Zum Inhalt der Seite

Nichtschwimmer

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Wir waren unendlich

Sanft legte sich die Dunkelheit um die zwei Körper auf der großen Luftmatratze während sich das Mondlicht brach, in den Scheiben der Gläsernen Decke des Wintergartens des warmen Einfamilienhauses. Die Decke nur halb über sie Gezogen, Arme unter dem Kopf verschränkt lagen die Blicke beider Jungen auf der Sternenansammlung die sich wie ein Zelt über sie spannte. Sie lagen oft hier, immer wenn sie sich trafen schliefen sie im Wintergarten von Lukas Elternhaus. Lukas war Min-kis bester Freund. Der erste der auf ihn zu gekommen war, der sich mit Händen und Füßen mit dem Koreaner unterhalten hatte, als dieser noch kein Deutsch sprach. Lukas war ihm wichtig. Und niemals würde Min-ki jemandem von Heute erzählen. Dem letzten Abend an dem sie hier im Wintergarten hatten liegen können, von den Tränen die Lukas geweint hatte.
 

Lukas Eltern ließen sich scheiden.
 

Scheidung.

Ein Satz den der Schüler nicht gänzlich greifen konnte. Nicht begreifen. Wie konnte man sich denn einfach nicht mehr lieben? So ganz plötzlich? Eltern sollten zusammen bleiben. Eine Familie sein. Ob seine Eltern sich auch irgendwann einfach entlieben würden?

Oder ihn?

„Zieht ihr weit weg?"

Min-Kis stimme klang leise während seine Hand mit den dunklen Haaren seines besten Freundes spielten.

„Nein. Aber in der neuen Wohnung haben wir keinen Wintergarten mehr"

„Dann schlafen wir eben auf dem Balkon"

Lukas nickte und Mins Fingerspitzen fühlten der sachten Bewegung seines Kopfes dabei nach. Leise knarzte die Luftmatratze während der Koreaner sein Bein anwinkelte. Es gab nicht viele Menschen, bei denen er sich schon sicher genug fühlte, die Prothese ab zu nehmen, die er seit drei Jahren brauchte. Seit er bei dem Unfall sein Bein verloren hatte.

Nur sein Bein, hatten seine Eltern gesagt. Sie waren froh, das es nur das Bein war. Min-ki nicht, er hätte es gern wieder. Hatte manchmal Alpträume, von seinem Bein, wie es einfach in den Müll geworfen wurde. Sein Vater, der ihm erklärt hatte was mit dem Körperteil passiert war, hatte es unwissentlich nicht besser gemacht. Min hätte es gern beerdigt. Ob man auch einfach nur ein Bein beerdigen konnte? Er hatte noch kein Grab dafür gesehen.

„Tut das eigentlich weh?"

Der kleinere der beiden Schüler sah zu seinem besten Freund, ließ die Hand von seinen Haaren ab, durch die Bewegung von Lukas als dieser sich aufsetzte, zu der Prothese sah.

„Manchmal"

„Aber es ist doch weg, wie kann das weh tun?"

Auch Minki setzte sich auf, lehnte sich auf seine Unterarme und legte den Kopf ein wenig schief. „Ich weiß nicht. Aber es tut weh. Manchmal kribbelt es, als wäre es eingeschlafen." Phantomschmerz.

Nichts das Minki wirklich greifen konnte, doch fühlen. Das konnte er.

Genauso wie er die Wärme fühlte, als Lukas seinen Kopf auf Minkis Schulter legte, und seine dunklen Haare ihn an der Nase kitzelten.

„Ih. Das stell ich mir richtig scheiße vor"

„Das ist richtig scheiße"
 

Die Stille gesellte sich wieder zu den Jungen, wurde nur ein wenig gestört, von dem wieder leisen Schluchzendem Lukas, auf dessen Rücken die Hand des Koreaners lag, sacht darüber strich. Niemals würde er es jemandem erzählen, das Lukas weinte. Jungs weinten nicht. Oder viel mehr, hier weinten die Jungs nicht.

Hier umarmten sie sich aber auch nicht.

Nicht so. Hier lagen sie nicht zusammen auf Luftmatratzen und sahen sich die Sterne an und sprachen über fehlende Beine und Kaputte Familien. Hier kraulten sie sich nicht gegenseitig durch die Haare.

