - und deshalb buddelte ich ihn erst mal aus den Berg von Decken und Kissen aus.
 

"Gomen, war keine Absicht.", sagte ich als Shin endlich wieder an der Oberfläche war.
 

Versöhnlich lächelte ich ihn an.
 

"Ist ja schon gut, Sakura-chan. ...Was riecht denn hier so komisch?"
 

"Ach das? Die Tazeka war vorhin hier und hat Frühstück gebracht. Mal schau'n, was es so "Schönes" gibt..."
 

Nicht mal daran denkend aufzustehen, robbte ich vor zur Tür und warf einen Blick auf die Tablettes, die Fräulein Tazeka uns dagelassen hatte. Mir schlief fast das Gesicht ein, als ich sah was es war.
 

"Is' wenigstens Kaffe dabei?, fragte Shin hinter mir.
 

"..."
 

"Sakura-chan? Was ist denn?"
 

".......Haferschleim.......Kamillentee......"
 

"WAS??? Bitte sag mir, dass das ein Scherz ist!"
 

"Leider nein...Ich fürchte sie wollen unseren Widerstand brechen indem sie uns hier unten nur mit solchem Zeug füttern und wir dann langsam verhungern."
 

"Nee, dafür ist Haferschleim zu nahrhaft. Mist, ich hab Hunger. Zeig das Zeug doch mal her."
 

Wie befohlen reichte ich Shin sein Tablett. Er nahm den Löffel und stocherte prüfend in der grauen Pampe rum.
 

"Du willst das doch nicht etwa essen, oder?", fragte ich unsicher. "Davon wird dir sicher kotzübel."
 

Shin grinste mich breit an.
 

"Wär' doch auch 'ne Lösung um hier rauszukommen."
 

O je...jetzt drehte er wohl völlig durch. Der arme Junge war eindeutig schon zu lange hier unten.
 

"Du könntest davon auch sterben.", erklärte ich ihm sachlich, während er mit dem Löffel voll Haferschleim eklige Kleckerburgen baute.
 

"He, du kleines Kunstgenie-"
 

"Wenn du sterben willst, brauchst du mich nur noch mal so zu nennen, ja?"
 

"Jaa...Könnte man daraus irgendwas machen?"
 

Er zeigte auf die Pampe.
 

"Hm...wenn das Zeug trocknet, wird es bestimmt so hart wie Beton."
 

"Was meinst du? Würde sich das gut an der Wand machen?"
 

Ich grinste. Am frühen Morgen schien Shin wirklich die besten Ideen zu haben.
 

"Klar! Das hat irgendwie sowas Zeitloses...im Sinne von: das geht nie wieder runter."
 

"Dann sollten wir das doch schon mal für nach dem Mittagessen bereithalten."
 

"Okay. ...ähm....tu's doch mal in die Ecke da. Dort fällt's nicht so auf."
 

Gemeinsam klatschten wir den Haferschleim in die hinterste Ecke des Raumes.
 

Die Tazeka war regelrecht begeistert, dass wir alles "aufgegessen" hatten, - der Kamillentee hatte Bekanntschaft mit dem Ausguss gemacht - doch der Fakt, dass das Zimmer noch immer noch aussah als wäre der 4. Weltkrieg ausgebrochen brachte ihre Laune wieder auf den Nullpunkt.
 

"Was hab ich euch heute morgen gesagt?!"
 

Shin und ich sahen uns verwirrt an. Keiner von uns wusste, was die Frau wollte.
 

"Ich hatte gesagt, dass wenn ihr den Raum nicht wieder in einen Tiptop-Zustand versetzt, gibt es heute kein Mittagessen! Und da ihr meine Worte offensichtlich jetzt schon zum zweiten Mal ignoriert habt, werde ich in der Küche Bescheid sagen, dass wir heute 2 Portionen weniger brauchen!!!"
 

OH NEIN! Ich hatte Recht, sie wollten uns hier unten wirklich verhungern lassen! Für einen Bruchteil einer Sekunde spielte ich mit dem Gedanken dir Pampe in der hinteren Ecke zu essen. Das verwarf ich allerdings sofort wieder. Wenn ich hier unten schon krepieren sollte, dann wenigstens mit Anstand!
 

Die Tazeka hatte sich mal wieder geräuschvoll verabschiedet, also beschlossen Shin und ich unseren Dekorationsplan sofort zu beginnen, da wir zur Mittagszeit ja eh nicht gestört werden würden.
 

Bis jetzt hatte ich nicht gewusst wie gut Wasserfarbe an Betonwänden hielt. Außerdem brauchte man nur ganz wenig von dem Zeug und so konnte wir regelrechte Kunstwerke schaffen.
 

"Sag mal, bist du 'n bisschen depressiv oder hast du da drüben einfach keine freundlicheren Farben?", fragte ich Shin und begutachtete seine schwarz-rote Version des Kinderheims mit uns als unterdrückte Sklaven in schweren Ketten und den Lehrern als Zombies.
 

"Ich zeichne nur die Wirklichkeit.", meinte er daraufhin sarkastisch.
 