Minki und Lukas taten es trotzdem. Vielleicht weil Lukas es nicht schlimm fand, und Minki so gern bei ihm war.

Vielleicht aber auch, weil Minki dieses Kribbeln im Bauch hatte, immer wenn Lukas ihn in den Ferien ganz aufgeregt anrief und sie zum schwimmen fuhren wenn es warm war, oder wenn Lukas etwas ganz besonders leckeres aß und Minki den Löffel entgegen hielt.

Und bestimmt war es auch dieses Kribbeln das ihn nicht schlafen ließ, wenn er neben Lukas lag. das sein Herz so schnell schlug das ihm manchmal sogar schlecht wurde. Und das er so viel von ihm sprach und am liebsten alle Abenteuer die ihm das Leben noch geben würde mit ihm erleben wollte.
 

Minki würde sich nie von Lukas scheiden lassen.

Distanz und Meeresrauschen

Weit entfernt klang das Lachen,

das schlagen der Wellen gegen feuchten Sand und das Klirren von Bierflaschen.

Die Arme auf den angewinkelten Knien verschränkt folgte der Blick aus den dunklen Iriden den Bewegungen im Wasser.

Min-Ki ging nicht gern ins Wasser. Mochte es nicht, wenn der Sand sich in der Beinprothese ein neues Zuhause zu suchen schien, knirschte in den Bewegungen und die Nasse Badehose an seiner Haut.

„Junge, bist du schwul oder was?“

Lukas Lachte.

Ein Schmunzeln das verschwand, nur einen Moment, und ein Griff ums schwere Herz während der Blick sich wieder abwand, während Lukas und Nicolas sich im Wasser kabbelten.

Min-Ki die Weite der Nordsee betrachtete und dieses hässliche Gefühl in seinem Magen ignorierte. Er wollte etwas sagen. Wieder wollte er etwas sagen. Wie immer, wenn dieses Wort von Lukas oder einem der Anderen als Sper genutzt wurde. Und doch schwieg er wieder. Behielt seine Gedanken und die Verletzung bei sich. Für sich.

„Minnie, komm ins Wasser Man, oder hast du Angst du rostest?“

Der Blick suchte wieder nach der bekannten Stimme, erspähten Lukas dunklen Schopf, die gefüllte Wasserflasche in der Hand.

„Ich schwöre, Winter, ich bring dich um wenn du mich nass machst“

„Pff, bis du aufgestanden bist, bin ich schon am Auto“

Ein kleines Grunzen unterstrich Nicolas lachen, während er den Schritten Lukas folgte,

sich einbrachte ins Gespräch.

„Über Behinderte macht man keine Witze Lukas“

Beinahe wurden die Worte vom Lachen des Blonden verschluckt.

„Wieso Nico? Dich verarschen wir auch dauernd und dein Gesicht is schon ne ziemlich harte Behinderung.“

Minkis Schultern hoben sich sacht ehe sie sich wieder senkten bevor sein Blick sich abermals auf seinen besten Freund legte, auf Lukas dessen sonnengeküsste, feuchte Haut in der Sonne beinahe zu glitzern schien und von dessen Haarspitzen aus immer wieder Tropfen des salzigen Meerwassers in den heißen Sand stürzten.

Den Blick abwenden. Er sollte den Blick abwenden. Doch nur einen Moment länger wollte er dieses Bild in seine Gedanken brennen, abspeichern wie all die vielen Augenblicke die sein Herz wieder so schnell Rasen ließ, wie damals. Im Wintergarten auf der Luftmatratze als sie in die Sterne sahen. Als Lukas Eltern sich scheiden ließen und Minki ihn hielt.

Wie damals als Lukas sich im Schlaf auf seine Brust legte und der Koreaner einen Augenblick fürchtete, sein Herz würde so laut schlagen, das es ihn wecken würde.

Wieso konnte er nicht so fühlen. Wieso konnte Lukas nicht auch so sein? Nicht auch Herzrasen haben wenn er Min-Ki an sah? Wieso litt nur er allein?

Wieder war da dieser Draht um sein Herz während sein Blick die Bewegung der Hand seines besten Freundes wahr nahm, die sich hebende Wasserflasche.