"Vielleicht ist das doch nix für dich...Widmen wir uns lieber mal der Wandverkleidung. Was macht der Haferschleim?"
 

"Der lebt noch...oder schon wieder? Naja, auf jeden Fall sieht's so aus."
 

"Prima."
 

Schnell malte ich mit einem großen Pinsel eine Zielscheibe auf die Tür.
 

"Zielschießen gefällig? Sport muss ein."
 

"Gute Idee, aber mit was schießen wir das Zeug? Ich fass das nicht an!"
 

Ups!...Die Löffel hatten wir ja blöderweise abgegeben...Na, dann halt anders.
 

"Dann nehmen wir einfach die Pinsel. Den Teilen kannst du eh nicht mehr viel tun.", sagte ich und sah auf die ausgefransten Borsten meines Pinsels, der so schlimm aussah, dass es der Tazeka sicher die Tränen in die Augen getrieben hätte.
 

Shin sah sich währenddessen argwöhnisch meine Zielscheibe an.
 

"Irgendwas fehlt da noch...ich hab's!"
 

Schnell krallte er sich etwas schwarze Farbe und zeichnete die Monsterversion der Mizuka in die Mitte - fein säuberlich mit Namen beschriftet.
 

"Perfekt!", grinste ich ihn an. "Na, dann kann's ja losgehen!"
 


 


 

Den Rest des Morgens waren wir mit Zielschießen beschäftigt und am Nachmittag schmierten wir noch den Rest der Farbe auf die Wände. Zwischenzeitlich schaute Shin mal nach dem Haferschleim an der Tür und stellte recht trocken fest, dass das Zeug härter war als der Pinsel, mit dem er auf den Klümpchen rumhakte. Für den Pinsel war dies nämlich der finale Todesstoß. Er zerbrach. Und ich kriegte einen 10-minütigen Lachkrampf.
 

Pünktlich 7 Minuten vor halb 7 konnten wir dann unser Meisterwerk begutachten. Wir waren zwar total ausgelaugt, von oben bis unten mit Farbe bekleckert und megamäßig hungrig, doch auch mindestens genauso stolz. Gespannt warteten wir auf das Eintreffen der Tazeka.
 

Die Frau enttäuschte uns nicht. Als sie eintrat erstarrte sie sofort und fing dann an zu schreien.
 

"AAAAAAAAAH! Was habt ihr nur-? AAAAAAAAAAAAAAAAH! FRAU MIZUKA!!! FRAU MIZUKAAAAA!!!!!"
 

Kreischend lief sie aus dem Raum, ließ dabei das Tablett mit den Schinkenbroten fallen und knallte die Tür zu.
 

"Über den Zimmerservice hier müsste man sich echt beschweren.", meinte Shin todernst und hob die Schnitten auf.
 

"Magst du auch?"
 

"Na klar!"
 

So ziemlich zufrieden mit uns und der Welt krachten wir uns in die, inzwischen sehr bunten Kissen und futterten erst mal. Kaum hatten wir jedoch unsere letzten Bissen getan, als auch schon Frau Mizuka in Begleitung sämtlicher Lehrer vor uns stand.
 

"Ihr....ihr...IHR...."
 

Die Frau war eindeutig nicht mehr in der Lage in Sätzen zu sprechen und ihr Gesicht....ja, so stelle ich mir den Teufel vor: blutrot, die Nasenflügel bebten, ihre Augen quollen hervor, die Haare hingen ihr wild ins Gesicht und ihre Falten schienen sich verdoppelt zu haben. Wir hingegen waren sehr gespannt darauf, was sie uns zu sagen hatte. Shin und ich waren uns einig, dass wir auf keinen Fall bereit wären das Chaos zu beseitigen. Sollten sie das doch selber machen!
 

"Ihr....", setzte sie erneut an. "Wie konntet ihr nur??? Das wird ein Nachspiel haben, das verspreche ich euch. Ich werde eure Erziehungsberechtigten informieren! Ihr gehört nicht in ein Heim-"
 

"Da bin ich allerdings auch ihrer Meinung.", sagte Shin grinsend.
 

"IHR GEHÖRT INS GEFÄNGNIS!!!"
 

"Na, so würde ich die Sache aber auch wieder nicht sehen.", gab ich noch meinen Senf dazu.
 

"Morgen früh seid ihr hier verschwunden!"
 

Mit einem fröhlich lautem Knall schlug die Tür zu und Shin und ich waren wieder allein.
 

"Ich glaube wir haben sie etwas zu sehr gereizt.", stellte Shin fest.
 

"Nun werden sie uns wohl rausschmeißen.", meinte ich.
 

"Schlag ein."
 

"Yo."
 

Noch circa 15 Stunden und 11 Minuten bis zur Freiheit.

Freiheit?

13.Freiheit?
 

An diesem Abend war in der kleinen Gruft nicht mehr viel los. Shin und ich hatten unsere ganze Kraft mit dem Ausschmücken des Raumes verbraucht und ließen wir und mäßig gesättigt, total verdreckt, aber glücklich in die Kissen fallen und schliefen ein.
 