„Lukas alter ich meins ernst, wenn du mich Nass machst ersauf ich dich!“

„Ach komm schon. Das ist doch mega Öde wenn du nur hier sitzt“

Lukas ließ die Flasche in den Sand fallen, zu Nicolas, der sich bereits in selbigen sitzend daran machte, seine eigenen Füße mit Sand zu bedecken.

„Ach was. Macht ihr mal, ich toaste einfach n bisschen in der Sonne, alles flauschig“

Wieder hoben sich die breiten Schultern etwas, zum Unmut des dunkelhaarigen.

„Okay all jokes by side, wegen dem Bein?“ Min‘s Blick folgte dem von Lukas, der an der dunklen Prothese haftete. Ehe er kurz seufzte und sich etwas nach hinten lehnte, die Augen ob der Sonne ein wenig zusammen Kniff und dem Sand unter seinen Händen nach fühlte, auf denen er sich nun ab stützte. „Nervt halt wenn da Sand rein kommt oder so. Aber das is echt kein Problem. Wirklich nicht“

Lukas sah das anders. Lukas sah die Dinge ohnehin immer irgendwie ein bisschen Anders. Aber Min mochte das. Mochte es, wenn sein bester Freund seine eigene Sicht auf die Dinge beeinflusste, Seiten an Geschichten eröffnete, an die Min nicht einmal gedacht hatte.

„Dann nimm sie ab und ich trag dich huckepack“

„Nur über meine Leiche“

Der Dunkelhaarige setzte sich neben ihn, so wie früher immer, wie auch heute noch.

Nur das heute nicht mehr der dunkle Schopf auf der trainierten Schulter des Koreaners lehnte.

Heute teilten sie sich keine Luftmatratzen mehr, heute sah man sich die Sterne nicht mehr gemeinsam an, schlief nicht mehr auf der Brust des Anderen. Heute nahm man sich nicht mehr in den Arm. Heute war da diese Distanz, und Min wusste nicht, wann sie sich zwischen sie gequetscht hatte. Diesen Raum gefüllt hatte.

„Okay amigo. Ich habs versucht.“ Resigniert klang das Schnauben Lukas und das Handtuch verrutschte ein wenig, als er sich erhob. Den Blick von Minki einen Moment den Rücken präsentierte unter welchem sich durchs Tanzen feine Muskeln zeigten.
 

„Aber es ist doch nicht mehr da, wie kann es dann weh tun?“

Früher konnte Minki diese Frage nicht beantworten. Heute wusste er

das nicht nur das Bein weh tun konnte, obwohl es nicht mehr da war.

Denn auch diese Beziehung zu Lukas, tat weh, kribbelte manchmal, als wäre sie eingeschlafen

und ließ Min-Ki nicht mehr zur Ruhe kommen.

Und das, obwohl da doch nie etwas war, mehr als Freundschaft.

Doch dann waren da wieder diese kurzen Momente, in denen Lukas dort stand,

im Wasser, und Min an sah, sie sich an sahen, ein bisschen zu lang. Ein bisschen zu sehr.

Ein bisschen so, das es sich anfühlte als würde das Meer einfrieren, jedes Geräusch dabei in sich ein sog,

so als bleibe die Zeit stehen.

So als gäbe es nur sie.

Und ein bisschen so, das es Min-Kis Herz fast aus seiner Brust riss.
 

Der Blick von Min folgte dem Geschehen im Wasser. Den Wellen welche sich gegen Lukas und Nicos Beine schlugen, sich fast daran hochziehen wollten während die Sonne erbarmungslos auf sie knallte. Lukas würde sicher später einen Sonnenbrand haben, und Min damit vollheulen. Ein kleines schmunzeln legte sich auf die feinen Züge Mins. Es war eine dieser kleinen Dinge, die sich wohl nie ändern würden, von denen er hoffte dass sie sich nicht änderten, zwischen all dem Unistress und dem Gefühl das jemand in seinem Leben plötzlich auf den Vorspul Knopf gedrückt hatte ein kleines Gefühl von konstante. Der Sand klebte an der verschwitzten Haut des Koreaner der sich schließlich gänzlich in selbigen sinken ließ, die Sonne mit Hilfe seines rechten Armes den er über seine Augen platzierte, blockte während sein Magen unangenehm zog. Er wusste nicht wie lang er schon ‘auf Leerlauf’ lief. Hatte das Essen heute wieder ausfallen lassen. So wie auch gestern. Irgendwann hatte es sich eingeschlichen.

Anfangs war es nur das ausgefallene Frühstück. Irgendwann wurde das Mittag immer weiter verschoben, bis es schließlich ebenfalls ausfiel. Und heute wurde nur noch zu Abend schnell etwas mit seiner Familie gegessen. Es fiel nicht auf, waren Mins Eltern doch nur selten Zuhause. Ein kleiner Vorteil in einer Situation die Min wohl schlicht mit einem simplen ‘Beschissen’ beschreiben würde. Wenn er es denn müsste.

Ausfallende Umarmungen

Die Musik dröhnte im von Alkohol und Endorphinen benebeltem Kopf, der Bass mischte sich neben den Herzschlag und die Luft vibrierte in den Lungenflügeln, verbraucht und stickig gefüllt vom Geruch verschütteter Getränke, Schweiß und gebrochenen Versprechen.

Die Gesichter um ihn lachten, die Körper tanzten bewegten sich zum Beat wie ein Ritual rieben sie sich hier und dort aneinander, hatten spaß. Min-ki hatte keinen Spaß. Und er wusste nicht, wann er aufgehört hatte dieses Gefühl wahr zu nehmen, diese Aufregung bevor sie los fuhren, wenn sie sich aufhypten, wenn sie ‚vorglühten', schon das brennen im Hals in sich aufnahmen wie einen Freund bevor sie sich auf den Weg machten, wann daraus Stress geworden war, das Gefühl sich vergraben zu wollen. Min-ki hatte es irgendwo dazwischen verloren, zwischen den Sorgen um seine Familie, dem Gefühl zu ersticken jedes mal, wenn er mit Lukas allein war und der Angst welche sich immer tiefer in seinen Nacken fest biss wenn der Koreaner sich in Menschenmengen wieder fand. Das Gefühl hatte, eingeengt zu werden, flüchten zu müssen, all die Geräusche überforderten.
 

Die Arme auf dem Tisch verschränkt ruhte die schwitzige Stirn auf selbigen. Versuchte das drehen zu ignorieren welches sich in seinem Kopf aus breitete. Es half nicht mehr. Es hatte immer geholfen. Sich zu betrinken, bis er nicht mehr stehen konnte, um das Gefühl zu ertragen, Lukas nah sein zu wollen. Nicht körperlich. Nein, dieses emotionale nah sein, dieses Nah sein, aus ihrer Kindheit, dieses Vertrauen dieser selbstverständliche Umgang mit einander. Min vermisste es. Vermisste es als dieses Gefühl nichts war, mit dem er sich auseinander setzen musste, als das Gefühl für Lukas noch angenehm war, schön war und sich nicht von grund auf falsch anfühlte. Min-ki vermisste es, sich nicht zu schämen. Denn Schämen, das tat er so oft, das es beinahe viel mehr ein grund Zustand zu sein schien. Schämte sich, wenn seine Gedanken wieder abdrifteten, er Lukas wieder einen Moment zu lang an sah, wenn sie tanzten und so synchron waren, das ihre Bewegungen dem fließen eines Flusses glichen und er ihn berühren wollte. Schämte sich, wenn er nachts aus einem Traum erwachte, einer dieser vielen, mit Lukas, in denen Lukas und er mehr waren als nur Freunde. Nicht mehr nur in die Sterne sahen, wenn sie sich das Bett teilten. Doch schlimmer als die Scham, war das verstecken. Das sich selbst verstecken. Die Worte seiner Freunde über Menschen wie ihn. Das in sich tragen, für sich behalten. Nicht darüber reden können. Nicht einmal mit seinem besten Freund.
 

Das drehen seiner Umgebung wurde schlimmer, verzerrte die eigenen Gedanken und einen Augenblick befürchtete Min er müsse sich übergeben. Er sollte wirklich weniger trinken. Jedes mal sagte er sich diese Worte, jedes mal nahm er sich vor weniger zu trinken. Und jedes mal wieder stolperte er betrunken die Treppe zu seinem Zimmer hoch und versuchte seine Eltern nicht zu wecken wenn er wieder die letzten Stufen übersah und fast fiel. Ein Zucken ging durch den trainierten Körper, bei dem beinahe das Glas vor ihm um stieß als der Kopf hoch schnellte. Zu rasch für den grad der Intoxikation und zu langsam waren die Reflexe um das Glas noch zu greifen, um welches Lukas nun die Hand legte, es weg schob während er sich in einer fließenden Bewegung neben Min setzte, ihn musterte.