 


 

Am nächsten Morgen war ich die Erste, die wach war. Ziemlich dösig schaute ich auf meine Uhr. 10 Minuten nach 6....Definitiv zu früh... Eigentlich wollte ich mich noch mal hinknallen und weiterpennen, doch mein übereifriges Hirn bombardierte mich schon mit den Erlebnissen des letzten Tages. Morgen war Weihnachten und wenn alles gut ging würde ich das nicht hier in diesem Kinderknast, sondern bei meinen Großeltern feiern. Ich fragte mich ob es wohl möglich wäre, dass ich ganz zu o-bāchan und o-jīchan ziehe. Meine Eltern hatten es sich mit mir im letzten halben Jahr echt verschissen. Kein Anruf. Kein Besuch. Kein Brief. Nichts. In meinem Magen brodelte es vor Wut. Mit diesen Leuten, die sich meine Erzeuger nannten, wollte ich in Zukunft nur noch so wenig wie möglich zu tun haben.
 

Ich drehte mich zur Seite. Was würde eigentlich aus Shin werden? Ich wusste nicht, ob er noch andere Verwandte außer seiner Tante hatte... Heute würden wir uns vermutlich trennen müssen. Es war glasklar, dass sie uns rausschmeißen würden und dann...Ich nahm mir fest vor meinen kleinen Engel hier so oft wie möglich zu besuchen. Und ihn? Verdammt! Schon wieder dieses Kribbeln, dabei war gestern noch alles in Ordnung gewesen... Liebe kann schrecklich sein, besonders, wenn man sie nicht mehr los wird.
 

Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich Shin die ganze Zeit lang angesehen hatte, doch plötzlich wurden meine Blicke von ein paar olivgrünen Augen verträumt erwidert.
 

"Ohayo gozaimasu, Sakura-chan. Gut geschlafen?", fragte er gähnend.
 

"Ohayo. Geht so. Und du?"
 

"Auch."
 

Er setzte sich auf und dehnte sich erst einmal ausgiebig. Dann suchte er nach seiner Uhr.
 

"Wie spät ist es denn.....?...Oh. Gleich um 7. Na dann gibt's ja gleich Frühstück."
 

Irgendwie war er noch nicht ganz auf der Höhe. Also ich hatte heute Nacht geschlafen, aber was, zum Teufel, hatte Shin getrieben? Seine Haare standen in alle möglichen Richtungen davon und seine Augenringe hatten Augenringe. Verschlafen kratze er sich am Kopf und sah sich um.
 

"Ach so....Wir sind ja immer noch hier...."
 

"Blitzmerker!"
 

Ein bisschen geistesabwesend lehnte er seinen Kopf an meine Schulter. Was ging denn jetzt ab? War ich hier sein persönliches Kopfkissen, oder was?! Ich versuchte mich zu beherrschen.
 

"Weißt du, Sakura-chan, dass heute der letzte Tag ist, an dem wir uns sehen können?", fragte er plötzlich.
 

"......"
 

Ich war zu erschrocken um etwas zu sagen. Wenn Shin diese Worte aussprach hatte das.....irgendwie etwas endgültiges. Es machte mich traurig.
 

"Einerseits freue ich mich schon nach 4 Jahren endlich hier raus zu kommen. Andererseits....."
 

"....wirst du die Leute hier doch vermissen, ganz egal wie verrückt sie manchmal sind....", beendete ich für ihn den Satz.
 

Schon komisch....Eigentlich hätten wir uns ein zweites Loch in den Arsch freuen sollen endlich hier wegzukommen und was machten wir??? Wir saßen hier und verbreiteten eine voll melancholische Endzeitstimmung...
 

"Ich glaube, ich werde nicht nur die Leute hier vermissen....", sagte Shin auf einmal.
 

Ich versuchte ihn anzusehen, was sehr schwer war, schließlich lag sein Kopf auf meiner Schulter.
 

"Wie meinst du das?"
 

"Naja.....ich meine....ich werde auch dich vermissen, Sakura-chan......."
 

Für den ersten Augenblick war ich zu gerührt um etwas zu sagen. Ich musste erst einmal tiiiiief durchatmen.
 

"Ich besuch dich auch gerne mal, wenn du jetzt schon solche Sehnsucht nach mir hast.", sagte ich schließlich grinsend.
 

Es sollte ironisch klingen, aber irgendwie ging das schief....denn ich hatte das Gefühl, dass auch Shin meine Worte ernst nahm. Endlich sah er mich an. Oh nein! Das war wohl doch keine so gute Idee...Grüne Augen......wunderschöne olivgrüne Augen sahen mich an und ich........war kurz davor aus den Socken zu kippen.
 

Shin lächelte freundlich.
 

"Das wäre schön...."
 

Uaaaah! Wie kam denn jetzt auf einmal seine Hand auf meine Wange???
 

"Sakura-chan...."
 

Tief durchatmen! Tiiiiiiief durchatmen!!! Ganz ruhig!
 

"....ich möchte dir etwas sagen....."
 