„Du hast glaub ich genug getrunken mh?" Leicht boxte die Hand gegen die Schulter Min's welcher wohl mehr nur ein Knurren als Antwort gab, unzufrieden und die Schultern hob. Dem Blick von Lukas kaum stand halten könnend welcher so deutlich auf ihm zu spüren war, das er befürchtete, es würde Spuren hinterlassen.
 

„Was is los Minnie?"

„Ich bin betrunken"

„Das ist nicht zu übersehen. Aber das mein ich nich."

Sacht zogen sich die Brauen des Koreaners zusammen, das erste mal den Blick seines besten Freundes erwiedernd, der seit kurzem erblondet war, während er selbst wieder dunkle Haare trug. Als hätten sie getauscht. Wie gern würde er mit ihm tauschen, diese Gefühle nicht haben, nur für einen Tag.

„Ich hab' kein Plan was du willst Lukas"

Fahrig wurde der Kopf auf der eigenen Hand abgestützt, den Arm angewinkelt auf dem Tisch platziert während die Musik ruhiger wurde.

„Du weist genau was ich meine, du ziehst dich total zurück und wirkst wie n' getretener Hund. Und man selbst für deine Verhältnisse trinkst du echt verdammt viel im Moment"

Besorgnis lag in Lukas Gesicht und der Koreaner hatte noch nie gewusst damit um zu gehen.

„Keine ahnung. Meine Eltern stressen , vielleicht desswegen?"

Wieder die angehobenen Schultern, eine Angewohnheit, ein Zeichen dafür das der dunkelhaarige doch eigentlich gar nicht mehr darüber reden wollte.

„Sicher das da nichts anderes is? Man Minnie, du weist du kannst mit mir reden"

Wieder die Gehobenen Schultern, wieder die doch so bekannte resignation im Gesicht des Blonden. Diese Resignation über die Tatsache das Min-ki einfach nicht reden wollte nicht konnte. Was würde Lukas sagen wüsste er es? Würde die Freundschaft das überstehen?

„Ja sicher. Alles gut"

Die feingliedrigen Finger Min's griffen wieder nach dem Glas, scheiterten jedoch an dem Griff seines besten Freundes.

„Trink mal lieber ne Cola oder so"
 

Die Musik dröhnte im Kopf, und sicher hatte Lukas recht, und doch wuchs wieder dieses Gefühl von Wut im Koreaner, der mit diesem Gefühl doch noch nie um zu gehen wusste.

Ein Empfinden das auch nicht besser zu werden schien, ob der Stimme der Brünetten gegenüber, die seit einiger Zeit das schmückende Anhängsel Nicolas war.

Er verstand nicht einmal genau was sie sprach, hörte nicht zu, stattdessen kämpfte er gegen das Gefühl des eigenen Kopfes welcher immer schwerer zu werden schien, drohte einfach nach vorn zu kippen.

„Alter, ich brauch sicher niemanden der einen auf Aufsichtsperson macht"

Die Flasche wurde los gelassen von welcher die freie Hand Min's das Etikett ab geknibbelt hatte und der Koreaner erhob sich, schwerfällig, fahrig und unsicher auf seinen Beinen.
 

Würde er bleiben, er würde Streit anfangen. So wie er es immer tat wenn Lukas versuchte mit ihm zu reden, zu bohren begann, was diese Veränderung in dem Dunkelhaarigen ausgelöst hatte, seine Sorge zum Ausdruck brachte, nur um sich wenige Minuten später wieder mit Nicolas über irgend jemanden zu amüsieren, den sie für ‚zu schwul' erachteten. Zu weibisch. Zu feminin. Während Min-ki das Gefühl hatte der Draht um sein Herz würde ihn ersticken doch nicht den Mut hatte, etwas zu sagen.

Wackelig waren die Schritte ins Freie, während die kühle Luft eine leichte Gänsehaut auf Min's glieder legte und der leichte Wind ihm wieder bewusst machte wie betrunken er war.