Er würde doch nicht....nein! Unmöglich!!! Er würde sicher nicht-
 

"........ich.....ich liebe dich....."
 

AAAAAAAAAH! Ein Traum! Es musste ein Traum sein. Sicher. Jeden Moment würde ich in meinem Bett aufwachen und...........Oh. Mein. Gott. Es war kein Traum! Shin, der Junge, in den ich nun schon fast ein halbes Jahr verliebt war, hatte soeben gesagt, dass er mich LIEBT!!! Mir war irgendwie danach wie bekloppt herumzuspringen...
 

"Sakura-chan?"
 

Shins nervös klingende Stimme holte mich abrupt in die Realität zurück.
 

Ja. Ja! JA! Was sollte ich denn gleich vor Aufregung machen? Ihn um den Hals fallen? Ihn küssen? Ne, das wär wohl dann doch zuviel. Ihm sagen, dass ich ihn auch liebe? Gute Idee!
 

"Ich-"
 

RUMMS! Die Tür flog auf. Shin und ich schraken zusammen. Die Mizuka in Begleitung von Morida platzten herein, Morida schnappte sich Shin, die Mizuka zog mich am Arm aus dem Raum. Die Treppen hinauf. Morida und Shin in das Sekretariat, Mizuka und ich in das Zimmer der Heimleiterin. Drinnen wartete der nächste Schock: meine Erzeuger (manchmal auch Eltern genannt)!
 

"Sakura-chan!"
 

Meine Mutter eilte auf mich zu, wollte mich in den Arm nehmen. Ich drückte sie weg. Es klang nicht mal halb so gut, wenn sie mich so nannte, als wenn Shin das tat. Shin....Ich hatte ihm nicht antworten können. Mist!
 

Mein Vater stand langsam von seinem Stuhl auf, bedachte mich mit einem Blick als wäre ich das Niedrigste, Ekelhafteste und Mieseste, was es auf der ganzen Welt gab. Kurz gesagt: Sie benahmen sich wie immer....
 

Mutter schob mich zum Tisch, verfrachtete mich auf einen Stuhl. Da saß ich nun: die Arme vor der Brust verschränkt, meinen Kleiner-Psycho-Blick aufgesetzt, stumm vor mich hinstarrend. Sollten sie doch über mein Leben entscheiden, so wie sie es immer taten. Meine Meinung brauchten sie dafür doch eh nicht!
 

"Sakura, sieh mich an.", forderte mein Vater.
 

Kreuzweise am Arsch lecken konnte der mich mal!
 

"Sakura!"
 

Kunstvoll überhörte ich den drohenden Unterton in seiner Stimme.
 

Er seufzte entnervt. Entnervt! Hatte der ne Ahnung wie es meinen Nerven ging?! Arschloch!
 

"Es tut uns sehr Leid, dass unsere Tochter Ihnen solche Unannehmlichkeiten bereitet hat, Frau Mizuka.", wandte er sich schließlich an die Mizuka.
 

"Wir hatten es wirklich nicht sehr leicht mit Sakura. Sie akzeptiert einfach keine Autoritätspersonen.", meinte die Mizuka in einem fast weinerlichen Ton.
 

Klar, weil dieser Haufen von Schwachköpfen keine "Autoritätspersonen" waren!
 

Erneut seufzte mein Vater.
 

"Der Keller....Wie viel wird die Renovierung kosten?"
 

"Nun ja....es muss vorgerichtet werden und wir brauchen neues Bettzeug. Alles in allem etwa 35000¥.", sagte sie als gäbe es nichts Schlimmeres für sie als meinen werten Eltern Geld aus der Tasche zu ziehen.
 

Schon wieder dieses Seufzen!!! Wenigstens sagte er nichts weiter, sondern zückte seine Brieftasche und bezahlte. Bar. Ohne mit der Wimper zu zucken. Warum sollte es ihm auch etwas ausmachen? Als Beamter verdiente er sich eh dumm und dusslig.
 

Die Mizuka nahm das Geld entgegen und verstaute es gleich in der Geldkassette in ihrem Schreibtischfach. Mir war jetzt schon klar, dass sie noch einmal genau die selbe überhöhte Summe von Shins Tante kassieren würde.
 

Dann wandte sie sich wieder schleimig lächelnd meinen Erzeugern zu.
 

"Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass wir Sakura nach diesem Vorfall nicht mehr hier behalten können."
 

Meine Mutter keuchte erschrocken auf. Tja, es passte ihr überhaupt nicht mich wieder zu Hause zu haben. Sicher. Hier spielte sie die fürsorgliche Mutter, doch zu Hause kümmerte sie sich einen Scheißdreck um mich und ich konnte mal wieder den Haushalt schmeißen! Für sie war ich offensichtlich nicht mehr als eine billige Putze. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich die beiden. Warum gab es mich eigentlich? Die hatten mich doch nie gewollt....Ihnen war immer ihre Karriere wichtiger gewesen als ich. Wenn ich sie so sah....... Verächtlich schnaubte ich.
 

"Können wir uns denn nicht.....einigen?", fragte mein Vater und zückte sein Portemonnaie erneut.
 

Prima! Das konnte er. Mit Geld ließ sich ja bekanntlich alles regeln!!!
 

"Ähm...."
 

Die Mizuka errötete widerlich mädchenhaft, doch in ihren Augen stand die pure Gier geschrieben.
 

"Wir wären bereit Ihnen monatlich....sagen wir 150000¥ zu überweisen."
 

150000¥??? Na toll! Um mich abschieben zu können, war ihm ja wohl echt jeder Preis recht!
 

"Ähm...nun.......ich denke, wir können es noch einmal mit Sakura versuchen."
 

"Das freut mich."
 

Die Mizuka reichte meinen werten Eltern die Hand.
 

Das reichte!
 

"Sagt mal, was bin ich eigentlich für euch? Ein Verhandlungsgegenstand? Eine Kriminelle, die man so weit wie möglich wegsperren muss?"
 

Ich war aufgesprungen. Die gesammelte Wut von fast 17 Lebensjahren kämpfte sich an die Oberfläche. Meine Erzeuger und die Mizuka sahen mich verblüfft an. Meine Mutter hauchte nur ein leises "Aber, Sakura-chan" aus.
 

"Nicht aber! Mir reicht's echt. Ich will mit euch nichts mehr zu tun haben! Los, verschwindet! Haut ab!"
 

"Sakura!", rief mein Vater empört meinen Namen.
 

"Was ist denn? Ihr habt euch doch noch nie um mich gekümmert, woher also jetzt auf einmal die Sorge um mein Leben? Hm? Habt ihr mir jemals zugehört? Habt ihr jemals gefragt, was mit Ryo passiert ist? Oder warum Shin und ich diesen Kinderknast bekritzelt haben?"
 

"Wer ist Shin?", fragte mein Vater, sich aufführend wie ein eifersüchtiger Pascha.
 

"Shin Okumaura. Er und ihre Tochter scheinen Freunde zu sein.", erklärte die Mizuka heuchlerisch.
 

"Das tut nichts zur Sache!", schrie ich.
 

"Ich möchte nicht, dass du dich mit einem Jungen triffst, Sakura."
 

"Du bist doch erst 16."
 

"HALTET EUCH DA RAUS! Es ist mein Leben und euch kann es ja wohl egal sein mit wem ich befreundet bin."
 

"Unter diesen Umständen können wir dich nicht hier lassen.", sagte mein Vater diktatorisch.
 

"Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Okumaura wird gerade von seiner Tante abgeholt."
 

"Sie fahren?", fragte ich heiser.
 

Plötzlich schien meine Stimme sich aufgelöst zu haben.
 

"Ja."
 

Die Mizuka warf einen Blick hinaus in den Hof.
 

"Es sieht so aus, als wären sie gleich fertig."
 

Ohne zu Überlegen stürmte ich zur Tür hinaus.
 

"SAKURA!!!"
 

Sollten sie doch schreien. Da unten war der Junge, den ich liebte und wenn er jetzt ging, würde ich ihn vielleicht nie wieder sehen.
 


 


 

Atemlos kam ich im Hof an. Ich musste mich erst durch die Menge der Kinder kämpfen, die den Wagen von Shins Tante umringten. Sara war auch da, aber ich hatte keine Zeit auf sie zu achten, denn gerade wurde Shins Koffer von unserem betrunkenen Hausmeister ins Auto geladen.
 

Endlich entdeckte ich Shin. Er stand unter dem verschneiten Ginkobaum. Da hatten wir uns zum ersten Mal getroffen...
 

"Shin!"
 

Überrascht sah er mich an, als ich auf ihn zurannte.
 

"Sakura-chan!"
 

Ja, es klang viel besser, wenn er mich so nannte. Erschöpft blieb ich vor ihm stehen, die Arme auf die Knie gestützt. Ich hatte das untrügliche Gefühl, dass sich meine Lungen gerade eben schmerzlich zersetzten.
 

"Shin? Wir müssen los. Bitte, steig ein.", hörte ich eine Stimme mit einem undefinierbaren Akzent rufen.
 

In den Augenwinkeln konnte ich eine ältere Dame mit europäischen Äußeren erkennen, die, gekleidet in einen teuren Pelzmantel, neben dem Auto stand und offensichtlich auf Shin wartete.
 

Shin sah verwirrt von ihr auf mich, wieder zurück.
 

"Bitte....warte....", keuchte ich.
 

Und wenn ich dabei draufgehen sollte, ich würde es ihm sagen!
 

Vorsichtig half er mir mich aufzurichten. Ich sah ihn an. Er wirkte traurig...
 

"Ich muss dir noch unbedingt etwas sagen." Ich grinste. "Meine Antwort von vorhin. Ich bin nicht mehr dazugekommen..."
 

"Shin!"
 

Die Tante wurde langsam ungeduldig.
 

Ich ließ mich nicht stören. Shin zum Glück auch nicht.
 

"Ich liebe dich auch."
 

Lautes Gejohle brach hinter uns los. Ach, richtig. Ich hatte die anderen ganz vergessen.
 

Shin wurde purpurrot. Seiner Tante blieb der Mund offen stehen. Hinter mir hörte ich Sara-chan vor Freude jauchzen.
 

Der arme Junge schien für den Augenblick total überfordert. Schließlich überwand er sich doch und umarmte mich. Das Gegröle wurde noch lauter.
 

Ich glaube, ich war noch nie in meinem ganzen Leben so glücklich. Es schien mir alles wie in so einem Schnulzenfilm, doch dieses Mal war es überhaupt nicht schmalzig. Nur schön...
 

Shins Tante hatte sich endlich wieder gefasst.
 

"Shin, wir müssen los.", sagte sie diesmal etwas freundlicher.
 

Offensichtlich war sie erleichtert, dass ihr Neffe nun bewiesenerweise doch nicht schwul war.
 

Oh....hätte dieser Augenblick doch nur ewig dauern können... Doch letztendlich löste Shin die Umarmung leider doch. Mit gerötetem Gesicht sah er mich an, wusste offensichtlich nicht ganz, was er tun sollte. Dann schien er es zu wissen. Oh ja! Und wie er das wusste! Es war zwar nur ein Kuss auf die Wange, aber immerhin vor versammelter Mannschaft!
 

"Am 5. Januar werd ich 18. Dann komm ich dich besuchen, ja?"
 

"Ja."
 

Meine Wange glühte. Aber es war angenehm.
 

Er umarmte mich noch einmal, dann ging er zum Auto und stieg ein. Ein Dauergrinsen überzog mein Gesicht, als ich ihm nachsah. Der Wagen rollte zum Tor hinaus und alle Kinder stürmten zu mir. Ich konnte nicht mehr genau ausmachen welcher dumme Spruch von wem kam. Es waren zu viele.
 

Der kleine Engel kämpfte sich durch und fiel mir um den Hals.
 

"Ich freue mich für dich.", flüsterte sie mir ins Ohr und diese Worte meinte sie auch 100%ig ernst.
 

Ich legte einen Arm um sie und schlenderte zurück zum Haus. An der Tür standen meine Eltern und die Mizuka. Ich grinste nur leicht und ging an ihnen vorbei. Es war das letzte Mal, das ich meine Erzeuger sah. Seit diesem Tag erledigten wir alle Formalitäten nur noch per Brief. Ich bin deshalb nicht traurig. Ehrlich gesagt, habe ich sie nie vermisst, denn man kann nicht vermissen, was man nie gekannt hat.

Epilog - Danach

Epilog - Danach
 

Donnerstag, 5. Mai 2005 12.37 Uhr - Zu spät!
 

Ich warte jetzt hier schon seit exakt 37 Minuten!!! Ich stehe hier in kurzen Hosen, Top und einem viel zu großem Sonnenhut an der Straße vor dem Heim und warte. Er hat gesagt, dass er um 12 Uhr da sein will und jetzt? Es ist echt unhöflich ein Mädchen warten zu lassen und dann noch an ihrem Geburtstag!
 

Ja! Heute werde ich endlich 18! Damit ziehe ich automatisch aus dem "Kirschblütenwald" aus. Meine werten Erzeuger bezahlen mir eine Wohnung in Osaka. Das ist ja auch echt das Mindeste! Nun gut, sie haben sich zwar bis jetzt nicht geweigert meine Rechnungen zu bezahlen, aber man weiß ja nie...
 

Uäääääh! Es ist sauheiß. Wo bleibt der Typ bloß? Natürlich meine ich Shin. Er hat mir versprochen mich nach der Uni abzuholen, aber....er ist so was von vergesslich! Ich befürchte, ich muss ihn noch mal anrufen... Ich fussel schon die ganze Zeit nervös an dem Anhänger rum, den er mir geschenkt hat. Kurz nach Weihnachten vor einem Jahr kam ein Päckchen für mich an. Darin war eine Weihnachtskarte von Shin und diese Kette. Silber mit einem olivgrünen Kristall als Anhänger.
 

Eigentlich bin ich ganz glücklich. Shin hatte mich vor gut einem Jahr wirklich an seinem Geburtstag besucht. Er hat mir da auch gleich erzählt, dass er bei seiner Tante schleunigst ausziehen will und in Osaka Mathematik und Informatik studieren will. Mein kleines Genie! Er hat mich so oft es ging besucht, ist das nicht süß?
 

Hier hat sich in dem einen Jahr ganz schön viel verändert. Sara ist noch hübscher geworden. (Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es noch eine Steigerung gibt, doch es ist wahr.) Sorata bringt deshalb in ihrer Anwesenheit keine ordentlichen Sätze mehr auf die Reihe...Der Arme! Hoffentlich schafft er es, ihr zu sagen, dass er sie liebt bevor sie 18 ist. Tomo bereitet sich darauf vor die Firma seines Vaters zu übernehmen. Er wird nächstes Jahr 18, doch er befürchtet, dass ihm sein Onkel Schwierigkeiten machen wird. Ich fürchte das auch, aber Shin hat gemeint, dass er an der Uni ein paar Juristen kennt, die ihm sicher einen guten Anwalt empfehlen können. Unser Hausmeister wurde entlassen. Endlich! Seitdem funktionieren alle Heizungen auf einmal wie durch ein Wunder perfekt. Der neue Hausmeister hat deshalb kaum etwas zu tun, außer....na ja....die "Liebesgruft", wie der Karzer jetzt immer genannt wird, musste bisher noch 3 Mal renoviert werden. Shin und ich sind mit unserer Aktion zu so etwas wie einer Legende geworden. Seitdem verunstaltet jedes Kind, dass in den Karzer kommt den Raum aufs Unkenntlichste. Die Mizuka wird es wohl aufgeben müssen, die Kinder dort einzusperren. Es hat ja eh keinen Sinn. Sie hat in letzter Zeit ganz schön viele graue Haare bekommen, die Gute. Geschieht ihr recht.
 

Auch ich hab mich etwas verändert. Meine Haare sind länger geworden und ich versuche mich nicht ganz so schlimm zu benehmen. Shin hat gesagt, ihm macht das nichts aus. Er mag mich so wie ich bin und dafür liebe ich ihn.
 

Ich werde auch studieren. Fremdsprachen. Ich muss unbedingt schwedisch lernen! Seit Shin an der Uni ist, hat er angefangen immer auf schwedisch irgendwas vor sich hinzumurmeln und ich versteh ihn einfach nicht! Er hatte mir zwar gesagt, dass seine Mutter Europäerin war, doch ich hatte gehofft, er meine damit Engländerin. Nö, sie war Schwedin und Shin kann schwedisch. Es ist furchtbar! Hoffentlich schaff ich das. Schließlich will ich meinen Schatz ja verstehen.
 

Übrigens, auch wenn's keinen interessiert: ich bin immer noch Jungfrau. Das hätte ich wohl mal nie gedacht, dass das so kommt. Shin ist total lieb, aber in so nem kleinen Zimmerchen wie meinem hier kommt halt echt keine Stimmung auf. Hoffentlich ist das in unserer neuen Wohnung besser. Natürlich ziehen Shin und ich zusammen. Ist doch klar. Er hat die Wohnung schon vor 3 Monaten ausgesucht. Blick auf den Park.....Hmmm...Jetzt, wo die Kirschbäume blühen. Herrlich!
 

Den kleinen Engel werd ich natürlich auch in Zukunft ganz oft besuchen. Das ist klar.
 

So. Das war eigentlich alles. Jetzt muss ich nur noch warten, dass Shin hier erscheint....hm......Ah! Da isser ja!
 

"Tut mir leid! Da war Stau und-"
 

"Ist ja schon gut. Gib Kuss!........Lass uns fahren, ja?"
 

"Okay...ähm....die sind für dich."
 

Rosen in allen möglichen Farben. Das ist echt lieb. Aber Shins Gesicht steht echt im Wettstreit mit den roten Rosen, wer das tiefere Rot hat. Wie knuffig!
 

"Danke, das ist echt lieb von dir."
 

"I-ich hab noch was anderes."
 

Er holt ein Päckchen aus seiner Tasche. In ziemlich zerknittertes Packpapier eingewickelt. Shin hat für so was echt keine Begabung...Was ist es denn? Ich bin neugierig. Gleich mal auspacken. Nein! Das kann nicht wahr sein! Ich krieg einen Lachkrampf.
 

"Das ist echt wunderbar."
 

Ein kleiner Kuss als Dankeschön. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was es ist: Pinsel und Farbe! Natürlich alles sehr hübsch. War sicher teuer. Soll ich das jetzt als Anreiz nehmen unsere Wohnung etwas "umzugestalten"? ....Lieber nicht....
 

Ich pack das Geschenk in meine Tasche. Jetzt geht's los. Weg aus dem Heim. Endlich.
 

Hatte ich schon erwähnt, dass Shin ein Motorrad hat? Er sieht toll darauf aus....
 

Zusammen fahren wir jetzt in unsere neue Wohnung. Ich fühle mich ein wenig wie eine Prinzessin, die von ihrem Prinzen auf dem weißen Pferd ins Schloss geführt wird..........nur nich so schmalzig.
 


 

Owari!!!
 


 


 

Ich habe fertig! Nach etwa 2 Jahren ist die Geschichte hiermit nun endgültig beendet. Es war meine erste Story überhaupt und neben "Living in nightmares" ist sie die Einzige, die ein Happy End hat. Ich hoffe der Schluss ist net allzu schmalzig geworden.
 

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ganz lieb dem Jess-Hasen bedanken, dafür, dass du mir immer fein reviewst und mir die Kapitel schickst. (immer noch kein Internet hab...)Danke an Stargazer_Seneti. Wo ai ni! Voll knuddelz an Mimiko. Danke auch an Dana-chan, dass du mir noch net den Kopf abgerissen hast, wenn ich mal wieder länger mit dem Briefbuch brauch. Thanks to P-chi, wir schaffen das Abi! Special thanks to Nine. Hab disch lieb! Grüße an den bairischen Auswandererhasen Lydia und an Corinna-chan von der Join Us. Danke, dass ihr meine Story abgedruckt habt. Du bist echt heiß, Co-chan! Viel Glück in der Liebe!
 

So, dat war's, glaub ich...
 

In memorial to Kisu. Rest in peace, little kitty.
 

Danke an alle, die so geduldig gewartet haben bis ich vergessliches Etwas mal wieder Kapitel geschrieben hab. Ich hab euch alle lieb, auch wenn ich nur die wenigsten von euch kenne.
 

das_Diddy - sächlich, sachlich, durchgeknallt ^^



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Kommentare zu dieser Fanfic (14)
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Von:  CptJH
2006-07-19T09:54:44+00:00 19.07.2006 11:54
Juhu.^^
*ganze FF gelesen hatz*
Boah...die ist voll geil!!^^
Dein SChreibstil gefällt mir total.
Er ist flüssig und gut zu lesen~
Und Rechtschreibfehler hab ich auch kaum welche gefunden...so ein oder zwei~
XDDDDDDDD
^:^
Aw~
Die Story und die Handlung gefällt mir~
^^
Von: abgemeldet
2005-04-11T17:33:07+00:00 11.04.2005 19:33
wirklich toll gemacht aber kann da nicht mal was funken? (sehr seeeehr merkwürdige schreibweise meinerseits ^^°)
bitte bitte bitte mal weiterschreiben, ja?
ich will unbedingt wisssen wie es mit Sakura und Dingsbums (ich blödel hab mal wieder den Namen vergessen -.-) passiert! Hoffentlich werden sie nicht allzu bald getrennt, ansonsten könnten sie sich ja nicht ihre liebe gestehen! *hoffnungsloses romantikerinnen lächeln*

Liebe und erwartungsvolle Grüße,
Nanashi.

PS: bitte schreib mir eine ENS, wenns weitergeht! *hibbel*
Von: abgemeldet
2005-03-03T16:11:16+00:00 03.03.2005 17:11
das war ja richtig herrlich das kapietel, konnte mir die szenen bildlich vorstellen und ein schmunzel war natürlich auch nicht zu verkneifen.
bin ja suuuuper gespannt, wo die beiden denn hinkommen und ob sie zusammenbleiben *gg*
hauptsache das nächste kapitel kommt schneller als das hier, dann wäre ich wunschlos gücklich ;)
also bis dann und nochmal ein riesen lob von mir,
näkemiin,
sunny
Von: abgemeldet
2005-03-01T16:04:14+00:00 01.03.2005 17:04
Huhu ^^
hab grad dein FF in einem durch gelesen und muss schon sagen, dass es mir seeehr gut gefällt ^^ (mal abgesehen von so ein paar seltsamen stellen aber alles in allen echt super gut)mir gefällt vor allem dein Schreibstil und dein Charaktäre die einfach nur zum knuffeln sind *alle klau und reihenweise mit ihnen abhau*...)schreib bitte bitte ganz schnell weiter ich will unbedingt wissen, wie es nach ihrer Aktion weiter geht
*winkz* yuma
Von:  Luma_
2005-02-24T17:20:24+00:00 24.02.2005 18:20
Na da kann man ja schon sehr gespannt sein, wie's weiter geht.
Hoffendlich gibt's bald wieder ein neues Kapi.^^
Bis dann!;)
Von: abgemeldet
2005-01-08T10:22:38+00:00 08.01.2005 11:22
endlich ist es da ^.~
das kapitel war echt sweet.
empfindet shin eigentlich genauso
für sie oder eher nicht ?!
na ja, dann bis zum nächsten
kapitel.
bb sunny
Von: abgemeldet
2004-12-06T17:11:47+00:00 06.12.2004 18:11
tolles kapitel ^^
kann meiner 'vorschreiberin' nur zustimmen, die charas sind echt sweet =)
mal sehen, was die beiden die nächsten tage ganz 'alleine' im kerker machen ^^ ....
freu mich schon aufs nächste kapi,
bb sunny
Von: abgemeldet
2004-11-27T15:16:40+00:00 27.11.2004 16:16
UI die Story ist wirklich super!!! Dein Schreibstil ist wirklich gut und die Charakter schließt man richtig ins Herz, naja bis auf die Lehrer, den würde man am liebsten den Hals umdrehen. XD
Bin wirklich gespannt wie es weiter geht und freu mich auf's nächste Kapitel!!!

Lieben Gruß
Reika^^
Von:  Sasi
2004-11-26T13:40:37+00:00 26.11.2004 14:40
bis jetzt ist die ff echr suuuuuper hoffe es geht bald weiter
Von: abgemeldet
2004-10-17T13:07:00+00:00 17.10.2004 15:07
so.. habe mir gerade deine gesamte geschichte durchgelesen und kann nur sagen, dass sie einfach SUPER ist !
du bringst die gefühle echt gut rüber und ich warte schon gespannt auf das nächste kapitel,
würde mich freuen, wenn du mir per ens bescheid geben könntest, wenn das nächste chapter on ist.
cu sunny


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