Und wie dumm er war. Wie albern es war, wieder raus zu gehen, wieder eine Situation zwischen ihn und Lukas zu treiben wie einen Keil der ihn von ihm fern zu halten versuchte und doch scheiterte. So wie auch Min gescheitert war, in all den Versuchen eine Freundin zu finden, sich doch in eine Frau zu verlieben, all den Versuchen das zu sein was seine Eltern erwarteten, was alle anderen erwarteten. Er war es so leid.

Die Augen wurden heiß und die Sicht verschwommen, während sich Min etwas von dem Club entfernte und auf den Borstein an der Straße setzte vor eines der Häuser die sich in der Dunkelheit aufbauten wie Obelisken.

Er hatte sich fest gefahren. Min-ki hatte sich fest gefahren.

In sich selbst. In der Scham. In dem verleugnen.

Hatte sich fest gefahren und immer mehr verklebte der Teer seines Herzens seine Gedanken.

Teer der es ihm so unendlich schwer machte, morgens aus dem Bett zu kommen, der ihn so oft so wütend machte das er so hässlich wurde, zu denen, die ihm nah standen.
 

„Hey"

Er ignorierte die Stimme Lukas, die Stirn auf seinen angewinkelten Knien abgelegt versuchte er stattdessen das Shniefen zu unterdrücken das die Tränen verraten würden, die Männer doch nicht weinten. Und die er doch so oft als Kind geweint hatte.

Min fühlte der Bewegung nach, dem Körper der sich neben ihn setzte, die Hand die sich auf seinen Rücken legte, zaghaft.

„Möchtest du wirklich nicht mit mir darüber reden Minki?"

Der kleinere schüttelte den Kopf, kaum merklich.

„Nein. Will ich nicht"

„Aber da ist mehr als nur Stress mit deinen Eltern?"

„Mhm"

„Meinst du, du kannst drüber reden, ohne zu sagen was das problem ist?"

Langsam hob sich der dunkle Schopf des Koreaners, sah mit verschleiertem Blick zu seinem besten Freund ehe er schnaubte.

„Ich glaub nicht. Ich weiß nicht. Ich fühl mich nicht gut, und ich will mich verkriechen und irgendwie keine ahnung... alles is irgendwie eklig grau"

Wahrheit, das war das höchste der Gefühle, der Wahrheit die Min sich zu teilen traute.

„Hm" Ein kleines leises Hm war alles, von Lukas, alles was er sagen konnte, während er den Studenten musterte, mit dem er aufgewachsen war die eigene Hand von dessen Rücken hob, und stattdessen durch die dunklen Haare Min's schob, dessen Herz einen Moment einen schmerzhaften hüpfer machte.

„Ich mach mir sorgen um dich"

„Ich weiß"

Nur einen Moment länger wollte er der Hand in seinen Haaren nach fühlen, die doch als Kind so normal war, so unbedacht. Welche diese Wärme in seinen Bauch schickte und die Schmetterlinge die einfach keine Ruhe geben wollten.

Einen Moment den Lukas scheinbar nicht schenken zu wollen schien, zog stattdessen seine Hand wieder zurück und beinahe hätte der Koreaner sich weiter zu Lukas gelehnt, lehnte sich stattdessen etwas zurück. Beobachtete stattdessen den Blonden als dieser sich erhob und kurz streckte.
 

„Komm, lass uns gehen"

Ein erheben der braue folgte, während Minki den Kopf kaum sichtlich seitlich legte, die dunklen Iriden hinter hellen Kontaktlinsen folgten der Hand die ihm entgegen gehalten wurde, ihm aufhalf und stützte als er wackelig zum Stehen kam.

„Meine Sachen sind noch drin" Es war viel mehr ein Murren als ein deutlich gesprochener Satz, und wie so oft mit dem Einfluss den Alkohol auf den Kopf des Koreaners hatte, wurde die Tatsache deutlich das Deutsch nicht seine Muttersprache war.

„Ich weiß, ich hol unsere Sachen eben, und dann ruf ich uns n' Taxi zu mir. Du kommst so voll eh die Treppe zu dir allein nich hoch"

Das fast schon schadenfrohe Lachen seines besten Freundes ließ auch Min kurz schnauben, nahm etwas schwere ab, von seinen Schultern.

„Fuck you"



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück